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TITELTHEMA<br />
IST „GRILLEN“ NICHT ÜBERALL<br />
AUF DER WELT DAS GLEICHE,<br />
NÄMLICH LEBENSMITTEL AUF<br />
ODER IN FEUER ZU GAREN?<br />
Doch, das schon. Aber die Ergebnisse<br />
und Gepflogenheiten unterscheiden<br />
sich enorm. Entlang des<br />
Äquators finden wir die extremen<br />
Hochkulturen des Grillens, also<br />
überall dort, wo das Wetter gut ist<br />
und man viel draußen kochen kann.<br />
Insofern stehen wir in Deutschland<br />
noch weit vorm Höhepunkt. Hier<br />
galt Grillen bis zur postindustriellen<br />
Zeit als eine elitäre, gehobene Küche,<br />
die sich nur Wohlhabende leisten<br />
konnten. Ganz einfach, weil ganz im<br />
Gegensatz zu heute die Menschen damals<br />
vor allem das Fette vom Fleisch<br />
wollten und brauchten. Das tropft<br />
beim Grillen ab in die Glut, was damit<br />
als verdammt verschwenderisch galt.<br />
GIBT ES SO EXTREME UNTER-<br />
SCHIEDE AUCH HINSICHTLICH DES<br />
ERGEBNISSES?<br />
Hierzulande geht es ungefähr immer<br />
darum, dass Fleisch unbedingt „zart“<br />
sein muss – so sehr, dass der Geschmack<br />
sekundär wird, dabei unterscheidet<br />
der sich beispielsweise je nach<br />
Haltung, Futter, Rasse der Tiere. In<br />
Südamerika hingegen sagt man „Gutes<br />
Fleisch muss man kauen“. Das liegt an<br />
der Mentalität der Gauchos, also der<br />
nomadischen Viehzüchter, die ihr Rindfleisch<br />
in der Steppe irgendwie haltbar<br />
machen mussten.<br />
„KULTUR“ SIEHT HIERZULANDE JA<br />
ANGEBLICH SO AUS: DIE JUNGS<br />
STEHEN FACHSIMPELND IM GRILL-<br />
QUALM, DIE MÄDELS IN SICHERER<br />
ENTFERNUNG AM BUFFET. IST DAS<br />
NICHT EIN SCHLIMMES KLISCHEE?<br />
Ich würde sagen, das ist Realität – und<br />
das ganz wertfrei. Zu unseren Grillkursen<br />
kommen zu 80 % Männer, bei den Frauen<br />
die eine Hälfte als Begleitung, die andere,<br />
weil sie krass interessiert sind, extrem viel<br />
Ahnung von Lebensmitteln und deren Zubereitung<br />
haben und einen ganz anderen<br />
Blickwinkel. Die Männer wollen Feuer<br />
und möglichst viel Brimborium, sind aufs<br />
Außenrum fixiert: Welcher Brenner, welche<br />
Kohle, welcher Grill? Dabei sagen<br />
wir immer: Das Lebensmittel steht im<br />
Mittelpunkt!<br />
DAS TUT ES JA IM WAHRSTEN<br />
WORTSINNE IN DIESEM SZENA-<br />
RIO.<br />
Stimmt, aber ich meine das sehr<br />
ganzheitlich. Es ist völlig egal, ob ich<br />
einen Fünf-Euro-Grill von der Tankstelle<br />
habe oder die 10.000-Euro-<br />
Hochleistungsanlage. Wichtig ist,<br />
was draufkommt: hochwertige Produkte,<br />
denen wir Wertschätzung<br />
entgegenbringen.<br />
IST DIE GEBOTEN BEI ZEHN<br />
GRILLFACKELN FÜR 1,50 EURO<br />
UND FÜNF SCHWEINESTEAKS<br />
FÜR 3,99 EURO?<br />
Nein, natürlich überhaupt nicht.<br />
Bei diesen günstigen Produkten,<br />
wie man sie in der Selbstbedienungstheke<br />
findet, wird mir<br />
schlecht. Und das Argument,<br />
man könne sich hochwertigere<br />
Lebensmittel nicht leisten,<br />
sehe ich kritisch: Deutsche<br />
essen im Schnitt 600 Gramm<br />
Fleisch am Tag – das ist definitiv<br />
zu viel! Die Deutsche<br />
© Florian Köhler<br />
Lebensmittel-Gesellschaft empfiehlt<br />
höchstens zweimal wöchentlich<br />
Wurst oder Fleisch.<br />
Wenn ich den Konsum entsprechend<br />
reduziere, kann ich mir<br />
die guten Produkte leisten.<br />
SCHNELL WEG VOM FLEISCH!<br />
WAS GEHT DENN NOCH GUT<br />
AUF DEN GRILL?<br />
Bekanntlich vom Seidentofu über<br />
die Banane bis zum Schokoriegel<br />
alles. Man muss halt ein bisschen<br />
Bock haben und experimentieren,<br />
mal eine Süßkartoffel aushöhlen,<br />
füllen und direkt in die Glut<br />
werfen, entdecken, welche Süße<br />
Zwiebelgewächse entfalten können<br />
oder wie toll salzige gegrillte Wassermelone<br />
schmeckt. Mein aktueller<br />
Liebling sind gegrillte Pfirsiche<br />
mit Salzkaramell und Frischkäse.<br />
WAS IST MIT FISCH?<br />
Jeder Fisch funktioniert, am besten<br />
aber die sogenannten Fettfische wie<br />
Lachs, Makrele oder Wolfsbarsch.<br />
Wichtig bei allen: Nicht vor dem Grillen<br />
marinieren und nicht über 60 °C<br />
garen, sonst zerfällt der Fisch.<br />
WAS KÖNNEN KINDER MACHEN<br />
BEIM GRILLEN?<br />
Mein zehnjähriger Sohn tastet sich<br />
so langsam ran an die Materie. Ich<br />
denke, Kinder sollten ein gewisses<br />
Verständnis für die Gefahr haben – am<br />
besten, sie haben sich schon mal leicht<br />
verbrannt. Und sie sollten eine Grillzange<br />
bedienen können, kurze sind<br />
hier gut geeignet. Dann kann es losgehen<br />
– unter Aufsicht, versteht sich. Ab<br />
15, 16 Jahren kann man die Grillerei<br />
dann locker alleine beherrschen.<br />
MEIN GRILL(E)<br />
GESCHEHE<br />
Das brauche ich, um<br />
erfolgreich zu grillen:<br />
// gute Lebensmittel<br />
// Zeit/Geduld (nur weil es heißer<br />
ist, geht es nicht schneller)<br />
// passende Grilltemperatur<br />
// direkte und indirekte Grillmethode.