Michael Waltinger - Portrait
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1. Mai 2021<br />
Simbacher Anzeiger<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Waltinger</strong><br />
gründete Bezirksmuseum in Simbach<br />
Nr. 9/2021<br />
Von Christina Schmid<br />
Noch heute ist der Name <strong>Michael</strong><br />
<strong>Waltinger</strong> ein Begriff, vor<br />
allem durch seine heimatkundlichen<br />
Bücher und in Simbach verbunden<br />
mit dem Heimatmuseum.<br />
Viel über sein Leben und Wirken<br />
in der Innstadt erfährt man im<br />
Simbacher Heimatheft, 9. Jahrgang,<br />
Ausgabe 1961 von Karl<br />
Schaefler. Demnach ist <strong>Waltinger</strong><br />
1911 als Lehrer an die Knabenschule<br />
nach Simbach gekommen.<br />
Vorher hatte er nahezu 20 Jahre<br />
an den Schulen in Postmünster,<br />
Neukirchen, Hintereben bei Waldkirchen<br />
und Winzer gelehrt. In<br />
seiner Freizeit hatte er sich der<br />
heimatgeschichtlichen Forschung<br />
und insbesondere der Erforschung<br />
der Niederbayerischen<br />
Volkskunde verschrieben. Bereits<br />
1901, als er Lehrer in Postmünster<br />
war, brachte er sein „Niederbayerisches<br />
Sagenbuch“ heraus, das<br />
noch heute gefragt ist. Es folgte<br />
das Werk „Das Bauernjahr im Niederbayerischen“.<br />
Max Peinkofer,<br />
Heimatdichter und Volkskundler,<br />
rühmte <strong>Waltinger</strong>s Werke und bezeichnete<br />
ihn als bedeutenden<br />
Bewahrer heimatlichen Volksgutes.<br />
Schaefler schreibt: „In Simbach<br />
selbst wird der Name <strong>Michael</strong><br />
<strong>Waltinger</strong> stets vor allem mit<br />
dem ehemaligen „Heimatbund<br />
Simbach“ und dem „Heimatmuseum<br />
Simbach“ verbunden bleiben.<br />
Volkskundler aus Leidenschaft<br />
Den Heimatbund hat <strong>Waltinger</strong><br />
1912 ins Leben gerufen und war<br />
selbst, solange er in der Innstadt<br />
als Lehrer tätig war, bis 1920 sein<br />
verdienstvoller, äußerst rühriger<br />
Vorstand. <strong>Michael</strong> <strong>Waltinger</strong> war<br />
vom ersten Tage an seines Wirkens<br />
in Simbach aber auch die<br />
Seele und einer der verdienstvollsten<br />
Gründer und Gestalter<br />
des damals neu errichteten „Bezirksmuseums<br />
in Simbach“. Im<br />
Heimatheft kann man Weiteres<br />
über die Gründung des Museums<br />
erfahren: Am 28. November 1911<br />
fand im Gasthof zur „Alten Post“<br />
eine Versammlung statt, wobei<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Waltinger</strong> den Vorsitz<br />
führte. Vor kurzem war er als Lehrer<br />
nach Simbach gekommen, als<br />
Heimatkundler, Forscher und<br />
Schriftsteller aber hatte er schon<br />
„Ruf und Namen“.<br />
In dieser Versammlung wurde<br />
einstimmig beschlossen, in Simbach<br />
für Heimatpflege, Denkmalschutz<br />
und Volkskunde unter dem<br />
Namen „Heimatbund Simbach<br />
am Inn“ einen Verein ins Leben zu<br />
rufen. Die Vorstandschaft setzte<br />
sich wie folgt zusammen: 1. Vorsitzender:<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Waltinger</strong>, Lehrer,<br />
„Ordner“ Josef Scheiblhuber,<br />
Ziegeleibesitzer, Kassier und<br />
Schriftführer: Ludwig Wührer, Gemeindeoffiziant,<br />
Beisitzer: Dr.<br />
Franz Eisenreiter, Arzt, und Georg<br />
Schierghofer, Apotheker. Von Anfang<br />
an war von den Gründungsmitgliedern<br />
des Vereins die Schaffung<br />
eines Heimatmuseums in<br />
Simbach als erstes Ziel in Aussicht<br />
genommen. Am 3. August 1912<br />
konnte dieses im damals neuen<br />
Rathaus und zwar in dessen Turm<br />
als „Bezirksmuseum“ eröffnet<br />
werden.<br />
Junggesellenstammtisch bringt<br />
„altehrwürdige Gegenstände“<br />
für Museum<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Waltinger</strong> lag seine Heimat<br />
am Herzen<br />
Foto: Archiv<br />
Es gab einen „Junggesellenstammtisch“<br />
und diesem gehörte<br />
auch <strong>Waltinger</strong> an. Der Lehrer war<br />
bedacht, dass jeder seiner<br />
Stammtischgenossen wöchentlich<br />
wenigstens einen „altehrwürdigen<br />
Gegenstand“ als Beitrag<br />
zum Heimatmuseum mitbrachte.<br />
Hauptsammler zur Bereicherung<br />
und möglichst vollwertigen Ausstattung<br />
des Heimatmuseums<br />
waren aber neben <strong>Waltinger</strong> noch<br />
Dr. Franz Eisenreiter, Josef<br />
Scheiblhuber, Forstmeister Georg<br />
Usselmann und Notar Gustav<br />
Gabler. 1920 wurde Lehrer <strong>Waltinger</strong><br />
als Oberlehrer und Schulleiter<br />
in seine Vaterstadt Deggendorf<br />
berufen. 1938 trat er dort als Lehrer<br />
in den Ruhestand, für den er<br />
sich einen wohlverdienten glücklichen<br />
Lebensabend in seinem<br />
Eigenheim in München-Obermenzing<br />
erhofft hatte. Max Peinkofer<br />
schrieb in den „Passauer Heimatglocken“:<br />
„1949 warf <strong>Waltinger</strong> eine<br />
Krankheit aufs Schmerzenslager.<br />
Dazu kam in seinen letzten<br />
fünf Lebensjahren völlige Erblindung<br />
hinzu, die für den geistig<br />
regsam gebliebenen Mann<br />
schwerste Entsagung und Heimsuchung<br />
bedeutete. Am 11. Mai<br />
1957 erlöste der Tod den im 84.<br />
Lebensjahr stehenden lebensmüde<br />
Gewordenen“. In der 6. Auflage<br />
(2019) des Buches „<strong>Michael</strong> <strong>Waltinger</strong>:<br />
Niederbayerische Sagen“<br />
(SüdOst-Verlag) steht im Vorwort<br />
geschrieben: „Als der junge Lehrer<br />
<strong>Michael</strong> <strong>Waltinger</strong> sich um die<br />
Jahrhundertwende voller Elan<br />
und Sachkenntnis für die Pflege<br />
von Volkstum und altem Brauch<br />
einsetzte, war er in Niederbayern<br />
noch allein am Werk.<br />
Straßenwidmung für Verdienste<br />
Heute rühmt die Nachwelt seine<br />
Verdienste um die heimatgeschichtliche<br />
Forschung und<br />
Sammlung niederbayerischen<br />
Volksgutes. Auch mit dem Sammeln<br />
von Sagen begann er schon<br />
lange bevor es Gedrucktes zu dieser<br />
Literaturgattung aus Niederbayern<br />
gab. Sagen, so <strong>Michael</strong><br />
<strong>Waltinger</strong>, sind nicht etwa Geschichten,<br />
die sich ein Bäuerlein<br />
oder eine phantasiebegabte<br />
Groß mutter ausgedacht haben.<br />
Sagen sind „das ewige Gedächtnis<br />
des Volkes, das es zu pflegen<br />
gilt“. In diesem Buch findet man<br />
zum Beispiel „Die Muttergottes<br />
von Stubenberg“, „Die Bergwichtlein<br />
von Pettenau“, „Die schöne<br />
Frau bei St. Anna“, „Die hl. Kümmernis“.<br />
Und im Heimatmuseum<br />
Simbach sind Exponate erhalten,<br />
die <strong>Waltinger</strong> vor fast 100 Jahren<br />
so fleißig gesammelt hat. In Würdigung<br />
seiner Verdienste in Simbach<br />
wurde <strong>Waltinger</strong>, der 1873 in<br />
Deggendorf geboren wurde und<br />
am 11. Mai 1957 in München aus<br />
dieser Welt schied, eine Straße<br />
gewidmet.<br />
(Quellen: Simbacher Heimatheft von<br />
Karl Schaefler, Buch „Straßen, Wege,<br />
Plätze – Straßennamen und ihre Herkunft“,<br />
„<strong>Michael</strong> <strong>Waltinger</strong>: Niederbayerische<br />
Sagen“)