2021/09 | FRIZZ Magazin
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STADT<br />
GESCHICHTEN<br />
IM CLUB DER<br />
NÄHERINNEN<br />
NÄHMASCHINE<br />
MIT COMPUTER<br />
Ans Nähen hat <strong>FRIZZ</strong>-Reporterin<br />
Kerstin Auernhammer keine guten<br />
Erinnerungen. Trotzdem wagt sie sich<br />
in die Höhle des Löwen.<br />
Der Stoff war türkis mit Schiffen drauf. Wir sollten einen Rucksack<br />
daraus nähen, in der 5. Klasse war das. Fertig geworden ist<br />
das Projekt nie, als Note bekam ich eine Vier. Die Handarbeitslehrerin<br />
wollte wohl meinen guten Willen belohnen ... Trotzdem<br />
stehe ich jetzt in der Ensinger Straße 1, vor dem Schulungsraum<br />
von Nähmaschinen Hörmann. Die Chefin Maria Wahl hat mich<br />
eingeladen, als ich zum Thema „Do it yourself“ bei ihr anfragte.<br />
Nähen sei gerade wieder total angesagt, wegen Corona, wegen<br />
Nachhaltigkeit und weil es einfach Spaß mache. Mit einem strahlenden<br />
Lächeln begrüßt sie mich. Der Raum ist geräumig, in der<br />
Mitte stehen mehrere große Tische, auf denen grüne Schneidematten<br />
liegen. Ringsum Regale mit bunten Stoffballen, Tausenden<br />
Rollen Stickgarn und anderen Dingen, die ich nicht benennen<br />
kann, die aber alle so aussehen, als würde man sie dringend<br />
brauchen, wenn man nähen will.<br />
Eine Nähmaschine zur Hochzeit<br />
Zwei Damen sitzen im Raum: Elvira und Bea. Elvira, lange,<br />
blonde Haare, ist Stammkundin bei den Wahls: „Ich habe eine<br />
hauswirtschaftliche Ausbildung gemacht, da gehörte das Nähen<br />
irgendwie dazu. Meine erste eigene Nähmaschine habe ich von<br />
meinen Eltern zur Hochzeit geschenkt bekommen.“ Vor einigen<br />
Jahren hat sie ihr Hobby wiederentdeckt. „Mittlerweile nähe ich<br />
täglich – wenn ich mal nicht an der Maschine sitze, bekomme ich<br />
schlechte Laune.“ Bea, kurze schwarze Haare, arbeitet hier, war<br />
aber auch schon vorher Stammkundin: „Ich liebe es zu nähen,<br />
habe zuhause mein eigenes Nähzimmer.“ Wie praktisch, dass<br />
sie hier ja quasi an der Quelle ihres Hobbys sitzt. Alle drei tragen<br />
übrigens selbstgenähte Klamotten: Bea eine schwarze Bluse<br />
aus einem Stoff mit grober Struktur – und als Eyecatcher große,<br />
schwarze Knöpfe. Elvira ein Kleid im Animalprint-Style mit Rüschen.<br />
Maria ein blaues T-Shirt mit aufgestickter Pusteblume.<br />
Generell tragen die drei fast nur Selbstgenähtes: „Nur Jeans und<br />
Unterwäsche kaufe ich im Laden“, lacht Elvira.<br />
EIN HANDTUCH<br />
FÜR <strong>FRIZZ</strong><br />
Nur Jeans<br />
und Unter -<br />
wäsche kaufe<br />
ich im Laden.<br />
18<br />
Die Einführung gibt es gratis dazu<br />
Während der Pandemie haben sich viele eine Nähmaschine zugelegt<br />
– weil sie mehr Zeit hatten, selbst kreativ werden wollten<br />
und keinen Bock mehr hatten auf die immer gleichen Klamotten<br />
von H&M, Zara und Co. Teenies sind darunter, die erste Ausflüge<br />
in die Modebranche unternehmen, junge Mütter, die für ihre<br />
Kinder nähen. „Viele werden jetzt denken, ich muss das sagen,<br />
weil ich die Dinger ja verkaufe: Aber wer sich ein Billigteil im<br />
Discounter oder aus dem Internet zulegt, wird nicht viel Freude<br />
damit haben“, sagt Maria. Denn erstens gehen diese Maschinen<br />
schneller kaputt – und zweitens nähen sie eben auch schlechter.<br />
Und, das Entscheidende: „Sie bekommen das Ding und wissen<br />
gar nicht, was man damit alles anfangen kann.“ Maria Wahl und<br />
ALLES<br />
SELBSTGENÄHT