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Ausgabe 05/2022

| Komplexer Markt: Coverinterview mit Astrid Grantner-Fuchs | Zu Tisch mit ... Martina Hirsch & Michael Molnar | Kommentare von unter anderem Klaus Baringer, Otmar Lahordynsky, Frank Brün, Georg Flödl, Anita Körbler, Karina Schunker, Sebastian Beiglböck, Wolfgang Fessl, Martin Prunbauer | Exklusiv im Interview: Bernhard Klein | Der 28. Real Circle: Quartiers- und Statdtent-wicklung | Über den Tellerrand: Der Radiomacher Karl Habsburg | Dompteure der Komplexität | Kooperation auf der Baustelle|

| Komplexer Markt: Coverinterview mit Astrid Grantner-Fuchs | Zu Tisch mit ... Martina Hirsch & Michael Molnar | Kommentare von unter anderem Klaus Baringer, Otmar Lahordynsky, Frank Brün, Georg Flödl, Anita Körbler, Karina Schunker, Sebastian Beiglböck, Wolfgang Fessl, Martin Prunbauer | Exklusiv im Interview: Bernhard Klein | Der 28. Real Circle: Quartiers- und Statdtent-wicklung | Über den Tellerrand: Der Radiomacher Karl Habsburg | Dompteure der Komplexität | Kooperation auf der Baustelle|

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Komplexer<br />

Teamplayer Markt<br />

Andrea Dissauer<br />

Astrid Grantner-Fuchs<br />

Wir leben Immobilien.<br />

Vermittlung | Verwaltung | Bewertung | Baumanagement<br />

ehl.at


VON<br />

KLEIN<br />

BIS<br />

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jpi.at<br />

Wir stellen uns jeden Tag der<br />

spannenden Herausforderung,<br />

maß geschneiderte Lösungen zu<br />

finden, um jedes individuelle<br />

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ImmoFokus.Rubrik<br />

04 ImmoFokus


HIMMELHOCH:<br />

360 GRAD WIEN<br />

IKONENHAFTE ARCHITEKTUR,<br />

Hochkarätiges Architektenteam Boris<br />

Podrecca, Gustav Peichl, Rudolf F. Weber<br />

NACHHALTIGES ENERGIEKONZEPT,<br />

DGNB-Gold zertifiziert, Auszeichnung Blue<br />

Building, Wired Score Zertifizierung<br />

HOCHHAUSBLICK<br />

360 Grad-Ausblicke mit flexiblen Büroflächen<br />

OPTIMALE LAGE<br />

mit hervorragender Verkehrsanbindung<br />

AUSGEZEICHNETE QUALITÄT<br />

ca. 900 m² Fläche pro Stockwerk<br />

Art-Invest Real Estate<br />

Management Austria GmbH<br />

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Handelskai 94-96<br />

1200 Wien<br />

T: +43 1 3583410<br />

E: millenniumtower@art-invest.de<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2022</strong> <strong>05</strong>


Handschlagqualität<br />

Schindler steht für verbindliche Zusagen, auf die man vertrauen kann.<br />

Handschlagqualität als zuverlässige Basis einer langen sowie erfolgreichen<br />

Geschäftsbeziehung. Denn wir sind immer da und stets bereit, die extra Meile zu gehen.<br />

Wir wissen eben, worauf es ankommt.<br />

www.schindler.at<br />

We Elevate


ImmoFokus.Rubrik<br />

CARE Österreich<br />

CO2-neutral<br />

Worte füllen ke<br />

Ihre<br />

08 ImmoFokus


ine Hilfspakete.<br />

Spende schon.<br />

paket.care.at<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2022</strong><br />

09


ImmoFokus.Rubrik<br />

18<br />

Autofreie Quartiere<br />

Wohnen ohne Auto<br />

Noch nie war der<br />

Markt so komplex<br />

COVERINTERVIEW MIT<br />

ASTRID GRANTNER-FUCHS<br />

38<br />

INHALT<br />

AUSGABE<br />

Rubriken<br />

12 VOM HERAUSGEBER<br />

14 EDITORIAL<br />

178 VORSCHAU/IMPRESSUM<br />

Unternehmen & Projekte<br />

18 BILDERSTRECKE<br />

AUTOFREIE QUARTIERE<br />

30 START-UP<br />

32 TOP DEAL<br />

33 PROBLEMLÖSER<br />

34 IMMOBILIE IM FOKUS<br />

35 AUFSTEIGER<br />

Positionen & Meinungen<br />

38 COVERINTERVIEW MIT ...<br />

Astrid Grantner-Fuchs<br />

50 ZU TISCH MIT ...<br />

Martina Hirsch & Michael Molnar<br />

56 WEIN UND IMMOBILIEN<br />

60 PUTINS AMTSSITZ<br />

Kommentar von Otmar Lahodynsky<br />

62 FRIEREN FÜR DEN FRIEDEN<br />

Kommentar von Frank Brün<br />

64 WIR MACHEN WEITER<br />

Interview mit Michael Schmidt<br />

68 BEWEGTE IMMOBILIENWIRTSCHAFT<br />

Kommentar von Philipp Kaufmann<br />

69 SANIERUNGSBLOCKADE IM<br />

MIETWOHNBAU BEENDEN<br />

Kommentar von Michael Pisecky<br />

70 DIE MASKEN SIND GEFALLEN<br />

Kommentar von Hans Jörg Ulreich<br />

72 DER MARKETER<br />

Kommentar von Philipp Kaufmann<br />

73 NICHT IDEOLOGISCH, SONDERN TECHNO-<br />

LOGIE-OFFEN MUSS DISKUTIERT WERDEN<br />

Kommentar von Louis Obrowsky<br />

74 FRÜHER WAR ALLES BESSER<br />

Kommentar von Wolfgang Fessl<br />

76 STRAFEN SCHAFFEN<br />

KEINEN WOHNRAUM<br />

Kommentar von Martin Prunbauer<br />

Fotos: Adobe Stock<br />

10 ImmoFokus


80<br />

Der 28. Real Circle<br />

Quartier- und Stadtentwicklungsentwicklung<br />

102<br />

Über den Tellerrand<br />

Karl Habsburg - Der Radiomacher<br />

50<br />

Zu Tisch mit ...<br />

Martina Hirsch und Michael Molnar<br />

<strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

ImFokus: Stadtentwicklung<br />

80 REAL CIRCLE<br />

Quartiers- und Stadtentwicklung<br />

94 VORTEILE DER 15-MINUTEN-STADT<br />

VOX FEMINA<br />

95 IMMOBILIEN MIT LADESTATION<br />

AUF DER ÜBERHOLSPUR<br />

Kommentar von Martina Hirsch<br />

96 NACHVERDICHTUNG<br />

Kommentar von Jasmin Soravia<br />

98 FRECH GESAGT<br />

Kolumne von Anita Körbler<br />

100 ILLMITZER GESPRÄCHE<br />

Kolumne von Thomas Malloth<br />

102 ÜBER DEN TELLERRAND<br />

Der Radiomacher<br />

108 DAS GFRETT MIT DEM KONDENSWASSER<br />

Siegerinterview FM-Day<br />

111 STADTENTWICKLUNG DIGITALER DENKEN<br />

Kommentar von Andreas Köttl<br />

112 ES BRAUCHT DURCHDACHTE<br />

WOHNANLAGEN<br />

Kommentar von Klaus Baringer<br />

113 DURCH UMWELTFREUNDLICHE<br />

MOBILITÄTSKONZEPTE<br />

ZUR GRÜNEN STADT<br />

Kommentar von Karina Schunker<br />

114 NACHHALTIG IN UNSICHEREN ZEITEN<br />

Kommentar von Georg Flödl<br />

116 UMWELTVERTRÄGLICHKEIT FÜR<br />

STADTENTWICKLUNGSPROJEKTE<br />

Kommentar von Sebastian Beiglböck<br />

118 EXPO RÜCKBLICK<br />

124 DAS DILEMMA MIT DER<br />

LEERSTANDSABGABE<br />

130 DOMPTEURE DER KOMPLEXITÄT<br />

134 KOOPERATION AUF DER BAUSTELLE<br />

138 DIE BASIS IST DAS PRODUKT<br />

Interview mit Bernhard Klein<br />

146 METAVERSE<br />

148 EXPOREAL EARLY BIRD FRÜHSTÜCK<br />

FRISCH GESTÄRKT IN DEN TAG<br />

152 EVENTS<br />

159 BUCHTIPPS<br />

160 OBSERVER<br />

162 VORSCHAU<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

11


Stadt der<br />

kurzen Wege<br />

„Neue Stadtquartiere<br />

ohne Verkehrskonzept<br />

kennen wir alle zur<br />

Genüge.“<br />

A<br />

lle reden von der 15-Minuten-<br />

Stadt- Anstelle von Städten mit<br />

getrennten Wohn-, Sozial- und<br />

Arbeitsvierteln sieht das 15-Minuten-Stadt<br />

Konzept das urbane Zentrum als ein<br />

Geflecht von Vierteln vor, in denen alle drei<br />

Funktionen nebeneinander bestehen. Im Kern<br />

beinhaltet es Überlegungen, Strategien und<br />

Maßnahmen, Städte durch die Dezentralisierung<br />

von Dienstleistungen wieder lokaler zu machen.<br />

Sie vereint mit der Mixed-Use-Nutzung, also<br />

der Mischung aus Wohnen, Einzelhandel und<br />

Büroflächen, und der „Stadt der kurzen Wege“<br />

zwei stadtplanerische Ansätze, die ihre Ausrichtung<br />

an den Bedürfnissen der Stadtbewohner<br />

schon in der Realität bewiesen haben.Das<br />

Modell lässt sich wie eine kleine Stadt in der<br />

Stadt verstehen.<br />

Klingt super. Auch in der Vergangenheit<br />

wurden immer wieder größere Quartierentwicklungen<br />

mit dem Stichwort „Wohnen<br />

& Arbeiten an einem Ort“ angekündigt und<br />

beworben. Doch was wurde in der Realität daraus?<br />

Es stimmt schon: Man wohnt und arbeitet<br />

in diesen neuen Stadtquartieren. Doch nicht<br />

alle, die dort wohnen, arbeiten auch dort – und<br />

umgekehrt. Immer mehr Berufseinsteiger<br />

können sich Wohnungen in den zentrumsnahen<br />

Quartieren nicht (mehr) leisten. Aber<br />

gerade dort entstehen bzw. sind die neuen<br />

Bürocluster entstanden. Nach wie vor wollen<br />

auch Unternehmen zeigen, dass sie sich Top-<br />

Standorte leisten können. Ihre Mitarbeiter<br />

müssen zum Teil lange Anfahrtswege in Kauf<br />

nehmen. Noch sind wir – Gott sei Dank – weit<br />

von amerikanischen und britischen Verhältnissen<br />

entfernt, wo eineinhalbstündige Anfahrtswege<br />

keine Ausnahme mehr darstellen.<br />

Noch. Arbeitgeber könnten dezentralisierte<br />

Kleinbüros einrichten, damit die Mitarbeitenden<br />

nicht so lange pendeln müssen. In diesen<br />

Gebäuden wären dann nicht nur Büros untergebracht,<br />

sondern auch Wohnungen und<br />

sogar Kindergärten.<br />

Angesichts der Wirtschaftskrise darf man aber<br />

die Frage stellen, wer dies alles bezahlen soll.<br />

Eines ist klar: Ohne optimierte Verkehrsinfrastruktur<br />

– öffentlich wie privat - wird es nicht<br />

gehen. Nur der zügige Ausbau des öffentlichen<br />

Nahverkehrs kann dazu führen, dass weniger<br />

Autos notwendig wären – und man trotzdem<br />

zügig durch die Stadt kommt. Neue Stadtquartiere<br />

ohne Verkehrskonzept kennen wir alle<br />

zur Genüge.<br />

Ihr<br />

Michael Neubauer<br />

Herausgeber<br />

Fotos: Adobe Stock<br />

12 ImmoFokus


Mag. (FH) Andrea Dissauer MRICS<br />

Geschäftsführerin | EHL Immobilien Management<br />

Herzliche Gratulation zu dieser<br />

sensationellen Auszeichnung!<br />

Seit über 20 Jahren können sich deine KundInnen und KollegInnen<br />

zu 100 % auf dich verlassen. Deine Verlässlichkeit, Engagement,<br />

Menschlichkeit und Fachkompetenz sind einzigartig.<br />

Michael Ehlmaier<br />

Im Namen des gesamten EHL-Teams<br />

ehl.at<br />

Wir leben<br />

Immobilien.


Was bringt<br />

der Herbst?<br />

„Jede Menge Top-Interviews<br />

und spannende<br />

Expertenbeiträge.“<br />

E<br />

r bringt jede Menge Events, Vortragsreihen,<br />

Messen und Foren – es<br />

scheint, als wolle man in kürzester<br />

Zeit alles Versäumte nachholen und<br />

rein präventiv alles vor dem nächsten schwarzen<br />

Schwan in sich hineinstopfen. Dabei ergibt sich<br />

ein regelrechtes Feuerwerk an geballtem Knowhow<br />

von der Expo bis zum Facility Management<br />

Day, der Blockchain Real, der Citytagung von<br />

Regioplan bis hin zu den Real 100 und unserem<br />

Real Circle. Natürlich ist diese Aufzählung nicht<br />

vollständig.<br />

Raumplanung und<br />

städtebauliche Verträge<br />

Diese <strong>Ausgabe</strong> steht ganz im Zeichen von Stadt,<br />

Raumplanung und städtebaulichen Verträgen.<br />

Beim zum 28. Mal stattfindenden Real Circle<br />

wurde dieses Thema von 30 Immobilienprofis<br />

diskutiert – mit oft sehr konträren Ansichten.<br />

Auch bei den Round Tables zu den Themen<br />

„Klima in der Stadt“ und „Allianzverträge“<br />

lieferten sich die eingeladenen Experten einen<br />

interessanten Schlagabtausch. Natürlich darf<br />

der Einstieg ins Heft mit einer Bilderstrecke<br />

über autofreie Quartiere nicht fehlen.<br />

führerin der sReal mit ihrem Kollegen Michael<br />

Molnar beim „Zu Tisch mit …“ zur digitalen<br />

Offensive befragt. Natürlich gibt es auch einen<br />

spannenden Nachbericht über die Expo – allem<br />

voran über das vom ImmoFokus organisierte<br />

Early-Bird-Frühstück. In „Über dem Tellerrand“<br />

spricht Herausgeber Michael Neubauer<br />

mit Karl Habsburg über die Macht der Medien<br />

und die Ukraine.<br />

Also, was bringt der Herbst? Eine neue <strong>Ausgabe</strong><br />

des ImmoFokus, einen wunderschönen<br />

Altweibersommer und hoffentlich keine weitere<br />

Coronawelle. Bleiben Sie gesund!<br />

Herzlichst<br />

Top-Interviews<br />

Im Coverinterview erzählt Astrid Grantner-<br />

Fuchs von steigenden Herausforderungen in<br />

der Bewertung und warum sie bei der ÖGNI<br />

einen Kurs zum ESG-Consultant besucht hat.<br />

Martina Hirsch haben wir als neue Geschäfts-<br />

Lisa Grüner<br />

Chefredakteurin<br />

Foto: Adobe Stock<br />

14 ImmoFokus


Digital<br />

Spezialisiert auf Digitalisierung in der Immobilienbranche<br />

Bernadette Fellner | Senior Manager<br />

Assurance<br />

Spezialisiert auf die Prüfung von Immobilienunternehmen<br />

Marius Richter | Partner<br />

Legal<br />

Spezialisiert auf Immobilienrecht<br />

Karl Koller | Partner - PwC Legal<br />

Advisory<br />

Spezialisiert auf Immobilienberatung<br />

Peter Fischer | Director<br />

Tax<br />

Spezialisiert auf Immobiliensteuerrecht<br />

Franz Rittsteuer | Director<br />

Karl Koller<br />

Peter Fischer<br />

Bernadette Fellner Marius Richter Franz Rittsteuer<br />

Dedicated to Real Estate,<br />

focused on solutions.<br />

www.pwc.at/real-estate<br />

„PwC“ bezeichnet das PwC-Netzwerk und/oder eine oder mehrere seiner Mitgliedsfirmen. Jedes Mitglied dieses Netzwerks ist ein selbstständiges Rechtssubjekt.<br />

Weitere Informationen finden Sie unter pwc.com/structure.


Unternehmen & Projekte<br />

018<br />

AUTOFREIE QUARTIERE<br />

Die Bau- und<br />

Immobilienwirtschaft<br />

will neben einer<br />

nachhaltigen Bauweise<br />

und Energieversorgung<br />

auch mit dem Verzicht<br />

auf das Auto einen<br />

Beitrag leisten. Schon<br />

jetzt gibt es das eine<br />

oder andere Bestpractice-Beispiel<br />

einer<br />

Quartiersentwicklung, in<br />

der die Bewohner auf ein<br />

Auto verzichten können.<br />

030<br />

START UP<br />

Das österreichische Start-up Wood_Space<br />

bietet modularen Qualitätsholzbau an.<br />

Dank massiver Vollholzmodule können<br />

Projekte vom Tiny-Haus, Shop, Kindergarten,<br />

mehrstöckigen Bürogebäude, Studentenheim<br />

bis zum Hotel/Motel in nur drei Monaten<br />

umgesetzt werden.<br />

033<br />

PROBLEMLÖSER CHEKKER<br />

CHEKKER® ist ein Assistenzsystem für Arbeiter<br />

in Fertigteilwerken. Das System projiziert<br />

mithilfe eines Hochleistungsprojektors und<br />

unter Verwendung mehrerer Kameras Pläne<br />

im Maßstab 1:1 direkt auf die Arbeitsfläche<br />

und unterstützt die ausführenden Personen<br />

maßgeblich durch das einfache und intuitive<br />

Anleiten sukzessiver Arbeitsschritte.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

16 ImmoFokus


<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2022</strong><br />

17


Unternehmen & Projekte<br />

Wohnen ohne Auto<br />

Utopie. Der Klimawandel ist längst auch in unseren Breitengraden angekommen. Für die Bau- und<br />

Immobilienwirtschaft bedeutet das vor allem eins: nachhaltig planen, bauen und vor allem sanieren.<br />

Neben einer nachhaltigen Bauweise und Energieversorgung kann auch der Verzicht auf das Auto<br />

einen wertvollen Beitrag leisten. Schon jetzt gibt es das eine oder andere Best-practice-Beispiel einer<br />

Quartiersentwicklung, in der die Bewohner auf ein Auto verzichten können.<br />

Autor: Amelie Miller<br />

18 ImmoFokus


<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

19


Unternehmen & Projekte<br />

Fotos: 6a Süd: VDX.at, 6 Süd: bildraum.at, 6 Nord: pentaplan.at<br />

REININGHAUS-GRÜNDE<br />

Die Stadt Graz setzt bei Bauprojekten auf Mobilitätsverträge, das heißt im Gegenzug zur Reduktion der PKW-Parkplätze verpflichten sich die Bauträger zu<br />

Maßnahmen für eine verbesserte Mobilität. Das sind zum Beispiel Geh- und Radwege, Fahrradabstellplätze, eine fußläufige Anbindung an Haltestellen, Infrastruktur<br />

für E-Mobilität, kostenlose Tickets für den öffentlichen Verkehr und Carsharing. Einen solchen Mobilitätsvertrag gibt es auch für die Stadt der kurzen Wege in den<br />

Reiningenhausgründen. So erhalten etwa Bewohner im ersten Jahr eine Jahreskarte für den öffentlichen Verkehr geschenkt. Rund 13,5 Kilometer Radweg werden<br />

neu gebaut, Car-Sharing und E-Taxis stehen in allen Quartieren zur Verfügung. Zusätzlich entstehen mit der Unesco Esplanade eine autofreie Flaniermeile,<br />

ein drei Hektar umfassender Park und mehrere kleine Stadtwäldchen.<br />

Größe des Areals: 54 Hektar<br />

Begrünung: 2.000 Bäume werden zusätzlich gepflanzt<br />

www.reininghausgruende.at<br />

20 ImmoFokus


Fotos: Markus Bstieler/Mario Ramoni, Ursula Meisser<br />

WOHNANLAGE MIT INTEGRIERTEM SOS-KINDERDORF<br />

Das Besondere an dem integrierten SOS-Kinder- und Familiendorf in<br />

Nußdorf-Debant ist nicht nur, dass hier SOS-Kinderdorf-Familien mit<br />

anderen Familien und Mietern in einer Gemeinschaft zusammenleben,<br />

sondern auch, dass der komplette innere Bereich der Siedlung autofrei<br />

und somit Fußgängern und Radfahrern vorbehalten ist. Geparkt<br />

werden die Autos in einer Tiefgarage oder entlang der Zugangsstraße.<br />

Mitte der 1950er Jahre gegründet, bestand das SOS-Kinderdorf ursprünglich<br />

aus sieben Häusern, die am Rande der Gemeinde errichtet<br />

wurden. Aufgrund der gewachsenen Infrastruktur entschied man sich<br />

später für den Neubau von 21 Familienhäusern, die sowohl für das<br />

SOS-Kinderdorf als auch für die Vermietung an Familien aus Nußdorf-<br />

Debant neuen Lebensraum schaffen sollten und im Mai 2012 an die<br />

Mieter übergeben wurden.<br />

Standort: FUCHSUNDPEER (heute archifuchs)<br />

in Zusammenarbeit mit Mario Ramoni<br />

Bauträger: SOS-Kinderdorf mit der Gemeinde Nußdorf-Debant,<br />

Osttiroler Siedlungsgenossenschaft GmbH (OSG)<br />

Auszeichnungen: austrian brick and roof award 2013<br />

HUNZIGER AREAL<br />

Das Hunziker Areal im Norden Zürichs ist das<br />

erste Projekt, das die Baugenossenschaft<br />

„mehr als wohnen“ umgesetzt hat, und<br />

wurde als autoarmer Quartierteil realisiert.<br />

Anspruch auf einen Parkplatz hat hier nur,<br />

wer aus gesundheitlichen oder beruflichen<br />

Gründen auf ein Auto angewiesen ist. Neben<br />

einer guten Anbindung an den Nahverkehr<br />

steht den Bewohnern eine Mobilitätsstation<br />

zur Verfügung, mit Elektro- und Lastenvelos<br />

und Fahrradanhängern, sowie verschiedene<br />

Car-Sharing-Angebote. Gewerbeflächen und<br />

Allmendräume in den Erdgeschossen der<br />

13 Quartiersgebäude beleben die Plätze<br />

und Zwischenräume. Demokratische<br />

Mitwirkungsprozesse und Mitgliederrechte<br />

tragen zur sozialen Nachhaltigkeit bei<br />

Architekten: Duplex Architekten,<br />

Futurafrosch, Müller Sigrist<br />

Architekten, Pool Architekten, Miroslav Šik<br />

Landschaftsarchitektur: Müller Illien<br />

Landschaftsarchitekten<br />

Bauherrschaft: Baugenossenschaft<br />

mehr als wohnen<br />

Auszeichnungen: World Habitat Award 2017<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

21


GENERATIONENWOHNEN AM WALDSTRAND<br />

Die kleine Siedlung in St. Egyden am Steinfeld in Niederösterreich besteht aus fünf Baukörpern, die in Holzbauweise<br />

errichtet wurden und sich so in den umgebenden Nadelwald einfügen. Die Gebäude mit sechseckigen<br />

Grundrissen sind im Kreis angeordnet und eröffnen so im Inneren eine Fläche, die als „Generationenplatz“<br />

konzipiert ist. Hier können die Bewohner zusammenkommen, sei es für Feierlichkeiten oder für den Austausch<br />

über Alltägliches. Um die Aufenthaltsqualität im Freien zusätzlich zu erhöhen, wurden die Eingangsbereiche<br />

der Häuser überdacht sowie ein Kinderspielplatz, eine Bocciabahn und zahlreiche Sitzmöglichkeiten realisiert,<br />

inklusive zusätzlicher Baumbepflanzungen, die im Sommer für ausreichend Schatten sorgen.<br />

Architekten: g.o.y.a.<br />

Landschaftsarchitektur: YEWO Landscapes<br />

Bauträger: Baugenossenschaft Frieden Wien<br />

Auszeichnungen: Holzbaupreis Niederösterreich 2021<br />

WOHNSIEDLUNG MAIERHOF<br />

Acht Häuser, die in Holzhybridbauweise errichtet<br />

wurden, gruppieren sich in Bludenz zusammen<br />

mit einem denkmalgeschützten Bestandsgebäude<br />

um einen grünen Innenhof. Die Anordnung der<br />

Gebäude folgt keiner klaren Struktur, um so den<br />

Charakter eines gewachsenen Dorfes und die<br />

Einbindung in die umgebende Berglandschaft zu<br />

verstärken. Dank einer eigenen Tiefgarage mit 67<br />

Stellplätzen ist die Wohnsiedlung weitestgehend<br />

autofrei. Für Besucher wurden 19 Parkplätze in die<br />

Außenanlage integriert. So bietet der Innenhof<br />

viel Platz, etwa für einen öffentlichen Spielplatz,<br />

Begegnungszonen und einen Quartierstreffpunkt.<br />

Architekten: Feld 72<br />

Landschaftsarchitektur: Gruber + Haumer –<br />

Landschaftsarchitektur OG<br />

Bauträger: Wohnbauselbsthilfe Vorarlberger<br />

gem. reg. Gen.m.b.H.<br />

Auszeichnungen: 8. Bauherrenpreis der Hypo<br />

Vorarlberg 2020, Anerkennung/Nominierung für<br />

Constructive Alps <strong>2022</strong><br />

22 ImmoFokus


MERWEDE<br />

Das autofreie Quartier an der Westseite des Merwedekanals in<br />

Utrecht will mit der Fertigstellung 2024 ein Vorzeigeprojekt für<br />

gesundes und nachhaltiges Leben sein. Gelingen soll das dank<br />

innovativer Konzepte, etwa mit den sogenannten multimodalen<br />

Mobilitätshubs. Dabei liegt der Fokus auf Carsharing, einer guten<br />

öffentlichen Verkehrsanbindung, Bereitschaftstaxis, Kiosken,<br />

an denen Pakete selbstständig abgeholt werden können, einem<br />

Fahrrad-Leihsystem und einer Infrastruktur des täglichen Bedarfs<br />

in unmittelbarer Nähe der Hubs. Ausreichend Grünflächen<br />

und eine nachhaltige Energieversorgung sind ebenfalls zentrale<br />

Punkte, die bei der Umsetzung des Quartiers eine Rolle spielen.<br />

Die Energieversorgung erfolgt mittels unterirdischem Wärmeund<br />

Kältespeicher. Die Dächer werden entweder begrünt oder<br />

mit Photovoltaikanlagen ausgestattet.<br />

Architekten: Marco Broekman<br />

Bauträger: In Kooperation mit der Stadtverwaltung<br />

www.merwede.nl<br />

Fotos: g.o.y.a., BURA OKRA, Hertha Hurnaus<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

23


Unternehmen & Projekte<br />

Fotos: DanielHawelka, Luiza Puiu, ChristianFuerthner<br />

24 ImmoFokus


ASPERN SEESTADT<br />

Die Seestadt in Wien Donaustadt ist nicht autofrei, allerdings werden Maßnahmen<br />

gesetzt, freiwillig auf das Auto zu verzichten. So ist auf den Straßen<br />

in der Seestadt Platz für alle Verkehrsteilnehmer, der gleichermaßen fair<br />

genutzt werden soll. Für das Mobilitätskonzept in einem der größten Stadtentwicklungsgebiete<br />

Europas bedeutet das, vor allem breite Gehsteige und<br />

viel Platz für Fußgänger und spielende Kinder zu schaffen. Für einen grünen<br />

Straßenraum sorgen viele Bäume, Sträucher und Blumenbeete. Die Autos<br />

in der Seestadt parken in einer Sammelgarage. Die Car- und Bikesharing-<br />

Angebote werden über einen Mobilitätsfonds finanziert, der aus Abgaben<br />

der PKW-Garagen gespeist wird.<br />

Quartiersentwickler: 3420 aspern Development AG<br />

Gestaltung der grünen Spielstraße Grüne Saite: Hager Partner AG<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

25


Unternehmen & Projekte<br />

SIEDLUNG KALKBREITE<br />

Unter dem Titel „Ein neues Stück Stadt“ entwarfen<br />

2006 Quartierbewohner und Fachleute<br />

das Konzept einer nachhaltigen Bebauung des<br />

Kalkbreite-Areals in Zürich. Aus dieser Gruppe<br />

ist eine Genossenschaft entstanden, die das<br />

rund 6.350 Quadratmeter große Areal von der<br />

Stadt Zürich im Baurecht übernommen hat.<br />

Die Siedlung steht im Dreieck zwischen Seebahngraben,<br />

Badener- und Kalkbreitestrasse.<br />

Die Tramabstellanlage auf dem Areal wurde<br />

überdeckt, sodass eine 2.500 Quadratmeter<br />

große Terrasse über den Gleisen entstanden<br />

ist, die öffentlich zugänglich ist. Aufgrund der<br />

zentralen Lage und folglich guten Verkehrsanbindung<br />

ist der Wohn- und Gewerbebau<br />

autofrei konzipiert. Anstatt einer Tiefgarage<br />

wurden im Neubau 300 ebenerdige Fahrradabstellplätze<br />

errichtet.<br />

Architekten: Müller Sigrist Architekten AG<br />

Landschaftsarchitektur: haag.la,<br />

Freiraumarchitektur GmbH<br />

Bauherrschaft: Genossenschaft Kalkbreite<br />

Auszeichnungen: 2000 Watt Areal im Betrieb<br />

Fotos: Volker Schopp, Martina Meier, AnnABlaU<br />

26 ImmoFokus


WOHNHAUSANLAGE WALDMÜHLE RODAUN<br />

Die Wohnhausanlage Waldmühle Rodaun punktet<br />

mit ihrer Lage direkt am Wiener Wald. Das Wohnprojekt<br />

schmiegt sich mit zwei terrassenartigen<br />

Ebenen an einen bewaldeten Südhang und beherbergt<br />

nicht nur insgesamt 450 Wohnungen und<br />

77 Wohneinheiten, sondern auch einen 12.000<br />

Quadratmeter großen Freiraum in Inneren der<br />

Anlage. Diese Fläche wurde mit heimischen<br />

Baumarten begrünt und bietet neben zahlreichen<br />

Plätzen für Kinder auch genügend Platz für individuelle<br />

Erholung. Der Freiraum ist bis auf Einsatzfahrzeuge<br />

komplett autofrei. Neben einem eigenen<br />

Schwimmbad auf dem Dach der Hochgarage<br />

gibt es in der Waldmühle Rodaun Nahversorger<br />

sowie die Möglichkeit, einen Home-Office-Bereich<br />

inklusive Besprechungsraum anzumieten.<br />

Architekten: Schwalm-Theiss & Bresich,<br />

Goran Jakovljevic, Margarethe Cufer<br />

Bauträger: WBV-GPA Österreichisches<br />

Siedlungswerk Wien Süd<br />

Landschaftsarchitektur: Land in Sicht<br />

www.waldmuehle-rodaun.at<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

27


Unternehmen & Projekte<br />

Fotos: Waterfront Toronto<br />

28 ImmoFokus


QUARTIER QUAYSIDE<br />

Mit dem Quartier Quayside setzt die kanadische<br />

Hauptstadt ein Megaprojekt an der Waterfront<br />

Toronto um. Eine Besonderheit des Revitalisierungsprojekts<br />

ist der 8.000 Quadratmeter große<br />

urbane Wald, der am neuen Superblock in Holzbauweise<br />

entstehen wird. Die bewaldete Fläche<br />

ist autofrei konzipiert und soll den zukünftigen<br />

Bewohnern nicht nur Platz zur Naherholung bieten,<br />

sondern sogenannten Hitzeinseln im städtischen<br />

Bereich entgegenwirken. Der Klimakrise begegnet<br />

die Waterfront Toronto mit Fluchträumen in allen<br />

Gebäuden, deren Stromversorgung für 72 Stunden<br />

gesichert ist. In diesen können die Menschen vor<br />

Ort im Fall von Wetterextremen, Stromausfällen<br />

und anderen Notsituationen Zuflucht finden.<br />

Architekten: Alison Brooks Architects,<br />

Henning Larsen, Adjaye Associates<br />

Bauherrschaft: Waterfront Toronto<br />

Landschaftsarchitektur: SLA Landscapa<br />

Architects<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

29


Start-Up<br />

ImFokus<br />

Gründung<br />

Wood_Space, mit Sitz und Produktion<br />

in Hürm, Österreich, wurde 2019 mit<br />

dem Ziel gegründet, leistbaren, hochwertigen<br />

und nachhaltigen Raum für<br />

verschiedenste Anwendungen zu schaffen.<br />

Gründer<br />

Das Unternehmen ist ein gemeinsames<br />

Spin-Off des großen Holzbauers<br />

„Rubner“ mit dem Company Builder<br />

„What A Venture“ und wird von<br />

Thomas Gschwendtner (CEO) geleitet.<br />

Nachhaltige<br />

Modulgebäude<br />

aus Vollholz<br />

Wood_Space. Das österreichische Start-up bietet modularen<br />

Qualitätsholzbau an. Dank massiver Vollholzmodule können Projekte<br />

vom Tiny-Haus, Shop, Kindergarten, mehrstöckigen Bürogebäude,<br />

Studentenheim bis zum Hotel/Motel in nur drei Monaten umgesetzt werden.<br />

Marktvolumen<br />

Wood_Space hat bisher rund 250 Module<br />

für über 30 sowohl Groß- als auch<br />

Kleinprojekte gebaut und peilt für 2023<br />

einen Jahresumsatz von rund 20 Mio.<br />

Euro an.<br />

Mitarbeiter<br />

15-20<br />

Die Meinung des Profis<br />

Wood Space trifft mit seinem Konzept<br />

den Zeitgeist. Nachhaltigkeit, Flexibilität<br />

und Zeitersparnis sind aktuell bei<br />

Bauwerken drei essentielle „Needs“ des<br />

Marktes, die gleichermaßen bedient<br />

werden können.<br />

D<br />

ie Anlieferung der Module erfolgt<br />

schlüsselfertig. Bei Gebäuden,<br />

die aus mehreren Modulen<br />

bestehen, werden die Module vor<br />

Ort zusammengestellt und montiert. Damit<br />

kann das Gebäude jederzeit wieder in seine<br />

einzelnen Module geteilt und an einem anderen<br />

Ort aufgestellt werden. Durch die Verwendung<br />

von Schraubfundamenten wird der Boden nicht<br />

versiegelt, und somit kann der ursprüngliche<br />

Zustand des Bodens ganz einfach wiederhergestellt<br />

werden.<br />

Traditioneller Blockbau<br />

Das Start-up Wood_Space hat diese robuste,<br />

qualitativ hochwertige und langlebige<br />

Bauweise in Form von Vollholzmodulen<br />

aufgegriffen und setzt, neben einer modernen<br />

Interpretation, auf Vorfertigung und<br />

individuelle Konfiguration. Neue Projekte<br />

werden vom internen Architektenteam<br />

geplant, als vorgefertigte Module angeliefert<br />

und innerhalb weniger Tage vor Ort zu<br />

einem Gebäude errichtet. Die Module werden<br />

lokal, ausschließlich mit Holz aus Österreichs<br />

Wäldern, hergestellt. Mit Wand-, Boden- und<br />

Deckenaufbauten, die zu über 90 Prozent rein<br />

aus Holz bestehen, wird eine Bausubstanz<br />

geschaffen, die bis zu einer Tonne CO2<br />

pro Kubikmeter speichern kann. Mit der<br />

Firma „Rubner“ hat sich Wood_Space einen<br />

erfahrenen Partner an die Seite geholt. Gebaut<br />

wird zum Fixpreis innerhalb von drei<br />

Monaten.<br />

Holz ist ein angenehmes und beliebtes<br />

Material, das eine Tonne CO2 pro Kubikmeter<br />

speichern kann. Vor allem, wenn es<br />

aus der Region bezogen wird, ist es sehr<br />

vernünftig, dieses einzusetzen.<br />

IDEE<br />

GESCHÄFTSMODELL<br />

TIMING<br />

Johannes Kriegs-Au<br />

BOXIRCUS<br />

Foto: Wood_Space<br />

30 ImmoFokus


Die transparente<br />

Bauprojektdatenbank<br />

von IMMOunited<br />

NEUE GESCHÄFTE<br />

Erfahren Sie rechtzeitig, welche Bauprojekte<br />

in Ihrer Umgebung geplant sind, um neue<br />

Aufträge zu generieren.<br />

NACHHALTIGE PLANBARKEIT<br />

Behalten Sie Markt, Bauprojekte und<br />

Nachfrage immer im Blick, um Geschäftschancen<br />

frühzeitig zu erkennen.<br />

SCHNELLER PROJEKTERFOLG<br />

Analysieren Sie aktuelle Verkaufszahlen,<br />

um Ihre Objekte schnell zu verkaufen.<br />

ZUVERLÄSSIGES MARKTWISSEN<br />

Beobachten Sie (regionale) Entwicklungen<br />

sowie Ihren direkten Mitbewerb, um immer<br />

informiert zu sein.<br />

JETZT INKL.<br />

SHARE DEALS &<br />

UNTERNEHMENS-<br />

INSOLVENZEN<br />

Ansprechpartnerin:<br />

Martina Sauer<br />

Head of Sales<br />

+43 1 997 1560-50<br />

sauer@rsgroup.at<br />

www.IMMOunited.com


ImmoFokus.Rubrik<br />

Top Deal<br />

ImFokus<br />

Londoner<br />

Büro-Schnäppchen<br />

Blöd gelaufen. Der Verkauf der künftigen Zentrale der Deutsche Bank in London führt<br />

die Auswirkungen der Zinswende gnadenlos vor Augen.<br />

V<br />

iele Deals werden ja aktuell nicht<br />

abgeschlossen, zu unsicher ist<br />

offensichtlich das Umfeld für<br />

Verkäufer und Käufer. Und wenn<br />

doch etwas gedreht wird, dann zu deutlich anderen<br />

Bedingungen als das noch vor einigen<br />

Monaten der Fall gewesen wäre, wie das Beispiel<br />

„21 Moorfields“, der in Bau befindlichen künftigen<br />

Zentrale der Deutsche Bank in London, zeigt:<br />

Wurde für das Bürogebäude vor Russlands<br />

Einmarsch in die Ukraine noch mehr als eine<br />

Milliarde Euro geboten, so wurde es kürzlich<br />

„nur“ um 935 Millionen Euro verkauft.<br />

Britische Medien berichteten von einem<br />

„Schnäppchen-Deal“, der offenbare, wie sich<br />

die steigenden Zinsen auf die Preise von Gewerbeimmobilien<br />

auswirken würden. Laut<br />

dem Verkäufer, dem britischen Developer<br />

Landsec, lag der Verkaufspreis um knapp<br />

zehn Prozent unter dem Wert von diesem<br />

März. Nichtdestotrotz konnte ein Entwick-<br />

lungsgewinn von rund 170 Millionen Euro<br />

eingefahren und der Loan-to-Value von 34<br />

auf 30 Prozent reduziert werden.<br />

„Großer Deal“<br />

Beobachter sprachen von einem „großen<br />

Deal“, der Preis hätte allerdings höher ausfallen<br />

können. Landsec meinte wiederum, dass<br />

der Verkauf im Einklang mit der Strategie<br />

stehe, Kapital aus Londoner Bürogebäuden<br />

abzuziehen und neue Gelegenheiten wahrzunehmen.<br />

Seit Ende 2020 konnten insgesamt<br />

Verkäufe im Gesamtvolumen von zwei Milliarden<br />

Euro bei einer Durchschnittsrendite<br />

von 4,35 Prozent realisiert werden.<br />

„21 Moorfields“, das direkt über der U-Bahnstation<br />

Moorgate errichtet wird und eine Gesamtfläche<br />

von rund 52.000 Quadratmetern<br />

haben wird, wird von Landsec jedenfalls bis<br />

Anfang 2023 fertiggestellt und dann an die<br />

Deutsche Bank übergeben. Der Bankriese<br />

hat einen Mietvertrag über 25 Jahre abgeschlossen,<br />

der dem neuen Eigentümer, dem<br />

australischen Bau- und Immobilienkonzern<br />

Lendlease, eine jährliche Nettomiete von fast<br />

45 Millionen Euro bescheren wird.<br />

Bei Landsec gibt man sich jedenfalls zufrieden<br />

mit der Transaktion und verweist auf<br />

die „enorme Flexibilität“, die man nun habe,<br />

in Immobilien mit höheren Renditen zu investieren.<br />

Wenig überraschend ist auch die<br />

Käuferin nicht unglücklich: „Die Akquisition<br />

weitet unsere europäische Investmentplattform<br />

substanziell“, so Neil Martin, CEO<br />

Europe bei Lendlease. Tatsächlich: Mit „21<br />

Moorfields“ wächst das weltweite Fondsvolumen<br />

auf rund 45 Milliarden Euro. Tendenz<br />

weiter steigend: Laut Martin sollen in Europa<br />

weitere Gelegenheiten wahrgenommen<br />

werden. Die aktuelle Entwicklungspipeline<br />

des Unternehmens aus „Down Under“ ist im<br />

Übrigen 75 Milliarden Euro schwer.<br />

Foto: WilkinsonEyre<br />

32 ImmoFokus


Problemlöser<br />

ImFokus<br />

Bernhard<br />

Reitinger<br />

Mitgründer und Geschäftsführer<br />

beamionic<br />

1. DAS PROBLEM<br />

Die Betonfertigteilbranche leidet unter dem Fachkräftemangel und sieht<br />

sich zeitgleich einem hohen Qualitäts- und Kostendruck sowie zunehmender<br />

Komplexität der herzustellenden Betonfertigteile ausgesetzt. Speziell in der<br />

Ausführung manueller Arbeitsschritte ist der Bedarf nach Digitalisierungslösungen<br />

groß, die Plandaten für Ausführende einfach und nachvollziehbar<br />

darstellen, ohne dass dabei der wesentliche Arbeitsprozess gestört wird.<br />

Arbeiter müssen beispielsweise anstelle von Papierplänen, die eine hohe<br />

Komplexität aufweisen und daher in der manuellen<br />

Ausführung Potenzial für Abweichungen bergen,<br />

Mittel erhalten, welche diese Digitalisierungslücke<br />

12<br />

schließen. Bislang wurde diese Thematik zwar<br />

allgegenwärtig präsent aufgegriffen, jedoch wenig<br />

systematische Lösungsansätze entwickelt.<br />

2. DIE LÖSUNG<br />

Die Antwort auf diese Digitalisierungslücke will CHEKKER liefern. Dabei<br />

handelt es sich um ein Assistenzsystem für Arbeiter in Fertigteilwerken,<br />

welches als Innovation durch die enge Zusammenarbeit der Grazer<br />

Softwareschmiede Robotic Eyes und dem deutschen Bauteilzulieferer,<br />

Schöck Bauteile, entstanden ist. CHEKKER ist kommerziell über das<br />

eigens gegründete Start-up und Tochterunternehmen, beamionic,<br />

erhältlich. Das System projiziert mithilfe eines Hochleistungsprojektors<br />

und unter Verwendung mehrerer Kameras Pläne im Maßstab 1:1 direkt<br />

auf die Arbeitsfläche und unterstützt die ausführenden Personen maßgeblich<br />

durch das einfache und intuitive Anleiten sukzessiver Arbeitsschritte.<br />

Die Symbiose aus Hard- und Software erlaubt zudem eine<br />

automatische Erkennung und Prüfung der verbauten Komponenten.<br />

DIE ZAHL<br />

CHEKKER ist innerhalb<br />

von 12 Monaten entstanden<br />

und zur Marktreife<br />

gewachsen. Von der ersten<br />

Idee, einem Besuch<br />

im Betonfertigteilwerk,<br />

bis hin zur Entwicklung<br />

in der eigens angemieteten<br />

Testhalle, der<br />

„Denkfabrik”, wurden<br />

Ressourcen so gebündelt<br />

und mithilfe agiler<br />

Softwareentwicklung<br />

CHEKKER entwickelt.<br />

Erste Pilotinstallationen<br />

sind bei Kunden bereits<br />

im Einsatz.<br />

<strong>Ausgabe</strong> 03|2021<br />

www.chekker.com<br />

33<br />

Fotos: Chekker


Immobilie<br />

ImFokus<br />

33<br />

Das PlusEnergieQuartier21 in der Pilzgasse 33 in Wien Floridsdorf<br />

ist Teil des vom Bundesministerium für Klimaschutz<br />

geförderten Forschungsprojekts „Zukunftsquartier 2.0“ und<br />

vereint unter dem Motto „Produktive Stadt“ Wohnen, Arbeiten<br />

und Freizeit. Zu den Projektpartnern zählen Österreichische<br />

Forschungsförderungsgesellschaft FFG, FH Technikum<br />

Wien, Urban Innovation Vienna, Stadt der Zukunft – Innovationslabor,<br />

Institute of Building Research & Innovation,<br />

Hacon und Böhm.<br />

Fotos: Foster + Partners<br />

100<br />

Das Projektvolumen des ersten<br />

urbanen Plus-Energie-Quartiers<br />

beläuft sich auf hundert<br />

Millionen Euro. Ungefähr<br />

doppelt so hoch ist jenes des<br />

Stadtquartiers mit rund 500<br />

Wohneinheiten, das die Süba<br />

voraussichtlich bis 2027 im<br />

Zentrum von Wiener Neustadt<br />

realisieren wird.<br />

100<br />

Das zukunftsweisende Projekt der<br />

Süba, einer hundertprozentigen<br />

Tochter der Hallmann Holding,<br />

wurde Anfang Oktober bei<br />

der Expo Real in München<br />

mit dem Zertifikat Platin,<br />

der höchstmöglichen<br />

Auszeichnung der<br />

Deutschen Gesellschaft<br />

für Nachhaltiges<br />

Bauen, ausgezeichnet.<br />

34.000<br />

Voraussichtlich bis zum vierten Quartal 2024 entsteht auf 34.000<br />

Quadratmetern Bruttogeschoßfläche leistbarer und klimafitter<br />

Wohnraum mit rund 220 Einheiten. Für Gewerbe, Büro und sonstige<br />

betriebliche Nutzungen sowie einem Kindergarten und Serviced<br />

Apartments sind weitere 18.000 Quadratmeter vorgesehen.<br />

0<br />

Das PlusEnergieQuartier21 wird mittels Bauteilaktivierung völlig CO2-frei<br />

geheizt und gekühlt werden. Für eine fossilfreie Stromerzeugung sorgen<br />

Photovoltaik und Energie aus Wind. Zum Energiekonzept gehören darüber<br />

hinaus unter anderem eine effiziente Gebäudehülle, ein durchdachtes<br />

Lüftungskonzept, Dachbegrünung, Regenwassernutzung sowie ein<br />

Erdsondenfeld mit rund 110 Bohrungen bis zu einer Tiefe von 200 Metern.<br />

Stark: das Projekt wird künftig mehr grüne Energie erzeugen als es selbst<br />

verbraucht.<br />

4.000<br />

Nicht weniger als 4.000 Photovoltaikmodule<br />

sind zwecks Stromerzeugung<br />

an der Fassade und am Dach<br />

angebracht.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

34


Aufsteiger<br />

Absteiger<br />

Hohe Ziele<br />

Immobilien-Expertin. In der Erste Bank ist Karin Schmidt-Mitscher seit mehreren Jahren in diversen<br />

Führungsfunktionen tätig. Seit Oktober verantwortet sie den Bereich Wohnbau.<br />

1 2015<br />

Zwischen September 2015 und Juli 2017 war<br />

Schmidt-Mitscher Head of Shareholding &<br />

Business Development der UniCredit Bank<br />

Austria. Bei der Erste Bank-Konkurrentin<br />

war sie seit 1994 in diversen Funktionen tätig,<br />

unter anderem als Abteilungsleiterin Real<br />

Estate Consulting und Investment und CEO<br />

der UniCredit Leasing, ganz zu schweigen von<br />

diversen Beirats- und Aufsichtsratsmitgliedschaften.<br />

Nur ein Beispiel: Bis Juni 2017 war sie<br />

knapp zwei Jahre lang Aufsichtsratsmitglied<br />

der Card Complete Service Bank.<br />

2 2017<br />

Von 2017 bis 2019 leitete die Absolventin eines<br />

Master of Science (MSc) der TU Wien in Real<br />

Estate Investment and Valuation den Bereich<br />

Group Commercial Real Estate und Leasing der<br />

Erste Group.<br />

3 2020<br />

Schmidt-Mitscher verantwortete weiterhin<br />

das gruppenweite Leasinggeschäft der Erste<br />

Group, nunmehr als Geschäftsführerin der<br />

Erste Bank und Sparkassen Leasing. Zum<br />

selben Zeitpunkt wurde sie auch Geschäftsführerin<br />

der F & S Leasing, dem Absatzleasing-<br />

Spezialisten der S Leasing.<br />

4 2021<br />

Davor war Schmidt-Mitscher seit März 2021<br />

Geschäftsführerin des Österreichischen Volkswohnungswerks,<br />

dem Wohnbauunternehmen<br />

der Erste Bank. Seit dem vergangenen<br />

November ist die Absolventin der Universität<br />

Wien (Jus) zudem Mitglied des Vorstands<br />

der STUWO, der gemeinnützigen Studentenwohnbau<br />

Aktiengesellschaft.<br />

3<br />

5 <strong>2022</strong><br />

Seit dem 1. Oktober leitet Karin Schmidt-Mitscher<br />

den Bereich Wohnbau bei der Erste Bank. Damit<br />

ist die erfahrene Managerin für die gewerblichen<br />

und gemeinnützigen Wohnbauprojekte<br />

und -finanzierungen der heimischen Großbank<br />

verantwortlich. Nach eigenen Angaben will sie<br />

in ihrer neuen Funktion ein besonderes Augenmerk<br />

auf die Nachhaltigkeit der Projekte und auf<br />

leistbares Wohnen legen. Schmidt-Mitschers<br />

Vorgänger, der bisherige Bereichsleiter Reinhard<br />

Aumann, tritt indes nach über 40 Jahren in der<br />

Erste Group seine Pension an.<br />

4<br />

5<br />

1<br />

2<br />

Foto: Daniel-Hinterramskogler<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2022</strong><br />

35


Positionen & Meinungen<br />

038<br />

COVERINTERVIEW<br />

Astrid Grantner-Fuchs, Geschäftsführerin<br />

bei EHL Immobilien Bewertung spricht<br />

im Coverinterview über Inflation,<br />

Zinserhöhungen, ESG und den Einfluss von<br />

Krisen aus Bewertersicht. Und warum sie<br />

zuletzt eine Prüfung zum ÖGNI-Consultant<br />

abgelegt hat.<br />

064<br />

INTERVIEW MIT ...<br />

Michael Schmidt, geschäftsführender<br />

Gesellschafter der 3SI Group spricht im<br />

Interview über seine Liebe zum Altbau,<br />

Zertifizierungen, ESG und seine Liebe zum<br />

Detail. Auch in der derzeitigen Situation will<br />

er weiter kaufen, entwickeln und verkaufen.<br />

<strong>05</strong>0<br />

ZU TISCH MIT ...<br />

Die s REAL Immobilienvermittlung<br />

setzt mit<br />

neuen Technologien<br />

auf Kundenservice. Im<br />

Interview erzählen<br />

Geschäftsführerin<br />

Martina Hirsch und<br />

Geschäftsführer<br />

Michael Molnar, warum<br />

die Zeit dafür reif ist.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

36 ImmoFokus


SIEMENSSTRASSE 89 1210 WIEN<br />

WWW.TWENTYONE.IMMO<br />

48° 16' 15.<strong>05</strong>2"<br />

CENTRAL HUB<br />

„1010 IST COOL,<br />

ABER TWENTY ONE<br />

IST COOLER.“<br />

EIN PROJEKT VON BONDI CONSULT


Positionen & Meinungen<br />

Noch nie war<br />

der Markt so<br />

komplex<br />

Herausfordernd. Astrid Grantner-Fuchs, Geschäftsführerin bei<br />

EHL Immobilien Bewertung spricht im Coverinterview über Inflation,<br />

Zinserhöhungen, ESG und den Einfluss von Krisen aus Bewertersicht.<br />

Und warum sie zuletzt eine Prüfung zum ÖGNI-Consultant abgelegt hat.<br />

Das Gespräch führte: Lisa Grüner<br />

Warum brennen Sie für Immobilien? Was<br />

ist Ihre Leidenschaft dahinter?<br />

Astrid Grantner-Fuchs: Das, was Immobilien<br />

so komplex und daher auch so spannend für<br />

mich macht, ist ihre Heterogenität. Wie man<br />

so schön sagt: Jedes Objekt ist einzigartig,<br />

und jede Liegenschaft birgt eine besondere<br />

Herausforderung. In der Gutachtenerstellung<br />

beschäftigt man sich mit genau damit, eine<br />

Liegenschaft mit all ihren Aspekten zu<br />

analysieren. In der EHL haben wir zudem eine<br />

große Bandbreite an Assetklassen, die wir<br />

bearbeiten. Da tun sich entsprechend vielfältige<br />

Themen und Fragen auf.<br />

Was ist Ihre Lieblingsassetklasse?<br />

Eindeutig das Wiener Zinshaus. Es zählt zu<br />

meiner absoluten Lieblingsassetklasse, vor<br />

allem, weil mich die historische Bausubstanz<br />

begeistert. Bei Besichtigungen finde<br />

ich immer wieder Baudetails oder Ornamente,<br />

die mein Herz höherschlagen lassen.<br />

Darüber hinaus ist ein solide saniertes und<br />

entwickeltes Zinshaus eines der besten<br />

Beispiele für eine nachhaltige Immobilienentwicklung.<br />

Ist nicht gerade das Zinshaus für Bewerter<br />

sehr herausfordernd?<br />

Ja natürlich. Gerade in den letzten Jahren<br />

haben wir am Zinshausmarkt außergewöhnliche<br />

Preisentwicklungen beobachten können.<br />

Das hat uns Bewerter sehr gefordert. Unsere<br />

zentrale Aufgabe ist es ja, in der Bewertung<br />

den Markt zu reflektieren. Wir zerlegen ein<br />

Zinshaus dabei gedanklich wie ein Anatom<br />

und sehen uns die einzelnen Bereiche auf<br />

Einheitenebene differenziert an. Darüber<br />

hinaus müssen etwaige Potenziale berücksichtigt<br />

werden.<br />

38 ImmoFokus


<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

39


Positionen & Meinungen<br />

Die Zinshäuser hatten einen Peak,<br />

jetzt scheinen die Preise wieder etwas<br />

nachzulassen. Wie sehen Sie das?<br />

Wir sehen es noch nicht manifestiert. Es<br />

dauert ja immer eine Zeit, bis ein Preis im<br />

Grundbuch ersichtlich ist. Und aufgrund der<br />

vielen Share-Deals, auch im Zinshausbereich,<br />

findet man nicht alle Transaktionen im Grundbuch.<br />

Derzeit bekommen wir mit, dass sich<br />

das Preisniveau, nicht zuletzt aufgrund der<br />

gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen,<br />

anpasst und Preise, die bis vor wenigen Monaten<br />

noch aufgerufen wurden, in der Form wohl<br />

nicht mehr bezahlt werden. Es gibt derzeit<br />

viele Unsicherheiten im Markt, und das muss<br />

sich erst wieder einmal stabilisieren.<br />

Ist derzeit eine Pattsituation am Markt?<br />

Die Verkäufer bestehen noch auf die<br />

letzten Prozentpunkte, die Käufer sind<br />

aber nicht bereit, diese zu bezahlen …<br />

So hören wir es vom Markt. Das Transaktionsgeschehen<br />

ist insgesamt zurückgegangen. Es<br />

„Das gegenseitige<br />

Hinauflizitieren<br />

der Preise im<br />

Zinshausbereich<br />

scheint vorbei<br />

zu sein.“<br />

Astrid Grantner-Fuchs,<br />

EHL Immobilienbewertung<br />

ist nicht nur eine Pattsituation, sondern auch<br />

ein Abwarten. Aus der Entwicklersicht sind<br />

insbesondere die stark gestiegenen Baukosten<br />

zu berücksichtigen. Das gegenseitige Hinauflizitieren<br />

der Preise scheint jedenfalls vorbei zu<br />

sein. Insgesamt schätze ich den Zinshausbereich<br />

jedoch als sehr stabil ein.<br />

Die meisten Zinshäuser werden mit Gas<br />

beheizt. Wie wirkt sich das angesichts der<br />

derzeitigen Energiekrise aus?<br />

Meiner Meinung nach kann man Gas nicht<br />

isoliert betrachten. Wir haben ja auch erhebliche<br />

Preissteigerungen im Bereich weiterer<br />

Energieträger wie Pellets, Holz oder Erdöl.<br />

Mittelfristig wird es Lösungen geben müssen.<br />

Am Beispiel „Smart Block Geblergasse“ zeigt<br />

es sich, dass es machbar ist, Bestandsgebäude<br />

in Richtung alternative Energieversorgung zu<br />

drehen. Natürlich müssen die Rahmenbedingungen<br />

stimmen, damit so etwas umgesetzt<br />

werden kann. Es sind jedoch mögliche<br />

Zukunftsmodelle.<br />

40 ImmoFokus


Für viele unserer Kunden ist die Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

in den Fokus gerückt,<br />

und da spielt es auch eine Rolle, mit welchen<br />

Dienstleistern sie zusammenarbeiten. Im Hinblick<br />

auf die Immobilien haben wir das gleiche<br />

Thema: Für viele institutionelle Investoren ist<br />

die Erfüllung von Nachhaltigkeitsaspekten<br />

ein Musskriterium geworden, vor allem bei<br />

Neubauprojekten im Ankauf.<br />

Welche Rolle spielen die ESG-Kriterien?<br />

Als Dienstleister werden auch wir dahingehend<br />

hinterfragt und geprüft. Bisher war<br />

im Rahmen einer Bewerter-Due-Diligence<br />

wichtig, wie z. B. das Team aufgebaut ist,<br />

welche Zertifizierungen und Weiterbildungen<br />

wir haben etc. Jetzt rücken auch Themen in<br />

Zusammenhang mit ESG in den Fokus – und<br />

das reicht vom Energieverbrauch im Büro<br />

bis zur Mülltrennung. Da müssen wir uns<br />

als Dienstleister entsprechend aufstellen,<br />

um langfristig am Markt attraktiv zu sein.<br />

Und in Bezug auf die Bewertung?<br />

Wir Bewerter haben ganz generell den<br />

Auftrag, uns laufend fort- und weiterzubilden.<br />

Wir machen selbst zwar keine Gebäudezertifizierung<br />

oder Taxonomiebewertung<br />

eines Objektes, aber wir müssen verstehen,<br />

was taxonomiekonform bedeutet und welche<br />

Kriterien dort eine Rolle spielen. Im Befundteil<br />

eines Gutachtens erfassen wir immer<br />

schon eine Vielzahl an Daten und Fakten, die<br />

auch bei einer Gebäudezertifizierung und<br />

in der EU-Taxonomie abgefragt werden. Aus<br />

meiner Sicht ist es wichtig, diesen Konnex<br />

Bringen Sie Work und Life<br />

nachhaltig in Balance.<br />

In flexiblen und begrünten<br />

Büros mit Wohnzimmer-<br />

Feeling – zentral gelegen<br />

und mit bester Infrastruktur.<br />

myhive-offices.com<br />

myhive am Wienerberg <strong>Ausgabe</strong> | myhive <strong>05</strong>|<strong>2022</strong> Ungargasse 41<br />

Eine Marke der IMMOFINANZ


Positionen & Meinungen<br />

42 ImmoFokus<br />

Flexibel arbeiten und dabei viele<br />

nachhaltige Vorteile genießen:<br />

• gute Erreichbarkeit<br />

• flexible Bürogrößen<br />

• optimale Infrastruktur inkl. Gastro<br />

• multifunktionale Gemeinschaftsflächen<br />

• E-Ladestationen<br />

• Green Lease<br />

• begrünte Terrassen-Landschaft<br />

myhive-offices.com<br />

myhive am Wienerberg | myhive Ungargasse<br />

Eine Marke der IMMOFINANZ


zu verstehen. Und dafür braucht es die<br />

entsprechende Weiterbildung. Die zentrale<br />

Aufgabe in der Bewertung ist nach wie vor<br />

zu erkennen, wie sich der Markt verhält und<br />

welche Trends sich abzeichnen. Projekte,<br />

die insbesondere für institutionelle Anleger<br />

konzipiert sind, müssen heute taxonomiekonform<br />

sein, sonst werden sie nicht<br />

gekauft.<br />

Wie wird in Bezug auf ESG bewertet?<br />

Ändern sich die Parameter?<br />

Die methodischen Ansätze und Parameter<br />

bleiben grundsätzlich die gleichen. Anpassungen<br />

wird es entsprechend der Sicht<br />

der Marktteilnehmer geben. Die Nachfrage<br />

nach taxonomiekonformen Objekten wird<br />

weiter steigen und so zu positiveren Bewertungen<br />

solcher Immobilien führen. Die<br />

methodische Abbildung liegt im Ermessen<br />

der Gutachter.<br />

Was fasziniert Sie an der Immobilienbewertung?<br />

Zur Immobilienbewertung kam ich durch<br />

Zufall. Spannend finde ich die vielfältigen<br />

Themen, die sich uns immer wieder stellen.<br />

Schon aus den unterschiedlichen Bewertungszwecken<br />

– sei es für die Finanzierung,<br />

die Bilanzierung, für Transaktionen oder für<br />

steuerliche Zwecke – ergeben sich verschiedenste<br />

Fragestellungen. Da ist es großartig,<br />

in so einem Team wie in der EHL tätig zu sein<br />

und auf dessen reichen Erfahrungsschatz<br />

zurückzugreifen.<br />

Wie hat sich Ihre Tätigkeit im Laufe der<br />

letzten Jahre verändert?<br />

Meine persönliche Tätigkeit hat sich durch<br />

die Führungsposition verändert. Gemeinsam<br />

mit Wolfgang Wagner als langjährig<br />

erfahrenem Kollegen darf ich das EHL-Bewertungsteam<br />

leiten, und ich kümmere mich<br />

dabei verstärkt um die Personalentwicklung<br />

und den -aufbau. Der Bewertungsprozess<br />

selbst hat sich mit der Marktentwicklung der<br />

vergangenen Jahre klar beschleunigt. Es wird<br />

ein höheres Tempo erwartet, worauf wir mit<br />

unserem großen Team gut reagieren können.<br />

Darüber hinaus verändern sich bei unseren<br />

Kunden insbesondere aus dem Bankenwesen<br />

oder den institutionellen Anlegern die<br />

Berichtspflichten und Reportinganforderungen,<br />

und das spiegelt sich auch zu uns<br />

zurück. Da geht es z. B. um Anforderungen<br />

im Hinblick auf erforderliche Benchmarks,<br />

Formerfordernisse in der Datenübertragung<br />

etc. Oft sind auch weitere Dokumentationen,<br />

zusätzlich zum eigentlichen Gutachten,<br />

gefragt. Auch die Kommunikation mit den<br />

Kunden ändert sich – teils wird über gesonderte<br />

IT-Tools oder spezifische Plattformen<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

43


Positionen & Meinungen<br />

Nehmen Sie<br />

gerne Risiko in Kauf?<br />

„Chi non risica<br />

non rosica …”<br />

„Ich glaube an den Nachwuchs und<br />

suche lieber länger, um Mitarbeiter<br />

mit dem passenden Mindset zu<br />

finden.“<br />

Welches Buch liegt<br />

auf Ihrem Schreibtisch?<br />

Mein Notizbuch<br />

Astrid Grantner-Fuchs,<br />

EHL Immobilienbewertung<br />

kommuniziert, nicht zuletzt, um eine entsprechende<br />

Dokumentation und Nachvollziehbarkeit<br />

der Prozesse zu gewährleisten.<br />

Welchen Einfluss hatte COVID-19 auf die<br />

Immobilienbewertung?<br />

Aus geschäftlicher Sicht hat es sich gar nicht<br />

ausgewirkt. Wir konnten auch in dieser Zeit<br />

weiterwachsen. Je nach Assetklasse hat es<br />

natürlich Veränderungen gegeben, das wurde<br />

bereits mehrfach diskutiert. Im Einzelhandel,<br />

ausgenommen Supermärkte, und bei Hotels<br />

sehen wir unterschiedlich gute Erholungstendenzen,<br />

vor allem im Hotelsektor ist wieder<br />

mehr Optimismus eingekehrt. Durch die Energiekrise<br />

und die steigenden Kosten kommt es<br />

z. B. im Einzelhandel nun zu einer ähnlichen<br />

Situation wie während der Pandemie: In der<br />

Kommunikation mit dem Vermieter oder<br />

Eigentümer wird im besten Fall versucht,<br />

gemeinsame Lösungen zu finden, um die<br />

steigenden Kosten zu bewältigen, damit man<br />

durch diese Krise kommt.<br />

Haben die Vermieter und Mieter gelernt,<br />

mit Krisen umzugehen?<br />

Ich hoffe doch. Man hat gesehen, dass dort,<br />

wo miteinander gesprochen wurde und man<br />

In den nächsten<br />

zehn Jahren möchte<br />

ich unbedingt…<br />

Noch gelassener<br />

werden.<br />

44 ImmoFokus


WORDRAP MIT ASTRID GRANTNER-FUCHS<br />

Morgen- oder<br />

Abendmensch?<br />

Mittlerweile<br />

Morgenmensch<br />

Ihr größtes Laster?<br />

Schokolade<br />

Wenn Sie zehn Millionen<br />

Euro im Lotto gewinnen würden,<br />

was machen Sie damit?<br />

In erster Linie die<br />

Familie versorgen<br />

und dann in Ruhe<br />

nachdenken …<br />

Lieblingshobby?<br />

Lesen und Musik<br />

Ihren Kaffee trinken<br />

Sie am liebsten?<br />

Klein & schwarz<br />

Wenn Sie das Radio<br />

im Auto aufdrehen,<br />

was läuft?<br />

Superfly<br />

Mit welcher Person<br />

(lebend oder bereits<br />

verstorben) würden Sie<br />

gerne einen Abend<br />

verbringen?<br />

Gustav Mahler<br />

Womit haben Sie Ihr<br />

erstes Geld verdient?<br />

Babysitten<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

45


Positionen & Meinungen<br />

46 ImmoFokus


versucht hat, einen gemeinsamen Nenner<br />

finden, beide Seiten profitiert haben. Den Weg<br />

über das Gericht zu gehen, ist für alle Beteiligten<br />

die ungünstigste und teuerste Variante.<br />

Die Zinsen steigen, die Inflation ebenso.<br />

Wie wirkt sich das auf den Markt aus?<br />

Das Zinsniveau hat sich durch die Zinsanhebung<br />

im letzten Jahr durch die FED schon<br />

gedreht, die Inflation hat auch schon letztes<br />

Jahr zu steigen begonnen. Das sind Trends,<br />

die massivst durch die Ukraine- und die<br />

Energiekrise verstärkt wurden. Am Ende des<br />

Tages werden wir eine Bewegung in den Immobilienrenditen<br />

sehen. Im Einzelabverkauf<br />

von Wohnungen hören wir von Bankenseite,<br />

dass die Nachfrage nach Darlehen derzeit<br />

zurückgegangen ist. Viele haben sicher noch<br />

versucht, vor Inkrafttreten der verschärften<br />

Richtlinien der FMA ihre Finanzierung unter<br />

Dach und Fach zu bringen. Zusammenfassend<br />

kann man sagen, dass die Situation, wie sie<br />

jetzt ist, noch nie so komplex und schwierig<br />

war. Ich kann mich nicht erinnern, wann<br />

jemals so viele schwer einschätzbare Variablen<br />

zusammengekommen sind. Klar ist aber<br />

auch, dass höhere Inflation immer zu verstärkten<br />

Immobilieninvestments geführt hat,<br />

da diese als langfristig sicheres Investment<br />

gelten. Und auch in dieser Marktsituation<br />

sind Bewertungen zu erstellen. Aus Bewertersicht<br />

ist gerade in solchen Phasen der Verweis<br />

auf das Stichtagsprinzip maßgeblich. Wir<br />

können zum gegebenen Stichtag nach bestem<br />

Wissen und Gewissen die Wertfeststellung<br />

durchführen, auch wenn in solchen Situationen<br />

wie jetzt der Markt schon in wenigen<br />

Monaten anders aussehen kann.<br />

Das Jahr <strong>2022</strong> ist fast durch, was erwartet<br />

die Immobilienwirtschaft 2023?<br />

Ich denke, es erwarten uns wohl weitere<br />

Zinserhöhungen, und es ist zu hoffen,<br />

dass sich die Inflation einbremst. Gerade<br />

was die Baupreise betrifft, wäre auf eine<br />

Abschwächung dieser enormen Dynamik<br />

der vergangenen Monate zu hoffen. Was auf<br />

uns zukommt, kann niemand mit Gewissheit<br />

sagen.<br />

Was unterscheidet die EHL vom Mitbewerb<br />

bzw. was macht gute Immobiliendienstleistungen<br />

aus?<br />

Uns alle trägt ein starker Servicegedanke.<br />

Wir sind EHL-weit ein Team, wir bieten<br />

unseren Kunden Ergebnisse und Lösungen<br />

an – und das mit Leidenschaft für die<br />

Themen, Freude am Tun und Zusammenhalt<br />

untereinander. Und das spüren unsere<br />

Kunden.<br />

Sie sagen, wenn man mit Spaß, Freude und<br />

Fleiß in seinem Job tätig ist, dann kommt<br />

der Erfolg von ganz alleine. Wie schätzen<br />

Sie den Nachwuchs ein?<br />

Ich glaube an den Nachwuchs. Wenn wir<br />

neue Mitarbeiter suchen, dann braucht es<br />

einmal eine entsprechende Ausbildung als<br />

Grundvoraussetzung, das ist klar. Mindestens<br />

genauso wichtig ist mir das Mindset<br />

– die Einstellung zum täglichen Tun muss<br />

passen. Bin ich mit Elan und Freude dabei,<br />

dann ist die Basis für eine erfolgreiche<br />

Zusammenarbeit gelegt. Mir ist es lieber,<br />

man sucht länger und schaut darauf, dass<br />

neue Mitarbeiter wirklich gut in das Team<br />

passen.<br />

Gibt es viele Teilzeitanfragen?<br />

Meist wenn Bewerber parallel noch in Ausbildung<br />

sind, also z. B. einen Master machen.<br />

Wir haben auch einige Mütter in unserem<br />

Team, die in Teilzeit nach der Karenz wieder<br />

zurückgekommen sind. Darüber sind wir sehr<br />

froh, und das wird in der EHL immer schon<br />

stark gefördert und unterstützt, weil die meist<br />

jahrelange Erfahrung im Unternehmen für<br />

uns sehr wertvoll ist.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

47


Positionen & Meinungen<br />

„Wir führen zwar keine<br />

Taxonomieprüfungen durch, aber<br />

wir müssen die EU-Taxonomie<br />

verstehen.“<br />

Astrid Grantner-Fuchs,<br />

EHL Immobilienbewertung<br />

Welche Expertise müssen Neueinsteiger<br />

für den Bewertungsbereich mitbringen?<br />

Am liebsten natürlich eine Ausbildung in der<br />

Immobilienbewertung, die Bereiche Wirtschaft,<br />

Architektur, Raumplanung oder Recht<br />

sind jedoch genauso wertvolle Grundlagen<br />

für eine künftige Tätigkeit in der Bewertung.<br />

Da ist die Bandbreite groß. Wichtig sind der<br />

Spirit und das Interesse für die Tätigkeit.<br />

Darüber hinaus investieren wir intensiv in die<br />

Aus- und Weiterbildung unseres Teams. Wir<br />

sind sehr stolz, dass wir nunmehr fünf allgemein<br />

beeidete und gerichtlich zertifizierte<br />

Sachverständige und ebenso viele Mitglieder<br />

der RICS in unseren Reihen haben. In der<br />

Immobilienbewertung sind das wichtige<br />

Zertifizierungen für uns, und wir arbeiten<br />

kontinuierlich daran, in diesem Bereich noch<br />

stärker zu werden.<br />

Was war Ihre letzte Weiterbildung?<br />

Ganz aktuell habe ich bei der ÖGNI den<br />

Consultant-Kurs besucht, die Prüfung habe ich<br />

am 3. Oktober erfolgreich bestanden. Den Kurs<br />

habe ich jetzt nicht gemacht, weil wir in Zukunft<br />

Zertifizierungen in diesem Bereich anbieten<br />

wollen, sondern um die Logik und Hintergründe<br />

besser zu verstehen. Für mich gab es bei<br />

den technischen Details viel Neues zu lernen.<br />

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?<br />

Beruflich weiterhin an der Spitze dieses<br />

herausragenden Bewertungsteams und privat<br />

hoffe ich, bis dahin die Studienabschlüsse<br />

meiner beiden Kinder zu feiern.<br />

<br />

48 ImmoFokus


Astrid Grantner-Fuchs<br />

Astrid Grantner-Fuchs verantwortet seit über sechs Jahren den<br />

Bereich Immobilienbewertung in der EHL-Gruppe. Sie hat ein<br />

15-köpfiges Expertenteam aufgebaut und die EHL Immobilien<br />

Bewertung GmbH zum führenden unabhängigen Bewertungsunternehmen<br />

Österreichs gemacht. Frau Grantner-Fuchs hat Immobilienmanagement<br />

und Bewertung an der TU Wien studiert, ist<br />

zertifizierte Sachverständige und Mitglied der RICS. Weiters ist sie<br />

Vortragende am ACE der TU Wien, im Vorstand des Absolventenvereins<br />

ImmoABS aktiv und Mitglied des Salon Real.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

49


Positionen & Meinungen<br />

Zu<br />

Tisch<br />

mit …<br />

Martina Hirsch<br />

Michael Molnar<br />

Gedanken zu einem Menü verfasst<br />

50 ImmoFokus


Digitale<br />

Offensive<br />

Innovationsgetrieben. Die s REAL<br />

Immobilienvermittlung setzt mit neuen<br />

Technologien auf Kundenservice. Im<br />

Interview erzählen Geschäftsführerin<br />

Martina Hirsch und Geschäftsführer<br />

Michael Molnar, warum die Zeit dafür<br />

reif ist.<br />

Das Gespräch führte: Lisa Grüner<br />

S<br />

trahlender Sonnenschein, eine schöne<br />

Aussicht auf die Donau und spannende<br />

Interviewpartner treffe ich zum<br />

vereinbarten Zeitpunkt im Restaurant<br />

„The View“ an. Diesmal stehen Martina Hirsch<br />

und Michael Molnar, Geschäftsführende der s<br />

REAL Immobilienvermittlung, bei einem guten<br />

Essen Rede und Antwort zum Thema Digitalisierung.<br />

„Natürlich erfinden wir das Thema nicht,<br />

es ist ein Thema, mit dem sich die Branche beschäftigt“,<br />

beginnt Molnar. „Es ist wichtig, in<br />

verschiedenen Lösungsvarianten und -services<br />

zu denken. Daher haben wir unsere Serviceleistungen<br />

für Kunden erweitert, und da sehen wir<br />

den digitalen Weg als massive Unterstützung.<br />

Unser Kundenportal liefert Antworten auf Fragen<br />

der Kunden rund um die Immobilientransaktion.“<br />

Das Portal bietet Informationen vom Kauf über<br />

Verkauf Miete, Veranlagung in Immobilien bis<br />

zur Realisierung und vieles mehr. „Wir erkennen<br />

drei wesentliche Aspekte, die wir abdecken<br />

möchten: Der Kunde hat ein Bedürfnis nach<br />

Information, er möchte sich in der Komplexität<br />

des Themas sicher fühlen, und er will Transparenz.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

51


Positionen & Meinungen<br />

Martina Hirsch<br />

Martina Hirsch wurde 1978 in Wien geboren,<br />

seit 2008 tätig bei s REAL Immobilienvermittlung<br />

im Immobilienvertrieb, bisher<br />

verantwortlich für den Neubau- und Vorsorgebereich.<br />

Seit 1. Oktober <strong>2022</strong> hauptverantwortlich<br />

für die Bereiche Marketing, Sales,<br />

Erste-Bank- und Sparkassen-Kooperation,<br />

Aus- und Weiterbildung sowie Bewertung.<br />

Blockchain basierende Technologie und damit<br />

Sicherheit und Nachvollziehbarkeit.“ Damit<br />

kann dem Kunden eine Gesamtlösung angeboten<br />

werden, und der Weg für den digitalen<br />

Kaufvertrag ist frei. „In Summe haben wir <strong>2022</strong><br />

an die 50 Verträge digital abgeschlossen“, so<br />

Molnar. „Das klingt jetzt nach nicht viel, aber<br />

wir sind in diesem Bereich First Mover, und irgendwo<br />

muss man ja anfangen.“ Molnar erwartet<br />

sich Dynamisierung durch die Gesetzesänderung,<br />

dass nicht mehr beide Parteien digital<br />

zeichnen müssen. „Damit ist die letzte Hürde<br />

genommen, um das Service zu etablieren.“<br />

Diese Erkenntnis hat uns dazu geführt, nicht nur<br />

sehr stark auf den Vermittlungsaspekt zu achten,<br />

sondern ein Servicebegleiter zu werden, der einen<br />

Mehrwert für den Kunden kreiert.“ Hat der Kunde<br />

den Wunsch, sich in die Thematik einzulesen,<br />

steht ihm das Portal 24/7 zur Verfügung und<br />

bietet die Informationen, die er braucht. „Dieses<br />

Service wurde um immo-live erweitert“, so Molnar.<br />

„Der Kunde kann immer den aktuellen Stand<br />

abrufen, ob und wie viele Angebote es für seine<br />

Immobilie gibt.“ Im vierten Quartal 2021 liefen<br />

bereits zehn Prozent der Transaktionen über<br />

dieses digitale Bieterverfahren. „Eineinhalb Jahre<br />

nach der Markteinführung sind wir mit dem<br />

Produkt sehr zufrieden“, so Molnar.<br />

Digitaler Kaufvertrag<br />

Schon kommen unsere Vorspeisen. Martina<br />

Hirsch hat eine Tagessuppe mit Croutons<br />

bestellt, ich ein Beef Tartare mit Zwiebelmarmelade,<br />

Dijonsenf, Butter und Toast; Michael<br />

Molnar erhält ein farbenfrohes Kunstwerk –<br />

eine geeiste Marillensuppe mit Ingwer. Dabei<br />

kommen wir auf den digitalen Kaufvertrag zu<br />

sprechen: „Wir sind da ein Early Adopter“, ist<br />

Molnar stolz. „Wir sind mit dem Thema sehr<br />

früh im Markt und möchten unsere Kunden<br />

auf den Weg zum digitalen Kaufvertrag vorbereiten.“<br />

Molnar vertritt die Meinung, dass<br />

man in drei bis fünf Jahren an die 30 bis 50<br />

Prozent digitale Kaufverträge sehen werde.<br />

Der Gesetzgeber hat wesentliche Schritte zur<br />

Erleichterung eingeleitet, es ist nun möglich,<br />

dass alle Schritte einer Immobilientransaktion<br />

digital durchgeführt werden können. „Eine<br />

wesentliche Verbesserung ist, dass nicht mehr<br />

beide Seiten digital unterschreiben müssen,<br />

sondern auch hybride Kaufverträge möglich<br />

sind. Für viele Kunden zählt der Komfort, nicht<br />

mehr zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten<br />

Ort sein zu müssen, sondern digital<br />

abschließen zu können.“ Molnar begrüßt, dass<br />

die analoge Möglichkeit nach wie vor bestehen<br />

bleibe.<br />

Blockchain-Technologie<br />

Wie der digitale Kaufvertrag in der Praxis<br />

funktioniert, erklärt Molnar: „Rechtsanwälte<br />

und Notare brauchen einen Partner, der den<br />

digitalen Part abdeckt, und nutzen Plattformen<br />

wie zum Beispiel Advoodle. Diese bieten die auf<br />

Zu diesen Worten wird auch schon die<br />

Hauptspeise serviert. Wir haben gegrillten Ziegenkäse<br />

mit Kräuterseitlingen und Blattsalat,<br />

ein Lachs-Thunfisch-Carpaccio mit Sesammayonnaise,<br />

Wakame, Rote-Rüben-Sprossen und<br />

Keta-Kaviar sowie einen Branzino im Ganzen<br />

gegrillt bestellt.<br />

Martina Hirsch gibt Auskunft über die derzeitige<br />

Marktsituation: „In den letzten Monaten<br />

sind viele Dinge passiert, wo wir noch nicht<br />

einschätzen können, wo es hingeht. Jeder<br />

hätte gerne eine Prognose, wohin sich Kundenbedürfnisse<br />

und Preise entwickeln.“ Mit<br />

1. August hat sich die Vergabe der Kredite mit<br />

veränderten Konditionen, Eigenmittelanteilen<br />

und Laufzeiten geändert. „Dazu kommen<br />

Zinserhöhungen, Inflation, Lieferengpässe<br />

und damit einher nicht garantierte Fertigstellungen“,<br />

analysiert Hirsch. „Kosten und<br />

Zeiträume sind nicht greifbar, und es wirken<br />

viele unterschiedliche Faktoren auf der Preis-,<br />

Angebots- und Fertigstellungseite ein.“ Dazu<br />

kommt das Bestellerprinzip am Mietmarkt.<br />

„Auch hier gibt es viele offene Fragen. Es gibt<br />

„Der Markt ist unberechenbar,<br />

es gibt derzeit viele Marktfaktoren,<br />

die für Turbulenzen sorgen.“<br />

Martina Hirsch,<br />

s REAL Immobilienvermittlung<br />

52 ImmoFokus


<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

53


Positionen & Meinungen<br />

Michael Molnar<br />

Michael Molnar wurde 1969 in Wien geboren, Jusstudium und Gerichtsjahr,<br />

1996 Eintritt in die s BAUSPARKASSE, ab 1998 im Produkt- und<br />

Prozessmanagement, 2000 Wechsel in die Geschäftsführung der s REAL<br />

Immobilienvermittlung. Aktuell für die Digitalisierung der s-REAL-Immobilien-Gruppe<br />

hauptverantwortlich und im Ressort unter anderem für die<br />

Bereiche IT & Prozessmanagement, Recht, HR und Controlling zuständig.<br />

ja nicht nur die institutionellen Vermieter, die<br />

das schon längere Zeit so handhaben, dass der<br />

Kunde provisionsfrei mieten kann, sondern<br />

auch die privaten Vermieter. Es kann sein, dass<br />

sich die Lage wie in Deutschland entwickelt,<br />

aber wissen kann man es nicht.“<br />

Insgesamt glaubt Hirsch daran, dass die starke<br />

Bautätigkeit in Wien, die für einen Wohnungsüberschuss<br />

gesorgt hat, langfristig absorbiert<br />

wird. „Die Bautätigkeit geht zurück, Wohnungen,<br />

die für den Einzelverkauf gedacht waren,<br />

wurden von Institutionellen aufgekauft und<br />

vermietet“, erzählt sie. „Bei den 50 –70 Quadratmeterwohnungen<br />

gibt es einen Überhang.“ Ob<br />

bei den Eigentumswohnungen die Nachfrage<br />

gesunken ist oder die neuen Kreditvergabekonditionen<br />

für Verunsicherung sorgen, kann<br />

sie nicht einschätzen. „Wir haben als Tochter<br />

von Erste Bank und Sparkassen gute Infos, aber<br />

da die neuen Kreditvorgabekriterien erst jetzt<br />

schlagend wurden, kann man noch nicht viel<br />

sagen. Ende des Jahres hat man sicher mehr<br />

Gespür dafür, wie sich die Lage entwickelt.“<br />

Bewegung im Markt<br />

„Der Markt ist unberechenbar. In den vergangenen<br />

Jahren sind die Preise stabil nach oben<br />

gegangen, jetzt gibt es viele Marktfaktoren, die<br />

für Turbulenzen sorgen“, so Hirsch. „Die ersten<br />

Zinsanstiege waren mit 25 Basispunkten angegeben,<br />

jetzt sind es dann schon 50 Basispunkte,<br />

und weitere Zinsschritte folgen. Man muss<br />

schauen, was die FED und die EZB machen.“<br />

Blickt man auf den Zinshausmarkt, so wurden<br />

in Wien Zinshäuser zu guten Preisen, aber wenig<br />

Rendite verkauft. „Die laufenden Erträge<br />

waren nicht ausschlaggebend für den Kauf,<br />

man setzte nur auf die Wertsteigerung.“<br />

Bei einem halbflüssigen Schokoladenkuchen<br />

mit hausgemachtem Karamelleis unterhalten<br />

wir uns über den USP der s REAL. „Als Tochter<br />

von Erste Bank und Sparkassen bieten wir eine<br />

österreichweite Abdeckung mit sämtlichen<br />

Spezialgebieten von Miete bis Gewerbe, von<br />

exklusiv bis Bauträger und Anlage. Es wird<br />

jede Bankfiliale durch s-REAL-Mitarbeiter betreut.“<br />

Der Immobilienschwerpunkt liegt klar<br />

im Bereich Wohnen. „In den letzten Jahren ist<br />

der Anteil an Gewerbeimmobilien gestiegen.“<br />

Zu Spezialimmobilien meint Hirsch: „Natürlich<br />

findet man es aufregend, ein Schloss im<br />

Portfolio zu haben, aber der Verkauf ist auch<br />

entsprechend schwierig. Unsere Bewertungsabteilung<br />

findet übrigens alle Immobilien speziell,<br />

als ob sie nur Sonderfälle zum Bewerten<br />

bekommen würden“, lacht Hirsch.<br />

Neue Aufgaben<br />

Hirsch ist seit 14 Jahren im Bereich Neubau<br />

und Bauträgerkooperationen bei der s REAL.<br />

„Ich war lange Zeit für den Bereich Vorsorgewohnungen<br />

verantwortlich, da haben sich<br />

viele Synergien mit dem Mutterkonzern ergeben“,<br />

so Hirsch. „Mein Wunsch, in einer neuen<br />

Position das Unternehmen weiter zu gestalten,<br />

wurde immer größer. Nach wochenlangen<br />

Hearings in einem standardisierter HR-Prozess<br />

wurde ich nach verschiedenen Kriterien ausgewählt<br />

und stieg in die Geschäftsführung auf.<br />

Ich freue mich, dass das gelungen ist, und ich<br />

jetzt Potenziale erkennen und heben darf.“<br />

Energieversorgung<br />

Ein brisantes Thema ist derzeit die Energie.<br />

„Wir merken bei der Nachfrage von Kunden,<br />

dass nicht mehr die Lage, sondern die Heizungsart<br />

ausschlaggebend ist.“ Werden Wohnungen<br />

mit Gasetagenheizung weniger wert?<br />

„Das ist eine Frage, die sich die Bewerter auch<br />

überlegen müssen, auch im Sinne der ESG-EU-<br />

Taxonomie-Themen“, so Hirsch.<br />

Molnar ergänzt, dass die Sehnsucht nach<br />

schnellen, einfachen Lösungen derzeit groß ist.<br />

„Es herrscht eine rasch wechselnde Dynamik.<br />

Vor ein paar Monaten hätte sofort eine Diesel-<br />

und Benzindeckelung eingeführt werden<br />

54 ImmoFokus


Lokal<br />

„Die Sehnsucht nach schnellen,<br />

einfachen Lösungen ist derzeit<br />

groß, dennoch müssen wir an der<br />

Klimawende festhalten.“<br />

sollen, drei Wochen später war es nicht mehr<br />

so ein Thema, weil der Preis um 15 Prozent<br />

gefallen ist. Die Menschen sind sehr verunsichert.<br />

Trotzdem muss man auch in politisch<br />

bewegten Zeiten langfristige Entscheidungen<br />

treffen. Daher ist es derzeit schwer, Trends zu<br />

identifizieren, weil es in vier Wochen wieder<br />

ein ganz anderes Thema zu bearbeiten gibt.“<br />

Die Situation sei derzeit absurd: „Menschen ist<br />

nicht nur die Energieversorgung, sondern auch<br />

die Energiespeicherung wichtig“, so Hirsch. „In<br />

Niederösterreich lassen sich alle ihre Öltanks<br />

auffüllen. Da versucht man, jahrelang weg von<br />

Öl und Gas zu kommen, und dann das. Aber Öl<br />

kann nun mal gespeichert werden, ebenso wie<br />

Michael Molnar,<br />

s REAL Immobilienvermittlung<br />

Holz.“ Da in Wien an die 80 Prozent der Häuser<br />

mit Gas beheizt werden, wäre für Hirsch eine<br />

Überlegung, nicht die Gasthermen zu ersetzen,<br />

sondern eine andere Befüllung beispielsweise<br />

mit grünem Gas zu finden, sinnvoller.<br />

„Man muss den Weg, den man gemeint hat,<br />

gehen zu wollen, weitergehen“, so Molnar.<br />

„Panisch zu reagieren ist keine Lösung. Wenn<br />

eine Infrastruktur über Jahrzehnte auf einer<br />

Struktur aufbaut und diese plötzlich wegbricht,<br />

dann passiert eine Umstellung nicht in<br />

zwei bis drei Monaten.“ Die Bedeutung der Klimawende<br />

sei ja nicht weg, nur weil gerade ein<br />

anderes Thema pressiere, sind sich die beiden<br />

Geschäftsführenden einig. <br />

DAS SAGT DER FALSTAFF<br />

Selbstverständlich hat man vom The View einen<br />

tollen Blick auf die Donau – aber auch die<br />

Küche lohnt einen Abstecher: internationale<br />

Gerichte von kreativer Pasta über Schnitzel<br />

bis hin zu Steaks vom Grill. 81 Punkte<br />

DAS SAGT DER IMMOFOKUS<br />

Einfache, gute Küche ohne Überraschungen<br />

mit guten Tartares und Steaks. Die Lage direkt<br />

an der Donau mit Blick auf das Wasser und<br />

die großen Schiffe lässt Hafenflair aufkommen.<br />

Angenehm sind die kostenfreien Parkplätze<br />

beim Lokal.<br />

The View<br />

Restaurant | Café | Bar<br />

Handelskai 265<br />

1020 Wien<br />

Öffnungszeiten<br />

Täglich 10–1 Uhr, Küche 11–22 Uhr<br />

www.theview.at<br />

ImmoFokus Restaurantguide<br />

17<br />

PUNKTE<br />

Essen:<br />

Service:<br />

Weinkarte:<br />

Ambiente:<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

55


Advertorial<br />

Fotos: ROBIN CONSULT Moni Fellner/Lepsi, Wien Mitte<br />

Kontakt<br />

Tel.: +43 1 890 72 51-0<br />

E-mail: centermanagement@wienmitte.at<br />

Facebook: www.facebook.com/WIENMITTE.TheMall<br />

Instagram: www.instagram.com/wienmittethemall/<br />

YouTube: www.youtube.com/user/WIENMITTETheMall<br />

www.wienmitte-themall.at<br />

Höchste Platin<br />

DGNB-Zertifizierung<br />

für CC Real<br />

Einkaufszentrum „WIEN MITTE The Mall“ ausgezeichnet - „Millennium City“ folgt. In der<br />

Immobilienbranche werden Nachhaltigkeitszertifikate als „grüne Währung“ gehandelt. Hierbei ist eines<br />

der weltweit anerkanntesten die Zertifizierung der „Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen“<br />

(DGNB-Zertifizierung). Der „Gebäude im Betrieb“-2020-Standard“ (GiB) basiert auf Wertungen aus den<br />

Kriterien Ökologie, Ökonomie, sozio-kulturelle und funktionale Qualität.<br />

I<br />

m Fokus steht Gebäudeeigentümern,<br />

Bestandshaltern oder Betreibern bei der<br />

Optimierung der jeweiligen Gruppen<br />

der Bewertungskriterien ihrer Gebäude<br />

umfassend zu unterstützen und selbige langfristig<br />

zu optimieren, sodass sämtliches Potential<br />

zur nachhaltigen CO 2<br />

-Reduktion ausgeschöpft<br />

und die Gebäude „fit für die Zukunft“ adaptiert<br />

werden.<br />

Das größte und modernste Einkaufszentrum<br />

im Herzen Wiens, „WIEN MITTE The Mall“<br />

- von CC Real gemanagt - wurde als erstes Einkaufszentrum<br />

in Österreich von der Deutschen<br />

Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (DGNB)<br />

mit der Zertifizierung nach dem „Gebäude im<br />

Betrieb-2020-Standard“ in Platin - der höchst<br />

möglichen Zertifizierung - ausgezeichnet.<br />

CC Real führt aktuell die Zertifizierung des<br />

Einkaufszentrums „Millennium City“ im 20.<br />

Wiener Gemeindebezirk durch.<br />

56 ImmoFokus


Platin für „WIEN MITTE The Mall“.<br />

„Millennium City“ folgt.<br />

Der Platin-Status der Deutschen Gesellschaft<br />

für nachhaltiges Bauen (DGNB) wird ausschließlich<br />

an Projekte verliehen, die einen<br />

Gesamterfüllungsgrad von mindestens 80<br />

Prozent aufweisen können.<br />

Mit einem Gesamterfüllungsgrad von 82,9 Prozent<br />

reüssierte das Einkaufszentrum „WIEN<br />

MITTE The Mall“. „Unser Objekt verfügt über<br />

ein vollständig ausgestattetes Zähler-, Messund<br />

Monitoringsystem zur Erfassung der<br />

Verbrauchswerte von Strom, Wärme, Kälte<br />

und Wasser. Auf Basis dieses Systems können<br />

Maßnahmen zu Energieoptimierung gesetzt<br />

werden“, führt Jürgen Haussecker, Managen<br />

Director CC Real und verantwortlich zeichnend<br />

für das Facility-Management, aus.<br />

Über CC Real<br />

Seit 2015 ist CC Real für das Center Management von WIEN MITTE The Mall verantwortlich.<br />

Das 2006 gegründete Unternehmen CC Real mit Hauptsitz im Wiener Millennium<br />

Tower und 180 Mitarbeitern in mehreren Ländern, ist ein Investor und Betreiber von<br />

Gewerbeimmobilien mit verwalteten Assets von 2,7 Milliarden Euro und einem dynamischen<br />

und ständig wachsenden Portfolio. CC Real bietet ein Full-Service-Paket aus umfassenden<br />

INVESTMENT- (Transaktions-, Fonds- und Portfoliomanagement, einschließlich<br />

eigener AIFM-Gesellschaft) und REAL ESTATE MANAGEMENT- (Asset-, Center-/Property-,<br />

Facility-, Construction-Management, Leasing) Dienstleistungen an. Darüber hinaus verfügt<br />

das Unternehmen über ausgewiesene Erfahrung bei Co-Investitionen in europäische<br />

Vermögenswerte mit internationalen institutionellen Investoren sowie mit Family Offices.<br />

Anfang 2021 hat sich CC Real zudem mit 50 Prozent am Non-Banking Debt Fund Manager<br />

Madigan Capital (Sydney, Australien) beteiligt.<br />

Vorbildwirkung für alle Einkaufscenter<br />

Im Vorfeld der Auditierungsphase setzte das<br />

Team der CC Real auf die Unterstützung und<br />

die fachliche Kompetenz von externen Unternehmen,<br />

um im Zuge von zahlreichen Detailevaluierungen<br />

in den Bereichen Energie- und<br />

Wasserverbrauch, Reduktion von Abfall, des<br />

umfassenden Schadstoff- und Umweltgutachtens,<br />

sowie Mobilität und der Erstellung eines<br />

entsprechenden Konzeptes ebendiese zu optimieren<br />

und zu verbessern. Damit wurden die<br />

Weichen für ein nachhaltiges und zukunftsorientiertes<br />

Gesamtkonzept gestellt.<br />

„Die DGNB-Zertifizierung auf Platin Level ist<br />

der Lohn unserer intensiven Bestrebungen<br />

nach mehr Nachhaltigkeit in allen Bereichen<br />

der Mall. Wir hoffen, dass auch andere Center<br />

unserem Beispiel folgen werden, denn die<br />

Nachfrage von Investoren, Mietern und Kunden<br />

zeigt, dass nachhaltige Gebäude vermehrt<br />

an Bedeutung gewinnen“, freut sich „WIEN<br />

MITTE The Mall“ Center-Manager Florian<br />

Richter in seinem Bestreben bestätigt. <br />

Factbox<br />

Daten und Fakten<br />

∙ 30.000 m 2 Geschäftsflächen<br />

∙ 70.000 m 2 Büroflächen<br />

∙ ca. 60 Shops<br />

∙ 470 Auto-Stellplätze<br />

(täglich ab 17:00 Uhr und am Wochenende<br />

nur 2,50 Euro pro Stunde)<br />

∙ E-Tankstelle auf Deck 5 mit 10<br />

Schnelladern der WIEN ENERGIE<br />

Architektur von WIEN MITTE THE Mall:<br />

Büro Neumann + Steiner und<br />

Ortner & Ortner<br />

Kernöffnungszeiten der Shops:<br />

Mo - Fr 09:00 - 20:00 Uhr<br />

Sa 09:00 - 18:00 Uhr<br />

Zertifikat „Platin-Status der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen“ (DGNB)<br />

Johannes Kreißig, Geschäftsführender Vorstand DGNB, Geschäftsführer DGNB GmbH,<br />

Jürgen Hausecker, Managing Director CC Real, Roland Pinz, Managing Director CC Real,<br />

Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand DGNB<br />

Interspar:<br />

Mo - Fr 08:00 – 20:00 Uhr<br />

Sa 08:00 – 18:00 Uhr<br />

Interspar-pronto:<br />

Mo - So 06:00 – 23:00 Uhr<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

57


Wein &<br />

Immobilien<br />

Frisch von der Leber weg<br />

Ein lockeres Gespräch bei einem Weinstreifzug mit<br />

Nadja Hafez und Christian Zehetner, geschäftsführende<br />

Gesellschafter bei ADEQAT.<br />

Neue Marktchancen<br />

Komplexe Bedingungen. Neue Finanzierungsbedingungen, steigende Zinsen, höhere Energiekosten,<br />

der Ukraine-Krieg, der Klimawandel generell und die ESG-Kriterien: Bei gutem Wein erzählen die ADEQAT-<br />

Geschäftsführer Nadja Hafez und Christian Zehetner, wie sie auf Veränderungen reagieren.<br />

Kolumne: Lisa Grüner<br />

M<br />

it einem Weinklassiker aus<br />

dem Hause Pfaffl eröffnen wir<br />

unser Gespräch. Dem Haiden<br />

Grüner Veltliner Weinviertel<br />

DAC 2021 vom Weingut Pfaffl gibt der schwere<br />

Lösboden auf felsigem Untergrund Frucht und<br />

Fülle. Der gebietstypische Wein begrüßt im Duft<br />

mit einem scharfen Pfefferl, das charmant von<br />

Zitrus- und Orangentönen umspielt wird. Seit<br />

fünf Jahren sind Hafez und Zehetner ein starkes<br />

Team und seit Ende letzten Jahres auch neben<br />

Firmengründer Charly Derfler Gesellschafter.<br />

„Als Charly uns gefragt hat, ob wir uns beteiligen<br />

wollen, konnten wir uns das gut vorstellen“, so<br />

Christian Zehetner. Gearbeitet wird mit einem<br />

Teamkonzept. „Wir stellen Projektteams anhand<br />

von Qualifikation und Ressourcen zusammen,<br />

unabhängig, wer das Mandat akquiriert hat. Es<br />

partizipiert auch das ganze Team am Erfolg“, so<br />

Zehetner weiter. Damit soll der Kunde ideal<br />

beraten und betreut werden. „In der Assetklasse<br />

Hotel ist beispielsweise Kollegin Hafez federführend,<br />

weil sie den größten Erfahrungsschatz in<br />

diesem Bereich aufweisen kann.“<br />

Die momentane Marktlage<br />

„Es gibt multiple Herausforderungen, angefangen<br />

von den Finanzierungsbedingungen,<br />

höhere Energiekosten, der Ukraine-Krieg, der<br />

Klimawandel generell, die ESG-Kriterien, die<br />

man implementieren muss“, so Nadja Hafez.<br />

„Das alles zusammen hat bei vielen Investoren<br />

zu einem Strategiewechsel geführt. Wir<br />

sind unseren Kunden sehr nah, unabhängig<br />

davon, ob das jetzt ein institutioneller Investor,<br />

eine Privatstiftung, ein Family Office oder ein<br />

Projektentwickler ist. Wir schauen, dass wir<br />

unsere Kunden auch in Zeiten gut beraten, in<br />

denen sich Rahmenbedingungen ändern.“<br />

„Der Immobilienmarkt wurde in den letzten<br />

Jahren von einer Herausforderung nach der<br />

anderen geprägt“, ergänzt Zehetner. „Die Immobilienbranche<br />

hat sich sehr gut arrangiert<br />

mit den Dingen. Die COVID19-Pandemie war<br />

ein Turbo für viele Dinge, die bereits in den<br />

Kinderschuhen gesteckt sind, aber noch nicht<br />

den Weg in die Praxis gefunden haben – Stichwort<br />

Digitalisierung. Kurzfristig haben wir<br />

geglaubt, dass wir keine Büros mehr brauchen<br />

und Besprechungen nur mehr in Online-Konferenzen<br />

stattfinden, was sich aber relativiert<br />

hat. Home-Office hat sich stärker etabliert,<br />

doch der Wille, sich physisch im Büro zu treffen,<br />

ist ungebrochen. Interaktion im Büro führt<br />

immer zu kreativen, neuen Lösungen, und der<br />

soziale Kontakt zu Kollegen ist ja ohnehin für<br />

uns alle wichtig.“<br />

Das Soziale ist das Stichwort für den nächsten<br />

Wein. Wir schenken einen Hund Grüner Veltliner<br />

Weinviertel DAC Reserve 2021, ebenfalls<br />

aus dem Weingut Pfaffl, ein. Strahlend strohgelb<br />

mit einer deutlichen Pfefferwürze präsentiert<br />

er sich im Glas, eine perfekte Komposition<br />

von Mineralität, Zitrus und Pfeffer.<br />

Geteilte Lager im Hotelbereich<br />

„Umwälzungen, die durch die COVID19-<br />

Pandemie in Gang gesetzt wurden, schwächen<br />

sich jetzt wieder ab“, so Hafez. „Das sieht man<br />

am Hotelmarkt. Wenn bestimmte Rahmenbedingungen<br />

passen, ist es weiter eine beliebte<br />

Assetklasse, auch wenn die Investoren vorsichtiger<br />

und selektiver geworden sind.“ ADEQAT<br />

ist zurzeit aufgrund mehrerer Hotelmandate<br />

mit den europäischen Hotelinvestoren im intensiven<br />

Austausch. „Es hat sich gezeigt, dass<br />

es nach wie vor die klassischen Core-Investoren<br />

gibt, aber viele auch Vehikel mit opportunistischeren<br />

Ansätzen aufgelegt haben und zurzeit<br />

auf der Suche nach bestehenden Assets sind.“<br />

Die Lage wird angespannter<br />

Als nächsten Wein öffnen wir einen Chardonnay<br />

Salz & Tegel 2018 von Gerald Tschida. Der<br />

Wein aus Apetlon wird sofort zum Favoriten<br />

unter den Chardonnays gekürt. Zehetner, der<br />

58 ImmoFokus


Die Weine<br />

Haiden Grüner Veltliner Weinviertel<br />

DAC 2021, Weingut Pfaffl<br />

www.pfaffl.at<br />

Hund Grüner Veltliner Weinviertel<br />

DAC Reserve 2021, Weingut Pfaffl<br />

www.pfaffl.at<br />

Chardonnay Salz & Tegel 2018,<br />

Weingut Tschida<br />

www.tschida-wein.com<br />

Zweigelt Fuchsloch 2018,<br />

Weingut Tschida<br />

www.tschida-wein.com<br />

Beerenauslese 2021,<br />

Weingut Krug<br />

www.krug.at<br />

derzeit eine Sommelierausbildung macht, ist<br />

begeistert: „Wunderbar diese Vanille- und<br />

Honignoten“, schwärmt er. In der Nase hat der<br />

Salz & Tegel ein voluminöses Salzkaramell,<br />

mit verspielten Noten von Banane und exotischen<br />

Früchten. Die Mineralität ist einzigartig.<br />

„Das aktuelle Zinsniveau ist für viele, die gewohnt<br />

waren, mit günstigem Geld zu operieren,<br />

ein Problem“, so Zehetner. „Das betrifft<br />

alle Bauträger, die unter den Baukosten bereits<br />

stöhnen, aber auch die Investoren, die versuchen,<br />

auf einem Niedrigrenditemarkt mit<br />

Leverage-Effekten und günstigem Fremdkapital<br />

interessante Anlegerprodukte zu kreieren.“<br />

Hafez glaubt, dass nächstes Jahr Bestandsimmobilien<br />

auf den Markt kommen werden, die<br />

man in den letzten Jahren nicht gesehen hat.<br />

„Aber nicht nur aus finanziellen Gründen, sondern<br />

auch wegen der ESG-Themen“, so Hafez.<br />

„Der Druck des manage to green wird immer<br />

höher. Einige Bestandhalter wollen keine<br />

Projektentwicklung und Bestandsoptimierung<br />

betreiben und verkaufen an Investoren mit<br />

Sanierungs- und Restrukturierungsteam im<br />

Haus.“<br />

Zehetner bestätigt den Manage-to-Core-<br />

Trend der Investoren. „Wir verkaufen heuer<br />

überwiegend Bestandsimmobilien. Da sehen<br />

wir einen großen Unterschied zu den letzten<br />

Jahren. Das Drehen von Bestandsimmobilien<br />

wird wichtiger.“<br />

Ein frommer Ansatz<br />

Beim Zweigelt Fuchsloch 2018 von Gerald<br />

Tschida überzeugt uns die intensive komplexe<br />

Frucht. Der kräftige, kirschfruchtige Zweigelt<br />

entfaltet sich bei Luftkontakt mit feinen Brombeere-<br />

und Pflaumennoten. Dabei kommen<br />

wir auf das Thema Nachhaltigkeit und ESG.<br />

„Wir müssen schneller werden, um die Ziele<br />

zu erreichen“, so Zehetner. „Bis vor einigen<br />

Jahren gab es Vorträge über ESG mit frommen<br />

Ansätzen, dann ist es immer mehr geworden.<br />

Jetzt werden im Speziellen aufgrund der Kosten<br />

die Betriebskosten zum Thema. Damit<br />

wird das Lebenszyklusmodell einer Immobilie<br />

immer wichtiger. Ein Zinshaus hat ja keine<br />

schlechte Bilanz, aber es muss auch investiert<br />

werden, wofür aber das aktuelle Mietrechtsgesetz<br />

für Vermieter wenig Anreize bietet.<br />

Die Integration von Erdwärme ins Zinshaus<br />

wird vermehrt ein Thema werden.“ Und dafür<br />

wird es Förderungen geben müssen. Insgesamt<br />

wären 22 Milliarden notwendig, um ganz Österreich<br />

thermisch zu sanieren. „Derzeit liegt<br />

die Sanierungsquote unter einem Prozent“, so<br />

Hafez. „Wenn wir so weitermachen, haben wir<br />

bis 2<strong>05</strong>0 die Hälfte geschafft. So erreicht man<br />

keine Klimaziele.“<br />

Digitalisierung<br />

„Von unseren Auftraggebern wird immer<br />

mehr gewünscht, dass der Verkaufsprozess<br />

diskret abgewickelt wird, also weg vom Bieterverfahren“,<br />

so Zehetner. „Das können wir sehr<br />

gut, unterstützt durch unsere hauseigene Software.<br />

Wir haben genaue Profile von Investoren<br />

und können schnell abgleichen, ob eine Immobilie<br />

passt. Wir arbeiten transparent, und die<br />

Auftraggeber wissen, auf welchem Tisch ihre<br />

Immobilie gerade liegt.“<br />

„Das Bieterverfahren war in einem steigenden<br />

Markt ein probates Mittel, in einem Markt,<br />

wie er jetzt ist, ist es nicht ideal“, so Hafez. „An<br />

unserer Software haben wir lange getüftelt,<br />

sie ist Datenbank, CRM, Kundendatei, für die<br />

Exposéerstellung, alles in einem. Das ermöglicht<br />

uns, einen kleinen Kundenkreis effizient<br />

anzusprechen.“<br />

Nächstes halbes Jahr<br />

Mit der Beerenauslese 2021 vom Weingut Krug<br />

habe ich den Geschmack von Nadja Hafez getroffen.<br />

Der goldgelbe Wein präsentiert sich<br />

duftig, vielfältig, süß mit echt pikanter Säure<br />

und elegantem Fruchtschmelz. „Die Fruchtnase<br />

entfaltet sich mit reifer Ananas, Akazienblüte,<br />

tropischen Früchten“, freut sich Zehetner<br />

für den feinen Abschluss. Jetzt wollen wir<br />

noch schnell in die Glaskugel schauen, wie sich<br />

der Markt entwickelt.<br />

„Es ist von exogenen Faktoren abhängig, man<br />

weiß nicht, wie weit auf die Inflation eingewirkt<br />

wird, das Zinsniveau weiter steigt, sich<br />

die Situation in der Ukraine entwickelt, es gibt<br />

noch keine Aussicht auf ein Ende oder Stabilität“,<br />

so Hafez. „Es ist Kapital am Markt, dass<br />

veranlagt werden muss, aber keiner will einen<br />

Fehler machen. Es war noch nie so schwierig,<br />

den Markt einzuschätzen.“<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

59


GEBÄUDE<br />

mit Geschichte -<br />

GESCHICHTEN<br />

über Gebäude<br />

(Folge 5)<br />

Zum Autor<br />

Otmar Lahodynsky war Journalist beim „profil“, EU-Korrespondent<br />

der „Presse“ und Außenpolitik-Chef beim<br />

„Kurier“. Er ist Ehrenpräsident der „Association of European<br />

Journalists“ (AEJ) und Dr-Karl-Renner-Preisträger.<br />

Putins Amtssitz<br />

Kommentar: Otmar Lahodynsky<br />

Der Kreml im Zentrum Moskaus stellt mit einer Fläche von fast 30<br />

Hektar das größte Freilichtmuseum der Welt dar. Er ist zugleich Sitz der<br />

russischen Regierung, des russischen Staatspräsidenten und des Patriarchen<br />

der russisch-orthodoxen Kirche.<br />

Bis Anfang des 18. Jahrhunderts residierten die Zaren des russischen<br />

Reichs im Kreml, ehe Zar Peter I der Große die Hauptstadt 1710 nach<br />

St. Petersburg verlegte. Der Kreml entstand aus einer mittelalterlichen<br />

Befestigungsanlage an den Ufern der Moskwa, von der bis heute die<br />

gewaltigen Mauern samt 20 Wehrtürmen erhalten sind. Der Moskauer<br />

Großfürst Iwan III, der die Herrschaft der Mongolen beendete, hat Ende<br />

des 15. Jahrhunderts in dieser Zitadelle mehrere Paläste und Kirchen<br />

bauen lassen. Zusammen mit später errichteten Gebäuden bildet der<br />

Kreml ein Ensemble, das 1990 von der Unesco als Weltkulturerbe anerkannt<br />

wurde.<br />

Lange Gänge, risiege goldene Flügeltüren<br />

Im „Großen Kremlpalast“ tagt heute die Regierung der Russischen Föderation.<br />

Im Senatspalast, wo einst die Regierung der Sowjetunion zusammentrat,<br />

befinden sich heute die Amtsräume des russischen Staatspräsidenten,<br />

Wladimir Wladimirowitsch Putin. Wenn der kleingewachsene<br />

Mann den langen Gang zu den Empfangsräumen entlangschreitet,<br />

öffnen Gardesoldaten für ihn die riesigen goldenen Flügeltüren. Eher<br />

seltsam wirken die langen Arbeitstische, an denen Putin in großer Distanz<br />

zu den Mitgliedern seines Sicherheitsrates Platz nimmt. Auch ausländische<br />

Gäste werden weit entfernt von Putin platziert, angeblich auch<br />

aus Angst vor Ansteckung mit Covid-19. Putin soll auch unterirdische<br />

Fluchtwege angelegt haben. In der Rüstkammer sind alte Waffen, Rüstungen,<br />

Prunkgewänder und Schmuck der Zaren ausgestellt.<br />

Zu den fünf Kirchen innerhalb der Kreml-Mauern gehört die weiße Mariä-Entschlafens-Kathedrale<br />

mit goldenen Kuppeldächern. In ihr wurden<br />

die Zaren gekrönt. Die Hauskirche der Großfürsten Moskaus war die<br />

Mariä-Verkündigungs-Kathedrale. In der Erzengel-Michael-Kathedrale<br />

liegen viele Zaren und Großfürsten begraben, darunter der für besondere<br />

Grausamkeit bekannte Iwan der Schreckliche. Der Glockenturm<br />

dieser Kirche war mit über 80 Metern Höhe lange das höchste Gebäude<br />

Moskaus.<br />

Die Zwölf-Apostel-Kathedrale mit einer geschnitzten goldgefärbten<br />

Ikonostase ist die Hauskirche des russischen Patriarchen Kyrill, der voll<br />

hinter Putins Angriffskrieg auf die Ukraine steht und sogar Truppen und<br />

Bewaffnung segnete.<br />

Der an die Kirche angebaute weiße Patriarchenpalast mit silbernen Kuppeln<br />

aus dem 17. Jahrhundert ist nicht länger die Residenz der Patriarchen<br />

und dient als Museum für russische Kultur.<br />

Außerhalb der Kreml-Mauern schließt der „Rote Platz“ an, an dem auch<br />

die Basilius-Kathedrale mit ihren bunten Zwiebeltürmen aus dem 16.<br />

Jahrhundert liegt. An der Kreml-Mauer wurde das Mausoleum für den<br />

1924 verstorbenen Kommunisten-Führer und Begründer der Sowjetunion<br />

Wladimir Iljitsch Lenin errichtet. Sein einbalsamierter Leichnam<br />

kann hier täglich außer Freitag und Sonntag besichtigt werden. Der<br />

Kreml ist für Touristen täglich außer Donnerstag geöffnet. Aber der<br />

Krieg Putins hat die Besucherzahl deutlich schrumpfen lassen.<br />

Aus sowjetischer Zeit stammt der gewaltige Klotz des staatlichen<br />

Kremlpalastes, in dem die 1991 von Gorbatschow aufgelöste kommunistische<br />

Partei der Sowjetunion, die KPdSU, tagte.<br />

60 ImmoFokus


Advertorial<br />

Verkauf Eigenheim<br />

Hauptwohnsitzbefreiung. Anteilige Steuerpflicht trotz Hauptwohnsitz.<br />

D<br />

ie Veräußerung einer Immobilie<br />

im Privatvermögen unterliegt –<br />

unabhängig von der Behaltedauer<br />

– der Immobilienertragsteuer<br />

von 30 Prozent. Steuerpflichtig ist die<br />

Differenz zwischen dem Veräußerungserlös<br />

und den steuerlichen Anschaffungskosten (spezielle<br />

Regelungen für am 31. März 2012 nicht<br />

mehr steuerverfangenes Altvermögen).<br />

Wird die Immobilie vom Verkäufer selbst als<br />

Hauptwohnsitz genutzt, so kann die Hauptwohnsitzbefreiung<br />

einschlägig sein. In diesem<br />

Fall fällt keine Immobilienertragsteuer an. Die<br />

Befreiung ist erfüllt, wenn<br />

• die Immobilie seit der Anschaffung bis zur<br />

Veräußerung durchgehend mindestens<br />

zwei Jahre als Hauptwohnsitz gedient hat<br />

oder<br />

• die Immobilie innerhalb der letzten zehn<br />

Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf<br />

Jahre als Hauptwohnsitz genutzt wurde.<br />

Bei der Hauptwohnsitzbefreiung ist zu beachten,<br />

dass diese nur auf Eigentumswohnungen<br />

und Eigenheime (Wohnhäuser mit maximal<br />

zwei Wohnungen) anwendbar ist.<br />

Grundstücksfläche 1.000 Quadratmeter<br />

In einem aktuell vom BFG (Bundesfinanzgericht)<br />

behandelten Fall war strittig, bis zu welcher<br />

Grundfläche die Hauptwohnsitzbefreiung<br />

bei einem Einfamilienhausverkauf anwendbar<br />

ist (BFG 1. 6. <strong>2022</strong>, RV/7100215/2019). Bereits in<br />

früherer Rechtsprechung des VwGH (Verwaltungsgerichtshof)<br />

wurde klargestellt, dass die<br />

Hauptwohnsitzbefreiung nicht nur das Gebäude,<br />

sondern auch die umgebende Bodenfläche<br />

umfasst. Laut VwGH ist hierzu hinsichtlich<br />

der Grundstücksfläche auf eine typisierende<br />

Betrachtung abzustellen.<br />

Im spruchgegenständlichen Fall hatte das<br />

Grundstück eine Fläche von 2.890 Quadratmetern.<br />

Nach Ansicht des BFG ist bei der Feststellung<br />

der Ortsüblichkeit von Grundstücksgrößen<br />

nicht auf die unmittelbare Nachbarschaft<br />

abzustellen (im vorliegenden Fall wurde<br />

nachgewiesen, dass die Nachbargrundstücke<br />

sogar größer waren), sondern es kommt eine<br />

typisierende Betrachtung für ganz Österreich<br />

zur Anwendung.<br />

Die Finanzverwaltung führt dazu in den Einkommensteuerrichtlinien<br />

aus, dass eine Fläche<br />

bis 1.000 Quadratmeter angemessen ist. Das<br />

BFG hat sich dieser Meinung angeschlossen<br />

und festgehalten, dass für den Hausverkauf die<br />

Befreiung für das Gebäude selbst und für einen<br />

Grundstücksanteil von 1.000 Quadratmetern<br />

anwendbar ist. Der restliche Grundstücksteil<br />

über 1.000 Quadratmeter musste daher der<br />

Immobilienertragsteuer unterworfen werden.<br />

Eine Aufteilung des Kaufpreises war daher erforderlich.<br />

Fotos: AdobeStock, Michael Königshofer<br />

www.leitnerleitner.com<br />

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harald.galla@leitnerleitner.com<br />

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Harald Galla,<br />

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei<br />

LeitnerLeitner Wien. Er ist spezialisiert auf<br />

Immobilientransaktionen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

61


Zum Autor<br />

Frank Brün ist Managing Partner bei Phorus Management<br />

und Gründungsvorsitzender der AREAMA - Austrian Real<br />

Estate Asset Management Association.<br />

Frieren für den Frieden<br />

Kommentar: Frank Brün<br />

„Heizen Sie schon?“ - Ist das<br />

das neue „schon geboostert“?<br />

Frieren für den Frieden – mehrheitsfähig<br />

scheint das nicht. Viele<br />

entscheiden sich in diesen Tagen<br />

fürs Heizen, während Freunde<br />

und Bekannte die Frage diskutieren,<br />

ob es bei 18 Grad okay ist,<br />

die Heizung aufzudrehen – die<br />

ganz Harten halten angeblich<br />

unter 17 Grad im Arbeitszimmer<br />

aus. Lieb, wie viel Smalltalk sich<br />

mit warmen Hauspatschen und<br />

Fleecejacken bestreiten lässt. Ich<br />

habe meine Heizung noch nicht<br />

angedreht (18,5 Grad), unsere<br />

Katze beschwert sich schon mangels warmem Schlafplatz. Letztens habe<br />

ich gelesen, dass ohne Internet Katzen nur schlechtgelaunte Haustiere<br />

wären und keine Videostars. Im Internet wird am häufigsten auf lustige<br />

Katzenvideos und erotischen Content zugegriffen. Erfolgreiche Versuche,<br />

die beiden Erfolgsmodelle zu kombinieren und erotische Katzenvideos<br />

zu produzieren, sind mir bisher nicht bekannt.<br />

Schmierentheater<br />

Das bringt uns zu der weit unterhaltsameren Kombination aus Immobilien<br />

mit Nachhaltigkeit und den Veröffentlichungen mancher Firmen<br />

über die eigene Nachhaltigkeit. Viele sagen, das sei teilweise wie ein<br />

Schmierentheater. Ich selbst bin ein absoluter Theaterliebhaber, nicht<br />

erst, seit die Tochter in der Schule die eingebildete Kranke gespielt hat.<br />

Ich weiß nicht, wie Ihnen das geht, das Einzige, was mich am Theater<br />

stört, sind die Schauspieler. Mich interessieren die Geschichten, aber<br />

mich langweilen die Schauspieler – beziehungsweise bei Nachhaltigkeitspräsentationen<br />

deren Präsentation des offensichtlichen Greenwashings.<br />

Selbst das begleitende<br />

Bullshit-Bingo liefert immer weniger<br />

Freude: Die Kollegen winken mittlerweile<br />

gelangweilt ab. Das Bingoblatt<br />

ist zu schnell voll und jeder gewinnt.<br />

Bingewatching<br />

Beim Jahrhundertereignis zur Beerdigung<br />

in London war mal wieder<br />

medialer Dauerkonsum angesagt. Da<br />

haben uns die Öffentlich-rechtlichen<br />

im In- und Ausland unaufgeregt einen<br />

schönen Fernsehtag geschenkt,<br />

inmitten von Ukraine-Krieg und explodierenden<br />

Preisen für Katzenfutter.<br />

Als nächstes freue ich mich auf<br />

die Übertragung der Krönung von Charles III parallel auf ORF, ARD, ZDF<br />

und BBC – und danach noch einmal in der Mediathek Ihres Vertrauens.<br />

Die Windsors sind wie eine öffentliche Familie. Wie die Lugners, nur<br />

mit Schloss. Man hat alles miterlebt, war bei allem dabei. Stundenlang<br />

wurde in Westminster angestanden. Ohne Gedränge. In Wien hätte<br />

sicher jemand gerufen „Zweiter Sarg bitte!“. Die Einschaltquoten waren<br />

sensationell.<br />

Die britische Krone hat mal einen großen Teil der Welt beherrscht, um<br />

mit ihm Handel zu treiben. Das sah in etwa so aus: Die anderen Länder<br />

gaben ihre Diamanten, Gold und Rohstoffe. Sie bekamen dafür: Linksverkehr,<br />

warmes Bier und Corned Beef. Andererseits brauchen wir die<br />

Royals, um Zeugen gelebter Märchen zu werden. Kate als Goldmarie und<br />

Meghan als Pechmarie. Deswegen hätte man in Österreich die Titel nicht<br />

abschaffen, sondern die Monarchie zwischenzeitlich wieder einführen<br />

sollen. Wer als Monarch – gar als Kaiser – in Frage käme, wäre nicht einfach<br />

zu entscheiden, aber Hofnarren gäbe es schon zur Genüge.<br />

Fotos: Stephan Huger, Adobe Stock<br />

62 ImmoFokus


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Positionen & Meinungen<br />

Wir machen weiter<br />

Kontinuierlich. Michael Schmidt, geschäftsführender Gesellschafter der 3SI Group spricht im Interview über<br />

seine Liebe zum Altbau, Zertifizierungen, ESG und seine Liebe zum Detail. Auch in der derzeitigen Situation will<br />

er weiter kaufen, entwickeln und verkaufen.<br />

Das Gespräch führte: Lisa Grüner<br />

Was machen Sie anders als die anderen?<br />

Michael Schmidt: Ich versuche, mich immer<br />

neu zu erfinden, das Schlimmste für mich<br />

ist der Stillstand. Wir entwickeln uns in der<br />

Firma, mit unseren Projekten immer weiter,<br />

versuchen Neues, Besseres, Qualitatives in<br />

unsere Wohnungen hineinzubringen und uns<br />

vom Markt abzuheben. 0815 ist mir zu wenig,<br />

wir wollen besser sein als die anderen.<br />

„Wir wollen jedes<br />

Haus, das wir im<br />

Altbau bauen,<br />

zertifizieren<br />

lassen.“<br />

Michael Schmidt,<br />

3SI Group<br />

Was ist Ihr USP?<br />

Wir stecken bei den Altbauten, die wir entwickeln,<br />

sehr viel Liebe ins Detail. Dabei sind die<br />

Grundrisse ein ganz wichtiger Faktor. Ich bekomme<br />

die Grundrisse jeder einzelnen Wohnung<br />

auf meinen Tisch und gebe ihn frei, wenn<br />

das Maximum herausgeholt ist. Ich bringe<br />

mich auch bei der Auswahl des Parkettbodens,<br />

der Fliesen, der Duschkabinen etc. ein. Wir<br />

wollen kein standardisiertes Massenprodukt<br />

verkaufen. Und der Markt gibt uns Recht, wir<br />

haben gute Verkaufszahlen.<br />

Gibt es Synergien mit dem Facility Management,<br />

kaufen Sie speziell nachhaltige<br />

und leicht zu reinigende Materialien ein?<br />

Nachhaltigkeit ist ein Thema, bei mir geht es<br />

in erster Linie darum, dass es auch schön ist.<br />

64 ImmoFokus


Den Käufern und Mietern geht es hauptsächlich<br />

um die Optik, Fassade, Stiegenhaus, Eingangsbereich,<br />

Badezimmer müssen gefallen.<br />

Nachhaltigkeit ist ein Thema sowohl für uns<br />

als auch unsere Kunden, daran arbeiten wir<br />

täglich, und die Umsetzung gelingt uns immer<br />

besser. Wir versuchen, nach Möglichkeit mit<br />

Fernwärme zu arbeiten bzw. Luftwärmepumpen<br />

oder Photovoltaikanlagen einzubauen. Im<br />

Zinshausbereich hoffe ich, dass die Forschung<br />

hier schnell Lösungen anbieten kann, um<br />

nachhaltige Heizmöglichkeiten anzubieten.<br />

Nachhaltigkeit bietet ja einen Mehrwert …<br />

Natürlich, es geht ja nicht ausschließlich nur<br />

um Nachhaltigkeit, sondern auch darum, wie<br />

wir Wärme und Strom günstig erzeugen können.<br />

Das Ziel ist, langfristig Häuser autark zu<br />

machen. Daran arbeiten wir.<br />

Ist bei Altbauhäusern ESG bzw. die<br />

EU-Taxonomie Thema?<br />

Ja, ganz klar. Wir wollen jedes Haus, dass wir<br />

im Altbau bauen, zertifizieren lassen. Man<br />

muss sich immer vorstellen, dass das Zinshaus<br />

das Grünste ist, was es gibt, es steht schon über<br />

100 Jahre. Bei jedem Objekt, das wir nicht<br />

abreißen und neu bauen müssen, sparen wir<br />

viel CO2. Ein Neubau braucht Jahrzehnte, um<br />

das aufzuholen. Im Neubau ist es leichter, verschiedene<br />

Nachhaltigkeitskriterien einzuhalten.<br />

Gibt es rundherum mehr Fläche, sind auch<br />

Tiefbohrungen möglich.<br />

Nachverdichtung finde ich viel ökologischer<br />

als neue Bodenversiegelungen. Mit unseren<br />

Dachbodenausbauten schaffen wir neuen<br />

Wohnraum. Aber natürlich kann man den<br />

Neubau nicht wegdiskutieren, weil auch eine<br />

Masse an Wohnungen gebraucht wird.<br />

Michael Schmidt<br />

Michael Schmidt, geboren 1980 in Wien, gründete nach der Matura in der HTL<br />

Mödling 2001 mit seinem Vater Harald und seinem Bruder Claus das Familienunternehmen<br />

3SI Immogroup. Der inhabergeführte Immobilienentwickler hat<br />

sich neben dem Ankauf und der umfassenden Revitalisierung von Zinshäusern<br />

in den letzten Jahren auch auf die Errichtung von modernen, nachhaltig<br />

errichteten Neubauobjekten spezialisiert.<br />

Alle jammern über die Grundstückspreise,<br />

Sie kaufen weiter ein?<br />

Ja, wir kaufen weiter ein. Jede Krise bringt auch<br />

eine Chance mit sich, wir haben in der letzten<br />

Zeit wieder ein bisschen besser eingekauft,<br />

weil viele Teilnehmer am Markt zuwarten bzw.<br />

nicht kaufen können oder zu teuer gekauft<br />

haben. Viele sind davon ausgegangen, dass die<br />

Preise weiter steigen und sie das Grundstück<br />

schnell wieder drehen können. Wir wollen<br />

uns als Bauträger etablieren und den schwierigeren<br />

Weg gehen, viele Objekte selbst zu<br />

bauen. Das ist uns in den letzten Jahren sehr<br />

gut gelungen, deswegen sind wir jetzt nicht so<br />

stark vom Zinshaus- bzw. Grundstücksmarkt<br />

abhängig. Wir fahren in diesem Bereich einen<br />

anderen Kurs als viele Marktteilnehmer.<br />

Geht sich das mit Rendite aus?<br />

Das kommt immer auf die Kaufpreise drauf<br />

an. Auch bei den Baupreisen habe ich das<br />

Jammern nie ganz verstanden, natürlich, wenn<br />

ich am obersten Peak kaufe und dann die Baupreise<br />

und die Zinsen steigen, dann geht es sich<br />

von der Rendite nicht mehr aus. Wir haben<br />

immer etwas konservativer gerechnet, alle unsere<br />

Projekte sind auch, wenn sich die Zinsen<br />

auf vier Prozent raufbewegen, in trockenen<br />

Tüchern. Aber freuen würden wir uns darüber<br />

natürlich nicht.<br />

Man darf nicht immer das Schlechte sehen.<br />

Es sind die Verkaufspreise von Wohnungen<br />

parallel gestiegen, damit relativiert sich vieles<br />

wieder, und oft steigt man mit einem größeren<br />

Gewinn aus als davor.<br />

Ihr Unternehmen hat eben erst ein<br />

Leibrentenmodell gelauncht. Wie kamen<br />

Sie dazu?<br />

Ich bin sehr oft in den USA gewesen und habe<br />

mir dort angesehen, wie die Modelle funkti-<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

65


Positionen & Meinungen<br />

zehn Liegenschaften dazubekommen, zum<br />

Beispiel ein Grundstück im 18. Bezirk, wo wir<br />

3.000 Quadratmeter bauen können, vor einer<br />

Woche habe ich den Zuschlag für ein Haus im<br />

9. Bezirk bekommen …<br />

„Ich glaube an die Immobilie und ans<br />

Zinshaus, dass die Preise runtergehen,<br />

daran glaube ich nicht.“<br />

onieren. In anderen Staaten in Europa ist das<br />

Leibrentenmodell gang und gäbe. Nach fünf<br />

Jahren Arbeit haben wir das Produkt mit der<br />

Wiener Leibrentenpension auf den Markt<br />

gebracht. Es schafft eine Win-Win-Situation<br />

für Käufer und Verkäufer. Der Verkäufer, der<br />

ja bereits in seinem letzten Lebensdrittel ist,<br />

bekommt keinen Kredit mehr, will aber sein<br />

Haus nicht verkaufen. So erhält er eine monatliche<br />

Pension und ein Wohnrecht aufs Haus<br />

beziehungsweise auf seine Wohnung. Für den<br />

Käufer ist es eine weitere Alternative anzukaufen,<br />

auch wenn es eigenmittelintensiv ist.<br />

Wir sind jetzt seit ein paar Wochen mit dem<br />

Produkt am Markt, und wir haben viele Anfragen.<br />

Da es ein neues Thema für viele ist, ist es<br />

arbeits- und erklärungsintensiv.<br />

Wie beschaffen Sie Ihr Kapital?<br />

Worauf wir stolz sind, ist, dass wir noch nie auf<br />

Mezzaninkapital oder Crowdfunding zurückgreifen<br />

mussten. Wir haben viele Eigenmittel,<br />

den Rest finanzieren die Banken. Wir haben in<br />

den letzten Jahren sehr gut gearbeitet und sind<br />

deswegen kapitalstark. Wir werden gut durch<br />

diese Krise kommen.<br />

Michael Schmidt,<br />

3SI Group<br />

Wie ist die Strategie in der nächsten Zeit?<br />

Momentan schauen wir von Monat zu Monat<br />

und von Jahr zu Jahr, im Hintergrund haben<br />

wir immer eine Fünf-Jahres-Planung. Diese<br />

ist durch den Ukraine-Krieg durcheinandergeraten,<br />

hat sich aber nicht viel verändert.<br />

Meine Strategie ist: Wir kaufen weiter, wir<br />

bauen weiter, und wir verkaufen weiter. Ich<br />

kann jetzt nicht alles über Bord werfen. Wir<br />

sind am Markt gut aufgestellt und etabliert,<br />

verfügen über Eigenmittel und können in der<br />

derzeitigen Situation noch zukaufen. Wir haben<br />

uns mit guten Baufirmen zusammengetan<br />

und bauen weiter. Natürlich trifft uns alle der<br />

Baumaterialmangel. Deswegen habe ich in ein<br />

eigenes Lager einiges an Material eingebracht.<br />

Zwei Baustellen in einem Altbau könnte ich<br />

sofort bestücken. Ich denke immer vor. Vielleicht<br />

bin ich zu übervorsichtig, aber was ist,<br />

wenn man kein Parkett, keine Fliesen oder<br />

Ytongsteine bekommt und eine Baustelle fertig<br />

werden muss. Dann kann ich auf mein eigenes<br />

Lager zurückgreifen und habe keine Bauverzögerung.<br />

Das ist für meine Kunden wichtig und<br />

für mich selbst auch, ich komme ja erst zu meinem<br />

Geld, wenn ich die Wohnungen übergebe.<br />

Wir haben in den letzten drei Monaten wieder<br />

Wie streng sind die Banken bei der Kreditvergabe<br />

in Bezug auf ESG?<br />

Wir werden alle Altbauten, die wir bauen, zertifizieren<br />

lassen. Als nächstes werde ich versuchen,<br />

für ein vollvermietetes Haus, das wir<br />

renoviert haben, ein Zertifikat zu bekommen.<br />

Beim Altbau ist ESG für die Banken noch kein<br />

Thema, wenn, dann betrifft das eher den Neubau.<br />

Vor allem, wenn Fonds ankaufen wollen.<br />

Haben Sie jemals überlegt, Anleihen<br />

aufzulegen?<br />

Wir sind sehr stolz, dass wir die letzten 21 Jahre,<br />

die wir auf dem Markt sind, ohne Fremdkapital,<br />

außer der Bankenfinanzierung, ausgekommen<br />

sind. Aufgrund der Corona-Krise haben wir<br />

sehr vorausschauend unsere Eigenmittelquote<br />

erhöht. Dadurch brauchen wir keine weitere<br />

Finanzierung. Wir streben ein kontinuierliches<br />

Wachstum an. Dadurch konnte ich zwar<br />

das eine oder andere nicht realisieren, aber wer<br />

weiß, wofür das gut war. Es gibt aber keine Projekte,<br />

die wir nicht umsetzen könnten. Für uns<br />

schließe ich Anleihen aus.<br />

Kaufen Sie auch rund um Wien?<br />

Wir fühlen uns auch mit innerstädtischen<br />

Grundstücken wohl. Grünland mit Umwidmungsoptionen<br />

reizen mich weniger.<br />

Sinken die Preise oder steigen sie?<br />

Im gehobenen Wohnungssegment muss jede<br />

Wohnung einzigartig sein, mit hoher Qualität.<br />

Diese Objekte sind sehr gefragt, deswegen haben<br />

wir im Sommer gut verkauft. Bei den Zinshäusern<br />

spürt man ein Abwarten, aber noch<br />

kein spürbares Sinken der Preise. Wir sehen<br />

eine Marktberuhigung, eine Verlangsamung,<br />

aber kein Sinken der Preise. Das betrifft nicht<br />

nur den Immobilienmarkt, sondern die ganze<br />

Welt. Man weiß nicht, wie sich der Krieg weiterentwickelt,<br />

aber ich glaube an die Immobilie<br />

und ans Zinshaus. Dass die Preise runtergehen,<br />

daran glaube ich nicht.<br />

66 ImmoFokus


Raum und<br />

Wirklichkeit<br />

Wir haben Gegenwart und Zukunft von<br />

Architektur, Bauen und Wohnen im Blick.<br />

Jeden Samstag in Ihrer „Presse“ oder<br />

jederzeit unter:<br />

DiePresse.com/immobilien


Die bewegte<br />

ImmoWirtschaft<br />

Regelmäßige Kolumne<br />

über Fakten und Inhalte, die<br />

verändern und prägen.<br />

#33<br />

Sicher ist nur die Unsicherheit<br />

Kommentar: Philipp Kaufmann<br />

Mit meinen Gedanken konfrontiert, überraschte mich seine Antwort<br />

sehr: Er hört seit Beginn des Studiums von Krisen. Oftmals sprechen<br />

Vortragende von der Finanzkrise von 2008, von der Euro-Krise der folgenden<br />

Jahre, und er selbst ist in der Covid-19-Pandemie<br />

ins Studium eingestiegen. Sein Gedanke ist:<br />

Krisen sind doch völlig normal und der Normalzustand<br />

seien somit Krisen.<br />

In meiner dieswöchigen Lehrveranstaltung hat mich ein aufgeweckter<br />

Student gefragt, warum ich bei meinen Ausführungen von einer Krise<br />

spreche. Ich schaute ihn groß an und war mir über die Antwort nicht<br />

sicher. Hat er den Krieg in der Ukraine, in unmittelbarer Nachbarschaft<br />

von uns in Mitteleuropa, nicht mitbekommen? Was ist mit der Energiekrise?<br />

Warum sind ihm die Teuerungswelle und die damit verbundenen<br />

Probleme entgangen? Vermutlich ist ihm als Student an der FH Campus<br />

noch nicht bewusst, dass es seit Wochen kaum mehr Kredite für Immobilientransaktionen<br />

gibt. Diese Finanzierungskrise kennt er vermutlich<br />

wirklich nicht, aber warum hinterfragt er meine Ausführungen zu den<br />

derzeitigen Krisen?<br />

Krise als Normalzustand<br />

Sein Gedanke überraschte mich und ich war baff.<br />

Im ersten Moment fiel mir hierzu nicht viel ein,<br />

und dies passiert selten. Beim genauen Nachdenken<br />

hat er tatsächlich recht. Und so einfach seine<br />

Wahrnehmung auf den ersten Blick wirkt, so<br />

radikal sind die Schlussfolgerungen daraus: Die<br />

Vernetzung unserer Welt, die Schnelllebigkeit und<br />

die Globalisierung haben uns viel Wohlstand gebracht,<br />

verbreiten aber nicht nur Viren in Wochen<br />

weltweit, sondern auch Krisen beziehungsweise Erschütterungen<br />

werden exportiert und importiert.<br />

Somit werden Krisen in den USA zu unseren, und<br />

asiatische „Verwerfungen“, beispielsweise im Immobiliensektor, beeinflussen<br />

das Investorenverhalten weltweit.<br />

Krise als Chance<br />

Wir werden demnach mit Krisen leben müssen. Vielmehr wird es unsere<br />

Herausforderung sein, Krisen als Chance zu sehen und diese aktiv zu<br />

meistern. Als Unternehmer gilt es demnach, noch resilienter zu werden<br />

und sich auch auf das Denkunmögliche vorzubereiten beziehungsweise<br />

schnell bei der jeweiligen Antwort zu sein. Wer hätte schon geglaubt,<br />

dass 2020 ein Virus die Welt lahmlegt? Wir brauchen eine Krisenbeweglichkeit<br />

und wir werden mit laufenden Krisen als Normalzustand planen<br />

müssen. Zeiten ohne Krisen gehören der Vergangenheit an und damit<br />

in die Geschichtsbücher. Das Berufsleben, auf welches sich meine Studenten<br />

vorbereiten, wird von Krisen und deren laufender Bewältigung<br />

geprägt sein. Wer krisenerprobt ist, gehört zu den Gewinnern.<br />

Fotos: Gottfried Poessl, Adobe Stock<br />

68 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Michael Pisecky war lange Jahre Geschäftsführer der s Real<br />

und ist Obmann der Wiener Fachgruppe der Immobilienund<br />

Vermögenstreuhänder.<br />

Beenden wir die Sanierungsblockade<br />

im Mietwohnbau!<br />

Kommentar: Michael Pisecky<br />

Rund ein Drittel des Ausstoßes an CO²-Äquivalenten entsteht in der<br />

Wärmeaufbereitung und Kühlung bestehender Immobilien. Der Anteil<br />

an Investitionen, um die Immobilien klimafit zu machen, liegt allerdings<br />

bei 70 Prozent, das sind betragsmäßig über 250 Milliarden Euro.<br />

Seitens Regierung, Interessenvertretungen und Wirtschaft ist viel die<br />

Rede davon, wie und was denn erforderlich ist, um den Weg „raus aus<br />

den fossilen Brennstoffen“ zu bewältigen. Hier befindet sich einerseits<br />

das EWG (Erneuerbare-Wärme-Gesetz) schon nach der Begutachtung<br />

und vor Beschlussfassung, andererseits fehlen jedoch Begleitmaßnahmen<br />

im Wohnrecht, um hier auch für die Eigentümer die Möglichkeit<br />

zu schaffen, in ihren Häusern, und hier vor allem im mehrgeschossigen<br />

Wohnbau, die Umstellung der Heizsysteme in Gang zu setzen. Die dafür<br />

erforderlichen Notwendigkeiten wurden seitens des Fachverbandes der<br />

Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Begutachtung des EWG<br />

genau beschrieben.<br />

Durch die stark steigenden Energiekosten tritt nun eine zusätzliche Dynamik<br />

auf, was die Mietervertreter mit bemerkenswerten Forderungen<br />

auf den Plan ruft. Die „armen“ Mieter könnten doch das Heizsystem in<br />

ihren Wohnungen nicht beeinflussen, daher ist der Vermieter verantwortlich<br />

für die Umrüstung der Wärmeaufbereitung beziehungsweise<br />

Kühlung der Wohnungen. So einfach ist es eben nicht!<br />

Mieteinnahmen reichen nicht<br />

Der Vermieter ist auf die Zustimmung der Mieter angewiesen, da es sich<br />

nicht um Erhaltungsmaßnahmen, sondern um Verbesserungen handelt.<br />

Daher besteht der dringende Bedarf, diese Umrüstung im Mietrechtsgesetz<br />

so zu behandeln, dass keine Zustimmung der Mieter erforderlich<br />

ist. Alle anderen Rechte der Mieter bleiben selbstverständlich aufrecht.<br />

Dazu kommt, dass rund zwei Drittel der gewerblichen Mietwohnungen<br />

einer gesetzlichen Preisregelung unterliegen. Hier zeigt sich, dass die<br />

Mieteinnahmen nicht ausreichen, um solche Investitionen wirtschaftlich<br />

zu ermöglichen. Im gemeinnützigen Wohnungsbereich gibt es die<br />

Möglichkeit, diese Investitionen auf die Mieter umzulegen, und zwar<br />

nach dem Kostendeckungsprinzip. Im Gemeindebau in Wien erfolgen<br />

zahlreiche Investitionen mit Förderung, was darauf hindeutet, dass auch<br />

hier die Mieteinnahmen nicht reichen, um die Kosten für die Sanierung<br />

zu stemmen. Der Vorschlag von Vizekanzler Kogler, Mietwohnungen<br />

mit Gasheizungen mit einem Abschlag von 25 Prozent zu versehen, geht<br />

wohl völlig in die falsche Richtung. Diese Wohnungen, jetzt schon in<br />

der Preisgestaltung für den Mieter privilegiert, würden noch günstiger,<br />

möglicherweise besonders leistbar, aber nicht mehr lange beheizbar.<br />

Bestrafung ist wohl ein wenig konstruktiver Weg, die Probleme zu lösen.<br />

Unsere langjährigen Forderungen, Anreize für Investitionen zu schaffen<br />

und die Sanierungsblockade im Mietrechtsgesetz zu beenden, liegen auf<br />

dem Tisch – Heraussanieren muss sich lohnen, für den Vermieter, den<br />

Mieter und die Umwelt!<br />

Foto: Adobe Stock<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

69


Zum Autor<br />

Hans Jörg Ulreich, Gründer und geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Ulreich Bauträger GmbH, Bauträgersprecher<br />

Österreich, Lektor an der TU Wien und FH Wien.<br />

Die Masken sind gefallen<br />

Kommentar: Hans Jörg Ulreich<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich kann als Unternehmer wohl vieles<br />

politisch einstecken, mit den jüngsten Aussagen haben die vermeintlichen<br />

Experten der Arbeiterkammer allerdings den Bogen für mich endgültig<br />

überspannt. Es mag den einen oder die andere in der AK freuen,<br />

dass sich die Branche über die Studie aufregt und ich bei jeder möglichen<br />

Kommentarmöglichkeit, die mir eingeräumt wird, nicht müde werde,<br />

darüber zu zürnen.<br />

Nachverdichtung<br />

Vermutlich wird dies in der AK intern sogar als Erfolg gefeiert, wenn<br />

die Branche mit Zorn auf Studien reagiert, statt sie – wie eine Nachverdichtungsstudie<br />

aus dem Jahr 2018 – zu loben und mehrfach positiv zu<br />

zitieren. Damals, als nämlich eine AK-Studie unseren Branchenverdacht<br />

bestätigte und erhob, dass allein auf den bestehenden Wiener Gemeindebauten<br />

durch sanfte Nachverdichtung und Überbauung Platz für<br />

130.000 neue, günstige Wohnungen wäre, da wurde die Studie, nachdem<br />

auch die Branche sie wiederholt zitierte, relativ schnell von der ersten<br />

Homepageseite in die Subkategorie verschoben. Und AK-Vertreter<br />

wurden – etwa in medialen Streitgesprächen – ziemlich schnell leiser,<br />

wenn ich die hauseigenen AK-Argumente für innerstädtische Nachverdichtung<br />

ins Treffen führte.<br />

In den vergangenen Wochen hat die Abteilung Wohnen der Arbeiterkammer<br />

(AK) ordentlich und wild um sich geschlagen. In einem Onlinestreaming-Interview<br />

für die Tageszeitung „Heute“ wurde das Verbot<br />

befristeter Mietverträge eingefordert und als Argumentation tatsächlich<br />

gesagt, Vermieter würden ihren Mietern wie Erpresser die Verträge vorlegen.<br />

Damit noch lange nicht genug. In den darauffolgenden Tagen präsentierte<br />

man stolz eine neue Studie zu freifinanziertem Wohnbau, der laut<br />

derselben Luxus nur im Preis, aber nicht in der Qualität biete.<br />

Verdrehung von Fakten<br />

Nun – diesen Fehler aus 2018 konnten die braven AK-Soldaten nun mit<br />

ihrer aktuellen Studie intern wohl wieder wettmachen. Sie können<br />

sich auf die Schulter klopfen und wahrscheinlich auch Gratulationen<br />

einstecken; die Branche wütet. Dem nächsten politischen oder internen<br />

Karriere- oder Gehaltssprung wird nichts im Wege stehen. Eines aber<br />

wurde dabei von ihnen übersehen. Man hat damit nicht nur bei uns den<br />

Bogen überspannt. Wir lassen uns das auf keinen Fall gefallen, dass auf<br />

unsere Kosten und damit auf Kosten unserer Unternehmen und unserer<br />

Mitarbeiter hier ein Imageschaden mit offensichtlich verdrehten Fakten<br />

angerichtet worden ist.<br />

Fotos: Sebastian Philipp, Adobe Stock<br />

70 ImmoFokus


| MT12-02G |<br />

Medien- und Steuerungstechnik<br />

auf einer Plattform:<br />

mit PC-based Control<br />

Beleuchtung<br />

Control<br />

Panel<br />

Audio<br />

Fassade<br />

Heizung,<br />

Lüftung,<br />

Klima<br />

Mit der – wie wir noch klar und breit aufzeigen werden – mutwilligen<br />

Verdrehung von Fakten hat eine der bedeutendsten Konsumentenschutzorganisationen<br />

in Österreich, finanziert durch öffentliche<br />

Gelder, nämlich gezeigt, worum es ihr im Ressort Wohnen nicht<br />

geht: nämlich um das aktuelle und zukünftige Wohl der Mieterinnen<br />

und Mieter, um ehrliche und transparente Aufklärung, um<br />

sachlich fundierte und expertenbestätigte Lösungen. Sonst könnte<br />

man selbst als Konsumentenvertreter solche Worte und solche Leitsätze<br />

wie eingangs genannt schlicht nicht gegen eine der wichtigsten<br />

Branchen des Landes in den Mund nehmen.<br />

Da präsentiert die AK eine Studie zu Luxuswohnbau ausgerechnet<br />

in derselben Woche, in der bekannt wird, dass manche Gemeindebaumieten<br />

in Wien vor der gesetzlichen Kategoriemietzinsanhebung<br />

noch zusätzlich erheblich steigen.<br />

Österreichische und Wiener Mieterschutzpolitik heißt, über die AK<br />

faktenferne Parolen gegen private Vermieter in der Öffentlichkeit<br />

zu verbreiten, um die wahren Verfehlungen zu überdecken.<br />

Niemand hat das sichtbarer gemacht als die AK in den vergangenen<br />

Tagen.<br />

Gerätemanagement<br />

Video<br />

Mediensteuerung<br />

Medientechnik neu gedacht: Als Spezialist für PC-basierte Steuerungssysteme<br />

ermöglicht es Beckhoff mit einem umfassenden und<br />

industrieerprobten Automatisierungsbaukasten, Multimedia,<br />

Gebäudeautomation sowie Entertainmentkonzepte vernetzt und<br />

integriert umzusetzen. Mit der modularen Steuerungssoftware<br />

TwinCAT und direkter Cloud- und IoT-Anbindung werden alle<br />

Gewerke von der A/V-Technik über die Gebäudeautomation<br />

bis hin zu Digital Signage Control, Device Management und<br />

Condition Monitoring, auf einer Plattform kombiniert. Hinzu kommt<br />

die maximale Skalierbarkeit aller Komponenten und die Unterstützung<br />

aller gängigen Kommunikationsstandards. So schafft Beckhoff die<br />

Grundlage für neue mediale und architektonische Erlebniswelten.<br />

Die Schlammschlacht, liebe Leserinnen und Leser, hatte für die<br />

Branche letztendlich doch etwas Gutes. Sofern nämlich nicht auch<br />

diese Studie rasch in eine schwer auffindbare Unterseite der Homepage<br />

verschwindet, werde ich sie noch lieber vorzeigen als die Studie<br />

über Nachverdichtungspotenzial – als Beweis nämlich für die<br />

wahren Ziele dieser Organisation.<br />

Scannen und die<br />

Beckhoff Highlights<br />

für die AV- und<br />

Medientechnik<br />

entdecken<br />

IoT<br />

Und die liegen leider nur dann wirklich im Bereich des Mieterschutzes,<br />

wenn sie zufällig auch den politischen Zielen der Hauspartei<br />

entsprechen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

71


Neues Denken beim Investieren<br />

Kommentar: Philipp Kaufmann<br />

Ich liebe Wien und<br />

gehe gerne durch<br />

die Innenstadt. Aufgrund<br />

meines Naturells<br />

bin ich vor allem<br />

von den Immobilien<br />

begeistert. Es bereitet<br />

einfach Freude,<br />

auf den Straßen zu<br />

flanieren und in den<br />

Erdgeschoss-Zonen<br />

Schaufenster zu bewundern,<br />

einen Kaffee<br />

trinken zu gehen<br />

oder auch einmal ein<br />

gutes Lokal zu besuchen.<br />

Wenn ich gleichzeitig den Blick gen Himmel schweifen lasse, sehe<br />

ich Wohnungen und Büros über den Erdgeschoss-Flächen. So macht<br />

Stadt Spaß, und vor allem ist dies auch nachhaltig: kurze Wege für alle,<br />

die sich ein Wohnen in den Bezirken leisten können oder wollen. Kurze<br />

Wege für alle, die dort arbeiten und shoppen beziehungsweise essen gehen.<br />

Kurze Wege für alle, welche das Leben genießen wollen.<br />

Im Gegensatz zu dieser städtischen Struktur suchen Investoren für ihre<br />

Portfolios einzelne Asset-Klassen wie Büro, Gewerbe, Handel oder Wohnen.<br />

Eine Durchmischung von unterschiedlichen Nutzungsarten bedeutet<br />

im Verkauf für den Eigentümer einen Abschlag. Offen gesprochen<br />

sind die Häuser in Wien aus vielen Gründen für Investoren akzeptiert<br />

und finden als Zinshäuser ihren Besitzer. Bei neuen Stadtentwicklungen<br />

ist diese Bereitschaft zu Mischnutzungen von internationalen Investoren<br />

kaum vorhanden. Eine Lösung ist es, die jeweiligen Nutzungen in<br />

einzelnen Baukörpern abzubilden und somit die vertikale Erschließung<br />

der Wiener Innenstadt horizontal nebeneinander zu ermöglichen. In<br />

diesem Fall kann der<br />

Projektentwickler<br />

ein Hotel oder ein<br />

Wohnhaus oder<br />

eben ein Bürohaus<br />

einzeln verkaufen.<br />

Die Erdgeschoss-<br />

Zonen bleiben meist<br />

unterentwickelt und<br />

das städtische Gesamtgefüge<br />

fügt sich<br />

in die gewohnten Satellitenstadtteile<br />

ein,<br />

die wir alle von Paris<br />

kennen. Ein Ortsbild<br />

im traditionellen Stil<br />

fehlt, ein Stadtteil kurzer Wege kann somit nicht umgesetzt werden, und<br />

viel wichtiger: In derartige Projektentwicklungen kommen kaum Besucher<br />

von außen. Wer will schon einen anonymen Stadtteil besuchen, der<br />

weder Flair noch Lebensqualität bietet? Ohne Frequenz werden die Erdgeschosszonen<br />

unattraktiv und die Spirale geht nach unten. Beispiele<br />

für diese Entwicklung fallen mir genug ein und wir sollten auf diese<br />

nicht stolz sein.<br />

Mut zum Neudenken<br />

Um gegenzusteuern braucht es Mut und die Bereitschaft, neue Wege zu<br />

gehen. Wenn wir die Gebiete, die wir alle lieben, nicht nur als historisches<br />

Geschenk genießen wollen, sondern derartige Strukturen heute<br />

entwickeln, braucht es Veränderung. Dies beginnt bei der Projektentwicklung,<br />

die auch einen öffentlichen Raum mitdenken muss. Dies<br />

betrifft die höhere Komplexität beim Bauen und vor allem beim Bewirtschaften<br />

derartiger Quartiere und macht beim Investor nicht Halt, der<br />

sich davor nicht fürchten sollte. Am Ende profitieren wir alle.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

72 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Louis Obrowsky ist Präsident des Verbandes der Institutionellen<br />

Immobilieninvestoren und Geschäftsführer der LLB<br />

Immo Kapitalanlagegesellschaft.<br />

Nicht ideologisch, sondern Technologie-offen<br />

muss diskutiert werden<br />

Kommentar: Louis Obrowsky<br />

Der Wille ist da<br />

Die Immobilienwirtschaft steht klar hinter der Klimapolitik und der<br />

Umrüstung des historischen Gebäudebestandes auf erneuerbare Energieträger.<br />

Derzeit scheitert dies in vielen Fällen aber mangels rechtlicher<br />

Möglichkeiten, von den Kosten gar nicht zu reden. Und eines darf<br />

man nicht vergessen: Für die Immobilienwirtschaft stellen die verbleibenden<br />

17 Jahre bis zur postulierten Energiewende 2040 einen relativ<br />

kurzen Zeitraum dar. Was nicht in der nächsten Zeit, und damit meine<br />

ich wirklich die nächsten Monate, gesetzliche Realität wird, wird sich<br />

in der Umsetzung – auch wenn der gute Wille vorhanden ist – nicht<br />

mehr ausgehen.<br />

Das Agieren wird für die Immobilienwirtschaft immer schwieriger,<br />

denn von allen Seiten setzt es Verschärfungen. Neben den enormen<br />

Preissteigerungen der Bautätigkeit, der Steigerung der Bodenpreise,<br />

Lieferkettenengpässen, der hohen Inflation und dem Ukraine-Krieg<br />

ist die Anhebung des Leitzinses durch die Europäische Zentralbank<br />

ein zusätzliches Erschwernis für die Branche. Denn man muss davon<br />

ausgehen, dass jetzt die Zinsen für Immobilienkredite steigen und<br />

sich dadurch der Druck auf den Wohnimmobilienmarkt, aber selbstverständlich<br />

auch auf den Gewerbeimmobilienmarkt, weiter erhöht.<br />

Bei allem Verständnis für Rufe nach „Teuerung runter“ darf nicht vergessen<br />

werden, dass niemand einen Knopf hat, auf den er nur drücken<br />

muss, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Schon gar nicht die<br />

Immobilienwirtschaft.<br />

Denn – auch das wird gerne verschwiegen – wenn nicht jetzt rasch der<br />

Ausbau der Stromnetze beginnt, werden alle guten Ideen, die Strom<br />

benötigen, an den mangelnden Netzkapazitäten scheitern. Wenn<br />

man sich dazu die jahrzehntelange rechtliche Auseinandersetzung<br />

in Erinnerung ruft, dann muss man Zweifel haben, dass es in Zukunft<br />

schneller gehen kann. Und dass der Fachkräftemangel die Umsetzung<br />

der Maßnahmen weiter verzögert, ist ein weiteres ungelöstes Kapitel.<br />

Problemlösung gefragt<br />

In Zukunft wird die energetische Ausrüstung eines Gebäudes Basis<br />

seiner Werterhaltung darstellen. Wenn diese – mangels rechtlicher<br />

Möglichkeiten – nicht umgesetzt werden kann, darf dies nicht der<br />

Immobilienwirtschaft angelastet werden. Es besteht daher die Gefahr,<br />

dass Immobilien, die bereits langfristig im Bestand sind, zu „stranded<br />

Investments“ werden. Hier sind die EU und die Nationalstaaten gefordert,<br />

sich rasch zu überlegen, wie man diese Probleme lösen kann.<br />

Auch, um nicht gegenüber Immobilien in Nicht-EU-Ländern benachteiligt<br />

zu werden.<br />

Wir fordern daher nicht ideologisch, sondern Technologie-offen zu<br />

diskutieren. Denn wer weiß heute, was in wenigen Jahren an technischen<br />

Möglichkeiten zur Verfügung stehen wird?<br />

Mit knapp zehn Prozent Anteil am BIP darf die Immobilienwirtschaft<br />

nicht als Sündenbock für steigende Kosten herangezogen werden.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

73


ImmoFokus.Rubrik<br />

Bewertung<br />

ImFokus<br />

Früher war<br />

alles besser<br />

Die österreichischen Medien sind sich einig: Die Inflation<br />

steigt unaufhörlich, es wird alles teurer, die Situation ist<br />

dramatisch, es ist alles ganz fürchterlich, früher war alles besser.<br />

Kolumne: Wolfgang Fessl<br />

D<br />

ie Situation war 1974 ähnlich:<br />

Streit ums Öl, Energiekrise, und<br />

– wenig überraschend – gab es<br />

damals auch etwa 10 Prozent<br />

Inflation. Was die damalige Situation von der<br />

heutigen unterscheidet: Die Stimmung in der<br />

Gesellschaft war positiver, es wurde weniger<br />

gejammert und die Maßnahmen der Regierung<br />

standen diametral zu jenen von heute. Das mag<br />

auch daran liegen, dass die Verantwortlichen<br />

keine Slimfit-Anzüge trugen und wenig für Eigenmarketing<br />

übrig hatten, sondern im Rahmen<br />

der Sozialpartnerschaft gemeinsam Lösungen<br />

erarbeitet haben.<br />

Wenn der Preis für Butter von 1974 bis heute<br />

valorisiert wird, dann ergibt das einen Wert<br />

von etwa 16 Euro für ein Kilo Butter. Derzeit<br />

liegt der Preis bei etwa 14 Euro.<br />

Ähnlich die Situation beim Benzin: Valorisiert<br />

seit 1974 ergibt sich ein Preis von etwa zwei<br />

Euro pro Liter, und genau da liegt er auch.<br />

Inflationsbereinigt war hier früher also nichts<br />

besser.<br />

74 ImmoFokus


Wolfgang M. Fessl<br />

Wolfgang M. Fessl ist Geschäftsführer bei Reinberg & Partner. Insgesamt verfügt er über<br />

mehr als 20 Jahre Erfahrung im nationalen und internationalen Immobiliengeschäft. Fessl<br />

ist allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, Immobilientreuhänder<br />

(Makler), Member der Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS), zertifiziert<br />

nach CIS Immozert und Recognised European Valuer (REV).<br />

eher schlecht. Aus der Wohnung der Eltern<br />

wollte ich so schnell wie möglich ausziehen,<br />

doch die Chancen auf eine Mietwohnung ohne<br />

Ablöse standen schlecht, und für eine Gemeindewohnung<br />

hatte ich das falsche Parteibuch.“<br />

Auch damals gab es offenbar kein Grundrecht<br />

auf innerstädtisches Wohnungseigentum.<br />

Jugend hat keine Perspektive<br />

Und auch bei Immobilien: Die Preise steigen,<br />

die Situation ist dramatisch, es ist alles ganz<br />

fürchterlich, früher war alles besser. Die Jugend<br />

hat keine Perspektive, weil sie sich kein<br />

Eigentum mehr schaffen kann.<br />

Wer ist denn alt genug, dass er die Situation<br />

zwischen 1974 und 1994 (Mietrechtsgesetz)<br />

kennt?<br />

Da wurden erhebliche Ablösen bezahlt, um<br />

eine Mietwohnung mieten zu dürfen!<br />

Ein eigenes Erlebnis aus dem Jahr 1989: Mietwohnung,<br />

Altbau, 12. Bezirk Arndtstraße, erster<br />

Stock, drei Zimmer, etwa 90 Quadratmeter,<br />

reichlich schattig, Zustand deutlich renovierungsbedürftig.<br />

Der Vormieter brachte eine<br />

Ablöse von 400.000 Schilling ins Spiel, und<br />

zwar für: NICHTS.<br />

Ein guter Freund meinte zur Thematik: „Ich<br />

war 1983 mit der Schule fertig, hatte eine technische<br />

Ausbildung, die verstaatlichte Industrie<br />

war in einer schweren Krise, es gab ein Überangebot<br />

an Technikern, die Jobchancen waren<br />

Früher war NICHT alles besser<br />

Fazit: Früher war NICHT alles besser. Vielleicht<br />

müssen wir als Gesellschaft einfach nur akzeptieren,<br />

dass wir den Zenit unseres Wohlstandes<br />

überschritten haben?<br />

Wir sind es gewohnt, für jede Investition auch<br />

einen unmittelbaren Return (ROI) zu erhalten.<br />

Das dürfte sich ändern, es wird teurer für uns.<br />

Wir werden zukünftig nur einen mittelbaren<br />

Effekt unserer Bemühungen spüren. Oftmals<br />

wird es nicht darum gehen, durch eine Investition<br />

einen unmittelbaren Vorteil zu generieren,<br />

sondern den Bestand für die Zukunft<br />

abzusichern, besonders wenn es um Umweltthemen<br />

geht.<br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

75


Zum Autor<br />

Martin Prunbauer ist seit 2012 Präsident des Österreichischen<br />

Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB), seit 2020<br />

Präsident des Zentralverband Haus und Eigentum und im<br />

Zivilberuf als Rechtsanwalt in Wien tätig.<br />

Strafen schaffen keinen Wohnraum!<br />

Kommentar: Martin Prunbauer<br />

Die Arbeiterkammer schlägt Alarm und fordert die Abschaffung<br />

befristeter Verträge. Sie behauptet, dass 46,5 Prozent der privaten Mietverträge<br />

im Jahr 2021 befristet waren und diese teurer als unbefristete<br />

Verträge wären. Laut Statistik Austria lag der Befristungsanteil im Jahr<br />

2017 bereits bei 45 Prozent und ist somit in den letzten vier Jahren nicht<br />

maßgeblich gestiegen. Dem Mikrozensus der Statistik Austria ist überdies<br />

zu entnehmen, dass 2021 nur 23 Prozent aller Hauptmietwohnungen<br />

befristet waren. Der Befristungsanteil im öffentlichen Mietsektor,<br />

der in Österreich immerhin 60 Prozent (!) aller Bestandverhältnisse umfasst,<br />

ist relativ gering. Vorarlberg bildet diesbezüglich eine Ausnahme.<br />

Die Situation in Wien<br />

Blickt man auf die einzelnen Bundesländer, ergibt sich folgendes Bild:<br />

In Wien waren im Jahr 2021 nur 17 Prozent aller Hauptmietwohnungen<br />

befristet. Die höchste Zahl an befristeten Mietverträgen gibt es in Vorarlberg.<br />

Im Ländle werden nämlich sowohl Gemeinde- als auch Genossenschaftswohnungen<br />

seit 2001 nur noch befristet vergeben. Tirol hat<br />

den zweithöchsten Anteil an befristeten Mietverträgen, allerdings ist<br />

dort der öffentliche Mietsektor österreichweit am niedrigsten und ein<br />

relativ hoher Prozentsatz der Bevölkerung lebt im Eigentum. In Wien<br />

ist die Situation umgekehrt: Der Eigentumsanteil ist eher gering und es<br />

gibt einen hohen Anteil an Mietverhältnissen. Insofern sind 17 Prozent<br />

an befristeten Verträgen vergleichsweise niedrig.<br />

auch bei geänderten Lebensverhältnissen nicht aufgekündigt werden<br />

kann. Ein weiterer Grund wäre, dass unbefristete Verträge vielfach schon<br />

einen langen Bestand haben. Nach wie vor gibt es zahlreiche besonders<br />

günstige Altmietverträge, die schon vor Jahrzehnten abgeschlossen<br />

wurden oder in Folge von Eintrittsrechten immer noch weit unter den<br />

Marktpreisen liegen.Mit der Möglichkeit, Mietverträge zu befristen,<br />

wurde dem Eigentümer einer Wohnung beziehungsweise eines Hauses<br />

ein gewisses Maß an Flexibilität eingeräumt, das als Ausgleich für die rigiden<br />

Kündigungsbestimmungen des MRG zu sehen ist. Wer die eigene<br />

Wohnung etwa für die Enkelkinder zum Studieren vorgesehen hat oder<br />

aufgrund eines beruflichen Auslandsaufenthaltes eine bestimmte Zeit<br />

nicht benötigt, führt bei befristeter Vermietung dem Markt Wohnraum<br />

zu und vergrößert das Angebot. Denn eines ist sicher: Die Abschaffung<br />

der Befristung und die Bestrafung von Leerstand wird nicht mehr Wohnungen<br />

auf den Markt bringen. Im Gegenteil: Eine Liberalisierung der<br />

Befristung würde dem Markt gut tun.<br />

Apropos Vorarlberg: Warum nicht auch generell im öffentlichen Mietsektor<br />

befristen und die Verlängerung davon abhängig machen, wie<br />

sich die Einkommensverhältnisse gestalten? Wer mehr verdient, kann<br />

bleiben, zahlt aber mehr Mietzins.<br />

Die entstandene Schieflage<br />

Der hohe Anteil an sozialem Wohnbau in Österreich und die Tatsache<br />

der fast ausschließlich – teilweise sehr alten – unbefristeten Vermietung<br />

in diesem Segment ist ein Grund, warum unbefristete Verträge in<br />

der Statistik als billiger als befristete Verträge aufscheinen. Aber hier<br />

herrscht eine eklatante Schieflage: Ein Großteil der dort teilweise über<br />

Eintrittsrechte lebenden Menschen verdient mittlerweile überdurchschnittlich<br />

gut und profitiert von der günstigen Miete, weil ein unbefristeter<br />

Vertrag nicht nur weitergegeben werden (Eintrittsrechte), sondern<br />

Fotos: Michael Büchling, Adobe Stock<br />

76 ImmoFokus


Advertorial<br />

TIMBER*LAA als Vorzeigeprojekt<br />

im nachhaltigen Holzwohnbau<br />

Holzwohnbau-Kosten. Starke Nachfrage nach dem innovativen Projekt in<br />

der Klederingerstraße im 10. Bezirk in Wien<br />

Foto: DIE WOHNKOMPANIE<br />

I<br />

nmitten der vom Liesingbach<br />

geprägten Erholungslandschaft<br />

schafft DIE WOHNKOMPANIE mit<br />

TIMBER*LAA ein Wohnbauprojekt in<br />

massiver Holzbauweise, das ganzjährig entspannte<br />

Lebensqualität für Jung und Alt ermöglicht. In<br />

den zwei getrennten Baukörpern entstehen<br />

dabei 38 freifinanzierte Wohneinheiten zwischen<br />

47 und 100 Quadratmetern – ergänzt durch<br />

zeitgemäß gestaltete Außenbereiche, welche<br />

eine überdurchschnittlich hohe Aufenthaltsqualität<br />

im Freien garantieren.<br />

Roland Pichler, Geschäftsführer DIE WOHN-<br />

KOMPANIE: „Mit TIMBER*LAA nehmen wir<br />

in Österreich sicher eine Vorreiterrolle ein. Die<br />

Erkenntnisse dieses Projekts, dessen Baustart<br />

bereits im Frühjahr erfolgt ist, fließen auch in<br />

unsere weiteren Projekte – wie beispielsweise<br />

im 23. Bezirk in der Ketzergasse ein.”<br />

Für DIE WOHNKOMPANIE liegt dabei der<br />

Fokus in der Schaffung von gleichzeitig nachhaltigem<br />

und dennoch leistbarem Wohnraum.<br />

Roland Pichler: „Holzwohnbau - besonders<br />

der Vollholzwohnbau – ist für die zukünftigen<br />

Bewohner und Bewohnerinnen in der Anschaffung<br />

etwas teurer. In der langfristigen<br />

Betrachtung amortisiert sich aber der höhere<br />

Anschaffungspreis durch die im Lebenszyklus<br />

der Immobilie durchgerechnet niedrigeren Betriebskosten.”<br />

Bei TIMBER*LAA bestehen alle<br />

Wände und Decken aus Vollholzelementen.<br />

Damit ist dieses Projekt nicht nur nachhaltig,<br />

sondern setzt auch Maßstäbe beim positiven<br />

Wohngefühl für die zukünftigen BewohnerInnen<br />

– inklusive einer hervorragenden Raumakustik.<br />

Die 2- bis 4-Zimmer-Wohnungen<br />

werden mittels Luftwärmepumpen beheizt<br />

und mit Warmwasser versorgt, Photovoltaik-<br />

Anlagen optimieren den erforderlichen Stromverbrauch.<br />

Die Fertigstellung ist für Sommer<br />

2023 vorgesehen.<br />

Auch bei der Errichtung des Projekts selbst<br />

spielt Nachhaltigkeit eine wesentliche Rolle.<br />

Roland Pichler: „Die Konstruktionsweise mit<br />

einem hohen Grad an Vorfertigung bietet<br />

viele positive Effekte: Durch die Herstellung<br />

in einem Werk ist die Passgenauigkeit deutlich<br />

besser, zudem ist die Standfestigkeit der<br />

Holzwände selbst durch die Konstruktionsart<br />

deutlich höher. Das bringt auch vor Ort einige<br />

Vorteile mit sich: Zunächst einmal wird der<br />

Verkehr rund um die Baustelle deutlich reduziert,<br />

was für die Anrainer eine geringere<br />

Lärm- und Staubbelastung bedeutet. Zusätzlich<br />

leisten wir auch damit einen Beitrag zu einem<br />

geringeren CO2-Ausstoss – nicht nur durch die<br />

geringere Anzahl an Fahrzeugen, sondern auch<br />

beim Maschinenbetrieb vor Ort.”<br />

In der Ketzergasse in Wien Liesing setzt<br />

DIE WOHNKOMPANIE ab dem 4. Quartal <strong>2022</strong><br />

bereits ein weiteres Projekt mit 38 Einheiten in<br />

Holzbauweise um. Roland Pichler: „Bei diesem<br />

Bauvorhaben gehen wir noch einen Schritt<br />

weiter: Neben der Holzbauweise und der hochmodernen<br />

Energieversorgung soll eine Fassadenbegrünung<br />

und Grauwassernutzung zum<br />

Einsatz kommen. Das Projekt wird außerdem<br />

während der gesamten Bauphase von einem<br />

Chemiker begleitet, um sicherzustellen, dass<br />

die BewohnerInnen ein schadstoffarmes Zuhause<br />

erhalten.” <br />

Roland Pichler,<br />

Geschäftsführer<br />

Über DIE WOHNKOMPANIE<br />

DWK Die Wohnkompanie GmbH entwickelt<br />

als inhabergeführter, unabhängiger<br />

Wohnbauträger nachhaltige urbane Lebensräume.<br />

Der Fokus liegt dabei in der<br />

Realisierung freifinanzierter, nachhaltiger<br />

Wohnbauprojekte.<br />

Als Tochterunternehmen der Zech Group<br />

– eines der stärksten Bau- und Immobilienunternehmen<br />

Deutschlands – steht<br />

DIE WOHNKOMPANIE für umfassende<br />

Kompetenz im Wohnungsbau, einzigartige<br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong> | <strong>2022</strong><br />

77


ImFokus<br />

148<br />

REAL CIRCLE<br />

Beim 28. Real Circle auf Einladung von<br />

ERSTE BANK, ERSTE Immobilien KAG,<br />

IMMOunited, PwC und ImmoFokus stand<br />

die Stadt- und Raumplanung im Fokus. 30<br />

Experten diskutierten das Stadtquartier<br />

der Zukunft, die Möglichkeiten einer<br />

klimaneutralen bzw. energieautarken<br />

Stadt, die smarte Infrastruktur sowie<br />

die Zukunft der Mobilität und damit<br />

zusammenhängend die Finanzierungs- und<br />

Investmentmöglichkeiten.<br />

148<br />

102<br />

ÜBER DEN TELLERRAND<br />

Michael Neubauer,<br />

Herausgeber des<br />

ImmoFokus spricht mit<br />

Karl Habsburg über seine<br />

Sender, die Medienfreiheit<br />

und die Situation in<br />

der Ukraine. Aber auch<br />

darüber, wie es nach dem<br />

Krieg weitergehen kann.<br />

EARLY BIRD BREAKFAST<br />

Nach zwei Jahren pandemiebedingter Pause<br />

konnte das ImmoFokus-Team wieder in das<br />

König Ludwig zu einer kleinen Stärkung<br />

- dem Early Bird Breakfast - laden, ein<br />

traditioneller Bestandteil der Expo Real.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

78 ImmoFokus


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ImFokus<br />

Real Circle<br />

#28<br />

Brennpunkt Stadtund<br />

Raumplanung<br />

Stadt entwickelt sich weiter. Beim 28. Real Circle auf Einladung von ERSTE BANK, ERSTE Immobilien KAG,<br />

IMMOunited, PwC und ImmoFokus stand die Stadt- und Raumplanung im Fokus. 30 Experten diskutierten<br />

das Stadtquartier der Zukunft, die Möglichkeiten einer klimaneutralen bzw. energieautarken Stadt, die<br />

smarte Infrastruktur sowie die Zukunft der Mobilität und damit zusammenhängend die Finanzierungs- und<br />

Investmentmöglichkeiten.<br />

Autoren: Patrick Baldia, Gerhard Fritz, Lisa Grüner, Amelie Miller und Rudolf Oezelt<br />

D<br />

ie Stadt- und Raumplanung ist<br />

mit gewaltigen Herausforderungen<br />

konfrontiert. Denn auch wenn<br />

die Coronapandemie dem Speckgürtel<br />

einen merkbaren Schub verpasst hat, so<br />

hält der Megatrend der Urbanisierung weiter an.<br />

Gleichzeitig macht sich die Klimakrise immer<br />

stärker bemerkbar. Ganz zu schweigen vom<br />

demographischen Wandel. Attraktiver, nachhaltiger<br />

aber auch leistbarer Wohnraum in lebenswerten<br />

Stadtquartieren ist daher mehr gefragt<br />

denn je.<br />

Was macht eine erfolgreiche Quartiersentwicklung<br />

aus? Ist die 15-Minuten-Stadt ein realistischer<br />

Ansatz oder eine Utopie? Wie stellt<br />

man in der Stadt der Zukunft die – klarerweise<br />

nachhaltige – Energieversorgung sicher beziehungsweise<br />

wie kommt man zur energieautarken<br />

Stadt? Welche Mobilitätskonzepte sind<br />

gefragt? Welche Rolle werden Bestandsimmobilien<br />

in der Quartiersentwicklung künftig<br />

spielen? Wie ist der Status Quo in Sachen<br />

Smart City? Und wie ist die aktuelle Lage am<br />

Investment- und Finanzierungsmarkt?<br />

Über diese und viele andere Fragen wurde<br />

bis in den Abend hinein rege diskutiert. So<br />

viel darf vorweg verraten werden: das Thema<br />

Stadt- und Raumplanung ist keine Blaupause<br />

und auf viele Fragestellungen müssen die Antworten<br />

erst gefunden werden.<br />

Stadtquartiere werden grüner<br />

Kann man heute schon wissen, wie wir in<br />

zwanzig Jahren leben wollen? Eine Frage, die<br />

sich nicht nur anhand der Trends der Gegenwart<br />

beantworten lassen könnte, sondern<br />

auch, indem man einen Blick zwanzig Jahre<br />

zurückwirft. „Vor allem die Metathemen haben<br />

sich innerhalb der letzten zwanzig Jahre<br />

verschoben und die Stadtquartiere der Zukunft<br />

werden energieautark sein müssen, werden<br />

mehr Funktionen anbieten müssen, um so<br />

wesentlich vernetzter mit ihrer Umgebung zu<br />

sein“, beschreibt Gerald Beck, Geschäftsführer<br />

„Eine CO2-Benchmark für<br />

Bauträger und eine „fast<br />

lane“ bei der Bewilligung,<br />

würde den Klimaschutz<br />

massiv beschleunigen.“<br />

Gerald Beck,<br />

UBM Development<br />

der UBM Development Österreich, eine unausweichliche<br />

Entwicklung. Darüber hinaus<br />

ist Beck überzeugt, dass das Stadtquartier der<br />

Zukunft viel grüner sein wird als es heute ist.<br />

80 ImmoFokus


„Das QBC ist ein gutes Beispiel für die Konzeption<br />

eines Stadtquartiers des 20. Jahrhunderts:<br />

verschiedene Nutzungen, Bahnhofsnähe,<br />

Tiefgarage, bisschen Grün in der Mitte. Das<br />

Stadtquartier des 21. Jahrhunderts entwickeln<br />

wir gerade im LeopoldQuartier im zweiten<br />

Bezirk – das ist allein aufgrund der Holzbauweise<br />

schon ganz anders, wir haben dort eine<br />

großteils autarke Energieversorgung und wir<br />

haben 50 Prozent der Flächen entsiegelt. Das<br />

Ganze passierte in einem sehr umfassenden<br />

Nachbarschaftsbeteiligungsprozess, bei dem<br />

viele Wünsche aufgenommen wurden. Da ist<br />

schon ein Paradigmenwechsel und ein neues<br />

Mindset vorhanden, dass die Leute das wollen,<br />

einfordern – und auch bekommen“, so Beck<br />

„Neben Digitalisierung und<br />

Smart Home wird vor allem<br />

Gesundheit ein zentrales<br />

Thema im Bereich Wohnen<br />

werden.“<br />

Sascha Haimovici,<br />

IMMOcontract<br />

Für Sascha Haimovici, geschäftsführender Gesellschafter<br />

der IMMOcontract, ist Entschleunigung<br />

die Devise. „Vor zwanzig Jahren war die<br />

Beschleunigung, die uns umgeben hat, ganz<br />

anders als heute. Stichwort Digitalisierung,<br />

Smart Home oder auch das Gesundheitssystem,<br />

das sich plötzlich ändern muss.“ Gesundheit<br />

ist ein Thema, das für Haimovici auch in<br />

Zukunft gerade im Bereich Wohnen eine wichtige<br />

Rolle spielen wird. Simone Maier-Hülle,<br />

Partnerin Real Estate PwC, ergänzt: „In Zukunft<br />

wird viel Regionalität gefordert sein; insbesondere<br />

auch vor dem Hintergrund, dass es eine<br />

große Herausforderung sein wird, wie sich die<br />

Stadt der Zukunft dem Thema Metaverse stellt.<br />

Wie kann ‚echtes Wohnen, Arbeiten, Leben‘<br />

im Kontext oder in möglicher Konkurrenz<br />

zum Metaverse künftig gestaltet werden?“ Das<br />

Stadtquartier der Zukunft ist sinnvollerweise<br />

energieautark, grün, digital vernetzt, aber auch<br />

mit neuen Freizeitkonzepten ausgestattet, weil<br />

der Faktor Arbeit im Leben der Menschen keinen<br />

so hohen Stellenwert mehr einnehmen<br />

wird wie vor zwanzig Jahren, gibt Maier-Hülle<br />

zu bedenken.<br />

Probleme und mögliche Lösungen<br />

Viel Grün braucht viel Wasser. Wie bekommen<br />

wir das Wasser und warum schaffen wir<br />

es nicht, anders mit unseren Wasserquellen<br />

umzugehen? – Etwa wenn in Kroatien Salzwasser<br />

als Trinkwasser aufbereitet wird, gibt Haimovici<br />

zu bedenken. „Gerade der vergangene<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

81


ImFokus<br />

„Die Wirtschaftlichkeitsrechnungen<br />

sind oft<br />

ohne Förderprogramme<br />

überhaupt nicht<br />

darstellbar.“<br />

Monika Hohenecker,<br />

Regioplan<br />

„Ein Green-Building-<br />

Gebäude mit vielen<br />

Stockwerken zu errichten,<br />

braucht eine lange<br />

Planungszeit.“<br />

Jelena Pirker,<br />

ÖRAG<br />

Sommer hat gezeigt, dass man in der Stadt<br />

mit vielen bodenversiegelten und betonierten<br />

Flächen nicht mehr weiterkommt. Mitunter<br />

wird sich mangels ausreichender Wasserversorgung<br />

auch die Frage stellen, ob die derzeit<br />

vielfach eingesetzten Nebelduschen sinnvoll<br />

sind - nicht zuletzt vor dem Hintergrund<br />

steigender Energiekosten“, wirft Maier-Hülle<br />

in die Diskussion ein. Um weniger Fläche zu<br />

versiegeln und nachhaltiger zu leben, könnte<br />

man vermehrt auf Sharing-Konzepte setzen,<br />

die in anderen Ländern gerade im Bereich der<br />

Infrastruktur bestens funktionieren. Wenn<br />

das Smart Home in Zukunft immer mehr an<br />

Bedeutung gewinnen wird, wird die Bestellung<br />

eines Tages womöglich nicht mehr von einem<br />

Menschen an die Haustür geliefert werden,<br />

sondern von einer Drohne. Für Haimovici ein<br />

Thema, das nicht nur bei der Frage endet, ob<br />

es überhaupt einen Parkplatz für eine Drohne<br />

geben kann, sondern viel zentraler, dass der<br />

Einsatz solcher Technologie auch Sicherheitsbedenken<br />

aufbringt.<br />

Zukunftsmusik<br />

All diese Zukunftsmusik, gerade im Bereich<br />

der Technik, ruft viele rechtliche Themen auf<br />

den Plan, denn das Zusammenleben war in der<br />

Vergangenheit sehr einfach geregelt. Ein Fakt,<br />

der in Zukunft viel komplexer werden wird, ist<br />

Maier-Hülle überzeugt. „Vor zehn Jahren hat<br />

es etwa noch keine Frage zu dem Thema Ladestationen<br />

gegeben. Da hinkt der Gesetzgeber<br />

in entscheidenden Fragen doch noch ziemlich<br />

hinterher.“ „Bestimmte Bereiche werden nach<br />

zusätzlichen Regelungen verlangen“, stimmt<br />

Peter Vcelouch, Leitung Real Estate und Construction<br />

Cerha Hempel Rechtsanwälte, zu. Laut<br />

„Wie echtes Wohnen<br />

neben Freizeit mitgestaltet<br />

werden kann, im Kontext<br />

oder in Konkurrenz zum<br />

Metaverse, wird eine große<br />

Herausforderung werden.“<br />

Simone Maier-Hülle,<br />

Pwc Legal<br />

Vcelouch sieht man das aktuell in der Diskussion<br />

um die Energiequellen. „In der Wiener<br />

Bauordnung verbieten wir die Gasheizungen<br />

und in der Taxonomieverordnung ist Gas eine<br />

grüne Energie. Bitte, was jetzt?“<br />

82 ImmoFokus


CO2-Benchmark für Bauträger<br />

Für Beck ließe sich der Klimaschutz massiv<br />

beschleunigen, indem die Stadt Wien eine<br />

CO2-Benchmark für Bauträger einführt. „Jeder<br />

Bauträger, der diese Benchmark mit seinem<br />

Projekt unterschreitet, kommt auf eine „fast<br />

lane“ und erhält eine Baugenehmigung in drei<br />

Monaten. Da braucht man keine Gesetzesänderung.“<br />

Einen großen Nachholbedarf bei der Umsetzung<br />

von Gebäudestrukturen sieht Jelena<br />

Pirker, Leitung Wohnen, Eigentum, bei ÖRAG<br />

Immobilien: „Es bräuchte Gebäudestrukturen,<br />

bei denen sich ein Stockwerk oder ein Gebäudeteil<br />

wie ein Kubus beliebig je nach Verwendungszweck<br />

modular verändern lassen.“ Denn<br />

eines ist für Priker klar: „Für energieautarke<br />

Gebäude braucht es gute Architekten.“ Bei all<br />

der Stadtentwicklung darf der ländliche Raum<br />

nicht vergessen werden, wirft Monika Hohenecker<br />

in die Diskussion ein: „Im ländlichen<br />

Raum fokussiert man sich jetzt erst darauf, wie<br />

man zum Beispiel mit den Autos umgeht. Da<br />

ist in Österreich gefragt, viel voneinander zu<br />

lernen, damit die kleineren Orte nachrücken<br />

können.“ Denn das Quartier von morgen muss<br />

sehr wohl sowohl im städtischen als auch im<br />

„In der Wiener Bauordnung verbieten<br />

wir die Gasheizungen und in der<br />

Taxonomieverordnung ist Gas eine<br />

grüne Energie. Bitte, was jetzt?“<br />

Peter Vcelouch,<br />

Cerha Hempel Rechtsanwälte<br />

ländlichen Raum den Bestand integrieren.<br />

„Die Sanierungsquote wird massiv steigen“, ist<br />

Beck überzeugt. „Wir können den Altbau nicht<br />

wegdiskutieren“, bringt es Pirker schließlich<br />

auf den Punkt.<br />

Klimaneutrale Stadt möglich?<br />

Klimaneutral bzw. energieautark soll sie werden<br />

die Stadt, aber ist das überhaupt möglich?<br />

„Seit über 20 Jahren reden wir darüber, dass<br />

Gebäude zur Produktion von Energie herangezogen<br />

werden müssen“, so Anna-Vera<br />

Deinhammer, Director for Circular Cities &<br />

Regions beim Circular Economy Forum Austria<br />

und ÖGNI-Teammitglied. „Jetzt haben<br />

wir von den regulatorischen Grundlagen her<br />

eine bessere Ausgangssituation als früher, z.<br />

B. zur Gründung von Energiegemeinschaften.<br />

Aber es reicht nicht, dass Gebäude so wenig<br />

Energie wie möglich verbrauchen. Wenn wir<br />

beispielsweise die E-Mobilität ernst nehmen<br />

wollen, müssen wir mehr Strom produzieren.<br />

Das funktioniert am besten über Gebäude, die<br />

mit Photovoltaik (PV) und Geothermie ausstattet<br />

sind und langfristig auch die Abwärme<br />

nutzen. Man muss lernen, die Gebäude nicht<br />

als Solitäre, sondern im Wirkungszusammen-<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

83


ImFokus<br />

„Man muss Gebäude im<br />

Wirkungszusammenhang<br />

sehen.“<br />

Anna-Vera Deinhammer,<br />

Circular Economy Forum Austria<br />

und ÖGNI<br />

hang zu sehen. Wenn ein Gebäude nicht die<br />

Ausrichtung für eine gute PV-Ausbeute hat,<br />

soll es beispielsweise mit Begrünung zur Kühlung<br />

beitragen. So kann auch ein Energielastenausgleich<br />

sowie eine Verbindung zwischen<br />

Bestand und Neubau geschaffen werden.“<br />

Karin Schmidt-Mitscher, Leiterin Wohnbau<br />

bei der ERSTE BANK, hat die letzten eineinhalb<br />

Jahre auf der Bankkundenseite verbracht und<br />

gesehen, wie schwer sich der Kunde als Einzelkämpfer<br />

tut, will er Gebäude mit nachhaltiger<br />

Energie aufrüsten. „Neben zum Teil fehlenden<br />

rechtlichen Rahmenbedingungen werden Finanzierungsmittel<br />

für Sanierungen in Bestandsimmobilien<br />

immer wichtiger. Das versuchen<br />

wir als Bank zu unterstützen“, so Schmidt-<br />

Mitscher. „Wir sehen aber auch, dass klassische<br />

Gebäudeverwalter keine Assetmanager sind,<br />

die über das Know-how verfügen, eine bestehende<br />

Immobilie voranzutreiben, sondern in<br />

erster Linie die mannigfaltigen Kundenbedürfnisse<br />

bestmöglich erfüllen wollen. Ich sehe es<br />

als meine größte Aufgabe, als Bank das Thema<br />

Nachhaltigkeit in allen Köpfen zu verankern.“<br />

Gute Idee: Energiegemeinschaften<br />

Christian Hrdliczka, Head of Training & Business<br />

Development RE/MAX Austria, geht das<br />

Thema von einer anderen Seite an: „Ich sehe einige<br />

Gaps zwischen der Realität, der Vision und<br />

dem Weg dorthin. Den Bestand nachrüsten ist<br />

am Land leichter als in der Stadt“, so Hrdliczka.<br />

„Die Idee der Energiegemeinschaften gefällt<br />

mir gut. Nimmt man das Beispiel Illmitz her,<br />

wo Thomas Malloth darum kämpft, diese<br />

„Die Idee der Energiegemeinschaften<br />

könnte langfristig eine<br />

Lösung sein.“<br />

Christian Hrdliczka,<br />

REMAX Austria<br />

Vision umzusetzen, sieht man, mit welchen<br />

Schwierigkeiten die Umsetzung verbunden<br />

ist. Mir fällt in diesem Zusammenhang der Begriff,<br />

die Grundidee der Kolchose ein, wo jeder<br />

Akteur etwas einbringt. Wir stehen bei vielen<br />

Energieformen am Anfang und haben daher<br />

hohe Kosten. Es braucht viele kluge Menschen,<br />

die erforschen und evaluieren, wie man das<br />

Thema am besten angreift. Sonnenenergie ist<br />

ja auch nur so lange toll, solange keine Wolken<br />

am Himmel sind. Wichtig ist, sich passende<br />

Finanzierungsmodelle zu überlegen.“ Das<br />

deckt sich mit der Aussage der ÖGNI, die die<br />

Wichtigkeit eines Geschäftsmodells immer<br />

wieder hervorstreicht. „Das gilt auch für Energiegemeinschaften,<br />

denn nur aus Idealismus<br />

kann man sich nicht zusammenschließen, da<br />

sind die Streitereien vorprogrammiert“, so<br />

Deinhammer.<br />

Schmidt-Mitscher sieht eines der Hauptprobleme<br />

darin, dass jeder seine eigenen Interessen<br />

hat und nicht zurückstecken möchte. „Individualismus<br />

und Egoismus sind sehr groß, ich<br />

weiß nicht, wie man das brechen kann“, so die<br />

Expertin. „Nur durch Regulierungen wird es<br />

84 ImmoFokus


nicht funktionieren, wir wissen ja, wie Leute<br />

darauf reagieren. Andererseits haben wir noch<br />

nicht ausreichende Antworten auf die Energiekrise,<br />

weil uns Lösungen dafür fehlen oder<br />

sie noch teuer sind. Ähnlich wie beim Thema<br />

Blackout herrscht große Sprachlosigkeit, und<br />

es fehlen die Antworten.“ Hrdliczka ergänzt,<br />

dass die Menschen weder Energie sparen noch<br />

Geld für Alternativen ausgeben, solange es<br />

keine vernünftigen Antworten gibt. Für<br />

Für Deinhammer macht die NIMB-Mentalität<br />

(„not in my backyard“) die Sache mit dem<br />

„Role Models sind wichtiger denn je,<br />

um das Energiesparen wieder<br />

schick zu machen.“<br />

Karin Schmidt-Mitscher,<br />

Erste Bank<br />

Energiesparen nicht leichter. „Wir brauchen<br />

eine schonungslose Ehrlichkeit, und das bedeutet<br />

keine 23 Grad im Büro, sondern einen<br />

Pullover anzuziehen.“ In Deutschland gibt es<br />

schon eine Regelung der Heiztemperatur, in<br />

Österreich nicht. „Wir brauchen Maßnahmen,<br />

da sind sich alle einig“, so Schmidt-Mitscher.<br />

Hrdliczka wirft ein, wie wichtig es sei, die<br />

Menschen mitzunehmen. „Wir sind in einer<br />

Vollkaskomentalität unterwegs, egal ob das<br />

Krankheit, Strom, Gas, Lebensmittel sind.<br />

Schuld sind immer alle anderen, auch wollen<br />

wir das gleiche Leben wie vorher und das um<br />

das möglichst gleiche Geld, und wir wollen<br />

es auch gleich warm haben. Es fehlt die viel<br />

zitierte Eigenverantwortung, auf etwas zu<br />

verzichten.“ Deinhammer ist dafür, den Begriff<br />

des Verzichts enger zu sehen: „Ist es wirklich<br />

Verzicht, wenn man zu Fuß geht? Da bekomme<br />

ich ja etwas: Ich senke mein Herzinfarktrisiko<br />

und bleibe fit.“ Veränderung über Motivation<br />

scheint eine gute Möglichkeit zu sein. „Es<br />

muss schick sein, in kühleren Räumen zu sein,<br />

Verzicht muss zu etwas tollem werden und<br />

idealerweise in Lebensqualität umbenannt<br />

werden.“ Schmidt-Mitscher ergänzt, dass Role<br />

Models immer wichtiger werden, damit Energiesparen<br />

wieder schick wird.<br />

Die Diskussionsrunde ist sich einig, dass einerseits<br />

so viel Energie wie möglich aus erneuerbaren<br />

Energien geerntet und gleichzeitig so<br />

wenig Energie wie möglich verbraucht werden<br />

soll. Vor allem, wenn die E-Mobilität weiter<br />

ausgebaut werden soll. Ideal wäre ein Innovationsschub<br />

ähnlich der COVID19-Pandemie,<br />

wo plötzlich weltweit Know-how gebündelt<br />

und fieberhaft an gemeinsamen Lösungen<br />

gearbeitet wurde.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

85


ImFokus<br />

„Umgenutzte Verkehrsflächen<br />

müssen Radfahrern und Fußgängern<br />

vorbehalten sein.“<br />

Wolfgang Fessl,<br />

Reinberg & Partner<br />

„Der E-Mobilität gehört<br />

die Zukunft in der Stadt.“<br />

Martina Hirsch,<br />

s Real<br />

Neue Mobilitätskonzepte gefragt<br />

Außer Diskussion steht für die Experten der<br />

Gruppe B, dass in der Stadt der Zukunft neue<br />

Mobilitätskonzepte gefragt sind. Besonders<br />

wichtig sei in diesem Zusammenhang, dass<br />

die öffentlichen Verkehrsmittel, Fahrradwege<br />

aber auch die E-Ladeinfrastruktur offensiv<br />

ausgebaut werde. Martina Hirsch, Geschäftsführerin<br />

der s REAL, glaubt etwa, dass der<br />

E-Mobilität die Zukunft gehört. „Fragen der<br />

Mobilität dürfen nicht ideologisch diskutiert<br />

werden“, fügt Stefan Pasquali, Geschäftsführer<br />

Neubau 3SI Immogroup, hinzu. Fahrradfahren<br />

sei wichtig, aber Autofahren dürfe nicht diabolisiert<br />

werden.<br />

Was soll aus den freigewordenen Straßenflächen<br />

werden, wenn der Individualverkehr, wie<br />

von den Diskutanten erhofft, mehr und mehr<br />

aus der Stadt verdrängt wird? „Die Verkehrsflächen,<br />

die jetzt „umgenutzt“ werden, müssen<br />

wieder Verkehrsflächen werden, aber halt<br />

für Radfahrer und Fußgänger“, so Wolfgang<br />

Fessl, Geschäftsführer und Partner Reinberg &<br />

Partner Immobilienberatung. „Wer in Skandinavien<br />

beziehungsweise Städten wie Kopenhagen<br />

war, weiß, dass dort innerstädtisch fast alle<br />

Sehenswürdigkeiten nur mit dem Rad oder zu<br />

Fuß zu erreichen sind“, ergänzt Gerhard Kerbl,<br />

Steuerberater und Partner TPA, um im selben<br />

Atemzug hinzuzufügen: „Die Infrastruktur ist<br />

dort dafür auch hervorragend ausgebaut.“<br />

86 ImmoFokus


1. Bezirk: Individualverkehr sinnlos<br />

Wenn es um die Planung im Bestand geht,<br />

glaubt Martin Ofner, Leiter Marktanalyse Arnold<br />

Immobilien, dass viel radikaler vorgegangen<br />

werden muss, „was politisch nicht immer<br />

einfach ist“. „Aber stellen wir uns einmal vor,<br />

welche Aufwertung die Wohnqualität Immobilien<br />

erfahren würden, wenn man nicht nur<br />

Asphalt und parkende Autos vor dem Fenster<br />

hätte“, meint er. Für Fessl macht etwa im 1. Bezirk<br />

Individualverkehr ohnehin keinen Sinn.<br />

Dieser sollte nur dem Gewerbe vorbehalten<br />

sein. Nachsatz: „Diese Entwicklung wird nicht<br />

an den Grenzen des 1. Bezirks haltmachen.“<br />

„Ich bin überzeugt, dass das Konzept der 15-Minuten-Stadt<br />

auch in Großstädten sehr gut<br />

funktionieren wird“, so Ofner weiter. Gerade<br />

in Wien wären die Pendelzeiten ja vergleichsweise<br />

kurz. Mit den „Öffis“ fahre man vom<br />

Stadtrand in einer Viertelstunde bis zum Stephansplatz.<br />

„Grundsätzlich hängt es nicht von<br />

der Größe einer Stadt ab, ob das Konzept der<br />

15-Minuten-Stadt funktioniert, sondern wie<br />

radikal eine Stadt bereit ist, es umzusetzen. „Es<br />

ist ganz wichtig, dass der öffentliche Verkehr<br />

„In Kopenhagen sind fast<br />

alle Sehenswürdigkeiten<br />

nur mit dem Rad oder zu<br />

Fuß erreichbar.“<br />

Gerhard Kerbl,<br />

TPA<br />

ausgebaut wird – auch um das Entstehen von<br />

Ghettos zu verhindern“, so Pasquali. Schließlich<br />

könnten sich viele Menschen letztlich<br />

nicht aussuchen, wo sie wohnen und arbeiten.<br />

Fest steht für die Diskutanten der Gruppe B<br />

auch, dass Warenströme und Dienstleistungen<br />

„Konzept der 15-Minuten-<br />

Stadt wird auch in<br />

Großstädten sehr gut<br />

funktionieren.“<br />

Martin Ofner,<br />

Arnold Immobilien<br />

neu geregelt werden müssen. Für Fessl stellen<br />

unabhängige Hubs, die von Zustelldiensten<br />

angesteuert werden und wo man sein Paket<br />

abholen kann, die Zukunft dar. Diese könnten<br />

ganz ohne Personal mittels QR-Code funktionieren.<br />

Hirsch räumt ein, dass die Menschen<br />

während der Pandemie viel Online bestellt und<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

87


ImFokus<br />

„Die wertvollsten Daten<br />

für die Stadtentwicklung<br />

sind die demografischen<br />

Daten.“<br />

Anita Körbler,<br />

trovato<br />

„Man muss aus dem<br />

Datendschungel die<br />

richtigen Daten herausholen<br />

und sie verantwortungsvoll<br />

einsetzen.“<br />

Jasmin Soravia,<br />

Kollitsch & Soravia Immobilien<br />

„Mobilitätsfragen dürfen nicht<br />

ideologisch diskutiert werden. Das<br />

Fahrrad ist wichtig, aber das Auto darf<br />

nicht diabolisiert werden.“<br />

Stefan Pasquali,<br />

3SI Immogroup<br />

dauere dann meist noch einmal 20 Jahre, bis<br />

es wirklich funktionieren würde. Gleichzeitig<br />

dürfe es in Zeiten wie diesen keine Diskussion<br />

darüber geben, ob jemand Solarpanele wolle<br />

oder nicht. „Stadtentwicklung ist etwas für<br />

die Gesellschaft, nicht für den Einzelnen“, so<br />

Millonig.<br />

sich liefern hätten lassen. „Aber kann es in der<br />

15-Minuten-Stadt nicht so sein, dass wir vieles<br />

wieder vor Ort kaufen können“, stellt sie in den<br />

Raum.<br />

Stadtentwicklung für die Gesellschaft<br />

IMMOunited-COO Andreas Millonig ist<br />

überzeugt, dass eine Stadt sehr viel mit Nutzungsdaten<br />

zu tun hat. Zu bedenken sei aber,<br />

dass man Städtebau nicht an ein paar Zahlen<br />

festmachen könne. Vielmehr müsse man die<br />

Menschen und ihre Bedürfnisse miteinbeziehen.<br />

Als Beispiel nennt er Dinge, die sich<br />

der Planung entziehen, wie zum Beispiel die<br />

richtigen Lokalbetreiber oder Einzelhändler<br />

für ein Quartier auszuwählen. Überhaupt<br />

gehe es selten gut, ein neues Stadtquartier in<br />

zehn Jahren auf die grüne Wiese zu stellen, es<br />

Jasmin Soravia, Geschäftsführende Gesellschafterin<br />

Kollitsch & Soravia Immobilien, hat<br />

als klares Ziel die 15-Minuten-Stadt vor Augen,<br />

in der alles, was man für den täglichen Bedarf<br />

braucht, in Reichweite liegt. Seien es Sportund<br />

Einkaufsmöglichkeiten, Kindergarten und<br />

Schule oder Arzt und Apotheke. Optimal wäre,<br />

wenn auch das Arbeiten in der Nähe möglich<br />

wäre, beispielsweise in Coworking-Flächen.<br />

88 ImmoFokus


Eine gewachsene Stadt umzumodellieren sei<br />

jedenfalls sehr schwer.<br />

„Die wertvollsten Daten für die Stadtentwicklung<br />

sind die demografischen Daten“,<br />

weiß Anita Körbler, Geschäftsführerin trovato,<br />

aus ihrer täglichen Arbeit. Wünschenswert<br />

sei, dass Daten sinnvoll erhoben und<br />

verwendet würden, um sie mit den nötigen<br />

politischen Mitteln umsetzen zu können.<br />

Aus der Sicht von Manuela Maurer-Kollenz,<br />

Director PwC Legal, stellt sich die Frage, welche<br />

Daten überhaupt erhoben werden und<br />

welche rechtlichen Voraussetzungen gegeben<br />

sind, um sie verarbeiten und verwenden<br />

zu können.<br />

Daten dürfen Denken nicht abnehmen<br />

Squarebytes-Geschäftsführer Ari Benz glaubt,<br />

dass es einen gravierenden Unterschied zwischen<br />

den innerstädtischen Bereichen und<br />

dem Speckgürtel gibt. Seit Jahrzehnten würden<br />

die Umlandgemeinden um die Ansiedlung<br />

von Infrastruktur kämpfen. Dazu müsse man<br />

jedoch keine Daten erheben, das sei Aufgabe<br />

der örtlichen Politik. Es gebe aber auch keine<br />

entsprechenden Förderungen. Es sei sehr gut,<br />

dass Daten erhoben und verwendet würden,<br />

„Es ist gut, dass Daten<br />

erhoben und verwendet<br />

werden, sie dürfen uns<br />

aber nicht das Denken<br />

abnehmen.“<br />

Ari Benz,<br />

squarebytes<br />

er hoffe aber, dass sie uns das Denken nicht<br />

abnehmen.<br />

Für Maurer-Kollenz ist klar, dass ESG gekommen<br />

ist, um zu bleiben. Das sei auch auf der<br />

Expo Real durchgängig zu hören gewesen.<br />

In diesem Zusammenhang gehe es wirklich<br />

um Datensammlung. Daten würden uns hier<br />

zeigen, in welche Richtung wir uns bewegen.<br />

„Wenn wir die technische Möglichkeit haben,<br />

Daten zu erfassen, dann sollte das nicht wahllos<br />

erfolgen, sondern nur, wenn sie sinnvoll<br />

verwendet werden“, meint sie.<br />

Benz hat eine Vision: Man könnte heute ein<br />

hochmodernes Gebäude errichten, das alle<br />

ESG-Voraussetzungen erfüllt und energetisch<br />

erstklassig ist, oder eines mit einer Wasserstoff-Elektrolyse-Anlage<br />

bauen, mit der man<br />

unbegrenzt Energie erzeugen kann und sich<br />

damit den ganzen Aufwand sparen. Millonig<br />

wendet ein, dass das Perpetuum mobile bis<br />

heute nicht erfunden ist: Solarpanele verlieren<br />

an Leistung, Wärmepumpen werden alt. Und<br />

schließlich würde die Datensammlung zusammenbrechen,<br />

wenn es plötzlich keinen Strom<br />

mehr gebe.<br />

Zentrale Energieversorgung: Katastrophe<br />

Benz bezeichnet die zentrale Energieversorgung<br />

strategisch und systematisch als Katastrophe.<br />

Und zwar nicht erst seit dem Beginn<br />

des Ukraine-Kriegs. „Die Erzeugung und Bereitstellung<br />

von Energie muss viel dezentraler<br />

werden“, meint er. Auch Maurer-Kollenz<br />

glaubt, dass künftig Energieversorgung bei<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

89


ImFokus<br />

„Bei der Stadtentwicklung werden<br />

neue Technologien genutzt, um<br />

besser und effizienter zu arbeiten<br />

und Ressourcen besser einzusetzen.“<br />

„Die Frage ist, welche<br />

Daten werden erhoben, und<br />

was sind die rechtlichen<br />

Voraussetzungen, um sie<br />

verarbeiten und verwenden<br />

zu können?“<br />

Manuela Maurer-Kollenz,<br />

Pwc Legal<br />

der Stadtentwicklung ein maßgeblicher<br />

Punkt sein wird. Die technische Entwicklung<br />

erfolge schließlich schneller als jede Stadtentwicklung.<br />

Und wenn ein Stadtteil einmal<br />

Andreas Millonig,<br />

IMMOunited<br />

stehe, sei die Technologie für 20 bis 30 Jahre<br />

„eingefroren“.<br />

Wichtig sei die Frage, wer entscheidet, welche<br />

Daten gesammelt und verwendet werden, so<br />

Soravia. Man muss aus dem Datendschungel<br />

die richtigen Daten herausholen. Dabei müsse<br />

auch der Datenschutz berücksichtigt werden.<br />

„Daten müssen verantwortungsvoll eingesetzt<br />

werden“, hält sie fest.<br />

“In God we trust, all others must bring data”,<br />

zitiert Millonig den US-Statistiker und Qualitätsmanagement-Pionier<br />

William Edwards<br />

Deming. Datensammeln sei jedenfalls in Ordnung,<br />

aber man müsse darauf basierend die<br />

richtigen beziehungsweise kluge Entscheidungen<br />

fällen – sowohl auf der persönlichen als<br />

auch auf der gesellschaftlichen Ebene. „Bei der<br />

Stadtentwicklung spielen Daten eine riesengroße<br />

Rolle, wir nutzen heute neue Technologien,<br />

damit wir besser und effizienter arbeiten<br />

und Ressourcen besser einsetzen können.“<br />

Nachsatz des Experten: „Wir werden mehr<br />

Daten brauchen, weil sich unsere Gesellschaft<br />

verändert.“<br />

90 ImmoFokus


„Aktuell schaut es nach<br />

einer längeren Phase mit<br />

hohen Zinsen aus.“<br />

Manfred Ton,<br />

Cerha Hempel Rechtsanwälte<br />

Unsicherheit am Investmentmarkt<br />

Nach wie vor viel Unsicherheit machen Experten<br />

indes am Investmentmarkt aus, der auf<br />

Tisch A auf der Agenda stand. Für Franz Pöltl,<br />

Geschäftsführender Gesellschafter EHL Investment<br />

Consulting, kann man die Strategie<br />

der Investoren aktuell überwiegend mit „Abwarten“<br />

zusammenfassen. „Jetzt eine schnelle<br />

Aktion zu setzen, könnte die falsche Entscheidung<br />

sein“, umschreibt er die Stimmung. Die<br />

logische Folge dieser Entwicklung: Der Markt<br />

ist weniger liquide als in der Vergangenheit.<br />

„Es ist wirklich schwer, aktuell eine Einschätzung<br />

über den Markt zu geben, weil so<br />

viele Faktoren eine Rolle spielen, die nicht<br />

zwingend mit makroökonomischen und rationalen<br />

Überlegungen zu tun haben“, bringt es<br />

Thomas Hölzl, Director, International Tax &<br />

Transaction Services bei EY Österreich, auf den<br />

Punkt. Er rechnet damit, dass die EZB künftige<br />

Zinsschritte, die zweifellos zu erwarten wären,<br />

mit Hinblick auf hochverschuldete Länder wie<br />

Italien oder Belgien, etwas ruhiger angehen<br />

würde.<br />

Für Manfred Ton, Partner bei Cerha Hempel,<br />

schaut es insgesamt nach einer längeren<br />

Phase mit hohen Zinsen aus. Eine spannende<br />

Frage sei, wann Developer wieder bestehende<br />

Projekte fortsetzen und Investoren Forward<br />

Purchases tätigen würden. In diesem Zusammenhang<br />

würden die hohen Baupreise beziehungsweise<br />

deren aktuelle Unkalkulierbarkeit<br />

eine wesentliche Rolle spielen. Kalkulierbarere<br />

Preise würden jedenfalls Forward-Purchase-<br />

Projekte antreiben. „Im Moment schaut es<br />

etwas danach aus, als ob sich das Angebot verknappen<br />

würde, was generelle Auswirkungen<br />

auf die Immobilienpreise hätte.“<br />

Beste verfügbare Qualität gesucht<br />

Wonach suchen Investoren im Zusammenhang<br />

mit Quartiersentwicklungen? „Natürlich<br />

nach Quartieren, die die aktuellsten Entwicklungen<br />

im Immobilienbereich abbilden und<br />

somit die beste verfügbare Qualität bieten“,<br />

so Polt. In dieselbe Kerbe schlägt auch Daniel<br />

Thum, Bereichsleiter Investments Real Estate<br />

bei der ERSTE Immobilien KAG: „Und zwar<br />

Qualität im Quartier im Hinblick auf ESG,<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

91


ImFokus<br />

„Auch alternative<br />

Finanzierungsformen<br />

wie Whole Loans oder<br />

Mezzaninkapital sind<br />

teurer geworden.“<br />

Franz Pöltl,<br />

EHL Investment Consulting<br />

„Aktuell spielen viele<br />

Faktoren eine Rolle,<br />

die nicht zwingend mit<br />

makroökonomischen und<br />

rationalen Überlegungen zu<br />

tun haben.“<br />

Thomas Hölzl<br />

EY<br />

Energieversorgung, Mobilität, Vielfältigkeit<br />

und Durchmischung.“ Auch wenn in den<br />

letzten Jahren Sortenreinheit für Investoren<br />

immer wichtiger wurde, könnte sich das<br />

nun wieder etwas umkehren. „Wenn ich ein<br />

durchgemischtes Quartier oder Gebäude habe,<br />

kann ich mein Risiko etwas diversifizieren“, so<br />

Thum. Das sei nicht zuletzt eine Lehre aus der<br />

Corona-Pandemie.<br />

92 ImmoFokus


Auch Hölzl hält Diversifizierung für sinnvoll,<br />

um „gewisse Trends abfedern zu können“.<br />

Er hat in den letzten zweieinhalb Jahren am<br />

Transaktionsmarkt beobachtet, dass „befeuert<br />

durch die Pandemie beziehungsweise mehr<br />

Onlinehandel“ Logistik für Investoren eine<br />

zunehmende Rolle gespielt hat. Damit wird sie<br />

ein Thema, das auch bei urbanen Stadt- und<br />

Quartiersentwicklungen nicht wegzudenken<br />

ist. Der EY-Experte glaubt, dass wir uns viele<br />

der künftigen Logistik-Lösungen, die die<br />

„Letzte Meile“ abbilden, aktuell noch nicht<br />

vorstellen können. „Relativ klar ist nur, dass sie<br />

sehr kleinteilig sein und sich in Sockelzonen<br />

befinden werden“, so Hölzl.<br />

Herausforderung: Lange Zeitschiene<br />

Für Thum liegt die große Herausforderung bei<br />

Quartiersentwicklungen in der Zeitschiene.<br />

„Teilweise dauert es 20 Jahre oder mehr bis<br />

solche großen Quartiersprojekte gewidmet,<br />

geplant und dann auch final umgesetzt werden<br />

– und das in einer Zeit, in der alles immer<br />

schnelllebiger wird und man mit immer neuen<br />

Entwicklungen konfrontiert wird, mit denen<br />

man nicht gerechnet hat“, hält er fest. Genau<br />

aus diesem Grund würden die großen Stadtentwicklungsprojekte<br />

sehr oft auch von der öffentlichen<br />

Hand beziehungsweise von Unternehmen,<br />

die im Besitz der öffentlichen Hand<br />

stehen, angegangen, so Polt. Diese könne mit<br />

der langen Entwicklungsdauer und den daraus<br />

resultierenden Risiken besser umgehen. Nachsatz<br />

des EHL-Investmentchefs: „Wer kauft<br />

und darauf angewiesen ist, in drei Jahren den<br />

Exit zu machen, sollte nicht in solche Projekte<br />

investieren.“<br />

Wie schaut es mit Finanzierungen aus? „An<br />

Geld zu kommen, wird nicht das Thema sein,<br />

die Frage ist vielmehr: Was kostet es mich beziehungsweise<br />

rechnet es sich?“, sagt Thum.<br />

Pöltl verweist darauf, dass nicht nur Hypothekarfinanzierungen<br />

teurer geworden sind, sondern<br />

auch alternative Finanzierungsformen<br />

wie etwa Whole Loans oder Mezzaninkapital.<br />

Ton sieht im aktuellen Umfeld kaum Finanzierungen<br />

abseits des klassischen Modells<br />

– sprich einem Mix aus Bankkredit und Veranlagungsgeld.<br />

Einig waren sich die Diskutanten<br />

jedenfalls, dass Bankkredite nach wie vor die<br />

günstigste Finanzierung wären.<br />

„Mit einem<br />

durchgemischten Quartier<br />

kann ich mein Risiko<br />

etwas diversifizieren.“<br />

Daniel Thum,<br />

ERSTE Immobilien KAG<br />

Hier geht‘s<br />

zum Video<br />

www.immo-timeline.at<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

93


ImmoFokus.Rubrik<br />

Zum Autor<br />

Silja Tillner ist Architektin und Stadtplanerin in Wien,<br />

Gründerin und Co-Geschäftsführerin von Architekten<br />

Tillner & Willinger.<br />

Vorteile der 15-Minuten-Stadt<br />

Kommentar: Silja Tillner<br />

Aufgrund folgender Punkte werden Städte weniger Treibhausgase<br />

emittieren und Maßnahmen gegen die negativen Auswirkungen des<br />

Klimawandels ergreifen müssen: die Energiewende, innovative Planungslösungen<br />

gegen die Zersiedelung, die Verdichtung und Nachnutzung<br />

von Leerstand, ökologisches Bauen, die energetische Renovierung des<br />

Bestands gemäß den Prinzipien der Kreislaufwirtschaft, CO2-neutraler<br />

öffentlicher Verkehr (ÖV) und die nachhaltige Veränderung des individuellen<br />

Mobilitätsverhaltens.<br />

Städte am Weg zum 1,5-Grad-Ziel<br />

Viele Städte erleben dramatische Auswirkungen des Klimawandels. Die<br />

Erreichung des 1,5-Grad-Ziels bedeutet eine Reduktion der Netto-Emissionen<br />

um 50 bis 55 Prozent bis 2030 (im Vergleich zu 2010). Neben vielen<br />

anderen Maßnahmen haben sich weltweit unter C40 1) Bürgermeister<br />

zusammengeschlossen, um ihre Städte durch das “15-Minuten-Konzept”<br />

sicherer und gesünder zu machen. Dies bedeutet, dass die Bewohner der<br />

Städte ihren täglichen Bedürfnissen mittels eines kurzen Spaziergangs<br />

oder einer Radfahrt nachgehen können. Dafür werden Straßenräume<br />

dauerhaft vom Individualverkehr (IV) auf Fußgänger und Radfahrer<br />

umverteilt und “Nature-based Solutions” umgesetzt, zum Beispiel Parks,<br />

Gründächer, begrünte Fassaden und wasserdurchlässige Oberflächen zur<br />

Minimierung der Risiken extremer Hitze, Trockenheit und Überflutungen.<br />

Aktuelles Bewusstsein für die Dringlichkeit<br />

Paris verändert das städtische Leben bereits nachhaltig: Anne Hidalgo<br />

gewann ihre Wiederwahl mit dem Versprechen, Paris CO-2-neutral zu<br />

machen. Das Konzept zur “15-Minuten-Stadt” basiert auf Forschungsarbeiten<br />

dazu, wie weit Bewohner zu Fuß zur nächsten ÖV-Station, Arbeit,<br />

Geschäften, Unterhaltung, Kultur, Bildung und Gesundheit gehen<br />

würden. Stadtplaner forderten die Verfügbarkeit dieser notwendigen<br />

Angebote innerhalb von 15 Minuten, da sich durch den Verzicht auf das<br />

Auto die Lebens- und Umweltbedingungen für alle verbessern würden.<br />

Carlos Moreno, Sorbonne, entwickelte die aktuellste Interpretation, die<br />

“Ville du quart d’heure”, für Paris, in dem täglich notwendige Wege (siehe<br />

oben) tatsächlich innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder per Rad zu erledigen<br />

sind. 2) Er berät Anne Hidalgo, die bis 2024 60.000 Parkplätze durch<br />

Grünflächen ersetzen und auf jeder Straße einen Radweg anlegen will. Im<br />

Sommer 2021 war die Veränderung hin zur sanften Mobilität mit Radwegen<br />

statt Parkplätzen auf zuvor verkehrsreichen Straßen (zum Beispiel der<br />

Rue de Rivoli) und mit einem Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde<br />

in ganz Paris sichtbar.<br />

Die Ziele decken sich 3)<br />

Der Modal Split in Wien ist: 20 Prozent motorisiert, 40 Prozent Fußgänger/Radfahrer<br />

und 40 Prozent ÖV. Damit deckt sich das 15-Minuten-<br />

Stadt-Konzept mit den Zielen von Smart City Wien. Beim Mobilitätskonzept<br />

werden umweltfreundliche Transportmittel priorisiert. Die Stadt<br />

Wien plant in ihren Klimazielen, die CO2-Emissionen im Mobilitätssektor<br />

um 50 Prozent (im Vergleich zu 20<strong>05</strong>) und den Anteil des motorisierten<br />

Individualverkehrs (MIV) im Modal Split auf 15 Prozent zu verringern.<br />

Fußgängerfreundlichkeit und gute Radinfrastruktur sind wesentliche Kriterien<br />

für die Gestaltung des öffentlichen Raums sowie reduzierte Parkangebote<br />

auf den Straßen und dezentrale Garagen, um Equidistanz von IV<br />

zu ÖV-Stationen und die Gleichwertigkeit des ÖV zu erreichen. Auch in<br />

neuen Quartieren sollen lokale Einkaufsstraßen unnötige Autofahrten<br />

vermeiden.<br />

Lebensqualität: Stadt der Diversität: Jobs, Wohnbau, Erholung, lokale und<br />

soziale Infrastruktur, kulturelle Angebote und Gesundheitszentren in der<br />

Nachbarschaft garantieren eine gute Work-Life-Balance.<br />

Lebensqualität: Stadt der kurzen Wege: In der Seestadt Wien wurde das<br />

Konzept der gemischten Nutzung und der kurzen Wege von Beginn an<br />

umgesetzt und die 15- Minuten-Stadt zur gelebten Realität.<br />

1) C40 Cities, www.c40.org;<br />

2) Whittle N., (2020), Financial Times, FT weekend, www.ft.com,<br />

3) Fuchs P., Wien (2014), Smart City Wien Strategie<br />

94 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Martina Hirsch verantwortete den Neubau- und Vorsorgewohnungsvertrieb<br />

der s REAL Immobilien, 2019 erhielt sie<br />

die Prokura. Als Mentorin im „Salon Real“, hält sie Vorträge.<br />

Seit 1. Oktober <strong>2022</strong> ist sie s REAL-Geschäftsführerin.<br />

Immobilien mit Ladestation auf der Überholspur<br />

Kommentar: Martina Hirsch<br />

Vermeintliche Details können am Immobilienmarkt entscheidende<br />

Assets sein. Derzeit gewinnt bei der Vermarktung von Wohnimmobilien,<br />

neben der nachhaltigen Energieversorgung, das Thema Elektromobilität<br />

massiv an Bedeutung. Eine logische Folge des Aufstiegs der Elektroautos<br />

zum neuen Standard der motorisierten Mobilität: Die Ladestation<br />

fürs E-Auto wird gerade vom „Nice to Have“ zum<br />

„Must Have“. Diese Entwicklung wirkt sich am<br />

Immobilienmarkt bereits preisbildend und<br />

preisbestimmend aus.<br />

My home is my Tankstelle<br />

Wichtig für die Pole-Position am<br />

Wohnimmobilien-Markt sind<br />

fertig installierte Schnellladestationen.<br />

Wer nur die Basics<br />

für die Installation einer Ladeinfrastruktur<br />

anbietet, gerät<br />

im Rennen um potenzielle<br />

Interessenten ins Hintertreffen.<br />

Im Vorsorgebereich ist eine E-<br />

Ladestation ein wichtiges Asset,<br />

um bei möglichen Mietern zu<br />

punkten.<br />

Nach der EU-Kommission hat sich<br />

auch das EU-Parlament dafür ausgesprochen,<br />

dass ab 2035 keine neuen Autos<br />

mit Verbrennungsmotor mehr zugelassen<br />

werden sollen. Bei Immobilien mit ihrer langfristigen<br />

Nutzungsdauer ist es angebracht, schon jetzt die<br />

Voraussetzungen dafür zu schaffen. Aktuell erfährt die E-Mobility<br />

durch Dienstautos einen starken Boost: Für Unternehmen gibt es attraktive<br />

steuerliche Anreize, die Firmenflotte zu elektrifizieren. Deshalb<br />

bieten viele Firmen Mitarbeitern mit auslaufenden Leasingverträgen ein<br />

E-Auto an. Das betrifft auch mich persönlich: Im Herbst bekomme ich<br />

einen neuen Dienstwagen. Mein aktueller Dienstwagen hat mir treue<br />

Dienste geleistet, dennoch musste ich nach Ablauf der Leasingzeit nicht<br />

lange überlegen. Aus Umweltschutzgründen werde ich selbstverständlich<br />

vom Verbrennungsmotor auf ein E-Auto<br />

umsteigen. Viele andere Dienstnehmer werden<br />

in den nächsten Wochen und Monaten wohl<br />

ebenfalls auf den ersten „Stromer“ wechseln.<br />

Gepusht durch Förderungen<br />

Aber auch immer mehr Private<br />

fahren, motiviert durch Umweltgedanken<br />

und großzügige<br />

Förderungen, elektrisch. 2020<br />

gab es, laut Bundesverband<br />

Elektromobilität Österreich<br />

(BEÖ), hierzulande 44.500 rein<br />

elektrisch betriebene PKW. Mit<br />

Ende August <strong>2022</strong> sind es 96.418.<br />

Diese E-Autos müssen aufgeladen<br />

werden, und das sollte eben<br />

auch zuhause bequem und schnell<br />

möglich sein – am besten mit selbst<br />

produziertem Sonnenstrom.<br />

Die Kombination von Ladestationen mit einer<br />

Photovoltaikanlage ist sehr beliebt am Wohnimmobilien-Markt:<br />

Wer den selbst produzierten Sonnenstrom<br />

tankt, gewinnt etwas Unabhängigkeit von den Preisunsicherheiten<br />

am Energiemarkt. Immobilien, die diese Ausstattung bieten, sind<br />

zunehmend gefragt – und entsprechend attraktiv.<br />

Fotos: Stephan Huger, Adobe Stock<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

95


ImFokus<br />

Zum Autor<br />

Jasmin Soravia ist seit 2019 Vorsitzende des Urban Land<br />

Institut Austria. Sie ist Geschäftsführerin bei der Kollitsch &<br />

Soravia Immobilien, Beirat im Advisory Board GRÜNSTATT-<br />

GRAU und Vorstand beim Travel Industry Club Austria.<br />

Nachverdichtung<br />

Wohnen auf dem Shoppingcenter<br />

Kommentar: Jasmin Soravia<br />

Vor allem in den Ballungsräumen der Großstädte<br />

wird es immer schwieriger, freie Flächen<br />

für hochqualitatives Wohnen zu erschließen.<br />

Dazu kommt in Zeiten der zunehmenden Erhitzung<br />

der Städte die Frage der Sinnhaftigkeit,<br />

weiteren Boden zu versiegeln. Doch es geht<br />

auch anders: Immer mehr erfolgreiche Projekte<br />

in ganz Österreich zeigen, wie auf den Dächern<br />

von Supermärkten bis hin zu großen Shoppingzentren<br />

smarte Wohnanlagen entstehen, die<br />

für alle beteiligten Interessensgruppen Vorteile<br />

bringen. Die Bauträger nutzen eine günstige Alternative<br />

zu teurem Grund, die Shop-Betreiber<br />

bekommen neue Stammkunden und weitere<br />

Nutzflächen hinzu, die Gemeinden können sich<br />

mit einem nachhaltigen Projekt rühmen – und<br />

die Bewohner freuen sich über eine komplette<br />

Infrastruktur, vom Supermarkt bis zum Ärztezentrum<br />

und Kino, die trockenen Fußes erreichbar<br />

ist.<br />

Als eines der Pionierprojekte für diese Form der Überbauung kann das<br />

Auhof Center in Wien betrachtet werden. Die Projektierung startete bereits<br />

2012, von der Architektengruppe Querkraft wurden 71 Wohnungen<br />

geplant, die mit einer Bruttomiete von 7,50 Euro rasch vergeben waren.<br />

Dies wurde aufgrund der günstigen Kostensituation möglich, da statt hohen<br />

Grundstückskosten nur das Baurecht erworben werden musste und<br />

das Projekt eine Wohnbauförderung erhielt. 1 Neben der ruhigen Lage<br />

auf dem Dach mit begrüntem Innenhof, Spielplätzen und nach außen<br />

Ausblick in den Wienerwald erwies sich auch die gute individuelle und<br />

öffentliche Verkehrsanbindung bis hin zum Stellplatz in der Tiefgarage<br />

vor allem für kleine Familien als attraktiv.<br />

Projekt Auhof Center, Quelle: Querkraft Architekten <strong>2022</strong><br />

Über dem regen Treiben im Shoppingcenter entstand in der Wohnanlage<br />

ein ruhiger und entspannter Bereich, in dem sich auch die Kinder<br />

wohl fühlen. Zudem wurden zwei Gemeinschaftsräume geschaffen<br />

sowie eine gemeinsame Kleinküche. Das Gebäude wurde in Niedrigenergiestandard<br />

errichtet, aufgrund eines hohen Vorfertigungsgrads<br />

konnte eine Verkürzung der Bauzeit erreicht werden. 2<br />

Weitere Projekte in ganz Österreich<br />

Seither entstehen weitere ähnliche Projekte, wie zuletzt von Freimüller<br />

Söllinger Architektur für Palmers Immobilien ein mit mehreren<br />

Geschoßen überbauter Supermarkt in Wien. Im Bezirk Meidling wur-<br />

96 ImmoFokus


Wohnungen auf einem<br />

Supermarkt, Wien Tivoligasse<br />

Quelle: Pollerhof <strong>2022</strong><br />

www.schreinerkastler.at<br />

den 85 Wohnungen in unterschiedlichen Kategorien in Holzbauweise<br />

geschaffen. 3 Wie bei allen Projekten löst ein Neubau nicht nur Begeisterung<br />

aus. Im oben beschriebenen Fall kam es – im Gegensatz zum Projekt<br />

am Auhof Center – zu Widerständen der Nachbarn, zudem kann sich die<br />

Zu- und Ablieferung des Lebensmittelmarktes als Lärmproblem erweisen. 4<br />

Doch die Vorteile überwiegen. So wurden auch in Linz bereits erfolgreich<br />

Wohnobjekte auf Supermärkten realisiert, auf einem Nahversorgungszentrum<br />

im Stadtteil Auwiesen wurden 62 Wohnungen ebenfalls in besonders<br />

leichter Holzbauweise fertiggestellt, in der Nähe der Universität<br />

Linz eine kleine Wohnanlage auf einem Penny-Markt. Ein weiteres Projekt<br />

ist zum aktuellen Zeitpunkt in Salzburg geplant, wo in Obertrum 24<br />

neue Wohnungen geschaffen werden. Der bestehende Supermarkt wird<br />

dabei von 600 auf 1.000 Quadratmeter vergrößert. Auch Soravia setzt in<br />

diesem Sinne auf Nachhaltigkeit. In Abstimmung mit den gewerblichen<br />

Bestandsmietern wurden 45 Liegenschaften der Pfeiffer GmbH in urbanen<br />

Lagen für eine sorgsame Nachverdichtung erworben. Die Standorte<br />

in zentralen Lagen sollen mittels Neu-, Um- oder Zubau aufgewertet<br />

werden. Die zusätzlichen Nutzflächen werden ebenfalls für Wohnen,<br />

aber auch für Gewerbe und Mixed Use entwickelt.<br />

Rechtliche und technische Aspekte, Förderungen<br />

Für die meisten dieser Projekte ist keine Standortgenehmigung erforderlich.<br />

In technischer Hinsicht, von der Statik bis zu Wasserver- und<br />

-entsorgung sowie Strom können die bestehenden Ressourcen in hohem<br />

Maße genutzt werden.<br />

Wie bei allen Projekten bedarf es oft intensiver Diskussionen aller beteiligten<br />

Interessensgruppen, um letztlich eine für alle vorteilhafte Lösung<br />

zu erzielen. Die Zunahme der Anzahl erfolgreich umgesetzter Projekte<br />

zeigt jedoch, dass Überbauungen von Bestandsobjekten eine sinnvolle<br />

Alternative zur Versiegelung und Neuerschließung von Grünland sind.<br />

Aufgrund der vergleichsweise niedrigen Gesamtkosten und der hohen<br />

Nachfrage an dem geschaffenen Wohnraum erweisen sich diese Investments<br />

auch für Bauträger als lohnend – und bebaubare Objekte mit „Luft<br />

nach oben“ gibt es auch noch genug in Österreich.<br />

1<br />

Vgl. Putschögl 2015, 2 Vgl. Wohnbauvereinigung für Privatangestellte 2017, 3 Vgl. Pollerhof <strong>2022</strong>, 4 Pollerhof <strong>2022</strong><br />

Quellen:<br />

ORF Salzburg (<strong>2022</strong>): Erster Supermarkt mit Wohnungen überbaut. https://salzburg.orf.at/stories/3167326/<br />

Pollerhof, Thorsten (<strong>2022</strong>): Wohnen auf Supermärkten – Drunter und drüber. https://www.derstandard.at/story/2000134212554/wohnen-auf-supermaerkten-drunter-und-drueber<br />

Putschögl, Martin (2015): „Smart“ wohnen auf dem Dach des Auhofcenters. http://derstandard.at/2000018541087/Smart-wohnen-auf-dem-Dach-des-Auhofcenters<br />

Querkraft Architekten (2016): Auhof-Center – Verdichtung auf der Hochebene. http://www.querkraft.at/dateien/7585_AUC-wohnen_plus-03-2015_s7.pdf<br />

Wohnbauvereinigung für Privatangestellte (2017): Wohnbebauung Auhofcenter – Objektbeschreibung. http://www.wbv-gpa.at/angebot/bestehende-wohnhaeuser/1140/1470/beschreibung<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

97


ImmoFokus.Rubrik<br />

Frech<br />

gesagt<br />

„Gegangen, um zu<br />

bleiben.“<br />

„Wann ziehst du denn wieder zurück in deine Heimat?“ Viele „Zuagraste“ in Wien hören diese Frage<br />

ab dem Zeitpunkt ihres Weggangs aus dieser. Wohl vorbeugend einer kompletten Abwanderung – denn, wer<br />

immer wieder geht, bleibt immerhin auf Zeit.<br />

Kolumne: Anita Körbler<br />

I<br />

st es möglich, vermeintliche Abwanderer<br />

zurück in die „verlassene“ Gegend<br />

zu holen? Es gelingt vermutlich dann,<br />

wenn jemand dafür sorgt, dass sie sich<br />

dort auch wohlfühlen. Damit – auch wenn sie<br />

vielleicht nicht für immer bleiben – sie doch<br />

immer wieder gerne kommen.<br />

Die Corona-Pandemie hat uns eindrucksvoll<br />

gezeigt, wie sehr Menschen Freifläche benötigen<br />

und die kleine Wohnung in der Stadt<br />

zumindest übergangsweise schnell gegen den<br />

Zweitwohnsitz am Land tauschen wollen. Die<br />

Sehnsucht nach Ruhe und Entschleunigung,<br />

hoher Work-Life-Balance, familienfreundlichen<br />

Arbeitszeiten sowie agilen Arbeitsformen<br />

tragen dazu bei, dass so manches, früher aus<br />

Jobsicht uninteressante, Gebiet wieder in einen<br />

attraktiven Standort verwandelt werden kann.<br />

Zudem kann hier durch Engagement ein erfolgreiches<br />

Zusammenarbeiten von Generationen<br />

unter Berücksichtigung der entsprechend damit<br />

verbundenen Stereotype gefördert werden.<br />

Prozentual gesehen werden neuere Generationen<br />

um die 100 Jahre alt. Mit dieser Lebenserwartung<br />

steigen wohl – im Hinblick auf<br />

unsere Staatskassen – ebenso unsere Jahre der<br />

Erwerbstätigkeit, was wiederum zur Folge hat,<br />

dass auch wir im höheren Alter mit viel jüngeren<br />

Zeitgenossen zusammenarbeiten werden.<br />

Je früher wir uns also an den Gedanken gewöhnen,<br />

dass wir am besten in vielfältigen Teams<br />

funktionieren und auch so agieren, desto länger<br />

bereitet uns unsere Arbeit auch Freude. Eine<br />

gute Mischung aller Generationen erscheint<br />

demnach notwendig. Ergo werden New-Work-<br />

Lösungen auch in außerstädtischen Regionen<br />

wichtiger denn je.<br />

Gerne denke ich dabei an einen lieben Kollegen<br />

aus der Spezialtiefbaubranche zurück, der<br />

leider nicht mehr unter uns weilt – andernfalls<br />

wäre er hier der perfekte Zitatgeber gewesen.<br />

Ich weiß noch, wie ich ihn als Berufsanfängerin<br />

mit meiner wissbegierigen Art und permanenten<br />

Fragerei sicherlich phasenweise wahnsinnig<br />

gemacht habe. Es gab so viel Neues zu<br />

erfahren, so viel Wissen aufzusaugen, und ich<br />

wollte damals schon immer von den Besten lernen.<br />

Absolute Bewunderung für ihn empfand<br />

ich, als es Ende der 1990er-Jahre darum ging,<br />

das gesamte Reporting und diverse Rechnungsbeilagen<br />

(wie zum damaligen Zeitpunkt etwa<br />

Rammsondierungs-Protokolle) in Tabellenkalkulationsprogrammen<br />

darzustellen. Er, als anerkannter<br />

Bauleitungsexperte, hat sich mutig<br />

und neugierig mit der neuen Materie auseinandergesetzt<br />

und hat die damals als innovativ<br />

geltende Maßnahme auch voller Passion sofort<br />

mit seinen jüngeren Mitarbeitern geteilt – nebenbei<br />

bemerkt, nur ein paar Jahre vor seiner<br />

wohlverdienten Pensionierung.<br />

Technologie als standortbasierter<br />

Wachstumsmotor<br />

Ein weiterer Anreiz für die Planung von Zuzug<br />

in eher nicht so dicht besiedelte Regionen<br />

könnte etwa sein, ein gewisses Thema zu repräsentieren<br />

und dafür für viele junge Menschen<br />

attraktiv hinsichtlich Ansiedelung zu werden.<br />

Innovation-Hubs, Förderungen sowie technische<br />

Innovationsideen können Möglichkeiten<br />

bieten, unter Gleichgesinnten neue Bereiche<br />

aufzubauen. Bürosituationen verändern sich<br />

gerade vehement und Digitalisierung lässt sich<br />

mittlerweile vielerorts verwirklichen. Ebenso<br />

kommen zukunftsorientierte Home-Office-<br />

Regelungen und Bestrebungen hin zur Vier-<br />

Tage-Woche diesen Lösungen zugute. Da steht<br />

dem „Halbe/Halbe“-Prinzip in der Aufteilung<br />

hektisch/idyllisch nichts mehr im Wege.<br />

Raus aus der Stadt – Rein ins Auto<br />

In zahlreichen Gegenden steht tatsächlich<br />

immer noch genau eine (!) Buslinie zu einer (!)<br />

Fotos: REMG/trovato GmbH<br />

98 ImmoFokus


Ganz frech gesagt: Stadt, Land – im Fluss? Landflucht<br />

hin oder her: Es wäre großartig, wenn die Planer unserer<br />

Zeit Gegenden künftig so attraktiv gestalten, dass<br />

Junge bleiben oder Junggebliebene gerne – zumindest<br />

temporär – heimkehren.<br />

Anita Körbler,<br />

trovato.immo<br />

Tageszeit zur Verfügung, der Ausbau des öffentlichen Verkehrsnetzes lässt<br />

eben über das Stadtgebiet hinaus rasch zu wünschen übrig. Diese begrenzten,<br />

autofreien Möglichkeiten können ein Dealbreaker sein, wenn man Nahversorgung<br />

direkt vor der Haustüre oder die nächsten erreichbaren Öffis um die<br />

Ecke gewohnt ist. Carsharing könnte hier etwa eine Option darstellen. Denn<br />

wichtig ist: Durch Zuzug könnte Infrastruktur ausgebaut und dem kompletten<br />

demografischen Wandel entgegengearbeitet werden.<br />

Anita Körbler<br />

Managing Partner trovato.immo<br />

Anita Körbler, MA, ist ideenreiche Branchenkennerin<br />

und Managerin mit Herz und Hirn. Körbler kann auf<br />

langjährige Erfahrung in Immobilienunternehmen<br />

sowie exklusive Projekte im öffentlichen Bereich<br />

(PPP) zurückblicken. Berufsbegleitend absolvierte<br />

sie erfolgreich zwei Studien im Bereich Wirtschaft<br />

und Public Communications, zeichnete jahrelang<br />

für verschiedene PropTech-Unternehmen als<br />

Geschäftsführerin verantwortlich und widmet sich<br />

der Beratung und Immobilienvermarktung sowie der<br />

Realisierung von Digitalisierungsprozessen in der<br />

Immobilienbranche.<br />

Welcome back<br />

Auch international betrachtet verschlägt es viele Studierende hinaus in die<br />

weite Welt, um andere Kulturen, Führungsstile, Strategien oder Arbeitsweisen<br />

kennenzulernen. Allzu gerne kommen sie danach erfahrungsgenährt zurück<br />

und brennen darauf, die erworbenen Fähigkeiten in ihrer Heimat umzusetzen.<br />

Gleichzeitig hat man den Vorteil, alte Netzwerke (re-)aktivieren zu können<br />

und erfolgreich mit neu geschlossenen zu verbinden.<br />

Was die – zumindest temporäre – Rückkehr ins Landleben begünstigt, sind neben<br />

Faktoren wie frischer Luft, breitem Zugang zur Natur und erntefrischem<br />

Obst und Gemüse aus dem eigenen Garten einmal mehr wohl die leistbareren<br />

Immobilienpreise, sei es durch innovative Architektur in Mehrfamilienhäusern<br />

oder völlig neuartige Ansätze. So gab es etwa in Europa in den vergangenen<br />

Jahren vereinzelt vielversprechende Versuche, baufällige Liegenschaften<br />

zu verschenken, sofern sich die neuen Eigentümer verpflichteten, die Immobilie<br />

zu sanieren und damit den Bestand zu erhalten. Schließlich verleiten<br />

immer höhere Mietpreise im urbanen Umfeld zu Alternativlösungen. Mögen<br />

diese durch sinnvolle Expertenmethoden gelingen.<br />

IMMOBILIENBEWERTUNG.<br />

Warum wir?<br />

Weil wir´s können.<br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

99


ImmoFokus.Rubrik<br />

Warum geht<br />

nichts weiter?<br />

Es war doch schon immer so. Ein Plädoyer gegen Realisten.<br />

Kolumne: Thomas Malloth<br />

V<br />

or einigen Wochen war ich Gast<br />

auf einem Podium der biologischen<br />

Station Illmitz, einer Außenstelle<br />

des Landes Burgenland. Gelegen<br />

am Rande des Seevorgeländes, dort wo man das<br />

UNESCO Weltkulturerbe und den Nationalpark<br />

noch so richtig spürt. Anlass war eine Tagung<br />

der limnologischen Gesellschaft Österreichs<br />

zum Thema „Tourismus in der Region Neusiedlersee“.<br />

Ich fand mich wieder zwischen einer<br />

Spezialistin der Universität für Bodenkultur für<br />

regionale Entwicklung, dem Vertreter der burgenländischen<br />

Landesregierung/Abteilung<br />

Wasserwirtschaft, Vertretern der Nationalparkverwaltung<br />

und einer Reihe weiterer ausgewiesener<br />

Experten. Ich hielt mich – vor allem<br />

mangels naturwissenschaftlicher Expertise – eine<br />

gute halbe Stunde zurück und lauschte den<br />

Ausführungen am und vom Podium. Rasch<br />

konnte ich feststellen, dass es – trotz erkennbar<br />

guten Willens – auch unter Naturwissenschaftlern<br />

eine Art „Realpolitik“ gibt. Es folgten Aussagen<br />

wie: „Nur die Einheimischen bemerken<br />

das Seesterben“ (ein vollkommenes Verkennen<br />

der tatsächlichen Umstände), „die Gäste kommen<br />

nicht wegen des Sees“ (höchst eingeschränkt<br />

wahr), „man könne den Tourismus dadurch<br />

befeuern, dass man den ausgetrockneten See<br />

als Sensation entsprechend medial positioniere“<br />

(kein Kommentar), „Steppenseen sind schon<br />

immer einmal ausgetrocknet und man müsse<br />

der Natur ihren Lauf lassen“ (welcher Natur – der<br />

vom Menschen zerstörten?). Eine Vielzahl von<br />

Meinungen und Expertisen begann, den Raum<br />

zu füllen. Mein persönliches Fass lief allerdings<br />

in jenem Moment über, in dem der Vertreter der<br />

politischen Verwaltung feststellte: „Zuerst müsse<br />

die Politik (wer?) die Ziele festlegen, dann erst<br />

könne man die Wissenschaft einbinden!“ Gottlob!<br />

Jetzt war ich im Raum nicht mehr allein.<br />

Augenscheinlich auch ein beherzter und im<br />

Thema sicherer Behördenvertreter stellte mit<br />

bestechender Klarheit fest: „Das burgenländische<br />

Naturschutzgesetz schreibt die Erhaltung des<br />

Feuchtbiotops Neusiedlersee als Ziel vor, nach<br />

Durchführung einer UVP werde man die Maßnahmen<br />

festlegen und allenfalls auch den EuGH<br />

beschäftigen müssen.“<br />

Bei höchster Wertschätzung aller an diesem<br />

Prozess beteiligten Personen: Egal welche gesellschaftspolitischen<br />

Weichenstellungen wir<br />

für richtig oder falsch erachten – so kommen<br />

wir keinen Schritt weiter!<br />

Es braucht gemeinsame Werte<br />

Eine kleine Litanei der anstehenden Fragestellungen<br />

und Handlungsnotwendigkeiten<br />

zeigt die Vernetzung und Komplexität der Zusammenhänge:<br />

„Regionale Entwicklung und<br />

Wertschöpfung“, „Neuordnung rechtlicher<br />

Zugänge“, „Raus aus Gas und Öl“, „Kreislaufwirtschaft<br />

statt lineare Wegwerf-Plastikgesellschaft“,<br />

„Artenschutz“, „Bevölkerungsexplosion“,<br />

„Klimawandel und Energiegewinnung“,<br />

„exzessive Landwirtschaft“, letztlich das<br />

Ringen um ein friedvolles Miteinander können<br />

nur auf einer stabilen, gemeinsamen Wertebasis<br />

bewältigt werden. Eine solche kann es aber<br />

Fotos: REMG/trovato GmbH<br />

100 ImmoFokus


Thomas Malloth<br />

ILLMITZER GESPRÄCHE<br />

Thomas Malloth ist Jurist und<br />

hat sich auf die Bereiche Immobilienbewertung,<br />

Immobilienconsulting,<br />

Immobilienverwaltung<br />

und -vermarktung und auf<br />

die Projektentwicklung, v.a. im<br />

dichten städtischen Raum, spezialisiert.<br />

Er ist ständiges Mitglied<br />

des Bundesdenkmalbeirates<br />

und Lehrbeauftragter an sieben<br />

Universitäten. Im November<br />

2016 wurde Malloth in den<br />

Vorstand des österreichischen<br />

Chapters der Royal Institution of<br />

Chartered Surveyors berufen.<br />

nur auf Basis einer gemeinsam erarbeiteten und definierten Vision, weit<br />

vor und oberhalb eines realpolitischen und tagesaktuellen Aktionismus,<br />

geben. Im Changemanagement wissen wir: Vision vor Ziel, Ziel vor Ressourcenfrage<br />

und Hindernissen, letztlich kommt es zur Aktion und zur<br />

Reflexion derselben auf Basis unserer Vision. Zu fragen ist nicht „Wie<br />

werden die Dinge morgen oder übermorgen aussehen?“, zu fragen ist<br />

„Wie wird das alles in zehn Jahren sein, welche Farbe wird es haben, wie<br />

wird es schmecken und woran werden alle anderen die Veränderung<br />

erkennen?“.<br />

Es braucht einen Dialog auf mehreren Ebenen<br />

Ich bin in meinem Immobilienleben viel auf Podien gesessen, ich denke,<br />

ich war in der Sache zumeist recht gut vorbereitet, immer dachte und<br />

denke ich aber bis heute schon in der Früh beim Aufstehen: „Was kann<br />

ich anders machen als ich es gestern gemacht habe und wovon will ich<br />

mehr?“ Nicht einmal, ja fast jedes Mal wurde mir entgegengehalten:<br />

„Jetzt müssen wir aber auf die reale Umsetzungsebene zurück, zurück<br />

zum Machen der Macher.“ Ich kann und will mich auch für den Rest<br />

meines Daseins (geb. 12.10.1962) nicht mit dieser Denkweise abfinden,<br />

vielmehr fordere ich mich selbst und auch euch, liebe Freundinnen und<br />

Freunde, auf: Wir brauchen einen ständigen, interdisziplinären, gewaltfreien,<br />

aus der Realpolitik heraus genommenen, vor allem humanistischen<br />

und entdigitalisierten demokratischen Dialog – nein – das ist nicht<br />

zu viel verlangt, denn:<br />

Wir haben längst schon keine Zeit mehr.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

101


Über den Tellerrand<br />

102 ImmoFokus


Der Radiomacher<br />

Kraina FM. „Der Krieg in der Ukraine bedeutet für mich, dass ich derzeit Entscheidungen, die mein<br />

Engagement in der Ukraine betreffen, nicht auf einer rein ökonomischen Ebene treffen kann“, betont Karl<br />

Habsburg im Interview mit dem ImmoFokus.<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

In Krisen und Kriegszeiten kommt den<br />

Medien eine große Bedeutung zu. Wie<br />

ist es heute um die Medienlandschaft in<br />

der Ukraine bestellt? Nach der Maidan-<br />

Revolution im Jahr 2014 gab es Pläne, den<br />

Einfluss des Staates und der Oligarchen<br />

in diesem Bereich zurückzudrängen. Was<br />

wurde aus der Reform?<br />

Karl Habsburg: Die Reformen wurden zum Teil<br />

umgesetzt, aber nur bruchstückhaft. Was ich<br />

prinzipiell in der Ukraine schätze, ist, dass die<br />

National Commission for the State Regulation<br />

of Communications and Informatization (NC-<br />

CIR) relativ schnell und unabhängig arbeitet.<br />

So zumindest meine Erfahrung als Radiomacher.<br />

Im Rundfunkbereich sehe ich, dass es<br />

gute, unabhängige Regionalsender gibt.<br />

In einem Interview aber haben Sie betont,<br />

dass Sie den einzigen nicht staatlichen<br />

Rundfunksender der Ukraine betreiben.<br />

Wie passt das zusammen?<br />

Derzeit. Ich betreibe derzeit den einzigen<br />

Sender, der nicht staatlich sendet. Es gibt auch<br />

andere unabhängige Sender. Aber seit Kriegsbeginn<br />

im Februar 2014 senden praktisch<br />

alle nationalen Radio- und Fernsehsender<br />

ein gemeinsames Programm. Wir haben von<br />

Anfang an gesagt, dass wir dies nicht tun<br />

werden. Es gibt auch regionale Sender, die<br />

weiterhin ihr eigenes Programm senden. Auf<br />

nationaler Ebene sind wir aber die einzigen,<br />

die ein eigenes Programm ausstrahlen.<br />

Alle anderen Sender übernehmen den<br />

Staatsfunk? Eine schwierige Grenze<br />

zwischen Journalismus und Propaganda.<br />

Klingt nach Embedded Journalism wie im<br />

Irakkrieg?<br />

So ist es, ja. Das ukrainische Fernsehen besteht<br />

nur noch aus Nachrichten, 24 Stunden lang.<br />

Wie finanziert man in Kriegszeiten einen<br />

Radiosender? Der Werbemarkt…<br />

…ist tot. Das bedeutet für mich, dass ich<br />

derzeit Entscheidungen, die mein Engagement<br />

in der Ukraine betreffen, nicht auf einer rein<br />

ökonomischen Ebene treffen kann. Ich wollte<br />

immer mein berufliches Engagement von meinen<br />

politischen Interessen getrennt wissen.<br />

Das hat auch immer wunderbar funktioniert<br />

– bis ich mich in der Ukraine engagiert habe<br />

und der Krieg ins Land kam.<br />

Seit wann sind Sie in der Ukraine aktiv?<br />

Ich bin 2007 mit der Übernahme von Radio<br />

Gloria ins Radio-Business eingestiegen.<br />

Daraus haben wir Kraina FM, ein kommerziell<br />

erfolgreiches Musikradio geformt. Das hat<br />

ganz passabel funktioniert. Dann kam der<br />

Kriegsausbruch 2014 – und auch wir wurden<br />

aufgefordert, das staatliche Programm<br />

zu übernehmen. Der damalige Präsident<br />

Petro Poroschenko – ein Gegner Wolodymyr<br />

Selenskyjs – wollte entsprechend der politischen<br />

Kriegs- und Krisensituation der Ukraine<br />

ein patriotisches Programm. Wir haben<br />

abgelehnt. Kurzfristig haben wir auch unsere<br />

Lizenzen zurückgelegt, haben diese aber<br />

später wieder gekauft.<br />

Für Sie hat der Krieg – weil Sie das immer<br />

wieder betonen – schon 2014 begonnen?<br />

Natürlich hat der Krieg 2014 begonnen. Mit<br />

der Okkupation der Krim und des Donbas<br />

hat der Krieg angefangen. Er hat sich am<br />

24. Februar dieses Jahres nur entsprechend<br />

verschärft. Aber der Krieg hat 2014 angefangen.<br />

Der Krieg hat nicht im Februar begonnen.<br />

Nein, nein, nein. Die Ukraine befindet sich seit<br />

2014 im Krieg.<br />

Für mich stellte sich 2014 die Frage, wie wir auf<br />

die Kriegssituation angemessen reagieren. Ab<br />

diesem Zeitpunkt hatte ich alle ökonomischen<br />

Entscheidungen über den Haufen zu werfen.<br />

Mein Ziel war, den Sender so effizient wie<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

103


Über den Tellerrand<br />

möglich aufzustellen, um weiter senden zu<br />

können.<br />

Ein Radiosender ist kein sehr großes Unternehmen.<br />

Man braucht 20, maximal 25<br />

Angestellte, um den Radiobetrieb aufrecht<br />

zu erhalten. Das ist ein Kleinbetrieb, das<br />

muss man auch ganz realistisch sehen. Aber<br />

wir haben dann doch relativ viel bewirken<br />

können, weil wir eben auf die Krim gesendet<br />

haben, weil wir in den Donbas gesendet<br />

haben. Wir haben Programme auf Tatarisch<br />

gemacht, für die Region um Uschhorod haben<br />

wir Ungarisch gesendet. Wir haben versucht,<br />

unser Scherflein im Krieg gegen die russische<br />

Okkupation beizutragen.<br />

Es wurde also auch auf Russisch gesendet?<br />

Wir senden auch auf Russisch – brauchen<br />

dafür aber eine Speziallizenz. Ich halte es<br />

für einen Fehler der Regierung, nur mehr<br />

auf Ukrainisch zu senden. Rund 40 Prozent<br />

der Ukrainer sind russischsprachig – sie sind<br />

russischsprachig, aber keine Russen. Ich bin<br />

linguistisch deutsch, und ich bin kulturell<br />

deutsch, aber das macht mich nicht zum<br />

Deutschen. Ich bin trotzdem ein Österreicher.<br />

Das sind keine Russen – das sind russischsprachige<br />

Ukrainer.<br />

Die meisten Sender aber gehören nach<br />

wie vor einflussreichen Politikern und<br />

Oligarchen. Klingt nicht unbedingt nach<br />

Pressefreiheit. In der von „Reporter ohne<br />

Grenzen“ publizierten Rangliste der<br />

Pressefreiheit steht die Ukraine aktuell im<br />

Mittelfeld – auf Platz 106 von 180.<br />

Das ist absolut richtig. Auch ich habe eine<br />

ganze Reihe von zweifellos äußerst ökonomisch<br />

interessanten Angeboten bekommen.<br />

Aber das wollte ich nicht. Die Ukraine braucht<br />

auch wirklich unabhängige Medien.<br />

Wie kommt man als unabhängiges, vergleichsweise<br />

kleines Medienunternehmen<br />

zu objektiven Nachrichten?<br />

Die Nachrichten kommen auch aus staatlichen<br />

Quellen. Die Tatsache, dass wir kein staatliches<br />

Programm fahren, bedeutet nicht, dass<br />

wir ein schlechtes Verhältnis zum Staat haben.<br />

Wir haben sowohl zur Regierung als auch zum<br />

Militär ein gutes Verhältnis. Natürlich haben<br />

Regierung und Militär Interesse an uns als<br />

Radiosender. Wir haben eine nicht zu unterschätzende<br />

Reichweite. Aus diesem Grund<br />

gibt es einen sehr regen Austausch. Wobei wir<br />

die Nachrichten natürlich auch hinterfragen,<br />

um in keine Propagandafalle zu tappen.<br />

Wenn man sich nur auf staatliches Programm<br />

abstützt, wird natürlich das Risiko, dass die<br />

Propaganda überhandnimmt, entsprechend<br />

stark. Natürlich kann ich nicht jede Nachricht<br />

überprüfen, da bin ich auch ganz realistisch.<br />

Wo wir es können, werden die Nachrichten<br />

mit unabhängigen dritten Quellen überprüft.<br />

Wo befindet sich die Sendestation?<br />

Ich habe eine ganze Weile das Studio in Kiew<br />

nicht verwenden können. Aber jetzt senden<br />

wir wieder aus Kiew. Teile des Programms<br />

kommen aber auch von meinem Radiosender<br />

in Holland, Teile werden auch in Wien<br />

produziert.<br />

Angst vor speziellen Cyber-Attacken?<br />

Nein. Wir sind standardmäßig geschützt.<br />

Dieser Schutz ist hoch, weil die Software zum<br />

großen Teil über meinen Server in Holland<br />

läuft, der sehr gut geschützt ist. Störungen<br />

hat es seit Kriegsbeginn 2014 immer gegeben.<br />

Die gehören einfach dazu. Man lernt, damit<br />

zu leben. Das ist nichts Neues, das gehört zum<br />

Standardprogramm dazu.<br />

Kurz noch zur Medienfreiheit zurück…<br />

Ich kann senden, was ich will, das ist überhaupt<br />

keine Frage. Aber durch die Tatsache,<br />

dass die meisten Medien einzelnen Interessensgruppen<br />

gehören, ist die Medienvielfalt<br />

eingeschränkt. Ich nehme an, dass sich dies<br />

im Ranking von Reporter ohne Grenzen<br />

niederschlägt. Ich sage prinzipiell, wenn ein<br />

Journalist in der Ukraine aktiv werden möchte,<br />

dann ist das auch möglich.<br />

Wie schützten Sie Ihre Mitarbeiter?<br />

Ich habe die Familien meiner Mitarbeiter nach<br />

Holland und Österreich gebracht. Mittlerweile<br />

reisen auch viele hin und zurück – das ist mittlerweile<br />

ja auch wieder möglich. Aber: Männer<br />

können ja das Land nicht verlassen. Für diese<br />

Mitarbeiter haben wir damit ein Umfeld<br />

geschaffen, indem sie ruhig arbeiten können,<br />

ohne sich Gedanken machen zu müssen, wie<br />

es ihren Familien geht. Die Mehrheit meiner<br />

Mitarbeiter stammt aus dem Donbas, viele<br />

aus Luhansk, die haben die Vertreibung im<br />

Krieg 2014 miterlebt. Viele von ihnen haben<br />

sich in den Regionen Butscha und Hostomel<br />

angesiedelt und wurden von dort <strong>2022</strong> wieder<br />

vertrieben – die meisten sind jetzt in Kiew.<br />

104 ImmoFokus


Natürlich schaden die Sanktionen Russland<br />

wesentlich mehr als uns – das ist gar keine<br />

Frage. Dass sie auch uns treffen, ist ganz logisch.<br />

Es ist mir aber wichtig, darauf hinzuweisen,<br />

dass wir uns ja auch im Krieg befinden.<br />

Wir haben nur das riesige Glück, dass die<br />

Ukraine für uns die tatsächlichen Kriegshandlungen<br />

vornimmt. Russland führt Krieg gegen<br />

Westeuropa, gegen westeuropäische Wertvorstellungen,<br />

gegen westeuropäische Ideale. Das<br />

ist ein Krieg zwischen Ideologien. Das heißt,<br />

der Krieg wird auch gegen uns geführt. Auch<br />

wir werden Opfer bringen müssen. Aber das<br />

sind Opfer, die wir zweifellos bringen müssen,<br />

wenn wir nicht in ein paar Jahren fünf russische<br />

Divisionen in unseren Vorgärten stehen<br />

haben wollen.<br />

Vor gut 20 Jahren hat Ihr Vater Otto<br />

Habsburg eindrücklich vor Wladimir<br />

Putin gewarnt. Doch der Westen hat die<br />

Warnungen – so sieht es zumindest aus –<br />

nicht ernst genommen. Warum hat man so<br />

lange zugeschaut?<br />

Es gibt einfach sehr wenige Leute, die Geschichte<br />

wirklich gelesen und verstanden<br />

haben. Mein Vater hat den ersten und den<br />

zweiten Weltkrieg miterlebt. Er hat erlebt, wie<br />

sich Totalitarismus auswirkt. Er hat sich mit<br />

der Sowjetunion auseinandergesetzt, und deswegen,<br />

glaube ich, auch Putin als KGB-Offizier<br />

richtig einschätzen können – wie er es eben in<br />

seiner Rede 2003 entsprechend zum Ausdruck<br />

gebracht hat. Das haben aber die meisten<br />

Leute im Westen nicht getan. Man hat sich<br />

einfach über die Realitäten hinweggeschwindelt.<br />

Man kann das gar nicht beschönigen.<br />

Hat man gehofft, dass die wirtschaftlichen<br />

Verflechtungen so stark sind, dass niemand<br />

einen Krieg riskieren wird?<br />

Europa hat sich energetisch in die Geiselhaft<br />

von Russland begeben. Darüber muss später<br />

diskutiert werden. Jetzt steht im Vordergrund,<br />

dass der Krieg gewonnen wird. Aber danach<br />

sollten wir darüber diskutieren, was man<br />

machen kann, dass so etwas in Zukunft nicht<br />

mehr geschehen kann.<br />

Europa ist in der Einschätzung, ob die<br />

Sanktionen greifen, gespalten.<br />

Aus meiner Sicht greifen sie – absolut. Sanktionen<br />

greifen immer nur langfristig.<br />

Wir bekommen immer wieder von den Russlandverstehern<br />

vorgehalten, dass man sich<br />

den Kurs des Rubel und des Euro anschauen<br />

muss. Da sehe man, wie gut es den Russen<br />

und wie schlecht es Europa geht. Das ist eine<br />

falsche Perspektive. Die russische Staatsbank<br />

hält den Rubel mit allen Mitteln, die ihr zur<br />

Verfügung stehen, künstlich hoch.<br />

Dass die Sanktionen wirken, zeigt Google.<br />

Was sind die zehn meistgestellten Fragen auf<br />

dem russischen Google-Service? „Wann ist der<br />

Krieg zu Ende? Wo kann ich ein ausländisches<br />

Bankkonto eröffnen? Wann macht Ikea wieder<br />

auf?“<br />

Russland hat derzeit mit einem gewaltigen<br />

Brain-Drain zu kämpfen. Allein in den ersten<br />

drei Rekrutierungswochen haben 700.000<br />

Russen das Land verlassen. Unter denjenigen,<br />

die versuchen, Russland zu verlassen, sind die<br />

Bessergestellten und Gutausgebildeten deutlich<br />

überrepräsentiert. Das ist für Russland<br />

langfristig eine demografische Katastrophe<br />

unvorstellbaren Ausmaßes.<br />

Wie lange wird der Krieg noch dauern?<br />

Was immer ich jetzt antworten werde, wird<br />

eine Fehlaussage sein. Aus diesem Grund bin<br />

ich hier sehr vorsichtig. Ich gehe davon aus,<br />

dass der Krieg noch lange dauern wird. Ausreichend<br />

Ressourcen, um den Krieg auch länger<br />

zu führen, sind zweifellos auf beiden Seiten<br />

vorhanden. Ich glaube nicht, dass der Krieg<br />

rasch zu Ende gehen wird. Aber wir haben ja<br />

auch schon erlebt, dass totalitäre Systeme, die<br />

besonders stabil ausschauen, schnell zusammenbrechen<br />

können. Ein gutes Beispiel ist die<br />

Sowjetunion: Auf einmal war sie weg.<br />

Ich rechne aber mit einer weiteren Eskalation.<br />

Eine weitere Eskalation wäre der<br />

Atomwaffeneinsatz…<br />

…den ich für durchaus realistisch halte.<br />

Nach der russischen Doktrin ist es sehr<br />

wahrscheinlich, dass wir den Einsatz von<br />

Atomwaffen erleben werden. Atombomben<br />

gelten als standardmäßige Waffen – und die<br />

Russen haben in der Vergangenheit immer<br />

wieder Massenvernichtungswaffen eingesetzt.<br />

Der aktuelle Einsatz von Drohnen darf<br />

als Vorbereitungshandlung gedeutet werden.<br />

Drohnen gelten nach dem Genfer Abkommen<br />

als verbotene Kriegswaffe. Mit dem<br />

Einsatz von Drohnen wird der spezifische<br />

Einsatz von Massenvernichtungswaffen mit<br />

biologischen und chemischen Kampfstoffen<br />

vorbereitet.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

1<strong>05</strong>


Über den Tellerrand<br />

wurden – dies spielt radikalen Kräften in die<br />

Hände.<br />

Es könnten Männer an die Macht kommen, die<br />

wir im Westen einfach nicht ernst nehmen,<br />

weil wir glauben, so Hyperradikale haben<br />

keine Chance. „Nein, das kann nicht sein. Das<br />

gibt es nicht. Das wäre zu lächerlich.“ Aber in<br />

Russland ist es möglich.<br />

Karl Habsburg<br />

Karl Habsburg ist als internationaler Medienunternehmer tätig. Er investiert und entwickelt<br />

Medien in verschiedenen Ländern Europas, aktuell vor allem in den Niederlanden,<br />

der Ukraine, Bulgarien und Österreich. In der Ukraine ist Habsburg Mehrheits-Gesellschafter<br />

der „Ad Venture Radio B.V.“, einer Holding, die das nationale Radionetzwerk „Kraina<br />

FM“ besitzt und betreibt. 2014 übernahm er ein bereits bestehendes Radionetzwerk und<br />

reorganisierte es als „Radio EC – the European Station“, das als Sprachrohr für europäische<br />

Nachrichten und Informationen für die ukrainische Öffentlichkeit fungierte. Im Jahre<br />

2017 erwarb das Radionetzwerk sechzehn zusätzliche Frequenzen von der Regierung.<br />

Ich tue hier etwas, was ich sonst nie tue. Ich<br />

bete jeden Tag dafür, dass ich unrecht habe.<br />

Normalerweise ist es andersherum. Aber<br />

in dem spezifischen Fall hoffe ich, dass ich<br />

unrecht habe.<br />

Aber das ist für uns kein Grund, die Flinte<br />

ins Korn zu werfen. Die Antwort darauf wird<br />

zweifellos eine sehr handfeste sein. Sie wird sicherlich<br />

nicht nuklear sein, sondern wird mit<br />

konventionellen Waffen erfolgen. Man kann<br />

nur hoffen, dass das Ganze nicht passiert.<br />

Die russische Führung besteht aus Bullys.<br />

Bullys setzen immer rote Linien. Wenn aber<br />

jemand kommt und sagt, diese rote Linie ist<br />

mir jetzt wurscht, dann redet man plötzlich<br />

nicht mehr darüber. Ein konkretes Beispiel:<br />

Wie oft hat Putin gesagt, in dem Augenblick,<br />

in dem die Kertsch-Brücke angegriffen wird,<br />

wird die rote Line überschritten, die Russland<br />

zwingt, Atomwaffen einzusetzen? Was ist<br />

passiert, als die Kertsch-Brücke angegriffen<br />

wurde? Die erste Reaktion war: Wer war das<br />

jetzt? Das könnte jemand von unserer eigenen<br />

Seite gewesen sein. Wir wissen es eigentlich<br />

nicht genau. Also untersuchen wird das<br />

einmal genau – und weg war die rote Linie.<br />

Wenn ein Bully eine rote Linie aufzeigt, muss<br />

man sofort betonen, dass diese rote Linie keine<br />

rote Linie ist, und sie überschreiten. Ein Bully<br />

zieht sich in dem Augenblick, in dem man die<br />

roten Linien überschreitet, zurück.<br />

Kann denn Putin über Nacht verschwinden?<br />

Es könnte passieren – könnte aber die<br />

Situation weiter verschärfen, wenn es zu<br />

einem Machtkampf unter den Hyperradikalen<br />

kommt. Man darf auch nicht vergessen,<br />

dass die Strukturen der Zivilgesellschaft in<br />

Russland durch das System Putin vernichtet<br />

Zurück nach Europa und zu den Sanktionen.<br />

Zufrieden mit der Politik?<br />

Nein. Zufrieden kann man nicht sein, soll<br />

man auch nicht sein. Aber es erstaunt mich<br />

doch, wie stark sich das Zusammengehörigkeitsgefühl<br />

durch den Einmarsch vom 24.<br />

Februar gesteigert hat. Wie stark der Zusammenhalt<br />

sowohl auf der EU- als auch auf der<br />

NATO-Seite ist. Keiner hat dies erwartet. Am<br />

wenigsten Putin selbst. Seine Annahme, dass<br />

es die EU oder die NATO oder beide nach dem<br />

Einmarsch in die Ukraine zerreißen wird, war<br />

eindeutig eine Fehleinschätzung.<br />

Genau das Gegenteil ist eingetreten. Das finde<br />

ich schon sehr positiv. Aber natürlich zeigt es<br />

auch die echten Schwachstellen der Europäischen<br />

Union auf, dass wir keine konsolidierte<br />

Außen- und Sicherheitspolitik haben. Das ist<br />

etwas, woran wir in der Zukunft wesentlich<br />

stärker arbeiten müssen. Wir brauchen im<br />

Bereich Außen- und Sicherheitspolitik eine<br />

echte europäische Linie.<br />

Es gibt zahlreiche humanitäre Hilfsaktionen<br />

für die Ukraine. Kommt die Hilfe auch<br />

richtig an?<br />

Ich würde nicht sagen, dass die Ukraine ein<br />

korruptionsfreies Land ist, so weit gehe ich<br />

garantiert nicht. Ich würde sagen, viel von der<br />

Hilfe kommt sehr gut und sehr richtig an. Also<br />

ich meine, es ist kein Spezialbereich, über den<br />

ich jetzt spezifisch weiß, wie es ist, aber ich<br />

sehe, dass sehr, sehr, sehr viel von der Hilfe<br />

auch gut und richtig ankommt. Also erstaunlich<br />

viel. Sicherlich nicht alles. Da muss man<br />

realistisch sein.<br />

Eine Frage, die sich stellt – ist die Frage wie ein<br />

Kriegsende aussehen muss. Für mich gehört<br />

die umfassende territoriale Wiederherstellung<br />

der Ukraine dazu.<br />

106 ImmoFokus


Also inklusive Donbas und Krim?<br />

Inklusive Donbas und Krim. Völlig klar,<br />

selbstverständlich. Ein Kriegsziel sollte auch<br />

ein Regime-Change in Russland sein. Also<br />

nicht das Ersetzen eines kriminellen Mafioso<br />

durch einen anderen. Das bringt nicht viel.<br />

Es muss zu einem echten Regime-Change<br />

kommen. Aber das dritte, das man nicht aus<br />

der Perspektive verlieren darf, sind die Reparationszahlungen.<br />

Diese haben mittlerweile<br />

ein absolut gigantisches Ausmaß erreicht.<br />

Da geht es um den Wiederaufbau der<br />

Infrastruktur, Entschädigung der Wirtschaft<br />

für Verdienstentgang aber auch um Kompensationszahlung<br />

an die Flüchtlinge.<br />

Kompensationszahlung an Flüchtlinge –<br />

wie könnte dies aussehen?<br />

Was bietet Russland einem ausländischen<br />

Söldner an, wenn er gewillt ist, in der<br />

Ukraine zu kämpfen? Der gegenwärtige Satz<br />

sind etwa 7000 Dollar im Monat, und im<br />

Todesfall 50.000 Dollar. Das wäre ein Satz,<br />

den wir anwenden sollten. Da sind wir bei<br />

der gegenwärtigen Situation bei rund 50, 60<br />

Milliarden Dollar. Das sind keine Peanuts,<br />

von denen wir hier reden. Russland wird<br />

dann halt 40, 50 Prozent des Einkommens<br />

aus Energie als Reparationszahlungen an<br />

die Ukraine zahlen müssen.<br />

Aber: Sind Reparationen sinnvoll. Hat uns<br />

nicht die Geschichte nach dem 1. Weltkrieg<br />

gelehrt, dass Reparationszahlungen<br />

die Basis für neue Kriege sein können?<br />

Ja, es gibt nun einmal geltende internationale<br />

Normen, die müssen eingehalten<br />

werden. Wer dagegen verstößt, und dieser<br />

Krieg ist ein ganz brutaler Verstoß dagegen,<br />

muss mit Sanktionen rechnen. Ein Verzicht<br />

auf Reparationen wäre eine Einladung für<br />

jeden anderen Despoten, es Putin gleich zu<br />

machen. Wir müssen aber gleichzeitig aus<br />

den Erfahrungen lernen und nicht wie nach<br />

dem Ersten Weltkrieg dem Revanchismus<br />

Nahrung geben, sondern eher das Ende<br />

des Zweiten Weltkrieges mit seinen umfassenden<br />

Programmen zur Schaffung eines<br />

demokratischen, rechtsstaatlichen Deutschlands.<br />

Ein reformiertes Russland sollte auch<br />

wieder seinen Platz in der internationalen<br />

Staatengemeinschaft finden.<br />

In Wirklichkeit bräuchte die Ukraine nach<br />

Kriegsende einen Marshall-Plan?<br />

Das sehe ich auch so. Wobei die Ukraine den<br />

riesigen Vorteil hat, dass einige Regionen bis<br />

jetzt von den Kriegshandlungen verschont<br />

geblieben sind. Andere Landesteile wurden<br />

hingegen bereits total zerstört.<br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

107


Positionen & Meinungen<br />

Das Gfrett mit dem<br />

Kondenswasser<br />

Entfeuchtung. Maximilian Gruber und Benedikt Goehmann haben mit ihrem Start-up abaton beim<br />

Pitch & Vote am Facility Management Day im Park Hyatt Vienna überzeugt. Ihr Produkt puffert die unbeliebte<br />

Feuchtigkeit von Kühlsystemen weg. Mit einer sehr simplen Lösung.<br />

Das Gespräch führte: Lisa Grüner<br />

Sie haben beim Pitch & Vote überzeugt<br />

und gewonnen. Warum?<br />

Maximilian Gruber: Wir lösen augenscheinlich<br />

ein sehr relevantes Problem: Wir reduzieren<br />

den Lüftungs- und vor allem den Entfeuchtungsaufwand.<br />

Das sind die versteckten<br />

Energiefresser bei der sonst sehr effizienten<br />

Flächenkühlung. In Zeiten, in denen Energie<br />

immer teurer und kostbarer wird, haben natürlich<br />

gerade die Menschen, die Gebäude betreiben,<br />

einen starken Fokus auf Effizienz.<br />

Benedikt Goehmann: Obendrauf kommt, dass<br />

wir der Flächenkühlung die gleiche Betriebssicherheit<br />

von Fancoils ermöglichen. Geht ein<br />

Fenster auf, gibt es kein Tauwasserproblem.<br />

Im Gegenteil, unsere HumidityBalance-<br />

Technologie puffert die Luftfeuchte weg. Die<br />

absurd energiehungrige Entfeuchtung der<br />

Zuluft muss eben nicht hochgefahren werden.<br />

Außerdem scheint es, dass wir dieses hochtechnische<br />

Problem doch recht gut aufbereitet<br />

haben.<br />

Welches Problem lösen Sie mit Ihrem<br />

Produkt?<br />

Bene: Wie schon angeschnitten, wir lösen das<br />

Tauwasserproblem von Flächenkühlungen.<br />

Also das Hauptproblem, warum die Flächenkühlung<br />

wartungs-, regelungs- und kostenintensive<br />

flankierende Systeme wie eine überdimensionierte<br />

Lüftung benötigt.<br />

Bene: Das Entfeuchten von Zuluft ist ja der<br />

Oberwahnsinn. Entfeuchten bedeutet nämlich,<br />

dass Luft extrem abgekühlt wird, um sie<br />

auszutrocknen. Bis auf 6 Grad Celsius runter.<br />

Und dann wird diese kalte Luft wieder aufgeheizt,<br />

weil es unangenehm wäre, sie so kalt<br />

einzublasen.<br />

Max: Es ist ja fast schon schizophren: Wir<br />

bauen uns mit der Flächenkühlung ein extrem<br />

effizientes Energiesystem ein, um dann mit der<br />

Entfeuchtung der Luft diesen Effizienzgewinn<br />

wieder zu verschenken.<br />

Bene: Ging halt bisher nicht anders. Und genau<br />

das lösen wir!<br />

Fotos: Jana Madzigon FMA<br />

108 ImmoFokus


die Kühlmitteltemperatur im zentralen Lüftungsregister<br />

kann erhöht werden. Außerdem<br />

fallen störungsanfällige Teile wie Taupunktwächter<br />

weg. Und das alles bei quasi absoluter<br />

Ausfallsicherheit, etwas, was Flächenkühlungen<br />

bisher ohne Lüftung nicht geschafft haben.<br />

Max: Das reduziert also auch den Aufwand im<br />

Beschwerdemanagement deutlich: keine Zugluft,<br />

keine Taupunktwächter, keine Probleme<br />

mit geöffneten Fenstern, keine Geräusche,<br />

keine komplexe Regelung. Das System verzeiht.<br />

Feuchtespitzen werden einfach weggepuffert.<br />

Und zwar automatisch durch physikalische<br />

Prozesse ohne Regelungsaufwand. Für<br />

Nutzer wie Facility Manager ein Traum. Und<br />

das Ganze zu gleichpreisigen Errichtungskosten<br />

wie konventionelle Kühldecken.<br />

„Wir lösen das Tauwasserproblem<br />

von Flächenkühlungen.“<br />

Benedikt Goehmann,<br />

abaton<br />

Wie wird es konkret eingesetzt? Kann es<br />

in bestehende Systeme integriert werden?<br />

Wenn ja, wie?<br />

Max: Unser abaton paneel wird im Endeffekt<br />

wie eine Trockenbauplatte auf konventionelle<br />

Unterkonstruktionen verschraubt.<br />

Bene: Das Paneel eignet sich perfekt für die<br />

Sanierung, speziell im Büro- und Zinshausbereich.<br />

In Büros kann unsere Technologie sehr<br />

zeitsparend als Kühlsegel montiert werden<br />

und an bestehende Kühlwasserkreisläufe angeschlossen<br />

werden.<br />

Wie kam es zur Idee?<br />

Max: Wir sind ein Spin-off aus zwei Ingenieurbüros.<br />

TB Obkircher und TB Käferhaus aus<br />

Wien. In unserem planerischen Alltag kam das<br />

Tauwasserproblem so oft vor, dass wir uns die<br />

Lösung quasi in-house entwickelt haben.<br />

Bene: Wir haben uns dann ein bisschen von<br />

Feuchtmauerputzen inspirieren lassen. Dort<br />

wird seit Jahrzehnten bewährt mithilfe von Porenstrukturen<br />

auf Tauwasserbildung reagiert.<br />

Wir haben also einen Werkstoff entwickelt, der<br />

eine auf den Kühlfall optimierte Porenstruktur<br />

aufweist.<br />

Max: In diesen Werkstoff sind die Kühlrohre<br />

eingebettet. Die Poren verschieben die Kondensationsebene<br />

ins Innere des Bauteils.<br />

Kommt es zur Kondensation, bleibt die Oberfläche<br />

trocken, und die Luftfeuchtigkeit wird<br />

hygienisch gepuffert.<br />

Bene: Eine weitere Besonderheit der Porenstruktur:<br />

Die Feuchtigkeit kann auch wieder<br />

extrem schnell an die Umgebung abgegeben<br />

werden. Das unterscheidet sie letztendlich von<br />

einem Schwamm, der zwar gut aufnehmen,<br />

aber schlecht abgeben kann. Bei uns sind beide<br />

Richtungen etwa gleich flink. Und natürlich ist<br />

das Ganze patentiert.<br />

Warum sollte man Ihr Produkt kaufen?<br />

Wie unterscheidet es sich von anderen?<br />

Bene: Wir ermöglichen die komfortable und<br />

energiesparende Flächenkühlung in Bereichen,<br />

wo sie bisher nicht möglich war. Und<br />

dort, wo sie bereits möglich war, machen wir<br />

sie deutlich effizienter.<br />

Bene: Wir ermöglichen Effizienzgewinne nicht<br />

nur im Betrieb, sondern auch in der Anschaffung.<br />

Zum Beispiel Reduktion von Lüftungsdimensionen<br />

oder unterstützende Systeme. Auch<br />

Max: Aber auch Neubau ist möglich. Wir bieten<br />

umfassende Planungsunterstützung an<br />

und steigen sehr gerne auch schon früh in der<br />

Planungsphase mit ein.<br />

Wie steht es um die Akustik?<br />

Bene: Unser Material absorbiert durch die poröse<br />

Struktur niedere Frequenzen recht gut.<br />

Für die hohen Frequenzen werden die Paneele<br />

entweder als Akustik-Klimasegel mit rückseitiger<br />

Filzauflage verbaut. Oder die Restflächen<br />

werden mit akustisch wirksamen Materialien<br />

eingefasst.<br />

Wie steht es um die Nachhaltigkeit?<br />

Sind die Komponenten austausch- bzw.<br />

recycelbar?<br />

Bene: Nachhaltigkeit war und ist ein leitendes<br />

Entwicklungsziel. Unser abaton paneel verzichtet<br />

auf schwer trennbare Verbundwerkstoffe.<br />

Es ist demontierbar, wiederverwendbar,<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

109


Positionen & Meinungen<br />

„Menschen, die Gebäude betreiben,<br />

müssen jetzt einen starken Fokus<br />

auf Effizienz haben.“<br />

Maximilian Gruber,<br />

abaton<br />

Wo wollen Sie in drei Jahren mit dem<br />

Start-up stehen?<br />

Max: Wenn alles nach Plan läuft, mit je einem<br />

vollautomatisierten Produktionsstandort in<br />

mindestens zwei EU-Ländern. Und in der Ingenieurszene<br />

anerkanntes Puzzlestück für die<br />

Lösung der Energie- und Klimakrise sein.<br />

Welches Weiterentwicklungspotenzial hat<br />

das Produkt bzw. das Start-up?<br />

Max: Wir entwickeln gerade Fertigteildecken<br />

mit werksseitig integrierter abaton Humdity-<br />

Balance. Quasi Fertigteildecken mit oberflächennaher<br />

Betonkernaktivierung und Feuchtigkeitsregulierung.<br />

aber auch sehr leicht sortenrein zu trennen<br />

und damit voll recycelbar.<br />

Max: Außerdem verursachen wir in der Produktion<br />

etwas nur 50 Prozent der Treibhausgasemissionen<br />

verglichen mit konventionellen<br />

Deckensystemen. Der Grund ist, dass hochwertige,<br />

konventionelle Kühldecken einen hohen<br />

Metalleinsatz aufweisen. Dies ist extrem energie-<br />

und CO2-intensiv.<br />

Warum haben Sie sich als Partner zusammengetan?<br />

Wer bringt welche Stärken ein?<br />

Max: Ich bin Planer und Techniker. Bene ist<br />

Volkswirt und Statistiker. Es ist immer wieder<br />

erfrischend zu sehen, wie gut wir uns ergänzen.<br />

Kennengelernt haben wir uns im Planungsbüro<br />

TB Obkircher, wo Bene Forschungsleiter<br />

und ich Projektleiter war. Befreundet waren<br />

wir schon vor der Firmengründung.<br />

Für welche Zielgruppe ist das Produkt<br />

interessant bzw. wen wollen Sie vermehrt<br />

ansprechen?<br />

Max: Unser abaton paneel richtet sich vor<br />

allem an den Bürobau, öffentlichen Bau und<br />

hochwertigen Bürobau. Preissensible Projekte<br />

werden in sechs Monaten die Betonkernaktivierung<br />

bedienen können. Das erste Pilotprojekt<br />

läuft hier bereits.<br />

Bene: Extrem relevant ist unser Produkt für<br />

alle, die gerade den Bau oder die Sanierung<br />

eines Bürogebäudes planen.<br />

110 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Andreas Köttl ist CEO der Value One, Präsident der<br />

Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft<br />

(ÖGNI) und Vize-Präsident der Vereinigung<br />

Österreichischer Projektentwickler (VÖPE).<br />

Stadtentwicklung digitaler denken<br />

Kommentar: Andreas Köttl<br />

Im urbanen Raum stehen wir vor großen Herausforderungen – qualitativ<br />

hochwertige Wohn- und Gewerbeimmobilien der Zukunft werden<br />

durch zahlreiche neue Parameter mitdefiniert und nicht mehr nur<br />

durch das Credo „Lage, Lage und Lage“. Und ja: Konzepte wie Carsharing<br />

und E-Mobility-Infrastruktur stehen ganz oben auf der Agenda, aber<br />

wir müssen hier sogar noch ganzheitlicher denken und Immobilien in<br />

ihrer Gesamtheit unter die Lupe nehmen, beginnend mit einer Lebenszyklus-Konzeption<br />

über die Umsetzung und die Errichtung – Stichwort<br />

ressourceneffizientes Bauen sowie Bauökologie – bis hin zum Thema<br />

Wertbeständigkeit. Im Idealfall sollen ja künftige Generationen die jetzt<br />

errichteten Wohn-, Arbeits- und Lebensräume weiter nutzen und sich<br />

dort wohlfühlen. Eine Immobilie muss künftig also auf die unterschiedlichsten<br />

Bedürfnisse einer heterogenen Gesellschaft zugeschnitten sein.<br />

Vernetzung<br />

Aber was in den vergangenen Jahren besonders an Bedeutung gewonnen<br />

hat, ist die Vernetzung all dieser Komponenten. Der Lebensraum der<br />

Zukunft ist digitaler denn je – und wir stehen jetzt erst am Anfang einer<br />

Entwicklung. In den vergangenen Jahren hat sich klar gezeigt, dass gerade<br />

Wohnraumnutzer all jene Convenience-Lösungen vermehrt nachfragen,<br />

die den Alltag vereinfachen. Und hier liegt auch unser Auftrag:<br />

Wir müssen digitale Lösungen so auf den Endverbraucher zuschneiden,<br />

dass die Usability von Anfang an gegeben und bestmöglich skalierbar ist.<br />

Aber auch für die Projektentwicklerseite sowie für den Verwaltungsbereich<br />

haben wir mit digitalen Tools ein Rüstzeug am Start, mit dem wir<br />

eine neue Ära einleiten können und auch müssen. Denn gerade die Bauund<br />

Immobilienbranche muss sich der eigenen Verantwortung und dem<br />

Thema Dekarbonisierung stellen. Genau hier stellen Vernetzung und Digitalisierung<br />

einen neuen, essenziellen Zugang dar, um dem künftigen<br />

Green-Building-Anspruch gerecht zu werden.<br />

Best-Practice<br />

Aktuelle Best-Practice-Beispiele wie das Viertel Zwei in Wien machen<br />

eindrucksvoll vor, wie Immobilien von morgen funktionieren können.<br />

Zusammengefasst müssen Projektentwickler auf „zahlreichen Hochzeiten“<br />

tanzen und mehrdimensional sowie vor allem digital denken. Aber<br />

genau diesen Herausforderungen stellen wir uns gerne und investieren<br />

stärker denn je in ganzheitliche Konzepte sowie in digitale Perspektiven,<br />

die sich schlussendlich in den Projekten zur einer Erfolgsstory verbinden<br />

und Immobilien-Werte für Generationen schaffen.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

111


Zum Autor<br />

Klaus Baringer ist Obmann des Verbandes<br />

gemeinnütziger Bauvereinigungen.<br />

Es braucht durchdachte Wohnanlagen<br />

Kommentar: Klaus Baringer<br />

Sie funktioniert in Österreich, sie funktioniert in Wien und sie funktioniert<br />

vor allem im sozialen Wohnbau.<br />

Soziale Durchmischung<br />

Damit soziale Durchmischung stattfindet, braucht es durchdachte<br />

Wohnanlagen, in denen Singles in kleinen Wohnungen neben Großfamilien<br />

mit Fünf-Zimmer-Wohnungen leben können – Wohnanlagen,<br />

in denen Menschen mit körperlichen Einschränkungen ebenso<br />

leistbaren Wohnraum finden wie Seniorinnen oder kinderlose Paare.<br />

Bei den Wohnanlagen, die die 184 gemeinnützigen Bauvereinigungen<br />

jährlich errichten, ist das der Fall, während es im privaten Sektor oft<br />

nicht so ist. Eine neue Studie der Arbeiterkammer Wien hat sich die<br />

Qualität der freifinanzierten Objekte näher angesehen. Wenn es Objekte<br />

gibt, in denen über 90 Prozent der Wohnungen Zwei-Zimmer-<br />

Wohnungen sind, in denen es kaum Raum für spezielle Bedürfnisse<br />

gibt, kann soziale Durchmischung nicht funktionieren. GBV-Wohnanlagen<br />

zeichnen sich im Gegenzug dazu durch Freiflächen, Gemeinschaftsräume<br />

und gemischte Wohnungsgrößen aus. So kommt<br />

es dann, dass auf den Hausspielplätzen der Sohn der Ärztin mit der<br />

Enkelin des Mindestpensionisten spielt.<br />

Eine der wichtigsten Aufgaben von Stadtplanung ist es, eine lebenswerte<br />

Stadt zu schaffen und zu erhalten. Dazu müssen viele<br />

Teilbereiche mitbedacht werden: öffentlicher Verkehr, soziale Infrastruktur<br />

von Kindergarten bis Altersheim, medizinische Versorgung<br />

und Grünraum. Aber auch gesellschaftspolitische Fragestellungen<br />

müssen beachtet werden. Denn ein wichtiger Punkt, an dem sich die<br />

Lebensqualität einer Stadt zeigt, ist ihr soziales Gefüge. Dieses manifestiert<br />

sich unter anderem bei der sozialen Durchmischung. Sie ist die<br />

Antithese zu den Ghettobildungen, die es auch in einigen mitteleuropäischen<br />

Städten gibt. Soziale Durchmischung muss in einer Stadt, in<br />

einem Bezirk oder Grätzel stattfinden. Sie muss aber auch auf Ebene<br />

der Wohnhausanlage funktionieren. Und das ist in Österreich der Fall:<br />

Man kennt die Folgen<br />

Welche Folgen es für ein Quartier, einen Bezirk, eine Stadt haben<br />

kann, wenn soziale Durchmischung nicht funktioniert, kann man beispielsweise<br />

in Lyon sehen. Dem Bezirk La Duchère in Lyon mangelte<br />

es seit den 1970ern an sozialer Durchmischung. Wer konnte, zog weg,<br />

die, die blieben, waren stigmatisiert und sozialer Aufstieg war fast<br />

unmöglich. Seit nunmehr 20 Jahren wird diese Gegend erfolgreich<br />

umgebaut, Wohnblocks wurden abgerissen, über 1800 Wohnungen<br />

aufgelöst beziehungsweise umgestaltet, kulturelle und soziale Infrastruktur<br />

neu geschaffen. Kosten: fast eine Milliarde Euro. Kosten, die<br />

wir uns in Österreich, in Wien, ersparen. Weil soziale Durchmischung<br />

im sozialen Wohnbau stattfindet.<br />

Fotos: Weinwurm, Adobe Stock<br />

112 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Karina Schunker startete ihre Karriere in der EHL-Gruppe im<br />

Vertrieb von Miet- und Eigentumswohnungen. 2019 wurde<br />

ihr für EHL Wohnen die Prokura verliehen. Seit 2021 ist sie<br />

Geschäftsführerin von EHL Wohnen.<br />

Durch umweltfreundliche Mobilitätskonzepte<br />

zur grünen Stadt<br />

Kommentar: Karina Schunker<br />

Eine Investition gilt im Sinne der EU-Taxonomie unter anderem als<br />

nachhaltig, wenn sie das Kriterium der Vermeidung und Verminderung<br />

der Umweltverschmutzung erfüllt. Neue Mobilitätskonzepte, in die<br />

Wohnbauprojekte miteingebunden werden, spielen hierbei eine große<br />

Rolle. Sieht man sich die Entwicklungen der demografischen Daten<br />

in Bezug auf die Bevölkerungs- und<br />

Haushaltsstrukturen näher an, geht<br />

hervor, dass besonders in urbanen Gebieten<br />

mit gut ausgebauter Infrastruktur<br />

die Zahl der autofreien Haushalte<br />

immer mehr zunehmen wird. Durch<br />

Kundenbefragungen, die wir als EHL<br />

im Zuge von Wohnungsbesichtigungen<br />

durchführen, stellt sich heraus,<br />

dass der Fokus verstärkt auf attraktive,<br />

kostengünstige und vor allem umweltfreundliche<br />

Fortbewegungsmittel<br />

gesetzt wird, wie beispielweise öffentliche<br />

Verkehrsmittel, Fahrräder oder<br />

Carsharing. Voraussetzung dafür ist,<br />

dass genügend Angebot sowie ein dafür<br />

passender Rahmen geschaffen werden,<br />

im Sinne einer gut durchdachten<br />

und nachhaltigen Mobilitätsstrategie.<br />

Innovative Siedlungskonzepte<br />

Um entsprechende Anreize zu schaffen, sind vor allem Stadt- und<br />

Raumplaner gefragt, innovative Siedlungskonzepte in kompakter Form<br />

und gemischter Nutzung zu entwickeln. Denn je besser und dichter<br />

die Infrastruktur innerhalb der Grätzl und Quartiere mitgeplant und<br />

-gestaltet wird, desto weniger relevant wird die Notwendigkeit der täglichen<br />

Nutzung des eigenen Autos und alternative Fortbewegungsmittel<br />

treten vermehrt in den Vordergrund. Durch Nutzungsmischungen der<br />

Immobilien und Erschließungsflächen im direkten Umfeld können<br />

die Versorgungswege des täglichen Bedarfs verkürzt und damit öfter<br />

zu Fuß oder mit dem Fahrrad erledigt werden. Dies hilft nicht nur der<br />

Umwelt, sondern schafft auch für die Menschen eine höhere Lebensqualität.<br />

Lärm- und Abgasbelastungen werden gesenkt und die Straßen<br />

mit Passanten belebt. Ergänzend dazu, sollte<br />

zwischenzeitlich trotzdem ein individuelles<br />

Transportmittel benötigt werden, können<br />

multimodale, individualisierte Mobilitätsangebote<br />

wie Carsharing, E-Leihräder, Transporträder<br />

oder Fahrgemeinschaften optimale<br />

Abhilfe schaffen.<br />

Viele Vorteile<br />

Diese Maßnahmen tragen nicht nur dazu bei,<br />

dass die Kosten für ein eigenes Fahrzeug eingespart<br />

werden, sie führen auch zwangsläufig<br />

zu einer Reduzierung der Gesamtzahl der Autos<br />

und des CO2-Ausstoßes. Darüber hinaus<br />

wird der öffentliche Raum für die Gesellschaft<br />

vergrößert und damit mehr Grünflächen,<br />

Parkanlagen sowie Orte der Begegnung geschaffen.<br />

Die Zahl der benötigten Stellplätze<br />

je Wohnbauprojekt würde sich zudem reduzieren,<br />

was auch eine Reduzierung der Gesamterrichtungskosten<br />

mit sich bringt, da der Kostenanteil einer Tiefgarage<br />

für eine durchschnittliche Wohnanlage derzeit bei circa elf Prozent liegt.<br />

Alles in allem ist ein innovatives Mobilitätskonzept im Wohnbau eine<br />

Grundvoraussetzung, um das Thema Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche<br />

mit den wichtigsten Kriterien Environment, Social und Governance<br />

weiter voranbringen und umsetzen zu können und damit grüne<br />

Städte zu schaffen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

113


Zum Autor<br />

ÖVI Präsident Georg Flödl ist geschäftsführender Partner<br />

von Funk Immobilien, seit langem in unterschiedlichen<br />

Funktionen in der Immobilienbranche tätig und<br />

Mitbegründer der ÖVI Young Professionals.<br />

Nachhaltig in unsicheren Zeiten<br />

Kommentar: Georg Flödl<br />

Energie- und Nachhaltigkeitsthemen<br />

haben aufgrund des<br />

Ukraine-Krieges einen bislang<br />

unerreichten Aufschwung erfahren.<br />

Die Anfragen von Wohnungseigentümern<br />

und Mietern<br />

zeigen deutlich die Verunsicherung<br />

und das große Interesse in<br />

der breiten Bevölkerung. Dass<br />

auch die Immobilienbranche<br />

stark gefordert ist, ihren Beitrag<br />

zu leisten, ist unbestritten.<br />

Dennoch, der vorrangige Aktionismus,<br />

der auch in der Bundesregierung<br />

wahrzunehmen<br />

ist (Stichwort „Klimabonus für<br />

alle“), sollte einer nüchternen<br />

Analyse Platz machen. Fragen<br />

der Energieversorgung werden<br />

mit dem Wechsel der Energieträger<br />

vermengt, Klimaaktivitäten mit Arbeitsplatzängsten bekämpft,<br />

absehbare Wohlstandsverringerung und Bequemlichkeitsfaktoren<br />

mit gewerkschaftlichen Maßnahmen beantwortet. Das wird uns nicht<br />

wirklich weiter bringen.<br />

Ohne Kommunikation geht es nicht<br />

Wie kann der Beitrag der Immobilienwirtschaft aussehen? Wichtig<br />

wird es sein, offen und ehrlich mit Strukturproblemen umzugehen.<br />

Die Frage der Bodenversiegelung, die Verödung der Ortskerne und<br />

die Problematik „Abriss-Neubau“ sind nur einige der existenziellen<br />

Themen, die sich hier auftun. Als vor kurzem der Sozialminister dazu<br />

aufgerufen hat, die Kompetenz der Gemeinden hinsichtlich Flächenwidmung<br />

zu hinterfragen, war sofort eine breite Abwehr von allen<br />

möglichen Stakeholdern zu<br />

vernehmen. Hier geht es um<br />

massive wirtschaftliche Interessen<br />

und nicht zuletzt um die<br />

Wählerbindung der Politiker<br />

auf persönlichster Ebene. Die<br />

Vehemenz der Ablehnung ist<br />

daher verständlich und erwartbar,<br />

sie ist aber zu kurz gegriffen.<br />

Die Verantwortung der Gesellschaft<br />

sollte uns allen so viel<br />

wert sein, dass wir nicht nur in<br />

Wahlperioden denken, sondern<br />

generationenübergreifend.<br />

Themen gehören diskutiert<br />

Der ÖVI beschäftigt sich in verschiedensten<br />

Veranstaltungsformaten<br />

mit diesen Themenbereichen.<br />

Nach zwei Jahren im<br />

Online-Format fand kürzlich der fünfte ÖVI-Stadtentwicklungstag<br />

endlich wieder in Präsenz in der voll besetzten Grand Hall des Erste<br />

Campus statt. Schwerpunkte waren Diskussion dazu, wie der Gebäudebestand,<br />

aber auch die Bestandsstadt insgesamt nachhaltig weiterentwickelt<br />

werden können. Impulsreferate und durchaus kontroverse<br />

Podiumsdiskussionen behandelten den Masterplan Gründerzeit,<br />

effizientere Verfahren sowie die vielfältigen Aspekte einer Abwägung<br />

zwischen Bewahren und Entwickeln. Dass mietrechtliche Schutzbedürfnisse<br />

nicht über die Bauordnung der Bundesländer durchgesetzt<br />

werden sollten, war nur eine der Erkenntnisse dieses wertvollen Dialogs.<br />

Der ÖVI als Stimme der Immobilienwirtschaft sieht es als eine<br />

seiner Kernaufgaben, Daten, Fakten und Expertise in den gesamtwirtschaftlichen<br />

Entwicklungsprozess einzubringen.<br />

Fotos: Stephan Huger, Adobe Stock<br />

114 ImmoFokus


WELTPREMIERE VON KONE -<br />

DER ERSTE CO 2 -NEUTRALE AUFZUG<br />

Ein großer Schritt für mehr Nachhaltigkeit: Nach der ersten CO 2 -neutralen Aufzugswartung<br />

kommt jetzt der erste vollständig CO 2 -neutrale Aufzug – von den Materialien über Herstellung<br />

und Montage bis zur Wartung werden Emissionen reduziert oder kompensiert.<br />

www.kone.at


Zum Autor<br />

Sebastian Beiglböck ist Geschäftsführer der Vereinigung<br />

der gewerblichen Projektentwickler in Österreich.<br />

(VÖPE).<br />

Umweltverträglichkeit<br />

für Stadtentwicklungsprojekte<br />

Kommentar: Sebastian Beiglböck<br />

Große Stadtentwicklungsprojekte erfordern aufwändige Verfahren.<br />

Doch es sind nicht nur Widmungs- und Baubewilligungsverfahren notwendig,<br />

auch Umweltverträglichkeitsprüfungen nach dem „Tatbestand<br />

Städtebauvorhaben“ werden durch die momentan in der Pipeline befindliche<br />

Novelle des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes (UVP-G)<br />

voraussichtlich häufiger zur Anwendung kommen. Diese sind wegen<br />

der manchmal langen Verfahrensdauer berüchtigt.<br />

Verbesserungen<br />

Durch niedrigere Schwellenwerte werden demnach künftig zwar mehr<br />

Entwicklungen geprüft werden, durch den Einsatz der „Einzelfallprüfung“<br />

werden diese allerdings<br />

vereinfacht und es wird Rechtssicherheit<br />

in einem frühen Stadium<br />

der Entwicklung geschaffen.<br />

Eine langjährige Forderung<br />

der VÖPE wird damit erfüllt. Als<br />

Kriterien werden künftig ausschließlich<br />

Flächeninanspruchnahme<br />

und Bruttogeschossfläche<br />

festgelegt – schwammige<br />

Kriterien wie Multifunktionalität<br />

und „Magnetwirkung“, die in<br />

der Vergangenheit zu unbefriedigenden<br />

Ergebnissen führten,<br />

entfallen erfreulicherweise.<br />

Neuerschließung<br />

Künftig werden nur mehr Städtebauvorhaben<br />

UVP-pflichtig<br />

sein, die mit einer „Neuerschließung“<br />

einhergehen.<br />

Allerdings ist die „Neuerschließung“<br />

im Gesetzesentwurf nicht ausreichend definiert. Unserem<br />

Verständnis nach ist damit eine Entwicklung „auf der grünen Wiese“<br />

gemeint, also auf einem bisher nicht versiegelten und nicht mit Infrastruktur<br />

erschlossenem Gebiet. Entwicklungen, die auf zumindest<br />

teilweise versiegeltem und mit Infrastruktur erschlossenem Gebiet<br />

geplant sind, beispielweise auf Konversionsflächen, sollten im Sinne<br />

eines Anreizes zur Eindämmung des Flächenneuverbrauchs und des<br />

Bodenschutzes explizit von einer UVP-Pflicht ausgenommen sein,<br />

oder zumindest erst ab höheren Schwellenwerten UVP-pflichtig<br />

sein. Ebenso sollten Projekte der Innenverdichtung des bestehenden<br />

Siedlungsgebietes bevorzugt behandelt werden, da die Alternative<br />

in der Regel eine unkontrollierte<br />

Außenentwicklung ist.<br />

Solche Alternativen müssen<br />

bereits im Vorfeld – in der Regel<br />

von Gebietskörperschaften<br />

– definiert und geprüft werden,<br />

meist in Form einer strategischen<br />

Umweltprüfung, auf die<br />

die UVP aufbauen muss.<br />

Immer mehr Entwickler, zum<br />

Beispiel unsere Mitglieder value<br />

one und UBM, fokussieren sich<br />

im Sinne ihrer Nachhaltigkeitsziele<br />

künftig auf die Entwicklung<br />

von bereits erschlossenen und<br />

versiegelten Flächen, um Neuversiegelung<br />

hintanzuhalten.<br />

Jede Möglichkeit des regulatorischen<br />

Anreizes sollte genutzt<br />

werden, so dass ihnen weitere<br />

folgen. Das UVP-G ist eine davon.<br />

Fotos: Alba Communications, Stephan Huger, Adobe Stock<br />

116 ImmoFokus


SCAN ME


ImFokus<br />

Branche im Umbruch<br />

Die Bilanz der Expo Real <strong>2022</strong> kann sich sehen lassen. 1.887 Austeller und fast 40.000 Besucher aus 73<br />

Ländern besuchten zwischen 4. und 6. Oktober die größte europäische Fachmesse für Immobilien und<br />

Investitionen. Damit konnte nahezu das Niveau von 2019 – 2021 war ja ein Pandemie-bedingtes Ausnahmejahr –<br />

erreicht werden, als 46.747 Besucher gezählt wurden.<br />

Autor: Patrick Baldia<br />

A<br />

ngefangen mit hoher Inflation<br />

und Energiepreisen, über Zinsanstiege<br />

bis hin zum Ukrainekrieg<br />

– tat-sächlich war die Liste an<br />

Herausforderungen schon einmal kürzer als<br />

heuer. Noch dazu war davor das Umfeld für die<br />

Immobilienwirtschaft viele Jahre lang mit niedrigen<br />

Zinsen und starker Nachfrage nach „Betongold“<br />

nahezu ideal gewesen.<br />

Das beherrschende Top-Thema bei der diesjährigen<br />

Expo Real war jedenfalls die Inflation, die,<br />

so Investmentmakler Markus Arnold (Arnold<br />

Immobilien), weiterhin für gute Nachfrage<br />

sorgt. „Solide Immobilien sind ein wirksamer<br />

Inflationsschutz“, so sein Resümee nach zahlreichen<br />

Investorengesprächen.<br />

Suche nach Core-Produkten<br />

Hoch war das Interesse vor allem an Core-<br />

Produkten, speziell in den Segmenten Wohnen<br />

und Büro. Aufgrund der guten Nachfrage dürften<br />

in diesen Assetklassen aller Voraussicht<br />

nach, die Preise weiterhin stabil bleiben. „Immobilien<br />

mit einem langfristigen Cashflow bieten<br />

in unruhigen Zeiten einen sicheren Hafen“,<br />

bringt Arnold den Hintergrund auf den Punkt.<br />

Überraschend großer Beliebtheit erfreut sich<br />

seiner Einschätzung nach auch die Assetklasse<br />

Hospitality. Dort habe das Investitionsvolumen<br />

in Österreich im Vorjahr mit etwas mehr<br />

als 550 Millionen Euro erstmals das Niveau des<br />

Fünfjah-resschnittes erreicht.<br />

Weniger Transaktionen<br />

Sprach man Investoren auf ihre Einschätzung<br />

der Lage beziehungsweise der Stimmung an,<br />

so war in der Regel dasselbe zu hören: Als Folge<br />

der Markbedingungen würde es weniger Im-<br />

118 ImmoFokus


mobilientransaktionen und nur sehr gezielte<br />

An- und Verkäufe geben. Laut S Immo-Vorstand<br />

Herwig Teufelsdorfer wären vor allem<br />

institutionelle Investoren zurückhaltend. „Opportunitätsgetriebene<br />

und Langzeitinvestoren<br />

sind dagegen sehr umtriebing“, sagt er.<br />

Zweifellos gehörten bei der Expo Real aber<br />

auch ESG und die EU-Taxonomie zu den dominierenden<br />

Themen. So wurde unter anderem<br />

über grüne Finanzierungen, nachhaltige<br />

Logistik, die 15-Minuten-Stadt sowie die Rolle<br />

von Lösungen von Prop-Techs in diesem Zusammenhang<br />

diskutiert.<br />

Wichtige Orientierungshilfe<br />

Wie geht es angesichts der vielen Fragezeichen<br />

weiter? Der wirtschaftliche Ausblick<br />

des Chefvolkswirten der Commerzbank, Jörg<br />

Krämer, fällt jedenfalls nicht ganz so schlecht<br />

aus: Er erwartet auf viele Jahre eine Inflation<br />

von weit über zwei Prozent, einen Leitzinsanstieg<br />

auf historische betrachtet moderate<br />

drei Prozent, eine Rezession – aber keinen<br />

Einbruch beim Arbeitsmarkt angesichts des<br />

Arbeitskräftemangels und des demographischen<br />

Wandels, so dass die Nachfrage zum<br />

Beispiel bei Wohnimmobilien bleiben wird.<br />

„Immobilien mit einem<br />

langfristigen Cash-flow<br />

bieten in unruhigen Zeiten<br />

einen sicheren Hafen.“<br />

Markus Arnold,<br />

Arnold Immobilien<br />

„Vor der Kulisse der vielfältigen Umbrüche hat<br />

die Expo Real <strong>2022</strong> wichtige Orientierungshilfe<br />

und ein gutes Sentiment geliefert, wo in den<br />

nächsten sechs bis neun Monaten Abwarten<br />

oder doch eher das sehr gezielte Ausnutzen<br />

von Marktchancen die klügere Strategie sein<br />

wird“, so Fabian Hellbusch, Leiter Marketing<br />

Kommunikation von Union Investment. „Wir<br />

gehen für die Immobilienbranche von einer<br />

komplexen Dynamik aus, die sowohl Chancen<br />

als auch Risiken birgt“, wagt auch Karin Fuhrmann,<br />

Immobilien-Expertin und Mitglied des<br />

TPA-Management Teams, einen Blick in die<br />

Glaskugel.<br />

Abwarten<br />

„Abwarten wird in den kommenden Monaten<br />

auf Grund der vielen Unwägbarkeiten zur<br />

präferierten Strategie der Investoren“, fasst<br />

Michael Ehlmaier, Geschäftsführender Gesellschafter<br />

von EHL Immobilien, die aktuelle Situation<br />

zusammen. „Der Herausforderung durch<br />

die die steigenden Zinsen stehen positive Faktoren<br />

wie die auf Grund der Inflationsentwicklung<br />

stark gestiegenen Mieten gegenüber, von<br />

denen Immobilien noch mehr als alle anderen<br />

Sachwerte profitieren. Insbesondere für langfristig<br />

orientierte und solide finanzierte Inves-<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

119


ImFokus<br />

toren bietet die Gesamtsituation daher auch<br />

interessante Perspektiven. Daher sind ESGkonforme<br />

Objekte in sehr guten Lagen und<br />

mit möglichst langfristig gesicherten Erträgen<br />

weiterhin sehr stark gefragt. Der Großteil unserer<br />

internationalen Gesprächspartner sieht<br />

daher mittelfristig mehr Chancen als Risiken<br />

für die Immobilienmärkte. Die Unwägbarkeiten<br />

der nächsten Monate bewirken aber, dass<br />

Entscheidungsprozesse derzeit überwiegend<br />

länger dauern. Das Motto lautet, „im Zweifel<br />

eher etwas abwarten als etwas übers Knie zu<br />

brechen.“<br />

An ESG führt kein Weg mehr vorbei<br />

Neben der aktuellen gesamtwirtschaftlichen<br />

Entwicklung sind Nachhaltigkeitsfragen heuer<br />

das große Thema für Investoren auf der Expo:<br />

„Immobilieninvestitionen sind ihrer Natur<br />

nach langfristig, daher darf und kann das aktuell<br />

herausfordernde Umfeld nicht dazu führen,<br />

dass wichtige strategische Maßnahmen<br />

in Richtung Nachhaltigkeit nicht konsequent<br />

vorangetrieben werden. Dies gilt sowohl auf<br />

Unternehmens- als auch Immobilienebene“,<br />

so Franz Pöltl, Geschäftsführer der EHL Investment.<br />

„Die EU-Taxonomie, genauso sehr wie<br />

„Das Marktgeschehen<br />

hat sich deutlich<br />

verlangsamt.<br />

Ein Repricing wird<br />

stattfinden müssen.“<br />

Thomas Belina,<br />

Colliers Austria<br />

der steigende Druck seitens internationaler<br />

Mieter, die ebenfalls Nachhaltigkeitsziele zu<br />

erreichen haben, machen es für Investoren<br />

unverzichtbar, Nachhaltigkeitsaspekten einen<br />

äußerst hohen Stellenwert einzuräumen:<br />

Ob-jekte, die ESG-Vorgaben nicht erfüllen,<br />

werden immer schwerer finanzier-, vermietund<br />

veräußerbar. Für Investoren ist es daher<br />

unabdingbar, möglichst nachhaltig zu agieren,<br />

wobei neben der ökologischen immer mehr<br />

auch die soziale Nachhaltigkeit ins Blickfeld<br />

rückt. Auch im Hinblick auf die Bindung von<br />

qualifizierten Mitarbeitern im Rahmen des<br />

„war for talents“ wird es immer wichtiger, eine<br />

gesunde, motivierende und inspirierende Arbeitsumgebung<br />

zu schaffen.“<br />

Office: Neuflächenproduktion bleibt<br />

auf niedrigem Niveau<br />

„Wir beobachten derzeit eine verhaltene<br />

Neubautätigkeit“ berichtet Stefan Wernhart,<br />

Geschäftsführer der EHL Gewerbeimmobilien<br />

GmbH: „Der Investorenfokus auf Wohn-bau<br />

der letzten zwei bis drei Jahre hat dazu geführt,<br />

dass zuletzt sehr wenige Büropro-jekte zur<br />

Realisierung gelangten und derzeit insbesondere<br />

bei modernen Büroflächen über 3.000<br />

120 ImmoFokus


„Der Investmentmarkt<br />

befindet sich aktuell in einer<br />

Art Schockstarre.“<br />

Thomas G. Winkler,<br />

UBM Development<br />

„Wir gehen für die Immobilienbranche<br />

von einer<br />

komplexen Dynamik aus, die<br />

sowohl Chancen als auch<br />

Risiken birgt.“<br />

Karin Fuhrmann,<br />

TPA<br />

„Opportunitätsgetriebene<br />

und Langzeitinvestoren sind<br />

momentan sehr umtriebing.“<br />

Herwig Teufelsdorfer,<br />

S Immo<br />

Quadratmeter in etablierten Businessclustern<br />

ein deutlicher Nachfrageüberhang gegeben<br />

ist. Wien steht mit einer Flächenproduktion<br />

von 126.000 Quadartmeter im heurigen Jahr<br />

und bloß 42.300 Quadratmeter im Jahr 2023<br />

geradezu prototypisch für die Situation in<br />

vielen deutschsprachigen Großstädten. Flächensuchende<br />

Unternehmen peilen für Umzüge<br />

daher oft 2024/2025 an, wenn wieder in<br />

größerem Ausmaß Projekte zur Fertigstellung<br />

gelangen.“<br />

Retail: Günstige Flächen<br />

liegen im Trend<br />

Das als Folge der Inflation stark gestiegene<br />

Preisbewusstsein der Konsumenten bringt<br />

den Einzelhandel insgesamt unter Druck, aber<br />

es gibt auch Gewinner dieser Entwick-lung:<br />

„Diskonter erleben derzeit einen echten Boom<br />

und davon profitieren vor allem Einzelhandelsimmobilien<br />

wie Fachmarktzentren, die<br />

traditionell viele Mieter aus dem Diskontbereich<br />

haben“, kommentiert Mario Schwaiger,<br />

Einzelhandelsspezialist der EHL Gewerbeimmobilien,<br />

den europaweit feststellbaren Trend<br />

zu guter Nachfrage nach kostengünstigen Einzelhandelsflächen.<br />

„In Österreich mit seinem<br />

„Investoren agieren<br />

vorsichtiger und<br />

selektiver.“<br />

Georg Fichtinger,<br />

CBRE Österreich<br />

starken FMZ-Sektor ist das besonders stark<br />

spürbar. Allerdings profitieren davon praktisch<br />

nur Fachmarktzentren an guten Standorten,<br />

die dadurch sogar wieder Wachstumsperspektiven<br />

bekommen.“<br />

Wohnen: Alle reden übers Heizen -<br />

und wie es leistbar bleibt<br />

„Die Wohnimmobilienbranche spricht schon<br />

seit einigen Jahren über neue Heizungsstrategien<br />

und -möglichkeiten, der Blickwinkel hat<br />

sich jedoch durch das Zeitgeschehen dramatisch<br />

gewandelt“, sagt Karina Schunker, Geschäftsführerin<br />

der EHL Wohnen. „Das Thema<br />

ist weiterhin Reduktion des Energiebedarfs<br />

und Umstieg auf nicht-fossile Energieträger<br />

sowie Energieautarkie mit erneuerbaren<br />

Energiequellen. Die Energiewende wird aber<br />

verstärkt unter dem Kostenaspekt und nicht<br />

nur im Hinblick auf den CO 2<br />

-Ausstoß betrachtet:<br />

Wie kann der Gesamtenergiebedarf<br />

deutlich gesenkt werden, welche Alternativen<br />

gibt es zu fossilen Brennstoffen wie vor allem<br />

Gas und wie können Bestandsimmobilien<br />

zukunftsfit werden. Da für Wohnungsnutzer<br />

die ge-samten Wohnkosten zählen, hat jede<br />

Betriebskostenreduktion eine Auswirkung<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

121


ImFokus<br />

„Preisabschläge von den<br />

bisherigen Spitzenrenditen<br />

werden kommen und sich<br />

durch alle Asset-Klassen<br />

ziehen.“<br />

Sebastian, G. Nitsch,<br />

6B47 Real Estate Investors<br />

„Erstaunlich war hier<br />

für alle, dass besonders<br />

Deutschland bis jetzt mit<br />

den größten Abschlägen<br />

konfrontiert war.“<br />

Andreas Ridder,<br />

CBRE<br />

„Die Energiewende wird<br />

aber verstärkt unter dem<br />

Kostenaspekt und nicht nur<br />

im Hinblick auf den CO2-<br />

Ausstoß betrachtet.“<br />

Karina Schunker,<br />

EHL Wohnen<br />

auf den Mietertrag und ist demnach ein großer<br />

Faktor. Es ist daher zu erwarten, dass die<br />

Wohnimmobilienbranche in den kommenden<br />

Jahren puncto Nachhaltigkeit einen mas-siven<br />

Schub erfahren wird.“<br />

Die letzten Monate haben gezeigt, dass sich das<br />

Marktgeschehen deutlich verlangsamt hat“,<br />

stimmt Thomas Belina, Geschäftsführender<br />

Gesellschafter bei Colliers zu. „Die Nachfrage<br />

ist weiterhin groß, allerdings sind die Kaufpreisvorstellungen<br />

auf Käufer- und Verkäuferseite<br />

zunehmend auseinandergedriftet.“<br />

Investoren sind vorsichtiger geworden, passen<br />

ihre Investmentstrategien den neuen Marktgegebenheiten<br />

an und warten vorerst einmal ab.<br />

Ein Repricing wird stattfinden müssen. „Nach<br />

einer langen Phase sinkender Renditen werden<br />

diese bis zum Jahresende erstmals in allen<br />

Assetklassen leicht steigen.<br />

Schockstarre<br />

Für Thomas G. Winkler (UBM Development)<br />

befindet sich der Investmentmarkt aktuell in<br />

einer Art Schockstarre. „Das macht es schwer,<br />

über Preise zu sprechen. Multiple von weit<br />

über 30 sind jedenfalls vorbei. Was aufgrund<br />

der Inflation – mit etwas Zeitversatz – steigt,<br />

sind allerdings die zum größten Teil indexierten<br />

Mieten“, so der UBM CEO. Die Krise könnte<br />

aber zu einer Entspannung auf den Grundstückmärkten<br />

führen. „Zunächst wird diese<br />

Krise zum Shakeout einer Reihe von Spielern<br />

füh-ren, deren Projekte und Grundstücke dann<br />

auf den Markt kommen. Insbesondere Banken<br />

sind gut beraten, frühzeitig Partnerschaften<br />

mit bonitätsstarken Developern einzugehen.<br />

Nur so können sie vermeiden, dass der maximale<br />

Schaden eintritt.“<br />

EU-Taxonomie treibt die Preise<br />

Eine Entspannung bei den Grundstückspreisen<br />

sieht Sebastian G. Nitsch (6B47 Real Estate<br />

Investors) nicht: „Die Grundstückspreise reagieren<br />

auf neue Marktsituationen meist mit<br />

Verzögerung. Jede Krise führt zum Zuzug in die<br />

Ballungsräume. Das Thema der Flächenversiegelung<br />

aus der Taxonomie treibt auch die<br />

Preise für schon gewidmete beziehungsweise<br />

bebaute Grundstücke in die Höhe. Im Zusammenspiel<br />

mit steigenden Marktrenditen und<br />

den damit unter Druck geratenen Grundstückpreisen<br />

wird es zu einer neuen Preisfindung<br />

kommen. Eine Entspannung am Markt sehe<br />

ich dabei aber nicht.“ Er ist sich aber sicher,<br />

dass es zu Preisabschlägen von den bisherigen<br />

Spitzenrenditen kommen wird. „Diese werden<br />

sich durch alle Asset-Klassen ziehen.“<br />

Andreas Ridder (CBRE): „Wenn Zinsen steigen,<br />

hat das immer eine negative Auswirkung<br />

auf die Preise, wie stark hängt von der Zinssteigerung<br />

insgesamt ab und wie sehr eine<br />

Asset-Klasse beim Kauf üblicherweise fremdfinanziert<br />

wird. Erstaunlich war hier für alle,<br />

dass besonders Deutschland bis jetzt mit den<br />

größten Abschlägen konfrontiert war. Da dort<br />

aber auch die Renditen am niedrigsten waren,<br />

ist es dann doch auch wieder logisch erklärbar:<br />

Wenn Zinsen zum Beispiel um zwei Prozent<br />

steigen, dann trifft es einen Kreditnehmer<br />

härter bei einer Rendite von 2,5 Prozent als bei<br />

einer Rendite von vier Prozent.“<br />

Anton Bondi de Antoni (Bondi Consult) sieht<br />

aktuell eine Seitwärtsbewegung: „Wobei die<br />

Investoren sehr viel vorsichtiger geworden<br />

sind. Preisabschläge sehe ich eher im Bereich<br />

Wohnen (mittelfristig, weil die Käufer ihr Geld<br />

für den laufenden Unterhalt brauchen) als<br />

auch im Bereich Retail.“ Grundstücke dürften<br />

nur kurzfristig günstiger zu haben sein:<br />

Es ist seit langem ein Phänomen, dass sich<br />

Grundstückspreise zwar rasant ansteigende<br />

Preise angleichen, bei Preisreduktionen jedoch<br />

relativ lange auf hohem Niveau bleiben. Die<br />

einzige mögliche rasche Anpassung sehe ich<br />

bei einer Verlangsamung des (mittelpreisigen)<br />

Wohnbaus, die bereits eingesetzt hat. Hier<br />

ist zu erwarten, dass es, getrieben von hohen<br />

Zinsen und verteuer-ten Krediten, zumindest<br />

vereinzelt zu „Notverkäufen“ bei Vorratsgrundstücken<br />

kommen kann.“<br />

122 ImmoFokus


Für höchste<br />

Ansprüche an<br />

Ästhetik und<br />

Funktion:<br />

Jansen Art’15<br />

Die EXPO REAL <strong>2022</strong> in Zahlen<br />

Knapp 40.000 Teilnehmer aus 73 Ländern (2019: 46.747 / 76)<br />

kamen zur EXPO REAL nach München. Die Gesamtteilnehmerzahl<br />

unterteilte sich in rund 19.500 Fachbesucher (2019: 22.065) und<br />

20.456 Unternehmensrepräsentanten (2019: 24.682). Die Top<br />

Ten-Besucherländer waren nach Deutsch-land: Großbritannien<br />

und Nordirland, Niederlande, Österreich, Polen, Schweiz, Frankreich,<br />

Tsche-chien, Luxemburg, USA und Spanien.<br />

Die 1.887 Aussteller kamen aus 33 Ländern (2019: 2.189 / 44). Die<br />

Top Ten-Ausstellerländer waren neben Deutschland: Österreich,<br />

Niederlande, Schweiz, Polen, Großbritannien und Nordirland,<br />

Frankreich, Portugal, USA und Tschechien gleichauf, Rumänien.<br />

Internationale Gemeinschafts-stände kamen aus Österreich<br />

(„Austria“, „Europa Mitte“), der Schweiz („Swiss Circle“), den<br />

Nieder-landen („Holland Property Plaza“, „Holland Metropole“)<br />

und ein USA-Pavillon. Am CareerDay nah-men 45 Aussteller teil,<br />

um Nachwuchskräfte für sich zu gewinnen.<br />

Die nächste EXPO REAL findet vom 4. bis 6. Oktober 2023 statt.<br />

WEIL DER MEHRWERT ENTSCHEIDET<br />

alukoenigstahl.com<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

123


ImFokus<br />

Das Dilemma mit der<br />

Leerstandsabgabe<br />

Leistbarer Wohnraum. Leistbarer Wohnraum: So lautet ein viel beschworenes Credo der Politiker jedweder<br />

Couleur. Ein gutes Argument für die breite Masse, ein perfekter Slogan für den Wahlkampf, doch ganz so<br />

einfach definiert ist weder die Absicht, die auf dem Weg zu leistbarem Wohnraum hinter einer sogenannten<br />

Leerstandsabgabe stehen soll, noch die Umsetzung in der Praxis. Eine Bestandsaufnahme.<br />

Autor: Amelie Miller<br />

D<br />

ie Idee einer Leerstandsabgabe ist<br />

nicht neu. Selbst im aktuellen<br />

Regierungsprogramm ist das<br />

sogenannte Leerstandsmanagement<br />

verankert und führt in Klammern die Schlagworte<br />

Leerstandserhebung, -datenbank und -aktivierung<br />

an. Auch der Bundeshauptstadt ist die Leerstandsabgabe<br />

keine Unbekannte. Wien hat bis<br />

1985 im Alleingang eine solche eingehoben.<br />

Doch die Gesetzgebung hielt dem Verfassungsgerichtshof<br />

(VfGH) nicht stand: Die Kompetenz<br />

für eine Leerstandsabgabe liege beim Bund. Und<br />

dieser ist auch heute nicht bereit, eine solche<br />

Abgabe in Wien einzuführen. Anlass genug<br />

für einzelne Bundesländer, in dieser Frage selbst<br />

aktiv zu werden.<br />

Zwang zur Vermietung<br />

„Die für die Aufhebung grundlegenden Aussagen<br />

des Höchstgerichtes waren, dass einerseits<br />

die Abgabe nicht so hoch sein darf, dass<br />

diese einem Zwang zur Vermietung gleichkommt,<br />

und damit in weiterer Folge keine<br />

Einnahmen durch die Abgabe zu erwarten<br />

wären. Gleichzeitig müssten aber durch die<br />

Abgabe Einnahmen erzielt werden, die über<br />

den zu erwartenden Verwaltungsaufwand<br />

hinausgehen. Zudem läge die Gesetzgebungskompetenz<br />

betreffend die Einführung einer<br />

Leerstandsabgabe nicht ausschließlich bei den<br />

Ländern. Daher fordern die Landeshauptleute<br />

nun auch, die Kompetenzen des ‚Volkswohnwesens‘<br />

des Bundes in diesem Teilbereich auf<br />

die Länder zu übertragen, um entsprechende<br />

Regelungen auf Landesebene zu ermöglichen”,<br />

fasst Roland Weinrauch, Weinrauch Rechts-<br />

124 ImmoFokus


anwälte, die weitere Begründung des VfGH<br />

zusammen.<br />

Eine Leerstandsabgabe könnte dem Staat laut<br />

einer Schätzung des Momentum Instituts bis<br />

zu 1,8 Milliarden Euro an Steuern bringen oder<br />

Eigentümer von bis zu 198.000 Wohnungen<br />

zur Vermietung ihrer Immobilien veranlassen.<br />

Während die Wiener Grünen weiterhin an<br />

einer Leerstandsabgabe festhalten, sieht der<br />

Österreichische Haus- und Grundbesitzerbund<br />

(ÖHGB) einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht.<br />

„Letztlich muss es jedem Eigentümer<br />

überlassen bleiben, was er mit seinem<br />

Eigentum macht“, fordert ÖHGB-Präsident<br />

Martin Prunbauer. Für den Leerstand könne es<br />

viele Gründe geben, von der Sanierung einer<br />

Wohnung über die Suche nach einem geeigneten<br />

Mieter, einem längeren Krankenhausaufenthalt<br />

bis hin zu einer beruflich bedingt<br />

längeren Abwesenheit.<br />

Stichwort Sanierung; in Oberösterreich hatte<br />

eine Linzer Hauseigentümerin Beschwerde<br />

gegen die Abgabe eingelegt und Recht bekommen.<br />

Die besagte Wohnung, die zudem als<br />

Hauptwohnsitz gemeldet war, stand aufgrund<br />

von Sanierungsarbeiten im Jahr 2019 mehr als<br />

26 Wochen leer. Für diesen Zeitraum wurde<br />

eine Abgabe von 72 Euro inklusive Zuschlag<br />

von 144 Euro gefordert. Eine entsprechende<br />

Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht<br />

(LVwG) wurde im Jänner 2021 abgewiesen.<br />

Als Begründung wurde angeführt, dass es im<br />

„rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des<br />

Gesetzgebers liege“, für eine Wohnung, die<br />

mehr als 26 Wochen nicht als Hauptwohnsitz<br />

genutzt werde, eine Ferienwohnungspauschale<br />

vorzuschreiben. Diese Entscheidung<br />

wurde beim Höchstgericht angefochten. Der<br />

VfGH teilte die erstinstanzliche Erkenntnis<br />

nicht und hob das Urteil auf, denn es handle<br />

sich um eine Ferienwohnungsabgabe und<br />

keine für allgemeine Leerstände. Jetzt soll<br />

das Tourismusgesetz ergänzt werden, damit<br />

für jene Objekte, die saniert und weiterhin als<br />

Hauptwohnsitz genutzt werden, ausschließlich<br />

für die Dauer der Sanierung keine Abgaben<br />

gezahlt werden müssen.<br />

Spielball Leerstandsabgabe: Bundoder<br />

Ländersache?<br />

„Nur mit einer eigenen Leerstandsabgabe kann<br />

eine saubere rechtliche Trennung zwischen<br />

Freizeitwohnsitzen und echten Leerständen<br />

sichergestellt werden“, kommentiert der<br />

Raumordnungssprecher der Grünen, Rudolf<br />

„Die Effekte einer<br />

Leerstandsabgabe auf den<br />

Wohnungsmarkt sollten<br />

nicht überschätzen werden.“<br />

Roland Weinrauch,<br />

Weinrauch Rechtsanwälte<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

125


ImFokus<br />

Hemetsberger, jenes Urteil des VfGH. Besteht<br />

also tatsächlich rein rechtlich gesehen keine<br />

klare Trennung zwischen Freizeitwohnungspauschale<br />

und Leerstandsabgabe?<br />

Vor allem Tourismusgemeinden leiden unter<br />

leerstehenden Zweitwohnsitzen beziehungsweise<br />

Ferienwohnungen. Abhilfe soll die sogenannte<br />

Freizeitwohnungspauschale schaffen.<br />

Diese kommt in Oberösterreich mit dem OÖ-<br />

Tourismusgesetz seit 2019 zur Anwendung<br />

und trifft jene Haus- und Wohnungsbesitzer,<br />

die in das Gebäude- und Wohnungsregister<br />

eingetragen sind und ihre Immobilie länger<br />

als 26 Wochen nicht als Hauptwohnsitz nutzen<br />

– wobei es hier durchaus Ausnahmen gibt,<br />

etwa, wenn die Wohnung in Zusammenhang<br />

mit der Berufsausübung genutzt wird. Die<br />

Freizeitwohnungspauschale ist eine Selbstbemessungsabgabe<br />

und wird nicht von der Stadt<br />

vorgegeben. Das heißt, die Pauschale ist selbst<br />

zu berechnen und jährlich ohne Aufforderung<br />

zu zahlen.<br />

Die Leerstandsabgabe hingegen würde vorgegeben<br />

werden und könnte so aufgrund der<br />

Höhe der Abgabe den Eigentümer sogar zur<br />

Vermietung zwingen. Laut Verfassungsrechtlern<br />

würde das in die Bundeskompetenz des<br />

sogenannten Volkswohnwesens eingreifen.<br />

Um eine Abgabe mit Lenkungseffekt einzuführen,<br />

bräuchte es eine Verfassungsänderung.<br />

Vorreiter Steiermark<br />

Vorreiter in Sachen Leerstandsabgabe ist die<br />

Steiermark. Das Steiermärkische Zweitwohnsitz-<br />

und Wohnungsleerstandsabgabegesetz<br />

ist seit 1. Oktober <strong>2022</strong> in Kraft. Dieses besagt:<br />

„Gegenstand der Abgabe bilden Wohnungen,<br />

an denen nach den Daten des Zentralen Melderegisters<br />

mehr als 26 Kalenderwochen im Jahr<br />

weder eine Meldung als Hauptwohnsitz noch<br />

als sonstiger Wohnsitz vorliegt.“<br />

Abgabepflichtige sind die Eigentümer der<br />

Wohnung, im Fall eines Baurechts jedoch<br />

die Baurechtsberechtigten. Die Abgabe ist<br />

nach der Nutzfläche der Wohnung und den<br />

Kalenderwochen im Jahr ohne Wohnsitz zu<br />

bemessen. Zur Bestimmung der Nutzfläche<br />

sind die Unterlagen der Baubewilligung und<br />

– falls vorhanden – die entsprechenden Daten<br />

des Gebäude- und Wohnungsregister-Gesetzes<br />

heranzuziehen. Der Abgabensatz ist durch<br />

Verordnung des Gemeinderates festzulegen,<br />

wobei auf den Verkehrswert der Liegenschaften<br />

in der Gemeinde Bedacht zu nehmen ist.<br />

Daher kann der Abgabensatz für bestimmte<br />

Teile des Gemeindegebietes in unterschiedlicher<br />

Höhe festgesetzt werden, wenn sich die<br />

für die Festsetzung maßgeblichen Umstände<br />

innerhalb der Gemeinde erheblich unterscheiden.<br />

Die Höhe der Abgabe für eine Wohnung<br />

mit 100 Quadratmetern Nutzfläche darf im<br />

Kalenderjahr 1.000 Euro nicht überschreiten.<br />

Weinrauch zur steirischen Regelung: „Die Steiermark<br />

ist zwar Vorreiter bei der gesetzlichen<br />

Regelung des Leerstandes, allerdings bestehen<br />

auch zahlreiche Ausnahmen, beispielsweise<br />

wenn die Wohnung als Vorsorgewohnung für<br />

das eigene Kind verwendet wird, es sich um<br />

eine Dienstwohnung handelt oder nachweislich<br />

Gründe bestehen, warum sie unvermietbar<br />

ist.”<br />

Salzburg: Maximal 5.000 Euro pro Jahr<br />

Auch der Salzburger Landtag hat im Juli <strong>2022</strong><br />

eine Leerstandsabgabe beschlossen. Voraussetzung:<br />

In der Wohnung muss mindestens für<br />

ein halbes Jahr kein Wohnsitz gemeldet sein,<br />

die Abgabe bemisst sich nach der Wohnungsgröße.<br />

Die höchste Stufe liegt bei maximal<br />

5.000 Euro im Jahr für Neubauwohnungen<br />

über 220 Quadratmeter. Für die Abgabe müssen<br />

die Wohnungseigentümer den Leerstand<br />

von sich aus bei der Gemeinde anzeigen.<br />

126 ImmoFokus


„Der öffentliche Mietsektor<br />

muss eine bessere<br />

Treffsicherheit aufweisen,<br />

um leistbare Wohnungen auf<br />

den Markt zu bringen.“<br />

Martin Prunbauer,<br />

ÖHGB<br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

127


ImFokus<br />

Ähnlich wie im Steiermärkischen Gesetz gibt<br />

es zahlreiche Ausnahmen. So bleiben etwa<br />

Vorsorgewohnungen für Kinder abgabenfrei,<br />

ebenso baufällige Wohnungen oder Wohnungen<br />

in Ein- und Zweifamilienhäusern, bei denen<br />

die Grundeigentümer in einer davon ihren<br />

Hauptwohnsitz haben. Weiters bilden Wohnungen<br />

Ausnahmen, die wegen notwendiger<br />

Pflege oder Betreuung nicht mehr als Wohnsitz<br />

verwendet werden, oder Wohnungen, die<br />

trotz Bemühungen nicht zum ortsüblichen<br />

Mietzins vermietet werden können.<br />

Tirol: Maximal 215 Euro pro Monat<br />

Das Bundesland Tirol ist ebenfalls in Sachen<br />

Leerstandsabgabe selbst aktiv geworden.<br />

Anfang Juli <strong>2022</strong> hat der Tiroler Landtag<br />

mehrheitlich eine solche beschlossen. Auch<br />

hier richtet sich die Höhe der Abgabe nach der<br />

Wohnungsgröße und reicht von mindestens<br />

zehn Euro bis maximal 215 Euro pro Monat,<br />

wobei es durchaus Ausnahmen gibt. Das Gesetz<br />

soll am 1. Januar 2023 in Kraft treten.<br />

Die Leerstandsabgabe baut teilweise auf einer<br />

Verordnung auf, die ebenfalls Anfang Juli <strong>2022</strong><br />

von der schwarz-grünen Landesregierung<br />

erlassen wurde und mit 1. September in Kraft<br />

getreten ist. Demnach wurden vorerst 142 von<br />

277 Tiroler Gemeinden mit besonders hohem<br />

Wohnungsdruck im Grundverkehrsrecht als<br />

„Vorbehaltsgemeinden“ ausgewiesen.<br />

Wer in einer solchen Gemeinde Wohnraum<br />

oder Bauland erwirbt, muss schriftlich erklären,<br />

dass kein Freizeitwohnsitz errichtet<br />

wird. Zudem könne die Leerstandsabgabe in<br />

jenen Gemeinden verdoppelt werden. Dadurch<br />

könnten für ein über 250 Quadratmeter großes<br />

Gebäude bis zu 5.160 Euro fällig werden. Die<br />

Beträge sind Minimum- und Maximum-Steuerbeträge,<br />

die von den Gemeinden festgelegt<br />

werden. Allerdings sind der Abgabenhöhe<br />

auch in diesem Fall rechtliche Grenzen gesetzt.<br />

Bis zum 30. April im Folgejahr haben die<br />

Eigentümer Zeit, den Leerstand des vorangegangenen<br />

Jahres zu melden beziehungsweise<br />

„Nur mit einer Mobilisierung<br />

aus dem Leerstand wird man<br />

den Wohnungsmangel in<br />

Österreich nicht in den Griff<br />

bekommen.“<br />

Michael Klien,<br />

Wifo<br />

einen Ausnahmetatbestand glaubhaft zu<br />

machen. Keine Abgabe bezahlen muss man<br />

beispielsweise dann, wenn sich die Wohnung<br />

im eigenen Gebäude befindet, man einen<br />

zeitnahen Eigenbedarf nachweisen kann,<br />

das Gebäude aus bautechnischen oder rechtlichen<br />

Gründen nicht genutzt werden kann<br />

oder wenn kein Mieter um den ortsüblichen<br />

Mietzins das Objekt anmieten will. Wenn die<br />

Unterlagen nicht vorgelegt werden, werden bis<br />

zu 1.000 Euro fällig, bei Nichtmelden des Ausnahmetatbestandes<br />

bis zu 10.000 Euro und bei<br />

Hinterziehung bis zu 50.000 Euro.<br />

Wohnbau sorgt für<br />

leistbaren Wohnraum<br />

Besteht denn überhaupt ein Zusammenhang<br />

zwischen Leerstand und Preissteigerungen<br />

am österreichischen Wohnungsmarkt? „Realeffekte<br />

auf den Wohnungsmarkt – also ob<br />

tatsächlich mehr Wohnungen günstiger auf<br />

dem Markt sein werden – sind nicht absehbar.<br />

Ich persönlich glaube, dass man diese Effekte<br />

nicht überschätzen sollte, und halte daher<br />

andere Lenkungsmaßnahmen für insgesamt<br />

geeigneter”, ist Roland Weinrauch überzeugt.<br />

Er gibt aber auch zu bedenken, dass es eine derartige<br />

Regelung mit unterschiedlichen Ausgestaltungen<br />

in Zukunft in jedem Bundesland<br />

geben wird.<br />

Für Martin Prunbauer hingegen braucht es<br />

schlichtweg eine Reform des Mietrechtsgesetzes.<br />

„60 Prozent sämtlicher Mietverhältnisse<br />

betreffen Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen.<br />

Um leistbare Wohnungen auf<br />

den Markt zu bringen, muss der öffentliche<br />

Mietsektor eine bessere Treffsicherheit aufweisen.“<br />

Ebenfalls verweist er auf den Fakt, dass es<br />

nach wie vor keine seriöse Definition gibt, was<br />

unter Leerstand überhaupt zu verstehen ist.<br />

Prunbauer gibt zu bedenken: „Vermieten ist<br />

prinzipiell das Geschäftsmodell des Vermieters<br />

und Leerstand verursacht laufend Kosten.<br />

Auch ist die Einhebung einer Leerstandsabgabe<br />

mit einem erheblichen bürokratischen<br />

Aufwand verbunden.“<br />

„Nur mit einer Mobilisierung aus dem<br />

Leerstand wird man den Wohnungsmangel<br />

in Österreich nicht in den Griff bekommen“,<br />

so Wifo(Österreichisches Institut für<br />

Wirtschaftsforschung)-Ökonom Michael Klien<br />

kürzlich im Ö1-“Morgenjournal“ des ORF-<br />

Radio. Helfen könne nur mehr Wohnbau. Es<br />

seien primär wohlhabende Menschen, die sich<br />

einen Zweitwohnsitz leisten könnten, führt<br />

Klien weiter aus. Diese würden die im steirischen<br />

Modell angedachten 1.000 oder 2.000<br />

Euro im Jahr durchaus in Kauf nehmen.<br />

Geförderte Wohnbau ist allerdings<br />

2021 drastisch eingebrochen<br />

Der geförderte Wohnbau ist allerdings 2021<br />

drastisch eingebrochen. Die Zahl der geförderten<br />

Wohneinheiten verringerte sich um 22<br />

Prozent auf österreichweit 18.400 Einheiten,<br />

wie aus der Wohnbauförderungs- und Baubewilligungsstatistik<br />

des Fachverbands der<br />

Stein- und keramischen Industrie und des<br />

Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen<br />

(IIBW) hervorgeht. Der Neubau-Boom im geförderten<br />

Bereich scheint damit endgültig vorbei<br />

zu sein. Die Gründe für diese Entwicklung<br />

sind vielschichtig: Hohe Baukosten, steigende<br />

Energiepreise und neugeordnete Lieferketten<br />

haben wesentlich dazu beigetragen, dass keine<br />

Fixpreisangebote mehr gemacht werden können<br />

– eine Entwicklung, die die Branche noch<br />

lang beschäftigen wird. Währenddessen hat<br />

der VfGH reichlich Zeit, die ein oder andere<br />

Leerstandsabgabe zu kippen.<br />

128 ImmoFokus


Immobilienpreise<br />

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ImFokus<br />

Aufbruchstimmung in<br />

der Immobilienbranche<br />

Klimawandel & Stadtplanung:. Anna-Vera Deinhammer (Circular City Director, Circular Economy Forum),<br />

Michael Csiszar (Head of ESG & Teamlead Technical Property Management CBRE), Marc Guido Höhne<br />

(Geschäftsführer Delta Projectconsult) und Reinhard Labugger (Geschäftsführer RM-Engineerung) diskutieren<br />

auf Einladung des ImmoFokus über die Herausforderungen Klimawandel und Stadtentwicklung.<br />

Autor: Patrick Baldia<br />

Klimaprognosen verheißen nichts Gutes.<br />

Laut ETH Zürich wird in Wien bis 2<strong>05</strong>0<br />

ein Klima wie in Skopje herrschen. In<br />

vielen anderen Städten auf der Welt soll<br />

es dann ebenfalls klimatische Bedingungen<br />

geben, die es nie zuvor gegeben hat.<br />

Haben Sie den Eindruck, dass Politik und<br />

Bau- beziehungsweise Immobilienwirtschaft<br />

bewusst ist, dass Handlungsbedarf<br />

besteht?<br />

Marc Guido Höhne: Also ich glaube nicht<br />

unbedingt, dass das auf breiter Basis in der<br />

Immobilienwirtschaft angekommen ist, zu<br />

sehr steht bei vielen noch der Renditegedanke<br />

im Vordergrund. Aber zumindest die bei der<br />

Stadt Wien dafür Zuständigen haben die Brisanz<br />

verstanden. War es nicht Herr Madreiter<br />

(Thomas Madreiter, Planungsdirektor der<br />

Stadt Wien, Anm.), der vor rund einem Jahr<br />

meinte, dass Wien über dem 1,5-Grad-Ziel liegt<br />

und wir mit mehr als vier Grad Klimaerwärmung<br />

rechnen müssen?<br />

Anna-Vera Deinhammer: Bis 2<strong>05</strong>0 müssen wir<br />

in Wien am heißesten Tag des Jahres sogar mit<br />

sechs bis sieben Grad mehr rechnen. Anschließend<br />

auf Ihre Frage, kann ich jedenfalls<br />

bestätigen, dass das Thema in Wien bei der<br />

Politik angekommen ist. Bei einigen Bauherren<br />

ebenso, auch wenn es da sicherlich noch<br />

Luft nach oben gibt.<br />

Reinhard Labugger: Ich durfte ja von Anfang<br />

an Unternehmen bei Zertifizierungen<br />

begleiten und mein Eindruck ist, dass der<br />

Klimawandel mittlerweile in der Immobilienwirtschaft<br />

angekommen ist. Vor allem bei<br />

großen Unternehmen. Manche nehmen das<br />

sogar sehr ernst und definieren ohne Druck<br />

130 ImmoFokus


eigene Policies. Lassen Sie es mich vorsichtig<br />

ausdrücken: Das ist auch der erste Schritt<br />

zur Besserung, wenn man überhaupt eine<br />

Chance haben will, den drastischen Folgen des<br />

Klimawandels entgegenzutreten.<br />

Michael Csiszar: Ich kann mich den Vorrednern<br />

nur anschließen: Gerade große<br />

Unternehmen nehmen das Thema sehr ernst,<br />

vor allem Fonds. Auf einmal denkt jeder über<br />

Zertifizierungen nach, was vor fünf Jahren<br />

keineswegs der Fall war. Das hat heute einen<br />

richtigen Stellenwert bekommen und Investoren<br />

schauen sich unter anderem an, was eine<br />

Immobilie kann und, ob sie zukunftsfit ist<br />

beziehungsweise gemacht werden kann, wer<br />

die Mieter sind und vor allem: ob mit fossilen<br />

Energien geheizt wird. Aber insgesamt stehen<br />

wir erst ganz am Anfang und müssen viel<br />

schneller Maßnahmen gegen den Klimawandel<br />

setzen.<br />

Was gehört getan?<br />

Csiszar: Wir brauchen strategische Konzepte<br />

auf vielen Ebenen. Man hat nämlich stellenweise<br />

den Eindruck, dass vieles ziellos erfolgt<br />

beziehungsweise sich in der Schwebe befindet.<br />

Von der Gesetzgebung her ist meiner Meinung<br />

nach viel getan worden, vor allem für Bestandsimmobilien.<br />

Ein riesiger Treiber ist da die<br />

Taxonomie. Aber es wird sicher noch weiterer<br />

Maßnahmen des Gesetzgebers bedürfen.<br />

Höhne: Es müssen viel mehr Anreize geschaffen<br />

werden und auch von unserer Seite<br />

her muss mehr Sensibilisierung stattfinden,<br />

was das Thema betrifft. Um die großen<br />

institutionellen Anleger und Bestandshalter<br />

muss man sich keine Sorgen machen, wie die<br />

Expo Real gezeigt hat, auf der das Thema ESG<br />

omnipräsent war. Die große Herausforderung<br />

ist es sicher, jene zu erreichen, die derzeit noch<br />

nicht den Druck der Taxonomie spüren und<br />

für die vielleicht erst die CO2-Steuer ein Grund<br />

ist, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen.<br />

Deinhammer: Mein Eindruck ist, dass immer<br />

mehr Zinshausbesitzer hellhörig werden.<br />

Das merke ich auch in meinem Umfeld. Aus<br />

einigen aufwendig ausgebauten Dachgeschosswohnungen<br />

ziehen die ersten Mieter<br />

bereits aus oder die Eigentümer versuchen zu<br />

verkaufen, weil es dort im Sommer einfach<br />

zu heiß ist. Was man auch nicht vergessen<br />

darf: Einige Dachgeschosswohnungen sind<br />

sommertauglich, weil sie eine Klimaanlage<br />

haben. Angesichts der hohen Energiekosten<br />

fällt aber der Wert dieser Objekte.<br />

Wird in der ganzen Diskussion um<br />

Klimawandel-Fitness der Bestand etwas<br />

vernachlässigt?<br />

Labugger: Klar ist, dass wir die Klimaziele nur<br />

über den Bestand erreichen werden können,<br />

der in Wien ja 98 Prozent des Immobilienvermögens<br />

ausmacht. Dem müsste man sich<br />

mehr annehmen.<br />

Höhne: Vor allem, wenn man bedenkt, dass<br />

wir in Europa und Österreich eine Sanierungsquote<br />

von einem Prozent pro Jahr haben. Um<br />

die Klimaziele zu erreichen, müssten wir auf<br />

„Klar ist, dass wir die<br />

Klimaziele nur über den<br />

Bestand erreichen werden<br />

können.“<br />

Reinhard Labrugger,<br />

RM-Engineering<br />

drei bis vier Prozent pro Jahr kommen. Man<br />

sieht: Wir schieben da eine riesige Welle vor<br />

uns her.<br />

Deinhammer: Eine Studie hat gezeigt, wieso<br />

die ein Prozent sanieren: Nicht wegen Energieeffizienz<br />

oder Sommertauglichkeit, sondern<br />

damit das Anlitz des betreffenden Gebäudes<br />

wieder schön ist. Also da ist offensichtlich<br />

schon noch ein bisschen Bewusstseinsbildung<br />

gefragt.<br />

Wie macht man den Bestand zukunftsfit?<br />

Deinhammer: Das ist im Grunde gar nicht so<br />

schwer. Wenn wir ein Gebäude dem Klimawandel<br />

anpassen wollen, müssen wir es vor<br />

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<strong>05</strong>|<strong>2022</strong> 131


ImFokus<br />

zu viel Sonneneinstrahlung, vor Starkregen<br />

und teilweise auch vor Überschwemmungen<br />

im Keller schützen. Das heißt: Die Gebäudehülle<br />

muss ebenso wie die oberen Geschosse<br />

und die Decke gedämmt werden. Darüber<br />

hinaus muss man schauen, wie man mit dem<br />

Regenwasser zurechtkommt, das geht zum<br />

Beispiel durch die Begrünung des Daches in<br />

Kombination mit einem Retentionsdach.<br />

Viele Hausbesitzer und Bauherren stöhnen<br />

schon jetzt ob der hohen Kostenbelastung.<br />

Können Sie sich solche Maßnahmen<br />

überhaupt leisten?<br />

Labugger: Das würde meiner Meinung nach,<br />

nicht übermäßig hohe Kosten verursachen,<br />

vorausgesetzt man berücksichtigt das bereits<br />

in einer frühen Planungsphase. Vor allem,<br />

wenn man bedenkt, dass das die EU-Taxonomie<br />

ohnehin erfordert und ein Gebäude nur<br />

wirtschaftlich verwertbar ist, wenn man das<br />

Regelwerk einhält, kann man solche Maßnahmen<br />

nicht unbedingt als kostentreibend<br />

umschreiben. Und wenn man das aus der<br />

Lebenszyklusperspektive betrachtet – sprich<br />

Planung, Errichtung und Betrieb – machen<br />

„Durch die EU-Taxonomie<br />

wird Nachhaltigkeit zum<br />

Business Case.“<br />

Anna-Vera Deinhammer,<br />

Circular Economy Forum Austria<br />

sich energieeffiziente, zukunftsfähige<br />

Gebäude schon bezahlt.<br />

Ist die EU-Taxonomie der richtige Weg?<br />

Labugger: Dass man jetzt mit der EU-Taxonomie<br />

Ökologie, Energieeffizienz und Klimaziele<br />

mit Wirtschaftlichkeit verbunden hat und als<br />

Bauherr oder Bestandshalter auch nur erfolgreich<br />

sein kann, wenn man das berücksichtigt<br />

ist erstmals der richtige Weg.<br />

Deinhammer: Danke, dass Sie das angesprochen<br />

haben. Bis jetzt war es ja so, dass man<br />

gesagt hat, dass Nachhaltigkeit etwas kostet.<br />

Und jetzt wird Nachhaltigkeit zum Business<br />

Case.<br />

Höhne: Was mich begeistert ist, dass es<br />

mit der Taxonomie gelingt, alle Aspekte in<br />

Einklang zu bringen: Wirtschaftlichkeit für<br />

Errichter und Nutzer, die sozialen Aspekte für<br />

die Nutzer und dazu auch noch Ökologie.<br />

Csiszar: Man merkt jetzt schon, dass sich gerade<br />

die Philosophie der Banken dahingehend<br />

ändert, dass Finanzierungen für Immobilien<br />

nur noch dann vergeben werden, wenn sie<br />

132 ImmoFokus


und habe das auch Schwarz auf Weiß. Und<br />

Gebäude-Zertifizierungen machen nachhaltige<br />

Qualität sichtbar. Viele nehmen das jetzt<br />

wirklich an, was in der Vergangenheit nicht<br />

der Fall war. Zertifizierungen werden nicht<br />

mehr als Marketing-Instrument gesehen,<br />

sondern als Qualitätsnachweis und das wird<br />

auch eingepreist.<br />

Nachhaltigkeitskriterien entsprechen. Und<br />

wenn nicht, muss der Kreditnehmer mit<br />

Risikoaufschlägen rechnen. Das ist natürlich<br />

ein riesiger Hebel. Am Ende des Tages stellt<br />

sich nicht die Frage, ob nachhaltiges Bauen<br />

teurer ist, sondern, ob nicht-nachhaltiges<br />

Bauen nicht teurer ist. Und angesichts der<br />

hohen Energiepreise wird uns bereits jetzt vor<br />

Augen geführt, wie kostspielig der Betrieb<br />

nicht-effizienter Gebäude ist.<br />

Deinhammer: Und wir reden in diesem<br />

Zusammenhang derzeit nur vom Winter. Dabei<br />

benötigt Kühlen mehr Energie als Heizen. Und<br />

wenn wir über die Verbindung der verschiedenen<br />

Nachhaltigkeitssäulen sprechen, lassen Sie<br />

uns noch einen Schritt weiter gehen: Meiner<br />

Meinung nach ist es notwendig, Gebäude nicht<br />

als Silos zu betrachten, sondern sie immer in<br />

einem Wirkungszusammenhang zu sehen.<br />

Beispielsweise eignet sich das eine Gebäude<br />

im Quartier aufgrund seiner Ausrichtung am<br />

besten zur Energieerzeugung, ein anderes verbessert<br />

mittels Begrünung das Mikroklima zu<br />

verbessern, ein anderes zur Energieerzeugung<br />

und eine andere Liegenschaft könnte wiederum<br />

als Mobilitäts-Point prädestiniert sein.<br />

Ist das nicht äußerst komplex, hier unterschiedliche<br />

Player an einen gemeinsamen<br />

Tisch zu bringen?<br />

Deinhammer: So ein allumfassender Wirkungszusammenhang<br />

ist natürlich nicht<br />

einfach herzustellen. Wenn etwa die Kommune<br />

vorhat, die Straße zu begrünen oder<br />

eine Allee zu machen, sollte man an derselben<br />

Stelle vielleicht nicht unbedingt eine Glasfassade<br />

realisieren, um das zu konterkarieren.<br />

Und ja: Bei liegenschaftsübergreifenden<br />

Projekten kommt man sich manchmal vor wie<br />

ein Dompteur der Komplexität.<br />

Höhne: Das Village im 3. Bezirk ist ein Projekt,<br />

das als Vorbild dafür genommen werden kann,<br />

wie man für ein einheitliches Energiekonzept<br />

im öffentlichen Raum verschiedene Interessenslagen<br />

verbinden beziehungsweise alle<br />

Stakeholder unter einen Hut bringen kann.<br />

Genauso wie Gebäudezertifizierungen sollten<br />

auch Quartierszertifizierungen als Steuerungsund<br />

Dokumentations-Tool genutzt werden. Das<br />

haben einfach noch zu wenige auf dem Radar.<br />

Deinhammer: Auch mir ist die Quartierszertifizierung<br />

ein riesengroßes Anliegen. Sehr<br />

viele Beispiele dafür haben wir in Österreich<br />

noch nicht: Das Viertel Zwei ist DGNB „Platin“<br />

zertifiziert. Dazu kommt noch die Airport City<br />

Vienna sowie Smart City und Reininghaus in<br />

Graz.<br />

Labugger: Ich finde, dass, unterstützt durch<br />

die EU-Taxonomie genau dieser Sinneswandel<br />

gerade stattfindet. Damit kann ich eine<br />

Investition beziehungsweise Immobilie als<br />

nachhaltig oder nicht-nachhaltig bezeichnen<br />

Wenn wir jetzt über konkrete Maßnahmen<br />

sprechen, verfügen wir bereits über die<br />

richtigen Tools oder sind weitere Innovationen<br />

gefragt?<br />

Csiszar: Ich glaube zuerst muss einem mal<br />

bewusst werden, was für einen Energieverbrauch<br />

ein Gebäude tatsächlich hat,<br />

welche Energieträger eingesetzt werden<br />

und in weiterer Folge, wie man darauf<br />

basierend Probleme substituieren kann.<br />

Alles andere leitet sich davon ab. Hat man<br />

beispielsweise einen hohen Primärenergiebedarf<br />

könnte man sich die Fassade<br />

oder die Gebäudetechnik anschauen. Oder<br />

wenn auf dem Dach Platz ist, eine Photovoltaikanlage<br />

realisieren. Was ich sagen<br />

will: Verschiedene Maßnahmen leiten sich<br />

primär aus der Strategie für ein Objekt<br />

ab. Für ein Quartier gilt das natürlich im<br />

übergeordneten Sinn.<br />

Wir brauchen also eine große Strategie,<br />

ebenso wie eine für jedes einzelne<br />

Gebäude.<br />

Csiszar: Das ist auf jeden Fall eines der<br />

wesentlichsten Themen, dass man weiß, wo<br />

man ansetzen muss und versteht, wie man<br />

sich verbessern kann. Macht man das greifbar,<br />

so kann man in weiterer Folge gute Strategien<br />

entwickeln.<br />

Labugger: Ich glaube, dass wir das technische<br />

und inhaltliche Wissen bereits haben. Und<br />

auch die Möglichkeiten und Lösungen liegen<br />

auf dem Tisch. Ich glaube, dass die Rahmenbedingungen<br />

etwas unterstützender sein könnten,<br />

um es technisch machbarer zu machen,<br />

regenerative Energien mehr zu nützen.<br />

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133


ImFokus<br />

Deinhammer: Ich sehe das auch so. Wir wissen<br />

genau, was wir zu tun haben. Aber die Möglichkeiten<br />

sollten genau auf ihre Zukunftstauglichkeit<br />

geprüft werden. Dazu fallen mir<br />

zwei Beispiele ein: aktuelle und vor allem<br />

kommende Deponieverbote (für die meisten<br />

mineralischen Baustoffe) und Wärmedämm-<br />

Verbundsysteme. Was mir etwas fehlt, ist der<br />

Mut zur Lücke. Ich wäre für die Einführung<br />

des Muts in der integralen Planung.<br />

Höhne: Auch ich glaube, dass wir zu 95 Prozent<br />

alles haben, was wir brauchen. Aber es gibt für<br />

nichts die standardisierte Lösung. Es ist immer<br />

ein Zusammenspiel der unterschiedlichsten<br />

Faktoren. Gefragt ist der Mut, und auch der<br />

Anreiz, andere Wege zu gehen. Denn sprechen<br />

wir von den normmäßigen Auslegungen der<br />

Gebäudetechnik, die heute gefordert werden,<br />

so sind diese im Betrieb oft wenig wirtschaftlich.<br />

Und wieso weichen Planer nicht davon<br />

ab? Weil sie sich nicht unnötig in die Haftung<br />

begeben wollen und auch weil die Auftraggeber<br />

sich nicht trauen abzuweichen, und auch<br />

keine Anreize vorliegen.<br />

Sie fordern Anreize dafür, mutig zu sein?<br />

Höhne: Es muss ein völliges Umdenken<br />

stattfinden. Wenn Sie fragen, wo wir<br />

etwas erfinden müssen: Wo ich derzeit<br />

die größte Lücke sehe, ist bei allem,<br />

was hoch energieintensiv ist. Da haben<br />

wir keine Lösungen. Wir sprechen über<br />

Wohnen und Büro, aber schauen wir uns<br />

mal die Industrie-Quartiere an. Da wird<br />

Wärme rausgeblasen und Warmwasser<br />

abgelassen, ohne es zu nutzen. Wir müssen<br />

mehr Synergien unter den verschiedenen<br />

Nutzungsarten unterbringen. Und was wir<br />

schon seit Jahren fordern: mehr Mischnutzungen<br />

realisieren.<br />

Deinhammer: Genau. Wir brauchen Mut<br />

zur Synergie. Auch ich verstehe überhaupt<br />

nicht, wieso in Industriegebieten nicht die<br />

Abwärme standardmäßig genutzt wird. Mein<br />

Doktorvater hat immer gesagt: Die Industrie<br />

ist der Abfahrtslauf der Architektur. Ich widerspreche<br />

ihm nur ungern. Das ist vielleicht<br />

der Grund, wieso dieses Thema sträflich<br />

vernachlässigt wurde.<br />

Höhne: Wichtig wäre es auch, dass sich die<br />

Energieversorger ein stückweit von ihren<br />

hohen Rössern begeben und mit uns auf Augenhöhe<br />

diskutieren und auch etwas flexibler<br />

sind. Es kann ja nicht sein, dass die Anschlusskosten<br />

verdreifacht werden, wenn ich sage,<br />

dass ich weniger Fernwärme brauche, weil ich<br />

mich an regenerativen Quellen bediene.<br />

Weil wir vorhin den Bestand angesprochen<br />

haben, wie schaut es mit den klassischen<br />

Wiener Zinshäusern aus?<br />

Labugger: Beim Zinshausbestand hat man<br />

wirklich eingeschränkte Möglichkeiten. Das<br />

muss man schon ehrlich sagen. Da kann man<br />

nicht einfach eine Dämmung draufgeben und<br />

sagen: Jetzt habe ich das Gebäude energieeffizient<br />

gemacht. Vor allem bei wirklich schönen<br />

Häusern. Sie prägen die Identität der Stadt<br />

und sind daher schützenswert. Da muss man<br />

andere Möglichkeiten schaffen.<br />

Welche zum Beispiel?<br />

Labugger: Bei einem alten Zinshaus muss<br />

man zur Kenntnis nehmen, dass man nicht<br />

134 ImmoFokus


dieselben Umnutzungsmöglichkeiten hat<br />

wie bei neuen Gebäuden. Ich glaube, da<br />

sollte man den Schwerpunkt wirklich auf die<br />

energetische Nutzung legen. Es geht darum,<br />

den Verbrauch, den so ein Gebäude hat, so zu<br />

optimieren, dass es auch einen Beitrag leisten<br />

kann.<br />

Deinhammer: Es kommt auch darauf an, aus<br />

welcher Epoche ein Haus kommt. Bei einem<br />

qualitativen Gründerzeitbau sollten etwa die<br />

Fenster und Türen ausgetauscht, die oberste<br />

Geschossdecke sowie die Feuermauer<br />

gedämmt und vielleicht auch noch nach<br />

unten weggedämmt werden. Bringt man<br />

darüber hinaus einen Thermoputz auf, hat<br />

man schon sehr viel gewonnen. Interessant<br />

wird es bei den Gebäuden, die ab den Neunzigerjahren<br />

errichtet wurden. Da stellt sich<br />

noch die Kostenfrage: Was macht man mit<br />

den freigewordenen Materialien, die nicht<br />

getrennt werden können?<br />

Höhne: Es gibt viele gute Beispiele, auch in<br />

Wien, wie man Städte nachverdichten kann.<br />

Das sind dann oft vom Grün her attraktive<br />

Quartiere, aber es gibt da kaum Mischnutzungen.<br />

Und auch auf die Erdgeschosszonen<br />

wird oft vergessen. Schaut man sich die großen<br />

Bestandshalter an, die solche Siedlungen<br />

haben, hat man den Eindruck, dass der<br />

Fokus auf der energetischen Sanierung liegt.<br />

Da werden viele Chancen liegen gelassen.<br />

Labugger: Da kann ich nur zustimmen. Man<br />

muss in solche Quartiere beziehungsweise<br />

Stadtteile einen Nutzungsmix reinbringen<br />

und Monokulturen vermeiden. Die Quartierszertifizierung<br />

verlangt sogar, dass ein<br />

Mindestmaß an erwerbswirtschaftlicher<br />

Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden<br />

muss.<br />

Wird bei der Stadt- und Quartiersplanung<br />

noch immer zu sehr in Nutzungskategorien<br />

gedacht?<br />

Csiszar: Bis zu einem gewissen Grad ist das<br />

wahrscheinlich so. Aus diesem Trott müssen<br />

wir schön langsam rauskommen und uns in<br />

eine Richtung bewegen, in der ganzheitlicher<br />

und einheitlicher gedacht wird. Wir sind<br />

Ingenieure und haben einen ingenieurwissenschaftlichen<br />

Anspruch. Da kann es doch nicht<br />

nur sein, dass man immer auf die einfachsten<br />

Lösungen zurückgreift. Es kann durchaus<br />

etwas herausfordernder sein, um nachhaltige-<br />

Veränderungen zu bewirken.<br />

Welche Best-Practice-Beispiele fallen<br />

Ihnen ein?<br />

Labugger: Ein Vorzeigebeispiel in Wien ist<br />

sicherlich das Viertel Zwei. Dort hat man<br />

versucht, alles was wir hier besprechen zu<br />

realisieren. Das Viertel Zwei zeigt: Die Möglichkeiten,<br />

um ein zukunftsfähiges Quartier zu<br />

schaffen, bestehen bereits. Man muss sie nur<br />

nutzen.<br />

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135


ImFokus<br />

Csiszar: Am Viertel Zwei, an dem CBRE in<br />

der Verwaltung auch beteiligt ist, sieht man<br />

wirklich was alles funktionieren kann, wenn<br />

es jemanden gibt, der dahinter steht und wenn<br />

auch die Rahmenbedingungen passen.<br />

Höhne: Im Viertel Zwei gibt es einen Eigentümer,<br />

der eine Vision hatte, die er bis ins letzte<br />

verwirklicht sehen wollte, und der weiterhin<br />

daran arbeitet, dass sie weitergetragen wird.<br />

Deinhammer: Was meiner Meinung nach<br />

beim Viertel Zwei ein Erfolgsfaktor gewesen<br />

ist: Der Grünraum wurde in einem geplant.<br />

Und darin stehen die verschiedenen Architekturen.<br />

Meistens ist es ja genau andersrum: der<br />

Grünraum ist eher ein Fleckerlteppich oder<br />

eine Restplatznutzung zwischen den einzelnen<br />

Gebäuden. Was mir auch sehr gefällt ist,<br />

dass man sich am Nordbahnhof getraut hat,<br />

an den Rändern höher zu bauen, um dafür auf<br />

der inneren Fläche diese Wildnis entstehen<br />

zu lassen. Denn je mehr Menschen auf engem<br />

Raum wohnen, desto mehr Freiräume müssen<br />

ihnen zur Verfügung gestellt werden.<br />

Wird eigentlich auch Unvorhersehbares<br />

in den Prognosen beziehungsweise im<br />

Risikomanagement berücksichtigt? Man<br />

geht ja offenbar davon aus, dass es in<br />

Wien künftig genug Wasser geben wird<br />

für Dächer, Bewässerungssysteme und<br />

dergleichen…<br />

Csiszar: Das ist sicher in Österreich eine spannende<br />

Diskussion. Man hat ja schon gesehen,<br />

dass diesen Sommer aufgrund des Ausbleibens<br />

der Schneeschmelze Wasserkraftwerke<br />

abgeschaltet worden sind. Im Umkehrschluss<br />

werden wir uns auch bei Gebäuden die Frage<br />

stellen müssen, wie diese sinnvollerweise<br />

Wasser speichern können?<br />

Höhne: Viele haben bereits erkannt, dass<br />

man einerseits bei Starkregenereignissen<br />

Retentionsflächen benötigt, damit die Stadt<br />

nicht überflutet wird. Aber andererseits wird<br />

von diesen Niederschlägen noch viel zu wenig<br />

für eine spätere Nutzung gespeichert. Dazu<br />

kommt, dass die Möglichkeiten, die uns der<br />

Gesetzgeber bei der Grauwassernutzung<br />

einräumt, sehr beschränkt sind.<br />

Kürzlich war in den Medien am Beispiel<br />

Florida, wo unter anderem Hurrikane<br />

regelmäßig große Verwüstungen anrichten,<br />

zu erfahren, wie der Klimawandel den<br />

Immobilienmarkt gefährdet. Dort weigern<br />

sich private Versicherungen und Kreditgeber,<br />

Polizzen und Kredite zu vergeben. Die<br />

Folge: Häuser verlieren an Wert. Werden<br />

wir ähnliches auch in Österreich sehen?<br />

Csiszar: Ich glaube schon, dass der Klimawandel<br />

noch massivere Auswirkungen<br />

haben wird. Man muss sich nur Überflutungszonen<br />

anschauen, die in der Vergangenheit<br />

relativ stark bebaut worden sind,<br />

weil sich keiner über mögliche Gefahren<br />

Gedanken gemacht hat. Ich glaube, dass<br />

sich damit auch Banken und Versicherungen<br />

beschäftigen werden.<br />

Labugger: Man muss wirklich bei jeder<br />

Immobilie eine Risikoanalyse machen. Und ich<br />

kenne Fälle aus der Praxis, bei denen angesichts<br />

erhöhter Klimarisiken nicht investiert wurde.<br />

Künftig könnten beispielsweise Gebirgsstandorte<br />

nicht mehr bebaubar sein. Man wird auch<br />

136 ImmoFokus


„Insgesamt stehen wir ganz<br />

am Anfang und müssen viel<br />

schneller Maßnahmen gegen<br />

den Klimawandel setzen.“<br />

Michael Csiszar<br />

CBRE<br />

zur Kenntnis nehmen müssen, dass etwa Hotels<br />

in Lawinengebieten nicht taxonomiefähig sind.<br />

In der Vergangenheit ging es oft nur darum,<br />

schneller oder billiger als andere zu sein.<br />

„Die große Herausforderung<br />

ist, jene zu erreichen, die<br />

noch nicht den Druck der<br />

Taxonomie spüren.“<br />

Marc Guido Höhne,<br />

Delta Projectconsult<br />

Höhne: Ich glaube, dass wir solche Auswirkungen<br />

auf den Immobilienmarkt eher im<br />

ländlichen Raum sehen werden, weniger im<br />

städtischen. Dazu kommt, dass bei uns auch die<br />

Bausubstanz eine andere ist als in den USA.<br />

Haben wir eigentlich realistische Chancen,<br />

dem Klimawandel entgegenzutreten? Wie<br />

optimistisch sind Sie?<br />

Höhne: Es gibt natürlich Momente, die einen<br />

weniger optimistisch stimmen, etwa wenn<br />

von kapitalstarken Investoren zu hören ist:<br />

Wir machen dann Nachhaltigkeit, wenn<br />

wir dazu gezwungen werden. Aber auch<br />

wenn einige das Thema aufschieben oder<br />

relativieren, sehe ich grundsätzlich viel<br />

Aufbruchstimmung. Im Übrigen auch hier in<br />

der Diskussionsrunde.<br />

Csiszar: Ich mache auch Aufbruchstimmung<br />

aus. Und nicht von der Hand zu weisen ist,<br />

dass das Thema Nachhaltigkeit durch die<br />

immer präsenteren Folgen des Klimawandels<br />

mehr und mehr beflügelt wird. Schön ist<br />

auch, dass in der Bau- und Immobilienbranche<br />

immer mehr das Gespräch unter den<br />

unterschiedlichen Beteiligten gesucht wird.<br />

Labugger: Ich bin ebenfalls optimistisch.<br />

Vor allem weil es mit der Taxonomie<br />

gelungen ist, den Nachhaltigkeits- mit dem<br />

ökonomischen Aspekt in Verbindung zu<br />

bringen. Dass das so gut klappt, hätte ich<br />

nicht vermutet. Aufbruchstimmung kann<br />

in der Branche nicht geleugnet werden. Wir<br />

betreuen gerade ein Projekt in Deutschland,<br />

bei dem, ähnlich wie beim Viertel Zwei, mehr<br />

gemacht wird als notwendig ist und nicht<br />

einfach irgendetwas hingestellt wird.<br />

In den letzten zwei, drei Jahren ist wirklich<br />

eine komplette Umkehr in der Herangehensweise<br />

an Projekte zu erkennen. Das begeistert<br />

mich schon<br />

Deinhammer: Ich bin grundsätzlich ein<br />

sehr positiver Mensch. Mein Eindruck<br />

ist: Geht es um unseren Lebensraum, so<br />

kommt schnell Fragen auf, wie geht das<br />

überhaupt, wie weit kann ich bestimmte<br />

Grenzen verschieben? Ich finde wir haben<br />

schon viel erreicht, indem wir uns mit dem<br />

Thema Klimawandel und Nachhaltigkeit<br />

verstärkt auseinandersetzen. Noch dazu<br />

stehen wir auf der richtigen Seite der<br />

Geschichte. <br />

Vom Bauherren- bis zum Vorsorgemodell.<br />

Einfach Steuerberatung vom Feinsten.<br />

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137


ImFokus<br />

Kooperation<br />

auf der Baustelle<br />

Allianzverträge. Allianzverträge werden als Gamechanger für eine erfolgreichere Baustellenabwicklung<br />

gehandelt. Drei Profis diskutierten beim Round Table über Erfahrungen, warum nicht jedes Projekt dafür<br />

geeignet ist und warum es kompetente Bauherren braucht.<br />

Autor: Lisa Grüner<br />

M<br />

iteinander statt gegeneinander,<br />

Problemlösung statt Schuldzuweisung:<br />

Nach wie vor<br />

werden für die Errichtung von<br />

Bauwerken die klassischen Vertragstypen wie<br />

der Einheitspreisvertrag oder Pauschalpreisvertrag<br />

nach der ÖNORM B2110, ÖNORM B2118 oder<br />

dem ABGB herangezogen. Die Zeit für diese<br />

Verträge läuft immer mehr ab, da diese störanfällig<br />

sind. Die Parteien müssen zum Zeitpunkt<br />

der Auftragserteilung einen fixen Preis nennen,<br />

was sich aufgrund sich ständig ändernder Bau-<br />

preise immer schwieriger gestaltet. Auch sind<br />

zu diesem Zeitpunkt oft Risiken oder Probleme,<br />

die während der Bauvertragsabwicklung entstehen,<br />

nicht bekannt. Der Allianzvertrag holt<br />

Auftraggeber und Auftragnehmer in ein Boot:<br />

Es soll eine gemeinsame Interessenlage nach<br />

dem Grundsatz „Best for Project“ geschaffen<br />

werden. Also ein Bündnis, ein vertraglich geregeltes<br />

Verhältnis zwischen gleichberechtigten<br />

Partnern auf Augenhöhe, die gemeinsam<br />

für das Projekt arbeiten und gemeinsam am<br />

Erfolg bzw. Misserfolg des Projekts partizipieren.<br />

ImmoFokus lud Rechtsanwalt Stephan Heid<br />

von Heid & Partner, Wolfgang Pacher, Geschäftsführer<br />

von Swietelsky Tunnelbau, und Klaus<br />

Trefoniuk, Geschäftszweigleiter/Prokurist von<br />

Life Cycle Solutions, Apleona FMS, ein, bei einem<br />

Round Table ihre Erfahrungen zum Thema Allianzverträge<br />

zu diskutieren.<br />

Alternative Vertragsmodelle<br />

„Vor Jahrzehnten haben sich in Australien und<br />

im gesamten angloamerikanischen Raum die<br />

Baubeteiligten alternative Vertragsmodelle<br />

138 ImmoFokus


„Der Auftraggeber ist direkt<br />

an Prozessen, Ergebnissen,<br />

Problemlösungen beteiligt<br />

und muss Entscheidungen<br />

treffen.“<br />

Klaus Trefoniuk,<br />

Apleona FMS<br />

überlegt“, so Heid. „Jetzt ist diese Entwicklung<br />

endlich im europäischen Raum angekommen.<br />

Wir sehen die ersten Pilotprojekte zu hochrangigen<br />

Infrastrukturprojekten im Kraftwerksbau<br />

und im Verkehrswegebau. Anhand dieser<br />

Erfahrungswerte gilt es jetzt, die Modelle nachzuschärfen,<br />

stellenweise zu verbessern, weiterzuentwickeln<br />

und an die österreichische Baupraxis<br />

anzupassen.“ Dabei verweist Heid auf<br />

ein aktuelles Merkblatt der österreichischen<br />

Bauvereinigung mit dem Titel „Alternative<br />

Vertragsmodelle“. „Es zeigt die stufenweise<br />

Modellierung unterschiedlicher Vergabe- und<br />

Vertragsmodelle, vom klassischen ÖNORM-<br />

Vertrag bis hin zum Allianzvertrag“, so der<br />

Rechtsanwalt. „Man kann heute noch nicht<br />

häufig sagen, das ist ein reiner Allianzvertrag,<br />

es gibt auch Mischformen.“<br />

Harmonisierung der Ziele<br />

Pacher ergänzt, dass auch herkömmliche<br />

Einheitspreisverträge vom Allianzgedanken<br />

getragen werden können. „Es ist jedoch nicht<br />

unbedingt die beste Variante, weil ein wesentlicher<br />

Punkt, also die Harmonisierung der<br />

Ziele, fehlt“, so Pacher. „Die Abwicklung des<br />

Einheitspreisvertrags zeigt, dass das Gelingen<br />

eines Projekts von beiden Vertragspartnern<br />

unterschiedlich gesehen werden kann.“ Bezeichnet<br />

der Auftragnehmer das Projekt als<br />

gelungen, heißt das nicht, dass es der Auftraggeber<br />

auch so sieht und umgekehrt. Dies führt<br />

zu unbefriedigenden Situationen für beide<br />

Vertragspartner, so Pacher weiter. „Der Allianzvertrag<br />

könnte da einen Ausweg bieten.“<br />

Trefoniuk bringt ein praktisches Beispiel:<br />

„Wir haben im Sommer mit Strabag und Porr<br />

gemeinsam die Errichtung des Bauteils ‚House<br />

of Science and Engineering‘ der FH Campus<br />

Wien mit einem Allianzvertrag abgeschlossen.<br />

Beim Ausschreibungsverfahren ‚House of<br />

Health‘ waren wir im Vergabeprozess dabei,<br />

sind aber nicht zum Zug gekommen. Beim<br />

Allianzvertrag ist der Auftraggeber stärker<br />

gefordert, er muss viel Know-how und Erfahrung<br />

mitbringen.“ Damit wird auch klar, dass<br />

ein Allianzmodell nicht für jeden Auftraggeber<br />

passt. „Der Auftraggeber muss gut aufgestellt<br />

sein“, so Trefoniuk. „Er will ja partizipieren an<br />

Prozessen, Ergebnissen, Problemlösung, das<br />

heißt, er muss Entscheidungen treffen. Und<br />

das ist gleichzeitig der große Vorteil: Man<br />

kommt schnell zu Entscheidungen, weil der<br />

Auftraggeber tiefer ins Projekt einsteigt und<br />

sich mit dem Auftragnehmer im Sinne des<br />

„Best for Project“-Gedankens auf ein Packerl<br />

haut.“<br />

Die Besonderheit eines echten Allianzvertrags<br />

ist, dass man gemeinsam ein Projekt<br />

auf Zeit realisiert. „Es gibt als wesentlichen<br />

Vertragsbestandteil die Bonus-Malus-Regel“,<br />

ergänzt Pacher. „Beide Parteien haben hier<br />

neben Sicherheit, Qualität und Termin ein<br />

gemeinsames Ziel, die Zielkostenunterschreitung,<br />

welche dann aufgeteilt wird.<br />

Dies ist bei herkömmlichen Verträgen nicht<br />

der Fall. Dazu übernimmt der Allianzvertrag<br />

die üblichen Auftraggeber- und Auftragnehmerrisiken<br />

inklusive Risikogelder in die<br />

gemeinsame Sphäre und „belohnt“ somit die<br />

bestmöglichen Entscheidungen im Sinne der<br />

Projektziele. Das ist der wesentliche Unterschied<br />

in der Struktur des Vertrags.“ Zu diesem<br />

Vertragsmodell braucht es jedoch auch<br />

eine passende Projektkultur, die Beteiligten<br />

brauchen den Sachverstand, um mit einem<br />

Open-Book-Modell umzugehen. „Es werden<br />

die tatsächlichen Baukosten offengelegt, die<br />

der Bauunternehmer auf jeden Fall vergütet<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

139


ImFokus<br />

„Projektteams bei einem<br />

Allianzvertrag haben die<br />

Fähigkeit, aus einem Me-<br />

Projekt ein We-Projekt zu<br />

machen.“<br />

Stephan Heid,<br />

Heid&Partner<br />

erhält – das ist seine Sicherheit“, so Pacher.<br />

Der Auftraggeber erhält dazu sowohl Einsicht<br />

als auch Mitbestimmungsrecht bei allen kostenrelevanten<br />

Entscheidungen von Lieferanten<br />

über Subunternehmer bis hin zu den Löhnen.<br />

Diese muss der Auftraggeber verstehen<br />

und prüfen können.“ Die große Stärke des Allianzvertrags<br />

ist der projektpartnerschaftliche<br />

Ansatz, wie mit schwierigen Situationen<br />

umgegangen wird – wenn sich beispielsweise<br />

die Bodenverhältnisse oder die Tragfähigkeit<br />

von Strukturen im Bestand verändern etc.<br />

„Dann schafft es der Allianzvertrag, dass sich<br />

alle an einen Tisch setzen, um die technisch<br />

beste Lösung zu realisieren“, so Pacher. „Und<br />

die Lösungskompetenz aller Allianzpartner<br />

wird gefordert.“<br />

Risksharing sinnvoll aufsetzen<br />

Damit wird klar: Projekte, Bauherren, finanzielles<br />

Volumen müssen für einen Allianzvertrag<br />

passen, was in der Vergabe ein höherer<br />

Aufwand bedeutet. „Ein gewisses finanzielles<br />

Volumen braucht es, um Mehrkosten im Prozess<br />

abbilden zu können und ein Risksharing<br />

sinnvoll aufsetzen zu können“, so Heid. „Vor<br />

allem bei Projekten, die eine gewisse technische<br />

Komplexität und hohe Abweichungswahrscheinlichkeit<br />

haben.“<br />

Trefoniuk ergänzt, dass Lean Management und<br />

BIM einen zusätzlichen positiven Impact auf<br />

Zusammenarbeit und Prozessoptimierung in<br />

den Phasen Planung und Ausführung bieten.<br />

Finden des Allianzauftragnehmers<br />

Pacher wechselt in der Praxis zwischen Allianzverträgen<br />

und Einheitspreisverträgen hin<br />

und her. „Es ist wichtig, aus alten Mustern<br />

auszubrechen.“ Trefoniuk wirft ein, dass<br />

man sich vorab gut überlegen muss, welcher<br />

Projektleiter zum Auftraggeber passt. „Ideal<br />

wären vorab schon Vorgaben, welche Skills die<br />

Person für das Projekt mitbringen soll.“ Doch<br />

nach welchen Kriterien wird ausgewählt und<br />

wie sieht das vergaberechtlich aus?<br />

„Vergaberechtlich ist es dann sauber gelöst,<br />

wenn neben den harten Fakten auch weiche<br />

Faktoren so dargestellt werden, dass sie für<br />

eine Vergabekontrollbehörde nachvollziehbar<br />

sind“, so Heid. „Wenn man einen Blick in HR-<br />

Abteilungen wirft und sich die Prozesse erläutern<br />

lässt, dann wird man viel wiederfinden,<br />

was auftraggeberseitig zur Bewertung der weichen<br />

Kriterien herangezogen wird. Es geht um<br />

eine Prognose, wie Menschen in der Zukunft<br />

agieren werden, wenn es kritische Situationen<br />

gibt. Eine klassische Methode besteht darin, sie<br />

einer Stresssituation auszusetzen.“ Das ausgewählte<br />

Team des Bieters erhält eine Problemstellung,<br />

die mit einer Vorbereitungszeit von<br />

30 Minuten bis mehrere Stunden gemeinsam<br />

bearbeitet und dann präsentiert werden muss.<br />

Die Bewertungskommission erkennt die Dynamik<br />

des Herangehens an die Lösung, die sie<br />

ins Votum einbeziehen kann. Personalberater<br />

haben entsprechende Erfahrungen bei diesen<br />

Hearings und können die Teamfähigkeit der<br />

Mitglieder und ihre Skills im interdisziplinären<br />

Arbeiten bewerten. Beim Assessment zeigt<br />

sich sofort, ob man eine homogene Gruppe<br />

vor sich hat oder Alpha-Tiere mit divergierenden<br />

Lösungen. Die Ergebnisse sind nicht nur<br />

spannend, sondern auch aussagekräftig für die<br />

zukünftige Auftragsabwicklung.<br />

Schlüsselfaktor Soft-Skill<br />

Pacher ergänzt, dass jemand für ein Allianzprojekt<br />

geeignet ist, wenn er seiner Wahrnehmung<br />

zufolge einen herkömmlichen Einheitspreisvertrag<br />

erfolgreich abgewickelt hat und<br />

auch sein Vertragspartner das so sieht. „Das<br />

wäre die erste Bedingung. Die zweite Voraussetzung<br />

wäre ein nicht erfolgreich abgewickeltes<br />

Einheitspreismodell, dann weiß er, was er<br />

nicht mehr will und wie man das bei einem geeigneten<br />

vertraglichen Rahmen zukünftig im<br />

140 ImmoFokus


Sinne des Projekts vermeidet. Trefoniuk wirft<br />

ein, dass die Auswahl des richtigen Partners im<br />

Soft-Skill-Bereich der Schlüsselfaktor für eine<br />

erfolgreiche Projektabwicklung ist. „Es ist wie<br />

überall, schlussendlich sind es die Menschen,<br />

die miteinander tun und können müssen.“<br />

Heid ergänzt, dass die Techniker in Führungspositionen<br />

langjährig im Geschäft sind und<br />

eine gute Einschätzungsgabe für das Vis-à-vis<br />

mitbringen, also auch anhand der Praxis geschult<br />

sind, von Konflikten zu Kompromissen<br />

zu kommen. „Wo es um die Verstärkung der<br />

Objektivierung von Entscheidungsprozessen<br />

geht, wird man externe Experten, wie Personalberater<br />

oder Human-Resources-Manager<br />

hinzuziehen.“<br />

Kein Schönwetterprogramm<br />

Pacher wirft noch einmal ins Rennen, dass<br />

ein gelungenes Projekt kein Schönwetterprogramm<br />

ist. „Bauen ist in Krisensituationen<br />

eine Riesenherausforderung, der Allianzvertrag<br />

gibt uns den Rahmen, dass wir uns nicht<br />

mit einem Rechtfertigungssystem belasten<br />

müssen, sondern nach bestem Wissen und<br />

Gewissen ohne Taktiererei eine Entscheidung<br />

treffen können. Diese Entscheidungen stellen<br />

meistens Kompromisse aus einer Vielzahl<br />

an Optionen dar und können auch weh tun.“<br />

Heid bestätigt, dass in Allianzverträgen harte<br />

Entscheidungen zu treffen sind, sich diese<br />

aber um sachliche Fragen, wie das Projekt aus<br />

technischer Sicht betriebswirtschaftlich und<br />

bauwirtschaftlich am besten gelöst werden<br />

kann, drehen. „Die Energie läuft nicht wie<br />

beim klassischen ÖNORM-Vertrag zu Dokumentation<br />

und Warnschreiben, um dann im<br />

Konfliktfall solitär bestmöglich auszusteigen.“<br />

Das spricht zwangsläufig auch andere Menschen<br />

an, es ist nicht jeder geeignet, Mitglied<br />

eines Projektteams bei einem Allianzvertrag<br />

zu sein. „Das sind Menschen, die die Fähigkeit<br />

haben, aus einem Me-Projekt ein We-Projekt<br />

zu machen, die interdisziplinär in der Gruppe<br />

arbeiten und Gedanken der Schwarmintelligenz<br />

zulassen“, so Heid. Pacher ergänzt, dass<br />

auch im Allianzvertrag, die übliche Routinedokumentation<br />

gepflegt wird, allerdings der<br />

Druck der Stichtagsabrechnung wegfällt. „Die<br />

Qualitätskontrolle und eine zweite Meinung<br />

einer externen örtlichen Bauaufsicht ist nach<br />

wie vor wichtiger Bestandteil des Projekts“, so<br />

Pacher. Alle drei Diskutanten sind sich einig,<br />

dass das Modell des Allianzvertrags besonders<br />

die junge Generation anspricht und damit zum<br />

wesentlichen Aspekt wird, helle Köpfe anzuziehen<br />

und das Arbeitsklima auf der Baustelle<br />

wesentlich zu verbessern.<br />

„Der Allianzvertrag schafft,<br />

dass sich alle an einen Tisch<br />

setzen, um die technisch<br />

beste Lösung zu realisieren.“<br />

Wolfgang Pacher,<br />

Swietelsky Tunnelbau<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

141


ImFokus<br />

Die Basis ist das Produkt<br />

Marketing-Profi. Bernhard Klein, Head of International Marketing & Brand Management bei der Immofinanz,<br />

spricht im Interview unter anderem über die Markenstrategie der Immofinanz, was den Erfolg einer Marke<br />

ausmacht und den Status Quo mit „On Top Living“.<br />

Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />

Was ist überhaupt eine Marke?<br />

Bernhard Klein: Wenn sehr viele Menschen,<br />

also die Masse, wenn man so will, dasselbe<br />

über ein Unternehmen, ein Produkt oder<br />

eine Dienstleistung denken, kann man<br />

von einer Marke sprechen. Das kann<br />

genau so der Dorfbäcker sein, der für seine<br />

hervorragenden Semmeln bekannt ist, wie<br />

ein multinationaler Konzern wie Volvo.<br />

Dass Volvo für Sicherheit steht, weiß man<br />

von Nordschweden bis Südafrika – auch<br />

wenn man noch nie einen gefahren hat. Im<br />

Immobilienbereich kennt man Marken wohl<br />

am ehesten im Hotelsegment. Hilton oder<br />

Motel One sind nur zwei Beispiele. Weniger<br />

bekannt sind sie im Retail- und Bürosektor.<br />

Wie man auch dort eine erfolgreiche Marke<br />

entwickelt, ist genau das, womit wir uns<br />

beschäftigen.<br />

Die Immofinanz fährt ja schon seit längerem<br />

eine Markenstrategie. Wenn ich mich<br />

zurückerinnere, ist das in der Real Estate<br />

Community anfangs nicht durchwegs auf<br />

Verständnis gestoßen…<br />

Festgelegt wurde die Markenstrategie vor<br />

meiner Zeit. Nachdem entschieden wurde,<br />

das Portfolio auf die Assetklassen Retail und<br />

Büro aufzuteilen, entstanden die Office-<br />

Marke myhive sowie die Retail-Pendants<br />

STOP SHOP (Fachmarktzentren) und VIVO!<br />

(Shoppingcenter). Die dazugehörigen<br />

Logos waren schon entwickelt. Gemeinsam<br />

mit meinem Team habe ich mich dann<br />

darangesetzt, diese Marken von Grund auf<br />

aufzubauen.<br />

Wie sind Sie dabei vorgegangen?<br />

Die Basis ist das Produkt. Aber in Wahrheit<br />

ist fast jedes Produkt, außer man redet<br />

wirklich von Semmeln vom Dorfbäcker, viel<br />

zu komplex, als dass von vornherein klar ist,<br />

was man im Marketing in den Vordergrund<br />

stellen soll. Begonnen haben wir daher mit<br />

Markenanalysen. Dabei haben wir ermittelt,<br />

was die sogenannten Markentreiber sind.<br />

Also was die Menschen dazu bringt, gerade<br />

in ein VIVO!-Shoppingcenter zu gehen.<br />

142 ImmoFokus


Dabei kommen auch statistische Analysen<br />

(Regressionsanalysen) zum Einsatz, die Ursache<br />

und Wirkung zusammenbringen. Der<br />

Unterschied zwischen beiden: Die Ursachen<br />

kann ich managen, die Wirkung nicht. Über<br />

allem steht am Ende des Tages das Image,<br />

das von konkreten Ursachen gefüttert wird.<br />

Und diese Ursachen haben wir in der Hand.<br />

Also wieso geht man beispielsweise in ein<br />

STOP-SHOP-Fachmarktzentrum?<br />

Die Standorte unserer STOP-SHOP-Fachmarktzentren<br />

sind kein Zufall. Die Auswahl<br />

erfolgt immer nach dem gleichen Prinzip:<br />

Sie sind von der Stadtgrenze aus – wobei die<br />

jeweilige Stadt mindestens 10.000 Einwohner<br />

haben muss – in drei Minuten mit dem<br />

Auto zu erreichen. Mindestens über eine<br />

Landstraße. Sowie mindestens mit Bus,<br />

Straßenbahn oder Zug. Kurz: Jedes STOP-<br />

SHOP-Fachmarktzentrum muss schnell<br />

erreichbar sein. Darüber hinaus gehören<br />

zu den weiteren Markentreibern von STOP<br />

SHOP günstige Angebote und eine spezifische<br />

Auswahl an Shops.<br />

Sind die Retailer an allen Standorten<br />

dieselben?<br />

Egal von welchem Standort, über welchen<br />

unserer Märkte wir sprechen, über zehn<br />

Prozent wird der Anteil der lokalen Mieter<br />

nie liegen. Weil uns auch die internationalen<br />

Ketten bei der Schaffung neuer Standorte<br />

begleiten. Das hat den angenehmen<br />

Nebeneffekt, dass wir schon mal von Haus<br />

aus eine gewisse Grundauslastung sicherstellen<br />

können.<br />

Eine gewisse Duplizierbarkeit ist sicher<br />

kein Nachteil, wenn es um die Entwicklung<br />

neuer Objekte geht?<br />

Nach innen hat eine Marke natürlich<br />

massive Vorteile. Bei der Entwicklung eines<br />

Bernhard Klein<br />

Bernhard Klein, Absolvent der Hochschule St. Gallen (Executive MBA General Management)<br />

verantwortet als Head of International Marketing & Brand Management seit 2016<br />

die Entwicklung von Retail- und Immobilienmarken in Ost- und Südosteuropa bei der<br />

Immofinanz. Davor leitete er unter anderem die touristische Markenführung der Stadt<br />

Wien in 21 Ländern, die internationale Kommunikation beim Spezialisten für Medizinund<br />

Hygieneprodukte Lohman & Rauscher sowie die Marketingabteilung von Fischer-Ski.<br />

Darüber hinaus ist der allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige<br />

für Marketing und Medienwesen Vortragender an Universitäten und Associate der<br />

Brandmeyer Markenberatung in Hamburg.<br />

neuen Fachmarktzentrums muss man sich<br />

nicht jedes Mal Gedanken darüber machen,<br />

wie die Toilettenanlage oder die Beleuchtung<br />

ausschauen soll. Egal ob STOP SHOP,<br />

VIVO! oder myhive – alle Standorte sind<br />

duplizierbar wie eine McDonalds-Filiale und<br />

können dementsprechend schneller als andere<br />

einschlägige Projekte errichtet werden.<br />

Auch Fehler werden dadurch vermieden.<br />

Dasselbe gilt für die Vermarktung: Wir<br />

wissen genau, worauf es ankommt, was die<br />

Kundschaft hören will, und richten unser<br />

Handeln danach aus.<br />

„Wir wissen genau, worauf es<br />

ankommt, was die Kundschaft hören<br />

will, und richten unser Handeln<br />

danach aus.“<br />

Bernhard Klein,<br />

Immofinanz<br />

Für was steht wiederum die Marke myhive?<br />

Da gibt es den internen Arbeitstitel: Es ist<br />

kein Office für Start-ups, sondern ein Office<br />

für Grown-ups, also erwachsene Unternehmen.<br />

Wir wollen Unternehmen ansprechen,<br />

die in ihrer Entwicklung vielleicht schon<br />

etwas über die Start-up-Phase hinaus sind.<br />

Das spiegelt sich natürlich auch in der<br />

Qualität der Ausstattung und im Platzangebot:<br />

Wir bieten nicht Klapptische auf<br />

zwei Quadratmetern an, sondern Tische<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

143


ImFokus<br />

aus Vollholz auf zwölf Quadratmetern.<br />

Gleichzeitig beschäftigen wir an jedem<br />

Standort Community-Manager, die sich um<br />

die Gemeinschaft vor Ort kümmern und<br />

beispielsweise After-Work-Events, Weiterbildungen<br />

und Vorträge organisieren.<br />

Durch solche Angebote differenzieren wir<br />

uns am Markt sehr gut vom Mitbewerb.<br />

myhive gehört also zum gehobeneren<br />

Segment?<br />

Durchaus. Wir reden aber nicht von Luxury,<br />

sondern sehen uns als Bridge-Marke<br />

zwischen Wework und Luxury. Wie gesagt:<br />

Wir wollen Grown-ups ansprechen, also<br />

Unternehmen, die ihre Geschäftsidee vielleicht<br />

schon weiter vorangetrieben haben<br />

und fünf bis zehn Angestellte beschäftigen.<br />

Sie können ihre Flächen beliebig erweitern<br />

oder, falls es mal nicht so läuft, auch<br />

reduzieren.<br />

myhive steht auch für Flexibilität?<br />

Genau. Dieses Thema ist bekanntlich durch<br />

die Pandemie nochmals befeuert worden.<br />

Auch wir bieten heue etwa noch kurzfristigere<br />

Mietverträge an als zuvor. Flexibilität<br />

ist sicher heute der wichtigste Markentreiber<br />

in der Bewerbung von myhive. Die<br />

Pandemie hat darüber hinaus noch einen<br />

weiteren Aspekt des Office befeuert.<br />

„Die Sehnsucht<br />

nach dem Social-<br />

Office-Life ist<br />

groß. Die Leute<br />

wollen sich wieder<br />

austauschen und<br />

vernetzen.“<br />

Bernhard Klein,<br />

Immofinanz<br />

Der wäre?<br />

Die Rolle als Social Hub. In die Tasten klopfen<br />

sowie E-Mails abarbeiten und Calls erledigen,<br />

das kann man sehr gut von zuhause<br />

aus, wie wir in den letzten beiden Jahren<br />

alle gesehen haben. Aber den Austausch<br />

mit den Kollegen, das schafft man halt nicht<br />

nur von zuhause aus. Wir haben es auch in<br />

unseren myhive-Standorten gesehen: Die<br />

Sehnsucht nach dem Social-Office-Life ist<br />

groß. Die Leute wollen sich wieder austauschen<br />

und vernetzen. Vielleicht nicht fünf<br />

Tage die Woche, aber drei oder vier.<br />

Wie man hört, reservieren immer mehr Büroentwickler<br />

bei neuen Projekten Flächen,<br />

die flexibel vermietet werden und auch<br />

für eine entsprechende Auslastung ihrer<br />

Objekte sorgen. Nimmt insgesamt Ihre<br />

Konkurrenz von verschiedenen Seiten zu?<br />

Jein. Zwar wächst hier wie da das Angebot<br />

an flexibel anmietbaren Flächen, sich am<br />

Markt erfolgreich zu positionieren, ist<br />

aber nicht so einfach. Es geht ja nicht nur<br />

darum, Flächen anzubieten, sondern auch<br />

die Vernetzung der Mieter untereinander zu<br />

fördern. Dass myhive in der Ungargasse, der<br />

Standort, an dem wir uns gerade befinden,<br />

unmittelbar nach dem Aufsperren mehr<br />

oder weniger „fully leased“ war, zeigt die<br />

Strahlkraft, die die Marke mittlerweile<br />

erreicht hat.<br />

Bei einer neuen Marke der Immofinanz,<br />

die kürzlich offiziell vorgestellt wurde – On<br />

Top Living – kann ich mir vorstellen, dass<br />

der Aufbau etwas schwieriger sein könnte.<br />

Mit „Wohnen über dem Fachmarktzentrum“<br />

wird wohl so mancher in erster Linie<br />

eine Lage im Gewerbegebiet vor einer<br />

Stadt verbinden. Erlauben Sie mir die<br />

etwas überspitzte Formulierung: „Wohnen<br />

beim Kreisverkehr“…<br />

Also der USP Living ist einerseits günstiges<br />

und andererseits nachhaltiges Wohnen.<br />

Also wir reden hier einerseits von einer<br />

gewissen Basismiete, die nicht überschritten<br />

werden darf. Und andererseits von<br />

Holzmodulbau.<br />

Bei der Bilanzpressekonferenz im April<br />

wurde ja vom Management (Ex-COO<br />

Dietmar Reindl, Anm.) bestätigt, dass<br />

die Miete von maximal zehn Euro pro<br />

Quadratmeter mehr oder weniger in Stein<br />

gemeißelt ist...<br />

Genau. Dennoch soll „On Top Living“ nicht<br />

als Billigmarke positioniert werden. Der<br />

„Smart Living“-Aspekt gefällt uns besser.<br />

Erlauben Sie mir ein Beispiel aus der<br />

Automobil-Welt. Fährt man heute einen<br />

Skoda, gilt das nicht als „billig“ oder gar<br />

„peinlich“, sondern als „smart“. So oder so<br />

hilft eine gewisse Duplizierbarkeit dabei,<br />

Kosten zu sparen. Für mich ist es ohnehin<br />

schwer zu verstehen, wieso man in der<br />

Immobilienbranche jedes Wohnprojekt so<br />

144 ImmoFokus


Wäre es eigentlich auch möglich, bestehende<br />

Fachmarktzentren zu „adaptieren“?<br />

Wenn ja, bei laufendem Betrieb oder<br />

müsste man sie während der Arbeiten<br />

zumindest vorübergehend schließen?<br />

Wir haben ein System entwickelt, bei<br />

dem der betreffende Retail Park während<br />

der laufenden Bauarbeiten offen bleiben<br />

könnte. Nehmen wir als Beispiel ein Objekt<br />

in I-Form – die Objekte werden ja in I-, U-<br />

und L-Form realisiert. Da würde im hinteren<br />

Teil eine Art Brücke errichtet werden. Auf<br />

diesen Brückensockel würden die Module<br />

draufgestellt werden. Der laufende Betrieb<br />

wäre dadurch nicht beeinträchtigt. Die<br />

Kunden würden die Arbeiten großteils nicht<br />

wahrnehmen – auch weil beispielsweise<br />

Baumaterialien et cetera auf der Rückseite<br />

angeliefert werden würden.<br />

„Für mich ist es ohnehin schwer<br />

zu verstehen, wieso man in<br />

der Immobilienbranche jedes<br />

Wohnprojekt so angeht, als ob es zum<br />

ersten Mal gebaut würde.“<br />

Bernhard Klein,<br />

Immofinanz<br />

Wie schaut es mit Garagenplätzen aus?<br />

Es werden Außenparkplätze realisiert. Die<br />

sind schon da beziehungsweise bei neuen<br />

STOP-SHOP-Retail-Parks ohnehin Teil des<br />

Konzepts, wodurch eine gewisse Grundvoraussetzung<br />

abgedeckt wird.<br />

Bedeutet On Top Living einen Rückschritt<br />

in der Strategie beziehungsweise die<br />

Rückkehr zum Wohnsegment, das man ja<br />

mit dem Buwog-Spin-off 2014 abgegeben<br />

hatte? Damals waren ja Pure-Play-Portfolios<br />

en vogue…<br />

Wir sehen das etwas anders: Mit On Top<br />

Living gehen wir nicht erneut direkt in<br />

den Residential-Sektor rein, sondern in die<br />

Zweitnutzung unserer STOP-SHOP-Retail-<br />

Parks.<br />

angeht, als ob es zum ersten Mal gebaut<br />

würde. Das Prinzip des Duplizierens versuchen<br />

wir jedenfalls auch bei On Top Living<br />

umzusetzen.<br />

Wie ist die Idee eigentlich entstanden?<br />

Der Ausgangspunkt war ein intensiver<br />

Nachdenkprozess über die Zweitnutzung<br />

unserer bestehenden Immobilien. Da<br />

dachten wir etwa an Sachen wie Windparks<br />

auf unseren unbebauten Grundstücken oder<br />

Solardächer auf Bestandsgebäuden. Da ist<br />

dann irgendwann die Idee entstanden, Wohnungen<br />

auf Fachmarktzentren beziehungsweise<br />

unsere STOP-SHOP-Retail-Parks<br />

draufzusetzen. Die Idee ist ja in Wahrheit<br />

sehr simpel. Aber bis zu den ersten Renderings<br />

hat sich keiner vorstellen können, wie<br />

das Ganze ausschauen könnte.<br />

Gehe ich richtig davon aus, dass On Top<br />

Living bei neuen Märkten umgesetzt wird?<br />

Genau. Wir bauen jetzt einen Piloten, in<br />

Simmering. Danach schauen wir weiter. Wir<br />

haben gerade in der Triester Straße einen<br />

Mockup-Room gebaut. Um auch ein Gefühl<br />

dafür zu bekommen, ob das Ganze funktionieren<br />

wird.<br />

Viele Experten, die ich in den vergangenen<br />

Wochen und Monaten darauf angesprochen<br />

habe, sind jedenfalls von On Top<br />

Living begeistert. International gebe es<br />

nichts Vergleichbares, so der Grundtenor…<br />

Uns ist auch nichts bekannt – zumindest in<br />

großem Stil. Ideal wäre es, On Top Living als<br />

Franchise zu betreiben. Die Wohnmodule<br />

müssen ja nicht zwangsweise auf einem<br />

STOP-SHOP-Retail-Park stehen, sondern<br />

könnten beispielsweise auch auf Hoferoder<br />

Billa-Märkte draufgesetzt werden. Vor<br />

allem am Land gibt es ja genügend freistehende<br />

Gewerbeimmobilien, wo das Konzept<br />

umgesetzt werden könnte.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

145


ImFokus<br />

Metaverse<br />

Digitaler Immobilienkauf. Real-Estate-Verkäufe erreichten im Metaverse 2021 ein<br />

Verkaufsvolumen von 500 Millionen US-Dollar. <strong>2022</strong> könnte sich der Wert verdoppeln.<br />

Autor: Lisa Grüner<br />

F<br />

irmen investieren massiv in Metaverse-Grundstücke<br />

und planen<br />

Präsenzen wie virtuelle Gebäude.<br />

Dabei geht es um richtig viel Geld.<br />

Ein paar Zahlen gefällig? Ein digitales Grundstück<br />

wird im Metaverse um 2,34 Millionen US-Dollar<br />

verkauft, also um mehr, als ein Apartment in<br />

New York City kostet. Der italienische Fußballer<br />

Marco Verratti kaufte ein virtuelle Privatinsel – um<br />

120.000 US-Dollar. Dubai plant bis 2030 vier<br />

Milliarden Euro im Metaverse zu investieren,<br />

Seoul kündigte ein Investment von 3,3 Milliarden<br />

Dollar bis 2030 an.<br />

Das Metaverse ist ein Netzwerk von 3D-Welten,<br />

wo Menschen mit ihrer digitalen Identität<br />

in virtuellen Gebäuden miteinander interagieren,<br />

einkaufen, arbeiten, lernen, spielen und<br />

sich unterhalten. Manch einen mag das an<br />

den Film Matrix erinnern. Sehen wir uns das<br />

Beispiel Seoul an: Die Hauptstadt Südkoreas<br />

möchte seinen Bürgern und Unternehmen<br />

ein zweites Leben im Metaverse ermöglichen.<br />

Es soll ein Rundumerlebnis von Kultur bis<br />

Shopping im Metaverse möglich sein, wobei<br />

der Fokus auf digitalem Kommerz und einer<br />

leichten Zugänglichkeit für Unternehmen und<br />

Bürger liegt. In anderen Worten: Es wird ein attraktives<br />

Umfeld für Unternehmen geschaffen,<br />

die sich dort präsentieren, aber auch Erlebnisse<br />

bieten können. Erstellt werden digitale Zwillinge<br />

zur Optimierung der Stadtentwicklung.<br />

Hohe Investitionen<br />

Die Namen der Firmen, die im Metaverse investieren,<br />

lesen sich wie das Who is who der<br />

Markenwelt. Hier sollen nur einige genannt<br />

werden: Samsung, Forever21, Philipp Plein,<br />

adidas, Warner Music, Binance … Die Firmen<br />

verwenden Metaverse-Stores als digitale<br />

Foto: Adobe Stock<br />

146 ImmoFokus


Die Metaverse-Liegenschaft vs. Immobilien Tokenisation<br />

Metaverse-Liegenschaft<br />

Rein digitales Asset<br />

Alternatives Produkt zum kl.<br />

Immobilienmarkt<br />

Legal Implications<br />

Übertragung von rechtlichen<br />

Fragestellungen in eine digitale<br />

Umgebung<br />

Generelle Anwendbarkeit von<br />

bestehenden Bestimmungen? -<br />

Jurisdiktion?<br />

Geltendmachung von<br />

Ausschließlichkeitsrechten? -<br />

Schaffung von Eigentum?<br />

vs.<br />

Buy LAND<br />

Immobilien Tokenisation<br />

Reales Asset mit gesteigerter<br />

Handelbarkeit durch Tokenisierung<br />

Digitalisierung des bisherigen Angebots<br />

Legal Implications<br />

Direkte vs. indirekte Tokenisierung<br />

Aufsichtsrechtliche Fragestellungen -<br />

potenzielle Schaffung eines regulierten<br />

Finanzproduktes<br />

Aushebelungder Sicherheiten des<br />

Grundbuchs<br />

Umgehung des SachenR durch reine<br />

schuldR Ansprüche<br />

Schaufenster, präsentieren neue Modelle in<br />

ihren Flagship-Stores und kombinieren dort<br />

geschickt Erlebnisse mit Produktpräsentationen.<br />

Das lassen sich die Firmen durchaus eine<br />

Menge Geld kosten.<br />

Potenziale einer Liegenschaft<br />

Die Firmen sehen große Potenziale in einer<br />

Metaverse-Liegenschaft. Einerseits ist sie ein<br />

Investment, andererseits eine Bebauungsmöglichkeit<br />

bzw. eine Immobilienentwicklung.<br />

Weiteres Potenzial steckt in der Vermietung<br />

des Grundstücks bzw. der Immobilie. Eine<br />

Vermietung ist eine vorübergehende Überlassung<br />

des (ausschließlichen) Nutzungsrechts.<br />

Die Vermietung kann ohne Transfer des<br />

NFTs durch Smart Contracts geregelt werden.<br />

Kurz zur Erklärung: Ein Non-Fungible Token<br />

(NFT) ist ein „kryptografisch eindeutiges, unteilbares,<br />

unersetzbares und überprüfbares<br />

Token, das einen bestimmten Gegenstand, sei<br />

er digital oder physisch, in einer Blockchain<br />

repräsentiert“. Eine zweite Möglichkeit ist die<br />

tatsächliche Übertragung des NFTs auf eine<br />

Wallet, unter Vereinbarung einer Rückübertragungspflicht.<br />

Und da fangen die rechtlichen<br />

Fragestellungen bereits an: Handelt es sich um<br />

eine Lizensierung oder eine klassische Miete?<br />

Ergibt sich daraus eine Anwendbarkeit von<br />

klassischen mietrechtlichen Bestimmungen?<br />

Wie sieht es mit der Anwendbarkeit von potenziellen<br />

Schutzbestimmungen aus? Welche<br />

technischen Grenzen bestehen bei der rechtlichen<br />

Ausgestaltung?<br />

Darstellung / „Verbriefung“ eines<br />

realen Grundstücks<br />

Eigentum am virtuellen Grundstück<br />

Kein grundbücherliches Eigentum im<br />

rechtlichen Sinne<br />

Rechtliche Einordnung<br />

Klare Zuordnung des virtuellen<br />

Grundstücks zu einem Käufer mittels<br />

NFT (dezentrale Plattform)<br />

Umfang des Nutzungsrechts (Bebauung,<br />

Vermietung, etc.)<br />

Ausschließlichkeitsrechte ggü Dritten /<br />

Rechtsdurchsetzung<br />

Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigen<br />

sich in Österreich beispielsweise Martin Hanzl<br />

von EY Law, Pelzmann Gall Größ Rechtsanwälte<br />

und Michael Schramm, Leiter des<br />

Blockchain-Kompetenzzentrums DACH bei EY<br />

Consulting. Sie haben bei der Blockchain Real<br />

<strong>2022</strong> in Wien das Thema unter die Lupe genommen<br />

und kamen zu dem Schluss, dass sich<br />

die Gesetze und die Rechtsprechung mit dem<br />

Thema digitale Immobilien und Grundstücke<br />

in nächster Zeit vermehrt beschäftigen werden<br />

müssen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

147


ImFokus<br />

Frisch gestärkt<br />

in den Tag<br />

Knapp nach Sonnenaufgang. Wenn frühmorgens Immobilienmanager ins König Ludwig<br />

bei dem Riem Arcaden eilen, gibt es nur einen wichtigen Grund: Das Expo Real EarlyBird Frühstück.<br />

N<br />

ach zwei Jahren pandemiebedingter<br />

Pause konnte das ImmoFokus-Team<br />

wieder in das<br />

König Ludwig zu einer kleinen<br />

Stärkung laden – ein traditioneller Bestandteil<br />

der Expo Real.<br />

Bei Süßem und Herzhaften wurde bereits ein<br />

erstes Zwischenresümee gezogen. Sorgen um<br />

hohe Inflation, Zinsanstiege und Ukrainekrieg<br />

lasten auf der diesjährigen Expo Real: Investoren<br />

und Developer sind zurückhaltender, Finanzierer<br />

treten auf die Bremse und Themen wie leistbares<br />

Wohnen stehen ganz oben auf der Agenda<br />

bei der größten europäischen Fachmesse für<br />

Immobilien und Investments. Aber der Blick ist<br />

zweifellos auch in die Zukunft gerichtet, wie das<br />

omnipräsente Thema ESG unterstreicht – egal,<br />

ob es unter anderem um grüne Finanzierungen,<br />

nachhaltige Logistik, die 15-Minuten-Stadt oder<br />

die einschlägigen Lösungen von auffallend vielen<br />

PropTechs geht.<br />

Gemeinsamer Tenor: Immobilien sind gerade<br />

in Krisen immer der gesuchte „sichere Hafen“<br />

gewesen und letzten Endes werde das auch für<br />

die aktuelle Situation gelten.<br />

148 ImmoFokus


Beim von ImmoFokus Relations-Managerin Tanja Klingseis perfekt organisiertem<br />

Frühstück dabei waren unter anderem: Klemens Anderl - value one<br />

development, Ari Benz - squarebytes, Alexander Bosak - Exploreal, Whitney<br />

Chaibane - IMMOunited, Karl Derfler - ADEQAT Investment, Daniel Deutsch<br />

- Plenus, Ingrid Fitzek-Unterberger - BUWOG, Katrin Gögele-Celeda - Immofinanz,<br />

Nina Grillenberger - value one development, Christine Gumpoldsberger<br />

- BUWOG, Kurt Hafenscher - Bank Gutmann, Thomas Hölzl - EY, Karl Karl<br />

Koller - PwC, Ewald Kiss - value one development, Wolfgang Kradischnig -<br />

Delta, Christian Leikam - team neunzehn, Mark Leiter - Art-Invest, Andreas<br />

Liebsch - GoAsset, Philipp Maisel - Otto Immobilien, Michael Michael Kuhn<br />

- United Benefits Holding, Andreas Millonig - IMMOunited, Anna Neubacher<br />

- IMMOunited, Alessia Pasqua - KONE, Klaus Pfeiffer - Weber & Co. Rechtsanwälte,<br />

Andreas Polak-Evans - Modesta, Reinhard Prüfert - Colourfish Real,<br />

Gernot Ressler - EY, Marius Richter - PwC, Franz Rittsteuer - PwC, Wolfgang<br />

Scheibenpflug - Flughafen Wien, Christian Schmück - Colourfish Real, Karina<br />

Schunker - EHL Wohnen, Georg Spiegelfeld - Spiegelfeld Immobilien, Charles<br />

Steiner - DMV – della lucia medien, Elisabeth Stocker - CERHA HEMPEL<br />

Rechtsanwälte, Steffen Tennert - KONE, Albin Thunhart - ÖRAG Österreichische<br />

Realitäten, Peter Ulm - Allora Immobilien, Christoph Urbanek - Schindler<br />

Rechtsanwälte, Peter Vcelouch - CHSH Rechtsanwälte, Jenni Wenkel - Union<br />

Invest, Bernd Winter - BDO, Daniela Witt-Dörring - Weber & Co. Rechtsanwälte,<br />

Peter Wondra - ecoplus.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

149


ImFokus<br />

150 ImmoFokus


Hier geht‘s<br />

zum Video<br />

www.immo-timeline.at<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

151


Events & Awards<br />

Events & Partys der<br />

Immobilien-Society<br />

VÖPE-HERBSTKONFERENZ<br />

Bei der VÖPE-Herbstkonferenz am Dienstag, 11.<br />

Oktober im Haus der Industrie stand das Thema<br />

Wirtschaftsstandort im Fokus. Insbesondere, wie<br />

man eine Stadt bzw. eine Region für Betriebsansiedelungen<br />

attraktiv machen kann und wie das<br />

die Immobilienwirtschaft beflügelt. Spannende<br />

Einblicke gaben dabei die beiden Keynote Speaker:<br />

der Münchner Wirtschaftsstadtrat Clemens Baumgärtner<br />

und René Tritscher, Geschäftsführer der<br />

Austrian Business Agency.<br />

Den anschließenden Herbstempfang nützte das<br />

Who is Who der heimischen Immobilienszene um<br />

zu networken. Für gute Stimmung und zahlreiche<br />

Anekdoten sorgte der deutsche Wirtschaftskabarettist<br />

Chin Meyer. DJane Collette sorgte für den<br />

richtigen Sound zum Abend.<br />

152 ImmoFokus


150 JAHRE ÖRAG<br />

Die ÖRAG Gruppe feierte ihr 150-jähriges Bestehen, wenn<br />

auch Corona-bedingt ein Jahr später, dafür umso freudiger.<br />

Rund 500 geladene Gäste kamen dazu im Gartenpalais<br />

Liechtenstein zusammen.<br />

Unter den feiernden Gästen gesichtet: Peter Czapek (Bank<br />

Austria Real Invest), AR-Vorsitzender Erich Hampel,<br />

Stefan Dörfler (Erste Group), Stephanie Ernst (Rainer<br />

Kraftfahrzeughandel), Bruno Ettenauer (ETTERRA Real<br />

Estate), Wolfgang Gleissner (BIG), Daniel Jelitzka (JP<br />

Immobilien), Reinhard Karl (RLB NÖ Wien), Sabine Müller<br />

(Value One Holding), Louis Obrowsky (LLB Immo<br />

Kapitalanlagegesellschaft), Friedrich Reisenhofer (Amisola),<br />

Martina Schmidradner (Amisola), Erwin Soravia<br />

(Soravia Investment), Christoph Stadlhuber (SIGNA<br />

Prime Selection), Monika Freiberger (Wüstenrot), Karlheinz<br />

Dietl (Ermione), Friedrich Scheck (WT 80 Wirtschaftsprüfung),<br />

Eugen Otto (OTTO Immobilien), Jasmin<br />

Soravia (Kollitsch & Soravia), Florian Koschat (Pallas<br />

Capital).<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

153


Events & Awards<br />

THE REAL 100 #9<br />

Nach der Arbeit in gediegener Atmosphäre über den Tellerrand<br />

schauen - 100 Immobilienprofis und 100 Minuten,<br />

die inspirieren, informieren und animieren. Den Tag bei<br />

spannenden Gesprächen, einer bissigen Keynote und einem<br />

prämierten father & son Gin ausklingen lassen. Das<br />

exklusive Event steht für 100 Minuten Inspiration, Ideen<br />

und Innovation für 100 Gäste aus der Immobilienbranche.<br />

Das beliebte Networking-Event sorgt auch dieses Mal<br />

wieder für Abwechslung und lässt uns Neues kennenlernen.<br />

Was uns in der westlichen Welt noch eher fremd und<br />

seltsam erscheint, ist für rund 2 Milliarden Menschen ihre<br />

tägliche Nahrung. Christoph Thomann, CEO und Founder<br />

von ZIRP, nimmt uns auf eine kulinarische Reise der etwas<br />

anderen Art mit.<br />

Wussten Sie, dass Insekten seit 2021 offiziell in die Nahrungskette<br />

aufgenommen wurden? Oder warum wir<br />

Insekten überhaupt essen sollten? Wissen Sie, wie klimafreundlich<br />

dieses Nahrungsmittel ist und deswegen<br />

als absoluter Gamechanger gilt? Wir wagen den Sprung in<br />

eine Keynote mit Biss, eine neue kulinarische Erfahrung,<br />

geleitet von Christoph Thormann – CEO & Founder von<br />

ZIRP.<br />

154 ImmoFokus


WISAG FM CLUB<br />

Die Generation Z hat andere Einstellungen: Sie stellt zwar die eigene<br />

Selbstverwirklichung ins Zentrum, ist aber dennoch enorm<br />

leistungs- und werteorientiert. Unternehmen müssen dem mit<br />

einem entsprechenden Angebot sowie einem klaren Purpose<br />

und einer Kultur begegnen. So können sie junge Menschen ansprechen,<br />

die sich mit dem Unternehmen identifizieren und ihre<br />

Leistung erbringen. Die Experten beim WISAG FM Club appellieren<br />

daher, sich von der Anwesenheitsdiskussion zu trennen<br />

und Effizienz und Lösungsorientierung in den Vordergrund zu<br />

stellen. Carmen Dilch (FHWien der WKW), Dominik Erne (Bondi<br />

Consult GmbH), Kevin Töpfer (BUWOG Group GmbH) und Birgit<br />

Trofer (OCEANS 5 Management Consulting) betonen zudem,<br />

dass die Büroflächen an die neuen Anforderungen der jungen<br />

Generation angepasst werden müssen. Durch die Veranstaltung<br />

führte Journalist Heimo Rollett (immobranche.at).<br />

APTI-AWARD<br />

Bei den diesjährigen apti Awards hieß es gleich zweimal: And the winner is … Brickwise. Die Handelsplattform für digitale Immobilienanteile konnte<br />

sowohl die Kategorie Invest & Finance als auch das begehrte Publikumsvoting für sich entscheiden und gehört damit abermals zu den innovativsten<br />

sowie beliebtesten PropTech-Startups des Landes. Die apti Awards der Austrian PropTech Initiative wurden heuer bereits zum vierten Mal vergeben.<br />

Die Sieger in den einzelnen Kategorien wählte eine 8-köpfige Expert:innen-Jury aus. Michael Murg, CEO und Gründer von Brickwise: „Wir freuen<br />

uns sehr, dass wir bei den diesjährigen apti Awards gleich zweimal als Sieger hervorgegangen sind. Das bestätigt, dass wir mit unserem digitalisierten<br />

Angebot den Nerv der Zeit getroffen haben. Bei Brickwise denken wir das klassische Immobilieninvestment neu und ermöglichen es allen<br />

Investor:innen, ihre digitalen Immobilienanteile dezentral, direkt und in Echtzeit zu übertragen. Ziel war und ist es, den Immobilienmarkt vor allem<br />

auch für jene Personen zugänglich zu machen, die sich ein Investment bisher nicht leisten konnten. Der Erfolg gibt uns recht: Brickwise wurde binnen<br />

kurzer Zeit zu einem wichtigen Player am deutschsprachigen Immobilieninvestmentmarkt.“<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

155


Events & Awards<br />

DBH - DRINKS BEFORE HOME<br />

Das „Programm“ des Formats ist es, „kein Programm“ zu<br />

haben. Das persönliche Kennenlernen und das persönliche<br />

Gespräch zwischen den Entscheidungsträgern ist<br />

das wesentliche Element der Serie. Initiator der Veranstaltungsreihe<br />

ist Reinhard Winiwarter, Herausgeber<br />

ACROSS Magazine und Eigentümer der Reinhard Winiwarter<br />

Winery.<br />

156 ImmoFokus


IMMOUNITED LUD ZUR<br />

FUTUREUNITED<br />

15 Jahr IMMOunited. Roland Schmid lud Weggefährten<br />

zur Jubiläumsfeier ins Kesselhaus<br />

in der Metastadt. Im Rahmen dieser wurde<br />

allerdings nicht nur auf die vergangenen Jahre<br />

angestoßen, sondern auch ein Blick in die<br />

Zukunft gewagt. Im Zeichen der Zukunft eröffneten<br />

mittels Hologramm-Technologie gleich<br />

drei Versionen von CEO Roland Schmid die<br />

Veranstaltung und präsentierten den neuen<br />

Imagefilm der IMMOunited.<br />

„Ich bin wahnsinnig dankbar für alle, die uns<br />

auf unserem bisherigen Weg begleitet haben.<br />

Die Idee der IMMOunited konnte nur wachsen<br />

und erfolgreich werden, weil unsere zahlreichen<br />

Kunden, Partnern und Unterstützer<br />

an sie geglaubt und uns vertraut haben“, so<br />

IMMOunited CEO Roland Schmid.<br />

Unter den Gästen waren unter anderem<br />

Michael Schmidt (3SI Immogroup), Markus<br />

Arnold (Arnold Immobilien), Stefan Schmuckenschlager<br />

(Bürgermeister Klosterneuburg),<br />

Karina Schunker (EHL Immobilien), Andreas<br />

Ivanschitz (ehem. Fußballspieler), Stefan<br />

Dörfler (Erste Bank der österreichischen Sparkassen<br />

AG), Markus Katzer (First Vienna FC<br />

1894), Karl Haring (Haring Group Bauträger),<br />

Sascha Haimovici & Michael Mack (IMMOcontract),<br />

Bernhard Neuhold (ÖFB), Michael Stix<br />

(Pro7Sat1Puls4), Bernhard Reikersdorfer (RE/<br />

MAX Austria), Michael Pisecky (s REAL Immobilienvermittlung),<br />

Franz Kalla (spusu Vienna<br />

Capitals), Kurt Svoboda (UNIQA Österreich),<br />

Ralf B. Six (VGN Medien Holding) und Judith<br />

Kössner (willhaben internet).<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

157


Events & Awards<br />

CITYTAGUNG BY REGIOPLAN<br />

Die bereits zum dritten Mal veranstaltete Citytagung by<br />

RegioPlan brachte erneut hochkarätige Referenten zu<br />

Strategien und Maßnahmen auf die Bühne, um Österreichs<br />

Städte und Gemeinden gemeinsam zukunftsfit zu<br />

machen. Die 3. Citytagung bot am 19. Oktober <strong>2022</strong> ihren<br />

Teilnehmer aus den verschiedensten Bereichen, wie etwa<br />

aus dem öffentlichen Sektor, der Raumplanung, der Politik,<br />

des Marketings, des Handels sowie aus dem Bereich<br />

der Immobilienprojektentwicklung die Möglichkeit, sich<br />

über die Zukunft unserer Städte auszutauschen. Mit 36<br />

ExpertInnen, neun Vorträgen, vier Diskussionsrunden, einem<br />

Hot Seat, einem Elevator Pitch und über 200 Anmeldungen<br />

schaffte es die Citytagung sich selbst zu überbieten.<br />

Auch die Eventlocation im 35. Stock sorgte mit ihrem<br />

Ausblick für Begeisterung. Die 3. Citytagung war somit<br />

nicht nur die größte, sondern auch die höchste Citytagung<br />

in ihrer Geschichte.<br />

158 ImmoFokus


Buchtipps<br />

EDITOR´S<br />

CHOICE:<br />

Lesenswert!<br />

NEU!<br />

Bernd W. Krupka<br />

240 Seiten<br />

ISBN: 9783818614416<br />

Ulmer Verlag | <strong>2022</strong><br />

€ 44,00<br />

Neue Stadtökologie im Klimawandel<br />

Der Klimawandel stellt uns Menschen vor besondere Herausforderungen, insbesondere in dicht besiedelten Wohngebieten.<br />

Ziel dieses Werkes ist es deshalb, Ihnen Hilfestellung bei der Planung und Umsetzung der Revitalisierung von verdichteten<br />

Stadträumen und bei der Anpassung an den Klimawandel zu geben. Um eine dauerhafte, klimawirksame und<br />

gesundheitsfördernde Wirkung zu erreichen, unterstützt Sie dieses Werk mit in der Praxis umsetzbaren Vorschlägen zur<br />

ökologischen Aufwertung von Innenstadtbereichen. Zahlreiche Pflanzenlisten und praktische Handlungsempfehlungen in<br />

Form von „Grünen Bausteinen“ zu verschiedenen Begrünungsarten erleichtern den Überblick.<br />

Turit Fröbe, Katharina Matzig<br />

320 Seiten<br />

ISBN: 978376625837<br />

Callwey Verlag | <strong>2022</strong><br />

€ 61,70<br />

Häuser des Jahres<br />

<strong>2022</strong><br />

Dieses Buch präsentiert die von<br />

einer Expertenjury ausgewählten<br />

50 besten von Architekten<br />

geplanten Einfamilienhäuser im deutschsprachigen Raum.<br />

Die Häuser des Jahres <strong>2022</strong> werden in Text, Bild und mithilfe<br />

von Plänen ausführlich vorgestellt und gewähren so Einblick<br />

in 50 individuelle Planungsgeschichten von Architekten<br />

und Bauherren, die gemeinsam Wohn- und Lebens(t)räume<br />

realisiert haben – ob aus Stein, Holz oder Beton, am Hang,<br />

in der Stadt oder auf dem Land. Zudem überzeugen die<br />

besten ausgezeichneten Produktlösungen durch Innovation,<br />

Gestaltung und Nachhaltigkeit.<br />

Danilo Zatta<br />

256 Seiten<br />

ISBN: 978111990<strong>05</strong>73<br />

Wiley Verlag | <strong>2022</strong><br />

€ 32,30<br />

The Pricing Model Revolution<br />

An incisive and accessible blueprint to pricing your<br />

company‘s products and services.<br />

In The Pricing Model Revolution: How Pricing Will<br />

Change the “Way We Sell and Buy On and Offline”,<br />

world renowned pricing expert Danilo Zatta delivers an<br />

essential and engaging blueprint to building an enduring<br />

competitive advantage with insightful pricing models. In the book, you will learn to<br />

identify the best monetization approaches for your products and how to execute the<br />

one that makes the most sense for your business. From freemium to subscription, payper-use,<br />

and even neuropricing, the author discusses every available option and shows<br />

you how to choose. An essential read for C-level executives, managers, entrepreneurs<br />

and sales team leaders. The Pricing Model Revolution belongs on the bookshelves<br />

of every business leader seeking to learn more about one of the foundational topics<br />

driving top line revenue and bottom line profitability today.<br />

Risikomanagement in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft<br />

Dieses Buch führt in die Grundlagen des Risikomanagements ein. Es erläutert Begriffe wie Ungewissheit, Unsicherheit<br />

und Risiko und den Aufbau eines Entscheidungsfelds und beschreibt, welche normativen Entscheidungsregeln bei<br />

Sicherheit beziehungsweise Unsicherheit üblich sind. Zudem geht es auf die speziellen Risiken in der Wohnungs- und<br />

Immobilienwirtschaft ein. Anhand von Kennzahlen und zahlreichen Praxisbeispielen wird gezeigt, welche Risiken in der<br />

Branche drohen und welche Möglichkeiten es generell gibt, mit ihnen umzugehen. Ein verständlicher Überblick für Praktiker<br />

und Studierende der Immobilienwirtschaft gleichermaßen.<br />

Helmut Geyer<br />

228 Seiten<br />

ISBN: 9783648162439<br />

Haufe-Lexware Verlag | <strong>2022</strong><br />

€ 41,10<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

159


Branchen & Services<br />

Energiekosten, die neue<br />

Herausforderung<br />

am Immobilienmarkt<br />

Breit diskutiert. Steigende Energiepreise und höhere Kreditkosten nagen an der Leistbarkeit des Wohnens, so<br />

der O-Ton in der österreichischen Medienlandschaft. Eine Bestandsaufnahme der Brand Intelligence<br />

„OBSERVER.“<br />

K<br />

limakrise, Ukraine-Krieg und<br />

Inflation stellen Europa vor neue<br />

Herausforderungen. Steigende<br />

Kreditzinsen setzen auch dem<br />

österreichischen Immobilienmarkt zu, während<br />

gleichzeitig die hohen Energiekosten ein Problem<br />

für Eigentümer und Mieter darstellen.<br />

Experten rechnen zwar mit einer Stabilisierung<br />

des Marktes, allerdings nicht mit einer Kurskorrektur.<br />

*Die Themenwolke veranschaulicht, welche Begrifflichkeiten in den Artikeln besonders oft Verwendung<br />

fanden. Je größer ein Wort, desto häufiger kam es vor.<br />

In den österreichischen Medien sind die<br />

Themen Energiewende, Energiekosten und<br />

Förderungen im Zusammenhang mit Wohnen<br />

aktueller als noch vor zwei Jahren. Eine<br />

exklusive Studie der Brand-Intelligence-<br />

Agentur Observer zeigt klar, dass auch in<br />

der Print- und Online-Berichterstattung der<br />

Trend in Richtung erneuerbare Energien<br />

zur Energiekostenreduktion geht. Sehr aufschlussreich<br />

sind aber auch die Förderungsoptionen<br />

in Österreich, auf die einige Medien<br />

jetzt verstärkt hinweisen.<br />

Die Begriffe Energiewende und Energiekosten<br />

sind in der Medienlandschaft fast schon<br />

inflationär geworden. Allein dazu gibt es<br />

innerhalb eines Jahres jeweils bis zu 21.000<br />

Meldungen in Tages- und Wochenzeitungen<br />

und Magazinen.<br />

Direkt im Zusammenhang mit Wohnen beziehungsweise<br />

Immobilien thematisieren<br />

151 Print-Artikel die Begriffe Energiewende,<br />

Energiekosten, Energiepreise und Heizkosten,<br />

wobei sich jeweils die Hälfte aus regionalen<br />

Beiträgen (wie zum Beispiel Bezirkszeitungen)<br />

beziehungsweise überregionalen<br />

Tageszeitungen zusammensetzt.<br />

Schwerpunkte sind hier der Anstieg der<br />

Wohn- und Baukosten, Sanierungsmaßnahmen<br />

und energieeffizientes Bauen sowie<br />

„Grüne Immobilien“ und Klimaneutralität.<br />

Besonders häufig erwähnt wurde das Thema<br />

Energie und Wohnen in den Tageszeitungen<br />

„Die Presse“ (13), „Der Standard“ (10) und<br />

„Kurier“ (10).<br />

Energiesparen und Förderungen<br />

in den Medien<br />

In Online-Medien dominieren Berichte über<br />

Inflation im Zusammenhang mit hohen<br />

Strom- und Heizkosten, die für den Immobilienmarkt<br />

zu einer großen Belastungsprobe<br />

werden. Innerhalb der letzten dreizehn<br />

Monate befassen sich 313 Beiträge auf Nachrichtenseiten<br />

und in Pressemitteilungen mit<br />

dem Thema Energiesparen und Wohnen, die<br />

potenzielle Reichweite beträgt über 164 Millionen<br />

User. Häufig geht es darin um Tipps<br />

zum Energiesparen im Haushalt oder um<br />

Alternativen zum Heizen.<br />

Wie aus der Observer-Analyse hervorgeht,<br />

hat die Berichterstattung zu Energieförde-<br />

160 ImmoFokus


*Die Medienresonanzanalyse über die<br />

Branchenkommunikation wird exklusiv von<br />

der Brand Intelligence Agentur „OBSERVER“<br />

zur Verfügung gestellt. In die Analyse fließen<br />

die Berichterstattungen der Print- und<br />

Onlinenewspaper, -magazine, Newsseiten,<br />

Radio und TV sowie Presseaussendungen in<br />

Österreich ein. Der Beobachtungszeitraum<br />

umfasst den Zeitraum Oktober 2019 bis Oktober<br />

<strong>2022</strong>.<br />

rungen innerhalb des letzten Jahres in den<br />

Print-Medien stark zugenommen. Am häufigsten<br />

berichtet wird im Zeitraum 2019-<strong>2022</strong><br />

über den Klimabonus (9.4<strong>05</strong> Meldungen), allerdings<br />

überwiegend negativ: In den Medien<br />

gibt es Kritik an der Auszahlung sowie an der<br />

kurzfristigen Wirkung der Maßnahme zur<br />

Entlastung von Haushalten. Bei Energiekostenausgleich<br />

beziehungsweise Energiekostenzuschuss<br />

(1.362), Anti-Teuerungsbonus<br />

(725) und Stromkostenbremse (175) wird<br />

kritisiert, dass diese zu spät die hohen Energiekosten<br />

abfedern würden.<br />

Ein viel positiveres mediales Echo erhalten<br />

hingegen der „Raus aus Öl und Gas“-Bonus<br />

(1.147), der im Zusammenhang mit Umrüstung<br />

von Heizungen häufig erwähnte Solarbonus<br />

(64) sowie die „Sauber Heizen für<br />

alle“-Umweltförderung (395), von der private<br />

Haushalte profitieren sollen. Über den „Raus<br />

aus Gas“-Zuschuss (253) berichten überwiegend<br />

Wiener Bezirkszeitungen.<br />

Auch in den nächsten Monaten ist mit einer<br />

Erholung des Energiemarktes nicht zu rechnen.<br />

Vor allem die Umrüstung auf erneuerbare<br />

Energieträger und Sanierungsoffensiven<br />

bei Immobilien werden die Berichterstattung<br />

zu den Themen Wohnen, Bauen und Energie<br />

dominieren.<br />

*Das Sentiment der Daten aus den Online-Medien wurde von der Brand-<br />

Intelligence-Agentur Observer über ein KI-basiertes Analysetool erhoben.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2022</strong><br />

161


ImmoFokus.Rubrik<br />

IMPRESSUM<br />

Vorschau<br />

Lesen Sie im ImmoFokus<br />

<strong>Ausgabe</strong> 06/<strong>2022</strong><br />

Retail & Logistik 2030. Das große Interview mit ..., Zu<br />

Tisch mit ..., Retail erfindet sich neu; Ein Widerspruch:<br />

ESG & Logisitik; Energie - Energiemanagement,<br />

Geothermie, Photovoltaik & Solarthermie, Flächen-, Heiz-<br />

, Kühlsysteme, Dezentrale Energieversorgung; Sicherheit<br />

- Gebäudesicherheit, Brandschutz, Luft- & Wasser,<br />

Bauüberwachung; Integrierte Planung - BIM<br />

Medieneigentümer<br />

Real Estate Media Group GmbH<br />

Handelskai 94-96<br />

1200 Wien<br />

Tel. +43 1 890 18 26-100<br />

office@media-group.immo<br />

www.media-group.immo<br />

Herausgeber<br />

Mag. Michael Neubauer<br />

Chefredaktion<br />

Mag. Lisa Grüner<br />

Grafik<br />

Sophie Frenzel<br />

Lektorat<br />

Dr. Melanie Knünz<br />

Michaela Hocek<br />

Ingeborg Morawetz, BA<br />

Autoren dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

Mag. Patrick Baldia,<br />

Mag. Lisa Grüner, Amelie Miller, BA,<br />

Mag. Michael Neubauer, Gerhard Fritz,<br />

Rudolf Oezelt, sowie die Kommentatoren<br />

ERSCHEINUNGSTERMIN: Dezember <strong>2022</strong><br />

Täglich top informiert: www.immo-timeline.at<br />

Den ImmoFokus jetzt immer und überall lesen, mit der REMG-App.<br />

Sales & Relation<br />

Rudolf E. Oezelt<br />

Relations Management<br />

Tanja Klingseis<br />

Fotos<br />

wenn nicht anders angegeben:<br />

Real Estate Media Group/Katharina Schiffl,<br />

Michael Hetzmannseder, Gabriel Alarcón -<br />

Rizar<br />

Druck<br />

Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H<br />

Der IMMOFOKUS wendet sich im Sinne der<br />

Gleichstellung gleichermaßen an Frauen<br />

und Männer. Aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />

und Verständlichkeit kann es bei den<br />

Beiträgen vorkommen, dass nur die maskuline<br />

Ansprechform verwendet wird.<br />

ImmoFokus ist Mitglied bei:<br />

162 ImmoFokus


Altes bewahren.<br />

Neues schaffen.<br />

WIR KAUFEN<br />

ZINSHÄUSER &<br />

GRUNDSTÜCKE<br />

Mit unserem gesamten Können legen wir Passion, Fingerspitzengefühl und Handwerkskunst<br />

in die Erhaltung und Entwicklung von Immobilien. Seit 3 Generationen<br />

steht die 3SI Immogroup für Bauprojekte höchster Qualität. Und Partnerschaften,<br />

die mit einem Handschlag beginnen und über Jahrzehnte andauern.<br />

anfrage@3si.at | +43 1 607 58 58 11 | www.3si.at


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