Josef Hellmannsberger - Ehrenbürger von Simbach am Inn
Josef Hellmannsberger - Ehrenbürger von Simbach am Inn
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15. Juli 2019<br />
<strong>Simbach</strong>er Anzeiger<br />
Nr. 14/2019<br />
<strong>Josef</strong> <strong>Hellmannsberger</strong> – ein Pionier seiner Zeit<br />
<strong>Simbach</strong> (mho). Der Pionierarbeit eines<br />
<strong>Simbach</strong>ers ist es zu verdanken, dass in der<br />
<strong>Inn</strong>stadt noch vor den Großstädten München<br />
und Nürnberg das Licht anging. <strong>Josef</strong><br />
<strong>Hellmannsberger</strong> war es, der als junger Seilermeister<br />
diese Leistung vollbrachte – und<br />
das vor 125 Jahren. Heute sind elektrisches<br />
Licht und die Stromversorgung für jeden<br />
selbstverständlich, zu d<strong>am</strong>aliger Zeit war es<br />
die modernste Errungenschaft überhaupt.<br />
<strong>Josef</strong> <strong>Hellmannsberger</strong>, der Sohn einer<br />
<strong>Simbach</strong>er Handwerksf<strong>am</strong>ilie, übernahm<br />
1894 den elterlichen Seiler-Betrieb, wollte<br />
diesen modernisieren und fabrikmäßig vergrößern.<br />
Der 23-jährige war nach seiner<br />
Ausbildung bereits viel im In- und Ausland<br />
unterwegs und hatte umfangreiche Erfahrungen<br />
ges<strong>am</strong>melt. Er hatte viele Ideen,<br />
gliederte dem Betrieb eine maschinelle<br />
Drahtseilerei an, errang d<strong>am</strong>it hohe Auszeichnungen<br />
und wurde bereits dadurch<br />
weit über Bayern hin aus bekannt. <strong>Hellmannsberger</strong><br />
überlegte, ein D<strong>am</strong>pflokomobile<br />
zu kaufen, um die Maschinen anzutreiben.<br />
Dabei reifte die Idee, selbst ein Elektrizitätswerk<br />
zu errichten, das nicht nur ihm<br />
sondern auch seinem Heimatort <strong>von</strong> großem<br />
Nutzen wäre.<br />
Mit einem einfachen Maschinenhaus in<br />
seinem Garten, hinter dem heutigen Kundenzentrum<br />
<strong>am</strong> Kirchenplatz, begann er <strong>am</strong><br />
26. Juli 1894 seine Pläne in die Tat umzusetzen.<br />
D<strong>am</strong>als musste für Bauten eine baupolizeiliche<br />
Genehmigung eingeholt werden,<br />
die <strong>Hellmannsberger</strong> nicht vorweisen konnte<br />
– dafür wurde er zu sechs Mark Geldstrafe<br />
verurteilt. Doch das hielt ihn nicht da<strong>von</strong><br />
ab, sein Werk zu vollenden.<br />
Im neuen Maschinenhaus stellte <strong>Hellmannsberger</strong><br />
ein 25-PS-Lokomobile der Maschinenfabrik<br />
Esterer aus Altötting auf, und<br />
ließ dazu <strong>von</strong> der Firma Leitl in Neuötting einen<br />
Dyn<strong>am</strong>o <strong>von</strong> den Schuckert-Werken in<br />
Nürnberg einbauen. Bereits <strong>am</strong> 1. November<br />
1894 nahm <strong>Hellmannsberger</strong> seine<br />
neue Anlage in Betrieb. Mit Skepsis vermischt<br />
wurde die Einrichtung bestaunt und<br />
bewundert. Schnell war das Misstrauen bei<br />
den Bürgern verschwunden und es dauerte<br />
nicht lange, bis sich die ersten <strong>Simbach</strong>er Geschäfte<br />
und Gasthäuser die elektrische Beleuchtung<br />
einrichten ließen. Noch im selben<br />
Jahr hielt das elektrische Licht Einzug in <strong>Simbach</strong>er<br />
Häuser und, es funktionierte hervorragend<br />
– alle waren begeistert. Somit hatte<br />
<strong>Simbach</strong>, zus<strong>am</strong>men mit den Isar-Amper-<br />
Werken, die ebenfalls im Jahr 1894 gegründet<br />
wurden, das erste D<strong>am</strong>pfkraftwerk der<br />
öffentlichen Elektrizitätsversorgung in Bayern.<br />
Doch es sollte zwei Jahre dauern, bis sich<br />
die „unsichtbare“ Energie bei den Bürgern<br />
durchsetzte, alle Zweifel verworfen waren<br />
und sich immer mehr <strong>Hellmannsberger</strong>s<br />
Stromnetz anschlossen. Hätte <strong>Josef</strong> <strong>Hellmannsberger</strong><br />
in dieser Zeit nicht die Seilerei<br />
gehabt, mit der er die Defizite des Elektrizitätswerkes<br />
ausgleichen konnte, wäre das begonnene<br />
Werk zum Scheitern verurteilt gewesen.<br />
Investitionen auf eigenes Risiko<br />
1896 reichte die Kapazität der 25-PS-Maschine<br />
nicht mehr aus, sodass der junge und<br />
findige Unternehmer in Pranzmühle bei<br />
Kirchberg noch ein kleines Wasserkraftwerk<br />
dazu errichtete, um d<strong>am</strong>it den fehlenden<br />
Storm zu erzeugen. Den Dyn<strong>am</strong>o dafür trieb<br />
ein eisernes Wasserrad <strong>von</strong> acht Metern<br />
Durchmesser an, durch das eine Mehrleistung<br />
<strong>von</strong> zehn PS erreicht werden konnte.<br />
Doch diese reichte bei weitem nicht aus – ein<br />
neues und größeres Werk musste gebaut<br />
werden.<br />
In den Jahren 1899 und 1900 entstand in<br />
der <strong>Simbach</strong>er Bachstraße das neue und moderne<br />
E-Werk, das heute als Bürgerhaus genutzt<br />
wird. In dem d<strong>am</strong>als innovativen Gebäude<br />
war mit einem 80-PS-Lanzlokomobile<br />
die Stromversorgung <strong>Simbach</strong>s für die kommenden<br />
Jahre gesichert. Als 1914 das Ortsnetz<br />
auf zwei Mal 110-Volt umgestellt wurde,<br />
war erneut mehr Kraft erforderlich. <strong>Hellmannsberger</strong><br />
zögerte nicht lange und<br />
schaffte einen 70-PS-Dieselmotor an und<br />
1925 k<strong>am</strong> ein neuer, moderner 160-PSstarker<br />
Deutz-Dieselmotor dazu. Was <strong>Josef</strong><br />
<strong>Hellmannsberger</strong> anpackte, unternahm er<br />
stets auf eigenes Risiko – so hat er <strong>von</strong> 1894<br />
bis 1927 ohne vertragliche Sicherheit oder<br />
irgendwelchen staatlichen Schutz eine<br />
Öffentlichkeitsaufgabe vollbracht, die sich<br />
mehr als fruchtbar für seine Heimat erwies<br />
und die erst 20 Jahre nach der Gründung seines<br />
E-Werkes <strong>von</strong> gemeindlicher Seite hätte<br />
erfüllt werden können, denn das Überlandwerk<br />
k<strong>am</strong> erst zwei Jahrzehnte später nach<br />
<strong>Simbach</strong>.<br />
Erst nach einem langen Prozess, der mit<br />
einem Vergleich endete, und erst mit der<br />
Gründung der Heraklith-Werke, der heutigen<br />
Knauf Insulation, deren Stromversorgung<br />
durch die Gemeinde nicht mehr hätte<br />
gesichert werden können, schloss <strong>Simbach</strong><br />
mit <strong>Josef</strong> <strong>Hellmannsberger</strong> einen Vertrag.<br />
Seitens der Stadt dauerte es bis in das<br />
Jahr 1952, bis die Pionierleistung <strong>Hellmannsberger</strong>s<br />
zum Wohle <strong>von</strong> <strong>Simbach</strong> erkannt<br />
und gewürdigt wurde. In diesem Jahr wurde<br />
der Unternehmer durch den d<strong>am</strong>aligen<br />
Stadtrat zum <strong>Ehrenbürger</strong> ernannt, ob seiner<br />
Leistungen für den Ort. Am 14. April<br />
1958 schloss <strong>Josef</strong> <strong>Hellmannsberger</strong> für immer<br />
die Augen – doch sein Werk lebt bis<br />
heute weiter.<br />
<strong>Inn</strong>ovation wird fortgesetzt<br />
Die Unternehmensgruppe <strong>Hellmannsberger</strong><br />
nimmt bis dato einen wichtigen Platz<br />
unter den bayerischen Stromversorgern ein,<br />
liefert bundesweit Strom und Erdgas und<br />
baut das schnellste Datennetz in <strong>Simbach</strong>.<br />
Sie arbeitet <strong>am</strong> Puls der Zeit – so wie es<br />
auch der Firmengründer vor 125 Jahren gemacht<br />
und vorgelebt hat – <strong>Josef</strong> <strong>Hellmannsberger</strong>.<br />
Dazu mehr in einer späteren Ausgabe.<br />
Quellenangabe:<br />
Stadtchronik <strong>Simbach</strong> <strong>von</strong> Rudolf Vierlinger<br />
Ein Blick auf das erste E-Werk (rechts im Bild) <strong>von</strong> der Münchner Straße Richtung Kirchenstraße<br />
Künstler unbekannt