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62 GESUNDHEIT & FITNESS<br />
Einmal angesteckt, besteht die Gefahr,<br />
dass der Virus im Gewebe bleibt<br />
und dort zu Zellveränderungen<br />
führt. Werden solche sogenannten<br />
Krebsvorstufen nicht behandelt, kann<br />
das im wahrsten Sinne des Wortes<br />
böse ausgehen. Manchmal auch erst<br />
30 Jahre später. Modellrechnungen<br />
des Robert-Koch-Instituts haben ergeben,<br />
dass allein durch die derzeitige<br />
Impfquote von etwa 50 Prozent bei<br />
den Mädchen in den nächsten 100<br />
Jahren 163.000 Krebserkrankungen<br />
vermieden werden können. Würden<br />
die Jungs auf die gleiche Impfdosenanzahl<br />
kommen, kämen weitere<br />
76.000 dazu. Kein Pappenstiel. Sind<br />
sowohl Mädchen als auch Jungs geimpft,<br />
können sie sich zusätzlich<br />
gegenseitig schützen. Wobei der<br />
beste Weg, ein Virus zu bekämpfen,<br />
das wissen wir inzwischen alle, die<br />
Herdenimmunität ist. Die aber haben<br />
wir erst, wenn mindestens 70 Prozent<br />
geimpft oder immun sind.<br />
Die Virengruppe beinhaltet Hunderte<br />
verschiedener Typen – viele<br />
davon sind für uns nicht gefährlich<br />
und werden vom Immunsystem einfach<br />
niedergeknüppelt, ohne dass<br />
wir davon irgendetwas bemerken.<br />
Die, von denen man weiß, dass sie<br />
krebsauslösend sein können, hat<br />
man in die Impfung gepackt. Heute<br />
gibt es einen Zweifach-HPV-Impfstoff<br />
mit den Krebs-Hauptauslösern sowie<br />
einen Neunfach-Impfstoff, der vor<br />
weiteren Hochrisikotypen sowie vor<br />
den Hauptauslösern für Feigwarzen<br />
schützt. „Diese hässlichen Warzen“,<br />
so Michael Kandler, „treten im Genitalbereich<br />
auf, können sich aber<br />
auch zum Beispiel im Mund oder der<br />
Harnröhre verstecken und sind so für<br />
den Partner unsichtbar.“ Die Verhinderung<br />
der Genitalwarzen ist zwar<br />
ein positiver Nebeneffekt, natürlich<br />
aber nicht das Ziel der Impfung. Das<br />
ist ganz klar die Krebsprävention.<br />
„Durch die Impfung ist ein über<br />
© privat<br />
Brigitte Dietz<br />
Impfbeauftragte des<br />
Bundesverbands der<br />
Kinder- und Jugendärzte<br />
© pexels / Karolina Grabowska<br />
MEILENSTEIN GEGEN KREBS<br />
Die HPV-Impfung ist durch zahlreiche<br />
großangelegte Studien<br />
belegt. 270 Millionen Impfdosen<br />
wurden bisher weltweit<br />
verimpft, die Nebenwirkungen<br />
halten sich in Grenzen. Einzelne<br />
Fälle von heftigen Autoimmunreaktionen,<br />
die in einem<br />
bestimmten Zeitraum nach<br />
der Impfung aufgetreten sind,<br />
werden gründlich untersucht.<br />
Das Paul-Ehrlich-Institut, das in<br />
Deutschland für die Bewertung<br />
und Sicherheit von Impfstoffen<br />
zuständig ist, sieht allerdings<br />
keinen kausalen Zusammenhang.<br />
90-prozentiger Schutz vor Gebärmutterhalskrebs<br />
und ein hoher Schutz vor den anderen Krebsarten<br />
gewährleistet.“ Die Kinder- und Jugendärztin<br />
verweist auf den „gigantischen Erfolg“, den die<br />
Impfung in den ersten Monaten hatte. Bis es zu<br />
zwei Todesfällen im Herbst 2007 kam: Zwei junge<br />
Frauen starben am Sudden Adult Death Syndrome<br />
(SADS), einem plötzlichen Herzstillstand, der<br />
laut Statistischem Bundesamt pro Jahr deutschlandweit<br />
rund 60 Mal in der Altersgruppe zwischen<br />
15 und 20 vorkommt. „Aber die Impfgegner<br />
hatten durch den zeitlichen Zusammenhang zur<br />
Impfung Oberwasser, die ursprüngliche Euphorie<br />
war weg. Als sich im Jahr 2008 noch 13 Wissenschaftler<br />
gegen die Impfung positioniert haben,<br />
war das Maß so voll, dass der Impfung jahrelang<br />
ein schlechter Ruf anhaftete, gegen den wir Niedergelassenen<br />
ankämpfen mussten. Das wirkt<br />
jetzt noch immer nach.“ Und Michael<br />
Kandler ergänzt: „Wir arbeiten mit<br />
Freiwilligkeit – aber so werden wir das<br />
wohl nicht stoppen.“ Vielleicht sollten<br />
wir uns hier ein Beispiel an Australien<br />
oder Schweden nehmen. Krebs durch<br />
HPV gibt es dort nämlich so gut wie<br />
nicht mehr.<br />
DIE KASSE ZAHLT<br />
Zwei Impfungen im Abstand<br />
von mindestens 5 Monaten<br />
sind notwendig. Wird die erste<br />
Impfung erst mit 15 aufwärts<br />
verabreicht, dann braucht es<br />
drei Dosen. Wird die Impfreihe<br />
vor dem 18. Geburtstag<br />
begonnen, zahlt die Kasse. Da<br />
in Deutschland routinemäßig<br />
erst seit März 2007 geimpft<br />
wird, ist nicht sicher, ob in späteren<br />
Jahren einmal eine Auffrischungsimpfung<br />
notwendig<br />
sein wird. Die Daten der neuesten<br />
Studien haben aber eine<br />
sichere Wirksamkeit von über<br />
10 Jahren gezeigt.