Christkatholisch_2021-12
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Christkatholisch 12/2021 Thema
3
keiten haben die Aussagen im Neuen
Testament Vorrang. Es ist nicht erlaubt,
dem Wort Gottes etwas hinzuzufügen
oder etwas wegzunehmen.
Die Tatsache, dass ein Text Aufnahme
in die Heilige Schrift gefunden
hat, bedeutet, dass er für den christlichen
Glauben und für das Sein als
Mensch relevant ist.
Eine gleichgeschlechtliche Ehe oder
eine Ehe für Alle im heutigen Sinne
kannte und kennt die Bibel nicht. Die
in der Familie eingebettete heterosexuelle
Ehe ist für mich nach der wörtlichen,
historischen und historischkritischen
Methode aufgrund von
Genesis 2,18 und 22-24 eine hervorgehobene
Sozialform im Schöpfungsplan
Gottes, um sich gegenseitig und
den Kindern Stabilität zu geben und
so den Glauben gemeinsam zu leben
und weiterzugeben. Damit sind aber
Ehen ohne Kinder oder andere Sozialformen
in keiner Weise zweitrangig.
Das hat die kirchliche Tradition
immer wieder betont und ist fester
Bestandteil der Auslegungsgeschichte
des Schöpfungsberichtes.
Zu argumentieren, gemeint seien im
Schöpfungsbericht nicht Mann und
Frau, sondern nur zwei menschliche
Wesen wird dem biblischen Text nicht
gerecht. Das kann dort meines Erachtens
weder gesagt noch gemeint sein,
insbesondere auch im Hinblick auf die
von Jesus erfolgten Präzisierungen im
Neuen Testament in Markus 10,6-9
und Matthäus 19,4-8. Im Schöpfungsbericht
geht um das soziale Modell der
heterosexuellen Ehe im Kontext der
Schöpfung im Heilsplan Gottes. Und
im Schöpfungsbericht steht auch
nicht, dass Gott den Menschen als
Mann ODER Frau schuf, sondern er
schuf ihn als Mann UND Frau, also
männlich UND weiblich im Sinne von
2 Polen. In diesem Sinne gibt es keine
Ausschliesslichkeit hinsichtlich Geschlechtszugehörigkeit
und sexueller
Veranlagung. Alle Menschen sind
gleichwertige Geschöpfe Gottes. Aber
die Bibel nennt nur die Verbindung
bzw. Sozialform zwischen Mann und
Frau eine Ehe.
Bedeutung der Tradition bei
den Altkatholiken
Für Christinnen und Christen der reformatorischen
Tradition ist im Prinzip
alles im Leben erlaubt, was nicht
ausdrücklich gegen die Bibel bzw. ihre
Grundprinzipien / Grundaussagen
gerichtet ist. Für Christen katholischer
Tradition wird es schwieriger, da die
Tradition und ihre Überlieferungsgeschichte
im Heiligen Geist einen zusätzlichen
Wert darstellen. Sie sind
überzeugt, dass der Heilige Geist der
Kirche beim Verständnis und bei der
Interpretation der Bibel beisteht. Vor
allem auch bei Fragestellungen, die die
Bibel so noch nicht kannte. Für uns
Christkatholiken/innen ist daher zugleich
wichtig, was immer und überall
von der Kirche bis heute geglaubt und
gelehrt worden ist. Weiterführungen
der Bibel oder sogar Veränderungen
bedürfen nicht nur begründeter Bibelauslegungen
aufgrund der historischkritischen
Methode und/oder neuerer
Erkenntnisse der Naturwissenschaften,
sondern in etwaigen «Glaubensfragen»
vor allem der Konsensfindung
in der eigenen Kirche und des Einbezugs
und der Zustimmung der anderen
Ortskirchen. Damit sind bei uns
nicht nur die altkatholischen Kirchen
der Utrechter Union gemeint, sondern
alle Kirchen mit denen wir in Kirchengemeinschaft
stehen (Anglikanische
Kirchen, Philippinisch Unabhängige
Kirche und Kirche von Schweden)
oder eine solche anstreben (Orthodoxe
Kirchen, Römisch-katholische Kirche
und Mar Thoma Kirche). Das wird als
Wirken des Heiligen Geistes erlebt
und als Ineinander von Bibel und Tradition.
Im Johannesevangelium 14,26
heisst es dazu: «Der Sachwalter, der
Heilige Geist, den der Vater senden
wird in meinem Namen, der wird euch
alles lehren und euch an alles erinnern,
was ich euch gesagt habe.»
Das Ineinander von Bibel und
Tradition
Eine gleichgeschlechtliche Ehe oder
Ehe für Alle im heutigen Sinne kannte
und kennt die Bibel nicht. Auch wenn
natürlich das Leben vielfältiger war
und ist, hat der biblische Ehebegriff
nur Mann und Frau im Auge. Und das
hat auch die Ausserordentliche Session
unserer Nationalsynode in Zürich im
Grunde genommen bestätigt. Die
meisten Referate und Gruppenarbeiten
reden bei gleichgeschlechtlicher Ehe
oder Ehe für Alle von einem neuen
Phänomen bzw. von einer Weiterführung
des biblischen Grundanliegens.
Editorial
Daniel Pfenning
Liebe Leserin, lieber Leser
In dieser Ausgabe finden sich
vielfältige Ausprägungen der
«Geschichtlichkeit» des Lebens.
Bischof Harald erläutert uns seine
Art von Bibelverständnis bezüglich
der Thematik «Ehe für
Alle». Darin zeigt sich ein spannender
Knackpunkt der Kombination
von Verschriftlichung
und Interpretation. Wie war etwas
vor langer Zeit gemeint,
und was bedeutet dies für uns
heute? Gar nicht so einfach.
Viel einfacher machen es uns
die lebendigen «Schöpfer» von
Geschichte, 150 Jahre priesterlicher
Geschichte zum Beispiel,
wie sie bei den diesjährigen 3
goldenen Weihejubiläen zusammenkommen.
Denn ihre
Geschichte ist erst in der Entstehung
begriffen. Wir können sie
glücklicherweise besuchen und
selbst fragen, wie sie diese erleben.
So getan hat dies Franz Osswald
bei Stephan Feldhaus. Wie
kommt er vom Metzger zum Diakon?
Und auf welchen Wegen?
Eine weitere 50-jährige Ära
geht gerade feierlich zu Ende,
in Form der Kirchenpräsidentschaft
von Ernst Schuler aus
Schaffhausen.
Auch in jungen Jahren wird Geschichte
geschrieben, gerade
jetzt, wo erfreulich viele Firmungen
und Erstkommunionen
gefeiert werden. Mehr darüber
in den Berichten aus den Gemeinden.
Viel Freude - mit
spannenden Geschichten.