ImmoFokus Special Zinshaus (5,4 MB)
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<strong>Special</strong><br />
Wiener<br />
<strong>Zinshaus</strong><br />
Potenziale entdecken,<br />
Mehrwerte schaffen<br />
Wir leben Immobilien.<br />
Vermittlung | Verwaltung | Bewertung | Baumanagement<br />
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02 <strong>ImmoFokus</strong><br />
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<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021 03
<strong>ImmoFokus</strong>.Rubrik<br />
14 Grüner<br />
geht‘s nicht<br />
IMPRESSUM<br />
40 Herausforderung<br />
Dachbodenausbau<br />
Medieneigentümer<br />
Real Estate Media Group GmbH<br />
Handelskai 94-96<br />
1200 Wien<br />
Tel. +43 1 890 18 26-100<br />
office@media-group.immo<br />
www.media-group.immo<br />
Herausgeber<br />
Mag. Michael Neubauer<br />
Chefredaktion<br />
Mag. Lisa Grüner<br />
Grafik & Layout<br />
Eva Stern<br />
Lektorat<br />
Dr. Melanie Knünz<br />
Michaela Hocek<br />
Ingeborg Morawetz, BA<br />
Auf Vorkrisenniveau<br />
8<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt wieder stark unterwegs<br />
ZINSHAUS<br />
SPECIAL<br />
6 EDITORIAL<br />
8 AUF VORKRISENNIVEAU<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt wieder stark unterwegs<br />
12 DER MARKT HAT IMMER RECHT<br />
Kolumne von Wolfgang M. Fessl<br />
14 GRÜNER GEHT‘S NICHT<br />
Interview mit Michael Schmidt<br />
20 ZINSHAUSMARKT WÄCHST WEITER<br />
Interview mit Eugen Otto<br />
24 GEPLANTE REISE NACH EUROPA<br />
Interview mit Markus Arnold<br />
28 WIENER ZINSHAUS UND EU-TAXONOMIE<br />
Interview mit Peter Engert<br />
30 GENTRIFIZIERUNG ÜBERSCHÄTZT<br />
Studie über Wandel im <strong>Zinshaus</strong>segment<br />
34 GESCHICHTE WEITERSCHREIBEN<br />
Interview mit Christian Winkler<br />
38 HAUSVERSTAND IM GANZEN LAND<br />
Hudej-Gruppe vermarktet österreichweit<br />
40 NICHTS FÜR ANFÄNGER<br />
Herausforderung Dachbodenausbau<br />
Autoren dieser Ausgabe<br />
Mag. Patrick Baldia,<br />
Mag. Lisa Grüner, Amelie Miller, BA,<br />
Mag. Michael Neubauer,<br />
sowie die Kommentatoren<br />
Head of Sales & Relations<br />
Rudolf E. Oezelt<br />
Relations Management<br />
Tanja Klingseis<br />
Fotos<br />
Wenn nicht anders angegeben:<br />
Real Estate Media Group/Gabriel Alarcon,<br />
Michael Hetzmannseder, Katharina Schiffl,<br />
Richard Tanzer<br />
Druck<br />
Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H<br />
Der IMMOFOKUS wendet sich im Sinne der<br />
Gleichstellung gleichermaßen an Frauen<br />
und Männer. Aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />
und Verständlichkeit kann es bei den<br />
Beiträgen vorkommen, dass nur die maskuline<br />
Ansprechform verwendet wird.<br />
<strong>ImmoFokus</strong> ist Mitglied bei:<br />
Fotos: Adobe Stock, Rustler<br />
04 <strong>ImmoFokus</strong>
WIR MACHEN IHRE<br />
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Als Wohnbauträger und <strong>Zinshaus</strong>entwickler<br />
sind wir stets auf der Suche nach Liegenschaften<br />
mit Potenzial – vorwiegend in Wien und Umgebung,<br />
aber auch in Landeshauptstädten.<br />
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Oldie but<br />
Goldie<br />
„Dass die Preis- und<br />
Wertanstiege am Wiener<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt ein<br />
baldiges Ende finden<br />
werden, glaubt kaum ein<br />
Marktteilnehmer.“<br />
H<br />
and aufs Herz: Welcher <strong>Zinshaus</strong>besitzer<br />
hat in den vergangenen<br />
eineinhalb Jahren nicht<br />
zumindest in Erwägung gezogen,<br />
sein Objekt zu verkaufen? Zwar haben sich<br />
die Preise auch davor stetig Richtung Norden<br />
bewegt. Die Dynamik, die diese Entwicklung<br />
seit dem Ausbruch der leidigen Corona-Pandemie<br />
genommen hat, sucht aber ihresgleichen.<br />
Selbst erfahrene Marktplayer berichten, dass<br />
sie derzeit nicht abschätzen können, wohin die<br />
Reise bei den Preisen geht.<br />
Grundsätzlich ist es nichts Neues, dass das<br />
<strong>Zinshaus</strong> gerade in Krisenzeiten ein gefragtes<br />
Gut ist, siehe 2008. Diesmal ist die Situation<br />
jedoch etwas anders. Vor allem der Liquiditätsdruck<br />
ist – getrieben von Inflations-Ängsten,<br />
Zinsen, die seit einer gefühlten Ewigkeit im<br />
Keller verharren, dem Mangel an sicheren<br />
Anlagealternativen, oder Negativzinsen<br />
auf Bankeinlagen<br />
– zurzeit ungleich größer.<br />
Langlebigkeit, und stellt in Sachen ESG-Fitness<br />
nicht selten auch den Nachkriegsbau in den<br />
Schatten. So etwas besitzt man gerne. Aller<br />
damit verbundenen Scherereien zum Trotz –<br />
Stichwort: MRG-Vollanwendungsbereich .<br />
Dass sich an der umstrittenen rechtlichen<br />
Ausgangslage in absehbarer Zeit etwas ändern<br />
wird, glaubt im Übrigen niemand so wirklich.<br />
Und auch nicht, dass die Preis- und Wertanstiege<br />
ein baldiges Ende finden werden –<br />
wenngleich die Dynamik doch etwas abflauen<br />
sollte, so der Grundtenor unter Marktbeobachtern.<br />
Der Markt wird sich also vermutlich weiterdrehen,<br />
Häuser und einzelne Wohnungen<br />
die Besitzer wechseln. Viele werden wiederum<br />
im „Tresor“ bleiben, zu äußerst mageren Renditen.<br />
Oder sollte man angesichts des Preisniveaus<br />
nicht doch lieber…? Hand aufs Herz:<br />
Wer hätte nicht gerne diese Sorgen?<br />
Die jüngsten Preisanstiege<br />
unterstreichen einmal mehr<br />
den besonderen Status des<br />
Wiener <strong>Zinshaus</strong>es. Zweifellos:<br />
Es ist zeitlos schön,<br />
einzigartig – kaum ein Haus<br />
gleicht dem anderen –, steht<br />
oft in einer guten Lage, punktet<br />
mit Top-Bausubstanz und<br />
Patrick Baldia<br />
Chefredakteur<br />
Foto: Adobe Stock<br />
06 <strong>ImmoFokus</strong>
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Generalplanung<br />
Projektsteuerung<br />
Bauleitung<br />
Projektmanagement
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
Auf<br />
Vorkrisenniveau<br />
Gründerzeit-Zinshäuser. Die für das Wiener Stadtbild typischen<br />
Altbauten aus der Gründerzeit sind bei Anlegern wieder sehr gefragt.<br />
Und der Blick über den Wiener Tellerrand wird zunehmend zum Trend.<br />
D<br />
er Markt hat sich heuer – nach<br />
einem schwierigen Coronajahr<br />
2020 – kräftig erholt. „Im ersten<br />
Halbjahr 2021 wurde nach unseren<br />
Erhebungen ein Transaktionsvolumen von<br />
677 Millionen Euro verzeichnet – dies entspricht<br />
einem Anstieg von 83 Prozent gegenüber dem<br />
Vorjahr“, so Christoph Lukaschek, Leiter Investment<br />
bei Otto Immobilien. Es sei somit klar, dass<br />
sich der Markt wieder von den Einschränkungen<br />
aufgrund der Coronakrise erhole und annähernd<br />
auf Vorkrisenniveau befinde.<br />
Auch die Zahl der Verkäufe legte um rund<br />
62 Prozent deutlich zu. Die deutliche Belebung<br />
zog sich quer durch alle Wiener Gemeindebezirke<br />
– mit Ausnahme von Wieden (4. Bezirk),<br />
Josefstadt (8. Bezirk) und Simmering (11. Bezirk).<br />
Die meisten Häuser wurden mit Stichtag<br />
14. August 2021 in 1060 (Mariahilf) und 1020<br />
Wien (Brigittenau) verkauft. Doch generell<br />
haben sich vor allem die Deals in den Bezirken<br />
außerhalb des Gürtels deutlich belebt – in<br />
Summe spielten sich dort heuer 68 Prozent der<br />
Verkäufe ab, die etwa die Hälfte (51 Prozent)<br />
des gesamten Transaktionsvolumens in Wien<br />
ausmachten. Die Bezirke innerhalb des Gürtels<br />
hätten sich mit knapp 49 Prozent des Transaktionsvolumens<br />
so schwach wie schon lange<br />
nicht mehr präsentiert, in der Vorjahresperiode<br />
habe dieser Wert noch 55 Prozent betragen.<br />
Die Preise für Gründerzeit-Häuser seien<br />
heuer vor allem in den Regionen innerhalb<br />
des Gürtels zwischen 2 Prozent und 9 Prozent<br />
weiter gestiegen. In einzelnen Bezirken hätten<br />
die Mindestpreise spürbar angezogen, blieben<br />
jedoch – nach den starken Preissprüngen der<br />
vergangenen Jahre – vor allem außerhalb des<br />
Gürtels „eher auf einem stabilen Niveau“.<br />
Besonders massiv erhöht hat sich der Mindestpreis<br />
mit einem Plus von 20 Prozent gegenüber<br />
dem Vorjahr in 1210 Wien (Floridsdorf),<br />
aber auch in 1100 Wien (Favoriten) mit einem<br />
Anstieg von 16 Prozent. In den – bereits recht<br />
hochpreisigen – Bezirken 1010 Wien (Innere<br />
Stadt), 1020 Wien (Leopoldstadt) und 1030<br />
Wien (Landstraße) gab es bei den Mindestpreisen<br />
dem Marktbericht zufolge noch einmal<br />
eine Verteuerung zwischen 10 und 15 Prozent.<br />
Die Maximalpreise wiederum blieben „auf<br />
hohem Niveau stabil“ beziehungsweise „nur<br />
leicht steigend“. Es gab aber auch Ausreißer<br />
nach oben – „auffallend“ sei die Steigerung mit<br />
einem Plus von 14 Prozent in den Bezirken 1120<br />
(Meidling) und 1210 (Floridsdorf) gewesen. „Die<br />
niedrigsten Einstiegspreise sind zwar weiterhin<br />
„Für jedes auf den Markt<br />
kommende Objekt gibt es<br />
eine Vielzahl an Interessenten,<br />
es gibt weitaus mehr anlagesuchendes<br />
Kapital als Veranlagungsprodukte.<br />
Die Angebotslücke<br />
hat sich dabei 2020/21<br />
tendenziell noch verschärft.“<br />
Franz Pöltl,<br />
EHL Investment Consulting<br />
Fotos: EHL, Chris Steinbrenner, Otto Immobilien, Arnold Immobilien, Adobe Stock<br />
08 <strong>ImmoFokus</strong>
in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu finden,<br />
aber mittlerweile wird kein Wiener Gründerzeit-<strong>Zinshaus</strong><br />
in einem durchschnittlichen<br />
Zustand unter 1.800 Euro pro Quadratmeter<br />
verkauft“, erklärte der Leiter des Bereichs Otto<br />
Wohnimmobilien Richard Buxbaum.<br />
Zinshäuser bis 5 Millionen Euro stellten heuer<br />
75 Prozent der Transaktionen, im Vorjahr<br />
waren es noch 86 Prozent gewesen. Um 14<br />
Prozent deutlich zugenommen hat dafür der<br />
Anteil der Verkäufe mit höheren Volumina –<br />
über 7,5 Millionen Euro. Transaktionen über<br />
10 Millionen Euro machten einen Anteil von<br />
29 Prozent des Gesamtverkaufsvolumens aus.<br />
Die Maximalrenditen seien zuletzt „in fast allen<br />
Bezirken stabil geblieben“.<br />
„Bei den Käufern dominieren klar die Unternehmen,<br />
aber auch auf der Verkäuferseite<br />
werden sie immer stärker“, teilte Buxbaum mit.<br />
Demnach gingen sowohl knapp 64 Prozent aller<br />
Käufe und 52 Prozent aller Verkäufe von Unternehmen<br />
aus. Bei den Verkäufen wurden rund<br />
56 Prozent des Transaktionsvolumens von Firmen<br />
erzielt, 43 Prozent waren Privatpersonen<br />
zuzuschreiben. Die Gruppe der Sonstigen, etwa<br />
Privatstiftungen, setzte bei den Verkäufen nur 1<br />
Prozent des Transaktionsvolumens um.<br />
„Wenn man sich die <strong>Zinshaus</strong>transaktionen<br />
des letzten Jahres ansieht, sticht ein Sachverhalt<br />
ins Auge: Ein hoher Anteil der verkauften<br />
Häuser weist ein Ausbaupotenzial im Dachgeschoß<br />
auf“, betonte Lukaschek. Hierbei falle<br />
zuerst der relativ hohe Quadratmeterpreis, also<br />
der Preis im Verhältnis zur aktuellen Größe<br />
des Hauses auf. „Das ist dadurch gerechtfertigt,<br />
dass zusätzlich zum Bestand das Potenzial zur<br />
Schaffung weiteren Wohnraums erworben<br />
wird, was prinzipiell dem Grundstückspreis<br />
beziehungsweise dem Grundkostenanteil bei<br />
Neubauwohnungen entspricht“, erklärte der<br />
Marktexperte. „Wir gehen davon aus, dass in<br />
den nächsten Jahren aufgrund des Mangels an<br />
Grundstücken das Interesse an Zinshäusern<br />
mit Ausbaupotenzial weiterhin sehr hoch sein<br />
wird.“<br />
Nachfrageüberschuss führt<br />
zu soliden Wertzuwächsen<br />
Allerdings haben sich, laut Arnold Immobilien,<br />
die Preise in den sehr guten und guten Lagen<br />
aktuell auf hohem Niveau stabilisiert. Die Einstiegspreise<br />
für ortsübliche Objekte innerhalb<br />
des Gürtels liegen derzeit schon bei 4.000 bis<br />
5.000 Euro pro Quadratmeter. „Private Investoren<br />
und Stiftungen wagen immer häufiger<br />
auch den Blick über den Wiener Tellerrand hin-<br />
„In den nächsten Jahren<br />
wird aufgrund des<br />
Mangels an Grund stücken<br />
das Interesse an Zinshäusern<br />
mit Ausbaupotenzial<br />
weiterhin sehr<br />
hoch sein.“<br />
Christoph Lukaschek,<br />
Otto Immobilien<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
09
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
„Kein Wiener Gründerzeit-<br />
<strong>Zinshaus</strong> in einem durchschnittlichen<br />
Zustand<br />
wird unter 1.800 Euro pro<br />
Quadratmeter verkauft.“<br />
Richard Buxbaum,<br />
Otto Immobilien<br />
aus“, berichtet Markus Arnold, CEO bei Arnold<br />
Immobilien. Im besonderen Fokus stehen Graz<br />
und Linz, wo vielfach die <strong>Zinshaus</strong>preise in<br />
mittleren Lagen ab 3.000 Euro pro Quadratmeter<br />
beginnen. Aber auch dynamische Wachstumsstädte<br />
mit guter Verkehrsanbindung an<br />
Wien, wie zum Beispiel St. Pölten oder Wiener<br />
Neustadt, sind aufgrund der günstigeren Einstiegspreise<br />
ab rund 2.500 Euro pro Quadratmeter<br />
zunehmend ein Thema.<br />
Sanierungsbedürftige Randlagen<br />
Ertragsorientierte Investoren suchen derzeit<br />
eher in weniger zentralen Lagen nach Objekten<br />
mit Optimierungspotenzial. Die Einstiegspreise<br />
für Zinshäuser in Randlagen liegen<br />
derzeit bei rund 3.000 Euro pro Quadratmeter<br />
aufwärts. „Trotz der guten Nachfrage sollte es<br />
hier in naher Zukunft zu keinen Preiskorrekturen<br />
kommen“, erwartet Arnold.<br />
Obwohl der Markt weiterhin von österreichischen<br />
Investoren und hier wiederum vor<br />
allem von privaten Käufern (bei größeren Objekten<br />
primär Stiftungen und Family Offices)<br />
dominiert wird, gab es im zweiten Halbjahr<br />
2020 doch eine bemerkenswerte Transaktion,<br />
die die nicht diesem Grundmuster entsprach<br />
und dem Markt langfristig weitere Perspektiven<br />
eröffnen kann: Ein großes Portfolio der<br />
CPI mit zehn Objekten in den Wiener Bezirken<br />
1100 (Favoriten), 1150 (Rudolfsheim-Fünfhaus),<br />
1160 (Ottakring), 1170 (Hernals) und<br />
1180 (Währing) wurde von der aik Immobilien-Investmentgesellschaft<br />
aus Düsseldorf erworben.<br />
Erstmals seit Jahrzehnten stieg damit<br />
ein internationaler institutioneller Investor<br />
in nennenswertem Maß ein und verschärfte<br />
damit die Konkurrenz um die wenigen auf den<br />
Markt kommenden Häuser.<br />
Neue Zinshäuser punkten<br />
Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich auch<br />
reine Mehrfamilienhäuser im Neubau mit<br />
einem Objektwert zwischen 2 und 5 Millionen<br />
Euro. Diese „neuen“ Zinshäuser erwirtschaften<br />
unter Umständen weit höhere Renditen<br />
als ihre vor 1945 erbauten Pendants, da sie<br />
dem Mietrechtsgesetz (MRG) beziehungsweise<br />
etwaigen anderen Einschränkungen<br />
nicht unterliegen. Diese Mietshäuser können<br />
sich durchaus auch in den umliegenden Nachbarländern<br />
befinden. „Alles, was innerhalb<br />
von wenigen Autostunden erreichbar ist, wird<br />
nachgefragt“, meint der Experte, der neben<br />
Wien auch Niederlassungen in weiteren sieben<br />
europäischen Städten – von Berlin bis Lissabon<br />
– betreibt. „Ob eine Liegenschaft zum<br />
Beispiel in Innsbruck oder Prag liegt, macht<br />
für Investoren manchmal wenig Unterschied“,<br />
so Arnold. Übrigens, die Einstiegspreise in<br />
Prag gestalten sich zunehmend in mittleren<br />
10 <strong>ImmoFokus</strong>
„Private Investoren und<br />
Stiftungen wagen immer<br />
häufiger auch den<br />
Blick über den Wiener<br />
Tellerrand hinaus.“<br />
Markus Arnold,<br />
Arnold Immobilien<br />
Lagen ähnlich wie hierzulande. Anlageimmobilien<br />
mit reiner Wohnnutzung werden<br />
zudem von Banken mit niedrigeren Risikoprämien<br />
bewertet, „das ist auf allen unseren<br />
Märkten ähnlich“.<br />
Das Thema Nachhaltigkeit beziehungsweise<br />
ESG wird laut Arnold Immobilien auch immer<br />
stärker Wohnimmobilien betreffen, da die Klimaziele<br />
der österreichischen Bundesregierung<br />
eine Anhebung der Sanierungsrate von derzeit<br />
Das spricht für Zinshäuser<br />
einem auf drei Prozent vorsehen. Speziell Gründerzeithäuser<br />
könnten aufgrund der guten<br />
Bausubstanz maßgeblich zur Erreichung dieser<br />
Ziele beitragen, da sie meist gut sanierbar und<br />
daher zu einer nachhaltigen Gebäudeklasse<br />
entwickelbar sind. „Die geringen Einnahmen<br />
aus Altmieten beziehungsweise gedeckelten<br />
MRG-Mieten könnten nachhaltige Sanierungen<br />
eher verhindern als fördern“, was für Markus<br />
Arnold ein weiteres starkes Argument für<br />
den dringenden Reformbedarf darstellt. <br />
Für Zinshäuser sind wegen der ganz am Substanzwert orientierten Preisbildung<br />
und der ohnehin nicht durch den Markt, sondern per Gesetz limitierten laufenden<br />
Mieteinnahmen, typische Konjunkturrisiken wie Leerstände, Zahlungsausfälle<br />
oder rückläufige Mietenniveaus nur von untergeordneter Bedeutung. Wenn<br />
die laufenden Erträge ohnehin nicht preisbestimmend sind, kann auch eine<br />
Stagnation oder sogar ein Rückgang der Mieteinnahmen den Marktwert des<br />
Objekts nicht fundamental beeinträchtigen.<br />
Die Niedrigstzinspolitik der EZB, die sich wohl noch jahrelang kaum ändern wird,<br />
macht Finanzanlagen wie insbesondere festverzinsliche Wertpapiere wenig<br />
attraktiv. Für hohe Cashbestände sind mittlerweile Strafzinsen nicht mehr ungewöhnlich,<br />
und die Finanzierung des im Allgemeinen recht niedrigen Fremdkapitalanteils<br />
ist insbesondere für Käufer mit hoher persönlicher Bonität (diese ist<br />
in der Regel wichtiger als die Projektkennzahlen selbst) äußerst kostengünstig<br />
möglich. Für eigenkapitalstarke Investoren sind Zinshäuer daher ein geradezu<br />
idealer „Kapitalparkplatz“.<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
11
<strong>ImmoFokus</strong>.Rubrik<br />
Bewertung<br />
ImFokus<br />
Der Markt hat<br />
immer recht<br />
Bewertung von Zinshäusern. Letztlich gelten die einfachsten Marktgesetze auch für den Markt mit<br />
Zinshäusern: Hohe Nachfrage erzeugt auch einen höheren Preis.<br />
Kolumne: Wolfgang M. Fessl<br />
D<br />
er Markt für klassische Zinshäuser,<br />
also jene Mehrparteienhäuser<br />
in den Ballungszentren, die um<br />
die Jahrhundertwende erbaut<br />
wurden, stellt sich in den letzten Jahren sehr<br />
dynamisch dar.<br />
In einigen Bereichen (Wiener Innenbezirke)<br />
konnten diese Häuser in nur etwa fünf Jahren<br />
Wertsteigerungen von etwa 100 Prozent erzielen.<br />
Wie sieht die Bewertung für derartige<br />
Häuser aus, wie können solche Wertsteigerungen<br />
erfasst werden?<br />
Letztlich gelten die einfachsten Marktgesetze<br />
auch für den Markt mit Zinshäusern: Hohe<br />
Nachfrage erzeugt auch einen höheren Preis.<br />
professionellen <strong>Zinshaus</strong>-Investoren sagen<br />
„Brutto-Rendite“ dazu und klassifizieren die<br />
Häuser damit als einen „Zweiprozenter“ oder<br />
einen „Dreiprozenter“.<br />
Doch auch wenn die Zinshäuser zunehmend<br />
nur als „Geldparkplatz“ erworben werden und<br />
die Renditen deutlich gesunken sind, greift die<br />
Bewertung auf die Eigenschaft als Ertragsobjekt<br />
zurück.<br />
„Term and Reversion“-Verfahren<br />
Da bei einem <strong>Zinshaus</strong> die unterschiedlichsten<br />
Mietobjekte in Bezug auf die Nutzungsarten,<br />
Mietniveaus und Vertragslaufzeiten umfasst<br />
sind, kommt hier das „Term and Reversion“-<br />
Verfahren zum Einsatz.<br />
Falle von leerstehenden Wohnungen wird jeweils<br />
die Marktmiete herangezogen.<br />
Speziell im Altbaubereich gibt es immer noch<br />
viele Mietverhältnisse, die zu einem Bruchteil<br />
der Marktmiete vermietet sind, teilweise sogar<br />
sehr deutlich unter dem jeweiligen Richtwert.<br />
Die Investoren werten dieses „Mietsteigerungspotenzial“<br />
jedoch bereits beim Kauf ein,<br />
und die „Term and Reversion“-Berechnung tut<br />
dies ebenfalls.<br />
Es wird also davon ausgegangen, dass der aktuelle<br />
Mietertrag nach einer bestimmten Zeit<br />
auf das Marktmietniveau angehoben werden<br />
kann.<br />
Da es sich bei diesen Häusern um grundsolide<br />
Veranlagungen handelt (der Großteil davon<br />
besteht aus kleinteiligen Wohnungen), werden<br />
diese intensiv als risikoarme Anlageform<br />
gesucht.<br />
Grundsätzlich stellen diese Häuser Ertragsobjekte<br />
dar. Sie erwirtschaften aufgrund der<br />
Mieteinnahmen einen jährlichen Ertrag.<br />
Dieser Ertrag stellt jeweils einen Bruchteil des<br />
Kaufpreises dar und wird als Prozentsatz des<br />
Kaufpreises (oder Wertes) ausgewiesen. Die<br />
Im ersten Schritt werden die Erträge des Hauses<br />
erfasst. Dies geschieht auf Top-Ebene, es<br />
werden also für jede Mieteinheit separat deren<br />
Eigenschaften erfasst (Größe, Stockwerkslage,<br />
Ausstattungskategorie, Miete, Laufzeit des<br />
Vertrages etc.)<br />
Die Mieten werden mit den zum Bewertungsstichtag<br />
vorliegenden Marktmieten<br />
abgeglichen. Hierbei stellt sich heraus, ob die<br />
jeweilige Wohnung genau zum Marktniveau<br />
vermietet ist oder darüber bzw. darunter. Im<br />
Bei befristeten Verträgen werden hierfür die<br />
Restlaufzeiten der Verträge zugrunde gelegt.<br />
Bei unbefristeten Verträgen werden jene Laufzeiten<br />
angesetzt, welche von den Marktteilnehmern<br />
üblicherweise als Bestandsvertragsdauer<br />
angesehen werden, diese orientieren<br />
sich auch an der Differenz zwischen der aktuellen<br />
Vertragsmiete und der Marktmiete. Also<br />
je geringer der aktuelle Mietertrag ist, umso<br />
länger ist damit zu rechnen, dass der Mieter<br />
von diesem Umstand auch Gebrauch macht.<br />
12 <strong>ImmoFokus</strong>
Wolfgang M. Fessl<br />
Wolfgang M. Fessl ist Spezialist für Einzelhandels-<br />
und Sonderimmobilien und<br />
verfügt über langjährige Erfahrung in der<br />
Immobilienbranche. Vor seiner Tätigkeit<br />
bei der Reinberg-Gruppe war er als Head<br />
of Asset-Management bei der conwert und<br />
der Immofinanz. Sein Fokus lag auf großvolumigen<br />
Bestandsportfolien und Retailimmobilien.<br />
Insgesamt verfügt Wolfgang<br />
Fessl über mehr als 20 Jahre Erfahrung im<br />
nationalen und internationalen Immobiliengeschäft.<br />
Fessl ist allgemein beeideter und<br />
gerichtlich zertifizierter Sachverständiger,<br />
Immobilientreuhänder (Makler), Member<br />
der Royal Institution of Chartered Surveyors<br />
(RICS), zertifiziert nach CIS Immozert<br />
und Recognised European Valuer (REV).<br />
Es wird also die Vertragsmiete bis zum Ablaufen<br />
des Vertrages berechnet, dies ist der<br />
„Term“.<br />
Der verbleibende Zeitraum nach Ablauf des<br />
bestehenden Mietvertrages bis zum Ende der<br />
Lebensdauer des Objektes (Reversion) wird<br />
dann bereits mit der Marktmiete angesetzt.<br />
Der Jahresrohertrag wird um die Bewirtschaftungskosten<br />
(interne Verwaltungskosten, Instandhaltungen<br />
und Leerstehungskosten im<br />
Zuge von Neuvermietungen) vermindert und<br />
ergibt so den Jahresreinertrag.<br />
Der Jahresreinertrag wird noch um die Bodenwertverzinsung<br />
gekürzt, da man davon<br />
ausgeht, dass der Boden „unendlich“ zur<br />
Verfügung steht, das Gebäude jedoch nur im<br />
Zeitraum der Restnutzungsdauer.<br />
Der um die Bodenwertverzinsung gekürzte<br />
Jahresreinertrag wird dann bis zum Ende der<br />
Restnutzungsdauer aufsummiert und mit<br />
dem Liegenschaftszinssatz abgezinst.<br />
Die Restnutzungsdauer wird vom Gutachter<br />
im Zuge der Befundaufnahme im Objekt aufgrund<br />
des vorgefundenen Zustandes festgesetzt.<br />
Der Ertragswert errechnet sich somit aus der<br />
Summe vom Ertragswert des Gebäudes und<br />
dem Bodenwert. Anschließend werden noch<br />
sogenannte „wertbeeinflussende Umstände“<br />
addiert. Darunter fallen zum Beispiel noch<br />
nicht ausgebaute Rohdachböden.<br />
Und eines ist ganz wichtig:<br />
Bewerten heißt nicht berechnen!<br />
Es ist gänzlich unerheblich, welchen Wert der<br />
Gutachter berechnet, entscheidend ist letztlich,<br />
wie die Marktteilnehmer die Situation<br />
einschätzen und welche Werte aktuell am<br />
Markt erzielt werden.<br />
Das bedeutet, ein Gutachter wird nur dann einen<br />
akkuraten Wert des <strong>Zinshaus</strong>es ermitteln<br />
können, wenn er ausreichend aktuelle (!) Erfahrungswerte<br />
direkt aus dem Marktgeschehen<br />
miteinzieht und diese in seine Wertermittlung<br />
einfließen lässt.<br />
Dies betrifft auch die Einflusskriterien der<br />
EU-Taxonomie (ESG). Es wird abzuwarten<br />
sein, wie sich diese auf den Markt auswirken,<br />
welchen Stellenwert die präsumptiven Käufer<br />
diesen Kriterien beimessen. Bis dato ist der<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt noch relativ unbeeindruckt<br />
davon.<br />
Dreimal so lange Lebensdauer<br />
Hierbei darf auch nicht vergessen werden, dass<br />
diese Häuser bereits seit 100 Jahren bestehen<br />
und bei entsprechender Instandhaltung noch<br />
weitere 100 Jahre weiterbestehen können. Damit<br />
ist die Lebensdauer etwa dreimal so lange<br />
wie bei einem Neubau-Bürohaus.<br />
Dementsprechend ist auch die Umweltbilanz<br />
der Zinshäuser eine sehr positive, da die Errichtung<br />
eines Gebäudes einen wesentlich<br />
größeren klimatischen Fußabdruck hat als die<br />
jährlichen Heizkosten.<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
13
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
Grüner geht’s nicht<br />
Nachhaltige Investments. „Wir müssen Wertsteigerung nicht innerhalb von einem, zwei oder drei Jahren<br />
realisieren. Daher können wir auch höhere Preise bezahlen. Wir kaufen, um den Bestand an Immobilien auf- und<br />
auszubauen“, umreißt 3SI-Chef Michael Schmidt die Strategie des Familienunternehmens.<br />
Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />
14 <strong>ImmoFokus</strong>
Häufig wird kritisiert, dass so viele Zinshäuser<br />
verschwinden. Nicht durch Abriss,<br />
sondern durch Sanierung, Parifizierung<br />
und Abverkauf ?<br />
Michael Schmidt: Das muss nicht sein. Wir<br />
halten aktuell rund 120 Zinshäuser in Bestand.<br />
In Summe haben wir seit 2001 über 300<br />
Objekte realisiert. Allein in diesem Jahr haben<br />
wir über 40 Zinshäuser angekauft. Vor allem<br />
in Wien, aber auch in Graz und Salzburg.<br />
40 Zinshäuser – man hat sich also ordentlich<br />
Arbeit eingekauft? <strong>Zinshaus</strong> Banking.<br />
Pipeline gefüllt, um in den nächsten<br />
Jahren ausreichend Projekte realisieren zu<br />
können?<br />
Das würde ich nicht so sagen. Nicht jedes<br />
angekaufte <strong>Zinshaus</strong> ist ein Bauträgerobjekt.<br />
Wir haben vor kurzem ein kleineres Haus in<br />
der Lindengasse 5, direkt beim KDW der Signa<br />
Gruppe, erworben. Der Dachboden war bereits<br />
ausgebaut. Wir haben saniert, neu vermietet<br />
und halten es im Bestand, der an die nächste<br />
Generation weitergegeben werden soll. Aber<br />
natürlich ist es schön, eine gefüllte Pipeline<br />
für Bauträger-Projekte zu haben.<br />
Ich würde sagen, wir haben pro Jahr zehn bis<br />
15 Zinshäuser , die beziehungsweise deren<br />
Wohnungen nach einer umfassenden Sanierung<br />
auch abverkauft werden. Das sind unsere<br />
klassischen hochwertig-stilvollen Projekte, für<br />
die man auch die 3SI Immogroup kennt.<br />
Steigende Ankaufkosten, steigende<br />
Bau- bzw. Sanierungskosten. Rechnet sich<br />
das noch? Wie bewertet man aktuell ein<br />
<strong>Zinshaus</strong>?<br />
Ein aktuell sehr schwieriges Thema, ehrlich<br />
gesagt. Bei einem vollvermieteten, sanierten<br />
<strong>Zinshaus</strong>, in dem alles in Ordnung ist, kommt<br />
bei einer Renditeberechnung nicht mehr viel<br />
raus. Ein <strong>Zinshaus</strong> ist auch immer ein wenig<br />
immer ein Liebhaberprojekt, überhaupt im<br />
innerstädtischen Bereich.<br />
„Bei einem vollvermieteten,<br />
sanierten <strong>Zinshaus</strong>, in dem<br />
alles in Ordnung ist, kommt<br />
bei einer Renditeberechnung<br />
nicht mehr viel raus.“<br />
Ein Liebhaberobjekt, das man sich auch<br />
leisten können muss.<br />
Das man sich leisten können muss, genauso ist<br />
es. Wir können uns diese Projekte leisten, da<br />
wir bei den Bauträgerobjekten – also Ankauf,<br />
Sanierung, Verkauf – Gewinn erwirtschaften,<br />
mit dem wir unsere Bestandsobjekte querfinanzieren.<br />
Zur Bewertung: Diese folgt einem klaren<br />
Schema. Gibt es einen verwertbaren Rohdachboden?<br />
Wieviel Quadratmeter Wohnfläche<br />
können zu welchem Preis realisiert werden?<br />
Bei den Wohnungen unterscheiden wir<br />
zwischen leer, befristet und unbefristet. Bei<br />
den unbefristet vermieteten kommt es drauf<br />
an, ob die Wohnung zum alten Mietrechtszins<br />
oder zu einem normalen Mietzins vermietet<br />
ist. In Wirklichkeit zerlegen wir das <strong>Zinshaus</strong><br />
in seine Einzelteile. Diese werden Einheit für<br />
Einheit bewertet, mit einem Quadratmeterpreis<br />
bepreist. Am Ende des Prozesses steht<br />
dann ein Preis; der Preis, den die Immobilie<br />
unserer Einschätzung nach wirklich wert ist.<br />
Und dann rechnen wir noch unsere Liebe und<br />
Michael Schmidt,<br />
3SI Immogroup<br />
Leidenschaft für Altbauten und Zinshäuser<br />
hinzu – am Ende steht dann ein für den<br />
Verkäufer oft mehr als attraktiver Kaufpreis.<br />
Wird intern oder extern bewertet?<br />
Die Bewertungen machen wir immer im Haus.<br />
Da geht es um Erfahrung. Ich allein darf auf<br />
20 Jahre Erfahrung zurückblicken. In diesen<br />
zwei Jahrzehnten habe ich mir sicher ein paar<br />
tausend Häuser selbst angeschaut. Dann gibt<br />
es unseren Prokuristen Christian Ziegler, der<br />
seit 2003 bei uns im Unternehmen ist, Markus<br />
Steinböck und viele andere im Team, die<br />
schon lange dabei sind.<br />
Wenn man so lange im Geschäft ist – gibt<br />
es da schon ein Bauchgefühl, wenn man<br />
ein Haus betritt?<br />
Auf jeden Fall. Ich selbst mache ja nicht diese<br />
Einwertung, die ich gerade beschrieben habe.<br />
Ich mache eine Milchmädchenrechnung. So<br />
rasch einmal Daumen mal Pi – und liege damit<br />
nicht viel daneben. Also es ist viel Bauchgefühl,<br />
natürlich. Ich glaube, dass ich jedes Haus<br />
innerhalb von ein paar Minuten grundsätzlich<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
15
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
„Das <strong>Zinshaus</strong>, ist ja das<br />
Grünste, was es gibt. “<br />
Michael Schmidt,<br />
3SI Immogroup<br />
bewerten kann. Bewerten ist die eine, der Preis<br />
die andere Seite der Medaille. Viele Objekte<br />
sind halt schon sehr, sehr teuer geworden. Des<br />
Öfteren zu teuer.<br />
Ist die Erwartungshaltung der Verkäufer<br />
angesichts der Medienberichte über stetig<br />
steigende Immobilienpreise zu hoch?<br />
Natürlich. Wir sind keine Privatstiftung, aber<br />
auch wir zahlen absolute Liebhaberpreise.<br />
Aber wir zahlen sie im einen oder andern Fall<br />
trotzdem – da sind wir ein wenig hybrid. Wir<br />
sind der Bauträger. Wir sind der Einkäufer.<br />
Wir sind der Händler. Auf der anderen Seite<br />
sind wir einer der wenigen, die sukzessive<br />
einen eigenen Bestand aufbauen. Das unterscheidet<br />
uns von andern Marktteilnehmern.<br />
Darum können wir bei dem einen oder anderen<br />
Projekt vielleicht doch mehr zahlen. Weil wir<br />
die Wertsteigerung nicht innerhalb von einem,<br />
zwei oder drei Jahren realisieren müssen – wie<br />
es bei anderen Unternehmen der Fall ist.<br />
Wir freuen uns natürlich auch über eine Wertsteigerung<br />
in zehn Jahren, wenn wir sagen<br />
können „es war eine sehr gute Idee, dieses<br />
Haus zu erwerben und eine hervorragende, es<br />
noch lange in Bestand zu halten und halten zu<br />
können.“<br />
So können nur Familienunternehmen<br />
denken, denen keine Shareholder im<br />
Nacken sitzen.<br />
Genau. Wir sind ein reiner Familienbetrieb.<br />
Wir haben und hatten keine Investoren – und<br />
werden in Zukunft auch keine haben. Ich<br />
kenne fast niemanden mehr, der nicht mit<br />
Crowdfunding, Investment-Clubs zusammenarbeitet.<br />
Wir haben das Unternehmen – abseits<br />
von Bankfinanzierungen – ohne Fremdkapital<br />
aufgebaut. Die Eigenmittel kommen aus der<br />
Familie und von unseren Firmen. Das wird<br />
auch so bleiben.<br />
Bereiten Ihnen die Themen ESG und<br />
EU-Taxonomie Kopfzerbrechen? Speziell<br />
in Richtung Kreditfinanzierung?<br />
Das <strong>Zinshaus</strong> ist ja das grünste, was es gibt.<br />
Wir haben einen Bestand und mit diesem<br />
arbeiten wir. Wir reißen das <strong>Zinshaus</strong><br />
nicht weg, sondern wir sanieren es, wenn<br />
es wirtschaftlich sinnvoll ist. Unsere<br />
Dachbodenausbauten werden in Leichtbauweise<br />
– also mit einem hohen Holzanteil<br />
– ausgeführt. Es gibt sogar, wie mir ÖGNI-<br />
Geschäftsführer Peter Engert erst kürzlich<br />
in einem Gespräch bestätigt hat, ein eigenes<br />
ÖGNI-Zertifikat für Gebäude im Bestand.<br />
Also ich mache mir keine Sorgen. Wir sind<br />
ÖGNI-Mitglied und werden uns nächstes<br />
Jahr sicher stärker engagieren und Projekte<br />
zertifizieren lassen.<br />
Was halten Sie von Bieterverfahren oder<br />
Versteigerungen?<br />
Wir haben hier keine Berührungsängste.<br />
Wir machen mit. Bieterverfahren sind<br />
eine neue Art Immobilien zu verkaufen.<br />
Dieser Modus existiert aber nicht nur beim<br />
<strong>Zinshaus</strong>, sondern auch teilweise schon bei<br />
Wohnungen. Ich glaube aber, dass es nicht<br />
zu jeder Immobilie passt. Die meisten Deals<br />
gehen ohne Bieterverfahren über die Bühne.<br />
Bieterverfahren sind in den Medien sehr<br />
präsent. Sie werden groß angekündigt – das<br />
Ergebnis wird ebenso groß verkündet. Wenn<br />
man sich aber die bei Bieterverfahren erzielten<br />
Preise ansieht, erkenne ich keinen Mehrwert.<br />
Es gibt auch Marktteilnehmer, zum Beispiel<br />
große Stiftungen, die machen aus Prinzip bei<br />
Bieterverfahren nicht mit. Ein Vorteil ist sicher<br />
die Transparenz. Ich glaube aber, dass nicht<br />
immer der beste Preis erzielt wird.<br />
Warum?<br />
Weil nur ein kleiner Kreis mitmacht. Es<br />
macht doch mehr Sinn, möglichst viele<br />
Interessenten anzusprechen. Zudem sind<br />
im Bieterverfahren die Bedingungen des<br />
Kaufvertrages nicht verhandelbar. Da gibt es<br />
16 <strong>ImmoFokus</strong>
dann sogar Kaufverträge, wo vom Verkäufer<br />
keine Haftungen übernommen werden und<br />
so weiter. Dass in derartig gelagerten Fällen<br />
potenzielle Käufer sagen „Da kann ich nicht<br />
mitmachen“, das muss dem Verkäufer auch<br />
klar sein. Sicher ein Manko. Wir kaufen<br />
– sowohl bei Bieterverfahren, als auch im<br />
klassischen Ankaufsprozess – auch Minderheitsanteile,<br />
wir kaufen Mehrheitsanteile,<br />
wir kaufen parifizierte Wohnungsanteile.<br />
Wir kaufen sogar noch einzelne Wohnungen,<br />
wenn es passt. Wir sind uns für nichts zu<br />
schade. Am liebsten kaufen wir das ganze<br />
<strong>Zinshaus</strong>. Der Kauf von <strong>Zinshaus</strong>anteilen ist<br />
aber sicher die Zukunft.<br />
Michael Schmidt<br />
Michael Schmidt, geboren 1980 in Wien, gründete nach der Matura<br />
in der HTL Mödling 2001 mit seinem Vater Harald und seinem Bruder<br />
Claus das Familienunternehmen 3SI Immogroup. Der inhabergeführte<br />
Immobilienentwickler hat sich neben dem Ankauf und der umfassenden<br />
Revitalisierung von Zinshäusern in den letzten Jahren auch auf die<br />
Errichtung von modernen, nachhaltig errichteten Neubauobjekten<br />
spezialisiert. Michael Schmidt, der vergangenes Jahr mit dem CÄSAR<br />
als „Immobilienmanager des Jahres“ ausgezeichnet wurde, ist verheiratet<br />
und Vater eines Sohnes.<br />
Versteigerungen – freiwillige Versteigerungen<br />
– sind vom Markt verschwunden?<br />
Ja, das sind sie wirklich.Ich muss sagen, ich<br />
habe die Versteigerungen nie verstanden. Für<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
17
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
3SI Immogroup<br />
Die 3SI Immogroup ist ein seit drei Generationen bestehendes<br />
Wiener Familienunternehmen, das sich auf die Revitalisierung<br />
und Entwicklung von Zinshäusern sowie den hochwertigen<br />
Ausbau von Dachböden spezialisiert hat. Neben der Sanierung<br />
historischer Bausubstanz trägt die 3SI Immogroup als Bauträger<br />
seit Jahren auch aktiv zu nachhaltiger Wohnraumschaffung<br />
im Neubausegment bei.<br />
Das Familienunternehmen mit Sitz im ersten Wiener Gemeindebezirk<br />
hält aktuell rund 120 Zinshäuser mit einer Gesamtfläche<br />
von mehr als 120.000 Quadratmetern in seinem Bestand.<br />
Mit vierzig Mitarbeitern und jährlichen Investitionen im dreistelligen<br />
Millionenbereich zählt die 3SI Immogroup zu den führenden<br />
Projektentwicklern in Wien und Graz.<br />
mich haben Versteigerungen einen negativen<br />
Beigeschmack. Für mich ist eine Versteigerung<br />
eine Zwangsversteigerung.<br />
Wie beurteilen Sie die WEG-Novelle?<br />
Positiv. Minderheitseigentümer hatten viele,<br />
wenn nicht sogar zu viele Rechte. Diese<br />
werden jetzt ein wenig beschnitten. Das ist<br />
gut so. Wir werden lernen, mit der Novelle<br />
umzugehen.<br />
Die meisten Differenzen poppen auf, wenn<br />
saniert werden muss. Wer eine parifizierte<br />
Wohnung kauft, ist in der Regel vor diesen<br />
Auseinandersetzungen für zumindest 20,<br />
wenn nicht gar 30 Jahre sicher. Die Häuser<br />
werden vor dem Abverkauf totalsaniert. Neue<br />
Steigleitungen, neue Fassade, neues Dach –<br />
18 <strong>ImmoFokus</strong>
inklusive Lifteinbau. Da hat man dann fürs<br />
erste Ruhe. Sanierung und Parifizierung hat<br />
viele Zinshäuser vor dem Abriss bewahrt.<br />
Die Preise kennen – auch bei den Zinshäusern<br />
nur einen Weg – den nach oben.<br />
Können Sie sich an eine Delle im <strong>Zinshaus</strong>markt<br />
erinnern?<br />
Zwischen 2001 und 2008 haben wir viele<br />
Zinshäuser saniert und parifiziert. Dachböden<br />
ausgebaut, Lifte eingebaut – das ganze<br />
bekannte Programm. 2001 bis 2008 war ein<br />
Käufermarkt. Man hat den Käufer suchen<br />
müssen. Die Preise sind moderat gestiegen.<br />
Es war auch nicht so viel Geld am Markt wie<br />
heute. Die Zinsen waren höher, die Banken bei<br />
der Kreditvergabe durchaus restriktiver. Dann<br />
kam mit der Lehman Pleite im Jahr 2008 die<br />
Wirtschaftskrise mit zwei Jahren Unsicherheit<br />
im Markt. Nach sechs Monaten mit einem<br />
Tief ist es rapide nach oben gegangen. Wer<br />
2010, 2011 eingestiegen ist, kennt nur einen<br />
Verkäufermarkt. 2010 hat der <strong>Zinshaus</strong>-Boom<br />
begonnen, der Mitte 2020 noch einmal befeuert<br />
wurde. Haben wir früher bei Zinshäusern<br />
von Liebhaberobjekten gesprochen, sind es<br />
heute die sichersten Anlageobjekte, die es gibt.<br />
Natürlich spielen Renditen noch eine Rolle,<br />
allerdings sind sie geringer, als sie noch vor<br />
zehn oder 15 Jahren waren. Dahingehend<br />
würde mich natürlich freuen, wenn mit einer<br />
umfassenden Mietrechtsreform der freie<br />
Mietzins auch bei sanierten Altbauwohnungen<br />
Einzug halten würde. Dass derzeit für eine<br />
topsanierte Altbauwohnung, etwa im achten<br />
Bezirk, wo gerade auch der Lagezuschlag<br />
gefallen ist, aufgrund der Mietzinsobergrenze<br />
nur 5,80 Euro am Quadratmeter verlangt<br />
werden kann, versteht niemand. In krassem<br />
Gegensatz steht da für mich die Neubauwohnung<br />
aus den 1960er- und 1970er-Jahren ein<br />
Haus weiter; Wohnungen, die nicht in einem<br />
so schönen, hochwertigen Zustand sind,<br />
wie die sanierte Altbauwohnung. Und hier<br />
existiert keine Mietzinsobergrenze. Das passt<br />
nicht zusammen…und führt auch dazu, dass<br />
viele <strong>Zinshaus</strong>eigentümer verkaufen müssen,<br />
weil sich das Vermieten unter den gegebenen<br />
Rahmenbedingungen nicht rechnet.<br />
Visualisierungen: 3SI Immogroup | JamJam<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
19
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
20 <strong>ImmoFokus</strong>
„Der <strong>Zinshaus</strong>markt ist<br />
stets weitergewachsen“<br />
Mr. <strong>Zinshaus</strong>. Eugen Otto, Eigentümer und Geschäftsführer von Otto Immobilien, gehört seit vielen Jahren<br />
zu den Top-Playern am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt. Im Interview spricht er über neue Investoren, den besten<br />
Verkaufsmodus sowie die seltsamen Auswüchse des aktuellen Booms.<br />
Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />
Fotos: Alexander Chitsazan<br />
Bei unserem letzten Real Circle meinten<br />
Sie, dass Sie kein Ende der Nachfrage- und<br />
Preisanstiege am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt<br />
sehen und es praktisch unmöglich ist,<br />
Preisvorhersagen zu treffen. Ist das die<br />
neue Normalität oder nur eine Momenterscheinung?<br />
Eugen Otto: Man sollte zwar niemals nie<br />
sagen, aber ich kann mir eine annähernd<br />
ähnliche Entwicklung in den nächsten Jahren<br />
nicht vorstellen. Für mich ist jetzt – vielleicht<br />
mit einem kleinen Spielraum der nächsten<br />
sechs bis zwölf Monate – der Zenit erreicht.<br />
Meines Erachtens wird sich die Lage wieder<br />
stabilisieren. Was sich jedoch viele wünschen,<br />
nämlich dass die Preise wieder erschwinglicher<br />
werden, wird voraussichtlich nicht eintreten.<br />
Dafür gibt es für uns – auch in unseren<br />
Analysen – keinerlei Anhaltspunkte.<br />
Können Sie sich an eine vergleichbare Periode<br />
am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt erinnern?<br />
Den ersten Boom hatten wir vor der Weltausstellung,<br />
die für 1995 geplant war. Nachdem<br />
die Wiener 1991 in einer Volksbefragung<br />
mehrheitlich gegen die Austragung der Weltausstellung<br />
stimmten, änderte sich praktisch<br />
nichts, die Preise gingen weiter schnurstracks<br />
in die Höhe. Wie die Treppen der Pyramiden.<br />
Zwar gab es danach, etwa ausgelöst durch<br />
gesetzliche Änderungen wie Wohn- und<br />
Mietrechtsnovellen (Stichwort Leerstandabgabe),<br />
immer wieder vorübergehende Verschnaufpausen.<br />
Im Grunde hat das aber den<br />
Aufwärtstrend nicht aufhalten können. Auch<br />
während der Finanzkrise 2008/2009 hat der<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt einen Boom erlebt. Während<br />
bekanntlich indirekte Immobilienveranlagungen<br />
wie Aktien und Fonds – entgegen der<br />
substanziellen Werte der realen Assets, die<br />
dahinterstanden – abstürzten.<br />
Andererseits, wann gab es zuletzt eine<br />
extrem negative Phase?<br />
An eine lange negative Periode kann ich mich<br />
nicht erinnern. Auch wenn sich – wie gesagt<br />
– rechtliche oder steuerliche Änderungen<br />
immer wieder vorübergehend auf die Transak-<br />
tionstätigkeit ausgewirkt haben. Der <strong>Zinshaus</strong>markt<br />
ist stets weitergewachsen. Damit<br />
gehen allerdings auch nicht nur erfreuliche<br />
Begleiterscheinungen einher.<br />
Wie meinen Sie das?<br />
Wir verwalten mehr als 160 Zinshäuser. Und<br />
nahezu jeder unserer Eigentümer berichtet<br />
von ganz seltsamen Auswüchsen. Wie etwa<br />
einer Flut an Schreiben, in denen erklärt wird,<br />
wieso sie gerade jetzt ihr <strong>Zinshaus</strong> verkaufen<br />
sollten. Gleichzeitig werden Anzeigen<br />
geschalten, in denen für den neuen Lebensgenuss<br />
geworben wird, der erst durch einen<br />
Verkauf möglich werden würde . Davon ist<br />
jeder Eigentümer unglaublich genervt. Es ist<br />
ja so, dass Makler oder Käufer auch nicht vor<br />
Telefonanrufen Halt machen. In einigen Fällen<br />
kann man durchaus von einer Art Telefon-<br />
Stalking sprechen. Es gibt sogar im Ausland<br />
lebende Eigentümer, die mir erzählt haben,<br />
dass plötzlich Leute vor ihrer Tür standen und<br />
meinten, es wäre ein wunderbarer Moment,<br />
ihr schönes Wiener <strong>Zinshaus</strong> zu verkaufen.<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
21
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
Und es gebe keine seriöseren Abnehmer als<br />
sie. Da kommt es schon zu unfassbaren Blüten.<br />
Eigentlich sollte man solche Geschichten<br />
sammeln und veröffentlichen. Da hätten viele<br />
Menschen etwas zum Schmunzeln.<br />
Hat der Corona-bedingte Boom auch neue<br />
Investoren angelockt, die vielleicht davor<br />
nicht so präsent waren? Oder sind die<br />
üblichen Verdächtigen am <strong>Zinshaus</strong>markt<br />
unterwegs?<br />
Generell sind <strong>Zinshaus</strong>investoren eine „Growing<br />
Community“. Auch die Vergesellschaftung<br />
der Investoren nimmt weiter zu. Sicher<br />
gibt es auch viele Player, die immer schon<br />
eine gewisse Affinität bzw. Interesse für das<br />
<strong>Zinshaus</strong> hatten und den Markt schon lange<br />
beobachteten, aber angesichts der hohen Preise<br />
zugewartet haben. Und die in den letzten ein,<br />
zwei Jahren gekauft haben. Zähneknirschend.<br />
Auch darüber kann man schmunzeln, denn<br />
hätten sie vor zehn Jahren ein Haus gekauft,<br />
wäre es heute das Doppelte wert – egal wo in<br />
Wien. Aber nicht nur die Zahl der privaten<br />
Anleger ist gestiegen. Bekanntlich hat heuer<br />
erstmals ein deutscher Vorsorgefonds ein Portfolio<br />
von Jahrhundertwendehäusern, die dem<br />
Vollanwendungsbereich des MRG zur Gänze<br />
unterliegen, gekauft. Das gab es davor nicht.<br />
Macht das überhaupt Sinn für einen<br />
Institutionellen?<br />
Das ist durchaus vernünftig. Einerseits wächst<br />
der Altbestand nicht. Andererseits habe<br />
ich bei Althäusern in den meisten Fällen<br />
Steigerungspotenzial bei den Mieten, was<br />
beim Neubau eher nicht der Fall ist. Kauft man<br />
Eugen Otto<br />
heute etwa ein neu errichtetes Apartmenthaus<br />
in guter Lage, so hat man bei einer Erstvermietung<br />
eine Rendite um die drei Prozent.<br />
In der Nachvermietung, in zwei, drei Jahren,<br />
kann man damit sehr wahrscheinlich nicht<br />
rechnen – auch, weil davor am Höhepunkt<br />
der Mietpreise vermietet werden konnte. Zum<br />
Mietsteigerungspotenzial kommt beim Altbau<br />
auch noch das Weiterentwicklungspotenzial<br />
der Substanz dazu.<br />
Werden sich deutsche Institutionelle nach<br />
dem „normalen“ Wohnmarkt nun auch<br />
verstärkt dem <strong>Zinshaus</strong>markt zuwenden ?<br />
Das kann ich mir durchaus vorstellen. Aber<br />
nicht, weil Gründerzeithäuser so attraktive<br />
Renditen bieten. Eher zur Beimischung und<br />
Streuung eines Portfolios. Das ist immer<br />
ein wichtiges Argument für eine <strong>Zinshaus</strong>investition.<br />
Natürlich befinden sich die<br />
Häuser in tollen Wiener Lagen. Sind schön<br />
anzuschauen, klassisch, großzügig. Ganz zu<br />
schweigen von der phantastischen Lebensqualität,<br />
die Wien bietet.<br />
Auf der anderen Seite erleben wir derzeit<br />
ausländische Eigentümer, die sagen: Also bei<br />
diesem Preisniveau sollte ich wirklich verkaufen.<br />
In den letzten eineinhalb Jahren haben<br />
wir einige Familien aus dem Ausland begleitet,<br />
die uns gefragt haben, ob sie bei einem Verkauf<br />
wirklich so hohe Preise erzielen könnten.<br />
Wir haben gesagt: Ja, das ist möglich. Und mit<br />
einer gewissen Competition, die wir in den<br />
Verkaufsprozess einbringen – und Investoren<br />
und Käufer ansprechen, um auszuloten, wer<br />
gerade bereit ist, den besten Preis zu zahlen –<br />
Eugen Otto ist Eigentümer und Geschäftsführer von Otto Immobilien. Das 1956 als kleine<br />
Hausverwaltung gegründete Familienunternehmen, hatte er 1990 übernommen und es<br />
sukzessive zu einem der größten privaten Immobilienberater des Landes entwickelt.<br />
Heute bietet Otto Immobilien das gesamte Spektrum der Immobiliendienstleistung an<br />
und deckt dabei alle Assetklassen ab – von Wohnen über Gewerbe und Investment bis<br />
hin zum <strong>Zinshaus</strong>. Eugen Otto ist Träger des Goldenen Verdienstzeichens der Republik<br />
Österreich sowie des Silbernen Ehrenzeichens der Stadt Wien und war 20 Jahre lang<br />
Präsident des Internationalen Verbandes für Immobilienberufe (FIABCI).<br />
kann man anspruchsvolle Erwartungen noch<br />
einmal in die Höhe schrauben.<br />
Sind die von Ihnen angesprochenen Bieterverfahren<br />
wirklich der beste Weg, um<br />
ein <strong>Zinshaus</strong> zu verkaufen, oder bietet sich<br />
das eher an, wenn man den tatsächlichen<br />
Marktwert nicht genau kennt?<br />
Bieterverfahren bieten sich grundsätzlich<br />
fast immer an. Denn, dass es zu Situationen<br />
kommt, wo Eigentümer zu uns kommen und<br />
sagen, sie möchten das Haus verkaufen – „Das<br />
ist drei Millionen Euro wert. Bitte finden Sie<br />
einen Käufer.“ – diese Zeiten sind vorbei. Wir<br />
werden zur Beratung beigezogen: Für die Entwicklung<br />
der Strategie, wie man einen Verkauf<br />
am besten angeht – auch in steuerlicher und<br />
rechtlicher Hinsicht – und wann der richtige<br />
Zeitpunkt dafür ist. Dann empfehlen wir, entweder<br />
einen eingeschränkteren oder größeren<br />
Kreis einzuladen, an einer Ausschreibung<br />
teilzunehmen und im Rahmen eines ein- oder<br />
zweistufigen Verfahrens Angebote für das<br />
Haus abzugeben. Wobei wir zum Teil schon<br />
gutachterliche Befunde vorbereiten, damit es<br />
die Käufer – wenn sie schon in einem Bieterverfahren<br />
einen hohen Preis zahlen müssen<br />
– zumindest bei der Prüfung einfacher haben.<br />
Wir raten Verkäufern auch, dass es, wenn ein<br />
Verfahren ausgeschrieben wird, schon einen<br />
Kaufvertragsentwurf gibt, der die Besonderheiten<br />
der betreffenden Liegenschaft darlegt,<br />
gleichzeitig aber auch marktgängig ist. Damit<br />
verkürzt man die Frist, in der der Kaufvertrag<br />
verhandelt wird.<br />
Wie lange dauert es in der Regel, bis bei<br />
einem Bieterverfahren der Verkaufsvertrag<br />
unterschrieben wird?<br />
Das hängt natürlich vom Grad der Vorbereitungen<br />
ab. Das schnellste, was wir erlebt<br />
haben, waren sechs bis sieben Wochen.<br />
Natürlich spielt hier auch die Jahreszeit eine<br />
Rolle. Wir raten etwa immer dringendst davon<br />
ab, ab Mitte November mit dem Verfahren zu<br />
beginnen, weil man dann in die Weihnachtszeit<br />
kommt. Auch im Sommer, im Juli oder<br />
August, geht alles ein bisschen langsamer<br />
vonstatten. Bei größeren Portfolios haben wir<br />
auch schon sechs bis acht Monate gebraucht.<br />
Aber auch ganz große Transaktionen, mit<br />
Volumina von mehr als hundert Millionen<br />
22 <strong>ImmoFokus</strong>
„An eine lange<br />
negative Periode<br />
am Wiener<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt<br />
kann ich mich<br />
nicht erinnern.“<br />
Eugen Otto,<br />
Otto Immobilien<br />
Euro, können, wenn das Bieterverfahren<br />
erstklassig vorbereitet wurde, innerhalb von<br />
sechs Monaten über die Bühne gehen. Unsere<br />
bis dato größte Transaktion hatte ein Volumen<br />
von 400 Millionen Euro. Sie ist auch innerhalb<br />
eines halben Jahres abgewickelt worden.<br />
Ist das größte Risiko, das mit Bieterverfahren<br />
verbunden ist, dass damit in der Regel<br />
nicht der Höchstpreis erzielt wird?<br />
Solche „dramatischen Situationen“ passieren<br />
bei Bieterverfahren ganz selten. Und möglicherweise<br />
geht man als Verkäufer auch<br />
Haftungen ein, die man nicht eingehen würde,<br />
wenn man mit den Verträgen verkauft, die wir<br />
durch unsere Anwälte in diese Verfahren einbringen.<br />
Wird jedenfalls ein Bieterverfahren<br />
von jemandem begleitet, der sein Handwerk<br />
versteht, und das Ganze ordentlich und seriös<br />
macht, dann ist das meiner Meinung nach<br />
sicher die beste, transparenteste und fairste<br />
Möglichkeit, um ein <strong>Zinshaus</strong> zu verkaufen.<br />
Manche Eigentümer wollen etwa das Ganze<br />
ausschließlich über einen Notar oder Anwalt<br />
abwickeln, um das sicherzustellen. Ansonsten<br />
können Bieterverfahren auch ins Unseriöse<br />
abgleiten. Wir haben auch schon erlebt, dass<br />
mit dem Angebot des Interessenten A zum<br />
Interessenten B gegangen wird, mit dem Hinweis:<br />
Wenn Du da jetzt noch was drauflegst,<br />
dann kriegst Du das Haus.<br />
Schaut man sich die Renditen an, zu denen<br />
derzeit Zinshäuser gekauft werden, so<br />
stellt sich die Frage, ob diese überhaupt<br />
noch eine Rolle spielen, oder ob ausschließlich<br />
der „Wertspeicher-Gedanke“<br />
im Vordergrund steht?<br />
Renditen spielen natürlich eine Rolle. Selbst,<br />
wenn mitunter zu Renditen unter einem<br />
Prozent gekauft wird. Das ist natürlich kein<br />
Vergleich zu früheren Zeiten, als die Häuser<br />
zwischen fünf und acht Prozent brachten. Aber<br />
immerhin ist das noch immer ein positiver<br />
Ertrag, den ein Haus erwirtschaftet. Trotzdem<br />
sind das Sonderfälle. Kommt man nicht einmal<br />
auf ein Prozent Rendite, so hat das häufig<br />
damit zu tun, dass in dem betreffenden Haus<br />
noch nicht alle Wohnungen vermietet wurden,<br />
also noch Entwicklungspotenzial gegeben ist.<br />
Aber sicher ist das, was man heute oft einnimmt,<br />
eher ein „Renditchen“ als eine Rendite.<br />
Schaut man aber auf die Gesamtrendite, also<br />
die Entwicklung des Kapitalwerts und der<br />
Erträge der Immobilie, kommt man schon auf<br />
ein paar Prozent. Und in den letzten Jahren –<br />
wenn man die Wertsteigerung und den Ertrag<br />
berücksichtigt – ist man sicherlich jährlich<br />
knapp im zweistelligen Bereich gewesen.<br />
Wie schätzen Sie die Zahl der Investoren<br />
ein, die ihre Zinshäuser wirklich langfristig<br />
im Bestand halten möchten und nicht<br />
der Versuchung nachgeben, die Wohnungen<br />
einzeln abzuverkaufen?<br />
In Wahrheit gibt es ja zwei Versuchungen:<br />
Nicht nur den Abverkauf der Wohnungen,<br />
was ja durchaus mit nicht unerheblichem<br />
Aufwand verbunden ist, sondern auch die, das<br />
ganze Haus weiter zu drehen. Dieser Versuchung<br />
sind in den letzten Jahren sehr viele<br />
Profis erlegen. Zuvor hatten sie noch geplant,<br />
ihre Häuser zu entwickeln, dann ist jedoch ein<br />
so gutes Angebot gekommen, dass sie sich zu<br />
einem Verkauf entschlossen.<br />
Wie wird das Gesamtjahr am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt<br />
ausfallen? Man hat ja in den<br />
letzten Wochen gehört, dass viele Deals vor<br />
dem Abschluss stehen, wird der neuerliche<br />
Lockdown da etwas ändern?<br />
Ich glaube nicht, dass der Lockdown einen<br />
Einfluss auf die Transaktionstätigkeit haben<br />
wird. Schließlich sind wir mittlerweile alle<br />
darin geübt. Und auch diesmal werden notarielle<br />
Beurkundungen und Finanzierungen<br />
möglich bleiben – und daher auch Verkäufe.<br />
Ich glaube, dass wir zum Jahresende ein sehr<br />
üppiges Transaktionsvolumen für 2021 sehen<br />
werden. Über das kommende Jahr traue ich<br />
mich aber nicht, eine Prognose abzugeben. Es<br />
ist derzeit ein bisschen so, wie wenn man auf<br />
einer Landstraße im Nebel fährt und nur 50<br />
Meter Sicht hat.<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
23
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
„Reise nach Europa war<br />
immer schon geplant“<br />
Auslandsmärkte. Markus Arnold, CEO und Gründer Arnold Immobilien, spricht im Interview<br />
unter anderem über seine weiteren Expansionspläne, den Trend zu Cross-Border-Deals und<br />
die Renditeaussichten in Südeuropa.<br />
Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />
Sie haben ja im Bereich klassisches<br />
Zins- beziehungsweise Gründerzeithaus<br />
begonnen. Wie steht es um solche Objekte<br />
in Ihren Auslandsmärkten? Gibt es dort<br />
einen Markt für historische Zinshäuser<br />
beziehungsweise genießen diese dort<br />
einen ähnlich hohen Stellenwert wie<br />
hierzulande?<br />
Markus Arnold: Wo es solche Häuser gibt,<br />
und das ist nicht überall der Fall, werden sie<br />
von Investoren gesucht. In Bratislava ist etwa<br />
der Markt mit rund 2.000 Objekten sehr<br />
überschaubar. Diese Häuser stehen großteils<br />
im Stadtzentrum und werden zu Büro- und<br />
Retailzwecken genutzt, und weniger fürs<br />
Wohnen. In Budapest gibt es wiederum einen<br />
Markt für historische Zinshäuser. Dort ist man<br />
allerdings mit der Besonderheit konfrontiert,<br />
dass die darin befindlichen Wohnungen<br />
zu Zeiten des Kommunismus an die Mieter<br />
verschenkt wurden. Man hat also fast überall<br />
Wohnungseigentum, was das Investoreninteresse<br />
natürlich etwas schmälert. Eine ungebrochen<br />
hohe Nachfrage genießen Gründerzeithäuser<br />
in den deutschen Städten – egal ob das<br />
jetzt Leipzig, Dresden, Berlin, Hamburg oder<br />
München ist.<br />
Hat die Krise – ähnlich wie bei uns – die<br />
Nachfrage nach Zinshäusern im Ausland<br />
weiter befeuert und die Preise auf zuvor<br />
unvorstellbare Niveaus getrieben?<br />
Überall, wo schöne alte Gebäude stehen, sind<br />
sie mit viel Emotion versehen, eine begehrte<br />
Anlageform und werden auch um sehr gutes<br />
Geld verkauft. Natürlich hat das Corona weiter<br />
24 <strong>ImmoFokus</strong>
„Überall, wo schöne alte<br />
Gebäude stehen, sind sie mit viel<br />
Emotion versehen, eine begehrte<br />
Anlageform und werden um sehr<br />
gutes Geld verkauft.“<br />
Markus Arnold,<br />
Arnold Immobilien<br />
befeuert. Schließlich ist das Erste, was man<br />
in einer Krise macht, Geld in Steine umzutauschen.<br />
Vor allem, wenn von den Notenbanken<br />
so viel Geld in den Markt gepumpt wird, und<br />
jeder Angst vor Inflation beziehungsweise<br />
einer Geldwertentwertung hat. Grundsätzlich<br />
gilt: Je dichter die Märkte, desto höher und<br />
schneller steigen auch die Preise. Und gerade<br />
dort, wo viel Geld ist, wird auch nicht unbedingt<br />
ökonomisch entschieden. Daher sehen<br />
wir aktuell auch in unseren Auslandsmärkten,<br />
dass Höchstpreise getoppt werden.<br />
Wie ticken Ihre Auslandsmärkte in rechtlicher<br />
Hinsicht?<br />
Grundsätzlich hat jedes Land seine eigene<br />
Rechtslage und sein eigenes Mietrecht. Der<br />
Vorteil für österreichische Investoren ist, dass<br />
es – egal wo man hingeht – nur besser werden<br />
kann. Dasselbe gilt im Übrigen auch, was<br />
die steuerrechtliche Ausgangslage betrifft.<br />
Das Wichtigste ist für uns jedenfalls, dass in<br />
allen unseren Auslandsmärkten eine Grundbuchsicherheit<br />
besteht. Man muss sich also<br />
nirgendwo Sorgen machen, dass man um sein<br />
Eigentum gebracht wird. Auch auf die Mietrechtssituation<br />
in anderen Ländern kann man<br />
sich guten Gewissens einlassen. Grundsätzlich<br />
war es noch nie so einfach, im Ausland zu investieren,<br />
wie heute. Die Dienstleistung rund<br />
herum ist so gut organisiert, dass Investoren<br />
alle Themen abgenommen werden.<br />
Sie haben mittlerweile Büros in Berlin,<br />
Mailand, Madrid, Lissabon, Prag, Bratislava<br />
und Budapest. In Kürze folgen zwei<br />
weitere in Amsterdam und Stockholm.<br />
Haben Sie weitere Expansionspläne in<br />
Europa beziehungsweise sind Niederlassungen<br />
in London oder Paris geplant – oder<br />
gar in Übersee?<br />
Wir haben für alles einen Plan, die Frage ist<br />
nur, ob er in die Tat umgesetzt wird. Unser<br />
Ziel ist jedenfalls, der europäische Makler für<br />
Immobilien-Investments zu sein. Und wenn<br />
man diesen Anspruch hat, muss man sich<br />
natürlich mit diesen Märkten beschäftigen.<br />
Daher sind natürlich auch Frankreich und<br />
Großbritannien ein Thema für uns.<br />
Steht hinter Ihren Expansionsplänen vielleicht<br />
die Idee, Ihren inländischen Kunden<br />
die Möglichkeit zu geben, im Ausland zu<br />
investieren?<br />
Wie gesagt, die Reise nach Europa war immer<br />
schon geplant. Die Frage war nur, in welcher<br />
Reihenfolge die Expansion erfolgen soll.<br />
Wir haben uns dazu entschieden, die ersten<br />
Schritte in ehemaligen K&K-Ländern zu setzen.<br />
Nachdem wir in der Slowakei und Ungarn<br />
genügend Erfahrungen gesammelt haben,<br />
sahen wir uns bereit für den großen deutschen<br />
Markt, der für mich immer schon die größte<br />
Respektgeschichte war. Ein jährliches Transaktionsvolumen<br />
von 70 Milliarden Euro ist auch<br />
nicht irgendetwas. Danach war klar, dass wir<br />
in die südeuropäischen Märkte müssen, da<br />
diese seitens der Investoren großes Interesse<br />
genießen. Und jetzt sind eben Skandinavien<br />
und die Benelux-Länder beziehungsweise<br />
Büros in Stockholm und Amsterdam an der<br />
Reihe.<br />
Aber der Trend zu Cross-Border-Deals ist<br />
nicht von der Hand zu weisen?<br />
Ich komme tatsächlich gerade von einem<br />
Closing-Lunch, wo wir über unsere Büros in<br />
Prag, Wien und Berlin eine deutsche und eine<br />
österreichische Immobilie an einen tschechischen<br />
Investor vermittelt haben. Solche<br />
Deals sind mittlerweile unser Tagesgeschäft.<br />
Und da wollten wir ja auch hin. Realität ist,<br />
dass der Tscheche heute nicht mehr nur in<br />
seinem Heimatmarkt oder im angrenzenden<br />
Österreich zuschlägt, sondern beispielsweise<br />
auch in Spanien. Deutsche Investoren kaufen<br />
mittlerweile auch in Portugal. Wir sind<br />
jedenfalls so aufgestellt, dass wir genau solche<br />
Deals begleiten können.<br />
Wenn man jetzt beispielsweise in Italien,<br />
Spanien oder Portugal investiert, geht es<br />
darum, sich einen Performance-Kick ins<br />
Portfolio zu holen?<br />
Ja, wenn Sie heute etwa in Italien eine Gewerbeimmobilie<br />
kaufen, geht es in erster Linie um<br />
die Rendite.<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
25
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
Mit was für Renditen kann man konkret in<br />
Italien rechnen?<br />
Bei Gewerbeimmobilien im Fachmarktbereich<br />
liegen die Renditen bei sieben bis acht<br />
Prozent. Im Bürobereich kann man – je nach<br />
Lage in den Ballungszentren – sechs bis<br />
sieben Prozent Rendite erwarten. Deutlich<br />
weniger ist mit 4,5 Prozent bei Wohnimmobilien<br />
drinnen, was dennoch um einiges über<br />
dem Niveau in Österreich oder Deutschland<br />
liegt. Fairerweise muss man sagen, dass dem<br />
österreichischen und deutschen Markt eine<br />
andere Stabilität zugesprochen wird, was sich<br />
klarerweise auch in den Renditen spiegelt.<br />
Wie schaut die Situation in Spanien und<br />
Portugal aus?<br />
Wenn Sie heute auf der Iberischen Halbinsel<br />
in einer Millionenstadt wie Madrid, Barcelona<br />
oder Lissabon ein neues fertiges Bürohaus<br />
kaufen, können Sie mit sechs bis 6,5 Prozent<br />
rechnen. Im Wohnbereich sind Renditen um<br />
die drei Prozent üblich. Und bei Fachmarktzentren<br />
ab 7 Prozent.<br />
Sie haben jedenfalls in rasantem Tempo<br />
Knowhow aufgebaut. Können Sie heute<br />
alle Assetklassen abdecken? Beispielsweise<br />
auch Pflegeimmobilien?<br />
Ja. Tatsächlich haben wir gerade ein Pflegeportfolio<br />
im Programm, das wir in der<br />
Slowakei vermitteln. Zweifellos sind Pflegebeziehungsweise<br />
Seniorenimmobilien ein<br />
großes Thema – nicht zuletzt mit Hinblick<br />
auf die demographische Entwicklung. Fakt<br />
ist, dass die Menschen heute eine längere<br />
Lebenserwartung haben, weshalb auch der<br />
Pflegebedarf gestiegen ist. Dieser wird, wie<br />
Prognosen aufzeigen, in den kommenden<br />
Jahren weiter steigen.<br />
„Grundsätzlich<br />
war es noch nie so<br />
einfach, im Ausland<br />
zu investieren, wie<br />
heute.“<br />
Markus Arnold,<br />
Arnold Immobilien<br />
Was ist Ihrer Meinung nach der beste Weg,<br />
um ein <strong>Zinshaus</strong> zu verkaufen?<br />
Wir sind der Meinung, dass der Investor, der<br />
den richtigen Preis zahlt, ein Objekt auch<br />
bekommen sollte. Den Bestpreis für den Verkäufer<br />
zu erzielen, ist auch die Dienstleistung,<br />
die wir unseren Kunden anbieten. Das kann<br />
man bei einer Versteigerung beziehungsweise<br />
einem Bieterverfahren nicht liefern. Dort<br />
treten überwiegend professionelle Händler in<br />
Erscheinung. Welcher Private kann auch in<br />
kürzester Zeit eine umfassende Due Diligence<br />
durchführen? Das ist genau das, was Privatanleger<br />
nicht möchten. Diese möchten das<br />
betreffende Haus in Ruhe beziehungsweise<br />
ohne Druck prüfen und dann eine Entscheidung<br />
treffen.<br />
Überwiegt bei den Käufern derzeit der<br />
Sicherheits- oder der Renditegedanke?<br />
Der Renditegedanke ist es nicht, tatsächlich<br />
steht als Kaufmotiv die Sicherheit im Vordergrund.<br />
Dabei wird an die nächsten Generationen<br />
gedacht. Und da ist es nicht wichtig, ob<br />
man drei, zwei oder ein Prozent Rendite lukrieren<br />
kann. Man darf nicht vergessen, dass die<br />
Käufer bereits Geld haben und eine Immobilie<br />
nicht erwerben, um davon zu leben.<br />
Wird derzeit eher bar bezahlt (beziehungsweise<br />
mit Eigenkapital gearbeitet) oder mit<br />
Fremdkapital?<br />
Vor fünf Jahren war die Zahl der Investoren,<br />
die cash bezahlt haben, wesentlich größer<br />
als heute. Nachdem Finanzierungen seitdem<br />
viel billiger geworden sind, kaufen natürlich<br />
verhältnismäßig mehr mit Fremdkapital.<br />
Eines Ihrer „Lieblingsthemen“ ist das<br />
Mietrechtsgesetz (MRG) . Wie zuversichtlich<br />
sind Sie, dass sich hier in absehbarer<br />
Zeit etwas ändert?<br />
Ich glaube, dass es über kurz oder lang nicht<br />
mehr argumentierbar sein wird, wieso man<br />
in der einen Wohnung zehn und in der anderen<br />
zwei Euro Miete pro Quadratmeter zahlt<br />
– und das selbst in Top-Lagen wie der Wiener<br />
Innenstadt. Aus einem sozialen Grundgedanken<br />
heraus ist das nicht nachvollziehbar.<br />
Man soll zwar nicht in bestehende Rechte<br />
eingreifen, muss das aber irgendwann<br />
auslaufen lassen.<br />
26 <strong>ImmoFokus</strong>
Macht es angesichts der hiesigen Rechtslage<br />
Sinn, gemeinsam Anteile an einem<br />
<strong>Zinshaus</strong> zu kaufen?<br />
Das kommt immer öfter vor. Und kann auch<br />
Sinn machen – vorausgesetzt, die Anleger<br />
haben vorab einen genauen Plan definiert,<br />
was man mit dem Haus vorhat, und welche<br />
künftigen Schritte gesetzt werden sollen, um<br />
diesen in weiterer Folge ohne Diskussion umsetzen<br />
zu können. In solchen Fällen kann der<br />
gemeinsame Kauf helfen, das Risiko für alle<br />
Beteiligten zu reduzieren. Kauft man jedoch<br />
zuerst das Objekt und überlegt sich dann erst,<br />
was man damit tut, so rate ich davon ab. Da<br />
gibt es zu viele Entscheidungen, die getroffen<br />
werden müssen, und dementsprechend<br />
reichlich Konfliktpotenzial.<br />
Kürzlich hat ein deutscher Institutioneller<br />
erstmals ein größeres Wiener <strong>Zinshaus</strong>-<br />
Portfolio erworben, was viele überrascht<br />
hat. Kann man in Zukunft mit dem<br />
verstärkten Auftreten internationaler<br />
Investoren am <strong>Zinshaus</strong>markt rechnen?<br />
Das würden wir natürlich sehr begrüßen.<br />
Fraglich ist aber, ob die Renditeanforderungen<br />
solcher Anleger mit den Gegebenheiten<br />
am Wiener Markt in Einklang zu bringen<br />
sind.<br />
Wie schaut es grundsätzlich mit den<br />
Aktivitäten internationaler Anleger am<br />
Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt aus?<br />
Für Chinesen, die vor einigen Jahren<br />
begonnen haben, sich auch für das Wiener<br />
<strong>Zinshaus</strong> zu interessieren, ist es schwieriger<br />
geworden, Geld aus dem Land zu bringen.<br />
Daher treten sie auch deutlich seltener in<br />
Erscheinung. Stattdessen haben die<br />
Aktivitäten von Investoren aus Russland<br />
beziehungsweise dem GUS-Raum, die in<br />
einem sicheren Umfeld ihr Geld parken<br />
wollen, zugenommen. Und ich denke, dass<br />
gerade Österreich – sowie Mitteleuropa<br />
generell – ein sicherer Hafen ist. Was soll<br />
denn schon passieren? Die Chance, dass<br />
wir eine kriegerische Auseinandersetzung<br />
erleben werden, ist wohl sehr gering. Und an<br />
eine Währungsentwertung glaubt ohnehin<br />
fast niemand. Und sollte diese dennoch<br />
kommen, ist man mit einer Immobilie ja<br />
ohnehin abgesichert.<br />
Markus Arnold<br />
Markus Arnold ist CEO und Gründer von<br />
Arnold Immobilien . Seit der Gründung<br />
2009 hat sich das Unternehmen vom<br />
spezialisierten Wiener <strong>Zinshaus</strong>makler zu<br />
einem europaweit tätigen Investmentmakler,<br />
der in allen Assetklassen aktiv<br />
ist, entwickelt. Die Gewerbeabteilung<br />
wurde 2017 gegründet. Nachdem man<br />
bereits über Büros in Wien, Berlin, Madrid,<br />
Mailand, Lissabon, Prag, Bratislava und<br />
Budapest verfügt, werden in Kürze zwei<br />
weitere in Amsterdam und Stockholm<br />
folgen.<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
27
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
„Unsere Auditoren<br />
prüfen mit hohem Druck<br />
gemäß EU-Taxonomie“<br />
<strong>Zinshaus</strong> und ESG. Peter Engert, Geschäftsführer Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige<br />
Immobilienwirtschaft (ÖGNI), erklärt im Interview, wieso sich <strong>Zinshaus</strong>eigentümer, die beispielsweise ein<br />
Sanierungsprojekt fremdfinanzieren, mit der EU-Taxonomie auseinandersetzen müssen.<br />
Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />
Muss man sich als Eigentümer eines<br />
klassischen Wiener <strong>Zinshaus</strong>es Gedanken<br />
über die EU-Taxonomie machen?<br />
Peter Engert: Definitiv muss man sich damit<br />
beschäftigen. Schließlich muss jede Immobilie<br />
beziehungsweise jede Sanierung, die fremdfinanziert<br />
wird, Taxonomie-konform sein. Das<br />
setzen die Banken voraus, da sie das betreffende<br />
Gebäude beziehungsweise Sanierungsprojekt<br />
ansonsten mit einem höheren Risiko<br />
bewerten müssen. Und wie stellt man am<br />
besten sicher, ob etwas Taxonomie-konform<br />
ist? Mit einem Gutachten. Und jedes unserer<br />
Zertifikate ist letztlich ein zivilrechtliches<br />
Gutachten. Wichtig ist allerdings, dass das<br />
Zertifikat die neueste Taxonomie enthält.<br />
Beispielsweise ist ein ÖGNI Gold-Zertifikat von<br />
2019 nicht automatisch Taxonomie-fähig.<br />
Gibt es dafür genügend Prüfer?<br />
Wir haben rund 50 Auditoren ausgebildet, die<br />
den Titel „EU Taxonomy Advisor approved by<br />
ÖGNI“ tragen. Sie prüfen bereits mit hohem<br />
Druck einzelne Immobilien und Portfolios<br />
gemäß der EU-Taxonomie. Und zwar als erste<br />
in Österreich.<br />
Was genau wird geprüft?<br />
Bis zum Jahresende wird ein Fokus auf zwei<br />
Kriterien beziehungsweise Umweltziele<br />
gesetzt: Klimaschutz und Anpassung an den<br />
Klimawandel. Ab dem ersten Jänner 2022<br />
kommen vier weitere dazu: nachhaltige<br />
Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen,<br />
Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,<br />
Vermeidung und Verminderung<br />
der Umweltverschmutzung sowie Schutz<br />
und Wiederherstellung der biologischen<br />
Vielfalt und der Ökosysteme. Dabei handelt<br />
es sich streng genommen um eine technische<br />
Beurteilung.<br />
Wie schaut das konkret bei Zinshäusern<br />
aus?<br />
Das ÖGNI „Gebäude in Betrieb“-Zertifikat<br />
(für einen nachhaltigen Gebäudebetrieb) soll<br />
Bestandshalter bei Sanierungen unterstützen<br />
– etwa indem aufgezeigt wird, wie Investitionen<br />
aufeinander aufbauen sollten, welche<br />
konkreten Kosten anfallen und welche Belastungen<br />
für die Mieter zu erwarten sind. Für die<br />
Bank ist das eine Grundlage für eine Finanzierung.<br />
Für die Bestandshalter ist es letztlich<br />
auch eine Entscheidungsgrundlage, ob nicht<br />
ein Verkauf (mit hohem Discount) oder ein<br />
Abriss, was ja nicht gerade klimafreundlich ist,<br />
sinnvoller wäre.<br />
Aber ein System, das explizit das klassische<br />
Gründerzeithaus adressiert, gibt es<br />
nicht?<br />
Wir sind gerade dabei, mit PwC ein Modell<br />
zu entwickeln, wie Zinshäuser in der Praxis<br />
Taxonomie-konform werden könnten. Es ist<br />
aber noch zu früh, um Details zu verraten.<br />
Wir sind gerade dabei, das Modell zu skizzieren,<br />
und suchen auch geeignete Objekte, um<br />
das beispielhaft aufzuzeigen. Dabei soll es<br />
sich jedoch nicht um Zinshäuser in Wiener<br />
Toplagen handeln, die bereits revitalisiert<br />
wurden, sondern um solche in anderen<br />
Bezirken, und vor allem ohne Dachbodenausbau.<br />
Wie ESG-fit beziehungsweise Taxonomiekonform<br />
sind Gründerzeithäuser grundsätzlich?<br />
Sie stehen vor allem im Vergleich zu<br />
Nachkriegsbauten gar nicht so schlecht da.<br />
Foto: ÖGNI<br />
28 <strong>ImmoFokus</strong>
Peter Engert<br />
Peter Engert ist seit 2016 Geschäftsführer der Österreichischen<br />
Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI). Die<br />
NGO vergibt Zertifikate beziehungsweise Vor-Zertifikate nach<br />
dem System des Kooperationspartners, der Deutschen Gesellschaft<br />
für Nachhaltiges Bauen (DGNB), und stellt Bewertungssysteme<br />
für verschiedene Gebäudetypen zur Verfügung.<br />
Einerseits weisen sie eine höhere Effizienz<br />
und bessere Bausubstanz auf. Viele Sanierungsmaßnahmen,<br />
wie etwa die Dämmung<br />
der Mauern, sind daher nicht notwendig.<br />
Andererseits ist bei Gründerzeithäusern<br />
auch das Thema Flexibilität – im Sinne einer<br />
Drittverwertung – besser verankert. Meist<br />
besteht allerdings beim Thema Energieversorgung<br />
beziehungsweise -verbrauch<br />
Handlungsbedarf. Auf fossile Energieträger<br />
muss verzichtet werden. Dem Umweltziel<br />
Anpassung an den Klimawandel kann<br />
wiederum mit Begrünungsmaßnahmen,<br />
um für Kühle bei sommerlicher Hitze zu<br />
sorgen, entsprochen werden. Grundsätzlich<br />
muss man sich aber jedes Gebäude einzeln<br />
anschauen.<br />
Ist zu befürchten, dass der <strong>Zinshaus</strong>bestand<br />
aufgrund des Themas Taxonomie<br />
zurückgehen beziehungsweise die Zahl der<br />
Abrisse zunehmen könnte?<br />
Das hoffe ich nicht, auch wenn man davon<br />
ausgehen muss, dass viele Gebäude die Taxonomie<br />
nicht erreichen werden. Grundsätzlich<br />
darf jeder <strong>Zinshaus</strong>besitzer selbst entscheiden,<br />
was mit seinem Eigentum passiert. Und jeder<br />
Eigentümer, der zu hundert Prozent mit Eigenkapital<br />
finanziert, muss sich über die Taxonomie<br />
keine Sorgen machen. Wer hingegen<br />
fremdfinanziert, muss bei nicht gegebener<br />
Konformität höhere Finanzierungskosten<br />
zahlen. Ich persönlich sehe das <strong>Zinshaus</strong> als<br />
Möglichkeit, der Bodenversiegelung entgegenzutreten.<br />
Dass ein Gebäude sehr lange<br />
genutzt wird, ist zu begrüßen. Dagegen stehen<br />
Objekte mit kurzer Lebensdauer, die nicht<br />
mehr genutzt und abgerissen werden. Ein<br />
prominentes Beispiel ist hier die ehemalige<br />
WU Wien im neunten Bezirk.<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
29
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
Gentrifizierung<br />
wird überschätzt<br />
Auswirkungen sind überschaubar. Der private Wohnungsmarkt in Wien<br />
erlebte in den vergangenen 15 Jahren einen tiefen Wandel. Die vielzitierte<br />
Gentrifizierung kann diesen allerdings zumindest bei den weit verbreiteten<br />
Zinshäusern kaum erklären. Das fanden Forscher vom Institut für Stadt- und<br />
Regionalforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften<br />
(ÖAW) in einer neuen Studie heraus, die in Zusammenarbeit mit Praktikern<br />
des Architekturbüros HuB Architekten entstand.<br />
Z<br />
inshäuser aus der Gründerzeit, die<br />
zwischen 1848 und 1918 gebaut<br />
wurden, spielen auf dem Wohnungsmarkt<br />
in Wien eine wichtige Rolle.<br />
Nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern<br />
auch wegen ihrer Zugänglichkeit: „Die Mieten<br />
sind hier gesetzlich gedeckelt, weshalb die<br />
meisten Neuankömmlinge in Wien, Zuwanderer<br />
aus dem In- und Ausland, erstmal dort Wohnungen<br />
mieten. Sie sind billig und im Gegensatz<br />
zu Genossenschafts- oder Gemeindewohnungen<br />
für jeden gleich zugänglich“, erklärt Robert<br />
Musil vom Institut für Stadt und Regionalforschung<br />
der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.<br />
Gemeinsam mit einem Team aus<br />
Forschern und Architekten nahm er die Entwicklung<br />
dieser Gründerzeithäuser in Wien<br />
genauer unter die Lupe. Die Ergebnisse der<br />
Studie wurden nun im Verlag der ÖAW unter<br />
dem Namen „Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt: Die Transformation<br />
des Gründerzeitlichen Baubestandes“<br />
veröffentlicht.<br />
„Wir haben erstmals für die ganze Stadt adressgenau<br />
erhoben, wie sich dieser Teil des<br />
privaten Mietwohnungsmarktes entwickelt<br />
hat“, erläutert Musil. Bemerkenswert war für<br />
die Forscher zunächst, dass zwischen 2007<br />
und 2019 der <strong>Zinshaus</strong>-Bestand in Wien um<br />
2.117 Zinshäuser abgenommen hat, was einem<br />
Rückgang von etwa zwölf Prozent entspricht.<br />
80 Prozent davon wurden in Eigentumswohnungen<br />
überführt, der Rest wurde abgerissen,<br />
um Platz für Neubauten zu schaffen. „Treiber<br />
dieser Entwicklung sind die stark gestiegenen<br />
Preise für Eigentumswohnungen, die Abrisse<br />
und Parifizierungen sehr lukrativ gemacht<br />
haben. Zinshäuser sind unter diesen Voraussetzungen<br />
regelrechte Gelddruckmaschinen“,<br />
so der ÖAW-Forscher.<br />
Quantifizierung des<br />
Phänomens Gentrifizierung<br />
In einem zweiten Schritt ihrer Untersuchung<br />
analysierten die Wissenschaftler die Biografien<br />
der Zinshäuser in ausgewählten Quartieren,<br />
um Aussagen über die Art und Dynamik<br />
der Transformation treffen zu können. Dabei<br />
gingen sie auch der Frage nach, welche Rolle<br />
die Gentrifizierung, also vereinfacht gesagt die<br />
Verdrängung einkommensschwächerer durch<br />
wohlhabendere Haushalte, gespielt hat.<br />
„Die Transformation der Zinshäuser spiegelt<br />
sich auch in einer Veränderung der Sozialstruktur<br />
im jeweiligen Grätzel wider: Der Anteil<br />
der Akademiker ist zum Beispiel deutlich<br />
Foto: stadtwien<br />
30 <strong>ImmoFokus</strong>
angestiegen“, erklärt Musil. „Unsere Daten zeigen<br />
aber auch, dass das Haushaltseinkommen<br />
kein entscheidender Faktor beim Wandel der<br />
Bewohnerstruktur von Zinshäusern ist”, so der<br />
Stadt- und Regionalforscher weiter. Stattdessen<br />
zeige sich, dass bestimmte Zuwanderungsgruppen<br />
– insbesondere jene mit türkischem<br />
oder ex-jugoslawischem Migrationshintergrund<br />
– inzwischen in andere Segmente des<br />
Wohnungsmarktes, wie in Eigentums- oder<br />
Gemeindewohnungen, abgewandert sind.<br />
Wien war nie Chicago<br />
Während bisherige Untersuchungen zum<br />
Thema Gentrifizierung hauptsächlich auf qualitativen<br />
Befragungen in einzelnen Grätzeln<br />
Wiens beruht haben, erlaubt die neue Arbeit eine<br />
quantitative Beurteilung der Gesamtsituation.<br />
„Es zeigt sich, dass wir oft über falsche Themen<br />
und Begriffe reden. Gentrifizierung funktioniert<br />
als Erklärungsmodell in Chicago oder London<br />
gut. In Wien mit seinem sozialen Wohnbau<br />
müssen wir aber vielleicht andere Erklärungsansätze<br />
finden”, sagt Musil. Unterschiedliche Regulierungen,<br />
politische Machtverhältnisse und<br />
historisch gewachsene Strukturen im Wohnbau<br />
machen es allerdings schwierig, städtische Wohnungsmärkte<br />
direkt zu vergleichen.<br />
„Auch wenn aufgrund der starken räumlichen<br />
Konzentration der Verdrängungsdruck in bestimmten<br />
Quartieren der Gründerzeit in Wien<br />
beträchtlich ist, ist das Ausmaß der Gentrifizierung<br />
in der Gesamtstadt durch den hohen Anteil<br />
an kommunalem und gefördertem Wohnbau<br />
doch überschaubar“, fasst Florian Brand,<br />
Co-Autor der aktuellen Studie, zusammen. „Es<br />
scheint hierzulande eine gewisse Diskrepanz<br />
zwischen der Debatte über Gentrifizierung und<br />
dem tatsächlichen Phänomen zu existieren.“<br />
Heterogene Akteure, kleine<br />
regionale Kapitalgeber<br />
Getrieben wird der Wandel im <strong>Zinshaus</strong>segment<br />
übrigens von sehr unterschiedlichen<br />
Akteuren, wie die Forscher herausfanden:<br />
Von kleinen Handwerks-Unternehmen bis zu<br />
großen Aktiengesellschaften ist alles dabei.<br />
Überraschend war für das Forscherteam die<br />
Finanzierungsseite der Transformation am<br />
Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt. „Es zeigt sich, dass<br />
hier häufig nicht internationale Banken die<br />
Geldgeber sind, sondern kleine, regionale<br />
Kreditinstitute, von Gmünd bis Bludenz, die<br />
bei der Kreditvergabe flexibler sind. Das werden<br />
wir uns in einer weiteren Studie genauer<br />
ansehen“, so Robert Musil.<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
31
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
Akteure und Strategien der Transformation<br />
A<br />
uf Grundlage der Recherche<br />
im Grundbuch, im Firmenbuch<br />
sowie anhand von Experteninterviews<br />
wurde eine Typologie<br />
entwickelt, um der Heterogenität der Akteure<br />
der <strong>Zinshaus</strong>transformation gerecht zu werden.<br />
Neben der Unternehmensgröße und der Rechtsform<br />
wurde vor allem die Position in der Wertschöpfungskette<br />
(WSK: Projektentwicklung-<br />
Finanzierung-Bau-Vermarktung-Verwaltung)<br />
berücksichtigt. Folgende fünf Akteurstypen<br />
konnten dabei identifiziert werden:<br />
• Typ 1: Mikro-Akteur: Es handelt sich um<br />
Ein-Personen-Unternehmen, oft Handwerker,<br />
sowie um Personen, die durch den familiären<br />
oder beruflichen Kontext Wissen über den<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt erworben haben und auch<br />
Wiener Zinshäuser<br />
Abrisse und Parifizierungen 2007–2019<br />
2007<br />
2008<br />
2009<br />
2010<br />
2011<br />
2012<br />
2013<br />
2014<br />
2015<br />
2016<br />
2017<br />
2018<br />
2019<br />
Abrisse<br />
17<br />
20<br />
27<br />
29<br />
Parifizierungen<br />
40<br />
37<br />
41<br />
48<br />
52<br />
58<br />
83<br />
110<br />
109<br />
116<br />
84<br />
128<br />
125<br />
selbst nutzen. Die Firmen bestehen oft nur wenige<br />
Jahre, häufig existiert keine Webseite. Der<br />
Fokus bei der <strong>Zinshaus</strong>-Transformation liegt<br />
in der Projektentwicklung und im Bau, andere<br />
Stufen der WSK werden über persönliche Netzwerke<br />
abgedeckt.<br />
• Typ 2: Verwalter: Bei diesem Akteur steht<br />
die langfristige Verwaltung des eigenen Vermögens<br />
im Mittelpunkt; der Fokus liegt auf der<br />
Verwaltung und der bautechnischen Entwicklung,<br />
die meisten Bereiche der WSK werden<br />
extern abgedeckt. Verkäufe finden kaum statt.<br />
• Typ 3: Trader: Dieser sehr aktive Akteurstyp<br />
konzentriert sich vor allem auf den Handel<br />
von Zinshäusern; die Haltedauer ist entsprechend<br />
kurz. Die Unternehmensgröße variiert<br />
141<br />
0 100 200 300<br />
134<br />
136<br />
164<br />
167<br />
228<br />
Quelle: ÖAW<br />
beträchtlich. Das Wissen über die gesamte<br />
Wertschöpfungskette ist eher oberflächlich,<br />
der Fokus liegt im Bereich Projektentwicklung<br />
und Vermarktung.<br />
• Typ 4: Builder: Diese Gruppe setzt sich<br />
aus Planungs- und Architekturbüros zusammen,<br />
die auf die bauliche Transformation des<br />
gründerzeitlichen Baubestandes, oft auf den<br />
Ausbau von Dachgeschossen, spezialisiert<br />
sind. Diese Unternehmen entwickeln entweder<br />
als Bauträger selbst <strong>Zinshaus</strong>projekte oder<br />
arbeiten als Generalplaner für andere Projektentwickler.<br />
• Typ 5: Big Player: Diese zahlenmäßig kleine,<br />
aber sehr bedeutende Gruppe unterscheidet<br />
sich vor allem durch ihre Größe von anderen<br />
Akteuren am <strong>Zinshaus</strong>markt. Es handelt sich<br />
häufig um Aktiengesellschaften, die nur in einem<br />
geringen Ausmaß auf den <strong>Zinshaus</strong>markt<br />
spezialisiert sind. Ein großer Teil der Wertschöpfungskette<br />
wird unternehmensintern<br />
oder über Tochterfirmen abgedeckt.<br />
Strategie<br />
Bei den Akteuren konnten vier unterschiedliche<br />
Verwertungsstrategien beobachtet<br />
werden: Erstens der reine Handel, bei dem<br />
das <strong>Zinshaus</strong> mit Gewinn möglichst rasch<br />
weiterverkauft wird. Eine Strategie der Wertsteigerung<br />
ist die „Entmietung“, die eine<br />
Verdrängung der Altmieter impliziert. Diese<br />
Strategie wird von vielen Akteuren besonders<br />
kritisch gesehen, weil dadurch die Preise in<br />
die Höhe getrieben werden, und in der Folge<br />
eine umfassende Sanierung nicht mehr finanzierbar<br />
ist. Zweitens die „Parifizierung“, bei<br />
der es nur zu oberflächlichen Sanierungen<br />
kommt (vor allem der Fassade) und die Eigentumswohnungen<br />
abverkauft werden. Die<br />
„Transformation“ ist die dritte, umfassendste<br />
Verwertungsstrategie, bei der es im Zuge der<br />
Sanierung auch zu einem Lifteinbau und<br />
Dachgeschossausbau kommt. Vierte Strategie<br />
ist die „Verwaltung“, bei der vorab bauliche<br />
Erhaltungsmaßnahmen gesetzt werden.<br />
Zinshäuser werden gelegentlich parifiziert,<br />
aber nicht abverkauft. Die langfristige Sicherung<br />
und Werterhaltung steht hier im<br />
Mittelpunkt.<br />
32 <strong>ImmoFokus</strong>
Zum Autor<br />
Herwig M. Peham MRICS ist Bereichsleiter bei EHL<br />
Investment Consulting und in dieser Funktion für Investment-Transaktionen<br />
mit nationalen und internationalen<br />
Investoren verantwortlich.<br />
Zinshäuser – wo liegen die zukünftigen Potenziale?<br />
Kommentar: Herwig M. Peham<br />
Das <strong>Zinshaus</strong> erlebt gerade in turbulenten und unsicheren Zeiten,<br />
wie wir sie in den letzten zwei Jahren erleben mussten, eine besondere<br />
Renaissance. Es zeigt sich, dass diese historischen Gebäude in meist<br />
sehr attraktiven innerstädtischen Lagen ihre Wertbeständigkeit eindrucksvoll<br />
unter Beweis stellen. Die Kunst, Werte durch die Hebung<br />
von Potenzialen zu steigern, liegt sicher auch vor allem darin, diese<br />
historisch wertvollen Häuser zukunftsfit zu machen. Dies gelingt<br />
unter dem langfristigen Anlagegedanken vor allem durch die Herstellung<br />
von Barrierefreiheit, Einbau von Liftanlagen sowie – noch<br />
wichtiger – ergänzend zu Dachausbauten die Schaffung zusätzlicher<br />
Freiflächen wie Balkonen, Terrassen und sogar Gartenrefugien in den<br />
Hofbereichen.<br />
Die Realisierung des nach wie vor in vielen Zinshäusern schlummernden<br />
Potenzials ergibt sich aus einer Kombination von baulicher „Modernisierung“<br />
mit der wirtschaftlichen Optimierung zukünftiger Mietverträge.<br />
Wichtig ist dabei das Gelingen, dass die oft hohen Investitionen auch im<br />
Mietertrag Niederschlag finden. Das Richtwertsystem verhindert leider,<br />
dass die Mieten an die faktischen Marktmieten herangeführt werden<br />
können. Deshalb ist es umso wichtiger, bei der Auswahl interessanter<br />
<strong>Zinshaus</strong>investments alle relevanten Parameter mit professioneller<br />
Beratung, wie sie EHL seit mehr als 30 Jahren bietet, bestmöglich herauszufiltern.<br />
Stadtteilen berücksichtigt werden, welche noch keine so rasanten Preiserhöhungen<br />
mitgemacht haben, oder aber auch derzeit exponiertere<br />
Verkehrslagen vorweisen.<br />
Attraktive Microlagen<br />
Attraktiv sind in Wien neben den bereits sehr gut etablierten Standorten<br />
innerhalb des Gürtels (hier kann der fünfte Bezirk Margarethen unter<br />
anderem durch den Bau der neuen U2-Strecke als Paradebeispiel einer<br />
Aufholjagd herausgehoben werden) auch aufstrebende Mikrolagen in<br />
Randbezirken (zum Beispiel rund um den Meiselmarkt im 15. oder im direkten<br />
und indirekten Einflussbereich des neuen Hauptbahnhofs Wien<br />
im 10. Bezirk).<br />
Generell dürfte das wohl auf längere Sicht noch geringe Zinsniveau<br />
bei Krediten beziehungsweise Negativzinsen auf Bankguthaben den<br />
Veranlagungsdruck im Immobilienbereich weiter beflügeln und somit<br />
steigende Preise im <strong>Zinshaus</strong>segment verursachen.<br />
Fotos: Adobe Stock, EHL<br />
Profite beim Einzelverkauf<br />
Als Alternative bieten mehr denn je Parifizierung und Einzelabverkauf<br />
bestandsfreier Wohneinheiten die Möglichkeit für Projektentwickler,<br />
die kontinuierlich steigenden Immobilienpreise am <strong>Zinshaus</strong>markt<br />
nach relativ hohen Investitionskosten viel rascher realisieren zu können<br />
als in einer langfristig orientierten Mietvariante.<br />
Der Slogan „Lage, Lage, Lage“ hat selbstverständlich nach wie vor<br />
seine Gültigkeit. Doch dabei sollte auch die mögliche Entwicklung von<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
33
Advertorial<br />
Mit Lebensräumen<br />
Geschichte<br />
weiterschreiben<br />
<strong>Zinshaus</strong>experte. Seit über 20 Jahren gestaltet Christian Winkler, Geschäftsführer und Gründer der WINEGG<br />
Realitäten GmbH, den Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt. In diesem Interview spricht er über die Zukunft des <strong>Zinshaus</strong>es,<br />
über Wertwachstum und darüber, wie man in einer dynamischen Branche besteht.<br />
Das Wiener <strong>Zinshaus</strong> gilt seit Jahren als<br />
„Dauerbrenner“ unter Investoren. Wird<br />
es diese Ausnahmestellung auch noch in<br />
50 Jahren (oder mehr) genießen? Wenn ja,<br />
was spricht dafür?<br />
Christian Winkler: Auf jeden Fall wird das<br />
<strong>Zinshaus</strong> auch in 50 Jahren noch begehrt<br />
sein. Und das aus verschiedenen Gründen: Es<br />
hat eine individuelle Geschichte, überzeugt<br />
naturgemäß mit einer guten Lage und weist<br />
eine beeindruckende Großzügigkeit auf. Wie<br />
sich auch seit dem Ausbruch der Pandemie<br />
bestätigt hat, ist das <strong>Zinshaus</strong> ein besonders<br />
krisensicheres und nachhaltiges Investment<br />
und nicht zuletzt ein limitiertes, und daher sehr<br />
nachgefragtes, Gut. Diese einzigartigen Qualitäten<br />
haben ein enormes Potenzial. Aus alldem<br />
kann man den Schluss ziehen, dass Zinshäuser<br />
auch in Zukunft diese Kriterien erfüllen<br />
werden, die in einer Stadt eine Rolle spielen.<br />
Zinshäuser werden immer das Stadtbild prägen<br />
und hochwertige Lebensräume bieten.<br />
Muss man sich Sorgen um den Bestand an<br />
Wiener Zinshäusern machen? Schließlich<br />
wird die Zahl der Objekte – etwa aus „Altersgründen“<br />
oder wegen der Parifizierung<br />
– immer geringer?<br />
Wir setzen uns seit jeher dafür ein, Bestand<br />
um jeden Preis zu erhalten, die Geschichte<br />
zu beleben und Altbauten auf den neuesten<br />
Stand der Technik zu bringen. Dafür analysieren<br />
wir Bestandsobjekte ganz genau und<br />
wägen alle Aspekte ab, um schlussendlich<br />
gesamtheitlich zu sanieren – damit Lebensräume<br />
für die nächsten Generationen entstehen<br />
können. Ist das Objekt nicht geeignet, weil<br />
es die nötigen Grundvoraussetzungen nicht<br />
mitbringt, kann es sein, dass es wirtschaftlich<br />
nicht umsetzbar ist.<br />
Zum Stichwort Parifizierung: Durch eine sich<br />
wandelnde Eigentümerstruktur ist der Begriff<br />
<strong>Zinshaus</strong> natürlich nicht mehr wortwörtlich<br />
zu nehmen. Der Lebensraum ist so begehrt,<br />
dass es ein Wunsch vieler Menschen ist, einen<br />
Teil eines <strong>Zinshaus</strong>es zu besitzen – einzelne<br />
Wohnungen werden abverkauft. Das <strong>Zinshaus</strong><br />
an sich bleibt aber bestehen, und das zählt.<br />
Wie man hört, stellen immer mehr<br />
Investoren, vor allem Family-Offices,<br />
ihre Portfolios auf ESG um. Kann da das<br />
Wiener <strong>Zinshaus</strong> – abgesehen von der<br />
Tatsache, dass es, was die Weiterverwertungsmöglichkeit<br />
betrifft, an Nachhaltigkeit<br />
kaum zu übertreffen ist – „mithalten“?<br />
Oder stehen wir in diesem Zusammenhang<br />
vor gewaltigem Investitionsbedarf ?<br />
ESG-Kriterien zu erfüllen ist nicht nur für die<br />
Investoren, sondern auch für die Projektentwickler<br />
wichtig. Wir nehmen unsere sozial-<br />
ökonomische Verantwortung ernst und achten<br />
neben einer ressourcenschonenden Bauweise<br />
auf sämtliche umwelt- und klimaspezifische<br />
Aspekte. Mit geeigneten Zertifizierungen<br />
machen wir dies auch transparent belegbar.<br />
In einem aktuellen Projekt in der Kettenbrückengasse<br />
22 etwa ist Nachhaltigkeit von der<br />
Projektentwicklung bis zur Bauphase fest<br />
verankert. Das Projekt wurde kürzlich von der<br />
DGNB in Gold vorzertifiziert und erreichte in<br />
den Kriterien ökologische und ökonomische<br />
Qualität sowie Prozessqualität einen besonders<br />
hohen Erfüllungsgrad. Der Trend hin<br />
zu Investments nach ESG-Kriterien bestätigt<br />
unsere Vorgehensweise als zukunftsbewusster<br />
Bauträger. Damit setzen wir wichtige Impulse.<br />
Wie haben Sie den Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt<br />
seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie<br />
erlebt?<br />
Die Pandemie hat erneut gezeigt, dass Immobilien<br />
äußerst krisenresistent sind. Daher<br />
wurde auch vermehrt investiert und die Preise<br />
sind angestiegen. Mittlerweile hat sich der<br />
Markt wieder entsprechend entwickelt.<br />
Was die Bedürfnisse an Wohnimmobilien<br />
angeht, hat Corona einiges in Bewegung<br />
gesetzt: Lebensräume müssen flexibler<br />
sein, Freiflächen und zusätzlicher Platz für<br />
Home Office etc. sind gefragter. Auf diese<br />
Fotos: Stefan Gergely, JamJam<br />
34 <strong>ImmoFokus</strong>
Christian Winkler<br />
Qualitäten gehen wir jedoch nicht erst seit der<br />
Pandemie ein – zumal es ohnehin unsere Aufgabe<br />
ist, frühzeitig Trends zu erkennen und sie<br />
zeitgerecht umzusetzen. Grundsätzlich sind<br />
die Kundinnen und Kunden anspruchsvoller<br />
geworden, und das ist auch gut so.<br />
Christian Winkler, Gründer und Geschäftsführer der WINEGG Realitäten<br />
GmbH, ist seit über 20 Jahren am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt aktiv. Neben<br />
dem Ankauf und der Revitalisierung von Zinshäusern bzw. Altbauten<br />
sowie der Immobilienvermittlung und -vermarktung engagiert sich sein<br />
Unternehmen seit 2005 auch im Segment Neubauten.<br />
Würden Sie das Wiener <strong>Zinshaus</strong> – neben<br />
Logistik und „klassischem“ Wohnen –<br />
auch als Krisengewinner bezeichnen?<br />
Definitiv. Die Nachfrage stieg, es hat sich weiterhin<br />
als sicheres Investment etabliert. Und,<br />
wie gesagt, die Ansprüche sind gewachsen,<br />
sowohl was die Ausstattung als auch was den<br />
nachhaltigen Zugang betrifft. Qualitätsvoller<br />
Wohnraum war immer gefragt, nun wird eben<br />
vermehrt investiert. Das ist positiv für das<br />
Wiener <strong>Zinshaus</strong> und den Wiener Immobilienmarkt<br />
im Ganzen.<br />
Welche Player sind aktuell am Markt aktiv?<br />
Verstärken institutionelle Anleger ihr<br />
Engagement? Landet das Wiener <strong>Zinshaus</strong><br />
auch verstärkt am „Speisezettel“ deutscher<br />
Investoren (wie es seit einigen Jahren auch<br />
im Wohnbereich der Fall ist)?<br />
Die Projektentwickler und das Immobilienangebot<br />
am Markt sind so vielfältig wie noch<br />
nie. Dadurch drängen natürlich ausländische<br />
Investoren in den Markt, die vor allem in die<br />
Vermietung gehen. Auf der anderen Seite<br />
sind es auch private Anleger, die vom Wertwachstum<br />
der Zinshäuser profitieren wollen.<br />
Die Tendenz, dass durch institutionelle oder<br />
private Anleger vermehrt Mietwohnungen auf<br />
den Markt gelangen, beobachten wir genau.<br />
Von <strong>Zinshaus</strong>experten ist aktuell zu hören,<br />
dass für sie ein Ende der starken Nachfrage<br />
und Preisentwicklung auszumachen ist, und<br />
sie für ihre Kunden kaum mehr Vorhersagen<br />
über die weitere Entwicklung der Rallye<br />
treffen. Auch sagen sie, dass sie Zinshäuser<br />
praktisch kaum mehr richtig „einwerten“<br />
können. Geht es Ihnen ähnlich?<br />
Wir gestalten den Immobilienmarkt aktiv und<br />
sind mitten im Geschehen, daher kann ich den<br />
Trend nur bestätigen. Die sogenannte Rallye<br />
um Immobilienpreise muss jedoch nachhaltig<br />
sein, denn steigende Kaufpreise müssen<br />
auch wirtschaftlich darstellbar sein. Werden<br />
Zinshäuser nachhaltig mit einem schlüssigen<br />
Gesamtkonzept saniert, dann ist auch das<br />
Wertwachstum möglich.<br />
Wir schaffen es, die Häuser entsprechend<br />
einzuwerten, weil wir wissen, welche Kosten<br />
anfallen, um Lebensräume mit Qualität zu<br />
schaffen. Wir setzen uns auch regelmäßig<br />
in Bieterverfahren durch – man kann sich<br />
jedenfalls auf Bestpreise verlassen.<br />
Spricht man bei Zinshäusern überhaupt<br />
noch von Renditen oder geht es praktisch<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
35
Advertorial<br />
nur noch um das Thema Wertspeicherung<br />
(und -steigerung)?<br />
Es ist wahr, dass die Anfangsrenditen sehr gering<br />
sind und aktuell bei rund einem Prozent<br />
liegen. Der vorrangige Investitionszweck ist<br />
jedoch nicht die durch die Vermietung erzielte<br />
Rendite, vielmehr steht hier die Wertsteigerung<br />
im Vordergrund.<br />
Bei einem erfahrenen Projektentwickler,<br />
welcher die Immobilien nachhaltig betrachtet,<br />
kann man von einem langfristigen Wertgewinn<br />
ausgehen.<br />
Andererseits: Wo sehen Sie die Renditen<br />
mittel- und langfristig?<br />
Mittelfristig sind keine großen Veränderungen<br />
zu erwarten, die Renditen werden bei<br />
etwa ein bis zwei Prozent verbleiben – eine<br />
Höhe, die für private Anleger attraktiver ist<br />
als für institutionelle Investoren.<br />
Die langfristige Entwicklung hängt<br />
natürlich von der Veränderung der Leitzinsen<br />
ab. Tendenziell sollte dadurch die<br />
Rendite auch in den nächsten drei bis fünf<br />
Jahren etwas ansteigen – dann müsste man<br />
wieder mit über zwei Prozent rechnen.<br />
Investitionen werden sich jeden Falls nach<br />
den zukünftigen Rahmenbedingungen<br />
richten.<br />
Es gibt Marktteilnehmer, die angesichts<br />
der „Wahnsinnspreise“, die Zinshäuser<br />
derzeit erzielen, nur mehr auf Bieterverfahren<br />
setzen – alles andere sei unseriös,<br />
meinen sie. Sehen Sie das ähnlich?<br />
Es gibt mehrere Verfahren, deren Ziel es ist,<br />
eine Immobilie erfolgreich zu veräußern.<br />
Dabei ist es natürlich die Sache des Verkäufers,<br />
zu entscheiden, wie er sein Haus auf<br />
den Markt bringt: ob er sich vertraulich an<br />
ausgewählte Partner wendet oder in ein<br />
großes Bestbieterverfahren geht. Natürlich<br />
stehen hierbei auch Makler mit entsprechender<br />
Erfahrung zur Seite, die bei der Auswahl<br />
der richtigen Unternehmen unterstützen.<br />
Wir sind jedoch davon überzeugt, dass auch<br />
ein Erstangebot das beste Angebot sein kann,<br />
das zum Abschluss führt. Das Bieterverfahren<br />
stellt daher also nicht die einzig seriöse<br />
Methode dar.<br />
Der Markt zahlt aktuell Bestpreise, wovon<br />
<strong>Zinshaus</strong>besitzer profitieren. Für jene, die<br />
verkaufen wollen, ist momentan ein guter<br />
Zeitpunkt.<br />
Wie kann man angesichts des hohen Investitionsdrucks<br />
und den damit einhergehenden<br />
Folgen für Preise und Angebote am<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt überhaupt noch Mehrwert<br />
generieren – auch mit Hinblick auf die<br />
hohen Bau- und Materialkosten?<br />
„Das <strong>Zinshaus</strong><br />
ist ein besonders<br />
krisensicheres<br />
und nachhaltiges<br />
Investment<br />
und daher sehr<br />
nachgefragtes Gut.“<br />
Christian Winkler,<br />
WINEGG Realitäten GmbH<br />
36 <strong>ImmoFokus</strong>
Mehrwert ist ausschließlich zu generieren,<br />
wenn man die richtigen gesamtheitlichen<br />
Konzepte anbietet. Unser Anspruch dabei ist<br />
es, nicht nur ausschließlich Oberflächen zu<br />
sanieren, sondern umfangreich und nachhaltig<br />
zu entwickeln und die Zinshäuser mit<br />
zeitgemäßen Technologien zu versehen. So<br />
kombinieren wir den Charme von Gründerzeit-Architektur<br />
mit den Annehmlichkeiten<br />
des modernen Lebens.<br />
Auch wenn die Bau- und Materialkosten<br />
ansteigen und ein hoher Investitionsdruck<br />
besteht, müssen wir als Projektentwickler<br />
darauf reagieren und den Markt ständig im<br />
Blick haben. Denn es bleibt auch weiterhin<br />
in unserer Verantwortung, Immobilien zu<br />
entwickeln, in denen Menschen ihren Lebensraum<br />
finden. Nachhaltig, anspruchsvoll und<br />
weitsichtig: Nur so entsteht ein Mehrwert für<br />
zukünftige Generationen.<br />
Liegenschaftsankauf zu Bestpreisen<br />
WINEGG steht für eine jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung<br />
von hochwertigen Lebensräumen und ist laufend auf<br />
der Suche nach neuen Bauträgerliegenschaften, Zinshäusern und<br />
Wohnungspaketen mit Potenzial.<br />
Selbst wenn bereits ein Angebot vorliegt, kontaktieren Sie uns für<br />
ein verbindliches Gegenangebot.<br />
WINEGG.AT/ANKAUF<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
37
Advertorial<br />
Hausverstand im<br />
ganzen Land<br />
<strong>Zinshaus</strong>. Die Hudej-Zinshäuser-Gruppe hat sich mit mehreren Standorten auf<br />
die Vermarktung von Zinshäusern in ganz Österreich spezialisiert. Damit nimmt<br />
das Unternehmen Alleinstellung in einer heiß umkämpften Branche ein.<br />
G<br />
egründet im Jahr 2012 in Wien<br />
ist die Gruppe heute mit weiteren<br />
Standorten in Graz, Salzburg,<br />
Linz, St. Pölten, Innsbruck und<br />
Klagenfurt in ganz Österreich präsent. Darüber<br />
hinaus hat das Unternehmen ein Büro in Zürich,<br />
um zahlungskräftige internationale und Schweizer<br />
Investoren mit dem österreichischen <strong>Zinshaus</strong><br />
als Vermögensanlage vertraut zu machen.<br />
Der gebürtige Klagenfurter Gerhard Hudej hat<br />
als Erster erkannt, dass sich der österreichische<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt nicht auf Wien beschränkt. In<br />
der Bundeshauptstadt finden zwar mit Abstand<br />
die meisten Transaktionen statt. Doch die<br />
Aufmerksamkeit der Investoren für die Landeshauptstädte<br />
hat in den letzten Jahren zugenommen.<br />
Dieser Trend wird sich auch in Zukunft<br />
fortsetzen.<br />
Gut aufgestellt<br />
Dem Gründer und Geschäftsführer der<br />
Gruppe, Gerhard Hudej, ist es gelungen, sie<br />
zu einem der führenden Unternehmen am<br />
österreichischen <strong>Zinshaus</strong>markt aufzubauen<br />
– einem Markt, der im vergangenen Jahr ein<br />
Gesamtvolumen von rund drei Milliarden<br />
„Unsere Kunden sind<br />
Privatpersonen aus allen<br />
Vermögensklassen, Family<br />
Offices, Stiftungen,<br />
Immobilienentwickler und<br />
institutionelle Investoren.“<br />
Gerhard Hudej,<br />
Geschäftsführung Hudej-Zinshäuser-Gruppe<br />
Euro erreicht hat. Einige der größten und prominentesten<br />
<strong>Zinshaus</strong>-Deals der letzten Jahre<br />
konnte Hudej Zinshäuser ebenso begleiten<br />
wie zahlreiche Transaktionen kleiner und<br />
mittelgroßer Liegenschaften. Dementsprechend<br />
breit gefächert ist der Kundenkreis:<br />
Privatpersonen aus allen Vermögensklassen<br />
zählen ebenso dazu wie Family Offices und<br />
Stiftungen, Immobilienentwickler sowie institutionelle<br />
Investoren. Neben langjähriger<br />
Erfahrung und fundiertem Fachwissen sind<br />
klassische kaufmännische Qualitäten für den<br />
Erfolg der Gruppe verantwortlich: akribische<br />
Marktanalyse, Vertrauensaufbau, das Bilden<br />
tragfähiger Netzwerke sowie die Fähigkeit,<br />
den Kunden zuzuhören und ihre Bedürfnisse<br />
zu verstehen. Sowohl jene, die ein Haus verkaufen<br />
wollen als auch jene, die eines suchen,<br />
stehen vor der entscheidenden Frage: Wie<br />
finde ich den idealen Käufer bzw. das richtige<br />
Objekt? Denn der beste Käufer ist jener, dessen<br />
Suchkriterien genau zu einem bestimmten<br />
Haus passen – er ist in der Regel bereit, einen<br />
höheren Preis zu zahlen als der Durchschnitt.<br />
Konzentration auf das Wesentliche<br />
„Den richtigen Käufer zu kennen bzw. genau<br />
das passende Haus zu finden, ist Voraussetzung,<br />
um am <strong>Zinshaus</strong>markt erfolgreich zu<br />
sein. Darin sehen wir unsere wichtigste Auf-<br />
Fotos: Gernot Gleiss<br />
38 <strong>ImmoFokus</strong>
gabe“, erklärt Reinhard Manzl, der gemeinsam<br />
mit Mathias Miller-Aichholz den Wiener<br />
Standort der Hudej-Zinshäuser-Gruppe leitet.<br />
Über den <strong>Zinshaus</strong>markt in seinem Bundesland<br />
sagt Manzl: „Der <strong>Zinshaus</strong>markt in Wien<br />
ist besonders heiß umkämpft. Das Angebot an<br />
klassischen Stilzinshäusern geht tendenziell<br />
zurück, während die Nachfrage weiterhin sehr<br />
stark ist.“ Mathias Miller-Aichholz ergänzt:<br />
„Allerdings wirken sich die hohen Preise schon<br />
auf den Markt aus. Laut unserer Marktanalyse<br />
für das Jahr 2020 ist die Transaktionsanzahl in<br />
Wien um rund 10 Prozent und das Volumen<br />
um rund 25 Prozent gesunken, jeweils im Vergleich<br />
zum Vorjahr.“ Die Hauptgründe dafür<br />
seien, dass erstens sehr wenige Premiumhäuser<br />
im 1. Bezirk auf den Markt gekommen<br />
sind – sie beeinflussen aufgrund des hohen<br />
Volumens die Statistik am stärksten – und dass<br />
zweitens die Share-Deals zugenommen haben.<br />
Die Covid-19-Pandemie hat einmal mehr die<br />
Qualität des <strong>Zinshaus</strong>es als Wertanlage bewiesen.<br />
Während die meisten Aktienkurse herbe<br />
Rückschläge erlitten und es auf den Börsen<br />
immer wieder turbulent zugeht, erweist sich<br />
der <strong>Zinshaus</strong>markt als felsenfest.<br />
Gute Zeit für Verkäufer<br />
Auch die niedrigen bzw. teilweise negativen<br />
Zinsen tragen ihren Teil zu den steigenden<br />
„Die Covid-19-Pandemie<br />
hat einmal mehr die<br />
Qualität des <strong>Zinshaus</strong>es<br />
als Wertanlage bewiesen,<br />
der Markt blieb<br />
felsenfest.“<br />
Mathias Miller-Aichholz,<br />
Standortleitung Wien<br />
Preisen bei Zinshäusern bei. Wer Geld hat,<br />
möchte es sicher anlegen, ohne Strafzinsen<br />
zu zahlen – im günstigsten Fall soll es sich<br />
sogar vermehren. Die betreffenden Möglichkeiten<br />
sind rar, und das <strong>Zinshaus</strong> ist eine<br />
davon. Denn es bietet eine Kombination aus<br />
Sicherheit und Ertrag, die man sonst kaum<br />
mehr findet. Es sind daher gute Zeiten für<br />
„Den richtigen Käufer zu<br />
erkennen und genau das<br />
passende Haus zu finden,<br />
ist Voraussetzung, um am<br />
<strong>Zinshaus</strong>markt erfolgreich<br />
zu sein.“<br />
Reinhard Manzl,<br />
Standortleitung Wien<br />
alle, die ein Haus besitzen und sich davon<br />
trennen wollen. Wer jetzt verkauft, kann aufgrund<br />
des hohen Preisniveaus jedenfalls mit<br />
einem sehr erfreulichen Ergebnis rechnen.<br />
Wichtig ist dabei allerdings, dass man den<br />
richtigen Partner an der Hand hat, der den<br />
Markt kennt, den idealen Käufer findet und<br />
den höchstmöglichen Preis erzielt.<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
39
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
Nichts für<br />
Anfänger<br />
Dachbodenausbau. Architekturstudenten wird<br />
kurz vor der Diplomprüfung ein guter Rat mit auf<br />
den Weg gegeben: Das erste Haus baue deinem<br />
Feind, das zweite deinem Freund und erst das<br />
dritte dir selbst. Man könnte diese Weisheit<br />
erweitern: Für deinen ersten Dachgeschoßausbau<br />
lasse dir noch zehn weitere Jahre Zeit.<br />
Autor: Gerhard Fritz<br />
V<br />
or hundert Jahren waren die<br />
teuersten Wohnungen im ersten<br />
Stock mit Blick zur Straße, man<br />
wollte schließlich repräsentieren<br />
und nicht viele Stufen überwinden. Je höher man<br />
hinaufsteigen musste, desto unattraktiver waren<br />
die Wohnungen. Unter dem Dach wohnten nur<br />
mehr die Dienstboten und die armen Leute, es<br />
war ja entsprechend beschwerlich, im Winter<br />
das Heizmaterial hinaufzutragen, und im Sommer<br />
war es mangels Wärmedämmung schrecklich<br />
heiß. Die Dachböden waren früher als<br />
Kaltdach ausgeführt, hatten mit dem feuerfesten<br />
Boden eine wichtige Brandschutzfunktion für<br />
das Haus darunter und wurden, wenn überhaupt,<br />
nur zum Kehren der Kamine, zum Wäscheaufhängen<br />
und als Stauraum verwendet.<br />
Heute werden die Dachböden so nicht mehr<br />
gebraucht – immer mehr Kamine werden aufgelassen,<br />
in fast jeder Wohnung gibt es einen<br />
Wäschetrockner, und für den Stauraum gibt es<br />
das Selfstorage oder das Wochenendhaus. Und<br />
jedes Stockwerk zählt. Eine Wohnung im Dachgeschoß<br />
(am besten mit großer und in einen<br />
begrünten Innengarten orientierter Terrasse<br />
mit Rundumblick über die gesamte Stadt) zählt<br />
zu den begehrtesten Immobilien am Markt,<br />
mit den Wohnungen im ersten Stock tun sich<br />
Investoren heute zunehmend schwer.<br />
In den vielen hochglänzenden Bilder in den<br />
Verkaufsprospekten und elektronischen Annoncen<br />
wird oft der beschwerliche Weg bis zur<br />
fertigen, immer hochpreisigen Dachgeschoßwohnung<br />
ausgeblendet.<br />
Es beginnt schon bei dem Blick auf das Haus.<br />
Der Rohdachboden eines Hauses ist ja nichts<br />
anderes als ein schwierig zu bebauendes, weil<br />
höher liegendes Grundstück. Hier entscheiden<br />
Lage, Flächenwidmung und Bauordnung, aber<br />
auch Zustand und Besitzverhältnisse des ins<br />
Auge gefassten Objekts über die Verwertbarkeit<br />
und die Werthaltigkeit der beabsichtigten<br />
Investition.<br />
Auch die Baukosten werden oft unterschätzt,<br />
sie können leicht beim Doppelten dessen<br />
liegen, was für normale Geschoßwohnungen<br />
kalkuliert wird – man baut ja schließlich ein<br />
Haus auf einem Haus. Wichtig ist, nicht auf die<br />
schnelle Rendite, sondern auf Nachhaltigkeit<br />
zu schauen. So sollte man bereits unmittelbar<br />
nach Fertigstellung Mittel für kommende Sanierungen<br />
zur Seite zu legen (oder wenigstens<br />
einplanen), sonst kommt in zehn Jahren die<br />
böse Überraschung.<br />
Die Vorschriften sind mannigfaltig, die Flächenwidmung<br />
und die Bebauungsbestimmungen<br />
entscheiden, ob überhaupt und wie hoch<br />
und in welchen Umrissen ausgebaut werden<br />
Fotos: Rustler, Clemens Schwarz<br />
40 <strong>ImmoFokus</strong>
Gerhard Fritz,<br />
Allgemein beeideter und<br />
gerichtlich zertifizierter<br />
Sachverständiger für Hochbau &<br />
Architektur<br />
oft schwerer zu realisieren als gedacht, nicht<br />
selten sind es die zwei oder drei Stufen vom<br />
Eingang ins Stiegenhaus, die die größten Probleme<br />
machen.<br />
darf. Und falls das Haus in einer Schutzzone<br />
liegt oder gar unter Denkmalschutz steht, sind<br />
weitere Abklärungen zu treffen. An dieser<br />
Stelle muss ein Versuch der Ehrenrettung für<br />
die verschiedenen Gestaltungsbeiräte und<br />
das Denkmalamt unternommen werden. Die<br />
dortigen Beamten suchen in der Regel bei allen<br />
vorgelegten Projekten viel lieber Lösungen<br />
und den Ausgleich zwischen dem historischen<br />
Bild und den modernen Anforderungen und<br />
sind nicht von Vornherein bestrebt, den Bauherren<br />
Schwierigkeiten in den Weg zu legen.<br />
Die jeweiligen Bauordnungen und die entsprechenden<br />
bautechnischen Vorschriften, hier<br />
vor allem die in ganz Österreich geltenden<br />
OIB-Richtlinen, legen dann die weiteren Rahmenbedingungen<br />
wie Erdbebensicherheit,<br />
Wärmedämmung und Barrierefreiheit fest. Es<br />
ist halt ein Problem, wenn man in einem Haus<br />
ein Dachgeschoß mehr als 20 Meter über dem<br />
Gehsteig ausbauen will, dessen Erdgeschoß in<br />
den 1960er Jahren großzügig zu einer stützlosen<br />
Geschäftsfläche umgestaltet worden ist.<br />
Hier ist der Statiker in hohem Maße gefordert,<br />
die notwendigen Verstärkungen durch das<br />
ganze Haus zu planen. Oder das heute so aktuelle<br />
Thema Klimawandel mit der Forderung<br />
nach dem Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen.<br />
Früher war es selbstverständlich, dass<br />
Gasthermen eingebaut wurden, nur was macht<br />
man heute? Wärmepumpen aufstellen, die<br />
die ganze Nacht brummen, oder Dachflächen<br />
mit unzähligen PV-Elementen vollpflastern,<br />
die mit einer automatischen Schneeräumung<br />
ausgestattet sein müssen, um auch im Winter<br />
den notwendigen Strom für die Elektroheizung<br />
zu erzeugen? Auch die Barrierefreiheit ist<br />
Neben den Widmungsthemen und bautechnischen<br />
Themen dürfen auch die rechtlichen<br />
Herausforderungen nicht aus den Augen verloren<br />
werden. Gehört das Haus einem Alleineigentümer<br />
oder einigen Familienmitgliedern,<br />
sollte es relativ schnell mit den notwendigen<br />
Zustimmungen gehen. Schwierig wird es<br />
meist, wenn in dem Haus bereits Wohnungseigentum<br />
begründet wurde und jeder einzelne<br />
Miteigentümer der Bauführung zustimmen<br />
muss. Hier kann die Aussicht auf den Einbau<br />
eines Liftes und die Attraktivierung des Eingangsbereiches<br />
und des Stiegenhauses verbunden<br />
mit der Erneuerung der Steigleitungen<br />
vielleicht ein wenig helfen, Vorbehalte gegen<br />
die befürchtete massive Lärm- und Schmutzbelastung<br />
während der Bauzeit auszugleichen.<br />
Die gröbsten Fehler können aber im Zuge der<br />
Bauführung passieren. Das fängt mit einer fehlenden<br />
sicheren Wasserabdichtung der obersten<br />
Geschoßdecke nach Entfernen der Dachdeckung<br />
an (da soll es schon öfter zu echten<br />
Dramen gekommen sein). Es geht weiter mit<br />
der falschen Ausführung der einzelnen Dachschichten<br />
(denn ohne wirksame Dampfsperre<br />
schimmelt die Dachkonstruktion in weniger<br />
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />
41
<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />
als zehn Jahren – und ohne entsprechende<br />
Wärmedämmung ist es im Winter entsetzlich<br />
kalt und im Sommer trotz Klimaanlage unerträglich<br />
heiß). Auch die Abdichtung der Terrassen<br />
ist ein heikles Thema. Es genügt nicht,<br />
dass sie später ohnehin unter einem hübschen<br />
Holzbelag verschwindet.<br />
beträchtlich aufwerten. Es gibt unzählige Beispiele,<br />
bei denen das Stiegenhaus nachher in<br />
nie gewohnter Pracht strahlt, alle Stockwerke<br />
über einen barrierefreien Zugang verfügen,<br />
endlich Parkplätze auf Eigengrund geschaffen<br />
wurden, die Mistkübel endlich in einem<br />
Mistraum verschwunden sind und ein eigener<br />
Kinderwagenabstellraum geschaffen wurde.<br />
Dazu kommt, dass das Haus durch die meist<br />
architektonisch hervorstechende Gestaltung<br />
des Dachraums schon von Weitem als ein besonderes<br />
erkannt wird. Das entschädigt dann<br />
für die unzähligen Mühen und Stolpersteine<br />
auf viele Jahre.<br />
Schließlich will die Bauführung gut geplant<br />
sein. Man kann für die Baustelleneinrichtung<br />
meist nur einige wenige Autostellplätze beanspruchen<br />
– ohne Kran ist es mühsam, jeden<br />
Ziegel und jedes Stück Holz in luftige Höhen<br />
zu befördern. Die Bauführung selbst sollte unbedingt<br />
in den Händen von erfahrenen Profis<br />
liegen, Fehler können in den meisten Fällen<br />
später nicht mehr ausgebessert werden – und<br />
es kann jeden Tag unendlich viel passieren.<br />
Trotz gewissenhafter Vorbereitung ist man<br />
aber auch vor unangenehmen Überraschungen<br />
nicht gefeit, Fundamente können doch<br />
nicht so tief wie angenommen und Dippelbäume<br />
großflächig abgemorscht sein (man hat<br />
ja früher das Regenwasser in offenen Rinnen<br />
durch den ganzen Dachboden zu den WC-<br />
Abfallsträngen geleitet).<br />
Eine besondere Herausforderung ist der<br />
Ausbau des Daches eines Hauses, das weiter<br />
bewohnt wird. Denn neben der eigentlichen<br />
„Baustelle“ am Dach muss im ganzen Haus<br />
gebaut werden. Das fängt bei der oft erforderlichen<br />
statischen Verstärkung der Fundamente<br />
und der aufgehenden Mauern an, geht über<br />
den Einbau eines barrierefreien und auch für<br />
die Feuerwehr nutzbaren Liftes, geht weiter<br />
über die Erneuerung der Strom- und Wassersteigleitungen<br />
bis hin zum Einbau einer Brandmeldeanlage<br />
und einer Druckbelüftung zur<br />
Entrauchung des Stiegenhauses im Brandfall.<br />
Gänzlich problematisch wird es, wenn die Baubehörde<br />
den Austausch aller Wohnungstüren<br />
gegen brandsichere Exemplare vorschreibt<br />
(diese müssen schon seit vielen Jahren auch im<br />
normalen Geschoßbau brandsicher sein).<br />
Trotz der vielen möglichen Probleme kann<br />
der Ausbau des Dachgeschoßes aber ein Haus<br />
UNGESCHLIFFENER DIAMANT<br />
BAUBEWILLIGUNG. Die Rechtssicherheit einer Baubewilligung ist für den<br />
Preis von entscheidender Bedeutung und kann sich mit einem Plus von bis<br />
zu 30 Prozent niederschlagen.<br />
Rustler hat mehrere hundert Rohdachbodentransaktionen<br />
der letzten zehn Jahre<br />
erhoben und die Werte entsprechend indexiert.<br />
Die Auswertung zeigt deutlich, dass<br />
die durchschnittlichen Verkaufspreise bei<br />
Rohdachböden mit rechtskräftiger Baubewilligung<br />
weit über jenen Verkaufspreisen<br />
liegen, wo keine Bewilligung existierte.<br />
„Der Durchschnittswert für Rohdachböden<br />
mit Baubewilligung ist in den letzten zehn<br />
Jahren um rund 30 Prozent höher ausgefallen<br />
als für jene ohne Bewilligung“, fasst Maximilian<br />
Kainz, der bei Rustler für den Research-<br />
Bereich verantwortlich ist, zusammen. Für<br />
einen Rohdachboden mit rechtskräftiger<br />
Baubewilligung wurden beispielsweise im<br />
Jahr 2020 im Durchschnitt rund 2.200 Euro<br />
pro Quadratmeter erzielbarer Nutzfläche<br />
erreicht.<br />
„Je mehr Wohnnutzfläche in einem Dachboden<br />
erzielbar ist, umso höher ist dessen<br />
Wert je Quadratmeter erzielbarer Nutzfläche,<br />
da sich bei geringerer Nutzfläche<br />
höhere anteilige Baukosten sowie Aufzugserrichtungskosten<br />
ergeben“, so Kainz weiter.<br />
„In Einzelfällen können auch Rohdachböden<br />
ohne Baubewilligung einen hohen Verkaufspreis<br />
erzielen, wenn ein Ausbau sehr wahrscheinlich<br />
ist oder bereits eine Einreichung<br />
bei der Baubehörde vorliegt. Grundsätzlich<br />
gilt jedoch, dass neben der Lage und der erzielbaren<br />
Wohnnutzfläche die Rechtssicherheit<br />
einer Baubewilligung für den Preis von<br />
entscheidender Bedeutung ist“, resümiert<br />
der Geschäftsführer von Rustler Immobilien<br />
Alexander Scheuch.<br />
Maximilian Kainz,<br />
Rustler<br />
Alexander Scheuch,<br />
Rustler<br />
Fotos: Julia Wegerer<br />
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