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KULTUR 71<br />
VERDR HTE<br />
WELT<br />
E<br />
Ab 21. <strong>November</strong> steht in der Werkstatt des Theater Konstanz ein besonderes Ensemble<br />
auf der Bühne: Neben Sarah Siri Lee König und Peter Posniak geben sich einige<br />
Roboter die Ehre. Allesamt Persönlichkeiten. Da sind zum Beispiel Sven und Ullrich,<br />
die aus ihren ofenrohrartigen Gesichtern neugierig in die Welt blicken oder die zwei<br />
Giraffenartigen, die auf drei tischtennisball-beschuhten Beinen durchs Leben gehen.<br />
Durch sie alle wurden Barbara Fuchs und Jörg Ritzenhoff – die Macher des Familienstückes<br />
– inspiriert. Mit „Angeknipst!“ haben sie eine Inszenierung geschaffen, die nicht<br />
nur Kinder faszinieren wird.<br />
VON TANJA HORLACHER<br />
Seit einiger Zeit befasst sich Barbara<br />
Fuchs mit Beziehungen: „Das kann<br />
Mensch-Tier sein, Mensch-Ding, …<br />
oder wie jetzt Mensch-Maschine. Immer<br />
mit dem Forschungsfokus auf Bewegung<br />
– und Maschinen können sich<br />
ja ganz toll bewegen!“, lacht die Tänzerin<br />
und Choreografin, die seit 2019 mit<br />
ihrer tanzfuchs PRODUKTION unter<br />
anderem die Spitzenförderung Theater<br />
des Landes Nordrhein-Westfalen erhält.<br />
Seit rund 15 Jahren mit im Boot: Komponist<br />
Jörg Ritzenhoff. Seit 2009 kreieren<br />
die beiden „Tanz für die Allerkleinsten“<br />
und sind damit Pioniere in diesem<br />
Genre.<br />
Das große Chaos?<br />
Die Allerkleinsten sind schon Kinder<br />
von 0-24 Monaten. Aber wie geht das,<br />
ohne im Chaos zu enden? „Das funktioniert!“<br />
sagt Barbara Fuchs energisch<br />
und mit strahlenden Augen. „Es steckt<br />
eine Magie dahinter in diesem Theaterraum<br />
...“. Es sei großartig, weil es<br />
am Ende eben nicht nur Stücke für die<br />
Kleinen sind, sondern auch für Eltern,<br />
Großeltern oder andere Erwachsene,<br />
die die Kinder begleiten. „Wenn dann<br />
das Stück für alle funktioniert, ist das<br />
großartig“, freut sich die 56-Jährige. Für<br />
und mit Kindern zu arbeiten sei sehr<br />
bereichernd. Man könne einfach mal<br />
loslassen, mehr zulassen, ohne immer<br />
„Kinder sind gnadenlos … –<br />
sie sind ein tolles Publikum.“<br />
<br />
<br />
JÖRG RITZENHOFF<br />
zu hinterfragen. „Kinder sind ein tolles<br />
Publikum“, schiebt Jörg Ritzenhoff<br />
nach. „Sie sind gnadenlos – Kinder sind<br />
nie gleich, jede Vorstellung ist anders.<br />
Das macht unsere Arbeit spannend und<br />
macht Spaß.“ Bei Angeknipst! ist Barbara<br />
Fuchs für Regie, Kostüme und Bühne<br />
zuständig, Jörg Ritzenhoff zeichnet<br />
ebenfalls für die Bühne verantwortlich<br />
und hat die Musik geschrieben. „Ich<br />
komme bei meinen Stücken in den<br />
Genuss, dass mit Jörg jemand die ganze<br />
Klangebene mitdenkt“, so Barbara<br />
Fuchs. Mit Sound lasse sich viel machen,<br />
ein ästhetischer Spielraum. Der 60-Jährige<br />
hat klassische Komposition studiert<br />
und entwickelte bereits Musiktheaterund<br />
Performanceprojekte u.a. mit WDR<br />
und SWR für die ARD-Hörspieltage und<br />
auch dem Deutschlandfunk Berlin. Für<br />
Kinder komponiert er sehr gerne. „Generell<br />
ist es ein bisschen intuitiver – ich<br />
lasse mehr zu. Etwa an Bildhaftigkeit,<br />
manchmal auch lustig, aber ohne sich<br />
anzubiedern. Es ist kein billiger Pop,<br />
der auf kindlich macht, sondern eine<br />
eigene, zu erobernde Ästhetik“, so Jörg<br />
Ritzenhoff.<br />
Die Idee<br />
Nicht nur der Spaß an der Arbeit mit<br />
und für Kinder hatte Barbara Fuchs<br />
und Jörg Ritzenhoff zu Angeknipst! inspiriert.<br />
„Wenn man in die Kinderzimmer<br />
schaut, da ist viel auf Knopfdruck.<br />
Das ist heute etwas ganz Gängiges“,<br />
so Barbara Fuchs. „Aber wir nehmen<br />
nicht nur fertige Maschinen mit auf die<br />
Bühne, wir machen gerne selbst.“ Jörg<br />
Ritzenhoff hat für diesen Zweck recherchiert,<br />
wie man „ganz einfache analoge<br />
Maschinen mit Motor und Peripherietechnik<br />
zusammenbastelt, die sich<br />
bewegen und Krach machen. Und die<br />
irgendwie auch lustig und skurril sind.“<br />
Simpel, mit wieder aufladbaren Batterien.<br />
Das mutet eher archaisch an und<br />
damit doch anders als die häufig digitale<br />
Kinderzimmer-Welt. Im Vorfeld war<br />
eine kleine Sammlung an Maschinen<br />
entstanden, die während des sechswöchigen<br />
Probezeitraums in Konstanz fertig<br />
gestellt wurde. Die Probebühne glich<br />
häufig einer Werkstatt. „Das Spannende<br />
ist, das wirklich das ganze Team mitmacht“,<br />
so Dramaturgin Hannah Stollmayer<br />
(siehe <strong>akzent</strong> September 2020).<br />
Doch das Ziel der Bastelei war nicht,<br />
Maschinen mit bestimmten Funktionen<br />
zu schaffen: „Es ist andersrum als<br />
normalerweise: wir bauen zuerst und<br />
schauen dann, was die Maschinen können“,<br />
so Barbara Fuchs. Dieser Prozess<br />
sei ein permanentes kreatives Chaos, in<br />
welchem Beziehungen zu den Robotern<br />
entstehen. „Wenn die Schauspielenden<br />
etwa der Maschine einen Schups geben<br />
und sie läuft los oder dreht sich, dann<br />
entsteht eine andere Beziehung, wie<br />
wenn ich alles vorgebe“, erklärt sie.<br />
Das nicht wissen, was die Maschinen<br />
machen, faszinierte alle bereits während<br />
der Proben. Man wisse nie wofür<br />
sie seien oder wogegen, sie seien unberechenbar.<br />
Aber es mache Spaß! – Und<br />
darum geht es doch im Leben.<br />
ab 21.11.<br />
Theater Konstanz – Werkstatt<br />
Inselgasse 2-6<br />
D-78462 Konstanz<br />
+49 7531 900 2106<br />
www.theaterkonstanz.de