Wendelstein + Schwanstetten - Oktober 2021
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AUS UND UM WENDELSTEIN + SCHWANSTETTEN<br />
Aktuelle Altortführung stellte Sorg als historisches<br />
„Industriedorf“ samt Schloss vor<br />
Sorg - ein „besonderes“ Dorf mit langer<br />
Industriegeschichte<br />
Das Sorger Feuerwehrhaus war Start- und Endpunkt für die Ortsführung durch das<br />
„Industriedorf“ mit Informationen von der Ortsentstehung im Mittelalter bis zu den<br />
Häusern des „neuen“ Sorg aus dem 20. Jahrhundert.<br />
Sorg - Über dem Ort thront weit sichtbar ein Barockschloss und am<br />
unteren Ortsrand sind es an der Schwarzach die ehemaligen Werksanlagen<br />
der Firma Sill - dieser Blick prägt bis heute das historische<br />
„Industriedorf“ Sorg. Zwischen diesen beiden Schwerpunkten und<br />
„darüber hinaus“ verbirgt sich eine spannende Ortsgeschichte, die jetzt<br />
das Thema einer Führung durch Sorg mit Historiker Dr. Jörg Ruthrof im<br />
Rahmen der Ortsführungen war.<br />
Die Teilnehmer bekamen beim Sorger Feuerwehrhaus als Startpunkt zunächst<br />
Informationen über die Entstehung des Ortes, dessen „Ausgangspunkt“ eine<br />
Furt über die Schwarzach war. Diese Furt bot sich auch als Areal für Mühlen<br />
und Hämmer an, denn der Fluss war hier zugleich Energielieferant. Bereits seit<br />
dem 14. Jahrhundert ist „auf der Sorg“ ein Hammerwerk nachweisbar und<br />
nach 1400 waren ein „Zaynhammer“ und ein Sägewerk in Betrieb. In der Zeit<br />
um 1800 waren in den damaligen Werksanlagen dann eine Glasschleife und<br />
Werkstätten für optische Glaswaren untergebracht, in der schon vor 1900 zudem<br />
Brillengläser hergestellt wurden.<br />
1914 kaufte die Nürnberger Firma Sill, eine Spezialfirma für optische Waren wie<br />
Linsen und Vergrößerungsgläser, die Sorger Werksanlagen und produzierte dort<br />
mit der Familie Horr als späteren Inhabern bis 1994. Am Rand der Firmenpleite,<br />
übernahm Berndt Zingrebe als Geschäftsführer die Firma mit den verbliebenen<br />
Mitarbeitern und baute das Unternehmen als „Sill Optics“ samt neuem Standort<br />
in <strong>Wendelstein</strong> zu einer Firma für Feinoptik mit Weltruf neu auf. Ein wichtiges<br />
Gebäude in der „Industriesiedlung“ Sorg war schon im Mittelalter das „Turmhaus“<br />
in der Ortsmitte, dem ebenfalls ein Halt beim Rundgang galt.<br />
Als „Zeugturm“ ein sicherer Ort zur Materialaufbewahrung<br />
Ursprünglich zum Schutz der Werksanlagen im Mittelalter von den Rietern von<br />
Kornburg erbaut, bildet das „Turmhaus“ heute mit dem benachbarten Haus<br />
mit Turmuhraufbau zwei prägende Zeugen der Industriesiedlung. Nachdem die<br />
Ortschaft 1552/53 durch die Markgrafen stark zerstört worden war, entstanden<br />
als wichtigste Bauten zunächst die Werksanlagen, das Turmhaus und dahinter<br />
oberhalb des Hanges das rieterische „Sommerhaus“, ein kleiner befestigter<br />
Ansitz mit Garten. Das Turmhaus diente als „Zeugturm“ für die Aufbewahrung<br />
Ergänzend zu den historischen Informationen zur Baugeschichte des Sorger Schlosses<br />
samt Verbindungen nach Kärnten durch die Herren von Schwab als österreichischen<br />
Exulanten und Erbauern erläuterte „Schlossherr“ Manfred Ritschel (2.v. rechts)<br />
der Gruppe gern persönlich die Renovierungsarbeiten im Anwesen und die heutige<br />
Gestaltung und Nutzung des Schloßareals.<br />
der „Zayne“, der Roheisenstangen für die Weiterbearbeitung im örtlichen<br />
Hammerwerk.<br />
Erwähnung fanden beim Rundgang auch die großen Wohnhäuser im Ortskern:<br />
Sie waren ursprünglich „Gewerkenhäuser“ mit kleinen Wohnungen für die<br />
im Hammerwerk und der späteren Glasschleife arbeitenden Gesellen und<br />
komplettieren das typische Ensemble eines Industriedorfes. Der gesellschaftliche<br />
Mittelpunkt des Ortes war die frühere Gastwirtschaft der Familie Kübler,<br />
die unter ihren jetzigen Besitzern umsichtig restauriert und zu Wohnungen<br />
umgebaut wurde. Am Dorfplatz und rund um die Wirtschaft feierten die Sorger<br />
bis in die 1950er Jahre noch ihre Kärwa, die jetzt oberhalb des Ortszentrums<br />
im „neuen Sorg“ stattfindet.<br />
„Schlossherr“ Manfred Ritschel führte durch den Familienbesitz<br />
Auch das Schlossensemble oberhalb des Ortes war eine Station: Anstelle des<br />
„Rieterschen Sommerhaus“ steht heute ein Barockschloss mit besonderer<br />
Geschichte. Aus Kärnten als evangelischer Exulant mit Familie geflohen, kaufte<br />
der Adelige Franz von Schwab von den Kornburger Rietern das „Sommerhaus“<br />
und errichtete 1647 das heute erhaltene Barockschloss. Zum Ensemble gehörte<br />
bis ins 19. Jahrhundert gehörte zudem eine große Gartenanlage. Nach 1700<br />
gelangte die Schlossanlage im mehrfachen Wechsel an Nürnberger Bürgerfamilien.<br />
1853 wurde die Bauernfamilie Scheuerlein neuer Besitzer, seither gehören<br />
auch landwirtschaftliche Gebäude dazu.<br />
Ergänzend zur Geschichte des Schlosses informierte „Schlossherr“ Manfred<br />
Ritschel die Gruppe gern über die Renovierung des Anwesens. Außen schon<br />
beendet, wird innen noch „Stück für Stück“ gearbeitet und die Teilnehmer<br />
der Führung konnten einen Blick ins Erdgeschoss werfen. Mit Informationen<br />
zu „Neu-Sorg“ beim Feuerwehrhaus endete die Führung: Die ersten Häuser<br />
wurden hier nach 1900 errichtet und bei der Wirtschaft der Familie Haußner<br />
findet inzwischen immer an Pfingsten die „Dorfkärwa“ statt. An allen Stationen<br />
der Ortsführung ergänzte Bernd Kalb von der Theatergruppe im Heimatverein<br />
im Duett mit Katharina Polster die historischen Informationen um Gedichte,<br />
humorvolle Sprüche und Dialekttexte.<br />
Text und Fotos: (jör)<br />
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24<br />
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OKTOBER <strong>2021</strong><br />
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