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25.09.21 Lindauer Bürgerzeitung

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10 25. September 2021 · BZ Ausgabe KW 38/21 ENERGIE, VERKEHR UND KOMMUNIKATION<br />

– Anzeige –<br />

Seit 1900: Strom in und für Lindau<br />

Die Geschichte der Stadtwerke Teil 1: Wie der Strom nach Lindau kam – Größtes Bauprojekt im Königreich Bayern<br />

Die <strong>Lindauer</strong> Stadtwerke haben eine<br />

lange und bewegte Geschichte<br />

– vom reinen Strom-Gas-Wasser-<br />

Lieferanten hat sich der Energieversorger<br />

im ständigen Strukturwandel<br />

der Branchen immer wieder<br />

anpassen, verbessern und verändern<br />

müssen. Aus dem städtischen<br />

Eigenbetrieb mit Werkleiter<br />

und Werkausschuss wurde 2005<br />

die Stadtwerke Lindau (B) GmbH<br />

& Co. KG mit Geschäftsführer und<br />

Aufsichtsrat, eine 100-prozentige<br />

Tochter der Stadt Lindau. Lesen<br />

Sie in diesem ersten Teil unserer<br />

Geschichte, wie der Strom<br />

nach Lindau kam…<br />

Von der „<strong>Lindauer</strong> AG für Gasbeleuchtung“<br />

zum städtischen<br />

Elektrizitätswerk<br />

Weil der Stadtmagistrat im Jahr<br />

1895 beschlossen hatte, den Vertrag<br />

mit der Firma Riedinger aus<br />

Augsburg von 1862 (ab 1873 die<br />

gemeinsame „<strong>Lindauer</strong> AG für<br />

Gasbeleuchtung“) über die Beleuchtung<br />

des Seehafens, des<br />

Bahngeländes und der städtischen<br />

Beleuchtung nicht zu<br />

verlängern, wurde der Weg für<br />

ein städtisches Elektrizitätswerk<br />

frei. Der Vertrag mit Riedinger<br />

bestand bis 1900. Tatsächlich<br />

machte die Beleuchtungs- und<br />

Gasversorgungs-Monopolstellung<br />

dieser AG jegliche Verbesserung<br />

unmöglich und stand<br />

außerdem der Errichtung eines<br />

städtischen Elektrizitätswerkes<br />

im Weg.<br />

Am 27. Juli 1899 konnte mit<br />

dem Bau eines Dampfkraftwerkes<br />

auf einem Teil des Fundamentes<br />

der ehemaligen Karolinenschanze<br />

nördlich der<br />

Stadtmauer begonnen werden.<br />

Mit Kosten von 450.000 Mark<br />

war dies kurzzeitig das größte<br />

Bauprojekt im Königreich Bayern.<br />

Bürgermeister Schützinger<br />

schilderte in seiner Übernahmerede<br />

am 24. August 1900 das<br />

Entstehen des Werkes und gab<br />

der allgemeinen Freude darüber<br />

Ausdruck, dass man jetzt<br />

vom Druck des „Gasvertrages“<br />

und von dem „Vorzug“, das<br />

teuerste Gas in Deutschland<br />

zu verbrennen, befreit sei.<br />

In den Jahren bis 1908 erfolgte<br />

der Anschluss großer<br />

Teile der Gemeinden Aeschach,<br />

Hoyren, Reutin und Bodolz an<br />

das städtische Gleichstromnetz,<br />

dessen Reichweite damit aber<br />

erschöpft war. Um auch weiter<br />

entfernte Gemeinden versorgen<br />

zu können, wurde 1911 der Ausbau<br />

einer Drehstromversorgungsanlage<br />

genehmigt. So konnten<br />

bis 1916 auch die Gemeinden<br />

Wasserburg, Nonnenhorn sowie<br />

große Teile von Unterreitnau,<br />

Oberreitnau, Achberg und Hege<br />

ans Netz genommen werden.<br />

Der stetig steigende Bedarf<br />

und der Wunsch weiterer Gemeinden<br />

auf Netzanschluss führten<br />

am 22. Juni 1915 zum ersten<br />

Fremdstrombezug und Anschluss<br />

an die Vorarlberger Kraftwerke,<br />

damals noch die Firma „Jenny<br />

& Schindler“. Mit diesem Stromliefervertrag<br />

war im Ersten Weltkrieg<br />

beiden Seiten geholfen:<br />

Die Stadt Lindau brauchte<br />

dringend Ersatz für die teure<br />

und schwer erhältliche Kohle<br />

zur Stromerzeugung, „Jenny &<br />

Schindler“ brauchten dringend<br />

neue Einnahmen, da es sowohl<br />

den Textilwerken als auch den<br />

Elektrizitätswerken wirtschaftlich<br />

schlecht ging.<br />

Das Elektrizitätswerk auf einem Teil des Fundamentes der ehemaligen<br />

Karolinenschanze nach 1900.<br />

Cosmus Schindler, der kaufmännische<br />

Geschäftsführer von<br />

„Jenny & Schindler“, hatte bereits<br />

1904 von Lochau über Unterhochsteg<br />

entlang der Bahnlinie<br />

eine private „Fernleitung“ legen<br />

und seine luxuriöse Villa<br />

Leuchtenberg in der Eichwaldstraße<br />

mit Strom versorgen lassen.<br />

Von der Insel nach Reutin<br />

Auf Grund vielfältiger technischer<br />

Neuerungen und Betriebsansiedelungen<br />

stieg und<br />

steigt der Stromhunger enorm<br />

an. Um die Versorgungssicherheit<br />

zu gewährleisten, waren<br />

kontinuierlich Erweiterungen<br />

und jede Menge Investitionen<br />

notwendig. So wurde im Jahr<br />

1925 auf dem Gelände des neuen<br />

städtischen Gaswerks Reutin<br />

eine 50.000-Volt-Umspannstation<br />

erbaut. Mitte der 30-ger<br />

Jahre wurde eine 45.000-Volt-<br />

Leitung von Lindau aus zum<br />

Anschluss an die 45.000-Volt-<br />

Station in Niederstaufen und an<br />

das deutsche Hochspannungsnetz<br />

erstellt. In diesem Zusammenhang<br />

wurde auf dem Gelände<br />

in der Auenstraße eine<br />

45.000-Volt-Freiluftschaltanlage<br />

mit einem 1.000-Kilovoltampere-Trafo<br />

errichtet. Die Dampfmaschinen<br />

und Batterieanlagen<br />

im E-Werk in der Altstadt<br />

wurden abgebrochen.<br />

Weitere Meilensteine waren:<br />

▶ die Umstellung von Gleichstrom<br />

220/440 Volt auf Drehstrom<br />

220/380 Volt sowie in<br />

kleineren Ortsbereichen von<br />

120/210 Volt auf 220/380 Volt<br />

in den Jahren 1936 bis 1957<br />

▶ 1940 der Bau einer Trafostation<br />

am Giebelbach mit Mittelspannungsverteilungsanlage<br />

für See- und Landgemeinden<br />

▶ 1963/64 der Neubau der<br />

110.000-Volt-Freiluftschaltanlage<br />

▶ zwischen 1969 und 1970 die<br />

Umstellung des Mittelspannungsnetzes<br />

von 6.000 auf 10.000<br />

Volt<br />

Die 110.000-Volt-Freiluftschaltanlage<br />

wurde 1975 erweitert.<br />

Zusätzlich zur 1960 errichteten<br />

Pfänderleitung von Bregenz<br />

nach Lindau wurde 2012<br />

ein 110-kV-Kabel durch die zweite<br />

Pfändertunnelröhre gelegt.<br />

Dieser zusätzliche Anschluss<br />

an das Vorarlberger Hochspannungsnetz<br />

bringt Lindau heute<br />

die Sicherheit, dass bei einem<br />

Ausfall der Pfänderleitung nach<br />

wie vor eine zuverlässige Versorgung<br />

gegeben ist.<br />

Das Umspannwerk mit neuem<br />

Schalthaus und Schaltanlage<br />

startete seinen Betrieb im Dezember<br />

2006. Von März bis Dezember<br />

2008 entstand die neue<br />

110-kV-Freiluftanlage und die<br />

Anlage aus dem Jahr 1964 wurde<br />

außer Betrieb genommen. Der<br />

Wartungs- und Instandsetzungsaufwand<br />

war jährlich gestiegen<br />

und die Ersatzteilbeschaffung<br />

für die elektrischen Bauteile war<br />

immer schwieriger und teurer<br />

geworden. Als schließlich noch<br />

eine Generalsanierung der Stahlbetonfundamente<br />

und Kabelkanäle<br />

anstand, entschied man<br />

sich nach einer Wirtschaftlichkeitsberechnung<br />

für den Neubau<br />

der Anlage.<br />

Energiewende und Klimaschutz<br />

stets im Blick<br />

Einen mutigen und vorausschauenden<br />

Schritt wagten die<br />

Stadtwerke 2014 und stellten<br />

ihre Stromlieferung komplett<br />

auf Ökostrom aus Wasserkraft<br />

um. Bereits davor stammten gut<br />

85 Prozent des Strommixes aus<br />

regenerativen Quellen und mit<br />

„100 Prozent Ökostrom“ setzten<br />

die Stadtwerke ein konsequentes<br />

und deutliches Zeichen.<br />

Energiedienstleistungen wie<br />

Wärme-Contracting, Energieberatung<br />

oder Thermografie kamen<br />

zum reinen Versorgungsangebot<br />

hinzu. Im Rahmen eines Bürgerbeteiligungsmodells<br />

wurden<br />

Solaranlagen auf dem Lagerdach<br />

der Stadtwerke und der<br />

Eissportarena errichtet.<br />

Seit 2014 fördern die Stadtwerke<br />

Elektromobilität nicht<br />

zuletzt durch die Errichtung<br />

einer Ladesäuleninfrastruktur.<br />

Knapp 40.000 Euro investierten<br />

die Stadtwerke in die ersten<br />

vier Ladesäulen in und um<br />

Lindau: In der Auenstraße, am<br />

Karl-Bever-Platz, am Autobahnzubringer<br />

und in Wasserburg<br />

entstanden die ersten „Tankstellen<br />

für Elektroautos“.<br />

Im Jahr 2020 war das Stromnetz<br />

der Stadtwerke insgesamt<br />

765 Kilometer lang. Über 8.371<br />

Hausanschlüsse wurden 35.668<br />

Einwohner/-innen versorgt.<br />

manu/kim/KS<br />

Quellen: „Hundert Jahre Elektrizitätswerk Lindau“,<br />

Stadtwerke-Archiv<br />

Fotos: Stadtwerke Lindau<br />

Bei den Stadtwerken Lindau sind<br />

Sie bei allen Fragen rund um<br />

Energie, Verkehr und Telekommunikation<br />

gut aufgehoben.<br />

Alle Infos finden Sie auf:<br />

@ www.sw-lindau.de<br />

Das ehemalige<br />

Verwaltungsgebäude<br />

der<br />

Stadtwerke in<br />

der Zwanzigerstraße<br />

10. Das<br />

sah eher aus<br />

wie ein Elektroladen.

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