AERO INDIA 2011 «Das Geld wurde abgeschafft…» - Cockpit
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Fotos: AFM-Gatt/Mader<br />
Die zwei Mirage samt MATRA-Bewaffnung in Luqa. Jet-Besatzungen<br />
gemischter Herkunft, wie zum Beispiel auf diesem Bild von der<br />
LAVEX-07, sind für Libyen nichts Ungewöhnliches.<br />
Am 21. Februar um 16:32 Ortszeit landeten zwei Mirage F-1ED<br />
der «Al Quwwat Al Jawwiya Al Arabiya Al Libiya» auf der Piste<br />
13 des Flughafens von Malta, Luqa. Über ihre Ankunft gibt es<br />
zwei Versionen. Offiziell heisst es, einer der Piloten habe wegen Treibstoffmangels<br />
für beide einen Notfall erklärt, andere Zeugen – auch<br />
in Malta gibt es eine kleine Spotterszene – sagen, es hätte den ersten<br />
Funkverkehr mit den beiden erst gegeben, als sie aufgesetzt hätten.<br />
«Copy negative, Colonel Gaddafi!»<br />
Über ihre Motivation gab es jedoch keine Zweifel. Unmittelbar<br />
nachdem sie auf eilig gebrachten Haushaltsleitern – es gibt kein<br />
Fast-Jet-Zubehör auf Malta – ihre Maschinen verlassen hatten, suchten<br />
sie um politisches Asyl in Malta. Im Zuge der brutalen Massaker,<br />
mit denen das Regime des Revolutionsführers seit jenem Wochenende<br />
versuchte, die auf Libyen übergeschwappte arabische<br />
Revolution zu stoppen, wären mehrere Mirages in Okba Bin Nafe<br />
nahe Tripolis gestartet. Ihr Befehl: Ziele in und um Benghazi anzugreifen.<br />
Diesen Auftrag gegen Zivilisten und Kameraden wollten<br />
die beiden im Dienstgrad eines Oberst – was auf Misstrauen gegenüber<br />
jüngeren Staffelpiloten hindeutet – jedoch nicht ausführen.<br />
Treibstoff (kein Zusatztank!) dürfte entscheidend gewesen sein,<br />
nachdem sie laut ihren Angaben die restliche Formation verliessen<br />
und mit Nachbrenner in unter 200 Meter Höhe in kurzer Zeit das<br />
nur 350 km entfernte Malta erreichten. Haben die beiden «schnellen<br />
Kontakte» damit nicht nur das libysche, sondern auch das italienische<br />
Radar erfolgreich unterflogen? Der maltesische Luftraum<br />
wird von Italien mit überwacht, die AMI hat ihre südlichen Basen<br />
seit der Desertation in Alarmbereitschaft. Ausserdem «überlegt»<br />
die UN eine Flugverbotszone über Libyen…<br />
Frisch überholte Mirages<br />
Die beiden Maschinen waren mit je zwei MATRA 155 F1 Behältern mit<br />
je 36 ungelenkten 68 mm-Sprengraketen (Typ SNEB) bewaffnet, die<br />
Magazine der je zwei DEFA-550 Bordkanonen mit 125 3 cm Granaten<br />
geladen. Sie sind aus den 32 Einsitzern (16 ohne, 16 mit Radar) sowie<br />
sechs Zweisitzern, welche Libyen ab 1978 kaufte. Die meisten waren<br />
nach Jahrzehnten der Ächtung Gaddafis längst nicht mehr flugfähig.<br />
Aber nach der – nun gern ausgeblendeten – «Rückkehr Libyens in die<br />
zivilisierte Welt» <strong>wurde</strong>n zumindest zwölf von ASTRAC (einem franz.<br />
Joint Venture von THALES und SAFRAN-SNECMA) ab 2007 um 140<br />
Libyen<br />
«Nicht gegen<br />
das eigene<br />
Volk!»<br />
Libysche Militärpiloten desertieren nach Malta oder<br />
werfen ihre Jets weg, bevor sie Oberst Gaddafis<br />
Befehle ausführen, auf Landsleute oder Kameraden<br />
zu schiessen...<br />
Mio. Euro generalüberholt, da runter jene beiden mit den taktischen<br />
Nummern 502 und 508. Sie stammen aus den zweiten 16 mit «Cyrano<br />
IV-I»-Radar und sind tatsächlich in einem ausgezeichneten Zustand.<br />
Oder schlicht wegwerfen...<br />
Eine andere Möglichkeit wählten am 23. Februar zwei andere von<br />
Gaddafis Militärpiloten. Sie hatten denselben Befehl wie die beiden<br />
Kameraden in Malta, aber offenbar nicht genug Treibstoff, um ihnen<br />
mit ihrer durstigen Su-22UM3 dorthin zu folgen. Also verliessen<br />
sie das intakte Flugzeug 160 km südwestlich von Benghazi mit<br />
den Schleudersitzen, auch um in den (vorläufig) «befreiten» Osten<br />
des Landes zu gelangen.<br />
Söldnerpiloten<br />
Der für das Gaddafi-Regime charakteristische Einsatz gekaufter Söldner<br />
dürfte jedenfalls den teilweisen Abfall der regulären Armee von<br />
Gaddafi noch beschleunigt haben. So heisst es aus Malta, dass die zwei<br />
Mirage-Piloten nicht nur flohen, weil sie die Befehle zum Angriff auf<br />
Zivilisten verweigerten. Sie seien auch «sauer» gewesen, da selbst in<br />
Helikoptern und Jets Söldnerpiloten eingesetzt würden. Piloten für<br />
Libyens meist russisches und französisches Inventar gibt es in Afrika,<br />
beziehungsweise im Mittleren Osten genug. Das Verteidigungsministerium<br />
der Ukraine konnte am 22. Februar «nicht ganz ausschliessen,<br />
dass Ukrainer privat bei libyschen Sicherheitskräften unter Vertrag<br />
wären...». Natürlich kann Kiew das nicht. Ukrainische Söldnerpiloten<br />
sind in vergangenen Jahren immer wieder in afrikanischen Konflikten<br />
mit aus Osteuropa (Weissrussland, Ukraine usw.) beschafften Kampfflugzeugen<br />
russischen Typs «mitbeschafft» worden, sie sassen in mazedonischen<br />
Mi-24, die 2001 albanische Rebellen bekämpften oder<br />
schossen für Georgien 2008 russische Flugzeug ab. In Libyen fliegen sie<br />
MiG-21, MiG-23, An-12 und An-26 und erhalten im Schnitt 5000 Dollar<br />
pro Monat. Im «Chuguiv Aircraft Repair Plant» (Charkow, Ukraine) sowie<br />
im «Überholungswerk-558» (Baranovichi, Belarus) kann man seit<br />
Jahren «runderneuerte» libysche Jets fotografieren, jene sind dort regelmässig<br />
zur Grundüberholung. Am 18. März <strong>wurde</strong> vom UN-Sicherheitsrat<br />
eine Flugverbotszone über Libyen beschlossen. <strong>Cockpit</strong> wird<br />
in der kommenden Ausgabe die weitere Entwicklung beleuchten.<br />
Georg Mader<br />
Mit Dank an I. Consiglio, AFMMalta.<br />
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