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„Die Taliban wollen ihr
Image aufpolieren“
Langsam verstummt das Medienecho um die Lage in Afghanistan –
darf es aber nicht. Wir haben die afghanische Botschafterin Manizha
Bakhtari getroffen und mit ihr über Frauenbilder der Taliban, die Realität
in Kabul und die afghanische Community in Wien gesprochen.
Von Delna Antia-Tatić und Aleksandra Tulej, Fotos: Mafalda Rakoš
BIBER: Frau Bakhtari, Mitte August
haben die Taliban Kabul eingenommen.
Wie geht es Ihnen?
MANIZHA BAKHTARI: Nicht gut. Ich
bin enttäuscht und wütend. Vor allem
deshalb, weil ich persönlich an Gleichberechtigung
und an Demokratie glaube.
Es fühlt sich an, als wäre alles, auf das
Afghanistan in den letzten Jahren hingearbeitet
hat, vernichtet worden. Es tut
mir am meisten weh, zu sehen, wie starke
und gebildete Frauen in Afghanistan
zu nutzlosen Mitgliedern der Gesellschaft
hinabgestuft worden sind.
Wie können Sie eigentlich immer noch
afghanische Botschafterin sein, wenn die
alte Regierung nicht mehr existiert? Wer
zahlt zum Beispiel ihr Gehalt?
Das ist eine sehr gute Frage, auf die ich
keine vollständige Antwort habe. Ich
habe diesen Posten unter einer anerkannten
Regierung angenommen, die
jetzige, also die Taliban-Regierung ist
ja nicht anerkannt. Ich habe Kontakt zu
dem ehemaligen Außenminister Hanif
Atmar und ehemaligen stellvertretenden
Außenminister Meerawais Nab sowie
zur afghanischen Botschaftergruppe.
Ich weiß nicht, wie lange ich den Posten
noch ausüben kann, so wie meine Mitarbeiter
und Angestellten – einen Tag, eine
Woche, einen Monat, oder länger. Ich
hoffe, bald eine konkrete Antwort darauf
zu haben. Wir haben finanzielle Schwierigkeiten,
aber ich hoffe, einen Ausweg
zu finden.
Was machen Sie, wenn Sie den Posten
nicht mehr ausüben können, weil, sagen
wir, die Taliban-Regierung anerkannt
wird? Müssten Sie um Asyl in Österreich
ansuchen? Oder würden Sie für die neue
Regierung arbeiten?
Ich werde nicht für die Taliban arbeiten.
Wenn das passiert, werde ich resignieren.
Nein, ich muss nicht um Asyl ansuchen.
Ich habe einen Plan, den ich aus
Sicherheitsgründen nicht verraten darf.
Über welche Kanäle beziehen Sie Ihre
Nachrichten aus Afghanistan?
Ich habe mit einigen Quellen in Afghanistan
Kontakt – welche das sind, kann
ich aus Sicherheitsgründen nicht sagen.
Ansonsten hauptsächlich aus den Social
Media, da diese nicht von den Taliban
kontrolliert werden. Noch haben sie das
Internet im Land nicht gekappt und ich
denke, dass das auch so bleiben wird
– hoffentlich. Sie kontrollieren zwar die
Medien, aber bei Social Media gestaltet
sich das schwieriger. Aber man muss
natürlich aufpassen, ob die Quellen
glaubhaft sind. Zudem sind die Menschen
in Afghanistan auch gezwungen,
auf Sozialen Medien Selbstzensur zu
betreiben, damit sie sich nicht in Gefahr
bringen. Auch private Konversationen
bringen mir Informationen. Ansonsten
schaue ich CNN und BBC.
Gibt es jetzt noch weibliche Journalistinnen
in Afghanistan, die arbeiten dürfen?
In den öffentlichen Medien nicht, in
privaten Sendern vereinzelt, aber das
wird auch nicht mehr lange halten. Die
Frauen sind jetzt eher im Hintergrund
und vor allem müssen sie sich vollständig
bedecken. Wissen sie, diese schwarze
Abaya, die wir jetzt überall sehen, ist
20 / POLITIKA /