28.07.2021 Aufrufe

August 2021 - coolibri

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

INTERVIEW<br />

undalles weitere, haben wir trotzZeitmehrmals dieerstenTakes genommen,<br />

weil manesdadann am intensivstengefühlt hat–wir sind alsoeine<br />

Band,die Sachen eher nichtzerdenkt. Ichhätte trotzdem niegedacht,<br />

dass ichmal sage,dasswir anderthalb Jahrefür einAlbum gebrauchthaben,<br />

sonstwar immer zwei bisdreiMonateVollgas,Kamikazeund Bock.<br />

Wirhattenerstelf Songs, haben aber 13 zurVeröffentlichungangekündigt<br />

–und so sind dann auch zwei SongserstganzamEnde<br />

wieder entstanden.OhneDruck draufkönnen wir anscheinend<br />

nichtrichtig arbeiten.<br />

Ihrseidbei diesem Albumdas ersteMal 13 statt15Bandmitglieder.Merkt<br />

ihreinen Unterschied?<br />

In erster Linieschmerztdaeigentlich diemenschlicheGeschichte.<br />

Das sind halt Freunde,die dieBanddaverlassen.<br />

Verständlich istesabernatürlich, dass mansichberuflich<br />

anders entwickeln möchte. Wir haben aber trotzdem zum<br />

Glückgenug Energie, weiterzumachen. Musikalisch istes<br />

tatsächlich eine Umstellung.Esist beiuns nichtso, dass<br />

dann einfacheineTrompeteweniger da ist, jederhat seine<br />

Funktion. Das istaberauch oftbei kleinerenAuftritten<br />

schwierig, wenn wirzum Beispiel beim Radiospielen undzu<br />

sechst sind,dann müssendie Songsumarrangiertwerden,<br />

um noch für unsrichtig zu klingen. Im Studio istdas einfacher, weil wiralleseinzeln<br />

aufnehmenund es da nichtsostark merken.Aberwir sind<br />

jetzthaltdie „Wilde 13“und sind damitfein.<br />

Wiehabtihr das überhauptgeschafft,solange so vieleLeute für dasgleicheProjekt<br />

zu begeistern?<br />

Auch da passtder Albumtitel wieder!Wir haben als Schülerband im Jazz<br />

angefangen undallediese „erstenMale“ miteinandererlebt. Erste Diskoabende,man<br />

kenntalleExfreunde,Saufgeschichten.Dadurch sind wiralle<br />

aufeiner Ebene, müssen auch garnicht PolitikoderGeschmackdiskutieren.<br />

Besondersder Geschmackhat sich gemeinsamgeformt.Außerdem<br />

gebenwir jedemdie Chance, malauszubrechen, wasviele Bands nicht<br />

schaffenodernicht können,weilsie viel wenigerMitgliederhaben.Dann<br />

mussebeneiner malein halbes Jahr nachSpanien oder ziehteineZeit<br />

nach London,umdann mitmehrInput undKreativität zurückzukommen.<br />

Wirsindimmer in Bewegung, keinstarresKonstrukt undhattenauch Sitzfleisch.<br />

Am Anfanghaben wir an jederfuckingLaterne in unseremHeimatkaff<br />

gespielt, derWeg bisheute war ultralangund ging erst in denletzten<br />

drei,vierJahrenrichtig steil. Dasswir aber auch vorzweiLeutenfunktionieren<br />

können,nimmt denDruck raus undmacht gelassen.Wir haben immerBockund<br />

selten Angst. Und so „lawinte“man sich vonAnekdotezu<br />

Anekdote undnun zum21-jährigen Bandjubiläum.<br />

Wiegehtihr mitdem stetig steigendenErfolgum? Genuss oder Druck?<br />

Wenn man3000Tickets in zehn Minutenverkauft,ist dasschon irgendwieheftig,<br />

aber auch eine Artvon LiebeinZahlen.Wir haben Demutvor der<br />

Zeit,die Leutefür unsinvestieren.Wennzum BeispieleineGruppevon<br />

fünfLeuteneineWhatsapp-Gruppegründet, sich überlegt,wannsie wo zu<br />

welchemKonzert gehenund dann dafür gucken,wann dieTickets in den<br />

Vorverkauf gehen. Oder auch wenn 4000 Hamburgerfür unsKölner zur<br />

Show kommen.Man fragtsich, wiedie alleauf unsaufmerksam wurden<br />

undwarum wireswertsind, dass dieuns einenFreitagabendschenken.<br />

Sowasmotiviert uns. Jeder, deruns kennt, weiß,dassuns scheißegalist,<br />

ob dasAlbum aufPlatz 1oder100 einsteigt. Wenn aber eine Mail kommt,<br />

in dersteht,dassein Song vonuns dieLaune vonjemandemgebessert<br />

hat, istdas einfachdie besteBestätigung, dass wir irgendwasrichtig machen.<br />

Ihrhabteinen Jazz-Awardgewonnen, ihrhabt WurzelnimKarneval,<br />

euer Albumklingt nach Ska, Reggae,Pop und Punk –wosehtihr euch?<br />

Wirsindtatsächlich viel.Wir haben viel Latin-Zeugsund Skagemacht,wodurchwir<br />

dann auch in denKarneval kamen, weil es dortsolosgelöstund<br />

voller guter Launeist.Darüber hatessichdann weiterentwickelt.Lustig<br />

aber:DassQuerbeatnicht dasgeilste Wortspielder Welt ist, wissenwir<br />

selbst,haben wir unsaberebenals gerade englisch lernende Kids ausgedacht.<br />

Wir dachtensooft,wir müssenuns unbedingt<br />

umbenennen, hatten dann aber keineZeit, unswas<br />

Besseres zu überlegen. In einergewissenCoolness-<br />

Phasefindetman denNamen dann auch richtig<br />

scheiße undwill nurnochohneNamen auftreten.<br />

Wenn manaberRuhehat unddie Bandgeschichte erzählenkann,passt<br />

derNameQuerbeatmegagut,<br />

weil wir Genresübereinanderlegen. Jederhat auch<br />

beiGenresein anderesGefühl. Dereinefindetespoppig,<br />

derandererockig, einanderer sagt,esist Ska.<br />

Wirsinddafreivon Wertung, jederdarfuns sehen,<br />

wieeruns eben sieht.<br />

Wieklingt denn fürdichdie neuePlatte? Hastdu<br />

Lieblinge?<br />

Es istschwierig beidem eigenen Albumauszusteigen<br />

unddarüber vonaußen zu sprechen.Esist aber supervielEhrlichkeit drin<br />

undviele Stories. Wirzeigen unsmusikalisch experimentierfreudiger. Es<br />

istfastalles Brass. Wirprobieren ja immermit unserenInstrumenten, gewisse<br />

Styles zu machen.BeimIntro zu „Früherwirdalles besser“denken<br />

alle, dasIntro wäre Gitarre,dabei istesein Bariton-Saxophon miteinem Gitarreneffektgerät.Wir<br />

haben beidem AlbumvielmehramSound gearbeitet,<br />

um es wiedererkennbarerzumachen.Das istauch das, waswir wollten.<br />

Nichttraditionelldaherzukommen,sondern zu überraschen, sodass<br />

mannicht jedenSongbeimerstenHörentotal kommerziggeilfinden<br />

muss, stattdessenman es lieber drei-, viermalhört, bisman es liebt.<br />

DerSound istunglaublichenergiegeladen.Seid ihrselbstsoEnergiebomben?<br />

Wir sindtotaleOptimisten, sonstgäbeesuns nichtmehr. Wenn manLeutenFreiräumegibt,<br />

istdas aufder anderenSeite auch wieder Stress.Wenn<br />

drei fehlen, kann manAuftritte nichtspielen undalleanderen müssenein<br />

wenigunfreiwilligherunterschalten. Aber wir wusstenimmer,dassesirgendwiewiedergeilwirdund<br />

wirgemeinsam weiter Musikmachenwollen,<br />

egal wo.Wir haben unsaberbei „Radikal Positiv“ auch einbisschenkonzeptmäßiggedacht,dasswir<br />

nichtnur beschreiben,sondern auch Antwortengeben<br />

wollen.Bei demSong„Tanqueray“gehtesumDigital Detoxund<br />

um’s ständige Vergleicheninden sozialen Kanälenmit anderen. Das ist<br />

aber erstmalnur beschreiben.Allefühlenes, aber wo istdie Antwort?<br />

Deswegensagen wir: Nimm dir‚nenDrink, schau aus demFenster,daist<br />

dasechte Leben. Du brauchst keinen Filter,guck einfachmal!Jeder kennt<br />

diesealten Senioren,die vonmorgens bisabends aus demFenster gucken<br />

undalles kommentieren,trotzdemsehen sieaberVerliebte unddas,<br />

waswirklichist.Umebennicht nurinderbeschreibenden, negativenWelt<br />

zu bleiben,probieren wir immer,einePointemit dabeizugeben.<br />

Gibt es Ziele, wo es noch hingehen soll?<br />

Wäredie Coronabremse nichtgewesen, hättenwir wohl gesagt,wir sind<br />

ziemlich happy. EinfachschöneFestivals spielen. Das Gute an unserem<br />

Statusist,dasswir nachmittagsauf einemgroßenFestivalspielen dürfen,<br />

kurz nach unsdie internationalenHeadliner,die wirselberlieben, dran<br />

sind undwir unsdie trotzdem entspanntmit einemBierangucken können.<br />

Wenn wir dieChancenochmal kriegen, sind wirschon glücklich. Aber<br />

natürlichhaben wir Bock irgendwann aufdem Glastonburyzuspielen.<br />

Und wenn wir da waren, fälltuns wasNeuesein.<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!