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Der Harz_11_21

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HARZ AKTUELL<br />

Nationalparke – Das Naturerbe bewahren! Denkmal auf Torfhaus (Foto: Dr. Barth)<br />

ein Kontroll- und Überlebensprinzip der<br />

Natur ist! Die Corona-Pandemie ist dafür<br />

ein fataler Bioindikator, weil dies auch für<br />

Mikroorganismen - Bakterien und Viren -<br />

in unserem „Körper-Ökosystem“ gilt! So<br />

ist es wichtiger denn je, die evolutionäre<br />

„Sprache“ der Natur und ihre „ökologischen<br />

Gesetze“ für das Gemeinwohl umzusetzen!<br />

Dies betrifft z.B. große Beutegreifer<br />

als Spitzen von Nahrungsnetzen, die wir<br />

in naturangepasster (!) Zahl dulden sollten,<br />

wo wir naturnahe Ökosysteme (z.B. Nationalparke)<br />

anstreben! Das Wechselspiel<br />

von Pflanzen als „Produzenten“, Tieren als<br />

„Konsumenten“ sowie Räubern und Mikroorganismen<br />

- wie Bakterien und Viren - folgt<br />

sog. „Lotka-Volterraschen Gesetzen“, in<br />

denen Räuber und Krankheiten erregende<br />

Mikroorganismen quantitativ und qualitativ<br />

unterschiedlich wirken: Räuber nutzen<br />

nur etwa 10 % der Beutetiere und wirken<br />

qualitativ, weil sie disponierte - kranke,<br />

schwache, degenerierte oder unaufmerksame<br />

- Beutetiere leichter erbeuten. Dabei<br />

wird nur etwa jeder 10. Versuch erfolgreich,<br />

wodurch die BeutetierFitness getestet wird<br />

und der 10.Versuch qualitativ-selektive<br />

Bedeutung hat. Das sieht man an Enten<br />

auf Stadtgewässern: Wo sie zahlreich sind,<br />

treten häufig Mutanten mit weißen Flecken<br />

auf, wenige Kilometer außerhalb aber überhaupt<br />

nicht, weil sie dort von Greifvögeln<br />

erbeutet werden. Räuber halten also Beutetiere<br />

wild, fit und z.B. naturfarben! So<br />

wirken sie qualitativ im Unterschied zu<br />

Jägern, die Fitness nicht testen können!<br />

Krankheiten erzeugende Mikroorganismen<br />

dagegen wirken „quantitativ“ mit hohen<br />

Sterberaten, weil sie sich alle 20-Minuten<br />

exponentiell mit hohen Mutationsraten vermehren!<br />

Wir Menschen beschleunigen das<br />

als „Bakterien- oder Viren-Transporter“. Die<br />

evolutionäre Abwehr hält die Natur durch<br />

Artenvielfalt und Biodiversität vor! In und<br />

auf uns leben z.B. 10x so viele überwiegend<br />

„gute Bakterien“ wie wir Körper-Zellen haben,<br />

denen wir aber de facto oft mit Giften<br />

oder Antibiotika schaden!<br />

Ökologische Kenntnisse beflügelten<br />

schon vor 50 Jahren „Luchs-Wünsche“.<br />

<strong>Der</strong> Wildbiologe Prof. Antal Festetics - ab<br />

1973 Institutsleiter an der Uni Göttingen -<br />

und Dr. Stahl am gleichen Institut waren die<br />

ersten, die im <strong>Harz</strong> Luchse ansiedeln wollten,<br />

aber schnell an Widerständen scheiterten.<br />

1998 wurde politisch „schwereres<br />

Geschütz“ durch Monika Griefahn - einst<br />

Greenpeace-Aktivistin und 1990-1998 Umweltministerin<br />

unter MP Schröder - aufgefahren:<br />

Sie wollte im <strong>Harz</strong> schnellstmöglich<br />

wieder Luchse ansiedeln. Dafür fand 1998<br />

im Goslarer „Kaiserworth“ ein Symposium<br />

statt, das mit einer eintägigen Anhörung<br />

von Fachleuten der Ökologie, Wildbiologie<br />

und Tierschutz aus ganz Deutschland,<br />

Vertretern verschiedener Ministerien und<br />

Verbänden, der Regional-Verwaltungen<br />

und des Tourismusgewerbes begann und<br />

mit einer TagesExkursion durch den <strong>Harz</strong><br />

abschloss. Als Gründungsleiter des Nationalparks<br />

<strong>Harz</strong> in Niedersachsen hatte ich<br />

die Tagung zu moderieren. Frau Griefahn<br />

nahm nur anfangs teil und ließ sich die<br />

Ergebnisse von ihren Mitarbeitern berichten,<br />

was wohl gereicht hat, die „geballte<br />

Ladung“ der Bedenken zu erkennen. In<br />

der Moderation hatte ich es mit z.T. harten<br />

Widerständen, Vorurteilen und Emotionen<br />

zu tun, die ich zwar hinterfragen,<br />

aber nur teilweise kommentieren wollte.<br />

Ich erinnere mich besonders an ablehnende<br />

Statements fast aller Regionalvertreter,<br />

des BUND (der anderes für wichtiger hielt),<br />

der Jägerschaften von Nds. und S-A., des<br />

Tierschutzes und der Landesforstverwaltung<br />

im Landwirtschaftsministerium sowie<br />

des Nationalparks Hochharz! Schwerwiegend<br />

war auch die energische Kritik der<br />

Wildbiologen aus München und Freiburg,<br />

die - aus meiner Sicht - Luchse wohl nur<br />

selbst im „viel geeigneteren süddeutschen<br />

Raum“ ansiedeln wollten! Für diese Kollegen<br />

kamen nur Wildfänge infrage, weil<br />

nur diese im Beuteschlagen erfahren sind<br />

und nicht verhungern würden. Dazu gab<br />

es allerdings ein „Totschlagargument“: „Es<br />

ist unverantwortlich, aus Resten nordeuropäischer<br />

Luchspopulationen Wildfänge<br />

in der erforderlichen Zahl zu entnehmen,<br />

weil die genetische Vielfalt der Wildfänge<br />

ebenso zu gewährleisten ist, wie deren<br />

Alter und Gesundheit!“ Positiv zur Luchs-<br />

Wiedereinbürgerung im <strong>Harz</strong> hatten sich<br />

nach meiner Erinnerung nur der NABU<br />

Niedersachsen, die Städte St. Andreasberg<br />

und Bad <strong>Harz</strong>burg sowie der Veterinär Dr.<br />

Michael Böer - ab 2012 Zoodirektor in Osnabrück<br />

- geäußert, der ein von ihm betreutes<br />

Ansiedlungsprojekt mit Gehegeluchsen im<br />

Kampinoski-Nationalpark - nordwestlich<br />

von Warschau - vortrug und sofort von den<br />

süddeutschen Wissenschaftlern angegriffen<br />

wurde, sodass ich Wogen zu glätten<br />

hatte, aber das Projekt als diskussionswürdig<br />

einstufen konnte. Ein Résumé wurde<br />

nicht gezogen, aber klar schien, dass eine<br />

Luchs-Wiedereinbürgerung im <strong>Harz</strong> „politisch<br />

nicht umsetzbar“ ist. Wir hörten nichts<br />

mehr aus Hannover und Monika Griefahn ist<br />

dann nach Berlin übergewechselt.<br />

Fortsetzung in Heft 12_20<strong>21</strong><br />

Attila (Foto: H.Steinbrich)<br />

<strong>11</strong> | 20<strong>21</strong> 17

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