Ausgabe 02-2021
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Sonstiges<br />
Diese Hemmnisse sind relativ spezifisch für die Baubranche in<br />
Deutschland und sie beschränken sich nicht nur auf den Markt<br />
der Kanalsanierung. Diese tradierten Marktprinzipien werden<br />
wir langfristig im Sinne der Effizienzsteigerung konsequent ablegen<br />
müssen. Und auch dann wird der digitale Wandel im<br />
Bauwesen wahrscheinlich nicht so schnell vorankommen wie<br />
geplant, aber er wird nicht aufzuhalten sein. Denn: Wenn wir<br />
nicht handeln, werden wir gehandelt. Es gilt, diesen Wandel<br />
aktiv mitzugestalten, zukunftsfähige Regeln für ökonomische<br />
Vorgänge zu schaffen und Fragmentierungen auf ein sinnvolles<br />
Maß zu begrenzen. Die Digitalisierung des Bauwesens<br />
kann nur voranschreiten, wenn überall konsequent dieselben<br />
Voraussetzungen gelten und Standards angewandt werden.<br />
Kommunikation, Transparenz und genaue Zuordnungen aller<br />
Details der Sanierungsmaßnahmen.<br />
Swietelsky-Faber:<br />
BIM-Einführung ist kein Hexenwerk<br />
Muss das Rad im Rahmen des digitalen Wandels denn komplett<br />
neu erfunden werden, oder gibt es bereits gut funktionierende<br />
Systeme? Fest steht, dass BIM zwar nicht in einem<br />
Zuge in alle Bereiche der Baubranche Einzug halten kann,<br />
es aber bereits diverse kleine Bausteine gibt. Auch aufgrund<br />
der Diversität in der Baubranche muss Zug für Zug damit begonnen<br />
werden, mit Berücksichtigung des Gesamtkonzeptes<br />
entsprechende Systeme zu entwickeln und sukzessive zu integrieren.<br />
Die Einführung eines transparenten und modularen<br />
digitalen Datenaustauschsystems in einem Bauunternehmen<br />
der Kanalsanierung ist kein Hexenwerk. Allerdings ist sie eine<br />
weitreichende, aber langfristig auch aus ökonomischen Beweggründen<br />
unvermeidliche Weichenstellung zur Produktivitätssteigerung.<br />
Die Swietelsky-Faber GmbH Kanalsanierung setzt zum Beispiel<br />
schon seit einigen Jahren in Kooperation mit einigen<br />
Betreibern und der IBE ein sog. little closed BIM-System fortschreibend<br />
ein. Dies ist ein Sammelbegriff für Ansätze, um die<br />
BIM-Methode in Projekten unter Verwendung von proprietären<br />
Dateiformaten mittels einer einheitlichen Softwarelandschaft<br />
umzusetzen. Diese Variante beschreibt hierbei eine Insellösung,<br />
ein BIM-System auf einer kleinen Ebene.<br />
Um nur ein paar wenige zu nennen, führen zum Beispiel die<br />
Entsorgungsbetriebe der Landeshauptstadt Wiesbaden (ELW),<br />
Neu-Ulm, die Stadt Augsburg und der Abwasserbetrieb der<br />
Stadt Troisdorf sowie Bad Kreuznach ihr komplettes Kanalnetz<br />
mit insgesamt 1.562 km Länge in diesem mit den GIS-Systemen<br />
verknüpftem IBE- bzw., little BIM-System. Hierbei werden<br />
alle Zustandserfassungsdaten und sonstigen Systeminformationen<br />
über die Nutzungsdauer des Bauwerks hinweg eingespeist,<br />
wodurch sich die zeitliche Entwicklung des Netzes in<br />
der Datenbank der Netzbetreiber nachvollziehen lässt.<br />
Die Planung durch den Auftraggeber und die Ausführung des<br />
Auftragnehmers werden in einem Programm digital verarbeitet<br />
und dargestellt. Datensätze werden konstant unter den Projektbeteiligten<br />
ausgetauscht, womit der Baufortschritt im EDV-System<br />
der Projektbeteiligten aktuell bleibt. Selbst die Qualitätssicherung<br />
wird in der Datenbank verwaltet: Chargennummern<br />
und eine umfangreiche Vorher-Nachher-Dokumentation sind<br />
auf einen Klick abrufbar. Der Vorteil liegt auf der Hand: Klare<br />
Ausblick: Eigene BIMs mittels Schnittstellen vernetzen<br />
Solch ein little closed BIM kann sicher nur ein erster Schritt in die<br />
Richtung eines globalen BIM-Systems sein. Weitere Schritte sind<br />
denkbar: Ein big open (connected) BIM inklusive hinterlegtem<br />
Bauzeitenplan („4D-BIM“) mit Echtzeitverknüpfung zu den Kolonnen.<br />
Die komplette Baustellenlogistik mit automatisierten<br />
Soll-Ist-Kostenvergleichen („5D-BIM“). Modulare Planungen<br />
inklusive Berücksichtigung von Kostenvergleichsrechnungen<br />
(KVR), alternativen Sanierungskonzepten und deren Auswirkungen<br />
(„6D-BIM“). Schier endlos scheinen die Möglichkeiten.<br />
Da die Komplexität mit jeder weiteren BIM-Ebene allerdings<br />
stark zunimmt, sind solche little-BIMs ein guter Ausgangspunkt,<br />
um Erfahrungen mit dem Datenaustausch unter Projektbeteiligten<br />
zu sammeln und die Kompetenzen im digitalen<br />
Wandel zu erweitern.<br />
Elementare Schritte für big open BIM-Systeme im Kanalbau<br />
sind die Vereinheitlichung des Kanaldatensystems und die Finalisierung<br />
und Anwendung von einheitlichen Standards.<br />
Das bedeutet: Möglichst einheitliche Leistungsbeschreibungen,<br />
Nutzung gleicher Datenformate und Kodierungen sowie<br />
ein umfassend durchdachtes Visualisierungskonzept – um<br />
nur das Grundkorsett zu erwähnen. Es müssen alle Beteiligten<br />
der Branche am gleichen Strang ziehen – Hersteller, Auftraggeber,<br />
Planer, ausführende Firmen und natürlich die Verbände<br />
und standardisierenden Instanzen. Es gilt die mittlerweile<br />
schon „alten Pläne“ umzusetzen und eine Vernetzung mittels<br />
geeigneter Schnittstellen voranzubringen.<br />
Bild: Frank Kocher, bim-tiefbau.de<br />
Auch im Tiefbau können BIM-Visualisierungen optisch einiges her machen.<br />
86 | RO-KA-TECH Journal <strong>02</strong> / 2<strong>02</strong>1