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ImmoFokus Special Zinshaus (5,4 MB)

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<strong>Special</strong><br />

Wiener<br />

<strong>Zinshaus</strong><br />

Potenziale entdecken,<br />

Mehrwerte schaffen<br />

Wir leben Immobilien.<br />

Vermittlung | Verwaltung | Bewertung | Baumanagement<br />

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02 <strong>ImmoFokus</strong><br />

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<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021 03


<strong>ImmoFokus</strong>.Rubrik<br />

14 Grüner<br />

geht‘s nicht<br />

IMPRESSUM<br />

40 Herausforderung<br />

Dachbodenausbau<br />

Medieneigentümer<br />

Real Estate Media Group GmbH<br />

Handelskai 94-96<br />

1200 Wien<br />

Tel. +43 1 890 18 26-100<br />

office@media-group.immo<br />

www.media-group.immo<br />

Herausgeber<br />

Mag. Michael Neubauer<br />

Chefredaktion<br />

Mag. Lisa Grüner<br />

Grafik & Layout<br />

Eva Stern<br />

Lektorat<br />

Dr. Melanie Knünz<br />

Michaela Hocek<br />

Ingeborg Morawetz, BA<br />

Auf Vorkrisenniveau<br />

8<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt wieder stark unterwegs<br />

ZINSHAUS<br />

SPECIAL<br />

6 EDITORIAL<br />

8 AUF VORKRISENNIVEAU<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt wieder stark unterwegs<br />

12 DER MARKT HAT IMMER RECHT<br />

Kolumne von Wolfgang M. Fessl<br />

14 GRÜNER GEHT‘S NICHT<br />

Interview mit Michael Schmidt<br />

20 ZINSHAUSMARKT WÄCHST WEITER<br />

Interview mit Eugen Otto<br />

24 GEPLANTE REISE NACH EUROPA<br />

Interview mit Markus Arnold<br />

28 WIENER ZINSHAUS UND EU-TAXONOMIE<br />

Interview mit Peter Engert<br />

30 GENTRIFIZIERUNG ÜBERSCHÄTZT<br />

Studie über Wandel im <strong>Zinshaus</strong>segment<br />

34 GESCHICHTE WEITERSCHREIBEN<br />

Interview mit Christian Winkler<br />

38 HAUSVERSTAND IM GANZEN LAND<br />

Hudej-Gruppe vermarktet österreichweit<br />

40 NICHTS FÜR ANFÄNGER<br />

Herausforderung Dachbodenausbau<br />

Autoren dieser Ausgabe<br />

Mag. Patrick Baldia,<br />

Mag. Lisa Grüner, Amelie Miller, BA,<br />

Mag. Michael Neubauer,<br />

sowie die Kommentatoren<br />

Head of Sales & Relations<br />

Rudolf E. Oezelt<br />

Relations Management<br />

Tanja Klingseis<br />

Fotos<br />

Wenn nicht anders angegeben:<br />

Real Estate Media Group/Gabriel Alarcon,<br />

Michael Hetzmannseder, Katharina Schiffl,<br />

Richard Tanzer<br />

Druck<br />

Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H<br />

Der IMMOFOKUS wendet sich im Sinne der<br />

Gleichstellung gleichermaßen an Frauen<br />

und Männer. Aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />

und Verständlichkeit kann es bei den<br />

Beiträgen vorkommen, dass nur die maskuline<br />

Ansprechform verwendet wird.<br />

<strong>ImmoFokus</strong> ist Mitglied bei:<br />

Fotos: Adobe Stock, Rustler<br />

04 <strong>ImmoFokus</strong>


WIR MACHEN IHRE<br />

LIEGENSCHAFT<br />

ZU BLEIBENDEN<br />

WERTEN<br />

Als Wohnbauträger und <strong>Zinshaus</strong>entwickler<br />

sind wir stets auf der Suche nach Liegenschaften<br />

mit Potenzial – vorwiegend in Wien und Umgebung,<br />

aber auch in Landeshauptstädten.<br />

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Oldie but<br />

Goldie<br />

„Dass die Preis- und<br />

Wertanstiege am Wiener<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt ein<br />

baldiges Ende finden<br />

werden, glaubt kaum ein<br />

Marktteilnehmer.“<br />

H<br />

and aufs Herz: Welcher <strong>Zinshaus</strong>besitzer<br />

hat in den vergangenen<br />

eineinhalb Jahren nicht<br />

zumindest in Erwägung gezogen,<br />

sein Objekt zu verkaufen? Zwar haben sich<br />

die Preise auch davor stetig Richtung Norden<br />

bewegt. Die Dynamik, die diese Entwicklung<br />

seit dem Ausbruch der leidigen Corona-Pandemie<br />

genommen hat, sucht aber ihresgleichen.<br />

Selbst erfahrene Marktplayer berichten, dass<br />

sie derzeit nicht abschätzen können, wohin die<br />

Reise bei den Preisen geht.<br />

Grundsätzlich ist es nichts Neues, dass das<br />

<strong>Zinshaus</strong> gerade in Krisenzeiten ein gefragtes<br />

Gut ist, siehe 2008. Diesmal ist die Situation<br />

jedoch etwas anders. Vor allem der Liquiditätsdruck<br />

ist – getrieben von Inflations-Ängsten,<br />

Zinsen, die seit einer gefühlten Ewigkeit im<br />

Keller verharren, dem Mangel an sicheren<br />

Anlagealternativen, oder Negativzinsen<br />

auf Bankeinlagen<br />

– zurzeit ungleich größer.<br />

Langlebigkeit, und stellt in Sachen ESG-Fitness<br />

nicht selten auch den Nachkriegsbau in den<br />

Schatten. So etwas besitzt man gerne. Aller<br />

damit verbundenen Scherereien zum Trotz –<br />

Stichwort: MRG-Vollanwendungsbereich .<br />

Dass sich an der umstrittenen rechtlichen<br />

Ausgangslage in absehbarer Zeit etwas ändern<br />

wird, glaubt im Übrigen niemand so wirklich.<br />

Und auch nicht, dass die Preis- und Wertanstiege<br />

ein baldiges Ende finden werden –<br />

wenngleich die Dynamik doch etwas abflauen<br />

sollte, so der Grundtenor unter Marktbeobachtern.<br />

Der Markt wird sich also vermutlich weiterdrehen,<br />

Häuser und einzelne Wohnungen<br />

die Besitzer wechseln. Viele werden wiederum<br />

im „Tresor“ bleiben, zu äußerst mageren Renditen.<br />

Oder sollte man angesichts des Preisniveaus<br />

nicht doch lieber…? Hand aufs Herz:<br />

Wer hätte nicht gerne diese Sorgen?<br />

Die jüngsten Preisanstiege<br />

unterstreichen einmal mehr<br />

den besonderen Status des<br />

Wiener <strong>Zinshaus</strong>es. Zweifellos:<br />

Es ist zeitlos schön,<br />

einzigartig – kaum ein Haus<br />

gleicht dem anderen –, steht<br />

oft in einer guten Lage, punktet<br />

mit Top-Bausubstanz und<br />

Patrick Baldia<br />

Chefredakteur<br />

Foto: Adobe Stock<br />

06 <strong>ImmoFokus</strong>


ARBEITSWELTEN<br />

B&R Innovations- und Bildungscampus<br />

Eggelsberg, 2016-2021<br />

Foto: Dietmar Tollerian<br />

Foto: Martin Steinkellner<br />

SCWP Rechtsanwälte<br />

Linz, 2012-2013<br />

RLB Campus 25<br />

Linz, 2019, Wettbewerbsbeitrag<br />

Infineon F&E Gebäude<br />

Linz, 2017-2020<br />

KAUFMANN HAAS PARTNER<br />

A R C H I T E K T E N<br />

www.khsa.at<br />

Architektur<br />

Generalplanung<br />

Projektsteuerung<br />

Bauleitung<br />

Projektmanagement


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

Auf<br />

Vorkrisenniveau<br />

Gründerzeit-Zinshäuser. Die für das Wiener Stadtbild typischen<br />

Altbauten aus der Gründerzeit sind bei Anlegern wieder sehr gefragt.<br />

Und der Blick über den Wiener Tellerrand wird zunehmend zum Trend.<br />

D<br />

er Markt hat sich heuer – nach<br />

einem schwierigen Coronajahr<br />

2020 – kräftig erholt. „Im ersten<br />

Halbjahr 2021 wurde nach unseren<br />

Erhebungen ein Transaktionsvolumen von<br />

677 Millionen Euro verzeichnet – dies entspricht<br />

einem Anstieg von 83 Prozent gegenüber dem<br />

Vorjahr“, so Christoph Lukaschek, Leiter Investment<br />

bei Otto Immobilien. Es sei somit klar, dass<br />

sich der Markt wieder von den Einschränkungen<br />

aufgrund der Coronakrise erhole und annähernd<br />

auf Vorkrisenniveau befinde.<br />

Auch die Zahl der Verkäufe legte um rund<br />

62 Prozent deutlich zu. Die deutliche Belebung<br />

zog sich quer durch alle Wiener Gemeindebezirke<br />

– mit Ausnahme von Wieden (4. Bezirk),<br />

Josefstadt (8. Bezirk) und Simmering (11. Bezirk).<br />

Die meisten Häuser wurden mit Stichtag<br />

14. August 2021 in 1060 (Mariahilf) und 1020<br />

Wien (Brigittenau) verkauft. Doch generell<br />

haben sich vor allem die Deals in den Bezirken<br />

außerhalb des Gürtels deutlich belebt – in<br />

Summe spielten sich dort heuer 68 Prozent der<br />

Verkäufe ab, die etwa die Hälfte (51 Prozent)<br />

des gesamten Transaktionsvolumens in Wien<br />

ausmachten. Die Bezirke innerhalb des Gürtels<br />

hätten sich mit knapp 49 Prozent des Transaktionsvolumens<br />

so schwach wie schon lange<br />

nicht mehr präsentiert, in der Vorjahresperiode<br />

habe dieser Wert noch 55 Prozent betragen.<br />

Die Preise für Gründerzeit-Häuser seien<br />

heuer vor allem in den Regionen innerhalb<br />

des Gürtels zwischen 2 Prozent und 9 Prozent<br />

weiter gestiegen. In einzelnen Bezirken hätten<br />

die Mindestpreise spürbar angezogen, blieben<br />

jedoch – nach den starken Preissprüngen der<br />

vergangenen Jahre – vor allem außerhalb des<br />

Gürtels „eher auf einem stabilen Niveau“.<br />

Besonders massiv erhöht hat sich der Mindestpreis<br />

mit einem Plus von 20 Prozent gegenüber<br />

dem Vorjahr in 1210 Wien (Floridsdorf),<br />

aber auch in 1100 Wien (Favoriten) mit einem<br />

Anstieg von 16 Prozent. In den – bereits recht<br />

hochpreisigen – Bezirken 1010 Wien (Innere<br />

Stadt), 1020 Wien (Leopoldstadt) und 1030<br />

Wien (Landstraße) gab es bei den Mindestpreisen<br />

dem Marktbericht zufolge noch einmal<br />

eine Verteuerung zwischen 10 und 15 Prozent.<br />

Die Maximalpreise wiederum blieben „auf<br />

hohem Niveau stabil“ beziehungsweise „nur<br />

leicht steigend“. Es gab aber auch Ausreißer<br />

nach oben – „auffallend“ sei die Steigerung mit<br />

einem Plus von 14 Prozent in den Bezirken 1120<br />

(Meidling) und 1210 (Floridsdorf) gewesen. „Die<br />

niedrigsten Einstiegspreise sind zwar weiterhin<br />

„Für jedes auf den Markt<br />

kommende Objekt gibt es<br />

eine Vielzahl an Interessenten,<br />

es gibt weitaus mehr anlagesuchendes<br />

Kapital als Veranlagungsprodukte.<br />

Die Angebotslücke<br />

hat sich dabei 2020/21<br />

tendenziell noch verschärft.“<br />

Franz Pöltl,<br />

EHL Investment Consulting<br />

Fotos: EHL, Chris Steinbrenner, Otto Immobilien, Arnold Immobilien, Adobe Stock<br />

08 <strong>ImmoFokus</strong>


in den Bezirken außerhalb des Gürtels zu finden,<br />

aber mittlerweile wird kein Wiener Gründerzeit-<strong>Zinshaus</strong><br />

in einem durchschnittlichen<br />

Zustand unter 1.800 Euro pro Quadratmeter<br />

verkauft“, erklärte der Leiter des Bereichs Otto<br />

Wohnimmobilien Richard Buxbaum.<br />

Zinshäuser bis 5 Millionen Euro stellten heuer<br />

75 Prozent der Transaktionen, im Vorjahr<br />

waren es noch 86 Prozent gewesen. Um 14<br />

Prozent deutlich zugenommen hat dafür der<br />

Anteil der Verkäufe mit höheren Volumina –<br />

über 7,5 Millionen Euro. Transaktionen über<br />

10 Millionen Euro machten einen Anteil von<br />

29 Prozent des Gesamtverkaufsvolumens aus.<br />

Die Maximalrenditen seien zuletzt „in fast allen<br />

Bezirken stabil geblieben“.<br />

„Bei den Käufern dominieren klar die Unternehmen,<br />

aber auch auf der Verkäuferseite<br />

werden sie immer stärker“, teilte Buxbaum mit.<br />

Demnach gingen sowohl knapp 64 Prozent aller<br />

Käufe und 52 Prozent aller Verkäufe von Unternehmen<br />

aus. Bei den Verkäufen wurden rund<br />

56 Prozent des Transaktionsvolumens von Firmen<br />

erzielt, 43 Prozent waren Privatpersonen<br />

zuzuschreiben. Die Gruppe der Sonstigen, etwa<br />

Privatstiftungen, setzte bei den Verkäufen nur 1<br />

Prozent des Transaktionsvolumens um.<br />

„Wenn man sich die <strong>Zinshaus</strong>transaktionen<br />

des letzten Jahres ansieht, sticht ein Sachverhalt<br />

ins Auge: Ein hoher Anteil der verkauften<br />

Häuser weist ein Ausbaupotenzial im Dachgeschoß<br />

auf“, betonte Lukaschek. Hierbei falle<br />

zuerst der relativ hohe Quadratmeterpreis, also<br />

der Preis im Verhältnis zur aktuellen Größe<br />

des Hauses auf. „Das ist dadurch gerechtfertigt,<br />

dass zusätzlich zum Bestand das Potenzial zur<br />

Schaffung weiteren Wohnraums erworben<br />

wird, was prinzipiell dem Grundstückspreis<br />

beziehungsweise dem Grundkostenanteil bei<br />

Neubauwohnungen entspricht“, erklärte der<br />

Marktexperte. „Wir gehen davon aus, dass in<br />

den nächsten Jahren aufgrund des Mangels an<br />

Grundstücken das Interesse an Zinshäusern<br />

mit Ausbaupotenzial weiterhin sehr hoch sein<br />

wird.“<br />

Nachfrageüberschuss führt<br />

zu soliden Wertzuwächsen<br />

Allerdings haben sich, laut Arnold Immobilien,<br />

die Preise in den sehr guten und guten Lagen<br />

aktuell auf hohem Niveau stabilisiert. Die Einstiegspreise<br />

für ortsübliche Objekte innerhalb<br />

des Gürtels liegen derzeit schon bei 4.000 bis<br />

5.000 Euro pro Quadratmeter. „Private Investoren<br />

und Stiftungen wagen immer häufiger<br />

auch den Blick über den Wiener Tellerrand hin-<br />

„In den nächsten Jahren<br />

wird aufgrund des<br />

Mangels an Grund stücken<br />

das Interesse an Zinshäusern<br />

mit Ausbaupotenzial<br />

weiterhin sehr<br />

hoch sein.“<br />

Christoph Lukaschek,<br />

Otto Immobilien<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

09


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

„Kein Wiener Gründerzeit-<br />

<strong>Zinshaus</strong> in einem durchschnittlichen<br />

Zustand<br />

wird unter 1.800 Euro pro<br />

Quadratmeter verkauft.“<br />

Richard Buxbaum,<br />

Otto Immobilien<br />

aus“, berichtet Markus Arnold, CEO bei Arnold<br />

Immobilien. Im besonderen Fokus stehen Graz<br />

und Linz, wo vielfach die <strong>Zinshaus</strong>preise in<br />

mittleren Lagen ab 3.000 Euro pro Quadratmeter<br />

beginnen. Aber auch dynamische Wachstumsstädte<br />

mit guter Verkehrsanbindung an<br />

Wien, wie zum Beispiel St. Pölten oder Wiener<br />

Neustadt, sind aufgrund der günstigeren Einstiegspreise<br />

ab rund 2.500 Euro pro Quadratmeter<br />

zunehmend ein Thema.<br />

Sanierungsbedürftige Randlagen<br />

Ertragsorientierte Investoren suchen derzeit<br />

eher in weniger zentralen Lagen nach Objekten<br />

mit Optimierungspotenzial. Die Einstiegspreise<br />

für Zinshäuser in Randlagen liegen<br />

derzeit bei rund 3.000 Euro pro Quadratmeter<br />

aufwärts. „Trotz der guten Nachfrage sollte es<br />

hier in naher Zukunft zu keinen Preiskorrekturen<br />

kommen“, erwartet Arnold.<br />

Obwohl der Markt weiterhin von österreichischen<br />

Investoren und hier wiederum vor<br />

allem von privaten Käufern (bei größeren Objekten<br />

primär Stiftungen und Family Offices)<br />

dominiert wird, gab es im zweiten Halbjahr<br />

2020 doch eine bemerkenswerte Transaktion,<br />

die die nicht diesem Grundmuster entsprach<br />

und dem Markt langfristig weitere Perspektiven<br />

eröffnen kann: Ein großes Portfolio der<br />

CPI mit zehn Objekten in den Wiener Bezirken<br />

1100 (Favoriten), 1150 (Rudolfsheim-Fünfhaus),<br />

1160 (Ottakring), 1170 (Hernals) und<br />

1180 (Währing) wurde von der aik Immobilien-Investmentgesellschaft<br />

aus Düsseldorf erworben.<br />

Erstmals seit Jahrzehnten stieg damit<br />

ein internationaler institutioneller Investor<br />

in nennenswertem Maß ein und verschärfte<br />

damit die Konkurrenz um die wenigen auf den<br />

Markt kommenden Häuser.<br />

Neue Zinshäuser punkten<br />

Zunehmender Beliebtheit erfreuen sich auch<br />

reine Mehrfamilienhäuser im Neubau mit<br />

einem Objektwert zwischen 2 und 5 Millionen<br />

Euro. Diese „neuen“ Zinshäuser erwirtschaften<br />

unter Umständen weit höhere Renditen<br />

als ihre vor 1945 erbauten Pendants, da sie<br />

dem Mietrechtsgesetz (MRG) beziehungsweise<br />

etwaigen anderen Einschränkungen<br />

nicht unterliegen. Diese Mietshäuser können<br />

sich durchaus auch in den umliegenden Nachbarländern<br />

befinden. „Alles, was innerhalb<br />

von wenigen Autostunden erreichbar ist, wird<br />

nachgefragt“, meint der Experte, der neben<br />

Wien auch Niederlassungen in weiteren sieben<br />

europäischen Städten – von Berlin bis Lissabon<br />

– betreibt. „Ob eine Liegenschaft zum<br />

Beispiel in Innsbruck oder Prag liegt, macht<br />

für Investoren manchmal wenig Unterschied“,<br />

so Arnold. Übrigens, die Einstiegspreise in<br />

Prag gestalten sich zunehmend in mittleren<br />

10 <strong>ImmoFokus</strong>


„Private Investoren und<br />

Stiftungen wagen immer<br />

häufiger auch den<br />

Blick über den Wiener<br />

Tellerrand hinaus.“<br />

Markus Arnold,<br />

Arnold Immobilien<br />

Lagen ähnlich wie hierzulande. Anlageimmobilien<br />

mit reiner Wohnnutzung werden<br />

zudem von Banken mit niedrigeren Risikoprämien<br />

bewertet, „das ist auf allen unseren<br />

Märkten ähnlich“.<br />

Das Thema Nachhaltigkeit beziehungsweise<br />

ESG wird laut Arnold Immobilien auch immer<br />

stärker Wohnimmobilien betreffen, da die Klimaziele<br />

der österreichischen Bundesregierung<br />

eine Anhebung der Sanierungsrate von derzeit<br />

Das spricht für Zinshäuser<br />

einem auf drei Prozent vorsehen. Speziell Gründerzeithäuser<br />

könnten aufgrund der guten<br />

Bausubstanz maßgeblich zur Erreichung dieser<br />

Ziele beitragen, da sie meist gut sanierbar und<br />

daher zu einer nachhaltigen Gebäudeklasse<br />

entwickelbar sind. „Die geringen Einnahmen<br />

aus Altmieten beziehungsweise gedeckelten<br />

MRG-Mieten könnten nachhaltige Sanierungen<br />

eher verhindern als fördern“, was für Markus<br />

Arnold ein weiteres starkes Argument für<br />

den dringenden Reformbedarf darstellt. <br />

Für Zinshäuser sind wegen der ganz am Substanzwert orientierten Preisbildung<br />

und der ohnehin nicht durch den Markt, sondern per Gesetz limitierten laufenden<br />

Mieteinnahmen, typische Konjunkturrisiken wie Leerstände, Zahlungsausfälle<br />

oder rückläufige Mietenniveaus nur von untergeordneter Bedeutung. Wenn<br />

die laufenden Erträge ohnehin nicht preisbestimmend sind, kann auch eine<br />

Stagnation oder sogar ein Rückgang der Mieteinnahmen den Marktwert des<br />

Objekts nicht fundamental beeinträchtigen.<br />

Die Niedrigstzinspolitik der EZB, die sich wohl noch jahrelang kaum ändern wird,<br />

macht Finanzanlagen wie insbesondere festverzinsliche Wertpapiere wenig<br />

attraktiv. Für hohe Cashbestände sind mittlerweile Strafzinsen nicht mehr ungewöhnlich,<br />

und die Finanzierung des im Allgemeinen recht niedrigen Fremdkapitalanteils<br />

ist insbesondere für Käufer mit hoher persönlicher Bonität (diese ist<br />

in der Regel wichtiger als die Projektkennzahlen selbst) äußerst kostengünstig<br />

möglich. Für eigenkapitalstarke Investoren sind Zinshäuer daher ein geradezu<br />

idealer „Kapitalparkplatz“.<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

11


<strong>ImmoFokus</strong>.Rubrik<br />

Bewertung<br />

ImFokus<br />

Der Markt hat<br />

immer recht<br />

Bewertung von Zinshäusern. Letztlich gelten die einfachsten Marktgesetze auch für den Markt mit<br />

Zinshäusern: Hohe Nachfrage erzeugt auch einen höheren Preis.<br />

Kolumne: Wolfgang M. Fessl<br />

D<br />

er Markt für klassische Zinshäuser,<br />

also jene Mehrparteienhäuser<br />

in den Ballungszentren, die um<br />

die Jahrhundertwende erbaut<br />

wurden, stellt sich in den letzten Jahren sehr<br />

dynamisch dar.<br />

In einigen Bereichen (Wiener Innenbezirke)<br />

konnten diese Häuser in nur etwa fünf Jahren<br />

Wertsteigerungen von etwa 100 Prozent erzielen.<br />

Wie sieht die Bewertung für derartige<br />

Häuser aus, wie können solche Wertsteigerungen<br />

erfasst werden?<br />

Letztlich gelten die einfachsten Marktgesetze<br />

auch für den Markt mit Zinshäusern: Hohe<br />

Nachfrage erzeugt auch einen höheren Preis.<br />

professionellen <strong>Zinshaus</strong>-Investoren sagen<br />

„Brutto-Rendite“ dazu und klassifizieren die<br />

Häuser damit als einen „Zweiprozenter“ oder<br />

einen „Dreiprozenter“.<br />

Doch auch wenn die Zinshäuser zunehmend<br />

nur als „Geldparkplatz“ erworben werden und<br />

die Renditen deutlich gesunken sind, greift die<br />

Bewertung auf die Eigenschaft als Ertragsobjekt<br />

zurück.<br />

„Term and Reversion“-Verfahren<br />

Da bei einem <strong>Zinshaus</strong> die unterschiedlichsten<br />

Mietobjekte in Bezug auf die Nutzungsarten,<br />

Mietniveaus und Vertragslaufzeiten umfasst<br />

sind, kommt hier das „Term and Reversion“-<br />

Verfahren zum Einsatz.<br />

Falle von leerstehenden Wohnungen wird jeweils<br />

die Marktmiete herangezogen.<br />

Speziell im Altbaubereich gibt es immer noch<br />

viele Mietverhältnisse, die zu einem Bruchteil<br />

der Marktmiete vermietet sind, teilweise sogar<br />

sehr deutlich unter dem jeweiligen Richtwert.<br />

Die Investoren werten dieses „Mietsteigerungspotenzial“<br />

jedoch bereits beim Kauf ein,<br />

und die „Term and Reversion“-Berechnung tut<br />

dies ebenfalls.<br />

Es wird also davon ausgegangen, dass der aktuelle<br />

Mietertrag nach einer bestimmten Zeit<br />

auf das Marktmietniveau angehoben werden<br />

kann.<br />

Da es sich bei diesen Häusern um grundsolide<br />

Veranlagungen handelt (der Großteil davon<br />

besteht aus kleinteiligen Wohnungen), werden<br />

diese intensiv als risikoarme Anlageform<br />

gesucht.<br />

Grundsätzlich stellen diese Häuser Ertragsobjekte<br />

dar. Sie erwirtschaften aufgrund der<br />

Mieteinnahmen einen jährlichen Ertrag.<br />

Dieser Ertrag stellt jeweils einen Bruchteil des<br />

Kaufpreises dar und wird als Prozentsatz des<br />

Kaufpreises (oder Wertes) ausgewiesen. Die<br />

Im ersten Schritt werden die Erträge des Hauses<br />

erfasst. Dies geschieht auf Top-Ebene, es<br />

werden also für jede Mieteinheit separat deren<br />

Eigenschaften erfasst (Größe, Stockwerkslage,<br />

Ausstattungskategorie, Miete, Laufzeit des<br />

Vertrages etc.)<br />

Die Mieten werden mit den zum Bewertungsstichtag<br />

vorliegenden Marktmieten<br />

abgeglichen. Hierbei stellt sich heraus, ob die<br />

jeweilige Wohnung genau zum Marktniveau<br />

vermietet ist oder darüber bzw. darunter. Im<br />

Bei befristeten Verträgen werden hierfür die<br />

Restlaufzeiten der Verträge zugrunde gelegt.<br />

Bei unbefristeten Verträgen werden jene Laufzeiten<br />

angesetzt, welche von den Marktteilnehmern<br />

üblicherweise als Bestandsvertragsdauer<br />

angesehen werden, diese orientieren<br />

sich auch an der Differenz zwischen der aktuellen<br />

Vertragsmiete und der Marktmiete. Also<br />

je geringer der aktuelle Mietertrag ist, umso<br />

länger ist damit zu rechnen, dass der Mieter<br />

von diesem Umstand auch Gebrauch macht.<br />

12 <strong>ImmoFokus</strong>


Wolfgang M. Fessl<br />

Wolfgang M. Fessl ist Spezialist für Einzelhandels-<br />

und Sonderimmobilien und<br />

verfügt über langjährige Erfahrung in der<br />

Immobilienbranche. Vor seiner Tätigkeit<br />

bei der Reinberg-Gruppe war er als Head<br />

of Asset-Management bei der conwert und<br />

der Immofinanz. Sein Fokus lag auf großvolumigen<br />

Bestandsportfolien und Retailimmobilien.<br />

Insgesamt verfügt Wolfgang<br />

Fessl über mehr als 20 Jahre Erfahrung im<br />

nationalen und internationalen Immobiliengeschäft.<br />

Fessl ist allgemein beeideter und<br />

gerichtlich zertifizierter Sachverständiger,<br />

Immobilientreuhänder (Makler), Member<br />

der Royal Institution of Chartered Surveyors<br />

(RICS), zertifiziert nach CIS Immozert<br />

und Recognised European Valuer (REV).<br />

Es wird also die Vertragsmiete bis zum Ablaufen<br />

des Vertrages berechnet, dies ist der<br />

„Term“.<br />

Der verbleibende Zeitraum nach Ablauf des<br />

bestehenden Mietvertrages bis zum Ende der<br />

Lebensdauer des Objektes (Reversion) wird<br />

dann bereits mit der Marktmiete angesetzt.<br />

Der Jahresrohertrag wird um die Bewirtschaftungskosten<br />

(interne Verwaltungskosten, Instandhaltungen<br />

und Leerstehungskosten im<br />

Zuge von Neuvermietungen) vermindert und<br />

ergibt so den Jahresreinertrag.<br />

Der Jahresreinertrag wird noch um die Bodenwertverzinsung<br />

gekürzt, da man davon<br />

ausgeht, dass der Boden „unendlich“ zur<br />

Verfügung steht, das Gebäude jedoch nur im<br />

Zeitraum der Restnutzungsdauer.<br />

Der um die Bodenwertverzinsung gekürzte<br />

Jahresreinertrag wird dann bis zum Ende der<br />

Restnutzungsdauer aufsummiert und mit<br />

dem Liegenschaftszinssatz abgezinst.<br />

Die Restnutzungsdauer wird vom Gutachter<br />

im Zuge der Befundaufnahme im Objekt aufgrund<br />

des vorgefundenen Zustandes festgesetzt.<br />

Der Ertragswert errechnet sich somit aus der<br />

Summe vom Ertragswert des Gebäudes und<br />

dem Bodenwert. Anschließend werden noch<br />

sogenannte „wertbeeinflussende Umstände“<br />

addiert. Darunter fallen zum Beispiel noch<br />

nicht ausgebaute Rohdachböden.<br />

Und eines ist ganz wichtig:<br />

Bewerten heißt nicht berechnen!<br />

Es ist gänzlich unerheblich, welchen Wert der<br />

Gutachter berechnet, entscheidend ist letztlich,<br />

wie die Marktteilnehmer die Situation<br />

einschätzen und welche Werte aktuell am<br />

Markt erzielt werden.<br />

Das bedeutet, ein Gutachter wird nur dann einen<br />

akkuraten Wert des <strong>Zinshaus</strong>es ermitteln<br />

können, wenn er ausreichend aktuelle (!) Erfahrungswerte<br />

direkt aus dem Marktgeschehen<br />

miteinzieht und diese in seine Wertermittlung<br />

einfließen lässt.<br />

Dies betrifft auch die Einflusskriterien der<br />

EU-Taxonomie (ESG). Es wird abzuwarten<br />

sein, wie sich diese auf den Markt auswirken,<br />

welchen Stellenwert die präsumptiven Käufer<br />

diesen Kriterien beimessen. Bis dato ist der<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt noch relativ unbeeindruckt<br />

davon.<br />

Dreimal so lange Lebensdauer<br />

Hierbei darf auch nicht vergessen werden, dass<br />

diese Häuser bereits seit 100 Jahren bestehen<br />

und bei entsprechender Instandhaltung noch<br />

weitere 100 Jahre weiterbestehen können. Damit<br />

ist die Lebensdauer etwa dreimal so lange<br />

wie bei einem Neubau-Bürohaus.<br />

Dementsprechend ist auch die Umweltbilanz<br />

der Zinshäuser eine sehr positive, da die Errichtung<br />

eines Gebäudes einen wesentlich<br />

größeren klimatischen Fußabdruck hat als die<br />

jährlichen Heizkosten.<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

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<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

Grüner geht’s nicht<br />

Nachhaltige Investments. „Wir müssen Wertsteigerung nicht innerhalb von einem, zwei oder drei Jahren<br />

realisieren. Daher können wir auch höhere Preise bezahlen. Wir kaufen, um den Bestand an Immobilien auf- und<br />

auszubauen“, umreißt 3SI-Chef Michael Schmidt die Strategie des Familienunternehmens.<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

14 <strong>ImmoFokus</strong>


Häufig wird kritisiert, dass so viele Zinshäuser<br />

verschwinden. Nicht durch Abriss,<br />

sondern durch Sanierung, Parifizierung<br />

und Abverkauf ?<br />

Michael Schmidt: Das muss nicht sein. Wir<br />

halten aktuell rund 120 Zinshäuser in Bestand.<br />

In Summe haben wir seit 2001 über 300<br />

Objekte realisiert. Allein in diesem Jahr haben<br />

wir über 40 Zinshäuser angekauft. Vor allem<br />

in Wien, aber auch in Graz und Salzburg.<br />

40 Zinshäuser – man hat sich also ordentlich<br />

Arbeit eingekauft? <strong>Zinshaus</strong> Banking.<br />

Pipeline gefüllt, um in den nächsten<br />

Jahren ausreichend Projekte realisieren zu<br />

können?<br />

Das würde ich nicht so sagen. Nicht jedes<br />

angekaufte <strong>Zinshaus</strong> ist ein Bauträgerobjekt.<br />

Wir haben vor kurzem ein kleineres Haus in<br />

der Lindengasse 5, direkt beim KDW der Signa<br />

Gruppe, erworben. Der Dachboden war bereits<br />

ausgebaut. Wir haben saniert, neu vermietet<br />

und halten es im Bestand, der an die nächste<br />

Generation weitergegeben werden soll. Aber<br />

natürlich ist es schön, eine gefüllte Pipeline<br />

für Bauträger-Projekte zu haben.<br />

Ich würde sagen, wir haben pro Jahr zehn bis<br />

15 Zinshäuser , die beziehungsweise deren<br />

Wohnungen nach einer umfassenden Sanierung<br />

auch abverkauft werden. Das sind unsere<br />

klassischen hochwertig-stilvollen Projekte, für<br />

die man auch die 3SI Immogroup kennt.<br />

Steigende Ankaufkosten, steigende<br />

Bau- bzw. Sanierungskosten. Rechnet sich<br />

das noch? Wie bewertet man aktuell ein<br />

<strong>Zinshaus</strong>?<br />

Ein aktuell sehr schwieriges Thema, ehrlich<br />

gesagt. Bei einem vollvermieteten, sanierten<br />

<strong>Zinshaus</strong>, in dem alles in Ordnung ist, kommt<br />

bei einer Renditeberechnung nicht mehr viel<br />

raus. Ein <strong>Zinshaus</strong> ist auch immer ein wenig<br />

immer ein Liebhaberprojekt, überhaupt im<br />

innerstädtischen Bereich.<br />

„Bei einem vollvermieteten,<br />

sanierten <strong>Zinshaus</strong>, in dem<br />

alles in Ordnung ist, kommt<br />

bei einer Renditeberechnung<br />

nicht mehr viel raus.“<br />

Ein Liebhaberobjekt, das man sich auch<br />

leisten können muss.<br />

Das man sich leisten können muss, genauso ist<br />

es. Wir können uns diese Projekte leisten, da<br />

wir bei den Bauträgerobjekten – also Ankauf,<br />

Sanierung, Verkauf – Gewinn erwirtschaften,<br />

mit dem wir unsere Bestandsobjekte querfinanzieren.<br />

Zur Bewertung: Diese folgt einem klaren<br />

Schema. Gibt es einen verwertbaren Rohdachboden?<br />

Wieviel Quadratmeter Wohnfläche<br />

können zu welchem Preis realisiert werden?<br />

Bei den Wohnungen unterscheiden wir<br />

zwischen leer, befristet und unbefristet. Bei<br />

den unbefristet vermieteten kommt es drauf<br />

an, ob die Wohnung zum alten Mietrechtszins<br />

oder zu einem normalen Mietzins vermietet<br />

ist. In Wirklichkeit zerlegen wir das <strong>Zinshaus</strong><br />

in seine Einzelteile. Diese werden Einheit für<br />

Einheit bewertet, mit einem Quadratmeterpreis<br />

bepreist. Am Ende des Prozesses steht<br />

dann ein Preis; der Preis, den die Immobilie<br />

unserer Einschätzung nach wirklich wert ist.<br />

Und dann rechnen wir noch unsere Liebe und<br />

Michael Schmidt,<br />

3SI Immogroup<br />

Leidenschaft für Altbauten und Zinshäuser<br />

hinzu – am Ende steht dann ein für den<br />

Verkäufer oft mehr als attraktiver Kaufpreis.<br />

Wird intern oder extern bewertet?<br />

Die Bewertungen machen wir immer im Haus.<br />

Da geht es um Erfahrung. Ich allein darf auf<br />

20 Jahre Erfahrung zurückblicken. In diesen<br />

zwei Jahrzehnten habe ich mir sicher ein paar<br />

tausend Häuser selbst angeschaut. Dann gibt<br />

es unseren Prokuristen Christian Ziegler, der<br />

seit 2003 bei uns im Unternehmen ist, Markus<br />

Steinböck und viele andere im Team, die<br />

schon lange dabei sind.<br />

Wenn man so lange im Geschäft ist – gibt<br />

es da schon ein Bauchgefühl, wenn man<br />

ein Haus betritt?<br />

Auf jeden Fall. Ich selbst mache ja nicht diese<br />

Einwertung, die ich gerade beschrieben habe.<br />

Ich mache eine Milchmädchenrechnung. So<br />

rasch einmal Daumen mal Pi – und liege damit<br />

nicht viel daneben. Also es ist viel Bauchgefühl,<br />

natürlich. Ich glaube, dass ich jedes Haus<br />

innerhalb von ein paar Minuten grundsätzlich<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

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<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

„Das <strong>Zinshaus</strong>, ist ja das<br />

Grünste, was es gibt. “<br />

Michael Schmidt,<br />

3SI Immogroup<br />

bewerten kann. Bewerten ist die eine, der Preis<br />

die andere Seite der Medaille. Viele Objekte<br />

sind halt schon sehr, sehr teuer geworden. Des<br />

Öfteren zu teuer.<br />

Ist die Erwartungshaltung der Verkäufer<br />

angesichts der Medienberichte über stetig<br />

steigende Immobilienpreise zu hoch?<br />

Natürlich. Wir sind keine Privatstiftung, aber<br />

auch wir zahlen absolute Liebhaberpreise.<br />

Aber wir zahlen sie im einen oder andern Fall<br />

trotzdem – da sind wir ein wenig hybrid. Wir<br />

sind der Bauträger. Wir sind der Einkäufer.<br />

Wir sind der Händler. Auf der anderen Seite<br />

sind wir einer der wenigen, die sukzessive<br />

einen eigenen Bestand aufbauen. Das unterscheidet<br />

uns von andern Marktteilnehmern.<br />

Darum können wir bei dem einen oder anderen<br />

Projekt vielleicht doch mehr zahlen. Weil wir<br />

die Wertsteigerung nicht innerhalb von einem,<br />

zwei oder drei Jahren realisieren müssen – wie<br />

es bei anderen Unternehmen der Fall ist.<br />

Wir freuen uns natürlich auch über eine Wertsteigerung<br />

in zehn Jahren, wenn wir sagen<br />

können „es war eine sehr gute Idee, dieses<br />

Haus zu erwerben und eine hervorragende, es<br />

noch lange in Bestand zu halten und halten zu<br />

können.“<br />

So können nur Familienunternehmen<br />

denken, denen keine Shareholder im<br />

Nacken sitzen.<br />

Genau. Wir sind ein reiner Familienbetrieb.<br />

Wir haben und hatten keine Investoren – und<br />

werden in Zukunft auch keine haben. Ich<br />

kenne fast niemanden mehr, der nicht mit<br />

Crowdfunding, Investment-Clubs zusammenarbeitet.<br />

Wir haben das Unternehmen – abseits<br />

von Bankfinanzierungen – ohne Fremdkapital<br />

aufgebaut. Die Eigenmittel kommen aus der<br />

Familie und von unseren Firmen. Das wird<br />

auch so bleiben.<br />

Bereiten Ihnen die Themen ESG und<br />

EU-Taxonomie Kopfzerbrechen? Speziell<br />

in Richtung Kreditfinanzierung?<br />

Das <strong>Zinshaus</strong> ist ja das grünste, was es gibt.<br />

Wir haben einen Bestand und mit diesem<br />

arbeiten wir. Wir reißen das <strong>Zinshaus</strong><br />

nicht weg, sondern wir sanieren es, wenn<br />

es wirtschaftlich sinnvoll ist. Unsere<br />

Dachbodenausbauten werden in Leichtbauweise<br />

– also mit einem hohen Holzanteil<br />

– ausgeführt. Es gibt sogar, wie mir ÖGNI-<br />

Geschäftsführer Peter Engert erst kürzlich<br />

in einem Gespräch bestätigt hat, ein eigenes<br />

ÖGNI-Zertifikat für Gebäude im Bestand.<br />

Also ich mache mir keine Sorgen. Wir sind<br />

ÖGNI-Mitglied und werden uns nächstes<br />

Jahr sicher stärker engagieren und Projekte<br />

zertifizieren lassen.<br />

Was halten Sie von Bieterverfahren oder<br />

Versteigerungen?<br />

Wir haben hier keine Berührungsängste.<br />

Wir machen mit. Bieterverfahren sind<br />

eine neue Art Immobilien zu verkaufen.<br />

Dieser Modus existiert aber nicht nur beim<br />

<strong>Zinshaus</strong>, sondern auch teilweise schon bei<br />

Wohnungen. Ich glaube aber, dass es nicht<br />

zu jeder Immobilie passt. Die meisten Deals<br />

gehen ohne Bieterverfahren über die Bühne.<br />

Bieterverfahren sind in den Medien sehr<br />

präsent. Sie werden groß angekündigt – das<br />

Ergebnis wird ebenso groß verkündet. Wenn<br />

man sich aber die bei Bieterverfahren erzielten<br />

Preise ansieht, erkenne ich keinen Mehrwert.<br />

Es gibt auch Marktteilnehmer, zum Beispiel<br />

große Stiftungen, die machen aus Prinzip bei<br />

Bieterverfahren nicht mit. Ein Vorteil ist sicher<br />

die Transparenz. Ich glaube aber, dass nicht<br />

immer der beste Preis erzielt wird.<br />

Warum?<br />

Weil nur ein kleiner Kreis mitmacht. Es<br />

macht doch mehr Sinn, möglichst viele<br />

Interessenten anzusprechen. Zudem sind<br />

im Bieterverfahren die Bedingungen des<br />

Kaufvertrages nicht verhandelbar. Da gibt es<br />

16 <strong>ImmoFokus</strong>


dann sogar Kaufverträge, wo vom Verkäufer<br />

keine Haftungen übernommen werden und<br />

so weiter. Dass in derartig gelagerten Fällen<br />

potenzielle Käufer sagen „Da kann ich nicht<br />

mitmachen“, das muss dem Verkäufer auch<br />

klar sein. Sicher ein Manko. Wir kaufen<br />

– sowohl bei Bieterverfahren, als auch im<br />

klassischen Ankaufsprozess – auch Minderheitsanteile,<br />

wir kaufen Mehrheitsanteile,<br />

wir kaufen parifizierte Wohnungsanteile.<br />

Wir kaufen sogar noch einzelne Wohnungen,<br />

wenn es passt. Wir sind uns für nichts zu<br />

schade. Am liebsten kaufen wir das ganze<br />

<strong>Zinshaus</strong>. Der Kauf von <strong>Zinshaus</strong>anteilen ist<br />

aber sicher die Zukunft.<br />

Michael Schmidt<br />

Michael Schmidt, geboren 1980 in Wien, gründete nach der Matura<br />

in der HTL Mödling 2001 mit seinem Vater Harald und seinem Bruder<br />

Claus das Familienunternehmen 3SI Immogroup. Der inhabergeführte<br />

Immobilienentwickler hat sich neben dem Ankauf und der umfassenden<br />

Revitalisierung von Zinshäusern in den letzten Jahren auch auf die<br />

Errichtung von modernen, nachhaltig errichteten Neubauobjekten<br />

spezialisiert. Michael Schmidt, der vergangenes Jahr mit dem CÄSAR<br />

als „Immobilienmanager des Jahres“ ausgezeichnet wurde, ist verheiratet<br />

und Vater eines Sohnes.<br />

Versteigerungen – freiwillige Versteigerungen<br />

– sind vom Markt verschwunden?<br />

Ja, das sind sie wirklich.Ich muss sagen, ich<br />

habe die Versteigerungen nie verstanden. Für<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

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<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

3SI Immogroup<br />

Die 3SI Immogroup ist ein seit drei Generationen bestehendes<br />

Wiener Familienunternehmen, das sich auf die Revitalisierung<br />

und Entwicklung von Zinshäusern sowie den hochwertigen<br />

Ausbau von Dachböden spezialisiert hat. Neben der Sanierung<br />

historischer Bausubstanz trägt die 3SI Immogroup als Bauträger<br />

seit Jahren auch aktiv zu nachhaltiger Wohnraumschaffung<br />

im Neubausegment bei.<br />

Das Familienunternehmen mit Sitz im ersten Wiener Gemeindebezirk<br />

hält aktuell rund 120 Zinshäuser mit einer Gesamtfläche<br />

von mehr als 120.000 Quadratmetern in seinem Bestand.<br />

Mit vierzig Mitarbeitern und jährlichen Investitionen im dreistelligen<br />

Millionenbereich zählt die 3SI Immogroup zu den führenden<br />

Projektentwicklern in Wien und Graz.<br />

mich haben Versteigerungen einen negativen<br />

Beigeschmack. Für mich ist eine Versteigerung<br />

eine Zwangsversteigerung.<br />

Wie beurteilen Sie die WEG-Novelle?<br />

Positiv. Minderheitseigentümer hatten viele,<br />

wenn nicht sogar zu viele Rechte. Diese<br />

werden jetzt ein wenig beschnitten. Das ist<br />

gut so. Wir werden lernen, mit der Novelle<br />

umzugehen.<br />

Die meisten Differenzen poppen auf, wenn<br />

saniert werden muss. Wer eine parifizierte<br />

Wohnung kauft, ist in der Regel vor diesen<br />

Auseinandersetzungen für zumindest 20,<br />

wenn nicht gar 30 Jahre sicher. Die Häuser<br />

werden vor dem Abverkauf totalsaniert. Neue<br />

Steigleitungen, neue Fassade, neues Dach –<br />

18 <strong>ImmoFokus</strong>


inklusive Lifteinbau. Da hat man dann fürs<br />

erste Ruhe. Sanierung und Parifizierung hat<br />

viele Zinshäuser vor dem Abriss bewahrt.<br />

Die Preise kennen – auch bei den Zinshäusern<br />

nur einen Weg – den nach oben.<br />

Können Sie sich an eine Delle im <strong>Zinshaus</strong>markt<br />

erinnern?<br />

Zwischen 2001 und 2008 haben wir viele<br />

Zinshäuser saniert und parifiziert. Dachböden<br />

ausgebaut, Lifte eingebaut – das ganze<br />

bekannte Programm. 2001 bis 2008 war ein<br />

Käufermarkt. Man hat den Käufer suchen<br />

müssen. Die Preise sind moderat gestiegen.<br />

Es war auch nicht so viel Geld am Markt wie<br />

heute. Die Zinsen waren höher, die Banken bei<br />

der Kreditvergabe durchaus restriktiver. Dann<br />

kam mit der Lehman Pleite im Jahr 2008 die<br />

Wirtschaftskrise mit zwei Jahren Unsicherheit<br />

im Markt. Nach sechs Monaten mit einem<br />

Tief ist es rapide nach oben gegangen. Wer<br />

2010, 2011 eingestiegen ist, kennt nur einen<br />

Verkäufermarkt. 2010 hat der <strong>Zinshaus</strong>-Boom<br />

begonnen, der Mitte 2020 noch einmal befeuert<br />

wurde. Haben wir früher bei Zinshäusern<br />

von Liebhaberobjekten gesprochen, sind es<br />

heute die sichersten Anlageobjekte, die es gibt.<br />

Natürlich spielen Renditen noch eine Rolle,<br />

allerdings sind sie geringer, als sie noch vor<br />

zehn oder 15 Jahren waren. Dahingehend<br />

würde mich natürlich freuen, wenn mit einer<br />

umfassenden Mietrechtsreform der freie<br />

Mietzins auch bei sanierten Altbauwohnungen<br />

Einzug halten würde. Dass derzeit für eine<br />

topsanierte Altbauwohnung, etwa im achten<br />

Bezirk, wo gerade auch der Lagezuschlag<br />

gefallen ist, aufgrund der Mietzinsobergrenze<br />

nur 5,80 Euro am Quadratmeter verlangt<br />

werden kann, versteht niemand. In krassem<br />

Gegensatz steht da für mich die Neubauwohnung<br />

aus den 1960er- und 1970er-Jahren ein<br />

Haus weiter; Wohnungen, die nicht in einem<br />

so schönen, hochwertigen Zustand sind,<br />

wie die sanierte Altbauwohnung. Und hier<br />

existiert keine Mietzinsobergrenze. Das passt<br />

nicht zusammen…und führt auch dazu, dass<br />

viele <strong>Zinshaus</strong>eigentümer verkaufen müssen,<br />

weil sich das Vermieten unter den gegebenen<br />

Rahmenbedingungen nicht rechnet.<br />

Visualisierungen: 3SI Immogroup | JamJam<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

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<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

20 <strong>ImmoFokus</strong>


„Der <strong>Zinshaus</strong>markt ist<br />

stets weitergewachsen“<br />

Mr. <strong>Zinshaus</strong>. Eugen Otto, Eigentümer und Geschäftsführer von Otto Immobilien, gehört seit vielen Jahren<br />

zu den Top-Playern am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt. Im Interview spricht er über neue Investoren, den besten<br />

Verkaufsmodus sowie die seltsamen Auswüchse des aktuellen Booms.<br />

Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />

Fotos: Alexander Chitsazan<br />

Bei unserem letzten Real Circle meinten<br />

Sie, dass Sie kein Ende der Nachfrage- und<br />

Preisanstiege am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt<br />

sehen und es praktisch unmöglich ist,<br />

Preisvorhersagen zu treffen. Ist das die<br />

neue Normalität oder nur eine Momenterscheinung?<br />

Eugen Otto: Man sollte zwar niemals nie<br />

sagen, aber ich kann mir eine annähernd<br />

ähnliche Entwicklung in den nächsten Jahren<br />

nicht vorstellen. Für mich ist jetzt – vielleicht<br />

mit einem kleinen Spielraum der nächsten<br />

sechs bis zwölf Monate – der Zenit erreicht.<br />

Meines Erachtens wird sich die Lage wieder<br />

stabilisieren. Was sich jedoch viele wünschen,<br />

nämlich dass die Preise wieder erschwinglicher<br />

werden, wird voraussichtlich nicht eintreten.<br />

Dafür gibt es für uns – auch in unseren<br />

Analysen – keinerlei Anhaltspunkte.<br />

Können Sie sich an eine vergleichbare Periode<br />

am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt erinnern?<br />

Den ersten Boom hatten wir vor der Weltausstellung,<br />

die für 1995 geplant war. Nachdem<br />

die Wiener 1991 in einer Volksbefragung<br />

mehrheitlich gegen die Austragung der Weltausstellung<br />

stimmten, änderte sich praktisch<br />

nichts, die Preise gingen weiter schnurstracks<br />

in die Höhe. Wie die Treppen der Pyramiden.<br />

Zwar gab es danach, etwa ausgelöst durch<br />

gesetzliche Änderungen wie Wohn- und<br />

Mietrechtsnovellen (Stichwort Leerstandabgabe),<br />

immer wieder vorübergehende Verschnaufpausen.<br />

Im Grunde hat das aber den<br />

Aufwärtstrend nicht aufhalten können. Auch<br />

während der Finanzkrise 2008/2009 hat der<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt einen Boom erlebt. Während<br />

bekanntlich indirekte Immobilienveranlagungen<br />

wie Aktien und Fonds – entgegen der<br />

substanziellen Werte der realen Assets, die<br />

dahinterstanden – abstürzten.<br />

Andererseits, wann gab es zuletzt eine<br />

extrem negative Phase?<br />

An eine lange negative Periode kann ich mich<br />

nicht erinnern. Auch wenn sich – wie gesagt<br />

– rechtliche oder steuerliche Änderungen<br />

immer wieder vorübergehend auf die Transak-<br />

tionstätigkeit ausgewirkt haben. Der <strong>Zinshaus</strong>markt<br />

ist stets weitergewachsen. Damit<br />

gehen allerdings auch nicht nur erfreuliche<br />

Begleiterscheinungen einher.<br />

Wie meinen Sie das?<br />

Wir verwalten mehr als 160 Zinshäuser. Und<br />

nahezu jeder unserer Eigentümer berichtet<br />

von ganz seltsamen Auswüchsen. Wie etwa<br />

einer Flut an Schreiben, in denen erklärt wird,<br />

wieso sie gerade jetzt ihr <strong>Zinshaus</strong> verkaufen<br />

sollten. Gleichzeitig werden Anzeigen<br />

geschalten, in denen für den neuen Lebensgenuss<br />

geworben wird, der erst durch einen<br />

Verkauf möglich werden würde . Davon ist<br />

jeder Eigentümer unglaublich genervt. Es ist<br />

ja so, dass Makler oder Käufer auch nicht vor<br />

Telefonanrufen Halt machen. In einigen Fällen<br />

kann man durchaus von einer Art Telefon-<br />

Stalking sprechen. Es gibt sogar im Ausland<br />

lebende Eigentümer, die mir erzählt haben,<br />

dass plötzlich Leute vor ihrer Tür standen und<br />

meinten, es wäre ein wunderbarer Moment,<br />

ihr schönes Wiener <strong>Zinshaus</strong> zu verkaufen.<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

21


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

Und es gebe keine seriöseren Abnehmer als<br />

sie. Da kommt es schon zu unfassbaren Blüten.<br />

Eigentlich sollte man solche Geschichten<br />

sammeln und veröffentlichen. Da hätten viele<br />

Menschen etwas zum Schmunzeln.<br />

Hat der Corona-bedingte Boom auch neue<br />

Investoren angelockt, die vielleicht davor<br />

nicht so präsent waren? Oder sind die<br />

üblichen Verdächtigen am <strong>Zinshaus</strong>markt<br />

unterwegs?<br />

Generell sind <strong>Zinshaus</strong>investoren eine „Growing<br />

Community“. Auch die Vergesellschaftung<br />

der Investoren nimmt weiter zu. Sicher<br />

gibt es auch viele Player, die immer schon<br />

eine gewisse Affinität bzw. Interesse für das<br />

<strong>Zinshaus</strong> hatten und den Markt schon lange<br />

beobachteten, aber angesichts der hohen Preise<br />

zugewartet haben. Und die in den letzten ein,<br />

zwei Jahren gekauft haben. Zähneknirschend.<br />

Auch darüber kann man schmunzeln, denn<br />

hätten sie vor zehn Jahren ein Haus gekauft,<br />

wäre es heute das Doppelte wert – egal wo in<br />

Wien. Aber nicht nur die Zahl der privaten<br />

Anleger ist gestiegen. Bekanntlich hat heuer<br />

erstmals ein deutscher Vorsorgefonds ein Portfolio<br />

von Jahrhundertwendehäusern, die dem<br />

Vollanwendungsbereich des MRG zur Gänze<br />

unterliegen, gekauft. Das gab es davor nicht.<br />

Macht das überhaupt Sinn für einen<br />

Institutionellen?<br />

Das ist durchaus vernünftig. Einerseits wächst<br />

der Altbestand nicht. Andererseits habe<br />

ich bei Althäusern in den meisten Fällen<br />

Steigerungspotenzial bei den Mieten, was<br />

beim Neubau eher nicht der Fall ist. Kauft man<br />

Eugen Otto<br />

heute etwa ein neu errichtetes Apartmenthaus<br />

in guter Lage, so hat man bei einer Erstvermietung<br />

eine Rendite um die drei Prozent.<br />

In der Nachvermietung, in zwei, drei Jahren,<br />

kann man damit sehr wahrscheinlich nicht<br />

rechnen – auch, weil davor am Höhepunkt<br />

der Mietpreise vermietet werden konnte. Zum<br />

Mietsteigerungspotenzial kommt beim Altbau<br />

auch noch das Weiterentwicklungspotenzial<br />

der Substanz dazu.<br />

Werden sich deutsche Institutionelle nach<br />

dem „normalen“ Wohnmarkt nun auch<br />

verstärkt dem <strong>Zinshaus</strong>markt zuwenden ?<br />

Das kann ich mir durchaus vorstellen. Aber<br />

nicht, weil Gründerzeithäuser so attraktive<br />

Renditen bieten. Eher zur Beimischung und<br />

Streuung eines Portfolios. Das ist immer<br />

ein wichtiges Argument für eine <strong>Zinshaus</strong>investition.<br />

Natürlich befinden sich die<br />

Häuser in tollen Wiener Lagen. Sind schön<br />

anzuschauen, klassisch, großzügig. Ganz zu<br />

schweigen von der phantastischen Lebensqualität,<br />

die Wien bietet.<br />

Auf der anderen Seite erleben wir derzeit<br />

ausländische Eigentümer, die sagen: Also bei<br />

diesem Preisniveau sollte ich wirklich verkaufen.<br />

In den letzten eineinhalb Jahren haben<br />

wir einige Familien aus dem Ausland begleitet,<br />

die uns gefragt haben, ob sie bei einem Verkauf<br />

wirklich so hohe Preise erzielen könnten.<br />

Wir haben gesagt: Ja, das ist möglich. Und mit<br />

einer gewissen Competition, die wir in den<br />

Verkaufsprozess einbringen – und Investoren<br />

und Käufer ansprechen, um auszuloten, wer<br />

gerade bereit ist, den besten Preis zu zahlen –<br />

Eugen Otto ist Eigentümer und Geschäftsführer von Otto Immobilien. Das 1956 als kleine<br />

Hausverwaltung gegründete Familienunternehmen, hatte er 1990 übernommen und es<br />

sukzessive zu einem der größten privaten Immobilienberater des Landes entwickelt.<br />

Heute bietet Otto Immobilien das gesamte Spektrum der Immobiliendienstleistung an<br />

und deckt dabei alle Assetklassen ab – von Wohnen über Gewerbe und Investment bis<br />

hin zum <strong>Zinshaus</strong>. Eugen Otto ist Träger des Goldenen Verdienstzeichens der Republik<br />

Österreich sowie des Silbernen Ehrenzeichens der Stadt Wien und war 20 Jahre lang<br />

Präsident des Internationalen Verbandes für Immobilienberufe (FIABCI).<br />

kann man anspruchsvolle Erwartungen noch<br />

einmal in die Höhe schrauben.<br />

Sind die von Ihnen angesprochenen Bieterverfahren<br />

wirklich der beste Weg, um<br />

ein <strong>Zinshaus</strong> zu verkaufen, oder bietet sich<br />

das eher an, wenn man den tatsächlichen<br />

Marktwert nicht genau kennt?<br />

Bieterverfahren bieten sich grundsätzlich<br />

fast immer an. Denn, dass es zu Situationen<br />

kommt, wo Eigentümer zu uns kommen und<br />

sagen, sie möchten das Haus verkaufen – „Das<br />

ist drei Millionen Euro wert. Bitte finden Sie<br />

einen Käufer.“ – diese Zeiten sind vorbei. Wir<br />

werden zur Beratung beigezogen: Für die Entwicklung<br />

der Strategie, wie man einen Verkauf<br />

am besten angeht – auch in steuerlicher und<br />

rechtlicher Hinsicht – und wann der richtige<br />

Zeitpunkt dafür ist. Dann empfehlen wir, entweder<br />

einen eingeschränkteren oder größeren<br />

Kreis einzuladen, an einer Ausschreibung<br />

teilzunehmen und im Rahmen eines ein- oder<br />

zweistufigen Verfahrens Angebote für das<br />

Haus abzugeben. Wobei wir zum Teil schon<br />

gutachterliche Befunde vorbereiten, damit es<br />

die Käufer – wenn sie schon in einem Bieterverfahren<br />

einen hohen Preis zahlen müssen<br />

– zumindest bei der Prüfung einfacher haben.<br />

Wir raten Verkäufern auch, dass es, wenn ein<br />

Verfahren ausgeschrieben wird, schon einen<br />

Kaufvertragsentwurf gibt, der die Besonderheiten<br />

der betreffenden Liegenschaft darlegt,<br />

gleichzeitig aber auch marktgängig ist. Damit<br />

verkürzt man die Frist, in der der Kaufvertrag<br />

verhandelt wird.<br />

Wie lange dauert es in der Regel, bis bei<br />

einem Bieterverfahren der Verkaufsvertrag<br />

unterschrieben wird?<br />

Das hängt natürlich vom Grad der Vorbereitungen<br />

ab. Das schnellste, was wir erlebt<br />

haben, waren sechs bis sieben Wochen.<br />

Natürlich spielt hier auch die Jahreszeit eine<br />

Rolle. Wir raten etwa immer dringendst davon<br />

ab, ab Mitte November mit dem Verfahren zu<br />

beginnen, weil man dann in die Weihnachtszeit<br />

kommt. Auch im Sommer, im Juli oder<br />

August, geht alles ein bisschen langsamer<br />

vonstatten. Bei größeren Portfolios haben wir<br />

auch schon sechs bis acht Monate gebraucht.<br />

Aber auch ganz große Transaktionen, mit<br />

Volumina von mehr als hundert Millionen<br />

22 <strong>ImmoFokus</strong>


„An eine lange<br />

negative Periode<br />

am Wiener<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt<br />

kann ich mich<br />

nicht erinnern.“<br />

Eugen Otto,<br />

Otto Immobilien<br />

Euro, können, wenn das Bieterverfahren<br />

erstklassig vorbereitet wurde, innerhalb von<br />

sechs Monaten über die Bühne gehen. Unsere<br />

bis dato größte Transaktion hatte ein Volumen<br />

von 400 Millionen Euro. Sie ist auch innerhalb<br />

eines halben Jahres abgewickelt worden.<br />

Ist das größte Risiko, das mit Bieterverfahren<br />

verbunden ist, dass damit in der Regel<br />

nicht der Höchstpreis erzielt wird?<br />

Solche „dramatischen Situationen“ passieren<br />

bei Bieterverfahren ganz selten. Und möglicherweise<br />

geht man als Verkäufer auch<br />

Haftungen ein, die man nicht eingehen würde,<br />

wenn man mit den Verträgen verkauft, die wir<br />

durch unsere Anwälte in diese Verfahren einbringen.<br />

Wird jedenfalls ein Bieterverfahren<br />

von jemandem begleitet, der sein Handwerk<br />

versteht, und das Ganze ordentlich und seriös<br />

macht, dann ist das meiner Meinung nach<br />

sicher die beste, transparenteste und fairste<br />

Möglichkeit, um ein <strong>Zinshaus</strong> zu verkaufen.<br />

Manche Eigentümer wollen etwa das Ganze<br />

ausschließlich über einen Notar oder Anwalt<br />

abwickeln, um das sicherzustellen. Ansonsten<br />

können Bieterverfahren auch ins Unseriöse<br />

abgleiten. Wir haben auch schon erlebt, dass<br />

mit dem Angebot des Interessenten A zum<br />

Interessenten B gegangen wird, mit dem Hinweis:<br />

Wenn Du da jetzt noch was drauflegst,<br />

dann kriegst Du das Haus.<br />

Schaut man sich die Renditen an, zu denen<br />

derzeit Zinshäuser gekauft werden, so<br />

stellt sich die Frage, ob diese überhaupt<br />

noch eine Rolle spielen, oder ob ausschließlich<br />

der „Wertspeicher-Gedanke“<br />

im Vordergrund steht?<br />

Renditen spielen natürlich eine Rolle. Selbst,<br />

wenn mitunter zu Renditen unter einem<br />

Prozent gekauft wird. Das ist natürlich kein<br />

Vergleich zu früheren Zeiten, als die Häuser<br />

zwischen fünf und acht Prozent brachten. Aber<br />

immerhin ist das noch immer ein positiver<br />

Ertrag, den ein Haus erwirtschaftet. Trotzdem<br />

sind das Sonderfälle. Kommt man nicht einmal<br />

auf ein Prozent Rendite, so hat das häufig<br />

damit zu tun, dass in dem betreffenden Haus<br />

noch nicht alle Wohnungen vermietet wurden,<br />

also noch Entwicklungspotenzial gegeben ist.<br />

Aber sicher ist das, was man heute oft einnimmt,<br />

eher ein „Renditchen“ als eine Rendite.<br />

Schaut man aber auf die Gesamtrendite, also<br />

die Entwicklung des Kapitalwerts und der<br />

Erträge der Immobilie, kommt man schon auf<br />

ein paar Prozent. Und in den letzten Jahren –<br />

wenn man die Wertsteigerung und den Ertrag<br />

berücksichtigt – ist man sicherlich jährlich<br />

knapp im zweistelligen Bereich gewesen.<br />

Wie schätzen Sie die Zahl der Investoren<br />

ein, die ihre Zinshäuser wirklich langfristig<br />

im Bestand halten möchten und nicht<br />

der Versuchung nachgeben, die Wohnungen<br />

einzeln abzuverkaufen?<br />

In Wahrheit gibt es ja zwei Versuchungen:<br />

Nicht nur den Abverkauf der Wohnungen,<br />

was ja durchaus mit nicht unerheblichem<br />

Aufwand verbunden ist, sondern auch die, das<br />

ganze Haus weiter zu drehen. Dieser Versuchung<br />

sind in den letzten Jahren sehr viele<br />

Profis erlegen. Zuvor hatten sie noch geplant,<br />

ihre Häuser zu entwickeln, dann ist jedoch ein<br />

so gutes Angebot gekommen, dass sie sich zu<br />

einem Verkauf entschlossen.<br />

Wie wird das Gesamtjahr am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt<br />

ausfallen? Man hat ja in den<br />

letzten Wochen gehört, dass viele Deals vor<br />

dem Abschluss stehen, wird der neuerliche<br />

Lockdown da etwas ändern?<br />

Ich glaube nicht, dass der Lockdown einen<br />

Einfluss auf die Transaktionstätigkeit haben<br />

wird. Schließlich sind wir mittlerweile alle<br />

darin geübt. Und auch diesmal werden notarielle<br />

Beurkundungen und Finanzierungen<br />

möglich bleiben – und daher auch Verkäufe.<br />

Ich glaube, dass wir zum Jahresende ein sehr<br />

üppiges Transaktionsvolumen für 2021 sehen<br />

werden. Über das kommende Jahr traue ich<br />

mich aber nicht, eine Prognose abzugeben. Es<br />

ist derzeit ein bisschen so, wie wenn man auf<br />

einer Landstraße im Nebel fährt und nur 50<br />

Meter Sicht hat.<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

23


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

„Reise nach Europa war<br />

immer schon geplant“<br />

Auslandsmärkte. Markus Arnold, CEO und Gründer Arnold Immobilien, spricht im Interview<br />

unter anderem über seine weiteren Expansionspläne, den Trend zu Cross-Border-Deals und<br />

die Renditeaussichten in Südeuropa.<br />

Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />

Sie haben ja im Bereich klassisches<br />

Zins- beziehungsweise Gründerzeithaus<br />

begonnen. Wie steht es um solche Objekte<br />

in Ihren Auslandsmärkten? Gibt es dort<br />

einen Markt für historische Zinshäuser<br />

beziehungsweise genießen diese dort<br />

einen ähnlich hohen Stellenwert wie<br />

hierzulande?<br />

Markus Arnold: Wo es solche Häuser gibt,<br />

und das ist nicht überall der Fall, werden sie<br />

von Investoren gesucht. In Bratislava ist etwa<br />

der Markt mit rund 2.000 Objekten sehr<br />

überschaubar. Diese Häuser stehen großteils<br />

im Stadtzentrum und werden zu Büro- und<br />

Retailzwecken genutzt, und weniger fürs<br />

Wohnen. In Budapest gibt es wiederum einen<br />

Markt für historische Zinshäuser. Dort ist man<br />

allerdings mit der Besonderheit konfrontiert,<br />

dass die darin befindlichen Wohnungen<br />

zu Zeiten des Kommunismus an die Mieter<br />

verschenkt wurden. Man hat also fast überall<br />

Wohnungseigentum, was das Investoreninteresse<br />

natürlich etwas schmälert. Eine ungebrochen<br />

hohe Nachfrage genießen Gründerzeithäuser<br />

in den deutschen Städten – egal ob das<br />

jetzt Leipzig, Dresden, Berlin, Hamburg oder<br />

München ist.<br />

Hat die Krise – ähnlich wie bei uns – die<br />

Nachfrage nach Zinshäusern im Ausland<br />

weiter befeuert und die Preise auf zuvor<br />

unvorstellbare Niveaus getrieben?<br />

Überall, wo schöne alte Gebäude stehen, sind<br />

sie mit viel Emotion versehen, eine begehrte<br />

Anlageform und werden auch um sehr gutes<br />

Geld verkauft. Natürlich hat das Corona weiter<br />

24 <strong>ImmoFokus</strong>


„Überall, wo schöne alte<br />

Gebäude stehen, sind sie mit viel<br />

Emotion versehen, eine begehrte<br />

Anlageform und werden um sehr<br />

gutes Geld verkauft.“<br />

Markus Arnold,<br />

Arnold Immobilien<br />

befeuert. Schließlich ist das Erste, was man<br />

in einer Krise macht, Geld in Steine umzutauschen.<br />

Vor allem, wenn von den Notenbanken<br />

so viel Geld in den Markt gepumpt wird, und<br />

jeder Angst vor Inflation beziehungsweise<br />

einer Geldwertentwertung hat. Grundsätzlich<br />

gilt: Je dichter die Märkte, desto höher und<br />

schneller steigen auch die Preise. Und gerade<br />

dort, wo viel Geld ist, wird auch nicht unbedingt<br />

ökonomisch entschieden. Daher sehen<br />

wir aktuell auch in unseren Auslandsmärkten,<br />

dass Höchstpreise getoppt werden.<br />

Wie ticken Ihre Auslandsmärkte in rechtlicher<br />

Hinsicht?<br />

Grundsätzlich hat jedes Land seine eigene<br />

Rechtslage und sein eigenes Mietrecht. Der<br />

Vorteil für österreichische Investoren ist, dass<br />

es – egal wo man hingeht – nur besser werden<br />

kann. Dasselbe gilt im Übrigen auch, was<br />

die steuerrechtliche Ausgangslage betrifft.<br />

Das Wichtigste ist für uns jedenfalls, dass in<br />

allen unseren Auslandsmärkten eine Grundbuchsicherheit<br />

besteht. Man muss sich also<br />

nirgendwo Sorgen machen, dass man um sein<br />

Eigentum gebracht wird. Auch auf die Mietrechtssituation<br />

in anderen Ländern kann man<br />

sich guten Gewissens einlassen. Grundsätzlich<br />

war es noch nie so einfach, im Ausland zu investieren,<br />

wie heute. Die Dienstleistung rund<br />

herum ist so gut organisiert, dass Investoren<br />

alle Themen abgenommen werden.<br />

Sie haben mittlerweile Büros in Berlin,<br />

Mailand, Madrid, Lissabon, Prag, Bratislava<br />

und Budapest. In Kürze folgen zwei<br />

weitere in Amsterdam und Stockholm.<br />

Haben Sie weitere Expansionspläne in<br />

Europa beziehungsweise sind Niederlassungen<br />

in London oder Paris geplant – oder<br />

gar in Übersee?<br />

Wir haben für alles einen Plan, die Frage ist<br />

nur, ob er in die Tat umgesetzt wird. Unser<br />

Ziel ist jedenfalls, der europäische Makler für<br />

Immobilien-Investments zu sein. Und wenn<br />

man diesen Anspruch hat, muss man sich<br />

natürlich mit diesen Märkten beschäftigen.<br />

Daher sind natürlich auch Frankreich und<br />

Großbritannien ein Thema für uns.<br />

Steht hinter Ihren Expansionsplänen vielleicht<br />

die Idee, Ihren inländischen Kunden<br />

die Möglichkeit zu geben, im Ausland zu<br />

investieren?<br />

Wie gesagt, die Reise nach Europa war immer<br />

schon geplant. Die Frage war nur, in welcher<br />

Reihenfolge die Expansion erfolgen soll.<br />

Wir haben uns dazu entschieden, die ersten<br />

Schritte in ehemaligen K&K-Ländern zu setzen.<br />

Nachdem wir in der Slowakei und Ungarn<br />

genügend Erfahrungen gesammelt haben,<br />

sahen wir uns bereit für den großen deutschen<br />

Markt, der für mich immer schon die größte<br />

Respektgeschichte war. Ein jährliches Transaktionsvolumen<br />

von 70 Milliarden Euro ist auch<br />

nicht irgendetwas. Danach war klar, dass wir<br />

in die südeuropäischen Märkte müssen, da<br />

diese seitens der Investoren großes Interesse<br />

genießen. Und jetzt sind eben Skandinavien<br />

und die Benelux-Länder beziehungsweise<br />

Büros in Stockholm und Amsterdam an der<br />

Reihe.<br />

Aber der Trend zu Cross-Border-Deals ist<br />

nicht von der Hand zu weisen?<br />

Ich komme tatsächlich gerade von einem<br />

Closing-Lunch, wo wir über unsere Büros in<br />

Prag, Wien und Berlin eine deutsche und eine<br />

österreichische Immobilie an einen tschechischen<br />

Investor vermittelt haben. Solche<br />

Deals sind mittlerweile unser Tagesgeschäft.<br />

Und da wollten wir ja auch hin. Realität ist,<br />

dass der Tscheche heute nicht mehr nur in<br />

seinem Heimatmarkt oder im angrenzenden<br />

Österreich zuschlägt, sondern beispielsweise<br />

auch in Spanien. Deutsche Investoren kaufen<br />

mittlerweile auch in Portugal. Wir sind<br />

jedenfalls so aufgestellt, dass wir genau solche<br />

Deals begleiten können.<br />

Wenn man jetzt beispielsweise in Italien,<br />

Spanien oder Portugal investiert, geht es<br />

darum, sich einen Performance-Kick ins<br />

Portfolio zu holen?<br />

Ja, wenn Sie heute etwa in Italien eine Gewerbeimmobilie<br />

kaufen, geht es in erster Linie um<br />

die Rendite.<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

25


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

Mit was für Renditen kann man konkret in<br />

Italien rechnen?<br />

Bei Gewerbeimmobilien im Fachmarktbereich<br />

liegen die Renditen bei sieben bis acht<br />

Prozent. Im Bürobereich kann man – je nach<br />

Lage in den Ballungszentren – sechs bis<br />

sieben Prozent Rendite erwarten. Deutlich<br />

weniger ist mit 4,5 Prozent bei Wohnimmobilien<br />

drinnen, was dennoch um einiges über<br />

dem Niveau in Österreich oder Deutschland<br />

liegt. Fairerweise muss man sagen, dass dem<br />

österreichischen und deutschen Markt eine<br />

andere Stabilität zugesprochen wird, was sich<br />

klarerweise auch in den Renditen spiegelt.<br />

Wie schaut die Situation in Spanien und<br />

Portugal aus?<br />

Wenn Sie heute auf der Iberischen Halbinsel<br />

in einer Millionenstadt wie Madrid, Barcelona<br />

oder Lissabon ein neues fertiges Bürohaus<br />

kaufen, können Sie mit sechs bis 6,5 Prozent<br />

rechnen. Im Wohnbereich sind Renditen um<br />

die drei Prozent üblich. Und bei Fachmarktzentren<br />

ab 7 Prozent.<br />

Sie haben jedenfalls in rasantem Tempo<br />

Knowhow aufgebaut. Können Sie heute<br />

alle Assetklassen abdecken? Beispielsweise<br />

auch Pflegeimmobilien?<br />

Ja. Tatsächlich haben wir gerade ein Pflegeportfolio<br />

im Programm, das wir in der<br />

Slowakei vermitteln. Zweifellos sind Pflegebeziehungsweise<br />

Seniorenimmobilien ein<br />

großes Thema – nicht zuletzt mit Hinblick<br />

auf die demographische Entwicklung. Fakt<br />

ist, dass die Menschen heute eine längere<br />

Lebenserwartung haben, weshalb auch der<br />

Pflegebedarf gestiegen ist. Dieser wird, wie<br />

Prognosen aufzeigen, in den kommenden<br />

Jahren weiter steigen.<br />

„Grundsätzlich<br />

war es noch nie so<br />

einfach, im Ausland<br />

zu investieren, wie<br />

heute.“<br />

Markus Arnold,<br />

Arnold Immobilien<br />

Was ist Ihrer Meinung nach der beste Weg,<br />

um ein <strong>Zinshaus</strong> zu verkaufen?<br />

Wir sind der Meinung, dass der Investor, der<br />

den richtigen Preis zahlt, ein Objekt auch<br />

bekommen sollte. Den Bestpreis für den Verkäufer<br />

zu erzielen, ist auch die Dienstleistung,<br />

die wir unseren Kunden anbieten. Das kann<br />

man bei einer Versteigerung beziehungsweise<br />

einem Bieterverfahren nicht liefern. Dort<br />

treten überwiegend professionelle Händler in<br />

Erscheinung. Welcher Private kann auch in<br />

kürzester Zeit eine umfassende Due Diligence<br />

durchführen? Das ist genau das, was Privatanleger<br />

nicht möchten. Diese möchten das<br />

betreffende Haus in Ruhe beziehungsweise<br />

ohne Druck prüfen und dann eine Entscheidung<br />

treffen.<br />

Überwiegt bei den Käufern derzeit der<br />

Sicherheits- oder der Renditegedanke?<br />

Der Renditegedanke ist es nicht, tatsächlich<br />

steht als Kaufmotiv die Sicherheit im Vordergrund.<br />

Dabei wird an die nächsten Generationen<br />

gedacht. Und da ist es nicht wichtig, ob<br />

man drei, zwei oder ein Prozent Rendite lukrieren<br />

kann. Man darf nicht vergessen, dass die<br />

Käufer bereits Geld haben und eine Immobilie<br />

nicht erwerben, um davon zu leben.<br />

Wird derzeit eher bar bezahlt (beziehungsweise<br />

mit Eigenkapital gearbeitet) oder mit<br />

Fremdkapital?<br />

Vor fünf Jahren war die Zahl der Investoren,<br />

die cash bezahlt haben, wesentlich größer<br />

als heute. Nachdem Finanzierungen seitdem<br />

viel billiger geworden sind, kaufen natürlich<br />

verhältnismäßig mehr mit Fremdkapital.<br />

Eines Ihrer „Lieblingsthemen“ ist das<br />

Mietrechtsgesetz (MRG) . Wie zuversichtlich<br />

sind Sie, dass sich hier in absehbarer<br />

Zeit etwas ändert?<br />

Ich glaube, dass es über kurz oder lang nicht<br />

mehr argumentierbar sein wird, wieso man<br />

in der einen Wohnung zehn und in der anderen<br />

zwei Euro Miete pro Quadratmeter zahlt<br />

– und das selbst in Top-Lagen wie der Wiener<br />

Innenstadt. Aus einem sozialen Grundgedanken<br />

heraus ist das nicht nachvollziehbar.<br />

Man soll zwar nicht in bestehende Rechte<br />

eingreifen, muss das aber irgendwann<br />

auslaufen lassen.<br />

26 <strong>ImmoFokus</strong>


Macht es angesichts der hiesigen Rechtslage<br />

Sinn, gemeinsam Anteile an einem<br />

<strong>Zinshaus</strong> zu kaufen?<br />

Das kommt immer öfter vor. Und kann auch<br />

Sinn machen – vorausgesetzt, die Anleger<br />

haben vorab einen genauen Plan definiert,<br />

was man mit dem Haus vorhat, und welche<br />

künftigen Schritte gesetzt werden sollen, um<br />

diesen in weiterer Folge ohne Diskussion umsetzen<br />

zu können. In solchen Fällen kann der<br />

gemeinsame Kauf helfen, das Risiko für alle<br />

Beteiligten zu reduzieren. Kauft man jedoch<br />

zuerst das Objekt und überlegt sich dann erst,<br />

was man damit tut, so rate ich davon ab. Da<br />

gibt es zu viele Entscheidungen, die getroffen<br />

werden müssen, und dementsprechend<br />

reichlich Konfliktpotenzial.<br />

Kürzlich hat ein deutscher Institutioneller<br />

erstmals ein größeres Wiener <strong>Zinshaus</strong>-<br />

Portfolio erworben, was viele überrascht<br />

hat. Kann man in Zukunft mit dem<br />

verstärkten Auftreten internationaler<br />

Investoren am <strong>Zinshaus</strong>markt rechnen?<br />

Das würden wir natürlich sehr begrüßen.<br />

Fraglich ist aber, ob die Renditeanforderungen<br />

solcher Anleger mit den Gegebenheiten<br />

am Wiener Markt in Einklang zu bringen<br />

sind.<br />

Wie schaut es grundsätzlich mit den<br />

Aktivitäten internationaler Anleger am<br />

Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt aus?<br />

Für Chinesen, die vor einigen Jahren<br />

begonnen haben, sich auch für das Wiener<br />

<strong>Zinshaus</strong> zu interessieren, ist es schwieriger<br />

geworden, Geld aus dem Land zu bringen.<br />

Daher treten sie auch deutlich seltener in<br />

Erscheinung. Stattdessen haben die<br />

Aktivitäten von Investoren aus Russland<br />

beziehungsweise dem GUS-Raum, die in<br />

einem sicheren Umfeld ihr Geld parken<br />

wollen, zugenommen. Und ich denke, dass<br />

gerade Österreich – sowie Mitteleuropa<br />

generell – ein sicherer Hafen ist. Was soll<br />

denn schon passieren? Die Chance, dass<br />

wir eine kriegerische Auseinandersetzung<br />

erleben werden, ist wohl sehr gering. Und an<br />

eine Währungsentwertung glaubt ohnehin<br />

fast niemand. Und sollte diese dennoch<br />

kommen, ist man mit einer Immobilie ja<br />

ohnehin abgesichert.<br />

Markus Arnold<br />

Markus Arnold ist CEO und Gründer von<br />

Arnold Immobilien . Seit der Gründung<br />

2009 hat sich das Unternehmen vom<br />

spezialisierten Wiener <strong>Zinshaus</strong>makler zu<br />

einem europaweit tätigen Investmentmakler,<br />

der in allen Assetklassen aktiv<br />

ist, entwickelt. Die Gewerbeabteilung<br />

wurde 2017 gegründet. Nachdem man<br />

bereits über Büros in Wien, Berlin, Madrid,<br />

Mailand, Lissabon, Prag, Bratislava und<br />

Budapest verfügt, werden in Kürze zwei<br />

weitere in Amsterdam und Stockholm<br />

folgen.<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

27


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

„Unsere Auditoren<br />

prüfen mit hohem Druck<br />

gemäß EU-Taxonomie“<br />

<strong>Zinshaus</strong> und ESG. Peter Engert, Geschäftsführer Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige<br />

Immobilienwirtschaft (ÖGNI), erklärt im Interview, wieso sich <strong>Zinshaus</strong>eigentümer, die beispielsweise ein<br />

Sanierungsprojekt fremdfinanzieren, mit der EU-Taxonomie auseinandersetzen müssen.<br />

Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />

Muss man sich als Eigentümer eines<br />

klassischen Wiener <strong>Zinshaus</strong>es Gedanken<br />

über die EU-Taxonomie machen?<br />

Peter Engert: Definitiv muss man sich damit<br />

beschäftigen. Schließlich muss jede Immobilie<br />

beziehungsweise jede Sanierung, die fremdfinanziert<br />

wird, Taxonomie-konform sein. Das<br />

setzen die Banken voraus, da sie das betreffende<br />

Gebäude beziehungsweise Sanierungsprojekt<br />

ansonsten mit einem höheren Risiko<br />

bewerten müssen. Und wie stellt man am<br />

besten sicher, ob etwas Taxonomie-konform<br />

ist? Mit einem Gutachten. Und jedes unserer<br />

Zertifikate ist letztlich ein zivilrechtliches<br />

Gutachten. Wichtig ist allerdings, dass das<br />

Zertifikat die neueste Taxonomie enthält.<br />

Beispielsweise ist ein ÖGNI Gold-Zertifikat von<br />

2019 nicht automatisch Taxonomie-fähig.<br />

Gibt es dafür genügend Prüfer?<br />

Wir haben rund 50 Auditoren ausgebildet, die<br />

den Titel „EU Taxonomy Advisor approved by<br />

ÖGNI“ tragen. Sie prüfen bereits mit hohem<br />

Druck einzelne Immobilien und Portfolios<br />

gemäß der EU-Taxonomie. Und zwar als erste<br />

in Österreich.<br />

Was genau wird geprüft?<br />

Bis zum Jahresende wird ein Fokus auf zwei<br />

Kriterien beziehungsweise Umweltziele<br />

gesetzt: Klimaschutz und Anpassung an den<br />

Klimawandel. Ab dem ersten Jänner 2022<br />

kommen vier weitere dazu: nachhaltige<br />

Nutzung und Schutz der Wasser- und Meeresressourcen,<br />

Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,<br />

Vermeidung und Verminderung<br />

der Umweltverschmutzung sowie Schutz<br />

und Wiederherstellung der biologischen<br />

Vielfalt und der Ökosysteme. Dabei handelt<br />

es sich streng genommen um eine technische<br />

Beurteilung.<br />

Wie schaut das konkret bei Zinshäusern<br />

aus?<br />

Das ÖGNI „Gebäude in Betrieb“-Zertifikat<br />

(für einen nachhaltigen Gebäudebetrieb) soll<br />

Bestandshalter bei Sanierungen unterstützen<br />

– etwa indem aufgezeigt wird, wie Investitionen<br />

aufeinander aufbauen sollten, welche<br />

konkreten Kosten anfallen und welche Belastungen<br />

für die Mieter zu erwarten sind. Für die<br />

Bank ist das eine Grundlage für eine Finanzierung.<br />

Für die Bestandshalter ist es letztlich<br />

auch eine Entscheidungsgrundlage, ob nicht<br />

ein Verkauf (mit hohem Discount) oder ein<br />

Abriss, was ja nicht gerade klimafreundlich ist,<br />

sinnvoller wäre.<br />

Aber ein System, das explizit das klassische<br />

Gründerzeithaus adressiert, gibt es<br />

nicht?<br />

Wir sind gerade dabei, mit PwC ein Modell<br />

zu entwickeln, wie Zinshäuser in der Praxis<br />

Taxonomie-konform werden könnten. Es ist<br />

aber noch zu früh, um Details zu verraten.<br />

Wir sind gerade dabei, das Modell zu skizzieren,<br />

und suchen auch geeignete Objekte, um<br />

das beispielhaft aufzuzeigen. Dabei soll es<br />

sich jedoch nicht um Zinshäuser in Wiener<br />

Toplagen handeln, die bereits revitalisiert<br />

wurden, sondern um solche in anderen<br />

Bezirken, und vor allem ohne Dachbodenausbau.<br />

Wie ESG-fit beziehungsweise Taxonomiekonform<br />

sind Gründerzeithäuser grundsätzlich?<br />

Sie stehen vor allem im Vergleich zu<br />

Nachkriegsbauten gar nicht so schlecht da.<br />

Foto: ÖGNI<br />

28 <strong>ImmoFokus</strong>


Peter Engert<br />

Peter Engert ist seit 2016 Geschäftsführer der Österreichischen<br />

Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft (ÖGNI). Die<br />

NGO vergibt Zertifikate beziehungsweise Vor-Zertifikate nach<br />

dem System des Kooperationspartners, der Deutschen Gesellschaft<br />

für Nachhaltiges Bauen (DGNB), und stellt Bewertungssysteme<br />

für verschiedene Gebäudetypen zur Verfügung.<br />

Einerseits weisen sie eine höhere Effizienz<br />

und bessere Bausubstanz auf. Viele Sanierungsmaßnahmen,<br />

wie etwa die Dämmung<br />

der Mauern, sind daher nicht notwendig.<br />

Andererseits ist bei Gründerzeithäusern<br />

auch das Thema Flexibilität – im Sinne einer<br />

Drittverwertung – besser verankert. Meist<br />

besteht allerdings beim Thema Energieversorgung<br />

beziehungsweise -verbrauch<br />

Handlungsbedarf. Auf fossile Energieträger<br />

muss verzichtet werden. Dem Umweltziel<br />

Anpassung an den Klimawandel kann<br />

wiederum mit Begrünungsmaßnahmen,<br />

um für Kühle bei sommerlicher Hitze zu<br />

sorgen, entsprochen werden. Grundsätzlich<br />

muss man sich aber jedes Gebäude einzeln<br />

anschauen.<br />

Ist zu befürchten, dass der <strong>Zinshaus</strong>bestand<br />

aufgrund des Themas Taxonomie<br />

zurückgehen beziehungsweise die Zahl der<br />

Abrisse zunehmen könnte?<br />

Das hoffe ich nicht, auch wenn man davon<br />

ausgehen muss, dass viele Gebäude die Taxonomie<br />

nicht erreichen werden. Grundsätzlich<br />

darf jeder <strong>Zinshaus</strong>besitzer selbst entscheiden,<br />

was mit seinem Eigentum passiert. Und jeder<br />

Eigentümer, der zu hundert Prozent mit Eigenkapital<br />

finanziert, muss sich über die Taxonomie<br />

keine Sorgen machen. Wer hingegen<br />

fremdfinanziert, muss bei nicht gegebener<br />

Konformität höhere Finanzierungskosten<br />

zahlen. Ich persönlich sehe das <strong>Zinshaus</strong> als<br />

Möglichkeit, der Bodenversiegelung entgegenzutreten.<br />

Dass ein Gebäude sehr lange<br />

genutzt wird, ist zu begrüßen. Dagegen stehen<br />

Objekte mit kurzer Lebensdauer, die nicht<br />

mehr genutzt und abgerissen werden. Ein<br />

prominentes Beispiel ist hier die ehemalige<br />

WU Wien im neunten Bezirk.<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

29


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

Gentrifizierung<br />

wird überschätzt<br />

Auswirkungen sind überschaubar. Der private Wohnungsmarkt in Wien<br />

erlebte in den vergangenen 15 Jahren einen tiefen Wandel. Die vielzitierte<br />

Gentrifizierung kann diesen allerdings zumindest bei den weit verbreiteten<br />

Zinshäusern kaum erklären. Das fanden Forscher vom Institut für Stadt- und<br />

Regionalforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften<br />

(ÖAW) in einer neuen Studie heraus, die in Zusammenarbeit mit Praktikern<br />

des Architekturbüros HuB Architekten entstand.<br />

Z<br />

inshäuser aus der Gründerzeit, die<br />

zwischen 1848 und 1918 gebaut<br />

wurden, spielen auf dem Wohnungsmarkt<br />

in Wien eine wichtige Rolle.<br />

Nicht nur in quantitativer Hinsicht, sondern<br />

auch wegen ihrer Zugänglichkeit: „Die Mieten<br />

sind hier gesetzlich gedeckelt, weshalb die<br />

meisten Neuankömmlinge in Wien, Zuwanderer<br />

aus dem In- und Ausland, erstmal dort Wohnungen<br />

mieten. Sie sind billig und im Gegensatz<br />

zu Genossenschafts- oder Gemeindewohnungen<br />

für jeden gleich zugänglich“, erklärt Robert<br />

Musil vom Institut für Stadt und Regionalforschung<br />

der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.<br />

Gemeinsam mit einem Team aus<br />

Forschern und Architekten nahm er die Entwicklung<br />

dieser Gründerzeithäuser in Wien<br />

genauer unter die Lupe. Die Ergebnisse der<br />

Studie wurden nun im Verlag der ÖAW unter<br />

dem Namen „Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt: Die Transformation<br />

des Gründerzeitlichen Baubestandes“<br />

veröffentlicht.<br />

„Wir haben erstmals für die ganze Stadt adressgenau<br />

erhoben, wie sich dieser Teil des<br />

privaten Mietwohnungsmarktes entwickelt<br />

hat“, erläutert Musil. Bemerkenswert war für<br />

die Forscher zunächst, dass zwischen 2007<br />

und 2019 der <strong>Zinshaus</strong>-Bestand in Wien um<br />

2.117 Zinshäuser abgenommen hat, was einem<br />

Rückgang von etwa zwölf Prozent entspricht.<br />

80 Prozent davon wurden in Eigentumswohnungen<br />

überführt, der Rest wurde abgerissen,<br />

um Platz für Neubauten zu schaffen. „Treiber<br />

dieser Entwicklung sind die stark gestiegenen<br />

Preise für Eigentumswohnungen, die Abrisse<br />

und Parifizierungen sehr lukrativ gemacht<br />

haben. Zinshäuser sind unter diesen Voraussetzungen<br />

regelrechte Gelddruckmaschinen“,<br />

so der ÖAW-Forscher.<br />

Quantifizierung des<br />

Phänomens Gentrifizierung<br />

In einem zweiten Schritt ihrer Untersuchung<br />

analysierten die Wissenschaftler die Biografien<br />

der Zinshäuser in ausgewählten Quartieren,<br />

um Aussagen über die Art und Dynamik<br />

der Transformation treffen zu können. Dabei<br />

gingen sie auch der Frage nach, welche Rolle<br />

die Gentrifizierung, also vereinfacht gesagt die<br />

Verdrängung einkommensschwächerer durch<br />

wohlhabendere Haushalte, gespielt hat.<br />

„Die Transformation der Zinshäuser spiegelt<br />

sich auch in einer Veränderung der Sozialstruktur<br />

im jeweiligen Grätzel wider: Der Anteil<br />

der Akademiker ist zum Beispiel deutlich<br />

Foto: stadtwien<br />

30 <strong>ImmoFokus</strong>


angestiegen“, erklärt Musil. „Unsere Daten zeigen<br />

aber auch, dass das Haushaltseinkommen<br />

kein entscheidender Faktor beim Wandel der<br />

Bewohnerstruktur von Zinshäusern ist”, so der<br />

Stadt- und Regionalforscher weiter. Stattdessen<br />

zeige sich, dass bestimmte Zuwanderungsgruppen<br />

– insbesondere jene mit türkischem<br />

oder ex-jugoslawischem Migrationshintergrund<br />

– inzwischen in andere Segmente des<br />

Wohnungsmarktes, wie in Eigentums- oder<br />

Gemeindewohnungen, abgewandert sind.<br />

Wien war nie Chicago<br />

Während bisherige Untersuchungen zum<br />

Thema Gentrifizierung hauptsächlich auf qualitativen<br />

Befragungen in einzelnen Grätzeln<br />

Wiens beruht haben, erlaubt die neue Arbeit eine<br />

quantitative Beurteilung der Gesamtsituation.<br />

„Es zeigt sich, dass wir oft über falsche Themen<br />

und Begriffe reden. Gentrifizierung funktioniert<br />

als Erklärungsmodell in Chicago oder London<br />

gut. In Wien mit seinem sozialen Wohnbau<br />

müssen wir aber vielleicht andere Erklärungsansätze<br />

finden”, sagt Musil. Unterschiedliche Regulierungen,<br />

politische Machtverhältnisse und<br />

historisch gewachsene Strukturen im Wohnbau<br />

machen es allerdings schwierig, städtische Wohnungsmärkte<br />

direkt zu vergleichen.<br />

„Auch wenn aufgrund der starken räumlichen<br />

Konzentration der Verdrängungsdruck in bestimmten<br />

Quartieren der Gründerzeit in Wien<br />

beträchtlich ist, ist das Ausmaß der Gentrifizierung<br />

in der Gesamtstadt durch den hohen Anteil<br />

an kommunalem und gefördertem Wohnbau<br />

doch überschaubar“, fasst Florian Brand,<br />

Co-Autor der aktuellen Studie, zusammen. „Es<br />

scheint hierzulande eine gewisse Diskrepanz<br />

zwischen der Debatte über Gentrifizierung und<br />

dem tatsächlichen Phänomen zu existieren.“<br />

Heterogene Akteure, kleine<br />

regionale Kapitalgeber<br />

Getrieben wird der Wandel im <strong>Zinshaus</strong>segment<br />

übrigens von sehr unterschiedlichen<br />

Akteuren, wie die Forscher herausfanden:<br />

Von kleinen Handwerks-Unternehmen bis zu<br />

großen Aktiengesellschaften ist alles dabei.<br />

Überraschend war für das Forscherteam die<br />

Finanzierungsseite der Transformation am<br />

Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt. „Es zeigt sich, dass<br />

hier häufig nicht internationale Banken die<br />

Geldgeber sind, sondern kleine, regionale<br />

Kreditinstitute, von Gmünd bis Bludenz, die<br />

bei der Kreditvergabe flexibler sind. Das werden<br />

wir uns in einer weiteren Studie genauer<br />

ansehen“, so Robert Musil.<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

31


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

Akteure und Strategien der Transformation<br />

A<br />

uf Grundlage der Recherche<br />

im Grundbuch, im Firmenbuch<br />

sowie anhand von Experteninterviews<br />

wurde eine Typologie<br />

entwickelt, um der Heterogenität der Akteure<br />

der <strong>Zinshaus</strong>transformation gerecht zu werden.<br />

Neben der Unternehmensgröße und der Rechtsform<br />

wurde vor allem die Position in der Wertschöpfungskette<br />

(WSK: Projektentwicklung-<br />

Finanzierung-Bau-Vermarktung-Verwaltung)<br />

berücksichtigt. Folgende fünf Akteurstypen<br />

konnten dabei identifiziert werden:<br />

• Typ 1: Mikro-Akteur: Es handelt sich um<br />

Ein-Personen-Unternehmen, oft Handwerker,<br />

sowie um Personen, die durch den familiären<br />

oder beruflichen Kontext Wissen über den<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt erworben haben und auch<br />

Wiener Zinshäuser<br />

Abrisse und Parifizierungen 2007–2019<br />

2007<br />

2008<br />

2009<br />

2010<br />

2011<br />

2012<br />

2013<br />

2014<br />

2015<br />

2016<br />

2017<br />

2018<br />

2019<br />

Abrisse<br />

17<br />

20<br />

27<br />

29<br />

Parifizierungen<br />

40<br />

37<br />

41<br />

48<br />

52<br />

58<br />

83<br />

110<br />

109<br />

116<br />

84<br />

128<br />

125<br />

selbst nutzen. Die Firmen bestehen oft nur wenige<br />

Jahre, häufig existiert keine Webseite. Der<br />

Fokus bei der <strong>Zinshaus</strong>-Transformation liegt<br />

in der Projektentwicklung und im Bau, andere<br />

Stufen der WSK werden über persönliche Netzwerke<br />

abgedeckt.<br />

• Typ 2: Verwalter: Bei diesem Akteur steht<br />

die langfristige Verwaltung des eigenen Vermögens<br />

im Mittelpunkt; der Fokus liegt auf der<br />

Verwaltung und der bautechnischen Entwicklung,<br />

die meisten Bereiche der WSK werden<br />

extern abgedeckt. Verkäufe finden kaum statt.<br />

• Typ 3: Trader: Dieser sehr aktive Akteurstyp<br />

konzentriert sich vor allem auf den Handel<br />

von Zinshäusern; die Haltedauer ist entsprechend<br />

kurz. Die Unternehmensgröße variiert<br />

141<br />

0 100 200 300<br />

134<br />

136<br />

164<br />

167<br />

228<br />

Quelle: ÖAW<br />

beträchtlich. Das Wissen über die gesamte<br />

Wertschöpfungskette ist eher oberflächlich,<br />

der Fokus liegt im Bereich Projektentwicklung<br />

und Vermarktung.<br />

• Typ 4: Builder: Diese Gruppe setzt sich<br />

aus Planungs- und Architekturbüros zusammen,<br />

die auf die bauliche Transformation des<br />

gründerzeitlichen Baubestandes, oft auf den<br />

Ausbau von Dachgeschossen, spezialisiert<br />

sind. Diese Unternehmen entwickeln entweder<br />

als Bauträger selbst <strong>Zinshaus</strong>projekte oder<br />

arbeiten als Generalplaner für andere Projektentwickler.<br />

• Typ 5: Big Player: Diese zahlenmäßig kleine,<br />

aber sehr bedeutende Gruppe unterscheidet<br />

sich vor allem durch ihre Größe von anderen<br />

Akteuren am <strong>Zinshaus</strong>markt. Es handelt sich<br />

häufig um Aktiengesellschaften, die nur in einem<br />

geringen Ausmaß auf den <strong>Zinshaus</strong>markt<br />

spezialisiert sind. Ein großer Teil der Wertschöpfungskette<br />

wird unternehmensintern<br />

oder über Tochterfirmen abgedeckt.<br />

Strategie<br />

Bei den Akteuren konnten vier unterschiedliche<br />

Verwertungsstrategien beobachtet<br />

werden: Erstens der reine Handel, bei dem<br />

das <strong>Zinshaus</strong> mit Gewinn möglichst rasch<br />

weiterverkauft wird. Eine Strategie der Wertsteigerung<br />

ist die „Entmietung“, die eine<br />

Verdrängung der Altmieter impliziert. Diese<br />

Strategie wird von vielen Akteuren besonders<br />

kritisch gesehen, weil dadurch die Preise in<br />

die Höhe getrieben werden, und in der Folge<br />

eine umfassende Sanierung nicht mehr finanzierbar<br />

ist. Zweitens die „Parifizierung“, bei<br />

der es nur zu oberflächlichen Sanierungen<br />

kommt (vor allem der Fassade) und die Eigentumswohnungen<br />

abverkauft werden. Die<br />

„Transformation“ ist die dritte, umfassendste<br />

Verwertungsstrategie, bei der es im Zuge der<br />

Sanierung auch zu einem Lifteinbau und<br />

Dachgeschossausbau kommt. Vierte Strategie<br />

ist die „Verwaltung“, bei der vorab bauliche<br />

Erhaltungsmaßnahmen gesetzt werden.<br />

Zinshäuser werden gelegentlich parifiziert,<br />

aber nicht abverkauft. Die langfristige Sicherung<br />

und Werterhaltung steht hier im<br />

Mittelpunkt.<br />

32 <strong>ImmoFokus</strong>


Zum Autor<br />

Herwig M. Peham MRICS ist Bereichsleiter bei EHL<br />

Investment Consulting und in dieser Funktion für Investment-Transaktionen<br />

mit nationalen und internationalen<br />

Investoren verantwortlich.<br />

Zinshäuser – wo liegen die zukünftigen Potenziale?<br />

Kommentar: Herwig M. Peham<br />

Das <strong>Zinshaus</strong> erlebt gerade in turbulenten und unsicheren Zeiten,<br />

wie wir sie in den letzten zwei Jahren erleben mussten, eine besondere<br />

Renaissance. Es zeigt sich, dass diese historischen Gebäude in meist<br />

sehr attraktiven innerstädtischen Lagen ihre Wertbeständigkeit eindrucksvoll<br />

unter Beweis stellen. Die Kunst, Werte durch die Hebung<br />

von Potenzialen zu steigern, liegt sicher auch vor allem darin, diese<br />

historisch wertvollen Häuser zukunftsfit zu machen. Dies gelingt<br />

unter dem langfristigen Anlagegedanken vor allem durch die Herstellung<br />

von Barrierefreiheit, Einbau von Liftanlagen sowie – noch<br />

wichtiger – ergänzend zu Dachausbauten die Schaffung zusätzlicher<br />

Freiflächen wie Balkonen, Terrassen und sogar Gartenrefugien in den<br />

Hofbereichen.<br />

Die Realisierung des nach wie vor in vielen Zinshäusern schlummernden<br />

Potenzials ergibt sich aus einer Kombination von baulicher „Modernisierung“<br />

mit der wirtschaftlichen Optimierung zukünftiger Mietverträge.<br />

Wichtig ist dabei das Gelingen, dass die oft hohen Investitionen auch im<br />

Mietertrag Niederschlag finden. Das Richtwertsystem verhindert leider,<br />

dass die Mieten an die faktischen Marktmieten herangeführt werden<br />

können. Deshalb ist es umso wichtiger, bei der Auswahl interessanter<br />

<strong>Zinshaus</strong>investments alle relevanten Parameter mit professioneller<br />

Beratung, wie sie EHL seit mehr als 30 Jahren bietet, bestmöglich herauszufiltern.<br />

Stadtteilen berücksichtigt werden, welche noch keine so rasanten Preiserhöhungen<br />

mitgemacht haben, oder aber auch derzeit exponiertere<br />

Verkehrslagen vorweisen.<br />

Attraktive Microlagen<br />

Attraktiv sind in Wien neben den bereits sehr gut etablierten Standorten<br />

innerhalb des Gürtels (hier kann der fünfte Bezirk Margarethen unter<br />

anderem durch den Bau der neuen U2-Strecke als Paradebeispiel einer<br />

Aufholjagd herausgehoben werden) auch aufstrebende Mikrolagen in<br />

Randbezirken (zum Beispiel rund um den Meiselmarkt im 15. oder im direkten<br />

und indirekten Einflussbereich des neuen Hauptbahnhofs Wien<br />

im 10. Bezirk).<br />

Generell dürfte das wohl auf längere Sicht noch geringe Zinsniveau<br />

bei Krediten beziehungsweise Negativzinsen auf Bankguthaben den<br />

Veranlagungsdruck im Immobilienbereich weiter beflügeln und somit<br />

steigende Preise im <strong>Zinshaus</strong>segment verursachen.<br />

Fotos: Adobe Stock, EHL<br />

Profite beim Einzelverkauf<br />

Als Alternative bieten mehr denn je Parifizierung und Einzelabverkauf<br />

bestandsfreier Wohneinheiten die Möglichkeit für Projektentwickler,<br />

die kontinuierlich steigenden Immobilienpreise am <strong>Zinshaus</strong>markt<br />

nach relativ hohen Investitionskosten viel rascher realisieren zu können<br />

als in einer langfristig orientierten Mietvariante.<br />

Der Slogan „Lage, Lage, Lage“ hat selbstverständlich nach wie vor<br />

seine Gültigkeit. Doch dabei sollte auch die mögliche Entwicklung von<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

33


Advertorial<br />

Mit Lebensräumen<br />

Geschichte<br />

weiterschreiben<br />

<strong>Zinshaus</strong>experte. Seit über 20 Jahren gestaltet Christian Winkler, Geschäftsführer und Gründer der WINEGG<br />

Realitäten GmbH, den Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt. In diesem Interview spricht er über die Zukunft des <strong>Zinshaus</strong>es,<br />

über Wertwachstum und darüber, wie man in einer dynamischen Branche besteht.<br />

Das Wiener <strong>Zinshaus</strong> gilt seit Jahren als<br />

„Dauerbrenner“ unter Investoren. Wird<br />

es diese Ausnahmestellung auch noch in<br />

50 Jahren (oder mehr) genießen? Wenn ja,<br />

was spricht dafür?<br />

Christian Winkler: Auf jeden Fall wird das<br />

<strong>Zinshaus</strong> auch in 50 Jahren noch begehrt<br />

sein. Und das aus verschiedenen Gründen: Es<br />

hat eine individuelle Geschichte, überzeugt<br />

naturgemäß mit einer guten Lage und weist<br />

eine beeindruckende Großzügigkeit auf. Wie<br />

sich auch seit dem Ausbruch der Pandemie<br />

bestätigt hat, ist das <strong>Zinshaus</strong> ein besonders<br />

krisensicheres und nachhaltiges Investment<br />

und nicht zuletzt ein limitiertes, und daher sehr<br />

nachgefragtes, Gut. Diese einzigartigen Qualitäten<br />

haben ein enormes Potenzial. Aus alldem<br />

kann man den Schluss ziehen, dass Zinshäuser<br />

auch in Zukunft diese Kriterien erfüllen<br />

werden, die in einer Stadt eine Rolle spielen.<br />

Zinshäuser werden immer das Stadtbild prägen<br />

und hochwertige Lebensräume bieten.<br />

Muss man sich Sorgen um den Bestand an<br />

Wiener Zinshäusern machen? Schließlich<br />

wird die Zahl der Objekte – etwa aus „Altersgründen“<br />

oder wegen der Parifizierung<br />

– immer geringer?<br />

Wir setzen uns seit jeher dafür ein, Bestand<br />

um jeden Preis zu erhalten, die Geschichte<br />

zu beleben und Altbauten auf den neuesten<br />

Stand der Technik zu bringen. Dafür analysieren<br />

wir Bestandsobjekte ganz genau und<br />

wägen alle Aspekte ab, um schlussendlich<br />

gesamtheitlich zu sanieren – damit Lebensräume<br />

für die nächsten Generationen entstehen<br />

können. Ist das Objekt nicht geeignet, weil<br />

es die nötigen Grundvoraussetzungen nicht<br />

mitbringt, kann es sein, dass es wirtschaftlich<br />

nicht umsetzbar ist.<br />

Zum Stichwort Parifizierung: Durch eine sich<br />

wandelnde Eigentümerstruktur ist der Begriff<br />

<strong>Zinshaus</strong> natürlich nicht mehr wortwörtlich<br />

zu nehmen. Der Lebensraum ist so begehrt,<br />

dass es ein Wunsch vieler Menschen ist, einen<br />

Teil eines <strong>Zinshaus</strong>es zu besitzen – einzelne<br />

Wohnungen werden abverkauft. Das <strong>Zinshaus</strong><br />

an sich bleibt aber bestehen, und das zählt.<br />

Wie man hört, stellen immer mehr<br />

Investoren, vor allem Family-Offices,<br />

ihre Portfolios auf ESG um. Kann da das<br />

Wiener <strong>Zinshaus</strong> – abgesehen von der<br />

Tatsache, dass es, was die Weiterverwertungsmöglichkeit<br />

betrifft, an Nachhaltigkeit<br />

kaum zu übertreffen ist – „mithalten“?<br />

Oder stehen wir in diesem Zusammenhang<br />

vor gewaltigem Investitionsbedarf ?<br />

ESG-Kriterien zu erfüllen ist nicht nur für die<br />

Investoren, sondern auch für die Projektentwickler<br />

wichtig. Wir nehmen unsere sozial-<br />

ökonomische Verantwortung ernst und achten<br />

neben einer ressourcenschonenden Bauweise<br />

auf sämtliche umwelt- und klimaspezifische<br />

Aspekte. Mit geeigneten Zertifizierungen<br />

machen wir dies auch transparent belegbar.<br />

In einem aktuellen Projekt in der Kettenbrückengasse<br />

22 etwa ist Nachhaltigkeit von der<br />

Projektentwicklung bis zur Bauphase fest<br />

verankert. Das Projekt wurde kürzlich von der<br />

DGNB in Gold vorzertifiziert und erreichte in<br />

den Kriterien ökologische und ökonomische<br />

Qualität sowie Prozessqualität einen besonders<br />

hohen Erfüllungsgrad. Der Trend hin<br />

zu Investments nach ESG-Kriterien bestätigt<br />

unsere Vorgehensweise als zukunftsbewusster<br />

Bauträger. Damit setzen wir wichtige Impulse.<br />

Wie haben Sie den Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt<br />

seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie<br />

erlebt?<br />

Die Pandemie hat erneut gezeigt, dass Immobilien<br />

äußerst krisenresistent sind. Daher<br />

wurde auch vermehrt investiert und die Preise<br />

sind angestiegen. Mittlerweile hat sich der<br />

Markt wieder entsprechend entwickelt.<br />

Was die Bedürfnisse an Wohnimmobilien<br />

angeht, hat Corona einiges in Bewegung<br />

gesetzt: Lebensräume müssen flexibler<br />

sein, Freiflächen und zusätzlicher Platz für<br />

Home Office etc. sind gefragter. Auf diese<br />

Fotos: Stefan Gergely, JamJam<br />

34 <strong>ImmoFokus</strong>


Christian Winkler<br />

Qualitäten gehen wir jedoch nicht erst seit der<br />

Pandemie ein – zumal es ohnehin unsere Aufgabe<br />

ist, frühzeitig Trends zu erkennen und sie<br />

zeitgerecht umzusetzen. Grundsätzlich sind<br />

die Kundinnen und Kunden anspruchsvoller<br />

geworden, und das ist auch gut so.<br />

Christian Winkler, Gründer und Geschäftsführer der WINEGG Realitäten<br />

GmbH, ist seit über 20 Jahren am Wiener <strong>Zinshaus</strong>markt aktiv. Neben<br />

dem Ankauf und der Revitalisierung von Zinshäusern bzw. Altbauten<br />

sowie der Immobilienvermittlung und -vermarktung engagiert sich sein<br />

Unternehmen seit 2005 auch im Segment Neubauten.<br />

Würden Sie das Wiener <strong>Zinshaus</strong> – neben<br />

Logistik und „klassischem“ Wohnen –<br />

auch als Krisengewinner bezeichnen?<br />

Definitiv. Die Nachfrage stieg, es hat sich weiterhin<br />

als sicheres Investment etabliert. Und,<br />

wie gesagt, die Ansprüche sind gewachsen,<br />

sowohl was die Ausstattung als auch was den<br />

nachhaltigen Zugang betrifft. Qualitätsvoller<br />

Wohnraum war immer gefragt, nun wird eben<br />

vermehrt investiert. Das ist positiv für das<br />

Wiener <strong>Zinshaus</strong> und den Wiener Immobilienmarkt<br />

im Ganzen.<br />

Welche Player sind aktuell am Markt aktiv?<br />

Verstärken institutionelle Anleger ihr<br />

Engagement? Landet das Wiener <strong>Zinshaus</strong><br />

auch verstärkt am „Speisezettel“ deutscher<br />

Investoren (wie es seit einigen Jahren auch<br />

im Wohnbereich der Fall ist)?<br />

Die Projektentwickler und das Immobilienangebot<br />

am Markt sind so vielfältig wie noch<br />

nie. Dadurch drängen natürlich ausländische<br />

Investoren in den Markt, die vor allem in die<br />

Vermietung gehen. Auf der anderen Seite<br />

sind es auch private Anleger, die vom Wertwachstum<br />

der Zinshäuser profitieren wollen.<br />

Die Tendenz, dass durch institutionelle oder<br />

private Anleger vermehrt Mietwohnungen auf<br />

den Markt gelangen, beobachten wir genau.<br />

Von <strong>Zinshaus</strong>experten ist aktuell zu hören,<br />

dass für sie ein Ende der starken Nachfrage<br />

und Preisentwicklung auszumachen ist, und<br />

sie für ihre Kunden kaum mehr Vorhersagen<br />

über die weitere Entwicklung der Rallye<br />

treffen. Auch sagen sie, dass sie Zinshäuser<br />

praktisch kaum mehr richtig „einwerten“<br />

können. Geht es Ihnen ähnlich?<br />

Wir gestalten den Immobilienmarkt aktiv und<br />

sind mitten im Geschehen, daher kann ich den<br />

Trend nur bestätigen. Die sogenannte Rallye<br />

um Immobilienpreise muss jedoch nachhaltig<br />

sein, denn steigende Kaufpreise müssen<br />

auch wirtschaftlich darstellbar sein. Werden<br />

Zinshäuser nachhaltig mit einem schlüssigen<br />

Gesamtkonzept saniert, dann ist auch das<br />

Wertwachstum möglich.<br />

Wir schaffen es, die Häuser entsprechend<br />

einzuwerten, weil wir wissen, welche Kosten<br />

anfallen, um Lebensräume mit Qualität zu<br />

schaffen. Wir setzen uns auch regelmäßig<br />

in Bieterverfahren durch – man kann sich<br />

jedenfalls auf Bestpreise verlassen.<br />

Spricht man bei Zinshäusern überhaupt<br />

noch von Renditen oder geht es praktisch<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

35


Advertorial<br />

nur noch um das Thema Wertspeicherung<br />

(und -steigerung)?<br />

Es ist wahr, dass die Anfangsrenditen sehr gering<br />

sind und aktuell bei rund einem Prozent<br />

liegen. Der vorrangige Investitionszweck ist<br />

jedoch nicht die durch die Vermietung erzielte<br />

Rendite, vielmehr steht hier die Wertsteigerung<br />

im Vordergrund.<br />

Bei einem erfahrenen Projektentwickler,<br />

welcher die Immobilien nachhaltig betrachtet,<br />

kann man von einem langfristigen Wertgewinn<br />

ausgehen.<br />

Andererseits: Wo sehen Sie die Renditen<br />

mittel- und langfristig?<br />

Mittelfristig sind keine großen Veränderungen<br />

zu erwarten, die Renditen werden bei<br />

etwa ein bis zwei Prozent verbleiben – eine<br />

Höhe, die für private Anleger attraktiver ist<br />

als für institutionelle Investoren.<br />

Die langfristige Entwicklung hängt<br />

natürlich von der Veränderung der Leitzinsen<br />

ab. Tendenziell sollte dadurch die<br />

Rendite auch in den nächsten drei bis fünf<br />

Jahren etwas ansteigen – dann müsste man<br />

wieder mit über zwei Prozent rechnen.<br />

Investitionen werden sich jeden Falls nach<br />

den zukünftigen Rahmenbedingungen<br />

richten.<br />

Es gibt Marktteilnehmer, die angesichts<br />

der „Wahnsinnspreise“, die Zinshäuser<br />

derzeit erzielen, nur mehr auf Bieterverfahren<br />

setzen – alles andere sei unseriös,<br />

meinen sie. Sehen Sie das ähnlich?<br />

Es gibt mehrere Verfahren, deren Ziel es ist,<br />

eine Immobilie erfolgreich zu veräußern.<br />

Dabei ist es natürlich die Sache des Verkäufers,<br />

zu entscheiden, wie er sein Haus auf<br />

den Markt bringt: ob er sich vertraulich an<br />

ausgewählte Partner wendet oder in ein<br />

großes Bestbieterverfahren geht. Natürlich<br />

stehen hierbei auch Makler mit entsprechender<br />

Erfahrung zur Seite, die bei der Auswahl<br />

der richtigen Unternehmen unterstützen.<br />

Wir sind jedoch davon überzeugt, dass auch<br />

ein Erstangebot das beste Angebot sein kann,<br />

das zum Abschluss führt. Das Bieterverfahren<br />

stellt daher also nicht die einzig seriöse<br />

Methode dar.<br />

Der Markt zahlt aktuell Bestpreise, wovon<br />

<strong>Zinshaus</strong>besitzer profitieren. Für jene, die<br />

verkaufen wollen, ist momentan ein guter<br />

Zeitpunkt.<br />

Wie kann man angesichts des hohen Investitionsdrucks<br />

und den damit einhergehenden<br />

Folgen für Preise und Angebote am<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt überhaupt noch Mehrwert<br />

generieren – auch mit Hinblick auf die<br />

hohen Bau- und Materialkosten?<br />

„Das <strong>Zinshaus</strong><br />

ist ein besonders<br />

krisensicheres<br />

und nachhaltiges<br />

Investment<br />

und daher sehr<br />

nachgefragtes Gut.“<br />

Christian Winkler,<br />

WINEGG Realitäten GmbH<br />

36 <strong>ImmoFokus</strong>


Mehrwert ist ausschließlich zu generieren,<br />

wenn man die richtigen gesamtheitlichen<br />

Konzepte anbietet. Unser Anspruch dabei ist<br />

es, nicht nur ausschließlich Oberflächen zu<br />

sanieren, sondern umfangreich und nachhaltig<br />

zu entwickeln und die Zinshäuser mit<br />

zeitgemäßen Technologien zu versehen. So<br />

kombinieren wir den Charme von Gründerzeit-Architektur<br />

mit den Annehmlichkeiten<br />

des modernen Lebens.<br />

Auch wenn die Bau- und Materialkosten<br />

ansteigen und ein hoher Investitionsdruck<br />

besteht, müssen wir als Projektentwickler<br />

darauf reagieren und den Markt ständig im<br />

Blick haben. Denn es bleibt auch weiterhin<br />

in unserer Verantwortung, Immobilien zu<br />

entwickeln, in denen Menschen ihren Lebensraum<br />

finden. Nachhaltig, anspruchsvoll und<br />

weitsichtig: Nur so entsteht ein Mehrwert für<br />

zukünftige Generationen.<br />

Liegenschaftsankauf zu Bestpreisen<br />

WINEGG steht für eine jahrzehntelange Erfahrung in der Entwicklung<br />

von hochwertigen Lebensräumen und ist laufend auf<br />

der Suche nach neuen Bauträgerliegenschaften, Zinshäusern und<br />

Wohnungspaketen mit Potenzial.<br />

Selbst wenn bereits ein Angebot vorliegt, kontaktieren Sie uns für<br />

ein verbindliches Gegenangebot.<br />

WINEGG.AT/ANKAUF<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

37


Advertorial<br />

Hausverstand im<br />

ganzen Land<br />

<strong>Zinshaus</strong>. Die Hudej-Zinshäuser-Gruppe hat sich mit mehreren Standorten auf<br />

die Vermarktung von Zinshäusern in ganz Österreich spezialisiert. Damit nimmt<br />

das Unternehmen Alleinstellung in einer heiß umkämpften Branche ein.<br />

G<br />

egründet im Jahr 2012 in Wien<br />

ist die Gruppe heute mit weiteren<br />

Standorten in Graz, Salzburg,<br />

Linz, St. Pölten, Innsbruck und<br />

Klagenfurt in ganz Österreich präsent. Darüber<br />

hinaus hat das Unternehmen ein Büro in Zürich,<br />

um zahlungskräftige internationale und Schweizer<br />

Investoren mit dem österreichischen <strong>Zinshaus</strong><br />

als Vermögensanlage vertraut zu machen.<br />

Der gebürtige Klagenfurter Gerhard Hudej hat<br />

als Erster erkannt, dass sich der österreichische<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt nicht auf Wien beschränkt. In<br />

der Bundeshauptstadt finden zwar mit Abstand<br />

die meisten Transaktionen statt. Doch die<br />

Aufmerksamkeit der Investoren für die Landeshauptstädte<br />

hat in den letzten Jahren zugenommen.<br />

Dieser Trend wird sich auch in Zukunft<br />

fortsetzen.<br />

Gut aufgestellt<br />

Dem Gründer und Geschäftsführer der<br />

Gruppe, Gerhard Hudej, ist es gelungen, sie<br />

zu einem der führenden Unternehmen am<br />

österreichischen <strong>Zinshaus</strong>markt aufzubauen<br />

– einem Markt, der im vergangenen Jahr ein<br />

Gesamtvolumen von rund drei Milliarden<br />

„Unsere Kunden sind<br />

Privatpersonen aus allen<br />

Vermögensklassen, Family<br />

Offices, Stiftungen,<br />

Immobilienentwickler und<br />

institutionelle Investoren.“<br />

Gerhard Hudej,<br />

Geschäftsführung Hudej-Zinshäuser-Gruppe<br />

Euro erreicht hat. Einige der größten und prominentesten<br />

<strong>Zinshaus</strong>-Deals der letzten Jahre<br />

konnte Hudej Zinshäuser ebenso begleiten<br />

wie zahlreiche Transaktionen kleiner und<br />

mittelgroßer Liegenschaften. Dementsprechend<br />

breit gefächert ist der Kundenkreis:<br />

Privatpersonen aus allen Vermögensklassen<br />

zählen ebenso dazu wie Family Offices und<br />

Stiftungen, Immobilienentwickler sowie institutionelle<br />

Investoren. Neben langjähriger<br />

Erfahrung und fundiertem Fachwissen sind<br />

klassische kaufmännische Qualitäten für den<br />

Erfolg der Gruppe verantwortlich: akribische<br />

Marktanalyse, Vertrauensaufbau, das Bilden<br />

tragfähiger Netzwerke sowie die Fähigkeit,<br />

den Kunden zuzuhören und ihre Bedürfnisse<br />

zu verstehen. Sowohl jene, die ein Haus verkaufen<br />

wollen als auch jene, die eines suchen,<br />

stehen vor der entscheidenden Frage: Wie<br />

finde ich den idealen Käufer bzw. das richtige<br />

Objekt? Denn der beste Käufer ist jener, dessen<br />

Suchkriterien genau zu einem bestimmten<br />

Haus passen – er ist in der Regel bereit, einen<br />

höheren Preis zu zahlen als der Durchschnitt.<br />

Konzentration auf das Wesentliche<br />

„Den richtigen Käufer zu kennen bzw. genau<br />

das passende Haus zu finden, ist Voraussetzung,<br />

um am <strong>Zinshaus</strong>markt erfolgreich zu<br />

sein. Darin sehen wir unsere wichtigste Auf-<br />

Fotos: Gernot Gleiss<br />

38 <strong>ImmoFokus</strong>


gabe“, erklärt Reinhard Manzl, der gemeinsam<br />

mit Mathias Miller-Aichholz den Wiener<br />

Standort der Hudej-Zinshäuser-Gruppe leitet.<br />

Über den <strong>Zinshaus</strong>markt in seinem Bundesland<br />

sagt Manzl: „Der <strong>Zinshaus</strong>markt in Wien<br />

ist besonders heiß umkämpft. Das Angebot an<br />

klassischen Stilzinshäusern geht tendenziell<br />

zurück, während die Nachfrage weiterhin sehr<br />

stark ist.“ Mathias Miller-Aichholz ergänzt:<br />

„Allerdings wirken sich die hohen Preise schon<br />

auf den Markt aus. Laut unserer Marktanalyse<br />

für das Jahr 2020 ist die Transaktionsanzahl in<br />

Wien um rund 10 Prozent und das Volumen<br />

um rund 25 Prozent gesunken, jeweils im Vergleich<br />

zum Vorjahr.“ Die Hauptgründe dafür<br />

seien, dass erstens sehr wenige Premiumhäuser<br />

im 1. Bezirk auf den Markt gekommen<br />

sind – sie beeinflussen aufgrund des hohen<br />

Volumens die Statistik am stärksten – und dass<br />

zweitens die Share-Deals zugenommen haben.<br />

Die Covid-19-Pandemie hat einmal mehr die<br />

Qualität des <strong>Zinshaus</strong>es als Wertanlage bewiesen.<br />

Während die meisten Aktienkurse herbe<br />

Rückschläge erlitten und es auf den Börsen<br />

immer wieder turbulent zugeht, erweist sich<br />

der <strong>Zinshaus</strong>markt als felsenfest.<br />

Gute Zeit für Verkäufer<br />

Auch die niedrigen bzw. teilweise negativen<br />

Zinsen tragen ihren Teil zu den steigenden<br />

„Die Covid-19-Pandemie<br />

hat einmal mehr die<br />

Qualität des <strong>Zinshaus</strong>es<br />

als Wertanlage bewiesen,<br />

der Markt blieb<br />

felsenfest.“<br />

Mathias Miller-Aichholz,<br />

Standortleitung Wien<br />

Preisen bei Zinshäusern bei. Wer Geld hat,<br />

möchte es sicher anlegen, ohne Strafzinsen<br />

zu zahlen – im günstigsten Fall soll es sich<br />

sogar vermehren. Die betreffenden Möglichkeiten<br />

sind rar, und das <strong>Zinshaus</strong> ist eine<br />

davon. Denn es bietet eine Kombination aus<br />

Sicherheit und Ertrag, die man sonst kaum<br />

mehr findet. Es sind daher gute Zeiten für<br />

„Den richtigen Käufer zu<br />

erkennen und genau das<br />

passende Haus zu finden,<br />

ist Voraussetzung, um am<br />

<strong>Zinshaus</strong>markt erfolgreich<br />

zu sein.“<br />

Reinhard Manzl,<br />

Standortleitung Wien<br />

alle, die ein Haus besitzen und sich davon<br />

trennen wollen. Wer jetzt verkauft, kann aufgrund<br />

des hohen Preisniveaus jedenfalls mit<br />

einem sehr erfreulichen Ergebnis rechnen.<br />

Wichtig ist dabei allerdings, dass man den<br />

richtigen Partner an der Hand hat, der den<br />

Markt kennt, den idealen Käufer findet und<br />

den höchstmöglichen Preis erzielt.<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

39


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

Nichts für<br />

Anfänger<br />

Dachbodenausbau. Architekturstudenten wird<br />

kurz vor der Diplomprüfung ein guter Rat mit auf<br />

den Weg gegeben: Das erste Haus baue deinem<br />

Feind, das zweite deinem Freund und erst das<br />

dritte dir selbst. Man könnte diese Weisheit<br />

erweitern: Für deinen ersten Dachgeschoßausbau<br />

lasse dir noch zehn weitere Jahre Zeit.<br />

Autor: Gerhard Fritz<br />

V<br />

or hundert Jahren waren die<br />

teuersten Wohnungen im ersten<br />

Stock mit Blick zur Straße, man<br />

wollte schließlich repräsentieren<br />

und nicht viele Stufen überwinden. Je höher man<br />

hinaufsteigen musste, desto unattraktiver waren<br />

die Wohnungen. Unter dem Dach wohnten nur<br />

mehr die Dienstboten und die armen Leute, es<br />

war ja entsprechend beschwerlich, im Winter<br />

das Heizmaterial hinaufzutragen, und im Sommer<br />

war es mangels Wärmedämmung schrecklich<br />

heiß. Die Dachböden waren früher als<br />

Kaltdach ausgeführt, hatten mit dem feuerfesten<br />

Boden eine wichtige Brandschutzfunktion für<br />

das Haus darunter und wurden, wenn überhaupt,<br />

nur zum Kehren der Kamine, zum Wäscheaufhängen<br />

und als Stauraum verwendet.<br />

Heute werden die Dachböden so nicht mehr<br />

gebraucht – immer mehr Kamine werden aufgelassen,<br />

in fast jeder Wohnung gibt es einen<br />

Wäschetrockner, und für den Stauraum gibt es<br />

das Selfstorage oder das Wochenendhaus. Und<br />

jedes Stockwerk zählt. Eine Wohnung im Dachgeschoß<br />

(am besten mit großer und in einen<br />

begrünten Innengarten orientierter Terrasse<br />

mit Rundumblick über die gesamte Stadt) zählt<br />

zu den begehrtesten Immobilien am Markt,<br />

mit den Wohnungen im ersten Stock tun sich<br />

Investoren heute zunehmend schwer.<br />

In den vielen hochglänzenden Bilder in den<br />

Verkaufsprospekten und elektronischen Annoncen<br />

wird oft der beschwerliche Weg bis zur<br />

fertigen, immer hochpreisigen Dachgeschoßwohnung<br />

ausgeblendet.<br />

Es beginnt schon bei dem Blick auf das Haus.<br />

Der Rohdachboden eines Hauses ist ja nichts<br />

anderes als ein schwierig zu bebauendes, weil<br />

höher liegendes Grundstück. Hier entscheiden<br />

Lage, Flächenwidmung und Bauordnung, aber<br />

auch Zustand und Besitzverhältnisse des ins<br />

Auge gefassten Objekts über die Verwertbarkeit<br />

und die Werthaltigkeit der beabsichtigten<br />

Investition.<br />

Auch die Baukosten werden oft unterschätzt,<br />

sie können leicht beim Doppelten dessen<br />

liegen, was für normale Geschoßwohnungen<br />

kalkuliert wird – man baut ja schließlich ein<br />

Haus auf einem Haus. Wichtig ist, nicht auf die<br />

schnelle Rendite, sondern auf Nachhaltigkeit<br />

zu schauen. So sollte man bereits unmittelbar<br />

nach Fertigstellung Mittel für kommende Sanierungen<br />

zur Seite zu legen (oder wenigstens<br />

einplanen), sonst kommt in zehn Jahren die<br />

böse Überraschung.<br />

Die Vorschriften sind mannigfaltig, die Flächenwidmung<br />

und die Bebauungsbestimmungen<br />

entscheiden, ob überhaupt und wie hoch<br />

und in welchen Umrissen ausgebaut werden<br />

Fotos: Rustler, Clemens Schwarz<br />

40 <strong>ImmoFokus</strong>


Gerhard Fritz,<br />

Allgemein beeideter und<br />

gerichtlich zertifizierter<br />

Sachverständiger für Hochbau &<br />

Architektur<br />

oft schwerer zu realisieren als gedacht, nicht<br />

selten sind es die zwei oder drei Stufen vom<br />

Eingang ins Stiegenhaus, die die größten Probleme<br />

machen.<br />

darf. Und falls das Haus in einer Schutzzone<br />

liegt oder gar unter Denkmalschutz steht, sind<br />

weitere Abklärungen zu treffen. An dieser<br />

Stelle muss ein Versuch der Ehrenrettung für<br />

die verschiedenen Gestaltungsbeiräte und<br />

das Denkmalamt unternommen werden. Die<br />

dortigen Beamten suchen in der Regel bei allen<br />

vorgelegten Projekten viel lieber Lösungen<br />

und den Ausgleich zwischen dem historischen<br />

Bild und den modernen Anforderungen und<br />

sind nicht von Vornherein bestrebt, den Bauherren<br />

Schwierigkeiten in den Weg zu legen.<br />

Die jeweiligen Bauordnungen und die entsprechenden<br />

bautechnischen Vorschriften, hier<br />

vor allem die in ganz Österreich geltenden<br />

OIB-Richtlinen, legen dann die weiteren Rahmenbedingungen<br />

wie Erdbebensicherheit,<br />

Wärmedämmung und Barrierefreiheit fest. Es<br />

ist halt ein Problem, wenn man in einem Haus<br />

ein Dachgeschoß mehr als 20 Meter über dem<br />

Gehsteig ausbauen will, dessen Erdgeschoß in<br />

den 1960er Jahren großzügig zu einer stützlosen<br />

Geschäftsfläche umgestaltet worden ist.<br />

Hier ist der Statiker in hohem Maße gefordert,<br />

die notwendigen Verstärkungen durch das<br />

ganze Haus zu planen. Oder das heute so aktuelle<br />

Thema Klimawandel mit der Forderung<br />

nach dem Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen.<br />

Früher war es selbstverständlich, dass<br />

Gasthermen eingebaut wurden, nur was macht<br />

man heute? Wärmepumpen aufstellen, die<br />

die ganze Nacht brummen, oder Dachflächen<br />

mit unzähligen PV-Elementen vollpflastern,<br />

die mit einer automatischen Schneeräumung<br />

ausgestattet sein müssen, um auch im Winter<br />

den notwendigen Strom für die Elektroheizung<br />

zu erzeugen? Auch die Barrierefreiheit ist<br />

Neben den Widmungsthemen und bautechnischen<br />

Themen dürfen auch die rechtlichen<br />

Herausforderungen nicht aus den Augen verloren<br />

werden. Gehört das Haus einem Alleineigentümer<br />

oder einigen Familienmitgliedern,<br />

sollte es relativ schnell mit den notwendigen<br />

Zustimmungen gehen. Schwierig wird es<br />

meist, wenn in dem Haus bereits Wohnungseigentum<br />

begründet wurde und jeder einzelne<br />

Miteigentümer der Bauführung zustimmen<br />

muss. Hier kann die Aussicht auf den Einbau<br />

eines Liftes und die Attraktivierung des Eingangsbereiches<br />

und des Stiegenhauses verbunden<br />

mit der Erneuerung der Steigleitungen<br />

vielleicht ein wenig helfen, Vorbehalte gegen<br />

die befürchtete massive Lärm- und Schmutzbelastung<br />

während der Bauzeit auszugleichen.<br />

Die gröbsten Fehler können aber im Zuge der<br />

Bauführung passieren. Das fängt mit einer fehlenden<br />

sicheren Wasserabdichtung der obersten<br />

Geschoßdecke nach Entfernen der Dachdeckung<br />

an (da soll es schon öfter zu echten<br />

Dramen gekommen sein). Es geht weiter mit<br />

der falschen Ausführung der einzelnen Dachschichten<br />

(denn ohne wirksame Dampfsperre<br />

schimmelt die Dachkonstruktion in weniger<br />

<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong> 2021<br />

41


<strong>Zinshaus</strong> <strong>Special</strong><br />

als zehn Jahren – und ohne entsprechende<br />

Wärmedämmung ist es im Winter entsetzlich<br />

kalt und im Sommer trotz Klimaanlage unerträglich<br />

heiß). Auch die Abdichtung der Terrassen<br />

ist ein heikles Thema. Es genügt nicht,<br />

dass sie später ohnehin unter einem hübschen<br />

Holzbelag verschwindet.<br />

beträchtlich aufwerten. Es gibt unzählige Beispiele,<br />

bei denen das Stiegenhaus nachher in<br />

nie gewohnter Pracht strahlt, alle Stockwerke<br />

über einen barrierefreien Zugang verfügen,<br />

endlich Parkplätze auf Eigengrund geschaffen<br />

wurden, die Mistkübel endlich in einem<br />

Mistraum verschwunden sind und ein eigener<br />

Kinderwagenabstellraum geschaffen wurde.<br />

Dazu kommt, dass das Haus durch die meist<br />

architektonisch hervorstechende Gestaltung<br />

des Dachraums schon von Weitem als ein besonderes<br />

erkannt wird. Das entschädigt dann<br />

für die unzähligen Mühen und Stolpersteine<br />

auf viele Jahre.<br />

Schließlich will die Bauführung gut geplant<br />

sein. Man kann für die Baustelleneinrichtung<br />

meist nur einige wenige Autostellplätze beanspruchen<br />

– ohne Kran ist es mühsam, jeden<br />

Ziegel und jedes Stück Holz in luftige Höhen<br />

zu befördern. Die Bauführung selbst sollte unbedingt<br />

in den Händen von erfahrenen Profis<br />

liegen, Fehler können in den meisten Fällen<br />

später nicht mehr ausgebessert werden – und<br />

es kann jeden Tag unendlich viel passieren.<br />

Trotz gewissenhafter Vorbereitung ist man<br />

aber auch vor unangenehmen Überraschungen<br />

nicht gefeit, Fundamente können doch<br />

nicht so tief wie angenommen und Dippelbäume<br />

großflächig abgemorscht sein (man hat<br />

ja früher das Regenwasser in offenen Rinnen<br />

durch den ganzen Dachboden zu den WC-<br />

Abfallsträngen geleitet).<br />

Eine besondere Herausforderung ist der<br />

Ausbau des Daches eines Hauses, das weiter<br />

bewohnt wird. Denn neben der eigentlichen<br />

„Baustelle“ am Dach muss im ganzen Haus<br />

gebaut werden. Das fängt bei der oft erforderlichen<br />

statischen Verstärkung der Fundamente<br />

und der aufgehenden Mauern an, geht über<br />

den Einbau eines barrierefreien und auch für<br />

die Feuerwehr nutzbaren Liftes, geht weiter<br />

über die Erneuerung der Strom- und Wassersteigleitungen<br />

bis hin zum Einbau einer Brandmeldeanlage<br />

und einer Druckbelüftung zur<br />

Entrauchung des Stiegenhauses im Brandfall.<br />

Gänzlich problematisch wird es, wenn die Baubehörde<br />

den Austausch aller Wohnungstüren<br />

gegen brandsichere Exemplare vorschreibt<br />

(diese müssen schon seit vielen Jahren auch im<br />

normalen Geschoßbau brandsicher sein).<br />

Trotz der vielen möglichen Probleme kann<br />

der Ausbau des Dachgeschoßes aber ein Haus<br />

UNGESCHLIFFENER DIAMANT<br />

BAUBEWILLIGUNG. Die Rechtssicherheit einer Baubewilligung ist für den<br />

Preis von entscheidender Bedeutung und kann sich mit einem Plus von bis<br />

zu 30 Prozent niederschlagen.<br />

Rustler hat mehrere hundert Rohdachbodentransaktionen<br />

der letzten zehn Jahre<br />

erhoben und die Werte entsprechend indexiert.<br />

Die Auswertung zeigt deutlich, dass<br />

die durchschnittlichen Verkaufspreise bei<br />

Rohdachböden mit rechtskräftiger Baubewilligung<br />

weit über jenen Verkaufspreisen<br />

liegen, wo keine Bewilligung existierte.<br />

„Der Durchschnittswert für Rohdachböden<br />

mit Baubewilligung ist in den letzten zehn<br />

Jahren um rund 30 Prozent höher ausgefallen<br />

als für jene ohne Bewilligung“, fasst Maximilian<br />

Kainz, der bei Rustler für den Research-<br />

Bereich verantwortlich ist, zusammen. Für<br />

einen Rohdachboden mit rechtskräftiger<br />

Baubewilligung wurden beispielsweise im<br />

Jahr 2020 im Durchschnitt rund 2.200 Euro<br />

pro Quadratmeter erzielbarer Nutzfläche<br />

erreicht.<br />

„Je mehr Wohnnutzfläche in einem Dachboden<br />

erzielbar ist, umso höher ist dessen<br />

Wert je Quadratmeter erzielbarer Nutzfläche,<br />

da sich bei geringerer Nutzfläche<br />

höhere anteilige Baukosten sowie Aufzugserrichtungskosten<br />

ergeben“, so Kainz weiter.<br />

„In Einzelfällen können auch Rohdachböden<br />

ohne Baubewilligung einen hohen Verkaufspreis<br />

erzielen, wenn ein Ausbau sehr wahrscheinlich<br />

ist oder bereits eine Einreichung<br />

bei der Baubehörde vorliegt. Grundsätzlich<br />

gilt jedoch, dass neben der Lage und der erzielbaren<br />

Wohnnutzfläche die Rechtssicherheit<br />

einer Baubewilligung für den Preis von<br />

entscheidender Bedeutung ist“, resümiert<br />

der Geschäftsführer von Rustler Immobilien<br />

Alexander Scheuch.<br />

Maximilian Kainz,<br />

Rustler<br />

Alexander Scheuch,<br />

Rustler<br />

Fotos: Julia Wegerer<br />

42 <strong>ImmoFokus</strong>


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