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HISTORISCHES
ein Preuße, kennt ihr meine Farben?“ Die schwedische Prinzessin
Großherzogin Cäcilie von Oldenburg (1807-1844) verfasste
selbst den Text für die Landeshymne „Heil dir, o Oldenburg“.
Im selben Jahr dichtete Matthäus Friedrich Chemnitz (1815-
1870) „Schleswig Holstein, meerumschlungen, deutscher Sitte
hohe Wacht“ – der ursprüngliche Text von Karl Friedrich Straß
(1803-1864) war bald vergessen. Seit 1846 sangen die Thüringer
– in ihrem in viele kleine Einzelstaaten aufgespaltenen Land –
Hermann Allmers (1821-1902) Heimatlied „Dort Saaleck, hier
die Rudelsburg“. 1851 schrieb Adolf Pompe (1831-1889) das
Pommernlied „Wenn in stiller Stunde Träume mich umwehn“.
In „Gott mit dir, du Land der Bayern, deutsche Erde Vaterland“
von Michael Öchsner (1816-1893) fanden die Bayern ihre
Hymne. Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erhielt
manches Land sein Lied: „Steige hoch, du roter Adler“ schrieb
Gustav Büchsenschütz (1902-1996) für seine Brandenburger,
die Ostpreußen erkannten im „Land der dunklen Wälder“ von
Erich Hannighofer (1908-1945) ihre Landschaft wieder. – Zu
den frühen Schöpfungen dieser Art gehört auch „Das Lied der
Deutschen“, das von dem von der preußischen Administration
verfolgten Liberalen Heinrich Hoffmann von Fallersleben auf
der damals noch zu Großbritannien gehörenden Nordseeinsel
Helgoland 1841 gedichtet wurde; es war bewusst gegen seine
Verfolger gerichtet und mahnte die – in den napoleonischen
Kriegen erhoffte – deutsche Einheit an. Zur Nationalhymne
wurde es 1922 erhoben, die dritte Strophe ist derzeit die Hymne
der Bundesrepublik Deutschland. Freilich war es in der jungen
Bundesrepublik eine umstrittene Entscheidung, an dem Liede
festzuhalten, denn die ersten beiden Strophen des Liedes fanden
keine allgemeine Zustimmung mehr.
Grüß dich Gott, Westfalenland
Am 24. April 1869 erschien ein neues Westfalenlied, gedichtet
von Emil Rittershaus im „Volks-Blatt für den Wahlkreis Iserlohn
– Altena“ unter dem Titel „Grüß dich Gott, Westfalenland“,
und vier Tage später wurde es im „Wochenblatt für den Kreis
Altena“ nachgedruckt. Unter dem Titel „Lied des Westfalen“
publizierte der Dichter sein Westfalenlied in seinem Buch „Neue
Gedichte“ im Verlag von Ernst Keil 1871 in Leipzig. Zu diesem
Zeitpunkt war das Lied, das unmittelbar nach dem Erscheinen
vom Kapellmeister des Kölner Stadttheaters Peter Johann Peters
vertont worden war, schon populär. Dazu hatte der gemeinsame
Freund von Rittershaus und Peters, Dr. Hugo Rademacher,
beigetragen, der das Lied mehrfach öffentlich gesungen
hatte, unter anderem bei der Begrüßung des aus England
heimgekehrten Dichters Ferdinand Freiligrath, der von Freunden
am 18. Juli 1869 auf dem Bielefelder Johannisberg begrüßt
wurde. Als hervorragender Interpret des Westfalenliedes erwies
sich auch der Iserlohner Kaufmann Carl Schrimpff (1828-1885),
der das Westfalenlied unter anderem am 3. August 1882 bei der
Übergabe des renovierten Vincke-Turms an den Westfälischen
Provinziallandtag mit großem Erfolg auf Hohensyburg sang.
Rittershaus´ Westfalenlied erfuhr eine ganze Reihe weiterer
Vertonungen, die sich jedoch nicht durchsetzen konnten. Auch
an dem schon bald als „spätromantisch“ empfundenen Text gab
es, jeweils der Zeit entsprechend, immer wieder Kritik, aber alle
Anstrengungen, eine neue Westfalenhymne zu kreieren, blieben,
weil weder Texte noch Melodien Allgemeingut wurden, erfolglos.
Rittershaus´ Westfalenlied wurde jedenfalls in Westfalen ein
fester Bestandteil des Repertoires vieler Chöre. Unterschiedliche
Interpreten sangen das Westfalenlied für ihr Publikum und
nahmen es auch auf Tonträger auf, unter ihnen der lyrische Tenor
Kammersänger Rudolf Schock, der Rundfunkstar Bass-Bariton
Willy Schneider und der Schlagersänger Heino.
Gruß aus Westfalen – Ansichtspostkarten mit dem
Wappen der preußischen Provinz Westfalen und mit
Rittershaus´ Westfalenlied in seiner ersten Fassung in
Frakturschrift
Rittershaus´ Westfalenlied in späterer Fassung in
Antiquaschrift unter der Ansicht einer altwestfälischen
Sägemühle: In der dritten Strophe steht in dieser
späteren Version: „ein Mädchen aus Westfalenland“.