Der Harz_11_21
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NATIONALPARK HARZ<br />
<strong>Harz</strong>er Luchse<br />
Verkehrsunfälle eine der häufigsten<br />
Todesursachen<br />
Die <strong>Harz</strong>er Luchspopulation hat sich<br />
in den vergangenen 20 Jahren sehr<br />
positiv entwickelt. Das Vorkommen<br />
beschränkt sich nicht mehr nur auf<br />
das namengebende Mittelgebirge.<br />
Einige wenige Weibchen haben sich<br />
außerhalb des <strong>Harz</strong>es im Hils, Solling,<br />
Hainberg und Westerhöfer Wald<br />
etabliert und bringen dort Jungtiere<br />
zur Welt.<br />
Grünbrücke bei Göttingen<br />
Die weitere Ausbreitung der Luchse verläuft<br />
jedoch nur langsam. Insbesondere<br />
die weiblichen Luchse schrecken oft davor<br />
zurück, den schützenden Mittelgebirgswald<br />
zu verlassen und wagen keine Wanderungen<br />
über weite offene Agrarflächen,<br />
um in das nächste größere Waldgebiet zu<br />
gelangen.<br />
Dabei sind weite Wanderungen von Luchsen<br />
unbedingt nötig, um einen genetischen<br />
Austausch zwischen den Luchsvorkommen<br />
in Deutschland und Mitteleuropa zu<br />
erreichen. Einige der hier allesamt sehr<br />
kleinen Populationen leiden bereits unter<br />
Inzuchterscheinungen. Die <strong>Harz</strong>population<br />
verfügt derzeit noch über eine vergleichsweise<br />
große genetische Variabilität.<br />
Naturgemäß nimmt diese aber mit jeder<br />
Luchsgeneration nach und nach ab. Wir<br />
werden uns in den kommenden Jahren<br />
also zunehmend mit der Frage beschäftigen<br />
müssen, wie wir Luchspopulationen<br />
miteinander vernetzen und insbesondere<br />
die Ausbreitung der weiblichen Tiere fördern<br />
können.<br />
Ein weiterer Grund für die mäßige Ausbreitungsgeschwindigkeit<br />
von Luchsvorkommen<br />
dürfte der Straßenverkehr sein.<br />
36 % aller in Niedersachsen und Sachsen-<br />
Anhalt tot aufgefundenen Luchse wurden<br />
überfahren.<br />
Grünbrücken und andere<br />
Querungshilfen<br />
Untersuchungen mit sendermarkierten<br />
Luchsen zeigen außerdem, dass viele<br />
Tiere bei ihren Wanderungen vor dem<br />
Überqueren von<br />
Schnellstraßen<br />
zurückschrecken<br />
und vorher abdrehen.<br />
Doch auch die<br />
etwas mutigeren<br />
Tiere brauchen mitunter<br />
sehr lange, bis<br />
sie eine Möglichkeit<br />
gefunden haben,<br />
solche Straßen zu<br />
überwinden. Gelegentlich<br />
nutzen<br />
sie dafür Gewässerdurchlässe<br />
oder<br />
Wirtschaftswegunterführungen.<br />
Gezielt errichtete Querungshilfen<br />
wie zum Beispiel Grünbrücken<br />
können helfen, Unfallschwerpunkte zu entschärfen.<br />
<strong>Der</strong> Luchs und andere größere<br />
Wildtiere treffen meist dort auf die Straße,<br />
wo diese den Wald oder andere dauerhafte<br />
Vegetation schneidet. Befindet sich dort<br />
eine Grünbrücke oder eine geeignete Unterführung,<br />
gelangen die Tiere meist auch<br />
gefahrlos über die Straße. Uns liegen inzwischen<br />
etliche Fotos vor, die belegen, dass<br />
Luchse Grünbrücken nutzen und wir sind<br />
froh, dass im Zuge von Straßenneu- und<br />
-ausbauten im Umfeld des <strong>Harz</strong>es zumindest<br />
einige dieser Bauwerke entstanden<br />
sind oder noch entstehen werden.<br />
Foto: Ralf Steinberg<br />
Manchmal entstehen durch eigentlich gut<br />
gemeinte Baumaßnahmen jedoch auch<br />
regelrechte Todesfallen. Jüngst mussten<br />
wir einen toten Luchs einsammeln, der an<br />
einer Stelle überfahren wurde, wo ein Wildzaun<br />
an einer Bundesstraße im Landkreis<br />
Göttingen von einem Radweg unterbrochen<br />
wurde. Es ist recht wahrscheinlich,<br />
dass der junge Luchs durch diese Lücke<br />
auf die Straße gelangte, die er aufgrund<br />
des ansonsten stabilen Zaunes aber nicht<br />
mehr so einfach verlassen konnte.<br />
Solche Gefahrzonen sollten durch kluge<br />
Planungen bei zukünftigen Bauprojekten<br />
vermieden werden. Wann immer Wildunfallschwerpunkte<br />
an bestehenden Straßen<br />
entdeckt werden, sollte durch geeignete<br />
bauliche Veränderungen Abhilfe geschaffen<br />
werden.<br />
Ole Anders<br />
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