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BIBER 10_21 Ansicht

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„Die Taliban wollen ihr

Image aufpolieren“

Langsam verstummt das Medienecho um die Lage in Afghanistan –

darf es aber nicht. Wir haben die afghanische Botschafterin Manizha

Bakhtari getroffen und mit ihr über Frauenbilder der Taliban, die Realität

in Kabul und die afghanische Community in Wien gesprochen.

Von Delna Antia-Tatić und Aleksandra Tulej, Fotos: Mafalda Rakoš

BIBER: Frau Bakhtari, Mitte August

haben die Taliban Kabul eingenommen.

Wie geht es Ihnen?

MANIZHA BAKHTARI: Nicht gut. Ich

bin enttäuscht und wütend. Vor allem

deshalb, weil ich persönlich an Gleichberechtigung

und an Demokratie glaube.

Es fühlt sich an, als wäre alles, auf das

Afghanistan in den letzten Jahren hingearbeitet

hat, vernichtet worden. Es tut

mir am meisten weh, zu sehen, wie starke

und gebildete Frauen in Afghanistan

zu nutzlosen Mitgliedern der Gesellschaft

hinabgestuft worden sind.

Wie können Sie eigentlich immer noch

afghanische Botschafterin sein, wenn die

alte Regierung nicht mehr existiert? Wer

zahlt zum Beispiel ihr Gehalt?

Das ist eine sehr gute Frage, auf die ich

keine vollständige Antwort habe. Ich

habe diesen Posten unter einer anerkannten

Regierung angenommen, die

jetzige, also die Taliban-Regierung ist

ja nicht anerkannt. Ich habe Kontakt zu

dem ehemaligen Außenminister Hanif

Atmar und ehemaligen stellvertretenden

Außenminister Meerawais Nab sowie

zur afghanischen Botschaftergruppe.

Ich weiß nicht, wie lange ich den Posten

noch ausüben kann, so wie meine Mitarbeiter

und Angestellten – einen Tag, eine

Woche, einen Monat, oder länger. Ich

hoffe, bald eine konkrete Antwort darauf

zu haben. Wir haben finanzielle Schwierigkeiten,

aber ich hoffe, einen Ausweg

zu finden.

Was machen Sie, wenn Sie den Posten

nicht mehr ausüben können, weil, sagen

wir, die Taliban-Regierung anerkannt

wird? Müssten Sie um Asyl in Österreich

ansuchen? Oder würden Sie für die neue

Regierung arbeiten?

Ich werde nicht für die Taliban arbeiten.

Wenn das passiert, werde ich resignieren.

Nein, ich muss nicht um Asyl ansuchen.

Ich habe einen Plan, den ich aus

Sicherheitsgründen nicht verraten darf.

Über welche Kanäle beziehen Sie Ihre

Nachrichten aus Afghanistan?

Ich habe mit einigen Quellen in Afghanistan

Kontakt – welche das sind, kann

ich aus Sicherheitsgründen nicht sagen.

Ansonsten hauptsächlich aus den Social

Media, da diese nicht von den Taliban

kontrolliert werden. Noch haben sie das

Internet im Land nicht gekappt und ich

denke, dass das auch so bleiben wird

– hoffentlich. Sie kontrollieren zwar die

Medien, aber bei Social Media gestaltet

sich das schwieriger. Aber man muss

natürlich aufpassen, ob die Quellen

glaubhaft sind. Zudem sind die Menschen

in Afghanistan auch gezwungen,

auf Sozialen Medien Selbstzensur zu

betreiben, damit sie sich nicht in Gefahr

bringen. Auch private Konversationen

bringen mir Informationen. Ansonsten

schaue ich CNN und BBC.

Gibt es jetzt noch weibliche Journalistinnen

in Afghanistan, die arbeiten dürfen?

In den öffentlichen Medien nicht, in

privaten Sendern vereinzelt, aber das

wird auch nicht mehr lange halten. Die

Frauen sind jetzt eher im Hintergrund

und vor allem müssen sie sich vollständig

bedecken. Wissen sie, diese schwarze

Abaya, die wir jetzt überall sehen, ist

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