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Ausgabe 05/2023

| Gipfelstürmer: Coverinterview mit Wolfdieter Jarisch | Zu Tisch mit … Johannes Endl | SIGNA - Ein Imperium wird brüchig| Kommentare von unter anderem ... Klaus Baringer, Michael Pisecky, Hans Jörg Ulreich, Philipp Kaufmann., Georg Flödl, Beiglböck, Louis Obrowsky | Exklusiv im Interview mit Francesco Fedele von BF Direkt | Wein & Immobilien | Kolumnen von Wolfgang Fessl, Anita Körbler, Jasmin Sarovia | Real Circle – Stadtentwicklung.

| Gipfelstürmer: Coverinterview mit Wolfdieter Jarisch | Zu Tisch mit … Johannes Endl | SIGNA - Ein Imperium wird brüchig| Kommentare von unter anderem ... Klaus Baringer, Michael Pisecky, Hans Jörg Ulreich, Philipp Kaufmann., Georg Flödl, Beiglböck, Louis Obrowsky | Exklusiv im Interview mit Francesco Fedele von BF Direkt | Wein & Immobilien | Kolumnen von Wolfgang Fessl, Anita Körbler, Jasmin Sarovia | Real Circle – Stadtentwicklung.

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Gipfelstürmer<br />

Wolfdieter Jarisch<br />

Wir bewerten Immobilien.<br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

03


04 ImmoFokus


<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

<strong>05</strong>


14 Bilderstrecke<br />

Da tut sich etwas<br />

Gipfelstürmer<br />

COVERINTERVIEW MIT<br />

WOLFDIETER JARISCH<br />

36<br />

INHALT<br />

AUSGABE<br />

Rubriken<br />

Positionen & Meinungen<br />

008 VOM HERAUSGEBER<br />

010 EDITORIAL<br />

138 VORSCHAU/IMPRESSUM<br />

Unternehmen & Projekte<br />

014 BILDERSTRECKE STADTQUARTIERE<br />

028 TOP DEAL<br />

029 START UP<br />

030 DER MARKETER<br />

Kommentar von Philipp Kaufmann<br />

031 PROBLEMLÖSER<br />

032 IMMOBILIE IM FOKUS<br />

033 AUFSTEIGER<br />

036 COVERINTERVIEW MIT<br />

Wolfdieter Jarisch<br />

048 ZU TISCH MIT<br />

Johannes Endl<br />

<strong>05</strong>4 PROJEKTENTWICKLER IN DER KRISE<br />

Interview mit Francesco Fedele von BF Direkt<br />

<strong>05</strong>8 WEIN & IMMOBILIEN<br />

Martin Kohlbauer<br />

060 QUARTIERSENTWICKLUNG<br />

Kommentar von Klaus Wolfinger<br />

061 VÖPE TREIBT NACHHALTIGKEITS-<br />

TRANSFORMATION VORAN<br />

Kommentar von Sebastian Beiglböck<br />

062 BEWEGTE IMMOBILIENWIRTSCHAFT<br />

Kommentar von Philipp Kaufmann<br />

063 VERSIEGELUNG ZURÜCKZUDRÄNGEN IST<br />

MÖGLICH<br />

Kommentar von Klaus Baringer<br />

064 UMWIDMUNGSABGABE IST HUMBUG!<br />

Kommentar von Martin Prunbauer<br />

065 DUALITÄT IM WOHNBAU GEWÜNSCHT, ABER<br />

GLEICHBERECHTIGT!<br />

Kommentar von Michael Pisecky<br />

066 INTERVEWS VON DER EXPO REAL<br />

Im Fokus<br />

080 REAL CIRCLE STADTENTWICKLUNG<br />

094 DIE ZEITEN ÄNDERN SICH AUCH OHNE DICH<br />

Kolumne von Frank Brün<br />

096 WIR BEFINDEN UNS IN EINEM TEUFELSKREIS<br />

Kommentar von Louis Obrowsky<br />

098 DIE KÖNIGSDISZIPLIN DER<br />

PROJEKTENTWICKLUNG<br />

Kolumne von Wolfgang Fessl<br />

100 FLEXIBLES UND LEISTBARES WOHNEN MIT<br />

MODULSYSTEMEN<br />

Kolumne von Jasmin Soravia<br />

102 FRECH GESAGT<br />

Kolumne von Andrea Körbler<br />

Fotos: ATP/Kuball, APA/HELMUT FOHRINGER<br />

06 ImmoFokus


80<br />

Der 34. Real Circle<br />

Stadt entwickelt sich weiter<br />

Zu Tisch mit ...<br />

48 Johannes Endl 106 Signa<br />

Ein Imperium wird brüchig<br />

<strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

104 KREISLAUFWIRTSCHAFT: EINER ALLEINE SCHAFFT DAS NICHT<br />

Themenreise von Drees & Sommer<br />

106 SIGNA: EIN IMPERIUM WIRD BRÜCHIG<br />

Das Milliarden-Reich von René Benko droht einzustürzen<br />

112 DER WEITE WEG ZUM SERIELLEN BAUEN<br />

Kommentar von Andreas Kreutzer<br />

113 WOHNQUARTIERE - ATTRAKTIV, VIELFÄLTIG, UND LEBENSWERT<br />

Kommentar von Karina Schunker<br />

114 QUARTIERSENTWICKLUNG ALS STRATEGISCHE AUFGABE<br />

Kommentar von Wolfgang Scheibenpflug<br />

116 KNAPP DANEBEN IST NICHT VORBEI<br />

Kommentar von Hans Jörg Ulreich<br />

118 MUT ZUR LÖSUNG<br />

Kommentar von Alexa Krenauer<br />

132 EVENTS<br />

142 BUCHTIPPS<br />

144 OBSERVER<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

07


Hausgemacht<br />

„Noch sind die<br />

großen Insolvenzen<br />

in Österreich<br />

ausgeblieben.“<br />

H<br />

inter den großen Gewinnen<br />

vieler Immobilien-Unternehmen<br />

stecken vor allem<br />

Aufwertungen der Immobilien.<br />

So hat laut Bloomberg das Premium-<br />

Segment, Signa Prime Selection, den Wert<br />

ihrer Immobilien im Krisenjahr 2020 um<br />

zehn Prozent erhöht und damit am Papier für<br />

gute Gewinne – und schöne Dividenden für<br />

die Investoren - gesorgt.<br />

Eine Analyse der Geschäftszahlen der vergangenen<br />

Jahre zeigt, dass dieses Vorgehen System<br />

hat. Die erzielten Aufwertungsgewinne<br />

lagen regelmäßig über den Einnahmen aus<br />

der Vermietung. Was noch mehr auffällt: Die<br />

Dividenden, also die Auszahlungen an die<br />

Aktionäre, überstieg jedes Jahr die eigentlichen<br />

Einnahmen, das EBITDA, des Signa-<br />

Immobilienimperiums. Das kann auf Dauer<br />

nicht gut gehen. Vor allem dann, wenn man<br />

abwerten muss. Aus dem Konzernabschluss<br />

für 2022 geht hervor, dass der Immobilienbestand<br />

von Signa Prime im Geschäftsjahr 2022<br />

um 1,2 Milliarden Euro an Wert verloren hat.<br />

Das bereitet auch den finanzierenden Banken<br />

Sorge.<br />

Die Signa ist nicht der einzige Projektentwickler,<br />

der zu kämpfen hat. Bei der 6B47<br />

Real Estate Investors AG, die gerade unter<br />

anderem das Großprojekt „Althan Quartier“<br />

beim Wiener Franz-Josefs-Bahnhof verfolgt,<br />

wurden von der Wirtschaftsprüfungskanzlei<br />

Deloitte deren Bestätigungsvermerke zum<br />

Jahres- und Konzernabschluss 2022 widerrufen.<br />

Man sei aber zuversichtlich den Turnaround<br />

zu schaffen. Auch die Realtrade wehrt<br />

sich gegen Schieflage - Gespräche mit Banken<br />

und Mezzaninkapitalgebern laufen.<br />

Die Liste wird länger werden. Davon ist<br />

auszugehen. Noch sind im Gegensatz zu<br />

Deutschland – wo es bereits namhafte Developer<br />

wie Centrum, Development Partners,<br />

Euroboden oder die Gerchgroup erwischt hat<br />

– Insolvenzen ausgeblieben.<br />

Die Signa ist aber nicht das einzige Unternehmen,<br />

das mit dem rauen Wind am Immobilienmarkt<br />

kämpft. In Deutschland sind<br />

Immobiliengesellschaften von Vonovia über<br />

LEG bis TAG Immobilien mit Abwertungen<br />

und steigenden Refinanzierungskosten konfrontiert.<br />

Michael Neubauer<br />

Herausgeber<br />

Fotos: Adobe Stock<br />

08 ImmoFokus


Wir leben<br />

Immobilien.<br />

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Know-how.<br />

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Gewerbe-, Wohn- und Investmentbereich und stellen eine solide Basis für gezielte Investitionsund<br />

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Wien |<strong>2023</strong><br />

Vorsorge<br />

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Substanz<br />

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Vorsorgewohnungen<br />

Marktbericht | Frühjahr <strong>2023</strong><br />

Büromarktbericht<br />

Wien | Herbst <strong>2023</strong><br />

Wir leben<br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

09


„Quartiersentwicklungen<br />

gelten<br />

völlig zurecht als<br />

Königsdisziplin der<br />

Projektentwicklung.“<br />

Königsdisziplin<br />

D ie Quartiersentwicklung gilt als Königsdisziplin<br />

der Projektentwicklung. Und das völlig<br />

zu Recht. Schließlich ist die Liste an Anforderungen,<br />

denen man gerecht werden muss,<br />

lang – und wird in Zeiten von Megatrends<br />

wie Klimawandel und Ressourcenknappheit,<br />

Urbanisierung sowie demographischem und<br />

sozialem Wandel auch nicht gerade kürzer. Im<br />

Gegenteil.<br />

Klar ist jedenfalls, dass man bei der Stadt- und<br />

Quartiersentwicklung möglichst früh in der<br />

Planungsphase eine Vielzahl an Stakeholdern<br />

an einen Tisch bringen muss. Und dass auch<br />

die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen<br />

schaffen muss, um qualitätsvolle und<br />

lebenswerte Projekte zu ermöglichen.<br />

dass er nicht nur wegen seines Trackrecords<br />

an Wolkenkratzer-Entwicklungen ein wahrer<br />

Gipfelstürmer ist.<br />

In einem weiteren Beitrag widmet sich Michael<br />

Neubauer dem Fall Signa beziehungsweise<br />

wie es dazu kommen konnte, dass das Imperium<br />

des René Benko ins Wanken kommen<br />

konnte. Gleich vorweg: Dahinter steht nicht<br />

ausschließlich der Zinsanstieg.<br />

Unter anderem darf auch ein Nachbericht zur<br />

Expo nicht fehlen. Wichtige heimische Branchenplayer<br />

geben dort ihre Eindrücke wieder,<br />

etwa über die derzeit alles entscheidende Frage<br />

in der Immobilienbranche: Wann findet der<br />

Zinsanhebungszyklus ein Ende?<br />

Stadt- und Quartiersentwicklung war auch das<br />

Thema der mittlerweile 34. Auflage des Real<br />

Circle. In fünf anregenden Diskussionsgruppen<br />

verrieten insgesamt mehr als 30 Immobilienprofis<br />

unter anderem, was sie unter einem<br />

guten Quartiersprojekt verstehen und wo sie<br />

künftig die größten Herausforderungen sehen,<br />

ebenso wie mögliche Lösungen.<br />

Herzlichst,<br />

Einen schönen Überblick an Best-Practice-Beispielen<br />

in der Stadt- und Quartiersentwicklung<br />

bietet zudem die Bildstrecke gleich zu Beginn<br />

dieser <strong>Ausgabe</strong>. Sie zeigt, wie unter anderem<br />

alten Hafen-, Industrie- und Bahngeländen<br />

neues Leben eingehaucht wird. Ein absolutes<br />

Highlight ist sicher das Titelinterview von Herausgeber<br />

Michael Neubauer mit S+B-Vorstand<br />

Wolfdieter Jarisch, in dem zu erfahren ist,<br />

Patrick Baldia<br />

Chefredakteur<br />

Foto: Adobe Stock<br />

10 ImmoFokus


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<strong>2023</strong><br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

11


Unternehmen & Projekte<br />

14<br />

DA TUT SICH ETWAS<br />

Weltweit verwandeln sich<br />

in die Jahre gekommene<br />

Bahnhofs- und Hafenviertel<br />

in neue und vor allem<br />

grünere Stadtteile. Ein<br />

kleiner Abriss von<br />

einigen der spannendsten<br />

Stadterneuerungsprojekte<br />

der letzten Jahre.<br />

28<br />

TOP DEAL<br />

Am Wiener Zinshausmarkt ist die Zahl der<br />

Transaktionen im ersten Halbjahr <strong>2023</strong><br />

gegenüber dem Vorjahreszeitraum um<br />

60 Prozent eingebrochen. Nun wurde der<br />

größte Deal des Jahres vermeldet: Thalhof<br />

Immobilien sicherte sich den „Adlerhof“<br />

der S Immo. „Objekte dieser Qualität<br />

kommen nur sehr selten auf den Markt und<br />

stoßen auch in dieser herausfordernden<br />

Zeit auf rege Nachfrage seitens liquider<br />

Investoren“, bringt es EHL-Investmentchef<br />

Franz Pöltl auf den Punkt.<br />

32<br />

GLEISGARTEN<br />

Mehr als ein Jahrhundert lang wurden in<br />

der 1907 erbauten Remise der Badener<br />

Bahn in der Eichenstraße in Wien Meidling<br />

Züge aus- und eingelassen. Seit 2019<br />

realisieren dort die Projektpartner Soravia,<br />

6B47 und Trivalue einen Nutzungsmix aus<br />

Wohnen, Gewerbe, Retail und Hotel. Mit<br />

dem Gleisgarten feierte kürzlich die erste<br />

„Food Hall“ Wiens Eröffnung. in Amsterdam<br />

soll die flexible Welt des hybriden<br />

Arbeitens unterstützen.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

12 ImmoFokus


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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong> 13


Unternehmen & Projekte<br />

Quartiersentwicklung. Weltweit verwandeln<br />

sich in die Jahre gekommene Bahnhofs- und<br />

Hafenviertel in neue und vor allem grünere<br />

Stadtteile. Ein kleiner Abriss von einigen der<br />

spannendsten Stadterneuerungsprojekte.<br />

Autor: Tanja Klingseis<br />

14 ImmoFokus


Fotos: Foster + Partner<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

15


Unternehmen & Projekte<br />

THE ELLINIKON-MASTERPLAN<br />

The Ellinikon ist eines der weltweit größten und<br />

ambitioniertesten Stadterneuerungsprojekte, und<br />

definiert Stadtentwicklung, modernes Leben und<br />

ESG-orientierte Investitionen neu.<br />

Mittels Autarkie bei Bewässerung und Stromversorgung<br />

etwa, setzt das Projekt Maßstäbe für<br />

nachhaltige, intelligente Stadtentwicklung. Die von<br />

Grund auf neu gestaltete “15-Minuten-Stadt“ bietet<br />

Wohn-, Gewerbe-, Freizeit-, Einzelhandels-, Gastronomie-,<br />

Unterhaltungs-, Bildungs- und Sportmöglichkeiten.<br />

The Ellinikon markiert einen Wendepunkt<br />

im urbanen Leben und fördert umweltbewusste<br />

Entwicklung sowie zugängliche Räume, um eine<br />

neue Ära nachhaltiger Städte einzuläuten. The Ellinikon<br />

soll rund 85.000 Arbeitsplätze schaffen und<br />

ist damit auf dem besten Weg, weltweit ein Modell<br />

für wirtschaftliche Entwicklung und nachhaltiges<br />

Design zu werden.<br />

Standort: Athen, Griechenland<br />

Architekturbüro: Foster + Partner<br />

Fotos: Foster + Partner<br />

16 ImmoFokus


MORLAND MIXITÉ CAPITALE<br />

Das Urbane Quartier Morland Mixité<br />

Capitale im zentral gelegenen Arsenal<br />

in Paris bietet ein breites Spektrum an<br />

Hauptnutzungsformen, unterstützenden<br />

Nutzungen und publikumsbezogener Nutzung.<br />

Neben Gewerbeflächen, Wohnungen,<br />

Kita und Hotel fungiert das Quartier<br />

auch als ein Zentrum für Kultur mit Kunstund<br />

Ausstellungsflächen sowie diversen<br />

Flächen für Urban Gardening. Das Projekt<br />

soll sowohl für die Pariser Bevölkerung<br />

als auch für die Besucher der Stadt einen<br />

erheblichen Mehrwert bilden.<br />

Standort: Paris, Frankreich<br />

Architekturbüro: AREP<br />

Fotos: Simon Menges<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

17


Unternehmen & Projekte<br />

KALASATAMA<br />

Seit Herbst 2013 gilt der ehemalige Fischereihafen<br />

Kalasatama als Modellgebiet für intelligente<br />

Stadtentwicklung. Ziel ist das Finden<br />

von Lösungen, die das tägliche Leben<br />

vereinfachen und Klimaziele unterstützen.<br />

Dabei wird experimentiert und entwickelt.<br />

Die Bewohner des Stadtteils testen aus,<br />

was einen reibungslosen Alltag unterstützt<br />

und was gegebenenfalls angepasst werden<br />

muss. Über eine App können die Bewohner<br />

die Technik in ihrer Wohnung regeln.<br />

Beim Verlassen des Hauses kann dann andererseits<br />

auch mit einem einfachen Knopfdruck<br />

der Strom in der Wohnung abgestellt<br />

werden, damit Energie gespart wird. Eine<br />

weitere sehr beliebte Anwendung ist das<br />

automatische unterirdische Absaugen des<br />

Mülls zu einer Sammelstelle.<br />

Standort: Helsinki, Finnland<br />

Architekturbüro: AREP<br />

Fotos: Antti Laiho<br />

18 ImmoFokus


AMSTEL DESIGN DISTRICT<br />

Der vom niederländischen Architekturbüro<br />

Mecanoo entworfene Masterplan schafft<br />

einen 80.000 Quadratmeter großen,<br />

flexiblen Rahmen für ein Mixed-Use-Projekt<br />

besonderer Art: Der Amstel Design District<br />

wartet mit einer breiten Palette verschiedenster<br />

Möglichkeiten und Angebote<br />

auf. Dazu zählen wandelbare Büros und<br />

Co-Working-Spaces ebenso, wie Wohnungen,<br />

Werkstätten, Gewerbeflächen und<br />

Gemeinschaftseinrichtungen. Auch kreative<br />

Arbeitsplätze („Makerspaces“) und ein 800<br />

Quadratmeter umfassendes Designmuseum<br />

sind vorgesehen.<br />

Zudem bekommt der Amstel Design District<br />

geradezu ikonische öffentliche Dachflächen,<br />

die neue Lebensqualität versprechen. Der<br />

Entwurf des Architekten-Teams basiert auf<br />

klaren Zielen wie Einbeziehung der Natur,<br />

Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Aber<br />

auch auf Anpassungsfähigkeit, um langfristige<br />

Krisensicherheit zu gewährleisten.<br />

.<br />

Standort: Amsterdamm, Holland<br />

Architekturbüro: Mecanoo<br />

Fotos: Mecanoo<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

19


Unternehmen & Projekte<br />

BAHNSTADT<br />

Mit 116 Hektar ist der junge Stadtteil größer<br />

als die Heidelberger Altstadt. Mehr als 6.800<br />

Menschen werden künftig dort leben, weitere<br />

6.000 dort arbeiten - vor allem in Forschung<br />

und wissenschaftsbasierten Unternehmen. Im<br />

Juni 2012 sind die ersten Bewohnerinnen und<br />

Bewohner in den neuen Stadtteil eingezogen.<br />

Der Stadtteil wächst nahezu klimaneutral. Die<br />

Strom- und Wärmeversorgung erfolgt vollständig<br />

aus erneuerbaren Energien. Die Bahnstadt<br />

leistet den größten Beitrag zur Schaffung von<br />

neuem Wohnraum in Heidelberg.<br />

Die Bahnstadt ist auch im Hinblick auf die<br />

Bevölkerung ein junger Stadtteil – jeder zweite<br />

Bewohner ist jünger als 30 Jahre alt, jeder fünfte<br />

Bahnstädter ist ein Kind oder ein Jugendlicher.<br />

Für Betreuung und Bildung ist gesorgt:<br />

In der Bahnstadt gibt es eine Ganztagsgrundschule<br />

sowie acht Kitas.<br />

Standort: Heidelberg, Deutschland<br />

Architekturbüro: Christian Buck<br />

Fotos: Christian Buck<br />

20 ImmoFokus


FOUR FRANKFURT<br />

FOUR ist die Vision einer neuen Stadt. Vier einzigartige<br />

Hochhäuser repräsentieren eine Urbanität ohne<br />

Kompromisse.<br />

FOUR interpretiert die Skyline als modernen urbanen<br />

Lebensort. Es entsteht eine Idee der Zukunft mit<br />

begeisternden Perspektiven. Bis zu 233 Meter streben<br />

die futuristischen Türme in die Höhe – ein Blickfang, der<br />

atemberaubende Ausblicke schenkt.<br />

Gleichzeitig wächst ein nachhaltiges, offenes, belebtes<br />

und sozial ausgewogenes Quartier: mit 600 Apartments<br />

in verschiedenen Größen und teilweise als geförderter<br />

Wohnraum, mit hochwertigen Büroflächen, Hotels und<br />

städtischem Flair. Gastronomie, Einzelhandel, Stadtplätze,<br />

eine öffentliche Dachterrasse und grüne Inseln<br />

beleben das Viertel. Neue Zuwege verbinden es mit der<br />

Innenstadt und dem Bankenviertel. FOUR ist das neue<br />

Gesicht der Stadt – in direkter Nachbarschaft zu Sonne,<br />

Wolken, Wind und Wetter.<br />

Standort: Frankfurt, Deutschland<br />

Architekturbüro: HPP Architekten, UNStudio<br />

Fotos: Engels, Courtesy of Groß & Partner<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

21


Unternehmen & Projekte<br />

HAMMARBY SJÖSTAD<br />

Bis in die neunziger Jahre hinein war<br />

Hammarby Sjöstad ein ziemlich heruntergekommenes<br />

Industriegebiet. Dann fing man<br />

an, Wohnhäuser zu bauen. Es entstand ein<br />

völlig neuer, hochmoderner Stadtteil, in dem<br />

Umweltschutz und Nachhaltigkeit großgeschrieben<br />

werden.<br />

Ursprünglich war der Stadtteil für Menschen<br />

über 55 Jahre geplant. Hierhin sollten<br />

Menschen ziehen, die nah an der Stadt,<br />

aber nicht mehr mittendrin wohnen wollten.<br />

Dann aber kam alles ganz anders. Es zogen<br />

nämlich Familien mit Kindern ein. Schließlich<br />

gab man nach und begann Kindergärten und<br />

Schulen zu bauen. Der Stadtteil bekam einen<br />

ganz anderen Charakter als ursprünglich<br />

geplant. Später baute man sogar Häuser mit<br />

Parkplätzen.<br />

Standort: Stockholm, Schweden<br />

Fotos: AdobeStock<br />

22 ImmoFokus


FJORD CITY<br />

Keine andere skandinavische Stadt wandelt sich so schnell wie Oslo. In der „Fjord City“ gibt es<br />

spektakuläre Kulturbauten, innovative Shoppingkonzepte und selbstbewusste neue Design-<br />

Kreationen zu entdecken. Norwegens Hauptstadt verwandelt sein Hafenviertel in ein neues<br />

Trendquartier: 9.000 Wohnungen, 50.000 Arbeitsplätze, dazwischen allerlei Kunst und Kultur<br />

sollen bis 2045 entstehen. Ein Eldorado der modernen Architektur: In Oslo ist im ehemaligen<br />

Hafen ein neuer Stadtteil entstanden. Neue Museen und trendige Wohnhäuser revitalisieren die<br />

Industriebrache mit Meeranstoss. Grosszügig bemessener Raum für die Öffentlichkeit sorgt für<br />

Durchmischung und Belebung.<br />

Standort: Oslo, Norwegen<br />

Fotos: AdobeStock<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

23


Unternehmen & Projekte<br />

JÄTKÄSAARI<br />

Jätkäsaari ist eine der größten<br />

Baustellen Europas, 20 Prozent aller<br />

Wohnungen Helsinkis werden hier<br />

auf einen Schlag gebaut.<br />

In Jätkäsaari sollen bald 30.000<br />

Menschen leben, viele auch hier<br />

arbeiten. Kinder sollen zur Schule<br />

gehen können, ohne eine große<br />

Straßenkreuzung überqueren zu<br />

müssen, sondern stattdessen durch<br />

Parks und über Fußgängerbrücken<br />

laufen. Dabei war Jätkäsaari bis vor<br />

knapp zehn Jahren ein Containerterminal<br />

am Westhafen. Nach der<br />

Verlegung des Containerverkehrs im<br />

Jahr 2008 blieb eine betonierte, fast<br />

ebene Fläche zurück – ein Traum für<br />

Stadtplaner.<br />

.<br />

Standort: Helsinki, Finnland<br />

24 ImmoFokus


HUDSON YARDS<br />

Hudson Yards in New York ist Manhattans<br />

neuestes Viertel. Hudson Yards befindet<br />

sich beim High Line Park, im Westen von<br />

Midtown Manhattan. Hudson Yards besteht<br />

hauptsächlich aus Wolkenkratzern, die zum<br />

einen als Wohnkomplex und zum anderen als<br />

Büroräume genutzt werden. Zwischen den<br />

Gebäuden wurden mehrere Stadtparks angelegt<br />

Hudson Yards ist ein Gebäudekomplex<br />

im gleichnamigen und neu ausgewiesenen<br />

Stadtviertel Hudson Yards im Stadtbezirk<br />

Manhattan in New York City.<br />

Standort: New York City, USA<br />

Fotos: AdobeStock<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

25


Unternehmen & Projekte<br />

LUZERNNORD<br />

LuzernNord ist ein Entwicklungsschwerpunkt<br />

des Kantons Luzern. In<br />

den nächsten Jahren werden hier<br />

schrittweise 1500 neue Wohnungen,<br />

4000 zusätzliche Arbeitsplätze und<br />

850 Studienplätze realisiert. Hier<br />

leben und arbeiten Menschen in<br />

einem modernen, ökologischen<br />

und lebhaften Zentrum am Fluss.<br />

Um dieses Zielbild zu erreichen,<br />

soll sich LuzernNord als Smart City<br />

entwickeln.<br />

Standort: Luzern, Schweiz<br />

Architekturbüro: LuzernPlus<br />

Fotos: LuzernPlus<br />

26 ImmoFokus


Fotos: Implenia<br />

LOKSTADT<br />

Mit der Entwicklung der Lokstadt verwandelt<br />

sich ein ehemaliges Industrieareal in einen<br />

nachhaltigen, vielseitigen und urbanen<br />

Stadtteil im Herzen Winterthurs. Dieser<br />

Stadtteil erstreckt sich zwischen der Zürcherstrasse<br />

und dem Lagerplatzareal.<br />

Die Lokstadt wird nach den Anforderungen<br />

der 2000-Watt-Gesellschaft auf Basis des<br />

SIA-Effizienzpfads Energie entwickelt. Für<br />

die Einhaltung dieses ambitionierten Ziels<br />

sorgen modernste Bauweise und Gebäudetechnik,<br />

eine ökologische Energieversorgung<br />

und ein umweltfreundliches Verkehrskonzept.<br />

Zudem sind 30 Prozent der Wohnfläche für<br />

gemeinnütziges Wohnen oder preisgünstigen<br />

Wohnraum für junge Menschen in<br />

Ausbildung reserviert.<br />

.<br />

Standort: Winterthur, Schweiz<br />

Architekturbüro: Implenia<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

27


Top Deal<br />

ImFokus<br />

Zinshausdeal des Jahres<br />

Top-Deal. Zinshausspezialist Thalhof Immobilien sicherte sich mit dem „Adlerhof“ der S Immo ein<br />

Juwel aus der Wiener Gründerzeit.<br />

A<br />

m Wiener Zinshausmarkt war<br />

gelinde gesagt schon einmal<br />

mehr los. Sowohl bei der Verkaufszahl<br />

als auch bei den Volumina<br />

wurden im ersten Halbjahr <strong>2023</strong> starke<br />

Rückgänge beobachtet, berichtet etwa Otto<br />

Immobilien. Umso erwähnenswerter ist also<br />

jener Deal, der kürzlich abgeschlossen wurde:<br />

der Verkauf des „Adlerhofs“ der S Immo an<br />

Thalhof Immobilien. „Objekte dieser Qualität<br />

kommen nur sehr selten auf den Markt und<br />

stoßen auch in dieser herausfordernden Zeit<br />

auf rege Nachfrage seitens liquider Investoren“,<br />

sagt Franz Pöltl, Geschäftsführer der EHL<br />

Investment Consulting, die den Deal eingefädelt<br />

hat, über die bislang „größte Zinshaustransaktion<br />

des Jahres“.<br />

Wie groß die Transaktion tatsächlich war, kann<br />

leider nur vermutet werden. Über die genaue<br />

Höhe wurde zwischen allen Beteiligten Stillschweigen<br />

vereinbart. Von einem „Schnäppchen“<br />

kann vermutlich nicht die Rede sein.<br />

Zum voll vermieteten Objekt in der Siebensterngasse<br />

46 im 7. Wiener Gemeindebezirk ge-<br />

hören 161 Wohn- und neun Gewerbeeinheiten<br />

auf einer Gesamtfläche von knapp 11.500 Quadratmetern.<br />

Wie EHL bestätigt befindet sich<br />

der „Adlerhof“, der das Wiener Portfolio der S<br />

Immo fast ein Vierteljahrhundert schmückte,<br />

in ausgezeichneten baulichen Zustand, mit<br />

hochwertig ausgebautem Dachgeschoß.<br />

Baujahr 1874<br />

Das 1874 vom Architekten Carl Stephann<br />

erbaute Gebäude verbindet über ein bemerkenswertes<br />

Durchaus mit fünf Höfen und<br />

pilaster- und arkadengegliederten Eingängen<br />

die Siebensterngasse mit der Burggasse.<br />

Zinshausspezialist Thalhof Immobilien will<br />

den Adlerhof dem Vernehmen nach in den<br />

nächsten Jahren unter Berücksichtigung von<br />

Nachhaltigkeitskriterien und der Verbesserung<br />

der urbanen Lebensqualität entwickeln.<br />

Bei der S Immo freut man sich wiederum,<br />

einen weiteren Schritt in der strategischen<br />

Veräußerung der Wohnimmobilien abgeschlossen<br />

zu haben. Die gewonnene Liquidität<br />

soll nun in Büro- und Gewerbeimmobilien<br />

reinvestiert werden.<br />

Laut Otto Immobilien fanden im ersten Halbjahr<br />

<strong>2023</strong> in Wien 124 Zinshaustransaktionen<br />

statt. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum<br />

bedeutet das ein Minus von fast 60 Prozent.<br />

Zu Rückgängen kam es im Übrigen in nichtweniger<br />

als 17 der 23 Wiener Gemeindebezirken.<br />

Am stärksten ging die Zahl der Deals<br />

mit jeweils rund 90 Prozent in Währing<br />

und Döbling zurück. In der Brigittenau,<br />

der Donaustadt und Leasing stagnierte die<br />

Transaktionszahl, während in der Innenstadt<br />

und Floridsdorf sogar eine Verdoppelung zu<br />

beobachten war.<br />

Sorgen um das Wiener Zinshaus muss man<br />

sich dennoch nicht machen. Auch in dieser<br />

Phase zeichne es sich durch eine starke Resilienz<br />

aus, sagt Philipp Maisel, Teamleiter<br />

Zinshaus bei Otto Immobilien. „Die Preise<br />

sind zwar gesunken, aber nicht so stark wie<br />

in anderen Assetklassen und selbst die günstigsten<br />

Objekte sind nach wie vor nicht unter<br />

2.035 Euro pro Quadratmeter zu haben.“ Bereits<br />

im kommenden Jahr soll sich das Marktgeschehen<br />

wieder dynamischer gestalten.<br />

Foto: C.A.N Photography<br />

28 ImmoFokus


Start-up<br />

ImFokus<br />

Energiespende<br />

Der Initiator<br />

Matthias Nadrag ist seit 2014 im Bereich<br />

Erneuerbarer Energie tätig. Mit einem<br />

österreichweit erfolgreichen Crowdfundingportal<br />

für Photovoltaik-Kraftwerke<br />

auf Wohnanlagen, Gewerbe, Industrie<br />

und Kommunalinfrastruktur wurde er<br />

für den Innovations- und Forschungspreis<br />

des Landes Kärnten nominiert. Seit<br />

2018 widmet er sich der gemeinschaftlichen<br />

Nutzung von erneuerbaren Erzeugungsanlagen.<br />

Mit enixi.io gründete er<br />

2021 ein Unternehmen, das Software-asa-Service<br />

für Mieterstrom und Energiegemeinschaften<br />

anbietet.<br />

www.energiespenden.at<br />

Gegen Energiearmut. Überschüssige Energie aus privaten und<br />

betrieblichen Erzeugungsanlagen wird zur Direkthilfe für bedürftige<br />

Familien und Hilfsorganisationen.<br />

E<br />

nergiegemeinschaften sind für Startups<br />

in Österreich zu einem neuen<br />

Betätigungsfeld geworden. Mitten<br />

drinnen: enixi von Matthias Nadrag<br />

aus Kärnten. Er bietet nicht nur Apps und Software<br />

für Energiegemeinschaften, sondern ermöglicht<br />

seit kurzem auch, dass sie überschüssigen Strom<br />

an Bedürftige und Hilfsorganisationen spenden<br />

können.<br />

Über eine österreichweite Bürgergemeinschaft<br />

werden ab sofort bedürftige Familien und karitative<br />

Einrichtungen mit kostenloser Energie<br />

versorgt. Initiator Matthias Nadrag forderte<br />

Gerechtigkeit im Zusammenhang mit dem<br />

Umstieg auf erneuerbare Energien: „Während<br />

sich die oberen 10 Prozent mit Photovoltaik,<br />

E-Auto und Speicher schon längst Unabhängigkeit<br />

leisten können, kümmern wir uns um die<br />

untersten 3 Prozent“.<br />

Die Energiegemeinschaft Österreich stellt nicht<br />

nur eine soziale, sondern auch eine technische<br />

Innovation dar, da Bürgerenergiegemeinschaften<br />

über mehrere Netzgebiete hinweg erst seit<br />

dem 2. Oktober <strong>2023</strong> möglich sind. Allein in den<br />

ersten Oktobertagen konnten bereits hunderte<br />

Kilowattstunden zwischen Wien, Burgenland<br />

und Kärnten verteilt werden. So liefert zum<br />

Beispiel die Regiowert Unternehmensgruppe<br />

mit dem Überschuss von zwei Photovoltaik-Anlagen<br />

im Burgenland genug Energie, um in der<br />

Westbahnhoffnung in Villach täglich warme<br />

Mahlzeiten für rund 30 sozial benachteiligte<br />

Personen zubereiten zu können.<br />

Direkt Energie zu spenden hat einen enormen<br />

Hebel gegenüber einer reinen Geldzuwendung:<br />

Der Spender verzichtet auf wenige Cent pro<br />

Kilowattstunde, während sich der Empfänger<br />

den gesamten Arbeitspreis spart. Gründer Matthias<br />

Nadrag hat für alle, die sich über niedrige<br />

Einspeisetarife ärgern, eine bessere Option:<br />

„Bevor du die Energie anderweitig verschenkst,<br />

kannst du damit jemanden vor Energiearmut<br />

schützen.“<br />

Die eigens angepasste Energiegemeinschafts-<br />

Software vom Technologieanbieter enixi macht<br />

die Energiespende einfacher als die Einrichtung<br />

eines Dauerauftrags für eine Geldspende. Über<br />

das tagesaktuelle Monitoring ist die Menge der<br />

gespendeten Kilowattstunden jederzeit einsehbar.<br />

Unter energiespenden.at kann man ohne<br />

Bindung über einen beliebigen Zeitraum bereits<br />

aus ganz Österreich direkt Energie spenden.<br />

Die Meinung des Profis<br />

Schöne und soziale Umsetzung der<br />

Idee des Gesetzgebers, auch jenen zu<br />

Erneuerbarer Energie zu verhelfen, die<br />

keine Möglichkeit für eine PV-Anlage<br />

haben. Gemeinnütziges Geschäftsmodell,<br />

beschränkte Skalierbarkeit.<br />

IDEE<br />

GESCHÄFTSMODELL<br />

TIMING<br />

Christian Call, MAS<br />

Wiener Netze<br />

Unternehmenskommunikation<br />

Fotos: Matthias Nadrag<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

29


Der<br />

Marketer<br />

Gedankensplitter zum<br />

ImmoMarketing in<br />

Theorie und Praxis.<br />

Partnerschafts-Puzzle:<br />

Das Geheimnis gelebter Partnerschaften<br />

Regelmäßiger Kommentar: Philipp Kaufmann<br />

Partnerschaften sind wie ein komplexes Puzzle, bei dem jeder Partner ein einzigartiges<br />

Teil darstellt. Das Zusammenspiel dieser Teile formt das Gesamtbild einer gelebten<br />

Partnerschaft. In einer Welt, die sich ständig verändert, sind starke und erfüllende Partnerschaften<br />

von unschätzbarem Wert. Lassen Sie uns einen Blick auf einige wesentliche<br />

Aspekte werfen, die dazu beitragen, dass Partnerschaften blühen und gedeihen.<br />

**1. Kommunikation als Grundpfeiler:**<br />

Die Grundlage jeder<br />

erfolgreichen Partnerschaft ist eine<br />

offene und ehrliche Kommunikation.<br />

Partner sollten in der Lage<br />

sein, ihre Gedanken und<br />

Gefühle zu teilen, ohne<br />

Angst vor Verurteilung<br />

zu haben. Ein regelmäßiger<br />

Austausch schafft nicht<br />

nur Verständnis, sondern stärkt auch<br />

die Bindung zwischen den Partnern.<br />

**4. Gemeinsame Erlebnisse und Rituale:**<br />

Geteilte Erfahrungen schweißen<br />

zusammen. Partnerschaften profitieren<br />

von regelmäßigen gemeinsamen Erlebnissen<br />

und Ritualen, sei es ein wöchentlicher<br />

Jour-Fixe oder ein jährlicher<br />

Messebesuch (z.B. die Expo in München).<br />

Solche Momente schaffen Bindungen<br />

und schenken der Partnerschaft eine<br />

besondere, gemeinsame Geschichte.<br />

**2. Gemeinsame Werte und Ziele:**<br />

Partnerschaften prosperieren, wenn beide<br />

Partner ähnliche Werte und Ziele teilen.<br />

Das Festlegen gemeinsamer Prioritäten<br />

schafft eine klare Ausrichtung und verhindert<br />

Missverständnisse über langfristige<br />

Erwartungen. Eine partnerschaftliche<br />

Reise wird umso erfüllender, wenn beide<br />

Partner in die gleiche Richtung blicken.<br />

**5. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit:**<br />

Das Leben ist dynamisch, und Partnerschaften<br />

müssen sich den Veränderungen<br />

anpassen. Die Fähigkeit, flexibel auf Herausforderungen<br />

zu reagieren,<br />

stärkt die Widerstandsfähigkeit<br />

der<br />

Partnerschaft. Gemeinsames<br />

Wachsen durch Höhen und Tiefen fördert<br />

nicht nur die individuelle Entwicklung,<br />

sondern auch die Stabilität der Beziehung.<br />

**3. Akzeptanz und Respekt für<br />

Unterschiede:** Jeder Mensch ist ein<br />

Individuum mit eigenen Eigenschaften,<br />

Vorlieben und Meinungen. Gelebte<br />

Partnerschaften zeichnen<br />

sich durch die Fähigkeit<br />

aus, die Unterschiede des<br />

anderen zu akzeptieren<br />

und zu respektieren. Statt<br />

Konflikte zu vermeiden, sollten Partner<br />

daran arbeiten, voneinander zu lernen<br />

und sich durch die Vielfalt zu bereichern.<br />

**6. Selbstpflege für eine gesunde<br />

Partnerschaft:** Partnerschaften können<br />

nur so stark sein wie die Individuen, aus<br />

denen sie bestehen. Die Selbstpflege jedes<br />

Partners ist daher entscheidend. Zeit für<br />

persönliche Interessen und persönliches<br />

Wachstum ermöglicht es beiden, in der<br />

Partnerschaft ihre beste Version zu sein.<br />

In einem Partnerschafts-Puzzle sind die oben genannten<br />

Elemente nur einige der wichtigsten Teile.<br />

Die Kunst besteht darin, sie miteinander zu verbinden<br />

und ein harmonisches Gesamtbild zu schaffen.<br />

Gelebte Partnerschaften erfordern ständige Pflege<br />

und Aufmerksamkeit, aber die Belohnungen in Form<br />

von gemeinsamem Erfolg sind es wert. Diese Gedanken<br />

sollen helfen, Partnerschaften innerhalb des Unternehmens<br />

aber auch mit Kunden bzw. Lieferanten<br />

zu pflegen und zu festigen. Wer auch privat davon<br />

profitiert, wird zum wahren Beziehungsmeister.<br />

30 ImmoFokus


Problemlöser<br />

ImFokus<br />

Stephan<br />

Gasser<br />

Christian<br />

Ochs<br />

Gründer & Geschäftsführer<br />

FINcredible<br />

1. DAS PROBLEM<br />

Für viele digitale Geschäftsabschlüsse ist eine<br />

Online-Identifikation von Kunden erforderlich. Vor<br />

allem bei Bank- und Finanzgeschäften muss dabei<br />

das strenge „Know-Your-Customer“ Prinzip (KYC-<br />

Prinzip) zur Bekämpfung von Geldwäsche und<br />

Terrorismusfinanzierung befolgt werden. Immer<br />

häufiger kommt es auch be Immobilienabschlüssen zu<br />

Betrugsversuchen.<br />

Fotos: aedifion<br />

2. DIE LÖSUNG<br />

Mit dem FINcredible KontoCheck können Mietbelastungsquote,<br />

Gehaltsnachweise und Identitätsnachweis demnach schnell erledigt<br />

werden. Der KontoCheck bietet die Möglichkeit, die Bonität<br />

potenzieller Mieter zu überprüfen, indem er Gehaltsnachweise<br />

und Identitätsnachweise in Echtzeit überprüft und eine<br />

Mietbelastungsquote berechnet.<br />

Makler und Hausverwaltungen können den KontoCheck für Mieter<br />

oder Käufer ganz leicht über die verwendete Maklersoftware oder<br />

die Website von FINcredible bestellen – das Ergebnis kommt sofort<br />

nach Abschluss digital als Zertifikat. Alternativ kann der KontoCheck<br />

auch direkt in die Webseite zum Beispiel des Maklers integriert<br />

werden. Miet- und Kaufinteressenten können den KontoCheck dann<br />

dort sofort erledigen, das Ergebnis landet sofort beim Makler.<br />

Das Unternehmen ist ein Spin-Off von Wirtschaftswissenschaftlern<br />

der WU Wien und hat mit dem KSV1870, der auch die<br />

Mehrheitsrechte inne hat, einen potenten Partner.<br />

30,4<br />

DIE ZAHL<br />

Die Internetkriminalität ist<br />

in Österreich auch 2022<br />

weiter gestiegen: Mit rund<br />

60.200 Anzeigen wurde<br />

eine Zunahme von 30,4<br />

Prozent im Vergleich zum<br />

Vorjahr verzeichnet. Die<br />

zeitweise Schließungen<br />

des stationären Handels<br />

während der Corona-<br />

Pandemie und die damit<br />

verbundene Verlagerung<br />

des realen Lebens in die<br />

digitale Welt bildeten den<br />

Nährboden für Betrüge im<br />

Internet.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

31


Immobilie<br />

ImFokus<br />

1907<br />

Mehr als ein Jahrhundert lang wurden in der 1907 erbauten Remise der<br />

Badener Bahn in der Eichenstraße im zwölften Wiener Gemeindebezirk<br />

Züge aus- und eingelassen. Kein Aprilscherz: Am 1. April 2018 rollte der<br />

letzte Wagon aus dem historischen Ziegelbau.<br />

1<br />

Egal ob in London, Amsterdam oder Berlin – in jeder<br />

europäischen Stadt, die etwas auf sich hält, findet sich<br />

mittlerweile mindestens eine „Food Hall“. Im Gleisgarten, der<br />

ersten Wiener Gastro-Markthalle, bieten neun Gastronomen<br />

Spezialitäten an, darunter japanische, griechische,<br />

marokkanische, aber auch US-amerikanische Küche. Die<br />

Brauerei Vienna Kraft im Herzen der Halle wird von ihren beiden<br />

Geschäftsführern, Felix Bollen und Anton Borkmann, betrieben.<br />

<strong>2023</strong><br />

Nach einem Jahr Bauzeit fand Mitte Oktober das „Grand Opening“ des<br />

Gleisgartens statt. Über den Abend verteilt wollten sich 1.500 Gäste von Wiens<br />

erster „Food Hall“, die Kapazität für rund 600 Personen bietet, überzeugen.<br />

Die Aufregung war auch im Vorfeld riesig. Der Gleisgarten soll aber nicht nur<br />

ein Ort des lukullischen Genusses sein, auf drei Bühnen unterschiedlicher<br />

Größe können auch Konzerte und andere Performances stattfinden.<br />

31.000<br />

Die ehemalige Remise der Badener Bahn ist das Herzstück des<br />

neuen Stadtquartiers Wolfganggasse, das in den letzten Jahren in<br />

Wien Meidling entstand. Auf einem 31.000 Quadratmeter großen<br />

Areal wurden 850 geförderte Wohnungen für rund 2.000 Menschen<br />

realisiert. Angesprochen werden sollen mit dem leistbaren<br />

Angebot vor allem Alleinerziehende.<br />

2019<br />

Der Startschuss für das Projekt „Eichenstraße<br />

1“ fiel vor drei Jahren. Gemeinsam mit den<br />

Projektpartnern 6B47 Real Estate und Trivalue<br />

realisiert Soravia seitdem auf rund 50.000<br />

Quadratmetern einen spannenden Nutzungsmix<br />

aus Wohnen, Gewerbe, Retail und Hotel.<br />

25<br />

Der Name Pflanzengarten<br />

hätte dem Gleisgarten auch<br />

alle Ehre gemacht. In der<br />

Gastro-Markthalle grünt es<br />

nämlich nur so vor sich hin.<br />

Zum „lebendigen Inventar“<br />

gehören 25 Palmen, acht<br />

Olivenbäume und mehrere<br />

Dutzend Bambusstrauch,<br />

die im Übrigen aus Spanien<br />

geliefert wurden.<br />

Fotos: CHIARAMILO<br />

32 ImmoFokus


Aufsteiger<br />

Absteiger<br />

Der Höhepunkt<br />

Ausrufezeichen. Gerald Beck krönt seine bereits beachtliche Karriere und tritt im Mai 2024 die<br />

Geschäftsführerposition bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) sowie der Austrian Real Estate (ARE) an.<br />

5<br />

1 1992<br />

Nach dem Abschluss seines Bauingenieur-<br />

Studiums (Fachrichtung: Bauwirtschaft) an<br />

der TU Wien beginnt Beck als Projektentwickler<br />

bei der Strabag-Vorgängerin Ilbau. Er<br />

wird diese Position fünf Jahre lang ausüben.<br />

2 1997<br />

Bis 2003 ist der gebürtige Wiener<br />

bei der Strabag bei nationalen und<br />

internationalen Großprojekten auf der<br />

operativen und der Development-Seite<br />

als Bereichs- und Direktionsleiter tätig.<br />

1<br />

Gerald Beck<br />

2<br />

3<br />

3 2003<br />

Seine bislang längste berufliche Station tritt Beck 2003 als Geschäftsführer<br />

der Raiffeisen evolution an. Im Übrigen in dem Jahr,<br />

in dem im Raiffeisen-Sektor die Entscheidung getroffen wurde, die<br />

gesamten Immobilienaktivitäten zu bündeln. 13 Jahre lang wird er<br />

beim Unternehmen bleiben und das große Portfolio weiterentwickeln.<br />

Der Abschied erfolgt im März 2017, wenige Monate nachdem<br />

die Strabag im Herbst 2016 ihre Anteile an der Raiffeisen evolution<br />

von 20 auf 100 Prozent aufgestockt hatte. Den Wandel in den Schoß<br />

des Baukonzerns begleitet er noch aktiv.<br />

4 2017<br />

Im April startet Beck als Geschäftsführer der<br />

UBM Development Österreich. In dieser Funktion<br />

verantwortet er die Geschäftsbereiche Akquisition,<br />

Development, Technik und Personal. In den<br />

kommenden sechs Jahren werden bei der UBM<br />

wichtige Schritte in Richtung Nachhaltigkeit und<br />

Dekarbonisierung gesetzt.<br />

4<br />

5 <strong>2023</strong><br />

Ende Oktober wird bekannt, dass<br />

Gerald Beck im Mai 2024 die Geschäftsführerposition<br />

vom scheidenden<br />

Wolfgang Gleissner bei<br />

der Bundesimmobiliengesellschaft<br />

(BIG) sowie der Austrian Real Estate<br />

(ARE) übernimmt. „Ich freue mich<br />

sehr auf die großartige und verantwortungsvolle<br />

Aufgabe in der<br />

BIG“, sagt Beck per Aussendung.<br />

Bei der UBM dürfte sich die Freude<br />

über den Abgang des erfahrenen<br />

Immobilienprofis wohl in Grenzen<br />

halten. Dennoch gibt sich CEO<br />

Thomas G. Winkler sportlich: „Die<br />

UBM und ARE verbindet eine strategische<br />

Partnerschaft in München<br />

und Wien und es ist immer eine<br />

Auszeichnung, wenn es hier zu<br />

einem freundlichen Management-<br />

Wechsel kommt.“ Becks Nachfolge<br />

bei der UBM übernimmt interimistisch<br />

CTO und Vorstandsmitglied<br />

Peter Schaller.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

33


Positionen & Meinungen<br />

488<br />

ZU TISCH MIT...<br />

„Je länger etwas gut geht, desto kritischer<br />

sollte man sein“, mahnt ÖRAG Vorstand<br />

Johannes Endll, beim gemeinsamen<br />

Mittagessen mit Herausgeber Michael<br />

Neubauer im „Zum Schwarzen Kameel“ nicht<br />

auf jeden Zug aufspringen zu müssen.<br />

58<br />

WEIN & IMMOBILIEN<br />

Von Prestigeweinen hält Architekt Martin<br />

Kohlbauer genau so wenig wie von<br />

Statussymbolen. Die Genialität liege in<br />

der Einfachheit der Dinge, ist er überzeugt.<br />

Und ein Wirtshaus müsse auch ein Ort<br />

des Alkoholismus sein, meint er bei der<br />

Weinverkostung mit Heimo Rollett.<br />

36<br />

COVERINTERVIEW<br />

„Ich gehe sicherlich<br />

mehr Risiko ein als viele<br />

andere. Man kann Risiko<br />

kalkulieren. Man kann<br />

alles dazu tun, um das<br />

Risiko zu minimieren“,<br />

betont Wolfdieter<br />

Jarisch, CEO der S+B<br />

Gruppe. „Aber wer ins<br />

Risiko geht braucht<br />

Durchhaltevermögen.“<br />

Foto: Adobe Stock<br />

34 ImmoFokus


Scan me<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

35


Positionen & Meinungen<br />

Gipfelstürmer<br />

Nicht Aufgeben - Durchhalten. „Ich gehe sicherlich mehr Risiko ein als<br />

viele andere. Man kann Risiko kalkulieren. Man kann alles dazu tun, um das<br />

Risiko zu minimieren“, betont Wolfdieter Jarisch, CEO der S+B Gruppe.<br />

„Aber wer ins Risiko geht, braucht Durchhalteverögen. Das haben wir.“<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

In den vergangenen drei Jahrzehnten hat<br />

die S+B Gruppe erfolgreich Projekte im<br />

Gesamtwert von etwa fünf Milliarden<br />

Euro abgeschlossen. Für die nächste<br />

Dekade sind bereits Projekte in Höhe von<br />

drei Milliarden Euro geplant. Beeinträchtigt<br />

die aktuelle Krise Ihr Unternehmen<br />

nicht? Geht sie an Ihnen spurlos vorbei?<br />

In Deutschland kommen immer mehr<br />

Developer unter Druck, einige mussten<br />

bereits Insolvenz anmelden.<br />

Wolfdieter Jarisch: Seit 35 Jahren realisieren<br />

wir komplexe Projekte in Wien, Prag, Bukarest<br />

und Warschau. Ein bedeutender Aspekt,<br />

den ich hervorheben möchte, ist unsere tiefe<br />

Dankbarkeit gegenüber unseren Gründungsgesellschaftern,<br />

die stets einen erheblichen<br />

Anteil der Gewinne im Unternehmen<br />

belassen haben. Dies hat uns im Gegensatz<br />

zu vielen anderen Unternehmen in der<br />

Immobilienbranche einen beträchtlichen<br />

Eigenkapitalpolster verschafft. Diese Tatsache<br />

ist bemerkenswert und dürfte wohl nicht<br />

allzu oft anzutreffen sein. Die S+B Gruppe<br />

genießt bei den Banken ein hohes Ansehen.<br />

Wir werden bei Banken für Finanzierungen<br />

gerne gesehen. Aber eines ist auch klar: Die<br />

gestiegenen Zinskosten wirken sich auch auf<br />

unsere Projekte aus.<br />

Ein weiteres Plus sind unsere Mitarbeiter.<br />

Der durchschnittliche S+B-Mitarbeiter ist 41<br />

Jahre alt, weiblich und bereits seit beeindruckenden<br />

16,5 Jahren Teil unseres Unternehmens.<br />

Die jüngeren Mitarbeiter haben<br />

die Hochzinsphasen noch nicht miterlebt,<br />

während wir älteren in der Vergangenheit<br />

mit Zinssätzen von acht, neun und zehn<br />

Prozent konfrontiert waren. Dennoch war<br />

es auch damals möglich, Immobilienentwicklungen<br />

voranzutreiben. Dies ist eine<br />

entscheidende Tatsache, die in der heutigen<br />

Zeit berücksichtigt werden muss, insbesondere<br />

vor dem Hintergrund gestiegener<br />

Baukosten. Allerdings wissen wir auch, dass<br />

uns das, was uns nicht schwächt, härter und<br />

widerstandsfähiger macht.<br />

Vor 15 Jahren hat die Lehmann-Pleite die<br />

Immobilienwirtschaft erschüttert. Ist die<br />

aktuelle Situation mit 2008 vergleichbar?<br />

Sehen Sie Parallelen?<br />

Meiner Meinung nach lassen sich keine<br />

direkten Parallelen ziehen. Die aktuelle<br />

Situation ist deutlich anders. Es hat sich<br />

viel ereignet, was nicht unmittelbar mit<br />

der Finanzkrise oder der Inflation in<br />

Verbindung steht, auch wenn es indirekte<br />

Auswirkungen gibt. Ein Beispiel hierfür ist<br />

Fotos: @Rizar.Photo<br />

36 ImmoFokus


<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

37


Positionen & Meinungen<br />

38 ImmoFokus


die Covid-Situation, die uns das Arbeiten im<br />

Homeoffice gebracht hat. Es ist diskutabel,<br />

ob Homeoffice positiv oder negativ ist, wie<br />

viel davon wirtschaftlich gesund ist, wann<br />

und wie es nachteilig sein kann. Doch über<br />

eines besteht wenig Zweifel: Homeoffice ist<br />

gekommen, um zu bleiben, und wird nicht<br />

wieder verschwinden. Ich bin überzeugt,<br />

dass dies in vielen Fällen einen Mehrwert für<br />

unsere Mitarbeiter darstellt.<br />

Der nächste Aspekt, den wir betrachten<br />

sollten, ist der Ukraine-Krieg. Dieses<br />

außergewöhnliche und hoffentlich einmalige<br />

Ereignis in diesem Ausmaß hat<br />

gezeigt, dass zu Beginn alle wie erstarrt<br />

waren. Viele spekulierten, dass die Russen<br />

und selten sind. Die Lieferketten haben sich<br />

angepasst und sind mittlerweile stabilisiert.<br />

Sie persönlich, aber auch Ihre Projekte wurden<br />

vielfach ausgezeichnet. Was bedeuten<br />

Auszeichnungen für Sie?<br />

In unserer heutigen Zeit kommt Anerkennung<br />

oft zu kurz und ist leider eher selten anzutreffen.<br />

Jegliche Form von Anerkennung, sei es<br />

durch Auszeichnungen oder Preisverleihungen,<br />

stellt eine wunderbare Bestätigung für die<br />

geleistete Arbeit und die Ideen dar, die man<br />

verfolgt. In diesem Kontext freut es mich besonders,<br />

dass unser Gebäude, der DC-Tower 3, zu<br />

den acht besten Hochhäusern der Welt in einer<br />

Höhe von hundert bis zweihundert Metern<br />

zählt. Dabei sind wir das einzige Gebäude im<br />

unglaublicher Zeitnot und mussten diese<br />

Garage in wenigen Monaten errichten.<br />

Sonst hätten wir ein hohes Pönale zahlen<br />

müssen. Wir wurden fristgerecht fertig.<br />

Dann stellte sich für uns die Frage – Was<br />

machen wir mit der Liegenschaft weiter? Auf<br />

diesem Grundstück hat es keine mögliche<br />

Bebauungskubatur gegeben. Um für dieses<br />

Grundstück Kubatur zu bekommen, war es<br />

notwendig, andere Grundstücke zu erwerben<br />

und abzutauschen. So ist eine Liegenschaft<br />

in der D-City nach der anderen von uns<br />

gekauft oder mit Vorkaufsrechten gesichert<br />

worden – wie zum Beispiel das Areal bei dem<br />

DC 2 und DC 3 und DC Waterline. Parallel<br />

dazu haben wir vor 13 Jahren auf der anderen<br />

Seite der Reichsbrücke mit dem Ankauf der<br />

Liegenschaft von der Cineplex-Gruppe und<br />

Minopolis eine Entwicklung begonnen.<br />

„Der städtebauliche Vertrag war für<br />

uns ein kalkulatorisches Problem.<br />

Keiner hat genau gewusst, was die<br />

Stadt will und wie sich das ausgeht.“<br />

einmarschierten und die Angelegenheit<br />

innerhalb eines Monats erledigt sei. Nur<br />

wenige prophezeiten, dass dieser Konflikt<br />

Jahre dauern würde. Anfangs herrschte<br />

Schockstarre und es schien, als würde nichts<br />

mehr funktionieren. Niemand wollte mehr<br />

liefern. Nach und nach jedoch wurde klar,<br />

dass das Leben weitergehen muss. Die Frage<br />

war, woher man die benötigten Materialien<br />

und Zuschlagstoffe bekommt. Schritt für<br />

Schritt wurden Lösungen gefunden, die<br />

möglicherweise effizienter waren als zuvor.<br />

Insbesondere bei den Zuschlagstoffen für die<br />

Fliesenproduktion wurden deutlich verbesserte<br />

Wege erschlossen.<br />

Wo liegen die Verbesserungen?<br />

Es ist nicht mehr notwendig, spezielle Materialien<br />

aus der Ukraine zu beziehen, die aus<br />

dortigen Bodenschätzen gewonnen werden<br />

Wolfdieter Jarisch,<br />

S+B Gruppe<br />

deutschsprachigen Raum, das diese Auszeichnung<br />

erhalten hat.<br />

Einen Schritt voraus zu sein, das ist ein<br />

gutes Stichwort. Wie kommt man auf die<br />

Idee, auf dem – damals im Volksmund<br />

„Donauplatte“ genannten – Areal einen<br />

ganzen Stadtteil, die D-City, im wahrsten<br />

Sinne des Wortes hochzuziehen?<br />

Es ist wie alles im Leben, Schritt für Schritt<br />

gewachsen und gekommen.<br />

Begonnen hat alles mit einem Garagenprojekt<br />

– neben dem DC Living –, das wir von<br />

der BAI und der Wiener Entwicklungsgesellschaft<br />

für den Donauraum (WED) gekauft<br />

hatten. Ein schwieriges Projekt, denn mit<br />

Amisola Immobilien war bereits ein Fertigstellungstermin<br />

vereinbart gewesen. Aber<br />

wir haben uns das zugetraut. Wir waren in<br />

Haben Sie bei den DANUBEFLATS von<br />

Anfang an mit einer derartig langen<br />

Projektdauer gerechnet?<br />

Nein. Wir sind von einer Projektdurchlaufdauer<br />

von fünf Jahren ausgegangen. Wir<br />

haben jetzt eine Projektdurchlaufdauer von<br />

siebeneinhalb bis zehn Jahren. Je nachdem,<br />

wie kompliziert das Projekt ist. Aber mit<br />

dieser langen Projektdauer haben wir nicht<br />

gerechnet. Nein, auf keinen Fall.<br />

Wir haben dort eine Widmung gehabt. Wir<br />

hätten dort auch ein Hotel, Büros oder ein<br />

Studentenhaus hinbauen können. Es wäre<br />

viel möglich gewesen. Von der Kubatur her<br />

hätten wir nur geringfügig weniger bauen<br />

können. Wir hatten uns aber dann entschlossen,<br />

einen Gegenpol zu der anderen Seite der<br />

Reichsbrücke zu bauen. Wir wollten ein Tor<br />

in die Donaustadt schaffen – und das ist uns,<br />

so glaube ich, durchaus gelungen.<br />

Der Weg, den wir gegangen sind, war<br />

mühsam und steinig. Das muss man aber akzeptieren,<br />

wenn man so ein Projekt umsetzen<br />

möchte. Und: Es hat sich gelohnt.<br />

Gibt es irgendetwas, was Sie, wenn Sie<br />

noch einmal am Anfang stehen würden,<br />

anders machen würden? Was nimmt<br />

man von so einem Projekt in das nächste<br />

Projekt mit?<br />

Der städtebauliche Vertrag war für uns<br />

ein kalkulatorisches Problem. Wir hatten<br />

einen der ersten städtebaulichen Verträge<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

39


Positionen & Meinungen<br />

„Der Weg, den wir gegangen sind, war mühsam<br />

und steinig. Das muss man aber akzeptieren,<br />

wenn man so ein Projekt umsetzen möchte.<br />

Und: Es hat sich gelohnt.“<br />

Wolfdieter Jarisch,<br />

S+B Gruppe<br />

Wolfdieter Jarisch<br />

Trotz einer schönen Zeit in Kalksburg erfolgte ein Schulwechsel, um<br />

für die Montanuni Leoben gerüstet zu sein. Aber es sollte anders kommen:<br />

Nach einer HTL-Matura in Tiefbau und einem Kurzbesuch an der<br />

TU in der Vermessungstechnik hat ihn sehr bald das Projektgeschäft<br />

begeistert. Nach ersten Erfahrungen bei der Thyssen Bautechnik<br />

startete er 1989 in die Selbständigkeit mit zwei weiteren Partnern.<br />

Nach Abschluß einer großvolumigen Entwicklung (Wienzentrale von<br />

„Eduscho“) erfolgte 1992 der Wechsel zur S+B, um weitere Großprojekte<br />

zu betreuen. Erfolgreich, wie die vielfältigen Auszeichnungen<br />

(Diva-Award, Brand-Award, Cäsar) bezeugen - so wurden u.a. die<br />

ehemalige Mobilkom-Zentrale, das Europay-Gebäude in Wien Mitte<br />

oder das höchste Wohnhause Österreichs, DANUBEFLATS, unter<br />

seiner Leitung entwickelt. Bei der Umwandlung der S+B in eine AG<br />

wurde er 2007 in den Vorstand berufen und ist seither für Österreich<br />

und die Umgebungsländer verantwortlich.<br />

Herr Jarisch ist seit 31 Jahren verheiratet und Vater von vier Kindern.<br />

In seiner Freizeit reist er gerne, um mit neuen Inspirationen nach<br />

Hause zu kommen, oder ist sportlich unterwegs (Rad, Boot, Flugzeug).<br />

40 ImmoFokus


<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

41


Positionen & Meinungen<br />

abgeschlossen. Keiner hat genau gewusst,<br />

was die Stadt will und wie sich das ausgeht.<br />

Diese ganzen Punkte, die wir dort machen<br />

müssen oder wir uns verpflichtet haben zu<br />

machen, waren alles keine 0815-Punkte.<br />

Da sind eine Menge Auflagen auf uns<br />

zugekommen. Ich hätte mir gewünscht<br />

oder würde mir in Zukunft wünschen, dass<br />

es einen fixen Katalog gibt, mit dem man<br />

besser kalkulieren kann, damit man schon<br />

vor dem Liegenschaftskauf weiß, mit wie<br />

viel man rechnen muss. Bei uns wurde alles<br />

nachträglich vereinbart. Als ordentlicher<br />

Kaufmann kann ich nicht ein Projekt starten,<br />

ohne zu wissen, was es mich am Ende des<br />

Tages kostet und ob das wirtschaftlich positiv<br />

ist oder nicht. Städtebauliche Verträge sind<br />

ein „sinnvolles Instrument“ – brauchen aber<br />

mehr Kalkulationssicherheit.<br />

Können Sie hier ein paar Eckpunkte<br />

nennen?<br />

Überplattungen und Verkleidungen der<br />

Auffahrt der angrenzenden Donau-Ufer-<br />

Autobahn A22, Maßnahmen zur Gestaltung<br />

des Donauufers, ein Kindergarten, ein<br />

Kostenbeitrag für eine Schulerweiterung und<br />

die Bereitstellung von Sozialwohnungen.<br />

Eine Durchwegung machen, was natürlich<br />

einen enormen Mehrwert für die angrenzenden<br />

Immobilien bringt. In der Vergangenheit<br />

war das alles eine Betonwüste. Der Fußabdruck<br />

der DANUBEFLATS ist kleiner als der<br />

der ursprünglichen Bebauung. Durch die<br />

teilweise Überplattung der Autobahn wird<br />

die Lärmbelastung für die gesamte Nachbarschaft<br />

nachhaltig verringert. Benachbarte<br />

Gebäude erhalten dadurch auch erstmals einen<br />

direkten öffentlichen Zugang zur Donau<br />

in Form eines 50 Meter langen Badestegs.<br />

Die großzügige Neugestaltung und Begrünung<br />

der Freiflächen und des neu gestalteten<br />

CopaBeachs verleihen dem Gebiet ein neues<br />

und urbanes Flair und werten die gesamte<br />

D-City erheblich auf.<br />

Können Sie die Kosten für die von der<br />

Stadt Wien geforderten Maßnahmen<br />

beziffern?<br />

Rund zehn Millionen Euro. Es ist in Ordnung,<br />

dass die Stadt Wien von derartigen Projekten<br />

profitiert, ich finde das legitim. Ich halte den<br />

städtebaulichen Vertrag nach wie vor für ein<br />

gutes Instrument. Aber er muss kalkulierbar<br />

sein. Ich kann nicht in das offene Messer<br />

Mit welcher Person<br />

(lebend oder bereits<br />

verstorben) würden Sie<br />

gerne einen Abend<br />

verbringen?<br />

mit meiner Frau und<br />

unseren Kindern<br />

Wenn Sie im Lotto<br />

gewinnen, was würden<br />

Sie machen?<br />

Geld an bedürftige<br />

Österreicher<br />

verschenken<br />

Lieblingshobbies?<br />

Reisen, Wandern,<br />

Bergsteigen,<br />

Schifahren, Fliegen,<br />

Bootsfahren,<br />

Mountainbiken<br />

Womit haben Sie Ihr<br />

erstes Geld verdient?<br />

Kirchendienst in der<br />

Wotrubakirche und<br />

Pläne zeichnen für<br />

ein Autobahnstraßenprojektconsect<br />

ibustio<br />

Morgen- oder<br />

Abendmensch?<br />

Welches Buch<br />

liegt auf<br />

Ihrem Schreibtisch?<br />

ipad<br />

beides<br />

42 ImmoFokus


WORDRAP MIT WOLFDIETER JARISCH<br />

Ihr größtes Laster?<br />

gut Essen gehen<br />

- aber ist das ein<br />

Laster?<br />

In den nächsten<br />

zehn Jahren möchte<br />

ich unbedingt...<br />

eines meiner<br />

visionären<br />

Zukunftsprojekte<br />

realisieren<br />

Ihren Kaffee<br />

trinken<br />

Sie am liebsten...<br />

ich trinke Tee<br />

ohne Zucker<br />

Nehmen Sie<br />

gerne Risiko?<br />

seit Kindheit bin ich durch<br />

das Extrembergsteigen<br />

risikoaffin, habe es aber<br />

bis heute geschafft, zu<br />

kalkulieren.<br />

Wenn Sie das Radio<br />

im Auto aufdrehen,<br />

was läuft?<br />

Ö3<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

43


Positionen & Meinungen<br />

S+B Gruppe<br />

Seit über 35 Jahren realisiert die S+B Gruppe AG – ein international<br />

tätiger, privater Projektentwickler in Wien, Warschau, Prag und<br />

Bukarest – komplexe Projektdeals Investor und Totalübernehmer.<br />

Das familiengeführte Team um den Bauunternehmer Reinhard<br />

Schertler und den Wiener Generalplaner Alfred Michael Beck mit<br />

den langjährigen Vorständen Wolfdieter Jarisch für Österreich<br />

und Franz Paul Bauer für den CEE-Bereich und den beiden Vorstanden<br />

Edmund Völker und Wolfgang Eder für Finanzen und Bilanzen<br />

ist auf die Planung, Bauführung, kaufmännische Steuerung<br />

und Vermarktung hochwertiger Bauprojekte spezialisiert. Derzeit<br />

entstehen zahlreiche Großprojekte in Zentral- und Osteuropa. Bei<br />

einem Investitionsvolumen von mehr als 6,2 Mrd. EUR wurden<br />

bereits Immobilien mit 1.200.000 m² Nutzfläche realisiert.<br />

44 ImmoFokus


ennen und sagen: Das Problem war, dass<br />

nicht alle Wünsche und Forderungen von<br />

Anfang an bekannt waren. So einiges ist erst<br />

während der ganzen Verfahren, während der<br />

Wettbewerbe ausverhandelt worden.<br />

Sie haben mit Peter Krammer die Schulbank<br />

gedrückt?<br />

Wir haben gemeinsam die HTL in der Schellinggasse<br />

besucht und einen großen Teil der<br />

Jugend zusammen verbracht. Er ist auch der<br />

Taufpate unseres ältesten Sohnes. Wir haben<br />

viel miteinander gemacht.<br />

War das immer schon vorgezeichnet, dass<br />

Sie in die Bauwirtschaft Immobilienwirtschaft<br />

gehen?<br />

Ich stamme aus einer Ärzte- und Pharmazeuten-Familie,<br />

wie auch meine Frau.<br />

Aber ich habe eine andere Berufslaufbahn<br />

eingeschlagen.<br />

Dann war die Frage, was ich später machen<br />

möchte. Da war es naheliegend, auf die<br />

Montanuniversität nach Leoben zu gehen.<br />

Dann habe ich dorthin geschrieben und<br />

gefragt, was eine gute Vorkenntnis wäre<br />

für die Universität und da haben sie gesagt,<br />

HTL-Tiefbau ist für uns eine optimale Vorbereitung.<br />

Aus diesem Grund habe ich den<br />

HTL-Tiefbau besucht. Netterweise war mein<br />

Klassenvorstand auch ein Kletterer, Bergsteiger<br />

und Höhlenforscher. Wir haben meistens<br />

zwischen Donnerstag und Freitag unsere<br />

Bergsachen gepackt und sind irgendwo klettern<br />

gewesen. Zu der damaligen Zeit war das<br />

möglich. Ich glaube nicht, dass ich damals<br />

weniger gelernt hätte als die anderen.<br />

Ausrüstungstechnisch haben mir meine<br />

Eltern alles zur Verfügung gestellt. Die Bergabenteuer<br />

musste ich mir selbst finanzieren<br />

– zum Beispiel beim Kirchendienst in der<br />

Wotrubakirche oder durch Plänezeichnen<br />

für einen unserer Professoren.<br />

Ein gutes Bergtraining war ein Job beim<br />

Verbund. Der Verbund hatte schon vor 40<br />

Jahren ein eigenes Funknetz, das regelmäßig<br />

vermessen werden musste. Das Problem<br />

war, dass sich die Funkspiegel immer wieder<br />

verstellt haben und nachjustiert werden<br />

und Möglichkeiten zuließen wie die neuen<br />

Geräte. Wir wissen alle heute, was der Schritt<br />

der Computer mit sich gebracht hat. Gehen<br />

Sie davon aus, wir hätten keinen Computer,<br />

müssten heute ohne Computer arbeiten. Das<br />

wäre ein Wahnsinnsschritt in die andere<br />

Richtung, und für mich war das ungefähr ein<br />

ähnlich großer Schritt.<br />

Haben Sie viele TU-Absolventen im<br />

Team?<br />

Nein. Wir haben aber sehr viele HTL-<br />

Absolventen, die wir sehr stark fördern. Wir<br />

begleiten in der HTL Mödling eine Klasse von<br />

der ersten bis zur fünften Klasse. Wir haben<br />

vorher über die Projektlaufzeiten gesprochen.<br />

Ein Projekt hat vielleicht 10, 13, 14 Jahre<br />

Laufzeit, bis es fertig ist. Und der Schüler<br />

beginnt jetzt in der ersten Klasse. Dann kann<br />

er in einigen Jahren ein Kunde von mir sein.<br />

Begonnen hat es damit, dass ich mit zehn<br />

Jahren meine Liebe zu den Bergen gefunden<br />

habe. Ich bin in das Kollegium Kalksburg<br />

eingeschult worden. Zu Schulbeginn gab es<br />

ein Kennenlern-Feriencamp am Dachstein.<br />

Da waren junge und auch ältere Schüler mit<br />

dabei. Als Sieger eines Kletterwettbewerbs<br />

habe ich eine Besteigung des Dachsteins mit<br />

Bergführern gewonnen. Das war großartig.<br />

Da gibt es ein cooles Foto von mir. Dachstein<br />

bedeutet Steinschlaggefahr. Ich musste<br />

einen Helm tragen. Nachdem ich noch sehr<br />

klein und schmächtig war, hat der Helm<br />

knapp über den Augen aufgehört. Es war<br />

schwierig zu gehen, weil der Helm immer<br />

mehr über meine Augen gerutscht ist. Das<br />

war lustig. So habe ich meine Liebe zu den<br />

Bergen gefunden. Ich bin sehr viel Bergsteigen<br />

gegangen. Mit 14, 15 die österreichischen<br />

Alpen durchgegangen. Mit 16 dann die französischen,<br />

Mont-Blanc-Nordüberschreitung,<br />

Matterhorn, Ortler-Nordwand, Königsspitze.<br />

„Ich stamme aus einer Ärzte- und<br />

Pharmazeuten-Familie, wie auch<br />

meine Frau. Aber ich habe eine andere<br />

Berufslaufbahn eingeschlagen.“<br />

mussten. Das war ein super Job für mich.<br />

Keiner wollte da hinauflaufen, dann oben<br />

ein wenig herumdrehen und wieder hinunterlaufen.<br />

Für mich war das super Training.<br />

So habe ich mir das Geld verdient, um in den<br />

Himalaja und Karakorum, auf Berge oder<br />

auf den MC Kinley zu gehen und dort meine<br />

Abenteuer auszuleben.<br />

Ich bin in der Vermessung hängen geblieben,<br />

bis ich auf die Universität gekommen bin.<br />

Dort wird man dann in ein anderes Zeitalter<br />

versetzt. Der Verbund hatte die neuesten und<br />

besten Geräte. Die TU Wien kann sich das<br />

nicht leisten. Das war für mich eine wirkliche<br />

Herausforderung, so einen großen Schritt<br />

zurückzugehen. Mit Geräten zu arbeiten, die<br />

bei weitem nicht diese Geschwindigkeiten<br />

Wolfdieter Jarisch,<br />

S+B Gruppe<br />

Egal, ob er vielleicht dort einen Arbeitsplatz<br />

hat, ob er eine Wohnung sucht oder ob er ein<br />

Hotel buchen will.<br />

Oder in einem Partnerbetrieb beschäftigt<br />

ist, mit dem Sie zusammenarbeiten?<br />

Alles ist möglich. Ich muss jetzt wissen, was<br />

stellt er sich vor, wo arbeitet er, wie arbeitet<br />

er in 14 Jahren. Daher nehmen wir diese<br />

Schüler auf und machen mit ihnen Exkursionen<br />

und fördern sie. Aber wir führen<br />

auch Gespräche dazu, was sie sich erwarten.<br />

Dasselbe machen wir mit Fachhochschulen.<br />

Mit denen sind wir auch stark verbunden.<br />

Von den Fachhochschulen kommen auch<br />

viele Absolventen zu uns, die bei uns die HTL<br />

absolviert haben. Die machen bei uns eine<br />

berufsbegleitende Ausbildung.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

45


Positionen & Meinungen<br />

Kurzer Gedankensprung: Wie kommt<br />

man von den Bergen auf das Wasser?<br />

Wir sind (auch) am Traunsee zu Hause.<br />

Zwischen dem Traunstein und unserem<br />

Haus ist der See. Es ist naheliegend, Wasser<br />

und Berg miteinander zu verbinden. Meine<br />

Frau und ich haben uns am Wasser immer<br />

zurechtgefunden. Dass wir die Liebe zum<br />

Bootfahren im Mittelmeer gefunden haben,<br />

das hat sich im Laufe der Zeit ergeben.<br />

Am Anfang bin ich sehr schnell seekrank<br />

geworden bin. Vor unserer Hochzeit waren<br />

wir gemeinsam in Griechenland. Es war<br />

mühsam, von einer Insel zur anderen Insel<br />

zu kommen. Wir haben Insel-Hopping<br />

mit dem Boot gemacht. Allein, wenn ich<br />

auf das Boot gestiegen bin und die Abgase<br />

der Dieselmotoren gerochen habe, ist mir<br />

übel geworden. Das hat lange angehalten.<br />

Wir waren irgendwann einmal Fischen auf<br />

Mauritius oder Bali – da habe ich mich oft<br />

über die Reling halten müssen.<br />

Die Seekrankheit wurde mit Tabletten<br />

bekämpft?<br />

Ich habe mit vierzig den Pilotenschein<br />

gemacht. Durch das Fliegen ist dann die<br />

Seekrankheit weggegangen. Beim Fliegen<br />

ist es mir am Anfang auch schlecht gegangen.<br />

Das war schlimm für mich. Nach<br />

meinem ersten Flug war es so schlimm, dass<br />

ich ausgestiegen bin, neben dem Flughafen<br />

übernachtet habe und nicht mehr heimgefahren<br />

bin. Bei einem dieser Ereignisse hat<br />

sich die Seekrankheit gegeben und ich bin<br />

danach nie wieder seekrank geworden.<br />

Bergsteigen, Fliegen. Hobbys, die mit<br />

Risiko zu tun haben. Nehmen Sie gerne<br />

Risiko?<br />

Ich gehe sicherlich mehr Risiko ein als viele<br />

andere. Das hat meine Kindheit geprägt.<br />

Man kann Risiko kalkulieren. Man kann<br />

alles dazu tun, um das Risiko zu minimieren.<br />

Wenn man Risiken eingeht, vor allem<br />

im Sport, braucht man ein unglaubliches<br />

Durchhaltevermögen.<br />

Durchhaltevermögen ist auch in der Immobilienbranche<br />

sehr gefragt. Es ist ein Auf und<br />

Ab. Wichtig ist es, nicht aufzugeben, sondern<br />

durchzuhalten. Um beim Bergsteigen zu<br />

bleiben: Wenn ich 500 Meter unterhalb des<br />

Gipfels nicht mehr kann und dort liegenbleibe<br />

und erfriere, dann hat das Durchhaltevermögen<br />

nicht gereicht. Ich habe das<br />

Risiko falsch eingeschätzt. Ich glaube, dass<br />

Immobilienentwicklung immer ein Risiko<br />

ist. Ohne Risiko gibt es keinen Gewinn und<br />

kein Innovationsprojekt. Ohne Risiko würde<br />

es keine DANUBEFLATS geben. Dann hätte<br />

ich die Widmung genommen, wie sie war,<br />

und hätte ein Bürogebäude hingestellt. Da<br />

hätten wir weit weniger ins Risiko gehen<br />

müssen.<br />

Man muss neue Wege gehen, auch wenn es<br />

beschwerlich ist und man lange braucht, um<br />

Genehmigungen zu bekommen. Es hat lange<br />

gedauert, aber beim DC 2 haben wir zum<br />

„Ich gehe<br />

sicherlich mehr<br />

Risiko ein als<br />

viele andere.<br />

Das hat meine<br />

Kindheit<br />

geprägt.“<br />

Wolfdieter Jarisch,<br />

S+B Gruppe<br />

ersten Mal die Genehmigung erhalten, eine<br />

Photovoltaikfassade auf ein Hochhaus zu<br />

machen. Ein Hochhaus mit 180-Meter-Photovoltaikfassade<br />

gibt es in ganz Europa nicht.<br />

Wir sind mit dieser Idee zehnmal bei der<br />

Stadt vorstellig gewesen und sind neunmal<br />

abgeblitzt. Aber wir haben es schlussendlich<br />

geschafft.<br />

Wie ist der aktuelle Verwertungsstatus<br />

bei den DANUBEFLATS?<br />

30, 35 Wohnungen gibt es noch. Der Verwertungsgrad<br />

ist über achtzig Prozent.<br />

Sie haben eingangs gesagt, Ihre Mitarbeiter<br />

sind im Schnitt 16 Jahre im<br />

Betrieb. Wie erklären Sie sich das und<br />

was machen Sie dafür, dass sie so lange<br />

bleiben?<br />

Wir sind ein gewachsenes Familienunternehmen.<br />

Uns ist dieses Familienunternehmen<br />

sehr wichtig. Wir machen sehr viel für die<br />

S+B-Familie. Das macht sich bemerkbar,<br />

dass wir unseren Mitarbeitern für das<br />

Fitnesscenter eine Unterstützung geben oder<br />

eine Mitgliedschaft kaufen. Dass wir jedes<br />

Jahr ein Firmenevent machen, bei dem wir<br />

alle Leute auch aus den anderen Ländern –<br />

Rumänien, Polen und Tschechien – treffen.<br />

Wir verbringen gemeinsam vier, fünf Tage<br />

mit verschiedensten Aktivitäten.<br />

Das, was einem Spaß macht, was man gern<br />

macht, das macht man gut. Wir haben keine<br />

Zeiterfassung, keine Stechuhr, sondern<br />

haben ein großes Vertrauen in die Mitarbeiter,<br />

dass sie ihre Arbeit erledigen. Es ist<br />

wichtig, dass man die Mitarbeiter immer<br />

wieder einbindet, so wie das in einer Familie<br />

üblich ist. Wir besprechen auch die Bilanzen<br />

mit unseren Mitarbeitern.<br />

In Summe bewirkt das, dass sich die Mitarbeiter<br />

sehr wohlfühlen und dass es keine<br />

Konkurrenz gibt, sondern dass man miteinander<br />

ein Team ist. Deswegen sind sie so<br />

lange bei uns. Das finden wir großartig.<br />

Haben Sie ein Lieblingsprojekt?<br />

Ich habe viele Lieblingsprojekte. Eines davon<br />

ist sicher „Am schönen Platz“, ein Projekt<br />

mit André Heller in der Laxenburger Straße,<br />

mit der von ihm geplanten Grünraum- und<br />

Freiraumgestaltung. Das ist nämlich mehr<br />

als eine Immobilienprojektentwicklung.<br />

Allein die Tatsache, dass es uns gelungen ist,<br />

mit André Heller ins Gespräch zu kommen,<br />

sticht hervor. Ich war nicht so vermessen zu<br />

glauben, dass der André Heller sich für so ein<br />

kleines, unbedeutendes Projekt hergibt.<br />

Wir haben einander in seiner Wohnung getroffen.<br />

Gleich zu Beginn unseres Gesprächs<br />

hat er mir einen ordentlichen Dämpfer<br />

gegeben. Er sei jetzt in einem Alter, in dem<br />

er keine Projekte mehr macht, wo es um<br />

wirtschaftliche Interessen geht. Es geht ihm<br />

darum, etwas zu machen, dass der Umwelt,<br />

der Gesellschaft etwas Besonderes zurückgibt.<br />

46 ImmoFokus


in Bau befindliche Projekte<br />

DANUBEFLATS Wohnturm, Wien 22<br />

Danube View, Wien 22<br />

DC Innovationscampus, Wien 22<br />

DC Bildungscampus, Wien 22<br />

DC Musicflats, Wien 22<br />

DC Market, Wien 22<br />

DS 90, Wien 20<br />

Am schönen Platz, Wien 10<br />

LAXury, Wien 10<br />

Inno-Center, Wien 12<br />

In Planung befindliche Projekte:<br />

Bauplatz 20, Wien 22<br />

Bauplatz 21, Wien 22<br />

Gotramstraße, Wien 22<br />

[Turm mit] Taille, Wien 3<br />

LebGrün^3 (Stadt der Zukunft), Wien 3<br />

Zwei weitere Großprojekte, über die<br />

noch nicht offiziell gesprochen wird<br />

Wir sind bei einem Minztee ins Reden<br />

gekommen. Ich habe ihm von unserem<br />

Innenhof erzählt, der nach einem Besuch<br />

seines Anima Gartens entstanden ist – und aus<br />

dem auch die Orange, die ich ihm mitgebracht<br />

hatte, stammt. Denn: Was bringt man zu so<br />

einem Antrittsbesuch mit? Alle, mit denen<br />

ich vorher gesprochen habe, haben gesagt,<br />

er trinkt keinen Wein, er isst nichts Süßes.<br />

Ich soll einfach kommen. Ich soll nichts<br />

mitbringen. Dann habe ich mir in der Früh<br />

gedacht, ich pflücke vom Orangenbaum eine<br />

frische Orange mit einem Blatt. Heller hat<br />

daran gerochen und bemerkt, dass er schon<br />

lange nicht mehr in Marrakesch war. Damit war<br />

das Eis gebrochen. Das war der Beginn eines<br />

wunderbaren Projekts. Glashäuser mit Palmen<br />

und Zitrusfrüchten. Hunderte Quadratmeter<br />

an Freiflächen werden mit Mosaiksteinen als<br />

marokkanische Teppiche verlegt. 500 verschiedene<br />

Pflanzensorten. Dächer mit Bäumen<br />

von fünf Meter Höhe, mit Meditationskapelle,<br />

mit Bächen, wasserführende Flächen auf<br />

den Dächern. Wir haben einen Hildegard<br />

von Bingen -Garten. Es ist ein einzigartiges<br />

Projekt, das man nicht unbedingt im zehnten<br />

Bezirk erwartet. Aber da gibt es einen weiteren<br />

Konnex zu André Heller: In Wien Favoriten war<br />

auch der Standort der Heller´schen Chokoladeund<br />

Zuckerwaren-Fabrik, die der Großvater von<br />

André Heller mit seinem Bruder begründet hat.<br />

Können Sie sich noch an Ihr erstes<br />

Projekt erinnern?<br />

Mein erstes Projekt, bei dem ich von der Planung<br />

bis zur Bauleitung und Übergabe alles<br />

gemacht habe, war ein Gebäude für Grohe-<br />

Armaturen in der Laxenburger Straße. Da<br />

habe ich alles gemacht – inklusive Lampen in<br />

der Nacht aufhängen. In welchem Alter ich<br />

da war? Das ist eine gute Frage – das muss so<br />

um 1988 gewesen sein.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

47


Positionen & Meinungen<br />

Zu<br />

Tisch<br />

mit …<br />

Johannes Endl<br />

Gedanken zu einem Menü verfasst<br />

48 ImmoFokus


Kritisch<br />

realistisch<br />

Sand im Getriebe. „Je länger etwas gut geht, desto kritischer sollte<br />

man sein“, mahnt ÖRAG Vorstand, Johannes Endl, nicht auf jeden Zug<br />

aufspringen zu müssen.<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

Fotos: @Rizar.Photo<br />

W<br />

ir treffen einander im<br />

„Zum Schwarzen Kameel“.Es<br />

ist Mittagszeit<br />

und im Kameel brummt<br />

es. Alle Tische sind besetzt. Aber Gott sei<br />

Dank haben wir – wie immer – reserviert.<br />

Auch dem Wunsch, ein vielleicht ein wenig<br />

ruhigeres Eckerl für uns zu finden, wurde<br />

entsprochen.<br />

Mein heutiger Gast, ÖRAG-Vorstand Johannes<br />

Endl, schätzt am Schwarzen Kameel<br />

vor allem die Atmosphäre und die traditionelle<br />

Wiener Küche. „Ich komme schon<br />

seit vielen Jahren immer wieder gerne<br />

hierher.“ Schmerzlich vermisst Endl die<br />

„Brötchentheke“, die mit dem letzten Umbau<br />

verschwunden ist. Das fehlt: „Schnell mal<br />

auf ein paar Brötchen hereinschauen. Ja, das<br />

vermisse ich.“<br />

Zeit, zur Aufmunterung über Immobilien zu<br />

reden. Johannes Endl ortet Finanz-Bildungslücken:<br />

„Ich glaube, vielen Kreditnehmern<br />

waren die Auswirkungen bei der Wahl zwischen<br />

Fix- oder variablen Zinsen nicht im<br />

vollen Umfang bewusst. Fast jeder Zweite hat<br />

einen Wohnkredit mit variablen Zinsen laufen.<br />

Die Kosten dafür laufen aktuell aus dem<br />

Ruder.“ Warum so viele private Kreditnehmer<br />

in einer fast Null-Zinsphase auf variable<br />

Zinsen setzen, obwohl man sich um wenig<br />

Geld mit Fixzinsen absichern hätte können,<br />

sei unverständlich. „Ich befürchte, dass viele<br />

private Haushalte in den kommenden Monaten<br />

in Schwierigkeiten geraten werden.“ Ihm<br />

persönlich ist guter, ruhiger Schlaf wichtig.<br />

„Ich habe meine Immobilie mit einem – ausgesprochen<br />

attraktiven – Fixzinssatz finanziert.“<br />

„Die niedrigen Zinsen haben aber auch die<br />

Preise in die Höhe getrieben. Durch die niedrigen<br />

Zinsen konnten sich viele einen Ankauf<br />

leisten. Mit der hohen Nachfrage stiegen<br />

auch die Preise.“ Die Anpassungen müssen<br />

jetzt stattfinden.<br />

Von Natur aus Diplomat<br />

Zum Aperitif kommt ein kühles Bier. Für den<br />

Bierkenner und Bierbrauer Endl ein Muss –<br />

davon aber später mehr. Doch wie kam Endl<br />

in die Immobilienbranche? „Ich bin zufällig<br />

hineingerutscht.“ Endl studierte Rechtswissenschaften.<br />

Eine Karriere als Anwalt hat<br />

Endl für sich immer ausgeschlossen. „Wirtschaftsanwalt<br />

wäre eine Option gewesen. Ich<br />

bin von Natur aus Diplomat. Wenn es nicht<br />

sein muss, suche ich nicht den Streit.“<br />

Aber jetzt schnell ein Blick in die Tageskarte.<br />

Endl wählt eine Hokkaido-Papayacremesuppe<br />

mit Kürbiskernölschaum als<br />

Vorspeise und Rostbraten vom Zander mit<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

49


Positionen & Meinungen<br />

Ingwer-Zitrusbutter, Korianderkarotten und<br />

Mascarponeblattspinat als Hauptgericht. Ich<br />

bleibe der Wiener Küche treu. Beinschinkenstrudelsuppe<br />

und Tafelspitz mit den traditionellen<br />

Beilagen Cremespinat, Rösterdäpfel,<br />

Apfelkren und Schnittlauch-Sauce.<br />

„Mit 18 hatte ich die Notwendigkeit, Geld zu<br />

verdienen“, so Endl. Er begann in der Gastronomie.<br />

„Ich habe im Marienkäfer am Maurer<br />

Hauptplatz als Aushilfe begonnen – und bin<br />

sieben Jahre geblieben. Das Marienkäfer<br />

war der Hot-Spot in Mauer. Alle Schüler des<br />

Kollegiums Kalksburg, der Ursulinen und der<br />

Steiner-Schule zählten samt Lehrkörper zu<br />

den Stammgästen.“<br />

Um die Wartezeit auf die Vorspeisen zu verkürzen,<br />

kommt als „Gruß aus der Küche“ ein<br />

Linsen-Couscous mit Sellerie und Erbsenpüree<br />

mit frischem Brot auf den Tisch. Perfekt<br />

abgestimmt, ein perfekter Einstieg.<br />

„Ich habe leidenschaftlich in der Gastronomie<br />

gearbeitet und dabei auch persönlich<br />

einen Wandel durchlebt. Ich war früher eher<br />

schüchtern. Dem ersten in Zeit absolvierten<br />

Studienabschnitt folgten dann eher wilde<br />

Jahre“, schmunzelt Endl.<br />

Mit dem Studienabschluss kam die Qual<br />

der Wahl. „Eine Karriere als Beamter war<br />

ausgeschlossen, da der Bund einen Aufnahmestopp<br />

verfügt hatte.“ Kurz hatte Endl<br />

überlegt, die Richterlaufbahn anzustreben.<br />

„Ich war sogenannter Übernahmewerber.<br />

Einer von 400 für zwei Plätze.“ Endl kam in<br />

die engere Wahl. „Da hatte ich aber bereits<br />

für mich beschlossen, dass es das auch nicht<br />

ist.“ Der frischgebackene Jurist absolvierte<br />

sein Gerichtsjahr unter anderem auch in<br />

Neunkirchen. „Als Jüngster der Truppe wurde<br />

ich zum Gerichtstag eingeteilt. Die Kanzleileiterin<br />

hatte gleich einen Tipp für mich: In<br />

Miet- und Arbeitsrechtsfragen – gleich zur<br />

Arbeiterkammer schicken. Gar nicht mit der<br />

Beratung anfangen. Gleich schicken, die sind<br />

mit der Sachlage bestens vertraut.“<br />

Komplexe Querschnittsmaterie<br />

Der Kontakt zur ÖRAG war zufällig. „Makler<br />

hatten damals das Image von Teppich- oder<br />

Gebrauchtwagenhändlern. Das hat sich mittlerweile<br />

stark geändert.“ Den Kontakt zur<br />

Örag stellte ein Personalberater her. „So kam<br />

ich 2002 zur Örag und begann, meine ersten<br />

Erfahrungen als Makler zu sammeln, und<br />

arbeitete mich schrittweise in diesen Aufgabenbereich<br />

ein. Makeln ist eine komplexe,<br />

interessante Querschnittsmaterie.“ Um<br />

erfolgreich zu sein, muss man auch rechtliche,<br />

steuerliche und wirtschaftliche Aspekte<br />

berücksichtigen. Für Endl ist „Lifelong Learning“<br />

kein Lippenbekenntnis. „2004 legte ich<br />

die Konzessionsprüfung für Immobilienverwalter<br />

und im Jahre 2006 die Konzessionsprüfung<br />

für Bauträger ab“, so der dreifache<br />

ÖRAG<br />

Mit ihren Unternehmen in Österreich und Deutschland<br />

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um die Immobilie aus einer Hand – von der Vermittlung<br />

über die Liegenschaftsverwaltung und das<br />

Facility Management bis hin zum Baumanagement.<br />

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50 ImmoFokus


Familienvater. „Ich habe auch immer gern<br />

die schwierigen Fälle übernommen.“<br />

Das führte zu weiteren Karriereschritten im<br />

Unternehmen. „Ich musste nie wechseln.“<br />

Ein Glücksfall – und in der heutigen schnelllebig<br />

gewordenen Zeit nicht mehr allzu oft<br />

anzutreffen. Endl kletterte in den folgenden<br />

Jahren die Karriereleiter nach oben. „Ich<br />

hatte das Glück, die richtigen Menschen<br />

zu treffen. Wenn die menschliche Basis<br />

stimmte, benötigte ich noch ein wenig konsequentes<br />

Handeln, dann kam der Erfolg von<br />

selbst. Ich lernte immer wieder neue Bereiche<br />

des Immobilienwesens kennen.“ Zuerst mit<br />

Prokura ausgestattet, wurde er später in die<br />

Geschäftsführung der ÖRAG-Immobilienvermittlung<br />

berufen und mit Juli 2011 auch<br />

in den Vorstand der ÖRAG-Österreichische<br />

Realitäten-Aktiengesellschaft. Im selben Jahr<br />

schloss Endl den Lehrgang „MSc Immobilienmanagement<br />

& Bewertung“ an der TU Wien<br />

als Jahrgangsbester ab und erhielt als erster<br />

Preisträger den „Excellence in Real Estate“–<br />

Award von ImmQu.<br />

Aus seiner Sicht hat der Maklerberuf Zukunft.<br />

„Auch wenn er in regelmäßigen Abständen<br />

für tot erklärt wird.“ Von Matching-Plattformen<br />

hält Endl wenig. „Der Wohnungskauf ist<br />

eine sehr persönliche Sache. Da braucht es<br />

jemanden, der einem zur Seite steht.“ Oft sei<br />

man als Makler auch als Mediator unterwegs.<br />

„Es gilt, Ausgleich zu schaffen. Oft liegen die<br />

Vorstellungen von Käufer und Verkäufer unrealistisch<br />

weit auseinander. Makler können<br />

hier steuernd eingreifen und einen Ausgleich<br />

schaffen. Wie soll das eine Plattform hinbekommen?“<br />

Aktuell ist aber ein wenig Sand im Maklergeschäft.<br />

„Wir sind nicht glücklich mit diesem<br />

Jahr. Aber wer ist das schon. Einige Transaktionen<br />

haben wir zustande gebracht. Darüber<br />

freuen wir uns“, so Endl. „Noch liegen<br />

die Preisvorstellungen zu weit auseinander.<br />

Wir sehen genügend eigenkapitalstarke<br />

Investoren. Aufgrund der unsicheren Marktsituation<br />

finden viele Deals Off-Market statt<br />

– wohl auch wegen der Preisabschläge. Darüber<br />

redet niemand gern“, erzählt er weiter.<br />

Besonders schwierig sei die Preisfindung bei<br />

Objekten, die vor ein, zwei Jahren zu sehr hohen<br />

Preisen in einer anderen Zinslandschaft<br />

gekauft wurden.<br />

KIM-VO kam zu Unzeit<br />

Dass die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung,<br />

die KIM-<br />

Verordnung (KIM-VO), dem Markt einen<br />

Dämpfer verpasst hat, will Endl so nicht<br />

stehen lassen. „Da steht schon viel Richtiges<br />

drinnen.“ Eines steht für den Örag-Vorstand<br />

fest: Sie kam zu Unzeit. Sie wurde noch vor<br />

den Zinserhöhungen der EZB geschrieben.<br />

„Die Finanzmarktaufsicht hat sich nicht<br />

Die Gleichung für Exzellenz in der Architektur<br />

+ + = Bessere Lebensräume<br />

Hermann & Valentiny<br />

u. Partner<br />

Architekten ZT GmbH<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

51


Positionen & Meinungen<br />

zu Unrecht gesorgt, dass zu viele Kredite<br />

an Menschen vergeben wurden, die besser<br />

keinen bekommen hätten sollen.“ Da wurde<br />

manchmal sehr knapp kalkuliert. Ein wenig<br />

erinnert es ihn an die Hochkonjunktur der<br />

Fremdwährungskredite. „Man freute sich<br />

an den niedrigen Zinsen, der starke Franken<br />

bereitet nun vielen starke Kopfschmerzen.“<br />

Nicht alle Bestimmungen seien geglückt.<br />

„Das eine oder andere – zum Beispiel das<br />

Thema Zwischenfinanzierung – wurde bereits<br />

repariert.“ Bei der Schuldendienstquote von<br />

maximal 40 Prozent hat man das Kind mit<br />

dem Bade ausgeschüttet. „Besserverdiener<br />

sollten hier besser berücksichtigt werden.“<br />

„Je länger etwas gut geht, desto kritischer<br />

sollte man sein“, kommt Endl noch einmal<br />

auf die aktuelle Lage auf dem Immobilienmarkt<br />

zu sprechen. Dass dieser sehr lange anhaltende<br />

Zyklus einmal zu Ende geht, damit<br />

musste man rechnen.<br />

„Ob wir beim Hauptgericht beim Bier bleiben<br />

wollen?“ Nein. Ein Glas Weißwein passt bestens<br />

zum Fisch, aber auch zum Tafelspitz. Also<br />

ein Glas Grüner Veltliner für Johannes Endl<br />

und ein Glas Gelber Muskateller für mich.<br />

Endl steht selbst gerne in der Küche. Brotbacken<br />

ist eine seiner Leidenschaften. „Am<br />

Wochenende werden immer zwei Laib Brot<br />

für die Woche gebacken.“ Sauerteigbrot.<br />

Aber das versteht sich von selbst. Auch, wenn<br />

es ein wenig länger dauert: „Ein guter Sauerteig<br />

braucht Zuneigung und Zeit.“ Wie auch<br />

das Bierbrauen. „Darin bin ich mittlerweile<br />

wirklich gut“, schmunzelt Endl. Ausgleich<br />

zum Berufsalltag findet Endl im Sport, der<br />

familienbedingt allerdings eingeschränkt<br />

werden musste: „Wir haben drei Söhne.“<br />

Auch das Reisen kommt inzwischen etwas<br />

zu kurz – „Als junges Paar sind wir aber gerne<br />

und intensiv gereist.“ Endl steigt auch gerne<br />

aufs Rad. „In diesem Sommer war ich mit<br />

Freunden auf dem Alpe Adria Radweg unterwegs.<br />

Diese Radtour kann ich nur empfehlen.“<br />

Bei der Equip Expo mitzuradeln, kommt<br />

für Endl aktuell (noch) nicht infrage. „Da sind<br />

ja richtige Profis unterwegs. Da müsste ich<br />

zu trainieren anfangen. Dafür fehlt aber die<br />

Zeit.“ Zeit, die er gerne mit seinen Söhnen<br />

beim Lesen verbringt.<br />

Nachtisch lassen wir aus. Aber der perfekte<br />

Abschluss ist wie immer ein guter starker<br />

Espresso.<br />

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52 ImmoFokus<br />

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ImmoFokus Restaurantguide<br />

17<br />

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Service:<br />

Weinkarte:<br />

Ambiente:<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

53


Im Fokus<br />

Für Projektentwickler kann<br />

es kaum schlimmer laufen<br />

Finanzierung. Francesco Fedele, Gründer und CEO des deutschen Immobilienfinanzierungsspezialisten BF Direkt,<br />

spricht im Interview über die Stimmungslage unter Projektentwicklern, zu hohe LTV und das voraussichtliche Ende des<br />

Zinsanhebungszyklus.<br />

Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />

Einige österreichische Messeteilnehmer<br />

meinten im Vorfeld der Expo Real, dass sie<br />

nach München fahren würden, um sich<br />

gegenseitig zu bemitleiden. Wie ist die<br />

Stimmung unter deutschen Projektentwicklern?<br />

Francesco Fedele: Die Stimmung ist derzeit<br />

unterirdisch. Und das ist nicht verwunderlich.<br />

Man darf nicht vergessen, dass Projektentwicklungen<br />

eine sehr lange Vorlaufzeit haben.<br />

Was also heute gebaut wird, haben sich die<br />

Developer vor drei, vier Jahren ins Buch gelegt.<br />

Und damals hatten wir bekanntlich eine<br />

Zinslandschaft nahe null. Das heißt, Projektentwickler<br />

haben zur Unzeit ein fertig geplantes<br />

Grundstück, haben darauf eine Kostenbelastung,<br />

die Baukosten sind ja seitdem um rund<br />

50 Prozent gestiegen, aber auch keine Käufer.<br />

Dazu kommen noch zehn Zinserhöhungen<br />

in nur zwölf Monaten. Das gab es noch nie.<br />

Und mir kann keiner erzählen, dass man so<br />

ein Szenario hätte einkalkulieren können. Für<br />

Projektentwickler kann es also kaum schlimmer<br />

laufen als derzeit.<br />

Ist die Lage herausfordernder als 2007/08?<br />

Die Finanzkrise war keine deutsche oder europäische<br />

Krise, sondern eine amerikanische.<br />

Zudem hat es sich dabei um eine Kreditkrise<br />

gehandelt, was aktuell ja nicht der Fall ist.<br />

Eigentlich haben wir eine Eigenkapitalkrise.<br />

Kredite gäbe es ja. Nur haben Developer keinen<br />

Absatzkanal mehr für ihre fertigen Projekte<br />

beziehungsweise können sie nicht mehr den<br />

„Der Zugang<br />

zu Kapital war<br />

in den letzten<br />

Jahren zu<br />

einfach.“<br />

Francesco Fedele,<br />

BF.direkt<br />

Preis erzielen, mit dem sie kalkuliert haben.<br />

So trennt sich die Spreu vom Weizen. Es gibt<br />

zwar eigenkapitalstarke Projektentwickler, die<br />

in den letzten Jahren gut verdient haben und<br />

auch jetzt ein Projekt fertig machen können.<br />

Im besten Fall steigen sie aber bei null aus oder<br />

verlieren ein wenig Geld.<br />

Nachträglich ist man natürlich immer<br />

schlauer, aber was war der größte Fehler?<br />

Dass zu viel Risiko genommen wurde?<br />

Ich war vor kurzem bei einer Diskussion, da<br />

waren die Teilnehmer der einhelligen Meinung,<br />

dass in der Nachschaubetrachtung natürlich<br />

die Beleihungsausläufe (Loan-to-Value, Anm.)<br />

zu hoch waren. Dabei wurden sie in der Phase,<br />

in der alle finanziert haben, als angemessen<br />

angesehen. Aber jetzt, im Rückspiegel betrachtet,<br />

sind sie zu hoch. Und das macht die<br />

Projektentwicklung natürlich nicht einfacher.<br />

Trauen Sie sich, eine Prognose abzugeben,<br />

wann es zu einer Bodenbildung bei den<br />

Zinsen kommen könnte und die Lage am<br />

Investmentmarkt sich entspannt?<br />

Schaut man sich die Forward-Swap-Sätze an,<br />

so liegt der langfristige Zinssatz nur knapp<br />

ein Prozent unter dem aktuellen Niveau. Es<br />

könnte also noch etwas dauern. Andererseits<br />

gibt es starke Indizien, dass sich die Inflation<br />

in Europa zu beruhigen scheint. Auch die<br />

Kerninflation. Das Problem ist derzeit, dass<br />

nach wie vor keine Transaktionen getätigt<br />

werden. Die Gutachter meinen zwar, dass die<br />

Immobilienpreise um 30 Prozent zurückgegangen<br />

sind. Und auch wenn es dafür keine<br />

Beweise gibt, verkauft natürlich keiner um<br />

Fotos: BF.direkt<br />

54 ImmoFokus


30 Prozent unter dem Preisniveau, mit dem<br />

kalkuliert wurde. Ich glaube jedenfalls, und<br />

daran glauben auch viele andere, dass es ab<br />

der Jahresmitte 2024 wieder Transaktionen<br />

geben wird, die den richtigen Preis zeigen.<br />

Das heißt: Auch im Finanzierungsgeschäft<br />

wird man noch etwas Geduld brauchen…<br />

Das ist differenziert zu sehen. Bei BF Direkt<br />

haben wir eine Beratungsgesellschaft für<br />

Finanzierungskunden, die aktuell relativ viel zu<br />

tun hat. Eine weitere Gesellschaft unterstützt<br />

Kreditgeber. Auch hier gilt: Der „Beratungs-<br />

Case“ ist da. Wir sind aber auch Asset-Manager<br />

mit einer Tochtergesellschaft und haben<br />

darüber hinaus Kreditfonds, sind also auch<br />

Kreditgeber. Und wenn Sie jetzt die zuständigen<br />

Kollegen fragen, werden Sie sehen, dass die im<br />

Moment richtig viel zu tun haben.<br />

Trotz aller Herausforderungen, von einer<br />

Kreditklemme kann wohl auch in Deutschland<br />

nicht die Rede sein…<br />

Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die<br />

Banken auch mit Herausforderungen zu<br />

kämpfen haben, beispielsweise mit Basel IV.<br />

Falls sie es noch nicht getan haben, müssen<br />

sie ihr Eigenkapital nochmals anpassen. Was<br />

wir auf jeden Fall klar und deutlich sehen:<br />

Wenn es Bankkredite gibt, dann sind sie viel<br />

teurer. Und zwar nicht nur was die Zinsen<br />

betrifft, sondern auch die Margen der Banken<br />

sind gestiegen. In die Bresche springen zunehmend<br />

Kreditfonds, die von Versicherungen<br />

und Pensionskassen finanziert werden,<br />

und zwar mit 100 Prozent echtem Eigenkapital.<br />

Da ist kein Leverage drinnen. Wir sind<br />

überzeugt, dass sich diese Entwicklung in<br />

Deutschland fortsetzen wird. Erst kürzlich hat<br />

sich etwa die Versicherungsgruppe Wüstenrot<br />

& Württembergische (W&W) mit 35 Prozent<br />

an unserer Tochtergesellschaft BF.capital<br />

beteiligt. Die machen das nicht zum Spaß.<br />

Restriktiver ist das Finanzierungsumfeld<br />

aber schon?<br />

Wenn ich ehrlich bin, und wenn sie Kreditgeber<br />

fragen: Das Problem ist nicht, dass – warum<br />

auch immer – keine Kredite vergeben werden,<br />

sondern dass Projektentwickler gar nicht nach<br />

Krediten fragen. Das hat ja auch eine Logik:<br />

Wenn sie als Projektentwickler gerade mit<br />

drei Projekten zu kämpfen haben, die, gelinde<br />

gesagt, mittelgut laufen, haben sie auch<br />

wenig Nerven, um was Neues anzufangen.<br />

Schauen wir uns zum Beispiel den deutschen<br />

Büromarkt an: Da stellt sich die Frage, wo<br />

man überhaupt ein Bürogebäude errichten<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

55


Im Fokus<br />

soll. Ich glaube, die Lage am österreichischen<br />

Büromarkt ist um einiges besser. Dasselbe gilt<br />

für den Bodenmarkt…<br />

Aber auch am Wohnungsmarkt in Österreich<br />

zeichnet sich in den kommenden<br />

Jahren ein Mangel ab…<br />

Schauen Sie: Die aktuelle Gemengelage ist<br />

brandgefährlich. Mir hat ein Berliner Kollege<br />

erzählt, dass die Mietpreise am Wohnungsmarkt<br />

in der Bundeshauptstadt die 30-Euro-<br />

Grenze überschreiten. Und wir reden hier<br />

nicht von Top-Lagen. Dieses Preisniveau mag<br />

in anderen europäischen Städten angemessen<br />

sein, aber nicht in Berlin, wo man von einem<br />

Mietpreisniveau von sechs Euro pro Quadratmeter<br />

kommt.<br />

Offensichtlich geben auch in Deutschland<br />

weiterhin Bankkredite den Ton an. Wie<br />

schaut es mit alternativen Finanzierungen wie<br />

Mezzaninkapital aus?<br />

Das ist wie in Österreich. Die Landesbanken<br />

und Hypos finanzieren. Ich glaube, dass gute<br />

Projekte, egal welcher Assetklasse, in guten<br />

Lagen auch Käufer finden. Auch derzeit. Und<br />

für solche Projekte gibt es auch Finanzierungen.<br />

Wenn Sie mich auf Mezzaninkapital<br />

ansprechen: Ganz ehrlich, das gibt es heute<br />

nicht mehr. Mezzaninkapital ist ja so gut wie<br />

nicht besichert. Es ist ein natürlicher Reflex,<br />

wenn ein Projektentwickler, von dem die<br />

Bank verlangt, Eigenkapital nachzuschießen,<br />

zu einem Mezzaninkapitalgeber geht. Aber<br />

als Mezzaninkapitalgeber weiß man, dass die<br />

Chancen, das Geld nicht mehr zurückzukriegen,<br />

hoch sind.<br />

Was für eine Rolle spielt Immobilien-<br />

Crowdinvesting in Deutschland?<br />

Das ist nach wie vor eine Nische, die es auch<br />

bleiben wird. Viele Anleger steigen da mit<br />

100 oder 500 Euro ein. Schlimmstenfalls<br />

ist der Verlust für den Einzelnen auf diesen<br />

Betrag begrenzt. Aber das Geld ist trotzdem<br />

weg. Und wenn man bei einem Projekt alle<br />

Crowd-Investoren zusammenzählt, kommt<br />

man vielleicht auf ein Volumen von 15, 30<br />

Millionen Euro. Das wird die Welt nicht retten.<br />

Aber auch der Crowdinvesting-Markt wird<br />

wieder funktionieren. Wenn sich der Markt<br />

geeinigt hat, dass der Preis X der richtige ist,<br />

wird es wieder Transaktionen beziehungsweise<br />

Finanzierungen geben. Auf dem Markt, den die<br />

Masse als den richtigen sieht.<br />

„Im besten Fall steigen<br />

Projektentwickler derzeit bei null<br />

aus oder verlieren ein wenig Geld.“<br />

Francesco Fedele,<br />

BF.direkt<br />

Von nicht Wenigen ist auf der Expo Real<br />

zu hören, dass wieder die Zeit der Profis<br />

begonnen hat. Sehen Sie das auch in<br />

Deutschland so?<br />

Ja. Aber wenn wir in die Presse schauen, wer<br />

derzeit pleitegeht, dann sind da auch echte<br />

Profis darunter. Warum? Weil der Zugang zu<br />

Kapital in den letzten Jahren zu einfach war.<br />

Und wenn der Zugang zu einfach war, kommen<br />

auch Profis in Versuchung, Projekte zu machen,<br />

die sie sonst vielleicht nicht gemacht hätten<br />

beziehungsweise bei denen sie mehr Eigenkapital<br />

gebraucht hätten.<br />

Francesco Fedele<br />

Francesco Fedele ist Gründer und CEO der BF<br />

Direkt AG. Das Unternehmen mit Sitz in Stuttgart<br />

und Niederlassungen in Berlin, Frankfurt und<br />

München hat sich auf die Finanzierung von<br />

Wohn- und gewerblichen Immobilienprojekten<br />

spezialisiert. Zudem ist man Asset-Manager für<br />

Real-Estate-Debt-Investments. Pro Jahr wird ein<br />

Kreditvolumen von mehr als einer Milliarde<br />

Euro vermittelt und ein Transaktionsvolumen<br />

von über 1,5 Milliarden Euro begleitet. Im Real-<br />

Estate-Debt-Geschäft beläuft sich das verwaltete<br />

Vermögen auf rund 500 Millionen Euro.<br />

56 ImmoFokus


Vereinigung Österreichischer Projektentwickler<br />

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Die VÖPE ist eine unabhängige Kompetenzstelle für die Mitgestaltung neuer Gesetze,<br />

Normen und Verordnungen – ob Baurecht, Steuerrecht oder Mietrecht.<br />

Wir sprechen mit einer Stimme<br />

Wir sind die gemeinsame Stimme der Projektentwicklerinnen und Projektentwickler Österreichs<br />

und stehen im steten Austausch mit Stakeholdern, um die Interessen unserer Mitglieder zu artikulieren.<br />

Durch proaktive Öffentlichkeitsarbeit leisten wir einen maßgeblichen Beitrag zur Bewusstseinsschaffung in Öffentlichkeit und Politik.<br />

Die<br />

Lebensraum<br />

entwickler<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong> 57


Wein &<br />

Immobilien<br />

Frisch von der Leber weg<br />

Ein lockeres Gespräch bei einer Weinverkostung mit<br />

Architekt Martin Kohlbauer<br />

Esprit kommt vom Sprit<br />

Radikalität. Von Prestigeweinen hält Martin Kohlbauer genau so wenig wie von Statussymbolen. Die<br />

Genialität liege in der Einfachheit der Dinge, ist Kohlbauer überzeugt. Und: Ein Wirtshaus müsse auch ein<br />

Zentrum des Alkoholismus sein.<br />

Kolumne: Heimo Rollett<br />

G<br />

eld braucht man nicht, man<br />

braucht nur Zugang zum<br />

Geld. Und der ist wesentlich<br />

schwieriger geworden“, fasst<br />

Architekt Martin Kohlbauer die aktuelle Situation<br />

für Architekten, aber auch für Projektentwickler<br />

zusammen. Aber den Mammon habe<br />

er ohnehin nie zum Ziel gehabt. „Ich arbeite<br />

dafür, dass ich meinen Kreativgeist befriedigen<br />

kann. Und das mache ich, solange es gut geht,<br />

hoffentlich lange. Aber leichter wird es derzeit<br />

gerade nicht.“<br />

Kohlbauer abgerissen,<br />

Kohlbauer neu geplant<br />

Immerhin, in Wien Neubau gab es vor kurzem<br />

den Baubeginn eines neuen Projektes: „Mein<br />

eigenes Sophienspital haben wir abgerissen,<br />

nun wird mein neuer Entwurf für sozialen<br />

Wohnbau umgesetzt: 160 Wohneinheiten<br />

mit viel Gemeinschaftsflächen plus großer<br />

Volkshochschule in meinem Bauteil.“ Darüber<br />

hinaus entstehen noch ein Veranstaltungssaal,<br />

Gastronomie, Kulturbetriebe und ein Kindergarten<br />

sowie ein öffentlicher Park zwischen<br />

Gürtel und Apollogasse. Darauf stoßen wir mit<br />

einem Albariño Rías Baixas 2022 an, einer bei<br />

uns eher unbekannten Rebsorte, die in Spanien<br />

und Portugal angebaut wird. Albariño zeichnet<br />

sich durch eine erfrischende Säure aus, jene<br />

Trauben, die nahe am Atlantik wachsen, lassen<br />

auch eine leichte Salzigkeit aufkommen. Dieser<br />

Tropfen kommt aus der Gegend zwischen Santiago<br />

de Compostela im Norden und der portugiesischen<br />

Grenze im Süden. Er hat eine klare<br />

Textur, Kräutertöne kitzeln den Gaumen: ein<br />

toller Wein, der sicherlich auch hervorragend<br />

mit Fisch und Meerestieren kann.<br />

Dem Architekten schmeckt er. Er mag keine<br />

komplizierten Weine, erzählt er. „Ich bin ein<br />

Freund des Einfachen. Die Lust nach ‚High<br />

End‘ verstehe ich nicht.“ Das gelte auch für<br />

die Architektur. „Kompliziert ist schlecht. Die<br />

besten Dinge sind einfach.“ Die Oper in Sydney<br />

von Jørn Utzon zum Beispiel. Zur Verkostung<br />

stellt Kohlbauer kleine Weinhauergläser auf<br />

den Tisch, Adolf Loos habe so ähnliche sogar<br />

für Champagner entworfen. Denn von hauchdünnen<br />

Schwenkkelchen hält Martin Kohlbauer<br />

nichts, auch das sei nur Blendung und<br />

Angeberei. Das Atelier wird diesem Ansatz gerecht.<br />

Ein vollgeräumter Altbau, Mappen und<br />

Bücher stapeln sich, Kunstwerke hängen gar<br />

schmucklos an der Wand, Modelle am Boden<br />

oder an die Wand gelehnt. Zum Beispiel das<br />

von einem Stadion in Köln. „Haben wir damals<br />

nicht gewonnen, mittlerweile ist das gebaute<br />

aber ohnehin schon wieder abgerissen.“<br />

Während wir über ein paar realisierte Gebäude<br />

wie das Biz Zwei, das Plus Zwei und das<br />

Korso – alle im Viertel Zwei –, die Generalsanierung<br />

und Aufstockung des Galaxy Towers,<br />

die Alpentherme Gastein und den Aron Menczer<br />

Bildungscampus plaudern, öffnen wir<br />

einen Weißburgunder aus der Steiermark. Der<br />

Frauwallner Vulkanland überrascht mit einer<br />

zarten Cremigkeit, einer klar definierten, aber<br />

nicht so radikalen Säure wie sonst gerne bei<br />

Steirern üblich. Birnenaromen mischen sich<br />

mit leichtem Brioche und Walnuss. Wie passend<br />

zu einem schönen Herbsttag!<br />

Als Kohlbauers Blick auf die Flasche von Livio<br />

Felluga aus dem Friaul fällt, macht sich<br />

Freude in seinem Gesicht breit. „Von dem<br />

Weingut habe ich in Duino schon mal einen<br />

sehr guten Wein getrunken. Das war damals<br />

noch ein Tocai Friulano, der darf mittlerweile<br />

ja nicht mehr so genannt werden. Das Etikett<br />

ist mir auch noch in Erinnerung – ausgesprochen<br />

schön gestaltet!“ Es folgt allerdings eine<br />

Enttäuschung. Der Sharis aus 50 Prozent<br />

Chardonnay und 50 Prozent Ribolla Gialla<br />

kommt eher langweilig daher, weshalb wir<br />

uns schnell wieder auf die aktuellen Projekte<br />

konzentrieren.<br />

„Form follows content“<br />

Dass es derzeit kaum Immobilienplanungen<br />

gibt, gleicht Kohlbauer mit einer anderen Tätigkeit<br />

aus, seinem „Hobby“. So arbeitet er unter<br />

anderem gerade an der Ausstellungsarchitektur<br />

für die „Renaissance im Norden“-Schau<br />

im kunsthistorischen Museum. Dem Inhalt,<br />

Fotos: Christian Fischer<br />

58 ImmoFokus


Die Weine<br />

Pazo San Mauro, Rías Baixas 2022<br />

Albariño<br />

www.marquesdevargas.com<br />

Frauwallner, Vulkanland 2022<br />

Weissburgunder<br />

www.frauwallner.com<br />

Livio Felluga, Sharis Bianco Venezia Giulia 2022<br />

Cuvée (Chardonnay, Ribolla Gialla)<br />

www.liviofelluga.it<br />

Kirchknopf, Alte Reben Leithaberg 2021<br />

Chardonnay<br />

www.kirchknopf.at<br />

Casa Emma, Chianti Classico Riserva Vignalparco 2019<br />

Sangiovese<br />

www.casaemma.it<br />

den Exponaten, die richtige Umgebung und<br />

Stimmung zu geben, sei eine „schöne komplementäre<br />

Aufgabe“ zum Gebäudeentwerfen.<br />

„Es ist eine Kunst, dass die Leute die Inhalte<br />

verstehen und behalten. Es geht nicht um<br />

Design, sondern darum, Räume zu schaffen,<br />

die starke Bilder abgeben und gemeinsam mit<br />

der Ausstellung im Gedächtnis bleiben. ‚Form<br />

follows content‘.“ Über 100 Ausstellungen hat<br />

Kohlbauer schon gemacht. Die für ihn bedeutendsten:<br />

Die österreichische Ausstellung in<br />

Auschwitz (2022), die Millenniumsausstellung<br />

im Hygienemuseum in Dresden (1999)<br />

und die Eröffnungsausstellung des Jüdischen<br />

Museums in Wien: „Hier hat Teitelbaum gewohnt“<br />

(1993), wo Kohlbauer ein Patchwork<br />

von Wiener Stadtplänen als Bodenbelag im<br />

gesamten Gebäude verlegen ließ.<br />

Kohlbauer ist in Wien aufgewachsen, seine<br />

Oma war Wirtin und schnalzte immer laut<br />

mit der Zunge, wenn ihr etwas besonders gut<br />

schmeckte. Daher rühre Kohlbauers hohe Affinität<br />

zu Wirtshäusern. „Die wichtigste soziale<br />

Infrastruktur sind Beisl und Kaffeehäuser“,<br />

ist Kohlbauer überzeugt. Und ein Wirtshaus<br />

müsse auch ein Zentrum des Alkoholismus<br />

sein. Lieblingslokale? Das Lusthaus im Prater,<br />

das Gasthaus Ubl und das Gasthaus zum Sieg.<br />

„Ein Achterl das ist kleinlich, ich bestelle wenn<br />

dann ein Viertel!“ Er sei kein Kenner, aber ein<br />

Trinker. Als weitere sozial ausgesprochen<br />

spannende Orte nennt Kohlbauer Studentenheime.<br />

Für die Stuwo plante er eines in der<br />

Schlechtastraße, für den ÖAD im Postareal<br />

am Westbahnhof. Diese Häuser seien der Inbegriff<br />

von Kommunikation, was sich schon<br />

im Entrée zeige und in den anschließenden<br />

Freiräumen weiterziehen müsse. Die Erschließungszone<br />

beim Postareal sei daher auch extra<br />

großzügig gestaltet, das Treppenhaus lädt<br />

zum Zu-Fuß-Gehen ein.<br />

Diese Offenheit findet sich auch in anderen<br />

Gebäuden Kohlbauers wieder. „Im Bereich der<br />

Bildungsbauten habe ich zwei Pilotprojekte<br />

gemacht: Den Kindergarten im Stadtpark<br />

konnten wir ganz anders gestalten als bis damals<br />

üblich. Wir haben alle Räume geöffnet<br />

und ermöglicht, dass die Kinder überall sein<br />

können – mit gewissen Spielregeln natürlich.“<br />

Das Prinzip der größeren Offenheit ist auch das<br />

Leitmotiv des Aron Menczer Bildungscampus,<br />

bei dem die Geschosse wie aufeinander gestapelt<br />

wirken, großzügig auskragen und so Platz<br />

schaffen – auch für mehr Außenräume. Für<br />

diesen Schultypus und in dieser Dimension<br />

war das etwas völlig Neues.<br />

Inspiration<br />

Was uns zur Frage bringt: Ist es nicht schwierig,<br />

immer etwas Neues zu machen? „Ich habe<br />

mich nie selbst kopiert. Weder bei Ausstellungen<br />

noch bei Gebäuden. Ich will mir selbst<br />

Freude machen und andere teilhaben lassen.“<br />

Das Neue passiere dann von selbst. Und woher<br />

kommt die Inspiration? „Esprit kommt vom<br />

Sprit!“ Das Stichwort für die letzte Kostprobe<br />

– ein Roter von der Casa Emma, einem familiengeführten<br />

Weingut in dem rund 80 Gänse<br />

zwischen den Reben herumwatscheln und<br />

Unkraut und Schädlinge wegschnabulieren.<br />

Der Chianti Classico Riserva Vignalparco 2019<br />

ist ein sehr authentischer Wein, so wie man ihn<br />

sich erwartet, mit leichter Kirsche in der Nase,<br />

die Tannine schön eingebunden, der Abgang<br />

hält lange an. Kohlbauer: „In der Architektur<br />

heißt es: Der Ort ist alles! Beim Wein auch. Der<br />

Boden macht die Basis.“ Dieser Wein wächst<br />

auf stolzen 430 Metern Seehöhe, wodurch<br />

Winde vom nahen Tyrrhenischen Meer die<br />

Trauben abkühlen, was zu einer langsameren<br />

Reifung und dem großartigen Aroma führt.<br />

Apropos Umwelt: Freilich ist Nachhaltigkeit<br />

ein Thema für Kohlbauer, der auch für die<br />

Sanierung der denkmalgeschützten Tribünen<br />

Krieau verantwortlich zeichnet. „Die Digitalisierung<br />

ist aber gefährlich und sie ist auch nicht<br />

nachhaltig, weil sie enormen Energieverbrauch<br />

nach sich zieht.“ Kohlbauer checkt zwar seine<br />

Emails noch immer nicht selbst, aber immerhin<br />

nennt er jetzt ein Smartphone sein eigen. „Ich<br />

fotografiere gerne, das ist schon sehr toll.“ Also<br />

am Ende doch auch ein bisschen „High End“.<br />

<strong>Ausgabe</strong> 02|<strong>2023</strong><br />

59


Zum Autor<br />

Klaus Wolfinger ist geschäftsführender Gesellschafter bei<br />

Wolfinger Consulting GmbH und Vizepräsident des ÖVI,<br />

sowie Mitglied im Fachverbandsausschuss & Fachgruppe<br />

der Immobilien- und Vermögenstreuhänder.<br />

Quartiersentwicklung<br />

Nicht nur die ESG-Ziele fordern verantwortungsvolle Projektentwicklung über die Grundstücksgrenze hinaus.<br />

Kommentar: Klaus Wolfinger<br />

Von hochwertiger Architektur wird bereits seit längerem gefordert,<br />

dass sie keine autarken Solitäre produzieren darf, sondern gut eingebettet<br />

sein und positive Impulse für die Nachbarschaft bieten muss. Was<br />

professionell konzipierte Immobilienentwicklungen seit Jahrzehnten<br />

vorzeigen, wird nun zum Standard:<br />

• Nutzungskonzepte dürfen nicht isoliert betrachtet werden, sondern<br />

müssen im Zusammenhang mit dem Umfeld gesehen werden und<br />

mit dem Anspruch, an Bestehendes anzuknüpfen und positive Impulse<br />

zu setzen.<br />

• Immer bedeutsamer wird die Akzeptanz von Bauvorhaben. Somit ist<br />

die Perspektive der Bevölkerung, von Anrainern und politischen Entscheidungsträgern<br />

mitzudenken. Soziale Aspekte sind zu integrieren<br />

und die Kommunikation der Ziele sowie der Qualitäten eines Projekts<br />

werden zur Voraussetzung für einen zügigen Genehmigungsprozess.<br />

Stadtklima und Aufenthaltsqualität sind hier Prüfsteine.<br />

• In der Phase der Realisierungsplanung und baulichen Umsetzung<br />

müssen die im Vorfeld herausgearbeiteten Qualitäten gesichert<br />

werden, unter anderem durch regelmäßige Koordination paralleler<br />

Bauvorhaben. Dies betrifft die Schnittstellen an den Grundgrenzen,<br />

kooperative Energiekonzepte, liegenschaftsübergreifende Freiraumplanung<br />

und die synergetische Abstimmung der Nutzungen insbesondere<br />

der EG-Zone.<br />

Anspruchsvoller, lohnender Weg<br />

Die Stadt Wien beschreitet diesbezüglich einen anspruchsvollen,<br />

letztlich aber lohnenden Weg. Für Stadtentwicklungsprojekte werden<br />

(meist parallel zum Widmungsverfahren und in städtebaulichen<br />

Verträgen verankert) Qualitätenkataloge ausgearbeitet und Qualitätssicherungsprozesse<br />

etabliert. Am 2022 fertig gestellten Quartier<br />

„Spallartgasse 21“ in Wien Penzing ist gut ablesbar, dass die begleitende<br />

Qualitätssicherung (QS) zu überdurchschnittlich engagierten<br />

Projektergebnissen und sehr positivem Feedback aus Bevölkerung<br />

und Fachöffentlichkeit geführt hat.<br />

Beim Wohnfonds Wien wurde ein eigener Qualitätsbeirat eingerichtet,<br />

der die Realisierung insbesondere jener Areale begleitet, die<br />

geförderte und freifinanzierte Bauplätze umfassen. Jüngere Beispiele<br />

für solche QS-Verfahren sind die Quartiere „Neues Landgut“ und<br />

„Kurbadstraße“ in Wien Favoriten.<br />

Für alle Beteiligten sinnstiftend ist Qualitätssicherung, die den Fokus<br />

auf laufende und damit rechtzeitige Kommunikation richtet – das Aufzeigen<br />

von Abweichungen im Nachhinein wäre hingegen unproduktiv.<br />

Eines ist gewiss: Die Immobilienbranche hat hier noch Lernbedarf.<br />

All diese Anforderungen sollte man nicht als Erschwernisse beklagen,<br />

sondern erkennen, dass sie ein Projekt insgesamt resilienter und damit<br />

auch ökonomisch nachhaltiger machen.<br />

Fotos: Weinwurm, Adobe Stock<br />

60 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Sebastian Beiglböck ist Geschäftsführer der Vereinigung<br />

der gewerblichen Projektentwickler in Österreich.<br />

(VÖPE).<br />

Die VÖPE treibt die<br />

Nachhaltigkeitstransformation voran<br />

Kommentar: Sebastian Beiglböck<br />

Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen, ist eine Herausforderung,<br />

gleichzeitig aber eine große Chance, neue Geschäftsmodelle<br />

zu etablieren. Als Unterstützung der VÖPE (Vereinigung Österreichischer<br />

Projektentwickler)-Mitgliedsunternehmen wurde in den<br />

vergangenen Wochen und Monaten von erfahrenen VÖPE-Nachhaltigkeitsexperten<br />

gemeinsam mit externen ESG-Profis ein Leitfaden<br />

erstellt, der Mitgliedern ab November zur Verfügung steht.<br />

VÖPE-Agenda „Zukunft Lebensraum“<br />

Die VÖPE-Mitglieder haben einen wesentlichen Einfluss darauf, wie<br />

unsere Lebens- und Zukunftsräume gestaltet werden. Im Projekt<br />

„Ready for ESG“ war es uns ein Anliegen, die Expertise innerhalb unserer<br />

Vereinigung zu bündeln und allen Lebensraumentwicklern ein<br />

praxisorientiertes Handwerkszeug zur Verfügung zu stellen, mit dem<br />

sie die Nachhaltigkeitstransformation vorantreiben können. Er ist ein<br />

wichtiger Meilenstein in der VÖPE-Agenda „Zukunft Lebensraum“, in<br />

der wir uns das Ziel gesetzt haben, den Rahmen für klimafitte, generationengerechte<br />

und lebenswerte Lebensräume mitzugestalten.<br />

ESG-Leitfaden ermöglicht VÖPE-Mitgliedern<br />

„vor der Welle“ zu surfen<br />

Der Leitfaden ist eine praxistaugliche, am Arbeitsalltag der Projektentwickler<br />

orientierte Handlungsanweisung für die Einführung<br />

eines ESG-Managements und die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts<br />

nach der „Corporate Sustainability<br />

Reporting Directive“. Klar strukturiert abgebildet<br />

und erläutert werden Themen wie<br />

„Organisation eines Nachhaltigkeitsteams“,<br />

„Identifikation der Nachhaltigkeitsthemen“,<br />

„Durchführung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse“,<br />

„Festlegung der Nachhaltigkeitsindikatoren<br />

und Datensammlung“,<br />

„Entwicklung einer Roadmap inklusive<br />

Nachhaltigkeitszielen“ und „Aufbau und<br />

Gestaltung einer Nachhaltigkeitskommunikation“.<br />

Unser Projekt „Ready for ESG“ hat auch gezeigt,<br />

welche Expertise und welch großes<br />

Potenzial innerhalb der VÖPE vorhanden<br />

ist, und bestätigt unseren Erfolg als ein nicht<br />

mehr wegzudenkendes Branchennetzwerk.<br />

Der Leitfaden ermöglicht unseren 52 Mitgliedern,<br />

„vor der Welle“ zu surfen, statt nur<br />

mitzuschwimmen.<br />

Fotos: Alba Communications, Stephan Huger, shutterstock<br />

61 ImmoFokus


Die bewegte<br />

ImmoWirtschaft<br />

Regelmäßige Kolumne<br />

über Fakten und Inhalte, die<br />

verändern und prägen.<br />

#39<br />

Die vergessenen Nutzer<br />

Kommentar: Philipp Kaufmann<br />

Ich habe in Linz ein Objekt, welches meine Eltern in den 90er Jahren<br />

erbaut haben. Es handelt sich um ein klassisches Bauträgerprojekt:<br />

Verschiedene Grundstücke wurden von unterschiedlichen Eigentümern<br />

erworben, geplant, errichtet und verwertet. Das Objekt wurde<br />

parifiziert und einzelne Einheiten konnten abverkauft werden. Als<br />

Projektgewinn sind noch heute einige Einheiten in Familienbesitz.<br />

Ich bin daher seit meiner Schulzeit mit diesem Objekt verbunden und<br />

habe quasi zuerst von der Tribüne meinen Eltern bei der<br />

Arbeit zugesehen - mittlerweile bin ich jedoch selbst<br />

„eingewechselt“ worden und darf Verantwortung<br />

übernehmen.<br />

Die Immobilie wird leider in den letzten Wochen<br />

vermehrt von Obdachlosen besucht.<br />

Die in Familienbesitz befindliche Tiefgarage,<br />

welche jedoch nicht öffentlich zugänglich ist,<br />

ist davon besonders betroffen. Die PKW-Abstellplätze<br />

in der Garage werden ausschließlich<br />

von Dauermietern genutzt und wir haben eine<br />

konstante Mieterstruktur. Aktuell sind in der Tiefgarage<br />

oftmals Personen, die nicht zum Haus gehören,<br />

anzutreffen. Meistens suchen sie das Weite, hin und<br />

wieder kommen sie aber auch aktiv auf einen zu und fragen nach<br />

Geld bzw. Feuer. Derartige Zusammentreffen sind mir schon mehr als<br />

unangenehm, einige weibliche Mieter fürchten sich jedoch und haben<br />

fast schon Probleme, die Tiefgarage zu besuchen. Selbst wenn man<br />

keine Personen antrifft, sind die Spuren der unerwünschten Besucher<br />

in so manchen Winkeln ersichtlich und es kostet einiges an Zeit und<br />

leider auch Geld, alles wieder entfernen zu lassen.<br />

Nutzer in der Verantwortung<br />

Das Haus wird von einer Hausverwaltung verwaltet und als pflichtbewusster<br />

Eigentümer habe ich das Thema gemeldet. Die Reaktion war<br />

ein Schreiben an alle Wohnungseigentümer mit einer Information<br />

über die Vorkommnisse. Das Problem war selbstredend mit dieser<br />

Aktivität noch nicht gelöst und ich habe mich intensiver eingebracht.<br />

Ein erster Schritt war Kontakt mit der Polizei aufzunehmen und eine<br />

Beratung in Anspruch zu nehmen. Diese hat ergeben, dass die in den<br />

90er Jahren festgelegte Zutrittssystematik den heutigen Anforderungen<br />

nicht mehr entspricht. Konkret war die Eingangstür zu Geschäftszeiten,<br />

sprich von 7 Uhr bis 20 Uhr, unversperrt und jeder<br />

konnte das Haus betreten. Dies machte sicherlich über<br />

Jahrzehnte Sinn, da die Büronutzer viel Parteienverkehr<br />

haben; auch die Mitarbeiter der Nutzer haben<br />

es bisher genossen, jederzeit das Objekt verlassen<br />

und betreten zu können.<br />

Bei meinen unzähligen Besuchen vor Ort bin ich<br />

mit so manchem Nutzer am Gang oder vor dem<br />

Objekt ins Gespräch gekommen und fast alle<br />

waren an diesem Thema interessiert. Die Informationen<br />

waren aus verständlichen Gründen nicht<br />

immer vorhanden und nicht alle waren von den Vorkommnissen<br />

in der Tiefgarage betroffen. Die einfachste<br />

Lösung, das Objekt auch untertags zu versperren und die Eingangstür<br />

nur für Mitarbeiter und Gäste zu öffnen, wurde kontrovers<br />

diskutiert, wobei ich schon den Eindruck hatte, dass sich alle mit der<br />

Problematik auseinandergesetzt haben.<br />

Ich startete einen neuen Anlauf und informierte die Hausverwaltung<br />

– zu meiner Überraschung wurde eine Eigentümerversammlung einberufen,<br />

welche noch in diesem Jahr stattfinden wird. Spannend ist in<br />

diesem Zusammenhang jedoch, dass kein Eigentümer vor Ort arbeitet<br />

und alle ‚Investoren‘ ihr Eigentum vermieten. Wäre es nicht besser,<br />

sich mit den Nutzern an einen Tisch zu setzen, damit alle gemeinsam<br />

klären, welche Schritte gesetzt werden können?<br />

Fotos: Gottfried Poessl<br />

62 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Klaus Baringer ist Obmann des Verbandes<br />

gemeinnütziger Bauvereinigungen.<br />

Versiegelung zurückzudrängen ist möglich<br />

Kommentar: Klaus Baringer<br />

Die Eindämmung der Bodenversiegelung ist zweifelsohne ein Gebot<br />

der Stunde. Die Tatsache, dass in Österreich pro Tag zehn Hektar<br />

zusätzlich an Fläche beansprucht werden, muss uns zum Umdenken<br />

bewegen. Boden ist ein wertvolles und begrenztes Gut.<br />

Ob bei Betonplätzen in Innenstädten, ebenerdigen Einkaufszentren<br />

oder spärlich bewohnten Einfamilienhaussiedlungen – die negativen<br />

Folgen der Versiegelung sind unübersehbar: Im Sommer entstehen<br />

nicht nur in den Ballungsräumen immer mehr Hitzeinseln, die die<br />

Lebensqualität einschränken. In der kalten Jahreszeit kann auch der<br />

versiegelte Boden kein Wasser mehr aufnehmen und es kann kaum<br />

versickern. Hier muss gegengesteuert werden. Verdichtetes Bauen,<br />

Entsiegelung und Nachnutzung müssen in den Vordergrund rücken.<br />

GBV als Vorreiter<br />

Die 182 gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) wirken seit langem<br />

dieser negativen Entwicklung entgegen – im Großen wie im Kleinen.<br />

Bei großen Stadtentwicklungsgebieten, in denen verdichtet und mit<br />

ökologischem Fokus gebaut wird, sind die GBV seit Jahren Partner<br />

der österreichischen Städte und Gemeinden. Dies zeigt sich in Linz in<br />

der SolarCity, in Graz bei den Reininghaus Gründen, in Wien in der<br />

Seestadt Aspern oder auch bei der Quartiersentwicklung rund um das<br />

alte Stadion in Wiener Neustadt.<br />

Erfolgreich auch im Kleinen<br />

Aber nicht nur bei den großen Stadterweiterungsprojekten sind die<br />

GBV vorne mit dabei. GBV nutzen auch in kleineren Gemeinden die<br />

vorhandenen „Ressourcen“ und versuchen so, den Bodenverbrauch<br />

zu minimieren. Dies zeigt sich bei der Aufstockung alter Bestandswohnungen<br />

ebenso wie bei der Überbauung von Supermärkten oder<br />

dem Umbau von alten Gasthäusern im Ortszentrum zu modernen<br />

Wohnhausanlagen für Jung und Alt.<br />

Voraussetzungen müssen stimmen<br />

Wichtig für die Maßnahmen gegen Bodenversiegelung sind aber<br />

gewisse Voraussetzungen. Es muss für die Nachverdichtung und die<br />

Belebung von Ortskernen durch Revitalisierungen ein Bekenntnis<br />

geben, dass solche Maßnahmen auch gewollt sind. Das betrifft<br />

die Behörden genauso wie die Parteien und Bürgerinnen und<br />

Bürger vor Ort.<br />

Gerade der mehrgeschossige Wohnbau ist der Garant<br />

dafür, dass wenig Boden versiegelt wird. Es müssen aber<br />

auch die Grundstücke oder Gebäude vorhanden sein, die<br />

eine Nachverdichtung oder bodensparende Nachnutzung<br />

ermöglichen. Hier kann auch der Bund Wesentliches<br />

dazu beitragen, indem er ein klares Bekenntnis<br />

dazu abgibt und nicht mehr benötigte Bundesinfrastrukturanlagen<br />

zu leistbaren Preisen auch für den<br />

geförderten Wohnbau zur Verfügung stellt. Die<br />

Möglichkeiten sind da, nutzen wir sie.<br />

Fotos: Weinwurm, Adobe Stock<br />

63 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Martin Prunbauer ist seit 2012 Präsident des Österreichischen<br />

Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB) und im<br />

Zivilberuf als Rechtsanwalt in Wien tätig.<br />

Umwidmungsabgabe ist Humbug!<br />

Kommentar: Martin Prunbauer<br />

Neben Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern haben<br />

die Sozialdemokraten jüngst ein neues Thema aus ihrer Steuertrickkiste<br />

hervorgezaubert. Im Falle von Grundstücksumwidmungen, die<br />

erhöhte Nutzungsmöglichkeiten zur Folge haben, soll der Staat am<br />

Gewinn partizipieren und eine Mehrwertabgabe einheben können.<br />

Die Befürworter einer solchen Abgabe argumentieren, dass die Wertsteigerung<br />

ohne Zutun des Eigentümers erfolge und es sich daher um<br />

einen „unverdienten Vorteil“ handle. Dieses sozialistische Umverteilen<br />

entbehrt jeglicher Grundlage.<br />

Es ist ein Trugschluss, in diesem Zusammenhang von einem „Umwidmungsgewinn“<br />

zu sprechen, weil mit der Umwidmung allein kein<br />

Gewinn realisiert wird. Ein Gewinn entstünde erst durch eine nachfolgende<br />

Veräußerung, die dann ohnehin mit einer saftigen Immobilienertragssteuer<br />

vom Umwidmungsgewinn behaftet ist. In Wahrheit<br />

liegt eine Doppelbesteuerung desselben Vorganges vor.<br />

Es ist äußerst bemerkenswert, dass die SPÖ, wann immer sie ein Problem<br />

zu erkennen glaubt, sofort nach einer neuen Steuer oder Abgabe<br />

ruft, selbst wenn es bereits eine Abgabe gibt, wie im konkreten Fall die<br />

Immobilienertragssteuer.<br />

Das ständige Fordern von neuen Steuern und Abgaben in einem Hochsteuerland<br />

wie Österreich macht den Aufbau von Eigentum unnötig<br />

schwer und gefährdet die Rechtssicherheit im Land. Hinzukommt,<br />

dass eine solche Steuer in einem hohen Ausmaß die Falschen trifft.<br />

Dazu zählen vor allem junge Menschen, die sich etwas anschaffen wollen<br />

und mit einer solchen Abgabe vor weiteren finanziellen Hürden<br />

stehen, oder ältere Menschen, die in der Pension nicht mit weiteren<br />

Belastungen gerechnet haben. Wer sich als „Partei der Häuslbauer“<br />

positionieren möchte, sollte sich auch der damit verbundenen Auswirkungen<br />

bewusst sein.<br />

Fotos: Schedl/ÖHGB, Adobe Stock<br />

Ein Eigentümer, der sein umgewidmetes Grundstück nicht verwerten<br />

will, hat auch nichts von der erfolgten Umwidmung. Obwohl diese nur<br />

auf dem Papier stattfindet, soll er bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft<br />

der Planungsänderung zur Kasse gebeten werden. So er die dafür<br />

nötigen finanziellen Mittel nicht aufbringen kann, ist der Eigentümer<br />

möglicherweise sogar zu einem Verkauf dieses Grundstücks gezwungen,<br />

um dann für die Entrichtung der Immobilienertragssteuer noch<br />

einmal kräftig in die Tasche zu greifen. Der Eigentümer kann aber<br />

eine Umwidmung, die er nicht wünscht, nicht verhindern, weil sie im<br />

öffentlichen Interesse erfolgt.<br />

Es gibt viele Gründe, warum ein Eigentümer auf sein Grundstück<br />

angewiesen ist. Gerade im ländlichen Bereich ist es üblich, dass sich<br />

junge Menschen in der Nähe ihrer Eltern ansiedeln wollen. Eine Umwidmungsabgabe<br />

beschneidet den Eigentümer in der Freiheit, über<br />

sein Grundstück zu verfügen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

64


Zum Autor<br />

Michael Pisecky war lange Jahre Geschäftsführer der s Real<br />

und ist Obmann der Wiener Fachgruppe der Immobilienund<br />

Vermögenstreuhänder.<br />

Dualität im Wohnbau gewünscht,<br />

aber gleichberechtigt!<br />

Kommentar: Michael Pisecky<br />

Durch Unterstützung des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder<br />

verfügen wir seit Jahren durch das Unternehmen<br />

Exploreal über einen exakten Überblick über die Neubautätigkeit im<br />

Wohnungsbau. Mittlerweile gibt es diesen Marktüberblick auch durch andere<br />

Datendienstleister wie zum Beispiel ImmoUnited. Da es in Österreich<br />

leider keinen Überblick über die Gesamtentwicklung an Wohneinheiten<br />

gibt, da einige Bundesländer die Meldung dafür nicht durchführen, haben<br />

wir versucht, eine Lösung zu erarbeiten, zumindest, was den Neubau<br />

betrifft. Wir präsentieren seit über fünf Jahren die Entwicklung an Fertigstellungen<br />

und in Planung befindlichen Wohneinheiten im mehrgeschossigen<br />

Wohnbau. Seit zwei Jahren weisen wir auf den sich anbahnenden<br />

Rückgang im Neubau hin. Die Grundkosten sind hoch. Als jedoch die<br />

Baukosten enorm gestiegen sind, wurde das eine oder andere Projekt<br />

verschoben. Wirklich dramatisch wurde es mit dem zu späten und viel zu<br />

raschen Zinsanstieg und dann noch der KIM-Verordnung, die zusätzlich<br />

die Nachfrage nach Eigentum negativ beeinflusst hat. Wir stehen heuer<br />

bei einem Rückgang an Transaktionen im Neubau von 50 Prozent und im<br />

Bestand von circa 30 Prozent.<br />

2,5 Prozent, ist allerdings nur verständlich, wenn keine Kaufoption besteht<br />

und der geförderte Wohnbau vor allem auch kleinere Bauvorhaben mit<br />

entsprechend höheren Förderungen bauen und eben auch Baulücken bebauen<br />

soll. Kein Wort über die Bauträger, die 74 Prozent der Wohnungen<br />

bauen. Es wird in ein Kerngeschäft, nämlich die kleineren Projekte und<br />

Baulücken, frontal der gewerbliche Wohnbau konkurrenziert, mit öffentlichen<br />

Mitteln. Gleichzeitig werden über die Bauordnungsnovelle, die<br />

bereits von der Landesregierung in Wien beschlossen wurde, der Abbruch<br />

verunmöglicht und der Ausbau und die Sanierung wesentlich erschwert.<br />

GBV: Kostendeckung als Grundsatz<br />

Der GBV hat die Kostendeckung als Grundsatz und baut damit leistbar, einerseits<br />

steuerlich bevorzugt, weil KöST(Körperschaftsteuer)-befreit, und<br />

andererseits mit Fördermitteln der Länder. Wenn dann die Kosten für die<br />

Mieter eklatant steigen, weil die Zinsen steigen – es wurde nahezu durchgängig<br />

mit variablen Zinsen finanziert –, dann werden die Wohnbeihilfen<br />

angepasst oder eben ein Zinsdeckel eingeführt. Bei den gewerblichen Bauträgern<br />

trägt der Bauträger die Kosten für die steigenden Zinsen.<br />

Bauaufträge bleiben aus<br />

Erst jetzt, wo die Aufträge für die Bauwirtschaft ausbleiben, kommt Bewegung<br />

in dieses Thema, und die politisch Verantwortlichen beginnen, sich<br />

damit zu befassen beziehungsweise konkrete Maßnahmen vorzubereiten.<br />

Damit möchte ich die Dualität des österreichischen Wohnbaus ansprechen,<br />

denn in Österreich werden 60 Prozent der Wohneinheiten von gewerblichen<br />

Bauträgern gebaut, in Wien sogar 74 Prozent. Daher vermisse<br />

ich in der politischen Diskussion um die Ankurbelung des Wohnbaus<br />

die Dualität. Immer wieder wird eine Forcierung des gemeinnützigen,<br />

geförderten Wohnbaus – alleine – angesprochen, zuletzt in Wien durch<br />

die zuständige Stadträtin und die Bautensprecherin der Neos, gemeinsam<br />

mit dem Vertreter des GBV (Österreichischer Verband gemeinnütziger<br />

Bauvereinigungen). Der geförderte Wohnbau soll forciert werden, die<br />

Förderhöhen angepasst, was nachvollziehbar ist, eine Zinsobergrenze von<br />

Der soziale Wohnbau baut in Österreich konstant um die 15.000 Einheiten,<br />

in Wien circa 5.000. Der Bedarf liegt bei 45.000 in Österreich und<br />

17.000 in Wien.<br />

Wir brauchen die gewerblichen Bauträger für ausreichende Wohnversorgung,<br />

wir begrüßen den dualen Wohnbau als Erfolgsfaktor des österreichischen<br />

Wohnbaus.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

65 ImmoFokus


Positionen & Meinungen<br />

Großwetterlage<br />

Stimmungslage. Bei den Deutschen nach wie vor ein anhaltendes Tief – bei den Österreichern leicht<br />

aufgehellt – aber in Österreich ist die Stimmung immer besser als beim Nachbarn.<br />

Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />

Wolfdieter Jarisch (S+B Gruppe) /<br />

Gerald Beck (UBM Development)<br />

„Unter den Österreichern ist die Wetterlage<br />

immer gut“, so Wolfdieter Jarisch (S+B<br />

Gruppe). „Das liegt in der Natur des Österreichers.<br />

Schon der liebe Augustin hat sich in<br />

schwierigsten Zeiten sehr positiv verhalten“,<br />

ergänzt Gerald Beck mit einem Schmunzeln.<br />

„Wie es tatsächlich wird, werden wir wahrscheinlich<br />

in drei Monaten wissen.“ Auf<br />

jeden Fall sollte man jetzt antizyklisch investieren<br />

– dies sei aber schwierig. „Derzeit ist<br />

Cashflow King. Man muss schauen, dass man<br />

das Geld zusammenhält. Aus diesem Grund<br />

ist antizyklisches Investment auch immer<br />

sehr, sehr schwierig. Aber natürlich: Der, der<br />

das Geld hat, hat jetzt die besten Chancen.“<br />

Für Beck und Jarisch stehen Büro und Wohnen<br />

hoch im Kurs. „Im Wohnungssektor“,<br />

so Beck. „steuern wir in zwei, drei Jahren auf<br />

eine Knappheit zu. Im Büro schaut es ähnlich<br />

aus.“ Es gelte, sich jetzt in Stellung zu bringen:<br />

„Je schneller man jetzt dran ist, desto besser<br />

ist man dann am Markt positioniert.“ Jarisch<br />

liefert gleich einen Vergleich hinterher: „Wir<br />

haben derzeit in Wien den niedrigsten Leerstand<br />

an Büroflächen.“ Obwohl viele der Ansicht<br />

waren, dass die Mitarbeiter nicht mehr<br />

ins Büro kommen werden und man weniger<br />

Bürofläche brauche, habe man trotzdem den<br />

niedrigsten Leerstand. Bei den Wohnungen<br />

seien die Baugenehmigungen in den Keller<br />

gerutscht. „10.000 Neubauwohnungen – Zuwanderungen<br />

von über 50.000 Personen.<br />

Da kann sich jeder ausrechnen, wo das hinführt.<br />

Also, das ist einfach ein Muss, dass der<br />

Wohnungsmarkt weiter boomen wird. Der<br />

Wohnungsmarkt wird weiter boomen“, sieht<br />

Beck die Situation nicht allzu schwarz. Antizy-<br />

klisches Investieren findet jedoch nciht statt,<br />

analysiert Jarisch: „Auch der, der ausreichend<br />

Kapital für Investitionen hat, ist vorsichtig.<br />

Man weiß nicht, was die Banken für Forderungen<br />

an die Investoren stellen werden. Man<br />

braucht einfach Reserven. Daher wird es noch<br />

eine Zeit lang dauern, bis wieder mehr investiert<br />

werden kann.“<br />

Doch wann wird sich der Markt wieder stabilisieren?<br />

Einige sprechen von sechs Monaten,<br />

andere sagen zwei Jahre. Beck sieht es pragmatisch:<br />

„Es kann beides stimmen. Es kann<br />

beides falsch sein. Wenn man zurückschaut in<br />

die Finanzkrise 2008, 2009: Da hat es sicherlich<br />

zweieinhalb, drei Jahre gedauert, bis das Ganze<br />

wieder in ein positives Momentum umgeschwenkt<br />

ist. Ich hoffe sehr, dass es jetzt nicht<br />

so lange dauert. Faktum ist, dass wir mit den<br />

derzeit hohen Zinsen zu leben lernen müssen.<br />

Fotos: @Rizar.Photo<br />

66 ImmoFokus


Hohe Zinsen hatten wir viele, viele Jahre. Diese<br />

vergangenen zehn Jahre Niedrigzinsphase<br />

waren eigentlich die Ausnahme. Wir kommen<br />

wieder in eine geregeltere Phase hinein. Darauf<br />

werden wir uns einstellen müssen.“<br />

Jarisch sieht die Lage ganz ähnlich: „Ich<br />

denke schon, dass wir sicher noch ein Jahr,<br />

eineinhalb Jahre in die Richtung weiterfahren<br />

werden, in die wir in dem letzten<br />

Jahr gefahren sind. Dass es auf null Zinsen<br />

runtergeht, das glaube ich nicht. Die Jugend,<br />

die das erlebt hat, die hat diese einmalige<br />

Situation halt erlebt. Wir haben ja auch<br />

schon Zinsen gehabt von acht, neun, zehn<br />

Prozent. Und auch da haben die Immobilien<br />

funktioniert. Man muss sich halt ein bisschen<br />

anders aufstellen, und dann wird auch<br />

das gehen. Ich denke, es wird sich schon<br />

irgendwo in der Mitte einpendeln. So drei,<br />

vier Prozent, denke ich mal, werden es wohl<br />

bleiben.“<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

67


Positionen & Meinungen<br />

Peter Karl<br />

(ERSTE Immobilien KAG)<br />

Peter Karl, Erste–Immobilien-CEO, sieht<br />

unterschiedliche Wetterlagen: „Strahlenden<br />

Sonnenschein gibt es nirgendwo. Aber es gibt<br />

durchaus zufriedenstellendes Wetter in manchen<br />

Bereichen. Aber es gibt auch Gegenden,<br />

in denen richtige Unwetter am Horizont dabei<br />

sind.“ Wobei es sehr stark von den Geschäftsmodellen<br />

abhängt: „Der Bestandhalter hat<br />

im Moment die tendenziell besseren Karten.<br />

Die Entwicklung wird vor allem wegen der<br />

geänderten Finanzierungsrahmenbedingungen<br />

schwieriger. Je stärker von Fremdkapital<br />

abhängig, um so herausfordernder.“<br />

Auch für die Erste Immobilien ist die Wetterlage<br />

nicht gerade heiter. „Es ist durchaus<br />

herausfordernd, in solchen Zeiten die Liquidität<br />

in den Fonds sicherzustellen. Das gelingt<br />

uns aber sehr erfolgreich. Wir haben einige<br />

Maßnahmen gesetzt, um auch Liquidität in<br />

den Fonds zu schaffen. Ich bin persönlich<br />

auch überzeugt, dass wir uns noch eine Zeit<br />

lang damit abfinden müssen, dass es in dieser<br />

Art und Weise weitergeht, sehe aber schon<br />

ein bisschen den Silberstreif am Horizont,<br />

weil ich tatsächlich glaube, dass wir diesen<br />

Zinsanhebungszyklus jetzt irgendwo am Top<br />

erreicht haben und die Zinsen eher seitwärts<br />

gehen werden.“<br />

Sobald dieses neue Zinsniveau auch eingepreist<br />

ist, könne man wieder zuversichtlicher<br />

in die Zukunft blicken. „Das Kernimmobiliengeschäft<br />

funktioniert sehr gut.“ Auch die<br />

Indexierung der Mieten sei durchsetzbar gewesen.<br />

„In unserem Erste-Immobilien-Fonds<br />

konnten die Miet-Cash-Erträge genau um<br />

zehn Prozent gesteigert werden. Das ist quasi<br />

der buchhalterische Beweis dafür, dass wir in<br />

unseren Mietverträgen die Inflation durchsetzen<br />

konnten.“<br />

Der Netto-Mittelabfluss in den Immobilienfond<br />

konnte noch nicht gestoppt werden.<br />

Karl ist überzeugt, dass dies noch eine Weile<br />

dauern wird. „Wir hatten offensichtlich in<br />

den Immobilienfonds auch sehr viele Anleger,<br />

die vor allem den Zinsertrag im Vordergrund<br />

sahen und natürlich in Zeiten, in denen es<br />

keine Zinsen gab, dann sehr gerne auch in Immobilienfonds<br />

investiert haben und sich jetzt<br />

mit einem viel breiteren Angebot an anderen<br />

Zinsprodukten konfrontiert sehen und daher<br />

die Immo-Fonds auch wieder verlassen.“<br />

Jasmin Soravia<br />

(Kollitsch Soravia)<br />

Jasmin Soravia, geschäftsführende Gesellschafterin<br />

bei Kollitsch & Soravia Immobilien,<br />

bezeichnet die Wetterlage als angespannt.<br />

„Eine große Verunsicherung hat<br />

sich breit gemacht.“ In kurzer Zeit habe sich<br />

die Stimmung ins Negative gedreht. Käufer<br />

reagieren verhalten auf die wirtschaftlichen<br />

Rahmenbedingungen. „Da müssen wir jetzt<br />

alle durch.“ Die Strategie: „Nach vorne blicken<br />

und schauen, dass man das ganz gut<br />

übersteht. Wir werden das gut überstehen.<br />

Aber es ist sehr herausfordernd.“ 2024 wird<br />

ein kritisches Jahr. „In Deutschland sind<br />

schon die ersten Developer in Konkurs gegangen.“<br />

Durchaus unerwartet, wie Jasmin<br />

Soravia, betont. „Auch in Österreich werden<br />

wir die eine oder andere Insolvenz sehen.“<br />

Rasch wird sich die Wetterlage nicht ändern.<br />

„2008 war der Spuk auch nicht innerhalb eines<br />

Jahres wieder vorbei. Also, ich befürchte,<br />

2024 müssen wir uns alle warm anziehen,<br />

aber auch das werden wir überstehen.“<br />

68 ImmoFokus


Michael Klement<br />

(United Benefits Holding)<br />

Michael Klement (United Benefits Holding)<br />

sieht weiterhin sehr dunkle Hagelwolken,<br />

aber keinen Tornado. „Man muss sich nicht<br />

fürchten, wenn man die letzten Wochen<br />

und Monate sehr behutsam gearbeitet hat“,<br />

so der United-Benefits-Holding-CEO. Wie<br />

seine Kollegen glaubt Klement auch, dass<br />

Österreich sechs Monate hinter Deutschland<br />

in der Entwicklung hinterherhinkt. „Der<br />

Preisverfall wird aber nicht so deutlich wie in<br />

Deutschland ausfallen“, ist sich Klement sicher.<br />

„Die Delle wird nicht so stark ausfallen,<br />

weil bei uns in Österreich – im Unterschied zu<br />

Deutschland – nie absolute Spitzenpreise zu<br />

erzielen waren. Das Preisniveau war in Österreich<br />

immer moderater.“<br />

auf die Bürowelten gerechnet. Die Corona-<br />

Pandemie hat die Anforderungen nachhaltig<br />

verändert.“ Für die Assetklassen Wohnen<br />

und Hotellerie ist Klement weniger skeptisch.<br />

„Hotellerie gehört zu den Gewinnern.<br />

Wohnen muss sich ein bisschen neu finden.“<br />

Die deutliche Reduktion der Development-<br />

Pipeline wird zu einem Bedarf führen. „Alles<br />

rund um das gewerbliche Wohnen ist sicher<br />

sehr interessant.“<br />

Sorgen bereitet Klement der Büromarkt.<br />

„Niemand hat mit derartigen Auswirkungen<br />

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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

69


Positionen & Meinungen<br />

Peter Ulm<br />

(Allora Immobilien)<br />

Für Empira-Management-Geschäftsführer<br />

Peter Ulm befindet sich die Immobilienwirtschaft<br />

mitten in einem Gewitter mit Tendenz<br />

zur Aufhellung. „Da ist ein neuer Realismus,<br />

eine neue Realität eingekehrt. Mit harter Arbeit<br />

werden wir aus dem Gewitter rauskommen.“<br />

Dass die Deutschen pessimistischer als<br />

die Österreicher in die Zukunft blicken, sei<br />

dem Umstand geschuldet, „dass die Entwicklung<br />

in Deutschland uns zirka sechs Monate<br />

voraus ist. Also, Deutschland ist schon wirklich<br />

ganz am Boden. Dort finden auch die<br />

ersten Insolvenzen statt. Das ist uns ein wenig<br />

voraus. Ich fürchte, das wird uns auch noch<br />

drohen. Aber das Markt-Recovery, glaube ich,<br />

werden wir 2024 sehen.“ Doch warum hört<br />

man so wenig von erfolgreichen Deals? „Wir<br />

haben auf der Uni schon alle gelernt, dass<br />

wir antizyklisch investieren sollen. Aber vielerorts<br />

sind die Preise noch nicht dort, wo es<br />

wirklich Spaß macht, antizyklisch zu sein. Ich<br />

glaube, es ist eher noch eine Zeit des Liquidität-Zusammenhaltens,<br />

um bereit zu sein.“<br />

Gute Chancen sieht Ulm am Office-Markt:<br />

„Ich bin überzeugt, dass einfach der Trend<br />

zum modernen, nachhaltig gut gebauten Office<br />

groß ist. Da gibt es viele Chancen in der<br />

Konvertierung von alten in moderne Büros,<br />

in moderne Büroflächen. Die Leute werden<br />

auch partiell wieder mehr aus den Home-<br />

Offices zurückkommen, aber man muss ihnen<br />

was bieten. Und insofern glaube ich, dass<br />

diese Assetklasse Zukunft hat. Beim Wohnen<br />

wissen wir, dass wir in zwei Jahren definitiv<br />

in den Großstädten in einen Wohnungsengpass<br />

reinlaufen. Wer in zwei, drei Jahren<br />

genügend Wohnungen anbieten kann, wird<br />

ein gutes Geschäft machen. Also, ich bleibe<br />

optimistisch.“<br />

70 ImmoFokus


Wie klappt Nachhaltigkeit<br />

in der Immobilienbranche?<br />

Nachhaltige Ansätze und Lösungen liegen voll im<br />

Trend. Diese Entwicklung macht auch vor der Real-<br />

Estate-Branche keinen Halt – denn der Sektor ist<br />

einer der wesentlichen CO2-Emittenten.<br />

Entsprechend fordern Öffentlichkeit, Investoren und<br />

Politik Anpassungen in den Geschäfts modellen<br />

der Immobilienunternehmen.<br />

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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

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71


Positionen & Meinungen<br />

Roland Schmid<br />

(IMMOunited)<br />

Roland Schmid, geschäftsführender Gesellschafter<br />

von IMMOunited, erwartet erst für<br />

das Jahr 2025 eine nachhaltige Erholung. „Ich<br />

sehe die Stimmung ehrlicherweise besser als<br />

man vermutet. Die Stimmung ist getrübt.<br />

Es wird aber auch viel schlechte Stimmung<br />

gemacht. Ganz so schlimm sehe ich es aber<br />

nicht.“ Dass es im ersten Halbjahr <strong>2023</strong> im<br />

Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 zu einem<br />

Einbruch um rund 24 Prozent bei den Verbücherungen<br />

gekommen ist, hält er auch nicht<br />

für allzu tragisch. „Es waren aber eben nur 24<br />

Prozent. Das heißt, der Markt ist nicht zum<br />

Stillstand gekommen“, so Schmid. „2024<br />

wird ein schwieriges Jahr, dann aber wird es<br />

wieder bergauf gehen. Dann kommen wieder<br />

bessere Zeiten.“ Doch bis dorthin wird noch<br />

so mancher Sturm zu überstehen sein. Auch<br />

Schmid rechnet mit Insolvenzen. „Das hohe<br />

Zinsniveau, die hohe Inflation und gestundete<br />

Zinsen könnten für einige Unternehmen<br />

zu unüberwindlichen Hindernissen werden.“<br />

Von einer Konkurswelle will Schmid aber<br />

nicht sprechen. „Wir werden im letzten Quartal<br />

23 die ersten Pleiten sehen. Das wird sich<br />

bis zum Sommer nächsten Jahres hinziehen.<br />

Aber es wird, glaube ich, nicht ganz so dramatisch<br />

sein, wie wir befürchten. Ich hoffe es<br />

zumindest.“<br />

Karina Schunker<br />

(EHL Wohnen)<br />

Die großen Gewitter sieht EHL-Wohnen-<br />

Geschäftsführerin Karina Schunker nicht.<br />

Sie sieht immer ein wenig Sonnenstrahlen<br />

zwischen den Wolken, um Optimismus<br />

aufleben zu lassen. Aber natürlich versuche<br />

man, in der aktuellen herausfordernden Zeit<br />

Lösungen und Möglichkeiten zu suchen. „Es<br />

bleibt spannend, wie es in den kommenden<br />

Monaten weitergeht.“ Den Wohnungsmarkt<br />

beobachtet Schunker in Bezug auf die Angebotsentwicklung<br />

über die nächsten ein, zwei<br />

Jahre kritisch. „2025, 2026 sollte sich die Situation<br />

wieder verbessern.“<br />

und günstigere Finanzierungsmöglichkeiten,<br />

Mobilisierung des Bestands durch Attraktivierung<br />

der Vermietung und ergänzend einfachere<br />

Möglichkeiten zur Umnutzung<br />

von Bestandsflächen wie zum<br />

Beispiel in Einzelhandelsobjekten.<br />

Das gilt an sich für ganz<br />

Europa, aber in Österreich<br />

ist die Situation doch noch<br />

deutlich schwieriger als in den<br />

meisten anderen Märkten.“<br />

„Die Leerstände bei Wohnungen sind im städtischen<br />

Bereich mittlerweile auf ein Rekordtief<br />

gefallen, es gibt also nur mehr einen geringen<br />

Puffer, um den aktuellen Nachfrageüberhang<br />

abzufedern“, sagt Schunker. „Es wird zu einer<br />

der wichtigsten Aufgaben, auch weiterhin genügend<br />

Wohnangebot verfügbar zu machen,<br />

trotz der aktuellen Herausforderungen am<br />

Markt. Maßnahmen zur Ankurbelung des<br />

Neubaus sind daher eine dringliche Aufgabe<br />

der Wohnbaupolitik, etwa durch erleichterte<br />

72 ImmoFokus


Markus Arnold<br />

(Arnold Immobilien)<br />

„Von Sonnenschein zu sprechen, wäre verwegen.<br />

Die Branche hat eine Krise. Mit dieser<br />

müssen wir so professionell wie möglich<br />

umgehen“, so Markus Arnold, Arnold Immobilien.<br />

Nun zeige sich, wer in der Vergangenheit<br />

gut gearbeitet hat. „Wer ein verlässlicher<br />

Partner ist. Bedingt durch die aktuellen Herausforderungen<br />

werden Objekte weiterhin<br />

deutlich länger und genauer geprüft“, meint<br />

Arnold und verweist auf die sehr verhaltene<br />

Stimmung, speziell am deutschen Investmentmarkt.<br />

Wohingegen die Marktlage in den<br />

südeuropäischen Ländern deutlich besser ist<br />

als hierzulande. Sowohl Spanien, Portugal als<br />

auch Italien – Märkte, in denen Arnold Immobilien<br />

ebenfalls mit eigenen Niederlassungen<br />

vertreten ist – konnten die Investmentvolumina<br />

halten beziehungsweise sogar ausbauen.<br />

Trotz der aktuellen Unsicherheit der Marktteilnehmer<br />

hat sich aufgrund der attraktivsten<br />

Renditen seit Jahren das Interesse der<br />

eigenkapitalstarken Privaten deutlich verstärkt.<br />

„Der Run auf handverlesene Top-Liegenschaften<br />

hat bereits begonnen“, berichtet<br />

Arnold. Im besonderen Fokus stehen dabei<br />

Wohnimmobilien, solide Gewerbeimmobilien<br />

sowie attraktive Hotelinvestments. Eine<br />

immer wichtigere Entscheidungsgrundlage<br />

bei Immobiliendeals ist eine profunde Marktanalyse,<br />

die das Unternehmen vierteljährlich<br />

zu allen Arnold-Investmentmärkten sowie<br />

der Europäischen Union anbietet.<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

73


Positionen & Meinungen<br />

Daniel Jelitzka<br />

(JP-Immobilien)<br />

Daniel Jelitzka (JP-Immobilien) sieht<br />

bereits eine aufgelockerte Großwetterlage.<br />

„Im Bereich Hospitality sind<br />

wir auf der Sonnenseite. Ich rechne<br />

nicht damit, dass die EZB weitere Zinserhöhungen<br />

vornehmen wird. Das<br />

wird dem Markt guttun.“ Die Chief-<br />

Investment-Officer sind jetzt mittlerweile<br />

der Meinung, sie müssen<br />

nicht mehr in ein fallendes Messer<br />

greifen und dieses auffangen. Man<br />

könne nun wieder mit dem Pricing<br />

anfangen. „Stellt sich nur noch die<br />

Frage, wie lange die Zinsen auf diesem<br />

Niveau verharren.“ Auf den<br />

Punkt gebracht glaubt Jelitzka, dass „die<br />

Talsohle bereits erreicht ist. Ein wenig<br />

Zweckoptimismus ist dabei – aber ich<br />

glaube, in einem Jahr werden wir wieder<br />

gute Geschäfte machen.“ Jelitzka hat<br />

in den vergangenen eineinhalb Jahren<br />

rund 250 Millionen Euro in Hotelprojekte<br />

investiert. Der erste Hotelfonds<br />

ist mit … Euro ausfinanziert. Ein zweiter<br />

mit einem angestrebten Volumen<br />

von 100 Millionen soll Ende des Jahres<br />

ausplatziert sein. „Wir haben schon 60<br />

Millionen eingeworben. Ende des Jahres<br />

werden wir die Bücher zumachen.“<br />

Wie beim ersten Fonds sollen damit in<br />

Summe Investitionen von 250 Millionen<br />

Euro angestoßen werden.<br />

Michael Ehlmaier<br />

(EHL Immobilien)<br />

„Die Märkte befinden sich derzeit in einer ambivalenten<br />

Situation“, erklärt Michael Ehlmaier,<br />

Geschäftsführender Gesellschafter von EHL Immobilien.<br />

„Aber der Pessimismus, den wir vor<br />

einem halben Jahr gesehen haben, der ist jetzt<br />

einem Realismus gewichen. Das Marktumfeld<br />

ist wie es ist. Die Zinslandschaft ist wie sie ist.<br />

Wir lassen uns davon nicht unterkriegen. Es stehen<br />

weniger die Akquise oder die Entwicklung<br />

im Vordergrund, sondern die Optimierung von<br />

Bestandsimmobilien.“<br />

die Branche daher mit einigen Schwierigkeiten<br />

zu kämpfen. Die Suche nach Kostensenkungspotenzialen<br />

ist deshalb eine zentrale Herausforderung,<br />

das zeigt sich auch am großen Interesse<br />

für die zahlreichen Start-ups, die mit weiterer<br />

Digitalisierung, Automatisierung, Standardisierung<br />

und teilweise dem Einsatz künstlicher<br />

Intelligenz die notwendigen Effizienzsteigerungen<br />

bringen sollen.“<br />

„Einerseits gibt es in vielen Bereichen, insbesondere<br />

im Wohn-, aber durchaus auch im Bürosegment,<br />

großen Bedarf an adäquaten Flächen,<br />

andererseits lohnt es sich für Entwickler und<br />

Investoren vielfach dennoch nicht, Projekte<br />

tatsächlich zu starten. Die hohen Grundstücks-,<br />

Errichtungs- und Finanzierungskosten, aber<br />

auch die wirtschaftlichen Belastungen, die aus<br />

der Umsetzung der EU-Taxonomie beziehungsweise<br />

der bevorstehenden Dekarbonisierung<br />

resultieren, sind für die Branche eine nur schwer<br />

zu verdauende Gemengelage. Vor dem Hintergrund<br />

der sich abschwächenden Konjunktur hat<br />

74 ImmoFokus


Wolfgang Scheibenpflug<br />

(Flughafen Wien)<br />

Für Wolfgang Scheibenpflug, Geschäftsbereichsleiter<br />

Immobilien- und Standortmanagement<br />

Flughafen Wien, scheint die Sonne. „Die<br />

Großwetterlage wird in den nächsten Jahren,<br />

glaube ich, durchaus stürmisch werden. Wenn<br />

sie am Flughafen betrachtet wird, gibt es Positives<br />

zu sagen. Wir sehen die Passagierzahlen<br />

von 2019, das heißt, die Recovery hat deutlich<br />

schneller begonnen und ist schneller durchgeführt<br />

worden, als es jeder Pessimist erwartet<br />

hätte. Generell am Immobilienstandort haben<br />

wir, glaube ich, schon sehr viele Pluspunkte, die<br />

bei unseren Kunden ankommen. Wir bieten ein<br />

Gesamtpaket an, neben den Immobilien auch<br />

eine Community von Hotelzimmern über Werbung<br />

bis zu Parken. Wir bieten ihnen komplette<br />

Service-Leistungen an. Logistik boomt wie<br />

kaum zuvor, und damit haben wir auch unsere<br />

letzten Flächen in Fischamend hier verkaufen<br />

können. Und wir bereiten weitere 47 Hektar<br />

westlich des Flughafens vor.“ Werden bei anderen<br />

Quartierentwicklungen Bauvorhaben auf<br />

Eis gelegt und Planungen gestoppt, werden am<br />

Flughafen bald wieder die Bagger anrollen und<br />

Baukräne aufgestellt, berichtet Scheibenpflug:<br />

„Wir haben momentan zwei Hotels am Standort,<br />

das NH und das Moxy-Hotel, die sehr, sehr gut<br />

gebucht sind. Noch in diesem Jahr starten wir<br />

mit dem Bau eines dritten Hotels, dem Vienna<br />

House Easy, einem Zwei-Sterne-Hotel, das Anfang<br />

2025 eröffnet werden soll.“<br />

Auf die neuen Anforderungen im Office-Bereich<br />

nach der Pandemie habe man am Flughafen<br />

rechtzeitig und erfolgreich reagiert. „Die Arbeitswelt<br />

hat sich deutlich geändert. Mit unserem<br />

Office-Park 4, der neben einer klassischen<br />

Bürofläche auch Konferenz- und Coworking-<br />

Flächen anbietet, sind wir auf die neuen Herausforderungen<br />

gut vorbereitet. Das sehen wir<br />

auch durch die massive Nachfrage nach unseren<br />

Büroflächen am Standort.“<br />

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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

75


Positionen & Meinungen<br />

Johannes Endl<br />

(ÖRAG)<br />

Örag-Vorstand Johannes Endl sieht erste<br />

Sonnenstrahlen durchs Fenster. „Aprilwetter.<br />

Wir sind in der Realität angekommen<br />

– und das ist gut so.“ Es gebe<br />

auch wieder Transaktionen. „Vielleicht<br />

nicht so viele, wie wir uns wünschen<br />

würden. Aber es ist ein gutes Zeichen<br />

für den Markt.“ Allein die Preisfindung<br />

ist noch nicht abgeschlossen.<br />

„Noch liegen die Preisvorstellungen<br />

zu weit auseinander. Wir sehen genügend<br />

eigenkapitalstarke Investoren.<br />

Aufgrund der unsicheren Marktsituation<br />

finden viele Deals Off-Market<br />

statt – wohl auch wegen der Preisabschläge.<br />

Darüber redet niemand<br />

gern“, so Endl. Besonders schwierig<br />

sei die Preisfindung bei Objekten,<br />

die vor ein, zwei Jahren zu sehr hohen<br />

Preisen in einer anderen Zinslandschaft<br />

gekauft wurden.<br />

Auch der Wohnungsmarkt ist in Bewegung<br />

geraten. „Die hohen Preise führen dazu,<br />

dass viele Kaufinteressenten ihre Kaufpläne<br />

verschieben und sich auf dem Mietmarkt<br />

umsehen. Gekauft hätten sie eine Zwei-,<br />

Drei-Zimmer-Wohnung. Gemietet wird<br />

aber eine Drei-, Vier- oder Fünf-Zimmer-<br />

Wohnung. Davon aber gibt es zu wenige<br />

am Markt, was die Preise steigen lässt.“ Eine<br />

Insolvenzwelle sieht Endl nicht auf uns<br />

zukommen. „In Österreich findet selbst<br />

der Weltuntergang ein paar Wochen später<br />

statt.“ Die eine oder andere Sache ist aber<br />

sicher noch nicht ausgestanden. „Ich hoffe,<br />

dass dies auf breiter Front keine Spirale<br />

nach unten auslöst“, gibt sich Endl optimistisch.<br />

„Aber ganz ohne Konkurse, fürchte<br />

ich, wird es auch bei uns nicht gehen.“<br />

Karl Derfler<br />

(ADEQAT)<br />

Karl Derfler, geschäftsführende Gründungsgesellschafter<br />

der Adeqat, will nicht als Pessimist<br />

gelten. „Ganz im Gegenteil. Ich schaue positiv<br />

in die Zukunft. Ich glaube, dass jetzt ein Zyklus<br />

zu Ende gegangen ist. Die Hauptfrage ist: Wie<br />

stellst du dich darauf ein und wie präpariert<br />

man sich?“ Viele Marktteilnehmer sind jetzt<br />

in Schwierigkeiten – doch darüber wird der<br />

Mantel des Schweigens gebreitet.<br />

kann es nicht sagen, was die Göttlichkeit vorhat.<br />

Aber viele Marktteilnehmer sagen, dass die<br />

Phase der Zinserhöhungen noch nicht vorbei<br />

ist.“ Positiv sei, so der Investment-Profi, dass<br />

die Großinvestoren langsam zurückkommen.<br />

„Es gibt ausreichend Kapital, das in die Immobilie<br />

gehen möchte.“ Allein die Bewertungen<br />

hinken hinterher und die Frage der Entwicklung<br />

bei den Zinsen. „Gott sei Dank dürfen wir<br />

Transaktionen begleiten. Wenn du als Investor<br />

damit rechnest, dass weitere Zinserhöhungen<br />

kommen, heißt das umgekehrt, dass die<br />

Preise sich vielleicht noch einmal in die andere<br />

Richtung bewegen. Dann wirst du vielleicht zuwarten.“<br />

Doch Derfler ist durch und durch Optimist:<br />

„Das Geschäft kommt sicher wieder. Das<br />

ist keine Frage. Die einzige Frage, die sich stellt,<br />

ist: Wann?“ Man müsse wie ein Bauer denken.<br />

„In einer Dürreperiode muss man viel Wasser im<br />

Brunnen und etwas Speck im Keller haben.“<br />

Derfler übt heftige Kritik an der Europäischen<br />

Zentralbank. „Ich halte die Politik der EZB für<br />

nicht adäquat, um es in unserer Firmenphilosophie<br />

zu sagen, weil die Inflation angebotsund<br />

nicht nachfrageinduziert ist. Das führt<br />

tatsächlich dazu, dass viele Marktteilnehmer<br />

Probleme haben. Das tut mir auch leid. Aber<br />

wir selbst haben uns, glaube ich, sehr gut<br />

dafür präpariert.“ Doch was hätte die EZB anders<br />

machen können? „Es war allen klar“, so<br />

Derfler, „dass die Zinsen steigen werden. Von<br />

Minuszinsen in kurzer Zeit auf das aktuelle<br />

Zinsniveau anzuheben ist in der Kombination<br />

deutlich letaler. Besser wäre es gewesen, wenn<br />

es harmonischer, smoother passiert wäre.“<br />

Die Frage, ob mit weiteren Zinsanstiegen zu<br />

rechnen sei, beantwortet Derfler mit einem<br />

tiefen Seufzer. „Heilige EZB, bete für uns. Ich<br />

76 ImmoFokus


Die Ernüchterung<br />

Kommentar: Patrick Baldia<br />

Fotos:<br />

Allen Ankündigungen und Befürchtungen und vor allem dem<br />

Umfeld zum Trotz sind letztlich doch recht viele Immobilienprofis<br />

zur Expo Real <strong>2023</strong> gekommen. Sowohl die Zahl der Aussteller als<br />

auch jene der Besucher lag nur unwesentlich unter der des Vorjahres.<br />

So mancher hatte im Vorfeld gemeint, dass wohl kaum einer nach<br />

München reisen würde. Zu negativ sei die Stimmung. Man fahre zum<br />

kollektiven Weinen nach München, wurde etwa ein heimischer Entwickler<br />

im „Standard“ zitiert. Man wolle sich in netter Gesellschaft<br />

gegenseitig bemitleiden, meinte ein anderer Immobilienprofi zum<br />

Verfasser dieser Zeilen.<br />

Sie ahnen es: Die Stimmung war schon mal<br />

besser als heuer auf der „Arbeitsmesse<br />

der Immobilienbranche“. Während<br />

im Vorjahr offensichtlich viele<br />

nicht wahrhaben wollten, dass<br />

das letzte goldene Jahrzehnt,<br />

mit rasant steigenden Preisen<br />

und praktisch keinen<br />

Zinsen, bis auf Weiteres<br />

vorbei ist, war <strong>2023</strong> kollektive<br />

Ernüchterung<br />

auszumachen. „Auf das<br />

Leugnen folgt der Kater“,<br />

lautete auch treffend<br />

der Titel des Expo-Real-<br />

Nachberichts, der in der<br />

Timeline erschien.<br />

Wobei sich die angeführten Eindrücke<br />

auf die heimischen Messeteilnehmer<br />

beziehen. Wer sich unter Deutsche<br />

mischte, fühlte sich ob der unterirdischen Stimmung<br />

mitunter an Trauerfeiern erinnert. Und das hat ausnahmsweise<br />

nichts damit zu tun, dass unsere Nachbarn dazu neigen, die Dinge<br />

ernster zu sehen und vielleicht mit etwas weniger Lockerheit anzugehen.<br />

Vielmehr darf nicht vergessen werden, dass die aktuelle Krise<br />

mit all ihren Begleiterscheinungen wie Insolvenzen, Baustopps und<br />

Preisverfall in Deutschland einfach um rund ein halbes Jahr früher mit<br />

voller Wucht zugeschlagen hat.<br />

Nach der Expo Real weht ein rauer Wind<br />

Etwas mehr als einen Monat nach der Expo Real deutet einiges<br />

darauf hin, dass bald auch hierzulande ein um einiges<br />

rauerer Wind als bislang wehen wird. Mit der<br />

Signa und 6B47 sind zuletzt zwei große<br />

Projektentwickler in Schwierigkeiten<br />

geraten. Weitere dürften folgen.<br />

Mehr und mehr setzt sich auch in<br />

Österreich auf breiter Front die<br />

Erkenntnis durch, wie ernst<br />

die Lage ist und dass die laufende<br />

Krise das eine oder<br />

andere Jährchen länger<br />

dauern dürfte als erhofft.<br />

Wahrscheinlich scheint<br />

auch, dass Geld künftig<br />

wieder mehr kosten wird.<br />

Vielleicht nicht acht bis<br />

neun Prozent Zinsen, aber um<br />

die vier Prozent, wie es vor gar<br />

nicht so langer Zeit der Fall war.<br />

Die Welt sollte also nicht untergehen.<br />

Und wer das dennoch glaubt, sei<br />

beruhigt, dass in Österreich selbst der Weltuntergang<br />

mit reichlich Verspätung stattfindet.<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

77


ImFokus<br />

106<br />

SIGNA<br />

Ein Imperium wird brüchig. Aus dem Nichts<br />

baute René Benko ein Milliarden-Imperium<br />

auf. Dies droht nun einzustürzen. Hinter<br />

den Kulissen tobt ein Machtkampf. In der<br />

Zwischenzeit haben die Liquiditätsprobleme<br />

bereits zu etlichen Planungs- und Baustopps<br />

der beiden Tochterfirmen Signa Prime und<br />

Signa Development geführt.<br />

126<br />

FRÜHAUFSTEHER-EVENT<br />

Das ImmoFokus EarlyBird Breakfast ist für die<br />

heimischen Immobilienmanager längst zu<br />

einem Fixtermin im Messekalender der Expo<br />

Real in München geworden. Bei der diesjährigen<br />

<strong>Ausgabe</strong> fanden sich rund 50 Teilnehmer<br />

im König Ludwig bei den Riem Arcaden ein.<br />

80<br />

REAL CIRCLE<br />

Stadt entwickelt sich<br />

weiter: Beim 33. Real<br />

Circle auf Einladung von<br />

ERSTE BANK, ERSTE<br />

Immobilien KAG, ERSTE<br />

Group, IMMOunited,<br />

PwC Österreich und<br />

ImmoFokus drehte sich<br />

alles um das Thema Stadtund<br />

Quartiersentwicklung.<br />

Foto: Adobe Stock<br />

78 ImmoFokus


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Anfragen senden Sie uns bitte gerne an<br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

79


ImFokus<br />

Real Circle<br />

#34<br />

Stadt entwickelt<br />

sich weiter<br />

Stadt- und Quartiersentwicklung. Beim 33. Real Circle auf Einladung von ERSTE BANK,<br />

ERSTE Immobilien KAG, ERSTE Group, IMMOunited, PwC und ImmoFokus diskutierten rund<br />

30 Expertinnen und Experten ein Thema, das niemanden kalt zu lassen scheint: Stadtentwicklung.<br />

Autoren: Patrick Baldia, Gerhard Fritz, Michael Neubauer und Rudolf Oezelt<br />

S<br />

tädte nehmen gerade mal zwei<br />

Prozent der globalen Fläche ein,<br />

sind aber Lebensort von mehr als<br />

der Hälfte der Menschen. Tendenz:<br />

weiter steigend. Wie müssen sich unsere Städte<br />

wandeln, um dieser Herausforderung gerecht<br />

zu werden? Vor allem: Wie lassen sie sich effizienter,<br />

grüner und lebenswerter gestalten?<br />

Was sind Maßnahmen zur Verbesserung von<br />

Stadtklima und Aufenthaltsqualität? Welche<br />

Rolle spielen Vernetzung und intelligente<br />

Systeme? Wie sehen „Best-Practice“-Stadtentwicklungsprojekte<br />

aus? Ist die 15-Minuten-Stadt<br />

wirklich so erstrebenswert? Welche nachhaltigen<br />

Mobilitätskonzepte bringen uns weiter?<br />

Und, „last but not least“: Wie gestaltet man den<br />

Dialog mit den Bürgern – Stichwort Partizipationsprozesse?<br />

Zukunft ist digital<br />

„Wir werden immer digitaler werden und auch<br />

viel mehr künstliche Intelligenz einsetzen. Die<br />

Zukunft liegt in der Vernetzung von Gebäuden“,<br />

hält Gerald Beck, Geschäftsführer UBM Development<br />

Österreich, gleich zu Beginn der<br />

Diskussion in Gruppe A fest. Stadtentwicklung<br />

ohne Digitalisierung sei künftig gar nicht mehr<br />

vorstellbar. Auch sei die Zeit von monofunktionalen<br />

Quartieren vorbei – nicht zuletzt mit<br />

Hinblick auf den Flächenverbrauch. Zentral<br />

sei vielmehr eine intelligente Nutzungsmischung.<br />

Auch, um ökonomische Stabilität zu erzeugen.<br />

„Wir brauchen belebte Erdgeschosszonen. Das<br />

ist bei einer guten Nutzungsmischung zu erreichen.<br />

Digitalisierung hilft uns sehr dabei,<br />

aber ich würde es nicht darauf reduzieren<br />

wollen“, so der designierte Geschäftsführer der<br />

„Wenn wir über die soziale<br />

Stadt reden, dann müssen<br />

wir auch über die leistbare<br />

Stadt reden.“<br />

Herbert Bartik,<br />

UIV Urban Innovation Vienna<br />

80 ImmoFokus


Hier geht‘s<br />

zum Video<br />

www.immo-timeline.at<br />

Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und der<br />

Austrian Real Estate (ARE).<br />

Gebäude, die miteinander kommunizieren,<br />

sind im Neubau bekanntlich bereits Realität.<br />

Aber was ist mit dem Bestand? „Der Bestand<br />

wird ein immer größeres Thema werden“, hält<br />

Beck fest. „Wir wissen, dass wir in der Zukunft<br />

mit Sicherheit einen geringeren Anteil an<br />

Neubau sehen werden. Wir müssen viel mehr<br />

sanieren, sonst erreichen wir unsere Klimaziele<br />

nicht. Im Bestand ist die Digitalisierung noch<br />

eine technische Herausforderung. Hier stehen<br />

wir sicher erst am Anfang. Aber es gibt erste<br />

vielversprechende Projekte, wie zum Beispiel<br />

eine gemeinsame Energieversorgung. Um<br />

derartige Projekte umsetzen zu können, müssten<br />

zuerst Gesetze geändert werden. Für mich<br />

liegt der Schlüssel zum Klimaschutz in der<br />

Regulatorik und in der Änderung von Gesetzen.“<br />

Tiefgreifende Änderungen<br />

„Das setzt aber voraus“, bringt sich nun Peter<br />

Vcelouch, Rechtsanwalt und Partner bei Cerha<br />

Hempel Rechtsanwälte, in die Diskussion ein,<br />

„dass man überhaupt weiß, welches Ziel man<br />

auf welche Weise verfolgen möchte. Mobilitätswende,<br />

Elektromobilität, Lieferketten-<br />

Regelungen – alles nur Stückwerk. Es fehlt die<br />

große Klammer. Diese große Klammer sehe<br />

ich nicht. Wir alle wissen, dass es ohne Änderung<br />

des Mietrechtsgesetzes wohl nicht gehen<br />

wird. Wir wissen aber auch, dass das nicht<br />

geschehen wird.“ „Ich glaube auch nicht, dass<br />

es bei den Bauordnungen, beim Ensemble- und<br />

Denkmalschutz kurz- oder mittelfristig tief-<br />

„Wäre es nicht sinnvoller,<br />

die Summe der drohenden<br />

Klima-Strafzahlungen als<br />

Förderungen auszuzahlen?“<br />

Gerald Beck,<br />

UBM Development Österreich<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

81


ImFokus<br />

greifende Änderungen geben wird“, blickt<br />

Vcelouch pessimistisch in die Zukunft.<br />

Klar ist für die Diskutanten der Gruppe A, dass<br />

Quartiersentwicklungen eine große Herausforderung<br />

für alle Beteiligten sind. Beck: „Wir<br />

haben am QBC sieben Gebäude mit zum Teil<br />

gemeinsamen Tiefgaragen errichtet. Allein der<br />

Servituts-Vertrag hat, glaube ich, 350 Seiten.<br />

Diese Verträge müssten so gestaltet sein, dass<br />

ein späterer Käufer der Gebäude ihn auch<br />

versteht. Wie beim Leopoldquartier, bei unserem<br />

Holzbauquartier im zweiten Bezirk, wo<br />

wir versuchen, es etwas einfacher zu gestalten.<br />

Im Leopoldquartier setzen wir allerdings auf<br />

Geothermie. Das heißt, wir haben eine autarke<br />

Energieversorgung, bei der es natürlich noch<br />

zusätzliche Abhängigkeiten gibt, die alle in<br />

einen Kooperationsvertrag hineingegossen<br />

werden, der neben dem Servituts-Vertrag seine<br />

rechtliche Wirkung entfaltet. Das Ganze ist<br />

schon ein hochkomplexes, privatrechtliches<br />

System. Das darf man bei Stadtquartieren mit<br />

Sicherheit nicht unterschätzen. Und da sind<br />

wir noch gar nicht bei den regulatorischen<br />

Vorgaben.“<br />

„Auch einige alte<br />

gewachsene Grätzel<br />

kann man durchaus<br />

als erfolgreiche<br />

Quartiersentwicklungen<br />

bezeichnen.“<br />

Christian Oberkleiner,<br />

TPA<br />

„Bei den Bauordnungen,<br />

beim Ensemble- und<br />

Denkmalschutz sind kurzoder<br />

mittelfristig keine<br />

tiefgreifenden Änderungen<br />

zu erwarten.“<br />

Peter Vcelouch,<br />

CERHA HEMPEL Rechtsanwälte<br />

Neuland für Banken<br />

„Finanzierende Banken betreten hier Neuland“,<br />

merkt Roman Eisenmagen, Leiter Gewerblicher<br />

Wohnbau bei der ERSTE Bank, an. „Aus Finanzierungssicht<br />

sind Banken den globalen Trends<br />

zwei, drei, vier, fünf Schritte hinten nach. Das<br />

Finanzierungsgeschäft ist traditionell eigentümerorientiert<br />

aufgestellt.“ Bei Energiegemeinschaften<br />

zum Bespiel dreht sich vieles um<br />

„Ich sehe ein<br />

großes Potenzial für<br />

Energiegemeinschaften.“<br />

Anita Körbler,<br />

trovato<br />

82 ImmoFokus


Haftungsfragen. Nachsatz des Experten: „Es<br />

gibt definitiv hohen Bedarf an gesetzlicher<br />

Regulatorik.“<br />

„Bei der Quartiersentwicklung müssen viele<br />

Player mitspielen, müssen ins gemeinsame<br />

Boot geholt werden“, ergänzt Anita Körbler,<br />

geschäftsführende Gesellschafterin von trovato.<br />

„Digitalisierung hin oder her. Wir müssen bei<br />

der Quartiersentwicklung auch soziale Aspekte<br />

berücksichtigen. Die Lebensqualität für die<br />

Bewohner ist entscheidend. Kurze Wege. Wohnen<br />

und Arbeiten an einem Platz. Stichwort<br />

Teilzeitarbeit. Ist der Arbeitsplatz in der Nähe,<br />

sind Beruf und Familie besser vereinbar, können<br />

die Kinder allein in ein paar Minuten zu<br />

Fuß in den Kindergarten oder in die Schule<br />

gehen. Das sind die Themen, die für die Qualität<br />

eines Quartiers entscheidend sind“, sagt<br />

Körbler. „Digitalisierung kann auch genutzt<br />

werden, um soziale Aspekte leichter umzusetzen“,<br />

fügt sie hinzu.<br />

„Keine Frage, dass soziale Aspekte bei der<br />

Quartiersentwicklung berücksichtigt werden<br />

sollten“, meldet sich Peter Vcelouch wieder zu<br />

Wort. „Ich bin mir aber nicht sicher, ob das<br />

Konzept ‚Wohnen, Arbeiten und Freizeit am<br />

selben Ort‘ funktioniert. Das war unter anderem<br />

der USP für die Gasometer-Projekte. Kaum<br />

waren sie fertig, hat sich gezeigt, dass die Leute<br />

halt nicht dort arbeiten, wo sie wohnen, oder<br />

sie wohnen nicht dort, wo sie arbeiten. Und<br />

schon gar nicht wollen sie die Freizeit dort<br />

verbringen, wo sie wohnen und arbeiten. Das<br />

ist, glaube ich, die Schwäche jedes Quartiers.“<br />

Die richtige Balance<br />

„Das Projekt Gasometer war eine der ersten<br />

Quartiersentwicklungen in Wien“, gibt Herbert<br />

Bartik, Senior Expert der Abteilung Future<br />

Cities bei der UIV Urban Innovation Vienna,<br />

zu bedenken. „Die Städteplanung hat dazugelernt.<br />

Wie es funktioniert, zeigen die Seestadt<br />

Aspern oder das Sonnwendviertel. Die Wohnzufriedenheit<br />

ist dort sehr, sehr hoch. Ich glaube,<br />

die Stadt hat in den letzten Jahren schon große<br />

Fortschritte bei der Quartiersentwicklung<br />

gemacht.“ „Wenn wir über die soziale Stadt<br />

reden, dann müssen wir auch über die leistbare<br />

Stadt reden“, führt Bartik weiter aus. „Da geht<br />

es ganz, ganz stark um den leistbaren Wohnraum.<br />

Dafür steht Wien. Es geht um Balance zwischen<br />

privater Immobilienwirtschaft und den gemeinnützigen<br />

Wohnbauträgern und den Interessen<br />

der Stadt. Dazu gehört ein ausgebauter<br />

öffentlicher Verkehr– und ein Angebot an<br />

sozialer Infrastruktur. Vom Kindergarten bis<br />

zur Bücherei. All diese Elemente halte ich schon<br />

für ganz zentral in dem Verständnis von sozialer<br />

Stadt und dem Verständnis von Lebensqualität,<br />

die eine Stadt bieten sollte.“<br />

„Für uns war diese qualitätsvolle, gemischte<br />

Nutzung am QBC neben der Erreichbarkeit<br />

einer der maßgeblichen Gründe, hier einzuziehen“,<br />

so Christian Oberkleiner, Steuerberater<br />

und Partner bei TPA Steuerberatung. „Wir<br />

haben auch viele Kollegen, die ihren Wohnsitz<br />

in die Nähe des Arbeitsplatzes verlegt haben.“<br />

Wobei eine Quartiersentwicklung nicht immer<br />

ein Neubau sein muss: „Es gibt auch alte gewachsene<br />

Grätzel, die man durchaus als erfolgreiche<br />

Quartiersentwicklungen bezeichnen<br />

darf. Alte Grätzel bieten alles, was man von<br />

„Das Finanzierungsgeschäft<br />

ist traditionell<br />

eigentümerorientiert<br />

aufgestellt.“<br />

Roman Eisenmagen,<br />

Erste Bank<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

83


ImFokus<br />

einer modernen Quartiersentwicklung erwartet:<br />

soziale Durchmischung, kurze Wege,<br />

Freizeitangebote, Nahversorgung. Schlussendlich<br />

ist es aber auch ein Teil des Mindsets und<br />

der Lebensqualität, dass man auf Elektromobilität,<br />

auf E-Scooter oder auf die U-Bahn setzt<br />

und im Gegenzug auf das Auto verzichtet.“<br />

Fokus auf Bestand<br />

Da neue Quartiere auf der grünen Wiese kaum<br />

mehr genehmigt werden dürften, müsse man<br />

sich intensiver um den Bestand kümmern.<br />

„Sanieren ist das Gebot der Stunde“ ist sich die<br />

Diskussionsrunde einig.<br />

UIV-Experte Bartik sieht jedenfalls weiterhin<br />

große Aufgaben auf die Stadt zukommen. „Wir<br />

haben die große Aufgabe, 600.000 Haushalte,<br />

die im Moment noch mit Gas heizen, bis 2040<br />

davon wegzukriegen. Das Ziel ist und bleibt<br />

die Klimaneutralität. Stadtrat Jürgen Czernohorszky<br />

hat diese Aufgabe einmal mit der<br />

Apollo-Mondlandung verglichen.“ Wobei die<br />

Bestandsentwicklung untrennbar mit der<br />

Energietransformation verbunden sei. Ein Weg<br />

führe dabei über den Ausbau der Fernwärme.<br />

„Aber wir können nicht jedes Gebäude anschließen.“<br />

Daher kommt der klimafitten,<br />

klimagerechten Sanierung von Bestandsgebäuden<br />

große Bedeutung zu.<br />

Aktuell werde die Fernwärme in Wien mit rund<br />

50 Prozent aus Erdgas erzeugt, aber, so Bartik;<br />

die Zielsetzung Klimaneutralität 2040 bedeute,<br />

dass bis 2040 auch die Fernwärme dekarbonisiert<br />

„Bei der Quartiersentwicklung<br />

spielen sehr viele Faktoren<br />

zusammen, die man in ihrer<br />

gesamten Wirkung erfassen muss.“<br />

Doris Schnepf,<br />

Green4Cities<br />

sein müsse. Vcelouch kommt wieder auf das<br />

Thema Normen zu sprechen. „Auch hier braucht<br />

es einheitliche Regelungen und Zielsetzungen.<br />

Auf EU-Ebene gilt Gas als grüne Technologie.<br />

Daher ist die Frage, warum nur gerade wir unbedingt<br />

aus dem Gas raus müssen, durchaus<br />

berechtigt. Wäre es nicht sinnvoller, in einem<br />

ersten Schritt die Fernwärme zu dekarbonisieren?“,<br />

stellt der Rechtsanwalt in den Raum.<br />

Die Ertüchtigung des Gebäudebestandes, der<br />

nicht an die Fernwärme angeschlossen werden<br />

wird, ist eine weitere wesentliche Säule dieser<br />

Strategie – aber auch eine äußerst kostenintensive,<br />

so der Grundtenor der Experten der Gruppe<br />

A. Eisenmagen sieht hier die Politik gefordert.<br />

„Im Bestand wird es ohne Förderungen nicht<br />

gehen. Ein Weg wäre es, privates Kapital zu<br />

mobilisieren. In Österreich liegen über 300<br />

Milliarden Euro unverzinst auf Girokonten. Eine<br />

enorme Summe, die es zu aktivieren gilt.“ Auch<br />

wenn es aktuell genügend Förderungen gibt.<br />

Christian Oberkleiner verweist auf die Vielzahl<br />

an Möglichkeiten und nennt als Beispiel die<br />

Investitionsfreibeträge. Einziges Manko: „Die<br />

15 Prozent Förderung gibt es nur bis eine Million<br />

Euro Investment. Diese Deckelung gehört – nicht<br />

nur wegen der Inflation – erhöht.“<br />

Win-Win-Situation geschaffen<br />

„In Deutschland“, blickt Beck zu unserem<br />

Nachbarn, „gibt es über die bundeseigene<br />

Förderbank KfW Zuschüsse und zinsgünstige<br />

Darlehen für Sanierungsmaßnahmen. In Kombination<br />

mit einem Contracting-Modell wird<br />

„Die Digitalisierung ist<br />

auch bei der Stadt- und<br />

Quartiersentwicklung<br />

nicht aufzuhalten.“<br />

Karl Derfler,<br />

ADEQAT<br />

eine Win-Win-Situation geschaffen. In Österreich<br />

sind wir von einer derartigen Lösung<br />

meilenweit entfernt.“ Die Förderlandschaft sei<br />

viel zu stark fragmentiert.<br />

„Ich sehe ein großes Potenzial für Energiegemeinschaften.<br />

Gerade im Bereich Sanierung<br />

von Bestandsgebäuden, im Speziellen auch von<br />

Zinshäusern. In einer Energiegemeinschaft<br />

muss festgelegt werden, wie die erzeugte Energie<br />

zwischen den einzelnen Beteiligten aufgeteilt<br />

wird. Hier sind wir wieder beim Thema<br />

vernetzte Gebäude. Dank der Digitalisierung<br />

lässt sich das nun auch umsetzen“, so Körbler.<br />

„Das kann auch größer angedacht werden – im<br />

Innerstädtischen könnten ganze Blöcke zusammengeschlossen<br />

werden. Noch sind wir<br />

nicht so weit. Wir müssen uns aber große Ziele<br />

setzen“, appelliert die Digitalisierungsexpertin,<br />

ausgetrampelte Pfade zu verlassen. Ohne Eingriffe<br />

in das Eigentumsrecht sind diese großen<br />

Ziele nicht erreichbar, wenngleich diese Eingriffe<br />

sehr behutsam gesetzt werden sollten.<br />

Auf Österreich kommen Kompensationszahlungen<br />

in Milliardenhöhe zu, wenn die Klimaziele<br />

verfehlt werden. „Wäre es nicht sinnvoller,<br />

die Summe der drohenden Strafzahlungen<br />

als Förderungen auszuzahlen?“, fragt Beck in<br />

die Runde. „Damit könnte man milliardenschwere<br />

Investitionen auslösen.“ In einem ist sich die<br />

Runde einig: Die Klimawende wird Geld kosten.<br />

Dafür braucht es auch den gesellschaftspolitischen<br />

Konsens.<br />

Liegenschaftsübergreifende Planung<br />

„Bei der Quartiersentwicklung spielen sehr<br />

viele Faktoren zusammen, die man in ihrer<br />

gesamten Wirkung erfassen muss“, eröffnet<br />

Doris Schnepf, Mitbegründerin und Geschäftsführerin<br />

von Green4Cities, dem Kompetenzzentrum<br />

für urbane grüne Infrastruktur, die<br />

Diskussionsrunde der Gruppe B. Als Beispiel<br />

führt sie die Begrünung eines Quartiersprojekts<br />

an. „Man kann nicht einfach nur einen Platz<br />

oder die Fassade eines Gebäudes begrünen. Da<br />

braucht es eine liegenschaftsübergreifende<br />

Planung, unter anderem ein Mobilitätskonzept<br />

und ein nachhaltiges Energiekonzept. Ganz zu<br />

schweigen von den ‚großen Herausforderungen‘<br />

Finanzierung und Haftung.“<br />

Für Thomas Warmuth, RE Legal and Business<br />

Development bei der ERSTE Bank, macht den<br />

Erfolg eines Quartiers der richtige Nutzermix<br />

84 ImmoFokus


aus. „Sehr gut macht das die Wien 3420 aspern<br />

Development AG, sie lernt offensichtlich mit<br />

jeder Erweiterung der Seestadt Aspern dazu.“<br />

Die Herausforderung der Zukunft bei der Quartiersentwicklung<br />

steht für ihn fest: „Die Vermeidung<br />

von weiterer Bodenversiegelung.“<br />

Nachsatz: „Ich bin überzeugt, dass Nachverdichtung<br />

das Gebot der Stunde sein wird.“<br />

Auch Stefan Pasquali, Geschäftsführer Neubau<br />

bei der 3SI Immogroup, bekennt sich dazu, ein<br />

großer Fan der innerstädtischen Nachverdichtung<br />

zu sein. „Sie ist eine große Chance für die<br />

Zukunft.“ Über allem stehe bei der Quartiersentwicklung<br />

eine umfassende Planung und Erschließung.<br />

„Wenn das nicht von Anfang an<br />

passt, wird sich das auf das betreffende Quartier<br />

„Die<br />

Nachverdichtung ist<br />

eine große Chance<br />

für die Zukunft.“<br />

Stefan Pasquali,<br />

3SI Immogroup<br />

„Ich bin überzeugt, dass<br />

Nachverdichtung<br />

das Gebot der Stunde<br />

sein wird.“<br />

Thomas Warmuth,<br />

ERSTE Bank<br />

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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

85


ImFokus<br />

auswirken.“ Wichtig sei es, ein offenes Ohr für<br />

die Wünsche und Bedürfnisse der künftigen<br />

Nutzer zu haben. „Man sollte ohne vorgefasste<br />

Meinung in die Diskussion mit ihnen gehen“,<br />

bringt es der Experte auf den Punkt.<br />

Kurze Wege und Serviceangebote<br />

„Mein Idealbild ist eine Stadt, die sich an den<br />

Bedürfnissen ihrer Bewohner orientiert“, sagt<br />

auch Aleksandra Dorninger-Potkonjak, Senior<br />

Project Manager bei CBRE Austria. „Mit kurzen<br />

Wegen und Serviceangeboten wie Bildung<br />

oder ‚Public Health‘ für alle Altersgruppen zu<br />

allen Tageszeiten.“ Dementsprechend müsse<br />

bei der Entwicklung von Stadtquartieren der<br />

„Mixed-Use“-Gedanke im Vordergrund stehen.<br />

Durch die Verbindung von Digitalisierung<br />

und Nutzer-Bewusstsein würden sich wiederum<br />

auch neue Geschäftsfelder ergeben.<br />

„Die Digitalisierung ist nicht nur bei der Stadtund<br />

Quartiersentwicklung nicht aufzuhalten“,<br />

„Mein Idealbild ist<br />

eine Stadt, die sich an<br />

den Bedürfnissen ihrer<br />

Bewohner orientiert.“<br />

Aleksandra Dorninger-Potkonjak,<br />

CBRE Austria<br />

meint auch Karl Derfler, Geschäftsführender<br />

Gesellschafter ADEQAT. Für den Immobilienund<br />

Investmentmakler unterscheidet ein gutes<br />

von einem schlechtem Quartiersprojekt, ob es<br />

gelingt, die soziale Frage zu lösen und den<br />

Menschen ein Heimatgefühl zu vermitteln.<br />

Dass seitens des Gesetzgebers Maßnahmen in<br />

Richtung Nachhaltigkeit verordnet werden,<br />

hält er für richtig. Da dies jedoch mit Kosten<br />

verbunden sei und sich Europa aktuell in einer<br />

Rezession befinde, habe er die Sorge, dass die<br />

wirtschaftliche Kraft für die Umsetzung fehle.<br />

Frühzeitig, gemeinsam planen<br />

Worauf kommt es bei der Quartiersentwicklung<br />

an? Man müsse frühzeitig und gemeinsam<br />

planen, sind sich die Experten der Gruppe C<br />

gleich zu Beginn der Diskussion einig. „Schließlich<br />

gibt es viel, was berücksichtigt werden<br />

muss“, sagt Robert Grüneis, Vorstand der Wien<br />

3420 aspern Development AG. Angefangen<br />

mit der Nutzungsart beziehungsweise dem<br />

86 ImmoFokus


-mix bis hin zu Energieinfrastruktur. „Die Kunst<br />

ist, mit Weitblick alle Beteiligten an einen Tisch<br />

zu bekommen, idealerweise drei bis fünf Jahre<br />

vor dem Baustart.“ Er persönlich, habe die<br />

Erfahrung gemacht, dass die Bereitschaft für<br />

den frühzeitigen Dialog durchaus gegeben ist.<br />

„Die besten Quartiersentwicklungen sind jene,<br />

welche die dörfliche Struktur einer Stadt bestmöglich<br />

nachahmen“, so Wolgang Fessl, Geschäftsführer<br />

Reinberg & Partner, auf die Frage<br />

von Moderator und ÖGNI-Geschäftsführer<br />

Peter Engert, was gute Quartiersentwicklung<br />

ausmacht. Letztlich gehe es darum, das organische<br />

Wachstum von Stadtteilen synthetisch<br />

nachzubilden. Nachsatz: „Eine Quartiersentwicklung<br />

gewinnt mit der Langsamkeit, dann<br />

kann man Fehler schon während des Planungsprozesses<br />

korrigieren.“<br />

Für Sabine Müller, value one holding AG, ist<br />

die Zukunft der Stadt „GRÜN, WEISS und BLAU.“<br />

„Idealerweise beginnt<br />

die gemeinsame<br />

Quartiersplanung drei bis<br />

fünf Jahre vor dem Baustart.“<br />

Robert Grüneis,<br />

Wien 3420 aspern Development<br />

Grün: großkronige Bäume spenden Schatten,<br />

liefert Verdunstungskühlung und filtern Schadstoffe<br />

aus der Luft. Blau: Bei Blue Buildings<br />

stehen die Nutzer eines Gebäudes im Zentrum,<br />

diese sollten sich im Gebäude wohlfühlen<br />

können. Hier ist die soziale, ökologische und<br />

auch ökonomische Nachhaltigkeit im gesamten<br />

Lebenszyklus von Bedeutung. Weiss: Mit<br />

hellen Farben für Gebäude, die weniger Wärme<br />

aufnehmen, rundet man die Nachhaltigkeit<br />

der Immobilie mittles Albedo Effekt ab (zusammen<br />

mit Dachbegrünung könnte die Methode<br />

laut Studie der ZAMG die Zahl der Hitzetage<br />

um 29 Prozent verringern.)<br />

Erfolgsfaktoren Grünraum<br />

und Architektur<br />

Nur ein Beispiel für eine gelungene Quartiersentwicklung<br />

in Wien ist sicher das Viertel Zwei, ist<br />

sich die Diskussionsrunde einig. Sabine Müller,<br />

Chief Innovation & Marketing Officer value one<br />

holding AG, führt das vor allem auf zwei Fakto-<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

87


ImFokus<br />

ren zurück: Einerseits wurde viel Wert auf<br />

Grünraum und die Erdgeschosszone gelegt und<br />

das Quartier als autofrei deklariert. Andererseits<br />

hat man auf gute Architektur gesetzt. „Spaziert<br />

man heute durch das Viertel Zwei so ist es noch<br />

immer qualitätsvoll anzuschauen“, meint Müller<br />

nur um hinzuzufügen: „Deshalb zahlen sich<br />

Architekturwettbewerbe aus.“<br />

Sind die Banken derzeit überhaupt bereit,<br />

Quartiersentwicklungen zu finanzieren, so eine<br />

weitere Frage Engerts. Karin Schmidt-Mitscher,<br />

Bereichsleitung Wohnbau bei der ERSTE Bank,<br />

bejaht, räumt aber gleichzeitig ein, dass es sicher<br />

schon einfacher war, zu einer Finanzierung zu<br />

kommen. „Regularien und Vorschriften lassen<br />

hier fast keinen Spielraum“, sagt sie und verweist<br />

auf Ausnahmen wie die Grundstücksbevorratung<br />

von gemeinnützigen Bauträgern, was ja<br />

ein gesetzlicher Auftrag sei. Durch künftige<br />

Regularien wie Basel IV werde das auch nicht<br />

besser. werden, da Grundstücksfinanzierungen<br />

mit noch mehr Kapital unterlegt werden müssten.<br />

„Das heißt, es wird nochmals erschwert,<br />

da die Aufsicht mehr Risikogehalt sieht“, so<br />

die Wohnbauexpertin der ERSTE Bank.<br />

Top-Priorität Nachhaltigkeit<br />

Markus Ray, Head of Competence Unit Digital<br />

Resilient Cities beim Austrian Institute of<br />

Technology (AIT), betont, wie wichtig es ist,<br />

möglichst früh in der Planung von Quartieren<br />

mit Instrumenten zu arbeiten, um evidenzbasiert<br />

und rasch auszuloten, was für einen Impact<br />

eine Maßnahme hat beziehungsweise haben<br />

„Die Zukunft der Städte<br />

ist GRÜN, WEISS und<br />

BLAU.“<br />

Sabine Müller,<br />

value one holding<br />

könnte. Da könne es unter anderem um Erreichbarkeiten<br />

beziehungsweise um Mobilität,<br />

Auswirkungen auf das Mikroklima, Energiebedarf<br />

und so weiter gehen. „Das ist auch für<br />

den notwendigen Dialog unter allen Stakeholdern<br />

wichtig“, so der Experte für Stadt- und<br />

Quartiersentwicklung in seinem Eingangsstatement<br />

in der Gruppe D.<br />

„Auch bei der technischen Masterplanung hat<br />

Nachhaltigkeit einen immer höheren Stellenwert“,<br />

weist Josefine Mochar, REC Teamleitung<br />

& Senior Consultant bei Drees & Sommer<br />

Österreich, auf das Thema hin, das aktuell bei<br />

der Quartiersentwicklung über allem steht.<br />

Dementsprechend geht sie davon aus, dass<br />

künftig auch bei neuen Stadtquartieren die<br />

Kreislaufwirtschaft eine wesentliche Rolle<br />

„Eine<br />

Quartiersentwicklung<br />

gewinnt mit der<br />

Langsamkeit.“<br />

Wolfgang Fessl,<br />

Reinberg & Partner<br />

spielen wird – frei nach der Devise „Cradle to<br />

Cradle“ auf allen Ebenen.<br />

Aber egal, wie man ein Quartier nun definiere,<br />

sowohl bei einem Wohn- als auch bei einem<br />

Gewerbequartier gehe es darum, dass sich die<br />

Nutzer wohlfühlen, da sie dort ja enorm viel Zeit<br />

verbringen würden. „In beiden Fällen geht es<br />

um ähnliche Entscheidungswege, nur in einem<br />

anderen Kontext gesehen“, hält Mochar fest.<br />

Idealbild: 15-Minuten-Stadt<br />

„Da Quartiere in einer Stadt nicht alleine lebensfähig<br />

sind, darf man keinesfalls Themen wie<br />

Mobilität und Erreichbarkeit aus den Augen<br />

verlieren“, so David Beran, Markenbotschafter bei<br />

IMMOunited, zu einem wesentlichen Punkt bei<br />

der Quartiers- und auch Stadtentwicklung. „In<br />

einem Quartier muss es möglich sein, gewisse<br />

Bedürfnisse zu erfüllen“, greift Ray den Gedanken<br />

auf und bringt das Konzept der 15-Minuten-Stadt<br />

ins Spiel. Dabei gehe es aber nicht ausschließlich<br />

um Mobilität. „Aber, ohne ins Auto steigen zu<br />

müssen dem Großteil seiner Bedürfnisse nachkommen<br />

zu können, hat schon eine ziemliche<br />

Qualität.“<br />

„Wegen dem Zinsanstieg<br />

sollte mehr Fokus auf die<br />

Einhaltung der steuerlichen<br />

Zinsabzugsregelungen<br />

gelegt werden.“<br />

Harald Galla,<br />

Leitner Leitner<br />

„Regularien und Vorschriften<br />

schränken den Spielraum<br />

der Banken bei der<br />

Quartiersfinanzierung ein.“<br />

Karin Schmidt-Mitscher,<br />

ERSTE Bank<br />

Stichwort Mobilität. Am Wiener Flughafen werden<br />

regelmäßig Untersuchungen über das Mobilitätsverhalten<br />

der rund 23.000 Menschen, die<br />

dort arbeiten, gemacht, wie Wolfgang Scheibenpflug,<br />

Geschäftsbereichsleiter Immobilien- und<br />

Standortmanagement bei der Flughafen Wien<br />

AG, erklärt. Das Ergebnis: Mittlerweile würde<br />

der Großteil der Leute mit den öffentlichen Verkehrsmitteln<br />

anreisen. Für andere, etwa Schichtarbeiter,<br />

die um drei Uhr Früh vom Nordburgenland<br />

nach Schwechat fahren müssen, sei das<br />

natürlich nicht möglich. Aber selbst unter ihnen<br />

88 ImmoFokus


hätten sich selbstständig Fahrgemeinschaften<br />

entwickelt. Andere wären wiederum branchenbedingt<br />

auf das Auto angewiesen.<br />

Erfolgsbeispiel AirportCity<br />

Die Wiener AirportCity zählt sicher zu den<br />

Musterbeispielen für gelungene Quartiersentwicklungen.<br />

Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des<br />

Standorts wären Einrichtungen, wie unter anderem<br />

Kindergärten, Ärztezentrum oder Konferenz-<br />

und Eventflächen, die dem gesamten<br />

Quartier dienen würden, so Scheibenpflug, der<br />

die AirportCity verantwortet. „Diese Angebote<br />

strahlen weit über das einzelne Projekt hinaus“,<br />

sagt er. Mit der Schaffung dieser Benefits und<br />

Einrichtungen gibt man sich am Flughafen jedoch<br />

nicht zufrieden. Vielmehr arbeite man daran,<br />

die 23.000 Leute in einer Community zusammenzufassen.<br />

Dafür habe man einen Community-<br />

Manager eingestellt, der unter anderem über<br />

regelmäßige Events und Veranstaltungen, aber<br />

auch den „AirportCity-Community-Verein“ oder<br />

die eigene App mit rund 2.500 (!) Followern<br />

unter den Mietern ein Gemeinschaftsgefühl<br />

schafft. Die Folge: Wie Untersuchungen bestätigen,<br />

sind Leerstand und Fluktuation in der<br />

AirportCity extrem niedrig.<br />

„Jedes Gebäude eines<br />

Grätzels sollte auch<br />

Aufgaben für seine<br />

Umgebung wahrnehmen.“<br />

Peter Engert,<br />

Ögni<br />

Nicht zur Diskussion steht unter den Diskussionsteilnehmern<br />

der Gruppe D, dass die Digitalisierung,<br />

sprich Ausprägungen wie Planungstools,<br />

Smart-Metering oder Apps, heute der springende<br />

Punkt bei Quartiersentwicklungen sind. „Auf<br />

Grundlage von Daten lassen sich besser Komplexitäten<br />

aufzeigen und lösen, Diskussionsprozesse<br />

starten und letztlich gute, nachvollziehbare<br />

Entscheidungen treffen“, so Ray. Das sei auch<br />

mit Hinblick auf Themen wie Nachhaltigkeit,<br />

Kreislaufwirtschaft und Ressourcenentwicklung<br />

wichtig. „Daten bieten eine Grundlage, die weniger<br />

angreifbar ist als ein Gefühl oder eine<br />

Vermutung“, fügt Drees & Sommer-Expertin<br />

Mochar hinzu und fasst dabei den Grundtenor<br />

der Diskussionsrunde gut zusammen.<br />

Hindernis DSGVO<br />

„Das Auswerten von Daten beziehungsweise<br />

daraus Schlüsse zu ziehen, ist ein ähnlich schwieriges<br />

Thema, wie die Gewinnung relevanter<br />

relevanter Daten an sich“, sagt Beran mit Hinblick<br />

auf den auch für erfolgreiche Quartiersentwicklungen<br />

notwendigen Datenaustausch. Dass in<br />

Von Umsatzsteuer bis Immobilienertragsteuer.<br />

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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

89<br />

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ImFokus<br />

diesem Zusammenhang die Datenschutz-<br />

Grundverordnung (DSGVO) ein Hindernis sein<br />

kann, will er gar nicht in Abrede stellen. Dennoch<br />

glaube er, dass bei der nachkommenden jüngeren<br />

Generation die Hemmschwelle geringer sei,<br />

persönliche Daten preiszugeben, wenn sie sich<br />

dadurch Vorteile im täglichen Leben erhoffe.<br />

Natürlich spiele es am Ende des Tages eine große<br />

Rolle, wer Zugang zu den betreffenden Daten<br />

haben möchte.<br />

„Ich glaube, dass wir zwar viele Daten haben –<br />

geht es aber um die Quartiersentwicklung und<br />

darum, eine Region nachhaltig lebenswert zu<br />

gestalten, fehlt oftmals der Zugang zu essenziellen<br />

Datenquellen“, sagt Ray, um im selben<br />

Atemzug darauf hinzuweisen, dass der traditionelle<br />

Planungsprozess an sich noch wenig<br />

digitalisiert ist. Ausbaufähig sei auch die frühzeitige<br />

Einbindung aller Stakeholder in die<br />

Planung. „Worum es wirklich geht, ist die<br />

notwendigen Daten zu haben, um von Anfang<br />

an in den Diskurs zu gehen, um gemeinsam<br />

Lösungen für verschiedene Fragestellungen zu<br />

finden“, so Ray.<br />

Energiebereich umfasst, sondern auch soziale<br />

Nachhaltigkeit, Verwendung von Baustoffen<br />

oder Freiraumbegrünung. Aus seiner Erfahrung<br />

kennt er die Herausforderung, dass Quartiersentwicklung<br />

in den letzten Jahren immer komplexer<br />

und teurer geworden ist.<br />

ÖRAG-Vorstand Johannes Endl betont wiederum,<br />

dass der psychologische Aspekt der Quartiere<br />

nicht vernachlässigt werden darf. „Der Mensch<br />

ist ein soziales Wesen, das auf die Anziehungskraft<br />

eines Quartiers reagiert. Das Wohlfühlen<br />

ist aber schwer planbar, das sieht man meist erst<br />

im Nachhinein.“ Als schlechtes Beispiel nennt<br />

er die Donau City, wo man auf die Fußgänger<br />

vergessen habe und das Quartier nur auf die<br />

Autofahrer ausgerichtet ist. Ganz anders habe<br />

er das Viertel Zwei erlebt. „Sowohl ich als auch<br />

alle Mitbewerber haben sich von den damaligen<br />

sozialen Verhältnissen und den sechsstöckigen<br />

Gemeindebauten abschrecken lassen. Das war<br />

übrigens auch beim Hauptbahnhof so, hier<br />

haben alle viel zu konservativ gedacht.“ Für ihn<br />

ist ein gesamtheitlicher Ansatz wichtig. „In<br />

beiden Quartieren sind die Erdgeschosszonen<br />

wesentlich besser als in der Donau City. Das<br />

erzeugt eine urbane Qualität, die auf den ersten<br />

Blick nichts für den Ertrag einspielt.“ Urbanität<br />

sei immer subjektiv und verändere sich über<br />

die Jahre. „Es ist die Aufgabe des Entwicklers,<br />

mehr zu tun als die Auflagen verlangen.“ Darum<br />

sei das Viertel Zwei auch ein Herzeige-Projekt,<br />

„Wir alle sind Stadt“<br />

„Grundlage jeder Quartiersentwicklung ist, die<br />

Stadt und die Bedürfnisse der zukünftigen Bewohner<br />

zu kennen. Wichtig sind der richtige<br />

Mix und die gute Durchmischung der Nutzungsarten<br />

wie Wohnen, Arbeiten, Gewerbe“, eröffnet<br />

Andreas Holler, Geschäftsführer der BUWOG,<br />

die Diskussion in der Gruppe B. Frei nach der<br />

Devise: „Wir alle sind Stadt!“ Über allem steht<br />

das Thema Nachhaltigkeit, das nicht nur den<br />

„Ein Erfolgsfaktor bei<br />

Quartiersentwicklungen<br />

sind Einrichtungen,<br />

die dem gesamten<br />

Quartier dienen.“<br />

Wolfgang Scheibenpflug,<br />

Flughafen Wien AG<br />

„Daten bieten eine<br />

Grundlage, die weniger<br />

angreifbar ist als<br />

ein Gefühl oder eine<br />

Vermutung.“<br />

Josefine Mochar,<br />

Drees & Sommer Österreich<br />

90 ImmoFokus


für das allerdings auch Geld in die Hand genommen<br />

werden musste. Die Entwickler hätten<br />

mittlerweile ein Bewusstsein dafür entwickelt,<br />

nachhaltige und langfristig verwertbare Infrastruktur<br />

zu schaffen: „Es ist das Bewusstsein der<br />

Verantwortlichen gestiegen.“<br />

Seestadt: besondere Urbanität<br />

Igor Beuk, Key Account Manager IMMOunited,<br />

findet, dass für eine gute Quartiersentwicklung<br />

auch die politischen Rahmenbedingungen<br />

maßgeblich sind. „Im zweiten Bezirk gab es vor<br />

15 Jahren noch triste soziale Zustände, doch<br />

durch die neue WU sind die Preise um fast 50<br />

Prozent gestiegen“, sagt er. Peter Karl, CEO der<br />

ERSTE Immobilien KAG, wendet als einer der<br />

ersten Investoren der Seestadt ein, dass dort<br />

eine besondere Art der Urbanität geschaffen<br />

wurde, die man nicht mit einem klassischen<br />

gewachsenen Stadtviertel vergleichen darf.<br />

Die Seestadt ist für Karl kein Beispiel für Nachhaltigkeit<br />

in dem Sinne, dass Bestehendes genutzt<br />

wurde, , denn sie ist auf die grüne Wiese gestellt<br />

worden und die U-Bahn musste erst hingeführt<br />

werden. „Nachhaltig sind aber viele Konzepte,<br />

die dort umgesetzt werden, wie beispielsweise<br />

im Zusammenhang mit Mobilität oder auch<br />

eines lokalen Angebots an Dienstleistungen.<br />

Die Entwicklung eines Brown-Fields wie am<br />

Nordbahnhof oder Nordwestbahnhof ist da<br />

wegen der zentralen Lagen und der sinnvollen<br />

Nachnutzung bestehender verbauter Flächen<br />

aus Nachhaltigkeitssicht wahrscheinlich noch<br />

interessanter.“ Matthias Ratheiser, Geschäftsführer<br />

Weatherpark, hat bei drei städtebaulichen<br />

Wettbewerben in Wien, Wiener Neustadt und<br />

Innsbruck gemerkt, worauf es Entscheidern<br />

wirklich ankommt. „In den Jurys wird die Vorprüfung<br />

oft weggewischt und nur über den<br />

Städtebau gesprochen, den Eigentümervertretern<br />

ist wiederum nur die Verwertbarkeit wichtig.<br />

Für die Bewohner wichtige Themen wie Qualität<br />

der Freiflächen oder Lärmschutzmaßnahmen<br />

fallen da oft unter den Tisch.“ Aber auch in den<br />

Bestandsvierteln werde die Freiraumqualität<br />

immer wichtiger. „Immer mehr Menschen<br />

„Daten auszuwerten<br />

ist ein ähnlich<br />

schwieriges Thema,<br />

wie überhaupt<br />

relevante Daten zu<br />

bekommen.“<br />

David Beran,<br />

IMMOunited<br />

wollen mittlerweile mehr als die klassische Straße<br />

mit Gehsteig, Parkstreifen, Fahrbahn, Parkstreifen<br />

und wieder Gehsteig“, so der Weatherpark-<br />

Experte. Aus seiner Arbeit weiß er, dass es in<br />

der Gründerzeit in Wien statistisch gesehen nur<br />

alle zehn Jahre eine Hitzewelle gab, jetzt gibt es<br />

jedes Jahr langdauernde Hitzewellen. „Daher<br />

gehen die Leute auch öfter ins Freie und wollen<br />

den Straßenraum erleben, vor 100 Jahren war<br />

niemand draußen, denn da war es kalt.“ Wesentlich<br />

sei dabei ein selektiv gestalteter Freiraum,<br />

der zu allen Jahreszeiten seine Qualitäten habe.<br />

„Im Sommer gibt es Schatten, in den Übergangsjahreszeiten<br />

kann man die Sonne genießen, es<br />

gibt Bereiche, in denen man je nach Wetterlage<br />

vor Regen geschützt ist.“ Für ihn ist vor allem<br />

die Attraktivität am Boden wichtig, „die Fassadenbegrünung<br />

ist oft nur nettes Beiwerk“.<br />

„Wichtig ist es, bei der<br />

Quartiersentwicklung<br />

möglichst früh auszuloten,<br />

was für einen Impact eine<br />

Maßnahme haben könnte.“<br />

Markus Ray,<br />

Austrian Institute of Technology<br />

Wien: 15-Minuten-Stadt umgesetzt<br />

Für Peter Karl ist die Idee der 15-Minuten-Stadt<br />

schon längere Zeit präsent, vor allem aus Gründen<br />

der Nachhaltigkeit. „In Wien ist die 15-Minuten-Stadt<br />

meistens umgesetzt, hier sind die<br />

meisten notwendigen Infrastruktureinrichtungen<br />

in kurzer Distanz erreichbar.“ Bei Neuentwicklungen<br />

ist das für ihn ein absolut zukunftsweisendes<br />

Konzept, um die Mobilität besser in<br />

den Griff zu bekommen. Heute ist auch das<br />

Bwusstsein über die Ressourcenknappheit dazugekommen.<br />

„Die Zukunft wird in den Städten<br />

stattfinden, denn es ist nicht besonders nachhaltig,<br />

wenn man viel Zeit und Energie für die<br />

Mobilität aufwenden muss.“ Er bemerkt bei<br />

vielen Menschen nach der Familiengründung<br />

aber immer noch den Reflex „Hinaus aus der<br />

Stadt“. Für ihn müsste die Stadt stärker mit<br />

ihren Qualitäten überzeugen. „Es gilt, die Vorzüge<br />

des Landes auch in der Stadt zu schaffen. Wenn<br />

es grün und nett ist, wollen die Leute eher bleiben,<br />

und wenn noch Gastronomie da ist, bleiben<br />

die Leute auch noch sitzen.“ Für Andreas Holler<br />

ist hier auch die Politik gefordert, ohne die eine<br />

Quartiersentwicklung nicht möglich ist: „Es<br />

braucht regulatorische Maßnahmen, denn eine<br />

ideale Quartiersentwicklung ist heute sowohl<br />

wirtschaftlich als auch technologisch noch<br />

Utopie.“ Dem pflichtet Peter Karl bei, ergänzt<br />

aber, dass eine Quartierentwicklung in Zukunft<br />

nicht nur heißen kann, etwas Neues hinzustellen,<br />

sondern auch den Bestand verbessern sollte.<br />

„Wenn man es zu Ende denkt, dürften die Westeuropäer<br />

eigentlich überhaupt keine Ressourcen<br />

mehr verbrauchen und müssten das weiternut-<br />

Von Grunderwerbsteuer bis Immobilienfonds.<br />

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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

91<br />

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ImFokus<br />

„Gut gemeinte,<br />

aber übertriebene<br />

Vorschriften<br />

müssen hinterfragt<br />

werden.“<br />

Johannes Endl,<br />

ÖRAG<br />

„Für eine gute<br />

Quartiersentwicklung<br />

sind die politischen<br />

Rahmenbedingungen<br />

maßgeblich.“<br />

Igor Beuk,<br />

IMMOunited<br />

„Grundlage der<br />

Quartiersentwicklung<br />

ist, die Stadt und<br />

die Bedürfnisse der<br />

Bewohner zu kennen.“<br />

Andreas Holler,<br />

BUWOG<br />

zen, was da ist.“ Für ihn ist aber auch die Leistbarkeit<br />

ein entscheidendes Thema. „Die Kosten<br />

steigen an allen Ecken und Enden und wir<br />

wollen Nachhaltigkeit und Qualität schaffen,<br />

gleichzeitig soll es leistbar bleiben.“<br />

Viel Potenzial im Altbestand<br />

BUWOG-CEO Holler sieht in den alten Beständen<br />

ein riesiges Potenzial: „Der größte Hebel für die<br />

Nachhaltigkeit ist, die Bestände einer Stadt<br />

energetisch fit zu machen. Das wird großer<br />

Anstrengungen und innovativer Lösungen<br />

bedürfen, vor allem, um aus den fossilen Brennstoffen<br />

herauszukommen.“ Auch hier brauche<br />

„Es gilt in der<br />

Stadtentwicklung,<br />

die Vorzüge des<br />

Landes auch in der<br />

Stadt zu schaffen.“<br />

Peter Karl,<br />

ERSTE Immobilien KAG<br />

es die Unterstützung der Politik, „denn mit<br />

gedeckelten Richtwertmieten wird das nicht zu<br />

finanzieren sein“.<br />

Johannes Endl verweist auf die demografische<br />

Entwicklung: „Die Gesellschaft wird immer<br />

älter. Die Älteren haben jetzt schon durchschnittlich<br />

mehr Wohnfläche als die Jungen<br />

zur Verfügung.“ Für ihn müssen aber auch die<br />

zwar gutgemeinten, aber übertriebenen und<br />

übers Ziel hinausschießenden Vorschriften<br />

dringend hinterfragt werden: „Muss jede Wohnung<br />

100 Prozent behindertengerecht sein<br />

oder genügt ein gewisser Prozentsatz?“ Man<br />

„Aufgrund des<br />

Temperaturanstiegs<br />

wollen die Menschen<br />

heute öfter im<br />

Freien sein.“<br />

Matthias Ratheiser,<br />

Weatherpark<br />

müsste die Menschen auch dazu motivieren,<br />

mobiler zu sein: „Wenn die Kinder ausgezogen<br />

sind, muss man doch nicht in einem viel zu<br />

großen Einfamilienhaus bleiben.“ Das sieht er<br />

aber auch im Bürosektor: „Coole Standorte wie<br />

der Hauptbahnhof haben Wartelisten. Für<br />

gleichgute Objekte, die aber nicht in den Brennpunkten<br />

liegen, findet man schwer Mieter. Da<br />

spielt viel Prestige mit.“<br />

Igor Beuk ist von der dynamischen Zeit, in der<br />

wir leben, fasziniert: „Vor dreißig Jahren war<br />

alles noch entspannter. Bei uns wird von der<br />

15-Minuten-Stadt gesprochen, gleichzeitig wird<br />

in Saudi-Arabien ‚The Line‘ gebaut. Interessant<br />

wird sein, wo es in den nächsten zehn bis 20<br />

Jahren hingehen wird, weil es so viele verschiedene<br />

Themen gibt.“ Hier liegt für ihn der<br />

wirkliche Gestaltungsspielraum für die junge<br />

Generation der Entwickler. „Schon Henry Ford<br />

sagte, als man ihn fragte, was die Menschen<br />

wollen: Schnellere Pferde!“<br />

Rettung durch Bestandssanierung<br />

Auch für Peter Karl ist jedenfalls die nachhaltige<br />

Energienutzung ein großes Zukunftsthema. „Es<br />

gibt jetzt schon Technologien, bei denen Neubauten<br />

so viel Energie produzieren, dass sie den<br />

Bestand in der Nachbarschaft mitversorgen.“<br />

Das Klima kann für ihn nur durch die Sanierung<br />

des Bestands gerettet werden, nicht durch den<br />

Neubau. Holler ergänzt, dass sich die Entwickler<br />

auch mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen<br />

müssten. „Das beginnt schon bei<br />

92 ImmoFokus


der Errichtung, geht aber im Betrieb weiter, zum<br />

Beispiel bei der Wartungssteuerung. Nachhaltigkeit<br />

ohne Digitalisierung wird es nicht geben.“<br />

Für ihn wird in Zukunft das Thema „Wie wir<br />

bauen“ aber immer stärker in den Vordergrund<br />

rücken. „Das wird modulares Bauen genauso<br />

wie Vorfertigung sein. Damit können sowohl<br />

Nachhaltigkeit wie auch Leistbarkeit erreicht<br />

werden.“ Er sieht aber auch das Bewusstsein bei<br />

den Nutzern und den Errichtern steigen: „Früher<br />

ist alles über den Preis gegangen, heute schaut<br />

man auch auf den energetischen Verbrauch<br />

oder die Nachhaltigkeit.“ ÖRAG-Vorstand Endl<br />

kann dem nur zustimmen: „Wir müssen weg<br />

davon, dass jedes Haus ein Einzelstück und<br />

Prototyp ist. Nur so werden die Kosten in den<br />

Griff zu bekommen sein.“ Für Karl ist es vor<br />

allem eine Herausforderung, genau die Qualitäten<br />

herzustellen, die notwendig sind, damit<br />

sich die Menschen in den Städten und Quartieren<br />

wohlfühlen. Wobei es aber Lösungen sein<br />

müssen, die am Ende finanzierbar sind. „Nur<br />

Projekte für eine ausreichend zahlungskräftige<br />

Klientel zu bauen, wird die Stadt und die Umwelt<br />

nicht retten, es müssen Projekte sein, die in der<br />

Breite funktionieren.“<br />

Vom Bauherren- bis zum Vorsorgemodell.<br />

Einfach Steuerberatung vom Feinsten.<br />

14 x in Österreich<br />

30 x in CEE & SEE<br />

<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />

93<br />

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Zum Autor<br />

Dipl.-Kfm. Frank Brün FRICS ist Managing Partner bei Phorus<br />

Management und Gründungsvorsitzender der AREAMA -<br />

Austrian Real Estate Asset Management Association.<br />

Die Zeiten ändern sich auch ohne Dich<br />

Kommentar: Frank Brün<br />

Autos und ihre Fahrer sind für Klischees immer gut. Wer kannte<br />

früher nicht die Mercedes-Fahrer, oft mit Hut und Mantel, dauerhaft<br />

auf der linken Spur fahrend – die aus Deutschland sogar mit gehäkeltem<br />

Klorollenüberzug in der Heckablage (ist aber wirklich schon<br />

länger her). Oder die 3er-BMW-Fahrer, häufig vom Land gemäß der<br />

Erkenntnis: breite Reifen – schmal denken. Ihr natürliches Habitat ist<br />

die Landstraße, immer wieder an der hinteren Stoßstange des Vordermanns<br />

klebend. Diese wurden mittlerweile von Tesla-Fahrern abgelöst:<br />

super ökologisch und zackig unterwegs, das wanky Handy in der Hand,<br />

Augen nicht wo sie hingehören und im Stadtverkehr immer für ein<br />

Rennen zwischen den Ampeln zu haben. Ganz zu schweigen von den<br />

in Wien immer häufiger aufscheinenden SUVs aus ehemaligen Sowjet-<br />

Republiken, meist fabrikneu, vulgär adipös mit Monsterkühlern und<br />

Lenkern im besten wehrfähigen Alter, die einem gerne zeigen, wie man<br />

so nice an der Ampel auf Lock einen wegbeschleunigt.<br />

Kurz vor Corona, also wieder nicht ganz so lange her, tauchte zum<br />

ersten Mal der Begriff „Flugscham“ auf und machte schnell die Runde.<br />

Menschen, sich des Problems des Klimawandels und dessen Gefahren<br />

durchaus bewusst, flogen heimlich einfach weiter und nicht einmal<br />

der schmerzhaft juckende Reiz eines Selfie-Posts mit der roten Austrian-Schokolade<br />

beim Landeanflug in der Hand konnte die Scham<br />

überwinden. Die umweltfreundlichere Alternative dazu heißt mittlerweile<br />

„Zugstolz“: beispielsweise mal so richtig gepflegt im Rail Jet zur<br />

ExpoReal nach München gleiten. Dabei der Gemeinde auf LinkedIn mit<br />

epischen Texten und authentischem Beweisfoto ausführlich berichten,<br />

warum das nun das einzig wahre Maß der Dinge sei und was einen<br />

letztendlich dazu bekehrt hat. Während der Fahrt dann ein Bericht<br />

auf Insta an die private Fan-Crowd über die vielen weißen Spritzer, die<br />

g‘schmackigen Leberkässemmerln und die lieben Kollegen, live aus<br />

dem Bordrestaurant.<br />

Auf der Immobilienmesse in München angekommen, ging es wieder<br />

hoch her. Während die deutschen Kollegen, bescheiden wie sie nun<br />

mal sind, schon länger kleinere Brötchen backen, deuteten die hiesigen<br />

Marktteilnehmer ab dem zweiten weißen Spritzer, so gegen späten<br />

Mittag, geheimnisvoll an, wie leiwand groß ihre Semmeln schon in<br />

den nächsten Wochen werden können würden. Ein paar Spritzer später<br />

hätte ein aufmerksamer Zuhörer schon den Eindruck haben können,<br />

dass die eine oder andere zu verwendende Zutat für die Supersemmel<br />

noch nicht ganz gefunden sei, und, geschweige denn, wenn überhaupt,<br />

verfügbar sein würde. Wiederum noch ein paar mehr Spritzer später<br />

konnte man heraushören, dass der Backofen – auch beim besten Willen<br />

– immer noch nicht so richtig heiß genug werden will.<br />

Zurück in Wien wird es im Oktober endlich wieder Herbst: Schon die<br />

ersten Lebkuchen wurden beim Hofer gesichtet, die Laubbläser kehren<br />

aus dem Süden nach Ostösterreich zurück und Forscher haben herausgefunden,<br />

dass Menschen, die freitags früher mit der Arbeit aufhören,<br />

mehr vom Wochenende haben. O tempora, o mores!<br />

Fotos: Stephan Huger, Adobe Stock<br />

94 ImmoFokus


Advertorial<br />

Immobilie inklusive Inventar<br />

Nebenkostenposition Grunderwerbsteuer. Genaue Abgrenzung erforderlich.<br />

D<br />

er Kauf einer Immobilie unterliegt<br />

der Grunderwerbsteuer<br />

(in der Regel 3,5 Prozent von der<br />

Gegenleistung). Der separate<br />

Kauf von Einrichtungsgegenständen oder<br />

Maschinen unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer.<br />

Strittig kann die grunderwerbsteuerliche<br />

Behandlung sein, wenn eine möblierte<br />

Wohnung oder ein Betriebsgebäude mit Inventar<br />

erworben werden.<br />

Möblierte Eigentumswohnung<br />

Verkauft wurde eine Wohnung inklusive<br />

Einbauschränke, maßgefertigte Möbel, Glasschiebetüren,<br />

Waschbecken, Badewannen,<br />

Toiletten, verbautem Tresor, Durchlauferhitzer<br />

und Alarmanlage. Der Käufer war<br />

der Meinung, dass nur die Immobilie, nicht<br />

aber das Inventar der Grunderwerbsteuer<br />

unterliegt. Laut Erkenntnis des BFG (BFG 3.<br />

5. <strong>2023</strong>, RV/7101546/2019) sind insbesondere<br />

eingebaute Wandschränke, aufgemauerte<br />

Kachelöfen und mit der Wand verbundene<br />

Armaturen unselbständige Bestandteile der<br />

Immobilie und unterliegen der Grunderwerb-<br />

steuer. Maßangefertigte Möbelstücke (zum<br />

Beispiel Einbaumöbel, Einbauküche), die ohne<br />

wirtschaftliche Beeinträchtigung entfernt<br />

werden können, sind keine unselbständigen<br />

Bestandteile, sondern als Zubehör zu qualifizieren.<br />

Badezimmer, Toiletten sowie Kücheneinrichtungen<br />

sind nach der Rechtsprechung<br />

nicht nur den individuellen Bedürfnissen des<br />

Eigentümers gewidmet, sondern dienen der<br />

fortdauernden Benützung der Wohnung.<br />

Dieses Zubehör unterliegt daher ebenfalls der<br />

Grunderwerbsteuer.<br />

Halle inklusive Ausstattung<br />

Qualifiziert ein Gegenstand als Zubehör, so<br />

unterliegt er nach § 2 Abs 1 Z 1 GrEStG dennoch<br />

nicht der Grunderwerbsteuer, wenn es<br />

sich um eine Maschine oder sonstige Vorrichtung<br />

einer Betriebsanlage handelt. So gehört<br />

zum Beispiel das Hotelinventar zur Betriebsanlage<br />

Hotel und damit nicht zum Gebäude<br />

und unterliegt daher nicht der Grunderwerbsteuer.<br />

Im vorliegenden Fall (BFG 17. 5. <strong>2023</strong>,<br />

RV/5100382/2021) war strittig, ob bei einer<br />

Halle, die für ein Unternehmen im Bereich<br />

Metalltechnik genutzt werden soll, die Klimaanlage<br />

und die Übergabestation Geothermie<br />

als Betriebsanlage qualifizieren. Das BFG entschied,<br />

dass dieses Inventar nicht zur unmittelbaren<br />

betrieblichen Nutzung für ein Unternehmen<br />

im Bereich Metalltechnik qualifiziert.<br />

Es dient dazu, eine den gesundheitlichen und<br />

klimatischen Erfordernissen entsprechende<br />

Nutzung des Gebäudes zu ermöglichen. Dies<br />

gilt unabhängig davon, zu welchem Zweck<br />

das Gebäude genutzt wird. Der Mitkauf dieses<br />

Inventars unterlag daher ebenfalls der Grunderwerbsteuer.<br />

Zu beachten ist, dass neben der GrESt in der<br />

Regel auch die Eintragungsgebühr von 1,1 Prozent<br />

ins Grundbuch von der gleichen Bemessungsgrundlage<br />

berechnet wird. Eine genaue<br />

Analyse ist daher ratsam.<br />

Fotos: AdobeStock, Michael Königshofer<br />

www.leitnerleitner.com<br />

+43 1 718 98 90-532<br />

harald.galla@leitnerleitner.com<br />

A 1040 Wien, Schwarzenbergplatz 14<br />

Harald Galla,<br />

Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei<br />

LeitnerLeitner Wien. Er ist spezialisiert auf<br />

Immobilientransaktionen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

95


Zum Autor<br />

Louis Obrowsky ist Präsident des Verbandes der Institutionellen<br />

Immobilieninvestoren und Geschäftsführer der LLB<br />

Immo Kapitalanlagegesellschaft.<br />

Wir befinden uns in einem Teufelskreis!<br />

Kommentar: Louis Obrowsky<br />

Österreich wächst und Wien wächst noch wesentlich stärker. Seit<br />

kurzem hat Wien wieder die Schallmauer von zwei Millionen Einwohnern<br />

durchbrochen und alle wollen verständlicherweise wohnen. Da<br />

kommt der Einbruch in der Immobilienwirtschaft gerade zur Unzeit.<br />

Es werden in den nächsten Jahren viel weniger Wohnungen gebaut als<br />

benötigt werden. Das passiert aber nicht aus Jux und Tollerei der Immobilieninvestoren,<br />

sondern weil das Bauen kaum mehr finanzierbar<br />

ist. Das beruht auf einer Vielzahl von Aspekten; dazu zählen die hohe<br />

Zinslandschaft, die Inflation, die überhohen Lohnabschlüsse sowie der<br />

immer wiederkehrende Eingriff der Politik in diese Geschehen.<br />

Über einen Zeitraum von vielen Jahren war man es gewohnt, dass sich<br />

aufgrund der geringen Steigerung des VPI auch die Mieten nur moderat<br />

erhöhten. Die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen haben aber<br />

aufgrund des stark gestiegenen VPI auch die Mieten stärker ansteigen<br />

lassen. Dabei wird leider von der Politik – aber auch von den Mietern<br />

– völlig ausgeblendet, dass die gesetzlich vorgeschriebene Index-Anpassung<br />

der Mieten ausschließlich der Wertsicherung der Mietverträge<br />

dient und nicht, dass sich Wohnungs- beziehungsweise Hausbesitzer<br />

zusätzlich „bereichern“. Immobilien sind langlebige Güter, bei diesen<br />

kann nicht von einem auf das andere Jahr gedacht werden, da muss<br />

langfristig geplant werden. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber<br />

diese Wertsicherung auch eingeführt, um Investitionen zum Erhalt<br />

des Hauses überhaupt erst möglich zu machen. Und jetzt kommt die<br />

nächste politische Unsachlichkeit: die Mietpreisbremse. Man diskutiert<br />

sogar, die Indexierung der freien Mieten, welche in Wien lediglich<br />

sieben(!) Prozent der Wohnungen betreffen, zu begrenzen. Damit wird<br />

der private Wohnungsbau, welcher ohnedies schon auf die Hälfte reduziert<br />

wurde, komplett zum Erliegen kommen und das energetische<br />

Sanieren wird noch mehr erschwert werden. Auch wenn dieser Unfug<br />

voraussichtlich, so wie in Deutschland, vom Verfassungsgerichtshof<br />

aufgehoben werden wird, dauert es noch Jahre, bis sich dieser Sektor<br />

wieder erholt hat. Von Immobilien-Eigentümern erwartet man, dass<br />

sie das so akzeptieren und gleichzeitig in die Gebäude enorme Summen<br />

investieren, um den von der Regierung vorgegebenen Zeitplan<br />

der Klimaneutralität auch erfüllen zu können. Das kann sich so nicht<br />

ausgehen! Weder finanziell aufgrund populistischer Regularien noch<br />

legistisch oder praktisch. Legistisch, weil bis heute zum Beispiel das<br />

Mietrechtsgesetz dem Eigentümer keine Möglichkeit gibt, in den Wohnungsbestand<br />

einzugreifen, um nötige Umbauten vorzunehmen, sofern<br />

der Mieter oder die Mieterin dies nicht wollen. Und praktisch, weil sich<br />

ganz grundsätzlich die Frage stellt: Wie soll man eigentlich energetisch<br />

sanieren? Mit welcher Technologie schafft man es, ein Zinshaus mit<br />

vielen Wohnungen mit den vorhandenen Gasetagenheizungen umzurüsten?<br />

Wäre es da nicht wesentlich besser, zuerst einmal die technologische<br />

Entwicklung zu klären und erst anschließend festzulegen, bis<br />

wann was zu erfolgen hat? Das ist jedoch nicht so gern gesehen, denn<br />

Politiker möchten jetzt sofort als „Macher“ dastehen. So aber befinden<br />

wir uns in einem Teufelskreis. Immobilieninvestoren sollen sofort etwas<br />

tun, das technische „Wie“ sowie der finanzielle Aufwand sind aber<br />

ungeklärt. Es wird Jahre dauern, bis sich der Immobilien-Sektor wieder<br />

erholt hat. Denn von der Baubewilligung bis zur Fertigstellung vergehen<br />

Jahre. Aber welchen Politiker interessiert dies in einem Wahljahr?<br />

Foto: Adobe Stock<br />

96 ImmoFokus


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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong> 97<br />

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Bewertung<br />

ImFokus<br />

Quartiersentwicklung<br />

Die Königsdisziplin<br />

der Projektentwicklung<br />

Jetzt ist schon wieder was passiert. So beginnen nicht nur Brenner Krimis, sondern immer öfter auch<br />

die Nachrichten. 2,2 Millionen Menschen zusammengepfercht auf einem Küstenstreifen mit einer Fläche<br />

deutlich kleiner als Wien, das kann langfristig nicht gutgehen. Umgeben auf der einen Seite vom Mittelmeer,<br />

auf der anderen von einer hohen Mauer, kein eigenes Trinkwasser, keine eigene Stromerzeugung und keine<br />

Telekomeinrichtungen. Regiert von ein paar terroristischen Despoten, Weihnachten stellt man sich anders vor.<br />

Kolumne: Wolfgang M. Fessl<br />

D<br />

as ist das Gute an der Immobilienbranche:<br />

Man kann aus<br />

jeder Situation etwas lernen,<br />

im Zweifelsfall, wie etwas<br />

nicht funktioniert.<br />

Die Quartiersentwicklung ist seit jeher die Königsdisziplin<br />

der Projektentwicklung, geht es<br />

doch darum, eine lebenswerte Umgebung für<br />

eine Vielzahl von Menschen zu gestalten. Dazu<br />

gehört neben dem eigentlichen Wohn- und<br />

damit Lebensraum auch die Entwicklung von<br />

Grünflächen, die Schaffung von Infrastruktur<br />

wie Schulen, Kindergärten und Verkehrswegen,<br />

die Integration von sozialen Einrichtungen<br />

und die Schaffung von Arbeitsplätzen.<br />

In der Regel stellt eine organisch gewachsene,<br />

dörfliche Struktur das Vorbild dar, das es mit<br />

den Methoden der modernen Stadtentwicklung<br />

nachzubilden gilt. Zu oft schon wurde<br />

versucht, die perfekte Struktur eines Quartiers<br />

auf dem Papier zu entwerfen, das hat noch nie<br />

funktioniert. Das ist ähnlich wie bei Marktplätzen,<br />

oder Markthallen, die lassen sich auch<br />

nicht synthetisch nachbilden. Ein Marktplatz<br />

entsteht als kleine Zelle an jenem Platz, der<br />

die besten Bedingungen für den Handel bietet,<br />

und wächst dann organisch weiter.<br />

Auch eine möglichst schnelle, durch Finanzierungsdruck<br />

getriebene Realisationsphase<br />

birgt ein hohes Risiko. Die besten<br />

Ergebnisse erzielen Quartiersentwicklungen,<br />

die längere Zeit bis zur Fertigstellung<br />

benötigen, weil dort Fehler, die unterwegs<br />

98 ImmoFokus


Foto: Adobe Stock<br />

immer wieder passieren, jeweils vor der<br />

nächsten Etappe bereits wieder korrigiert<br />

werden können. Freilich ist ein langer Umsetzungszeitraum<br />

kein Garant für den Erfolg.<br />

In Brasilia, der synthetischen Hauptstadt<br />

von Brasilien, hat die Umsetzung etwa<br />

50 Jahre gedauert und für die Belebung war<br />

es dennoch notwendig, die Beamten zur<br />

Übersiedlung zu zwingen, weil niemand<br />

aus Rio de Janeiro in die 1000 Kilometer<br />

entfernte neue Hauptstadt ziehen wollte.<br />

Im Zuge der Realisationsphase müssen die<br />

unterschiedlichsten Interessen und Bedürf-<br />

nisse berücksichtigt werden, um ein wirklich<br />

nachhaltiges Quartier zu schaffen. Eine<br />

erfolgreiche Quartiersentwicklung zeichnet<br />

sich letztendlich durch eine hohe Lebensqualität,<br />

eine gute soziale Durchmischung, eine<br />

nachhaltige Infrastruktur und letztendlich<br />

durch eine starke Identifikation der Bewohner<br />

mit ihrem Viertel aus.<br />

Daher lässt sich auch gut erkennen, wenn wir<br />

wieder an den schmalen Küstenstreifen in<br />

Nahost denken, wie das Zusammenleben von<br />

Menschen seit etwa 50 Jahren nicht funktionieren<br />

kann…<br />

Wolfgang M. Fessl<br />

Wolfgang M. Fessl ist Geschäftsführer<br />

bei Reinberg & Partner. Insgesamt<br />

verfügt er über mehr als 20<br />

Jahre Erfahrung im nationalen und<br />

internationalen Immobiliengeschäft.<br />

Fessl ist allgemein beeideter und<br />

gerichtlich zertifizierter Sachverständiger,<br />

Immobilientreuhänder<br />

(Makler), Member der Royal Institution<br />

of Chartered Surveyors (RICS),<br />

zertifiziert nach CIS Immozert und<br />

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Anspruch höchster Qualität im Mittelpunkt unserer Beratung.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

99


Zum Autor<br />

Jasmin Soravia ist seit 2019 Vorsitzende des Urban Land<br />

Institut Austria. Sie ist Geschäftsführerin bei der Kollitsch &<br />

Soravia Immobilien, Beirat im Advisory Board GRÜNSTATT-<br />

GRAU und Vorstand beim Travel Industry Club Austria.<br />

Flexibles und leistbares<br />

Wohnen mit Modulsystemen<br />

Kommentar: Jasmin Soravia<br />

Die Wohnungspreise steigen, die Einkommen stagnieren, die Inflation<br />

drückt auf die Kaufkraft und die Kreditvergabe wird verschärft.<br />

Der Mittelstand, früher noch mit dem Lebenstraum, ein Haus zu bauen<br />

oder eine Wohnung zu kaufen, resigniert mittlerweile zunehmend. Vor<br />

allem für junge Menschen wird es immer schwieriger, leistbares Eigentum<br />

zu erwerben. Diese Entwicklung wird langfristig auch für Bauträger<br />

problematisch. Umso wichtiger ist es daher, nach ökonomischen und<br />

technischen Lösungen für dieses Dilemma zu suchen. Ein zukunftsorientierter<br />

Ansatz beruht auf modularisierten Wohnkonzepten.<br />

Die durchschnittliche Nettowohnfläche in Österreich beträgt aktuell etwa<br />

100 Quadratmeter, bei knapp vier Räumen. Allerdings wird bei den meisten<br />

Bewohnern nur während der Elternzeit viel Platz benötigt, sodass viele<br />

Wohnungen für den größten Teil des Familienlebenszyklus größtenteils<br />

leer sind. Nachher und auch vorher reichen zwei bis drei Räume in der<br />

Regel aus. Es stellt sich daher die Frage, wie wirtschaftlich und ökologisch<br />

sinnvoll es ist, Wohnungen zu bauen, die während des größten Teils des<br />

Lebenszyklus zu zwei Dritteln leer stehen, aber gereinigt und zumindest<br />

zum Teil geheizt werden müssen.<br />

Noch vor dem Einsetzen der aktuellen hohen Inflationsrate von<br />

annähernd zehn Prozent hat die Immobilienmarktkrise zu einem<br />

Kaufkraftverlust von 13 Prozent geführt. Zusätzlich beträgt derzeit<br />

laut Statistik Austria das durchschnittliche Jahres-Nettoeinkommen<br />

eines österreichischen Arbeitnehmers etwa 25.000 Euro – hingegen<br />

beträgt der Medianpreis für Wohnungen aktuell etwa 4.400 Euro pro<br />

Quadratmeter. Heute muss also eine Mehrzahl der Menschen in Österreich<br />

etwa 18 Jahresgehälter investieren, um eine 100 Quadratmeter<br />

große Wohnung zu kaufen – dazu kommen dann noch die Gebühren<br />

und die Einrichtung und zu allem Übel die seit 1. August 2022 in Kraft<br />

getretenen Regeln für Wohnungskredite. Seither sind mindestens 20<br />

Prozent Eigenkapital einzubringen, zudem wurde die Kreditlaufzeit<br />

auf 35 Jahre beschränkt.<br />

Besonders schwierig ist die Situation für jüngere Menschen, vor allem<br />

jene, die nicht oder noch nicht geerbt haben. Die Problematik wurde<br />

zwar bereits von der österreichischen Bankenlandschaft erkannt:<br />

So forderte der Bundesobmann der Bankensparte Willibald Cernko<br />

zuletzt im August <strong>2023</strong>, dass an einem Konzept für Zinszuschüsse,<br />

Laufzeitverlängerung, Tilgungsunterbrechung oder zeitlich befristete<br />

reine Zinszahlungen gearbeitet wird. Eine Lösung, die echte Erleichterung<br />

bringt, ist hier allerdings nicht in Sicht – nachhaltiger erscheint<br />

es zudem, auf die Wohnungsgröße zu setzen.<br />

Als Lösung können flexible Wohnungskonzepte für junge Menschen dazu<br />

beitragen, bezahlbaren und umweltfreundlichen Wohnraum zu schaffen<br />

und diesen dem weiteren Leben nach Bedarf anzupassen. Zu diesem<br />

Zweck können Kleinwohnungen vorübergehend mit anderen Wohnmodulen<br />

zusammengefasst oder separat für einen begrenzten Zeitraum<br />

vermietet werden.<br />

Aus technologischer Sicht wurden dafür in den letzten Jahren immer<br />

flexiblere Wohnkonzepte entwickelt, die überwiegend aus modularen<br />

Bausystemen bestehen. Neben der langfristigen Flexibilität des Raumkonzepts<br />

zeichnen sich diese Konstruktionen aufgrund der standardisierten<br />

Werkstattfertigung durch kurze Produktionszeiten sowie eine hohe Liefer-<br />

und Kostengarantie aus.<br />

Innovative Projekte des flexiblen Wohnens in Österreich<br />

Wie dies architektonisch möglich ist, zeigen in Österreich Projekte wie<br />

Wohnbau Baugruppe LiSA von WUP architektur. Hier wurde eine Aneinanderreihung<br />

von kleinen selbstständigen Einheiten realisiert, die zusammengelegt<br />

und wieder getrennt werden können. Das Ateliergebäude mit<br />

einer Gemeinschaftsinsel in der Seestadt Aspern besteht im Wesentlichen<br />

aus zwei Teilen: einem kompakten Gebäude und einer offenen Struktur.<br />

Das Gebäude selbst basiert auf einem Stützen-Plattensystem mit nichttragenden<br />

Außenwänden, bei dem nur die tragenden Elemente und Sani-<br />

Foto: ADeutsches Institut für Normung<br />

100 ImmoFokus


Abb. 1/ Modul-<br />

Wohnhaus in der Grazer<br />

Starhemberggasse<br />

(Quelle/ Kiubo <strong>2023</strong>)<br />

Quellen: Kiubo (<strong>2023</strong>): Wohnmodule https://www.kiubo.eu/module/<br />

Salow, C. (2022): Österreicher können sich von ihrem Einkommen immer weniger Wohnraum leisten. URL: https://www.immoverkauf24.at/services/news/immobilienpreise-undeinkommen-driften-durch-corona-weiter-auseinander/<br />

Statistik Austria (2022): Haushalts-Einkommen in Österreich https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/soziales/haushalts-einkommen/index.html<br />

Statistik Austria (<strong>2023</strong>): Bevölkerung und soziales Wohnen https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/wohnen/wohnsituation<br />

WUP architektur (<strong>2023</strong>): Wohnbau Baugruppe LiSA https://wup-architektur.com/index.php?seite=projekte&projekt=lisa&id=1&lang=de<br />

tärschächte vorgegeben werden. Das besondere bei dem Projekt ist, dass<br />

nur eine Zonierung vorgegeben ist – an der Außenseite befinden sich die<br />

privaten Freiraum- und Wohnzonen, hofseitig die halbprivaten, kommunikativen<br />

Ebenen, der Rest, wie zum Beispiel die Wohnungsgröße, kann<br />

durch die Nutzer selbst definiert werden. Dazwischen ist eine Filterzone<br />

mit Küche, Bad, Abstellraum et cetera zu finden.<br />

Dem Projekt vorgelagert ist eine offene Struktur für die Erschließung sowie<br />

Platz für vielfältige Nutzungen wie private Gärten, gemeinschaftlich<br />

genutzte Terrassen und Kinderspielflächen. Damit wurde den Bewohnern<br />

ein möglichst großer Interpretationsspielraum geboten, in Form von gestaltbaren<br />

Flächen, die sich direkt vor der eigenen Haustüre befinden.<br />

Abb. 2/ Kiubo-Modulsystem (Quelle/ Kiubo <strong>2023</strong>)<br />

Ein weiteres Projekt ist das Kiubo-Wohnhaus in der Grazer Starhemberggasse.<br />

Das flexible Konzept resultiert aus den Erkenntnissen der Architekturpsychologie<br />

und sorgt mit viel Gemeinschaftsflächen für ein lebendiges<br />

Miteinander. Die Wohnmodule können flexibel aus-, um- und<br />

rückgebaut werden wie in einem Setzkasten (Abb. 1; Stecksystem).<br />

Das vorgefertigte Basismodul (Holz) verfügt als autarke Wohneinheit<br />

über alle Ausstattungsmerkmale (Küche, Bad und Wohnbereich). Mittels<br />

integrierter Erweiterungsanschlüsse kann es rasch bedarfsgerecht<br />

über Anschlussmodule erweitert werden. Bei diesem System kann die<br />

Wohnungsgröße jeweils um ein Modul ergänzt werden (Abb. 2). Die Modularität<br />

der einzelnen Elemente ermöglicht damit auch Anpassungen<br />

an die notwendigen Bedürfnisse im Laufe der Nutzung, beispielsweise<br />

durch Anfügen oder Entfernen einzelner Teile zu anderen Wohnungen.<br />

So kann ermöglicht werden, dass junge Familien bis zum Ende der<br />

Kleinkindphase die kleinere Wohnung nutzen, in der Phase mit den<br />

größeren Kindern ein oder mehrere Module ergänzen und nach dem<br />

Auszug des erwachsenen Nachwuchses das Modul wieder abgeben.<br />

Mit flexiblen Finanzierungsformen können auch Varianten des leistbaren<br />

Eigentums geschaffen werden, so Maša Jašarević, Kommunikationsleiterin<br />

bei Kiubo – indem zum Beispiel nur das große Modul im<br />

Eigentum erworben wird und das kleine in der Jugendphase angemietet<br />

werden kann. Bei Kiubo wird das ermöglicht, indem der Platz im<br />

„Terminal“ (bestehende Gebäudestruktur) gemietet und die einzelnen<br />

Module gemietet oder gekauft werden können. Dieser Platz – mit oder<br />

ohne Modul – kann als Garten oder Terrasse selbst genutzt werden<br />

oder mit Modul zum Beispiel als Studenten-, Single- oder Altenwohnung<br />

vermietet werden. Um das Miteinander und die Kommunikation<br />

in diesen Häusern besser zu organisieren, ist eine Online-Plattform<br />

in Arbeit. So kann dieses hybride System sich den Bedürfnissen der<br />

Menschen anpassen, sie über alle Phasen des Lebens begleiten und für<br />

leistbares Eigentum sorgen.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

101


Frech<br />

gesagt<br />

„Zeig mir, wo du wohnst, und<br />

ich sag dir, ob ich hinziehe“<br />

Top-Schlüsselfaktoren der Quartiersentwicklung. Ein pulsierender Arbeitstag in der Stadt oder ein ruhiger<br />

Feierabend am Land – in welche Richtung geht der aktuelle Trend? Und warum überhaupt ein „oder“?<br />

Kolumne: Anita Körbler<br />

S<br />

eit mehreren Jahren freue ich<br />

mich über die nachhaltige Umsetzung<br />

eines endlich für mich<br />

funktionierenden Neujahrsvorsatzes,<br />

der da lautet: „Ein bisserl mehr UND<br />

als ODER.“ Ich möchte mich etwa nicht mehr<br />

entscheiden müssen, ob ich ein urbanes Umfeld<br />

oder ein Leben am Land präferiere, weil<br />

beides sich interessant entwickelt und ich<br />

beides erfolgreich erproben durfte.<br />

Think glocal<br />

Nicht umsonst zieht es Menschen in Speckgürtel-Gebiete,<br />

die an Städte angrenzen. Hier<br />

vermischen sich die Annehmlichkeiten der<br />

Urbanität und eines ausgebauten öffentlichen<br />

Verkehrsnetzes mit einer vertrauten ruhigen<br />

Umgebung, in der Nachbarschaftshilfe<br />

kein Fremdwort ist.<br />

Diese Annehmlichkeiten stellen sicher ein<br />

wesentliches Kriterium einer modernen<br />

Stadtquartier-Entwicklung dar, deren Akteure<br />

beispielsweise gefordert sind, fußläufig<br />

erreichbare Geschäfte, Restaurants, Naturraum,<br />

Kinderbetreuung, Arbeitsmöglichkeiten<br />

kombiniert mit guter Anbindung an<br />

öffentliche Verkehrsmittel, Kultur, Bildung<br />

und ärztliche Versorgung zu schaffen – denn,<br />

warum sollte man auf einen der gewünschten<br />

Faktoren verzichten, wenn sich diese ideal<br />

kombinieren lassen?<br />

Freunde. Das Leben ist lebenswert.<br />

Soziale Kontakte sind das Um und Auf jedes<br />

Landlebens. Ich bin erfreulicherweise in einer<br />

recht großen Familie inmitten einer steirischen<br />

Idylle aufgewachsen und mir wurde<br />

früh der wichtigste Grundsatz am Land<br />

gelehrt: Immer (wirklich IMMER) freundlich<br />

– und gegebenenfalls gegenüber älteren<br />

Dorfbewohnern laut (!) – zu grüßen.<br />

Nach wie vor ist auch der bodenständige,<br />

freundschaftliche Zusammenhalt, der mich<br />

dankenswerterweise seit früher Kindheit<br />

begleitet, eine wesentliche Komponente für<br />

mein schon früh von Kommunikation geprägtes<br />

Wesen.<br />

Natürlich war es für mich als Zwanzigjährige,<br />

die ihr Lebens-Wohnbuch der Liebe wegen<br />

um ein aufregend neues, urbanes Kapitel erweitert<br />

hat, sehr spannend zu entdecken, wie<br />

diverse gelernte Grundregeln in einer Hauptstadt<br />

nie funktionieren würden – in Wien<br />

grüßt dich halt auf der Straße keiner zurück.<br />

Sehr spannend fand ich dann doch den Impuls<br />

vieler im städtischen Gebiet Angesiedelter,<br />

ihren Wohnsitz in den ersten beiden<br />

coronabedingten Lockdowns so schnell wie<br />

möglich ins Elternhaus oder den Zweitwohnsitz<br />

am Land zu verlegen. Offensichtlich kann<br />

eine harmonische, vertrauensvolle Umgebung<br />

in Krisenzeiten eben doch noch oft den<br />

kleinen Unterschied machen.<br />

Tolerieren oder integrieren?<br />

Top-Schlüsselfaktoren der Quartiersentwicklung<br />

in der Immobilienbranche sind ja die<br />

ganzheitliche Planung und Gestaltung von<br />

Stadtvierteln, um sie zu lebenswerten und<br />

funktionalen Gemeinschaften zu machen.<br />

Dieser Ansatz geht über die bloße Errichtung<br />

von Gebäuden hinaus und berücksichtigt<br />

eine Vielzahl von sozialen, wirtschaftlichen,<br />

ökologischen und kulturellen Faktoren. Zu<br />

den wichtigsten Aspekten zählen neben den<br />

Zielen, eine effiziente und attraktive Umgebung<br />

zu schaffen, erneuerbare Energiequellen<br />

zu nutzen, die natürliche Umwelt zu schützen<br />

und die Erreichbarkeit und Zugänglichkeit<br />

zu gewährleisten ebenso, die Schaffung von<br />

Wohnraum für verschiedene Einkommensgruppen,<br />

die Integration von sozialen Einrichtungen<br />

wie Schulen und Gesundheitszentren<br />

sowie die Förderung der sozialen Interaktion<br />

sicherzustellen – sofern es halt gelingt.<br />

Die optimale Mischung aus Wohn- und Gewerbeimmobilien<br />

kann eine wirtschaftliche<br />

Chance rund um Arbeitsplatzbeschaffung<br />

bedeuten – sofern es halt gelingt.<br />

Das alles erfordert eine enge Zusammenarbeit<br />

zwischen Stakeholdern wie Stadtplanern,<br />

Fotos: REMG/trovato GmbH<br />

102 ImmoFokus


Sieger spielen solange, bis sie es richtig machen“ (Billie<br />

Jean King). Eine g‘mahde Wiesn garantiert einen perfekten<br />

ersten Aufschlag nicht: Strategie, Disziplin und Ausdauer<br />

sind die Erfolgsfaktoren für ein „perfect match.<br />

Anita Körbler,<br />

trovato.immo<br />

Architekten, Entwicklern sowie Regierungen. Genehmigungsverfahren,<br />

Zonenvorschriften und Umweltauflagen können das Vorankommen behindern,<br />

zudem sollte eine flexible Entwicklung dazu beitragen, sich an<br />

ändernde Bedingungen rasch anpassen zu können. Dazu dient als wichtiger<br />

Bestandteil im Planungsprozess die Einbeziehung der Anwohner, was die<br />

Akzeptanz und Unterstützung der Gemeinschaft für das Projekt fördert und<br />

eine langfristige Nachhaltigkeit und Lebensqualität für die Bewohner sicherstellen<br />

kann – sofern es halt gelingt.<br />

Anita Körbler<br />

Managing Partner trovato.immo<br />

Anita Körbler, MA, ist ideenreiche Branchenkennerin<br />

und Managerin mit Herz und Hirn. Körbler kann auf<br />

langjährige Erfahrung in Immobilienunternehmen<br />

sowie exklusive Projekte im öffentlichen Bereich<br />

(PPP) zurückblicken. Berufsbegleitend absolvierte<br />

sie erfolgreich zwei Studien im Bereich Wirtschaft<br />

und Public Communications, zeichnete jahrelang<br />

für verschiedene PropTech-Unternehmen als<br />

Geschäftsführerin verantwortlich und widmet sich<br />

der Beratung und Immobilienvermarktung sowie der<br />

Realisierung von Digitalisierungsprozessen in der<br />

Immobilienbranche.<br />

Clever, weil smart<br />

Moderne Quartiersentwicklung berücksichtigt die Integration von Technologie,<br />

um die Lebensqualität zu verbessern. Dies kann die Bereitstellung<br />

von Internet, Smart-Home-Systemen, intelligenten Verkehrslösungen und<br />

Energieeffizienz-Technologien umfassen.<br />

Zudem fördert eine „sharing economy“ die Verwendung von Ressourcen<br />

wie PKWs, Fahrrädern und nicht zuletzt Freiflächen zur Gemeinschaftsnutzung.<br />

Mangelnde Nachhaltigkeitsgedanken in der Planung können hingegen<br />

neben Umweltauswirkungen zu langfristigen Problemen wie hohen<br />

Betriebskosten oder sozialer Unzufriedenheit führen.<br />

Weiters hat die zunehmende Flexibilität von New-Work-Modellen natürlich<br />

Auswirkungen auf die Planung neuer Quartiere. Es werden vermehrt<br />

Coworking-Spaces und Arbeitsbereiche in Wohnviertel integriert, die darauf<br />

warten, von ihren Bewohnern auch genutzt zu werden.<br />

IMMOBILIENBEWERTUNG.<br />

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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

103


Kreislaufwirtschaft: Einer<br />

alleine schafft das nicht<br />

Zukunftsfitte Bestandsgebäude.. Experten mahnen bei der Themenreise von Drees & Sommer, die Mitte<br />

Oktober in Wien Station machte, gemeinsam rasch vom Wollen ins Tun zu kommen.<br />

Z<br />

u den technischen Lösungen<br />

braucht es neue Geschäftsmodelle,<br />

globale Zusammenarbeit<br />

und Anreize für jeden Einzelnen,<br />

um städtisches Wohnen in Bestandsgebäuden<br />

zukunftsfit zu machen. Über 50<br />

Prozent der Nutzenergie in Wien wird für<br />

Raumwärme und Warmwasser aufgewendet,<br />

zu rund 80 Prozent werden dafür Gas,<br />

Strom und Fernwärme verwendet. Will die<br />

Bundeshauptstadt ihre Klimaziele bis 2040<br />

erreichen, müssten fortan pro Arbeitstag 200<br />

Wohnungen umgestellt und rund eine Milliarde<br />

Euro pro Jahr investiert werden und es<br />

bräuchte Material und Fachkräfte, die nicht<br />

ausreichend vorhanden sind. Umgestellt<br />

werden müsste zudem auf Kühlung: Wien hat<br />

heute ein Klima wie Rom vor 25 Jahren und<br />

wird bis 2045 um weitere 7,5°C wärmer werden<br />

und damit ein Klima haben wie Athen. So<br />

umschrieb Herbert Hetzel von Beyond Carbon<br />

Energy bei der Drees & Sommer-Themenreise<br />

die Situation für Wien, die sich auf viele Städte<br />

umlegen lässt. „Der Wert einer Immobilie wird<br />

künftig immer mehr von seiner Energieversorgung<br />

abhängen. Sie muss Energieverbraucher,<br />

Energieerzeuger und Energies¬peicher<br />

gleichzeitig sein“, so Hetzel.<br />

Urbanität - Zirkularität - Produktivität<br />

„Klimawandel, Krieg, Inflation und Rezession:<br />

wir leben in Zeiten der Disruption,<br />

Mensch, Natur und Wirtschaft sind unmittelbar<br />

betroffen. Die Bau- und Immobilienbranche,<br />

besonders im städtischen Bestand,<br />

steht mitten im Zentrum dieses Wandels.<br />

104 ImmoFokus


von links nach rechts: Michael Konopka, Drees & Sommer SE;<br />

Anna-Vera Deinhammer, ÖGNI & Circular Economy Forum<br />

Austria; Stefan Kleinhans, AAB; Peter Ulm, Zukunftsanker/allora<br />

Immobilien; Berthold Klein, Holcim Österreich; Arnold Schmitzer,<br />

Geschäftsführer Drees & Sommer Österreich.<br />

Über die Drees & Sommer Themenreise<br />

Die Themenreisen, die seit sieben Jahren stattfinden,<br />

sind eine interdisziplinäre, branchen- und länderübergreifende<br />

Dialoginitiative von Drees & Sommer, die im<br />

Schulterschluss mit zahlreichen Themenreisepartnern,<br />

Ideen- und Gastgebern an unterschiedlichen Orten im<br />

DACH-Raum Aspekte der analogen und digitalen Transformation<br />

aufgreift und erörtert. Das Motto der Themenreise<br />

<strong>2023</strong> lautet „Anders. Erfolgreich. Wachsen. Wie gelingt<br />

Transformation in turbulenten Zeiten?“ und stellt dabei<br />

Menschen, Prozesse und geografische Räume (people,<br />

process, places) in den Mittelpunkt.<br />

Durch den Austausch bei unserer Themenreise<br />

wollen wir Impulse setzen und Lösungen<br />

erarbeiten, die in die Praxis umgesetzt<br />

werden können“, erklärt Arnold Schmitzer,<br />

Geschäftsführer Drees & Sommer Österreich.<br />

An technischen Lösungen mangle es nicht,<br />

so der Tenor der Experten der Themenreise.<br />

Wien beweise etwa mit dem Stadtentwicklungsprojekt<br />

Viertel Zwei das Machbare. Die<br />

Zukunft liegt für Peter Ulm (Zukunftsanker/<br />

allora Immobilien) in multifunktionalen<br />

Gebäuden, die sich über ihre Nutzungsdauer<br />

an geänderte Anforderungen anpassen. „Wir<br />

brauchen Gebäude, die heute Wohnen, morgen<br />

arbeiten und übermorgen Produktion ermöglichen.<br />

Es braucht keinen Abriss und Neubau,<br />

sondern flexible Gebäude, die auf fünf,<br />

zehn Generationen gedacht werden und Städtebau<br />

und Klimaneutralität natürlich verbinden.“<br />

Dabei müsse Kreislaufwirtschaft auch<br />

die grundlegende Frage stellen, was wirklich<br />

gebraucht werde. „Wir müssen alte Paradigmen<br />

aufbrechen und unsere Kreativität einsetzen,<br />

um aus weniger mindestens gleich viel<br />

wie bisher herauszuholen“, meint Anna-Vera<br />

Deinhammer (Österreichische Gesellschaft<br />

für Nachhaltige Immobilienwirtschaft ÖGNI,<br />

Circular Economy Forum Austria). Denn auch<br />

ein Plusenergiehaus brauche angesichts der<br />

darin verbauten Materialien 40 Jahre, um eine<br />

positive Energie- und CO2-Gesamtbilanz zu<br />

errei¬chen. So wie Deinhammer mahnt auch<br />

Ulm Pluralität in der Quartiersentwicklung<br />

ein. Wer den Wirkungszusammenhang von<br />

Gebäuden im Auge habe, reduziere Wege und<br />

Mobilität. So können Quartiere insgesamt<br />

nachhaltig werden, auch wenn einzelne Gebäude<br />

nicht alle Nachhaltigkeitsanforderungen<br />

erfüllen – was angesichts der Tatsache,<br />

dass zwei Drittel des CO2 aus dem Bestand und<br />

nicht dem Neubau komme, ohnehin unrealistisch<br />

sei. In diesem Zusammenhang gehörten<br />

laut den Experten auch die Genehmigungsverfahren<br />

für nach¬haltiges Bauen und Sanieren<br />

gestrafft, um schneller ins Tun zu kommen.<br />

Kreislaufwirtschaft in<br />

einer Kreislaufgesellschaft<br />

Damit das Bauen, Wohnen und Leben in Städten<br />

zukunftsfähig bleibt, brauche es neben<br />

den Anstrengungen der Branche und technischen<br />

Lösungen gesamtgesellschaftliche<br />

und grenzŸberschreitende Kraftanstrengungen,<br />

so die Experten der Themenreise in<br />

Wien. „Nach¬haltigkeit beginnt in unseren<br />

Köpfen. Unser Verhalten, unsere Ökonomie<br />

müssen sich ändern. Dazu braucht es uns<br />

alle, jeden Tag“ appellierte Karin Huber-<br />

Heim vom Circular Economy Forum Austria.<br />

Nachhaltiges Nutzerverhalten erfordere neue<br />

Geschäftsmodelle, die nicht auf Produkt und<br />

Absatz abzielen, sondern „user und result<br />

orientated“ sind und den Wert eines Produkts<br />

in den Mittelpunkt stellen. „Wollen<br />

wir unseren Wohlstand erhalten, müssen<br />

wir die Abhängigkeit von Rohstoffen und<br />

Energie auflösen. Unser Nutzungsverhalten<br />

muss sich in Richtung Rethink, Reinvent,<br />

Regenerate weiterentwickeln“, so Huber-<br />

Heim. Geislinger-Geschäftsführer Torsten<br />

Philipp geht noch einen Schritt weiter und<br />

spricht sich für eine „circular diplomacy“ aus:<br />

„Zirkularität ist komplex und kennt keine nationalen<br />

Grenzen, es braucht Globalisierung<br />

und Kooperation für erfolgversprechende Lösungen<br />

sowie Anreize für jeden Einzelnen“.<br />

Laut Philipp könne gerade Europa hier Vorreiter<br />

sein: „Billig viel zu produzieren, darin<br />

sind andere Länder und Weltregionen besser.<br />

Doch Europa hat Erfahrung darin, komplexe<br />

Herausforderungen zu meistern.“<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

1<strong>05</strong>


Ein Imperium<br />

wird brüchig<br />

Absturz. Aus dem Nichts baute René Benko ein Milliarden-<br />

Imperium auf. Dies droht nun einzustürzen. Hinter den<br />

Kulissen tobt ein Machtkampf.<br />

S<br />

igna-Gründer René Benko soll die<br />

Macht im Signa-Konzern abgeben.<br />

Benko zieht sich aus der Führung<br />

der Signa Gruppe zurück. Das hat<br />

Signa bekanntgegeben. Ein Schritt, der allseits<br />

erwartet wurde. Aber: Die Machtverhältnisse<br />

sind damit wohl nicht geklärt.<br />

Denn Benko hat nur den Vorsitz des Beirats<br />

der Signa Holding abgetreten. Benkos Posten<br />

wird vom Insolvenzverwalter und Unternehmenssanierer<br />

Arndt Geiwitz übernommen. Der<br />

hatte bereits zweimal die Signa-Tochter Galeria<br />

Karstadt Kaufhof durch ein Insolvenzverfahren<br />

geführt. Der Haken an der Sache: Der Beirat<br />

verfügt über keine operative Befugnis, sondern<br />

besitzt lediglich beratende Funktion.<br />

Eines gleich vorweg: Als Insolvenzverwalter<br />

werde Geiwitz bei Signa nicht in Erscheinung<br />

treten, so die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.<br />

Denn Geiwitz sei eindeutig Partei: Zweimal<br />

habe Benko ihn schon als Generalbevollmächtigten<br />

engagiert, um die Warenhauskette<br />

Galeria vor dem Aus zu bewahren.<br />

In einem Brief an Benko hatten vor mehreren<br />

Wochen mehrere Investoren der weit verzweigten<br />

Signa Gruppe gefordert, dass der Firmengründer<br />

seine Anteile als Haupteigner treuhänderisch<br />

an Geiwitz übergibt – und somit auch<br />

die Position als Generalbevollmächtigter.<br />

Allein die Tatsache, dass dieser Brief an die<br />

Öffentlichkeit geriet, lässt auf heftige Streitigkeiten<br />

zwischen den Investoren und Benko<br />

schließen. Normalerweise werden derartige<br />

Diskussionen diskreter abgewickelt. Dass<br />

Benko die Macht nicht so ohne weiteres abgeben<br />

wird, lässt die SIGNA Pressemitteilung vermuten.<br />

Geiwitz werde zwar auch den Vorsitz<br />

des Gesellschafter-Komitees der Signa Holding<br />

übernehmen, aber „die Familie Benko Privatstiftung<br />

bleibt weiterhin größter Gesellschafter<br />

der Holding“. Alle wichtigen Entscheidungen<br />

dürften damit auch in Zukunft bei Benko liegen,<br />

urteilt nicht nur die Süddeutsche Zeitung.<br />

„Formal richtig ist zwar, dass sich Benko aus der<br />

Führung der pleitebedrohten Signa-Gruppe zurückzieht.<br />

Der Milliardär tritt als Vorsitzender<br />

des Beirats der Signa Holding zurück. In dieser<br />

Funktion hatte er allerdings ohnehin keine<br />

operative Befugnis. „Der Rückzug ist insofern<br />

eher etwas für die Fassade“, bringt es die Süddeutsche<br />

Zeitung auf den Punkt und kritisiert<br />

das Vorgehen scharf: Geiwitz übernehme also<br />

nicht die Funktion des Generalbevollmächtigen,<br />

wie mehrere Investoren in einem Brief an<br />

Benko gefordert hatten, darunter auch Haselsteiner.<br />

Wer hat das letzte Wort?<br />

Die Formulierung in der Signa-Presseausendung<br />

„Die Familie Benko Privatstiftung bleibt<br />

weiterhin größter Gesellschafter der Holding“,<br />

lässt den Eindruck zu, dass Geiwitz das von den<br />

Investoren gewünschte Recht zum Durchgreifen<br />

verwehrt bleibt damit dürfte Benko weiterhin<br />

das letzte Wort haben.<br />

Es bleibt also unklar, wer nun bei Signa die<br />

Fäden in der Hand hat. Eines scheint aber auch<br />

klar: Geiwitz soll die Insolvenz verhindern.<br />

Dafür müsse er das verstrickte Firmendickicht<br />

durchdringen, heißt es etwa bei der Immobilien<br />

Zeitung. Viele wichtige Informationen<br />

Fotos: APA/HELMUT FOHRINGER<br />

106 ImmoFokus


habe allerdings ausschließlich Benko selbst.<br />

Ohne aktive Mitwirkung von Benko wird es<br />

wohl schwierig, Transparenz in die aktuelle<br />

Finanzlage zu bringen und damit schwer<br />

werden, Geldgeber zu finden, die bereit sind,<br />

frisches Kapital für die Konsolidierung der Unternehmensgruppe<br />

zu investieren.<br />

Für Beobachter steht daher außer Zweifel,<br />

dass Benko bis zur Übergabe an Geiwitz das<br />

Sagen hatte. Selbst soll sich Benko auch des<br />

Öfteren „Chairman“ genannt haben. Über<br />

seine Familienstiftung hält der 46-Jährige außerdem<br />

indirekt die Mehrheit der Anteile an<br />

der Holding.<br />

Benko - faktischer Geschäftsführer?<br />

Möglicherweise ist Benko daher als „faktischer<br />

Geschäftsführer“ zu bezeichnen, den<br />

auch Haftungen treffen können. Rechtsanwalt<br />

und Immobilienrechts-Experte Alfred<br />

Nemetschke (Nemetschke Huber Koloseus<br />

Rechtsanwälte GmbH): „Faktischer Geschäftsführer<br />

ist, wer - ohne förmlich bestellt<br />

zu sein - maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung<br />

nimmt, womit es nicht darauf<br />

ankommt, ob es sich um einen Angestellten,<br />

Gesellschafter, Angehörigen oder Außenstehenden<br />

handelt. Regelmäßig wird faktische<br />

Geschäftsführung dann bejaht, wenn die eigentlich<br />

bestellten Geschäftsführer als Strohmänner<br />

ihre Organfunktionen nicht ausüben<br />

und stattdessen ein anderer (meist ein Mehrheitsgesellschafter)<br />

die Gesellschaft tatsächlich<br />

leitet. Zumeist wird auch ein nach außen<br />

erkennbares Gerieren wie ein Geschäftsführer<br />

als erforderlich erachtet.<br />

Für den Fall der Konkursverschleppungshaftung<br />

ist aus der Teleologie des § 69 Abs 3 IO eine<br />

Orientierung an der formellen Organfunktion<br />

zu fordern und daher zu verlangen, dass es sich<br />

beim faktischen Geschäftsführer um eine Person<br />

handelt, die dauerhaft und ausgeprägt den<br />

Platz eines zum Insolvenzantrag legitimierten<br />

Organs einnimmt.“<br />

Restrukturierung<br />

Geiwitz hat mittlerweile Ralf Schmitz als<br />

neuen CRO (Chief Restructuring Officer) an<br />

Bord geholt. „Ziel ist es, bis Ende des Monats<br />

November einen Plan für die wesentlichen<br />

Schritte der Restrukturierung zu erarbeiten<br />

und den Gesellschaftern zu präsentieren.<br />

Wir werden diese wichtigen Aufgaben mit<br />

Bedacht und Vernunft angehen. Es gilt zum<br />

einen alle Bereiche der Signa Gruppe auf<br />

den Prüfstand zu stellen und zum anderen<br />

langfristige Lösungen zu finden. Mit diesem<br />

nächsten konsequenten Schritt schaffen wir<br />

weiteres Vertrauen in der jetzigen Situation.<br />

Die Qualität des SIGNA Prime Portfolios ist<br />

hervorragend, die Entwicklungsperspektive<br />

der Development-Projekte, die in den Toplagen<br />

der deutschsprachigen Metropolen<br />

liegen, ist sehr gut,“ wird Geiwitz in einer<br />

Signa-Pressemeldung zitiert.<br />

In der Zwischenzeit haben die Liquiditätsprobleme<br />

bereits zu etlichen Planungs- und Baustopps<br />

der beiden Tochterfirmen Signa Prime<br />

und Signa Development geführt. Betroffen<br />

sind etwa der Bau des Hamburger Elbtowers<br />

und die Planungen der Karstadt-Standorte<br />

in Berlin, darunter der am Kurfürstendamm.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

107


Beim Umbau der Alten Akademie in München<br />

soll es vorerst weitergehen.<br />

Gruppe benötigt frsiches Geld<br />

Wie es um die Finanzen der Signa-Gruppe wirklich<br />

steht, sei von außen kaum einzuschätzen,<br />

so Leonhard Dobusch, Ökonom und wissenschaftlicher<br />

Leiter des arbeitnehmernahen Momentum<br />

Instituts, der sich seit langem mit dem<br />

Konzern beschäftigt. Die Gruppe benötigt aber<br />

wohl rasch frisches Geld, um ihr Geschäftsmodell<br />

aufrechtzuerhalten, erklärt Dobusch.<br />

Nach Ansicht des deutschen Handelsexperten<br />

Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein<br />

deuten alle Signale darauf hin, „dass<br />

es nicht nur Zahlungsschwierigkeiten gibt,<br />

sondern das Unternehmen unter Umständen<br />

kurz vor einer Insolvenz steht“. Ob Geiwitz die<br />

Restrukturierung gelingen werde, sei jedoch<br />

fraglich, so Heinemann. In den nächsten Wochen<br />

stünden etliche Refinanzierungen an,<br />

und die Banken seien von der deutschen Bankenaufsicht<br />

angewiesen worden, „genauer hinzuschauen,<br />

was offensichtlich in der Vergangenheit<br />

nicht der Fall war. Und da wage ich zu<br />

bezweifeln, dass die Banken einfach nur durch<br />

ein Schönreden sich hinhalten lassen.“ Vieles<br />

sei bei dem Firmengeflecht von rund 1.000<br />

Firmen unklar, so der Experte. Zwischen diesen<br />

Firmen würden auch Geschäfte laufen und die<br />

gegenseitigen Haftungen seien nicht geklärt.<br />

Dieses Firmenkonstrukt dürfte wohl gewählt<br />

worden sein. „René Benkos Signa-Gruppe“,<br />

schreibt das Magazin NEWS, „setzte bereits vor<br />

fünf Jahren viele Hebel in Bewegung, um der<br />

Öffentlichkeit keine echten Einblicke in ein<br />

verschachteltes Konstrukt aus mehr als 1000<br />

Firmen gewähren zu müssen. News liegt nach<br />

eigenen Angaben ein 13-seitiges internes Dokument<br />

der Steuerberatungskanzlei TPA vor.“ Dabei<br />

sei es nicht nur die fehlende konsolidierte<br />

Konzernbilanz, die Signa-Investoren stutzig<br />

machen hätte können: Ein Blick in das öffentliche,<br />

österreichische Firmenbuch hätte genügt,<br />

um festzustellen, dass Benkos Signa-Gruppe in<br />

wesentlichen Unternehmensbereichen sogar<br />

Strafzahlungen in Kauf genommen hat, um<br />

Fotos: SIGNA<br />

108 ImmoFokus


ei einigen relevanten Konzern-Gesellschaften<br />

zum Teil über Jahre keine Bilanzen öffentlich<br />

zu machen.<br />

Die Intransparenz ist kein Zufall, sondern hat<br />

Methode schreibt NEWS. „Sie wurde offensichtlich<br />

von einem Mastermind bewusst orchestriert.<br />

Das belegt jedenfalls das Geheimpapier<br />

aus der Signa-Gruppe. Benkos verschachteltes<br />

Firmenkonglomerat hat schon vor Jahren alle<br />

möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, um eine<br />

Konsolidierungspflicht der Signa Holding unter<br />

allen Umständen zu vermeiden.“<br />

Wie hoch der Betrag ist,<br />

weiß kein Mensch<br />

Benko fordert im Zuge seines Rückzuges - wohl<br />

unbedingt notwendige - Beiträge der internationalen,<br />

milliardenschweren Mitgesellschafter,<br />

die er ursprünglich in sein Boot geholt hatte.<br />

„Wie hoch der Betrag ist, weiß kein Mensch“,<br />

verweist Haselsteiner wieder auf Geiwitz.<br />

Haselsteiner hofft laut „Tiroler Tageszeitung“<br />

aber, dass alle Gesellschafter mitziehen: „Sonst<br />

wird das nichts.“ Er selbst ist über eine Stiftung<br />

mit 15 Prozent in der Signa investiert.<br />

10,8 Mrd. Euro Schulden<br />

Wie hoch die Verbindlichkeiten sind, darüber<br />

darf spekuliert werden. In der „Kleinen Zeitung“<br />

hieß es vor kurzem, dass der Großteil<br />

der Signa-Verbindlichkeiten Bankschulden<br />

mit den größten Gläubigern Raiffeisen-Gruppe<br />

und Bank Austria seien. Auf 10,8 Milliarden<br />

Euro sollen sich die Schulden der Signa Prime<br />

(u. a. KaDeWe Berlin) laut Medienberichten<br />

Ende 2022 summiert haben. Auch das Ergebnis<br />

drehte deutlich ins Minus, nach 700 Millionen<br />

Euro Gewinn 2021 betrug 2022 der Verlust<br />

1,019 Milliarden Euro. Schon 2022 hätten die<br />

Verbindlichkeiten nicht mehr aus eigener Kraft<br />

bedient werden können, schreibt die „Kleine“.<br />

Ohne Kapitalerhöhung von 750 Millionen Euro<br />

hätte der Signa Prime bereits im letzten Jahr die<br />

Zahlungsunfähigkeit gedroht.<br />

Das Gesamt-Exposure der Finanzinstitute habe<br />

sich auf rund 2,2 Milliarden Euro belaufen, so<br />

ein Insider zur Nachrichtenagentur Reuters<br />

und bezog sich auf Daten von der Mitte des<br />

Jahres. Die größten Kreditgeber seien die<br />

Raiffeisen Bank International (RBI), die ihr Engagement<br />

bei Signa in den vergangenen Jahren<br />

deutlich reduziert habe, und die zur italienischen<br />

UniCredit gehörende Bank Austria. Auf<br />

diese beiden Geldhäuser entfielen den Daten<br />

zufolge beinahe zwei Drittel des Kreditvolumens,<br />

so der Insider.<br />

Laut „Oberösterreichischen Nachrichten“ dürften<br />

die Signa-Finanzierungen der RLB Oberösterreich<br />

bei 150 bis 200 Millionen Euro gelegen<br />

sein, mittlerweile soll es aber deutlich weniger<br />

- ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag -<br />

sein. Auch RBI und Bank Austria dürften sich<br />

laut Zeitung entschlossen haben, ihr Engagement<br />

zu reduzieren. Die Banken haben sich<br />

laut „Standard“ zu ungefähr zwei Drittel mit<br />

Immobilien im Grundbuch abgesichert. Das<br />

Engagement könne zwar schmerzhaft enden,<br />

sei aber verkraftbar, hieß es aus Bankenkreisen<br />

gegenüber der Zeitung.<br />

Die heimischen Versicherer UNIQA und Vienna<br />

Insurance Group (VIG) halten Anleihen<br />

der schlingernden Immobilien- und Handelsgruppe<br />

Signa rund um den Tiroler Investor<br />

Rene Benko in Höhe von 130 Millionen Euro.<br />

Die UNIQA hat Papiere von Signa in Höhe von<br />

rund 80 Millionen Euro. Die VIG erklärte gegenüber<br />

den „Oberösterreichischen Nachrichten“,<br />

eine Signa-Anleihe mit 50 Millionen Euro<br />

Nominale zu besitzen.<br />

Auch deutsche Landesbanken gehören zu<br />

den großen Kreditgebern der Signa-Gruppe.<br />

Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba),<br />

die mehrheitlich Sparkassen in Hessen,<br />

Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Brandenburg<br />

gehört, soll der Immobilien- und<br />

Handelsgruppe ein mittleres dreistelligen<br />

Millionen-Darlehen gegeben haben, berichtet<br />

die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Die<br />

Nord LB in Hannover soll mit einem niedrigen<br />

dreistelligen Millionenbetrag engagiert sein.<br />

Die Bayern LB in München und die LBBW in<br />

Stuttgart haben laut Zeitung weniger als die<br />

Helaba, aber mehr als die Nord LB an Krediten<br />

an Signa vergeben. Die LBBW will ihr Engagement<br />

nicht beziffern. Mit einem hohen zweistelligen<br />

Millionenbetrag haben laut Zeitung<br />

die DZ Bank, das Spitzeninstitut der deutschen<br />

Volksbanken und Raiffeisenbanken, sowie<br />

ihre Tochtergesellschaft DZ Hyp Immobilienobjekte<br />

von Signa finanziert. Keine dieser<br />

Banken wollte sich zu diesen Informationen<br />

auf „FAZ“-Anfrage äußern.<br />

Im Gegensatz zu den Banken haben die Signa-<br />

Holding-Gesellschafter (unter anderem Haselsteiner,<br />

Tanner, Toeller) und Signa-Prime- und<br />

Development-Aktionäre (u.a. Peugeot, RAG-<br />

Stiftung, Union Investment) keine Besicherungen<br />

für ihre Investments.<br />

Ralf Schmitz<br />

Schmitz absolvierte ein Diplomstudium Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität GH Paderborn mit den<br />

Schwerpunkten Bilanzen, Finanzen, Steuern und Kapitalmarkt-theorien. Er blickt auf eine 20-jährige Erfahrung<br />

im Bereich Restrukturierung an deutschen Standorten in unterschiedlichen Branchen – von der<br />

Automobilindustrie über den Maschinen- und Anlagenbau bis zu Immobilien und Medien – zurück.<br />

Zwischen 2010 und 2017 war Herr Schmitz als Partner bei einer renommierten Unternehmensberatung<br />

und Partner in Köln tätig, wo er operative und finanzielle Restrukturierungsaufgaben von<br />

Firmen im größeren Mittelstand und Konzernen innehatte.<br />

In den Jahren 2013 bis 2019 war der 56-jährige Düsseldorfer als CRO in diversen Unter-nehmen, u.<br />

a. bei der Edscha AG, DIHAG AG, A.T.U, STEAG GmbH sowie IVG-Immobilien tätig. Im November<br />

2017 gründete Ralf Schmitz seine Unternehmensberatung Schmitz und Partner in Düsseldorf.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

109


René Benko<br />

D<br />

er Aufstieg des Immobilientycoons<br />

René Benko klingt zunächst<br />

wie aus dem Bilderbuch:<br />

Aus einfachen Verhältnissen<br />

und ohne Schulabschluss schaffte es der Tiroler<br />

zu einem der reichsten Unternehmer des<br />

Landes. Doch jetzt Benko und seine Signa-<br />

Holding in der Krise. Seine Firmen schreiben<br />

Verluste, große Geldgeber wenden sich ab.<br />

Wer ist der Mann, dem nun der tiefe Fall prophezeit<br />

wird?<br />

Benkos Imperium, die Signa Holding, hat<br />

der 46-Jährige aus Innsbruck bereits mit 22<br />

Jahren aufzubauen begonnen. Auf 4,2 Milliarden<br />

Euro schätzt das Magazin „Trend“ heute<br />

das Vermögen von Benko. Mit 20 Jahren<br />

soll er seine erste Schilling-Million gehabt<br />

haben, mit 40 war er Euro-Milliardär, so die<br />

Zeitschrift, die ihn derzeit auf Platz acht der<br />

hundert reichsten Österreicherinnen und Österreicher<br />

führt.<br />

Schon als Schüler erregte der Sohn eines<br />

Gemeindebediensteten und einer Kindergärtnerin<br />

Mitte der 1990er-Jahre Aufsehen. Als<br />

17-Jähriger organisierte er für einen befreundeten<br />

Innsbrucker Baumeister den Ausbau<br />

von Dachböden in bester Stadtlage. Dass er<br />

damit gutes Geld verdiente, stellte er auch zur<br />

Schau. Schulkollegen erinnerten sich vor einigen<br />

Jahren im „Falter“ an Goldkettchen und<br />

einen geleasten Ferrari.<br />

Blitzgneißer“ mit gutem<br />

Geschäftsinstinkt<br />

Benko gilt in seinem Umfeld als „Blitzgneißer“<br />

mit gutem Geschäftsinstinkt, als „super Netzwerker“<br />

und vor allem als sehr arbeitswillig<br />

- nach eigenen Angaben steht er jeden Tag um<br />

halb fünf in der Früh auf und arbeitet bis kurz<br />

vor Mitternacht.<br />

Nur die Schule hat Benko nicht so ernst genommen.<br />

„Das ist wahrlich so, ich war im<br />

letzten Schuljahr, im Maturajahr, so wenig in<br />

der Schule, dass ich dann aufgrund der vielen<br />

Fehlstunden nicht mehr zur Matura zugelassen<br />

wurde“, erzählte er vor vielen Jahren in<br />

einem ORF-Interview.<br />

Benko gelang es früh, Reiche und Prominente<br />

von seinen Geschäftsideen zu überzeugen.<br />

Kurz nach der Gründung der Immofina, aus<br />

der später die Signa-Gruppe hervorging, traf<br />

er auf den Stroh-Tankstellenerben Karl Kovarik,<br />

der sich 2001 in Benkos Unternehmen einkaufte.<br />

Mit Kovariks Geld, einem zweistelligen<br />

Millionenbetrag, wuchs die Signa Holding zu<br />

einem der größten österreichischen Immobilienunternehmen<br />

heran, das seine Fühler längst<br />

auch ins Ausland, vor allem nach Deutschland,<br />

ausgestreckt hat.<br />

Der erste große Deal, mit dem der Tiroler 2004<br />

auf sich aufmerksam machte, war die Übernahme<br />

des Kaufhaus Tyrol, dem bekanntesten<br />

Warenhaus in dem westlichen Bundesland.<br />

Heute gehören zur Signa-Gruppe Immobilien<br />

wie das „Goldene Quartier“ in der Wiener Innenstadt,<br />

das Gebäude der Deutschen Börse in<br />

Eschborn, eine Hälftebeteiligung am Chrysler<br />

Building in New York, das Nobelkaufhaus<br />

Selfridges in London oder der Elbtower in<br />

Hamburg, bei dem zuletzt die Bauarbeiten<br />

eingestellt werden mussten, weil Signa nach<br />

Angaben der Baufirma nicht rechtzeitig zahlte.<br />

Das sind nur einige Beispiele für das Immobilienimperium<br />

rund um Benko und seine Signa-<br />

Gruppe. Die gleichnamige Holding gehört<br />

Fotos: APA/GEORG HOCHMUTH, : APA/HANS KLAUS TECHT<br />

110 ImmoFokus


indirekt zu 77,5 Prozent der Familie Benko, 15<br />

Prozent hält die Familienstiftung um den Industriellen<br />

und Ex-Strabag-Konzernchef Hans<br />

Peter Haselsteiner.<br />

Benko ist auf Diskretion bedacht, wenn es<br />

um sein Privatleben geht. Der mit einem Ex-<br />

Model verheiratete mehrfache Familienvater<br />

beschränkt seine öffentlichen Äußerungen<br />

und Auftritte auf ein Minimum. Seine Verschwiegenheit<br />

gilt auch für seine Geschäftsergebnisse<br />

- in die Bücher seiner bewusst nicht<br />

börsennotierten Signa Holding lässt er Außenstehende<br />

in der Regel nicht blicken, insbesondere<br />

Gewinn- und Reservezahlen behält er<br />

lieber für sich.<br />

Mit dem Kauf der österreichischen Möbelketten<br />

Kika und Leiner verschaffte sich Benko<br />

den Eintritt in den heimischen Handel. Ebenfalls<br />

2018 beteiligte sich Benko mit knapp 25<br />

Prozent an den österreichischen Tageszeitungen<br />

Kronen Zeitung und Kurier.<br />

Der „Tiroler des Jahres 2011“ ist nicht unumstritten.<br />

Benko steht regelmäßig im Fokus<br />

wegen seiner Immobiliengeschäfte, dem Geschäftsgebaren<br />

der Signa-Gruppe, seiner offenbaren<br />

Nähe zu Politikern und dem Vorwurf<br />

der politischen Einflussnahme in Österreich.<br />

Im Herbst 2022 hatte es Hausdurchsuchungen<br />

bei der Signa-Gruppe durch die Wirtschaftsund<br />

Korruptionsstaatsanwaltschaft gegeben.<br />

Auch der Umgang mit Galeria Karstadt Kaufhof<br />

in Deutschland brachte Benko Kritik ein,<br />

weil Galeria insgesamt knapp 700 Mio. Euro<br />

Staatshilfen bekam, dann in großem Stil Leute<br />

kündigte und Filialen schloss. Für ähnliche<br />

Kritik sorgte das Vorgehen seiner Möbelhauskette<br />

Kika/Leiner in Österreich. Während<br />

der Coronapandemie unterstützte der österreichische<br />

Staat die Möbelhausgruppe mit<br />

Steuerstundungen in Höhe von 150 Mio. Euro,<br />

zudem schickte der Möbelhändler fast alle<br />

4.200 Mitarbeiter in Kurzarbeit.<br />

Benko umgibt sich gerne mit Prominenten aus<br />

Politik und Wirtschaft, die ihm immer wieder<br />

beträchtliche Summen anvertraut haben. Zu<br />

seinem herbstlichen Törggelen, dem Südtiroler<br />

Brauch mit Maroni-Essen und Wein,<br />

erscheinen alljährlich wichtige Menschen<br />

aus Wirtschaft, Politik, Medien und Kultur.<br />

Der Unternehmer baute sich ein prominentes<br />

Netzwerk auf. Im Beirat seiner Holding sitzen<br />

unter anderem Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer,<br />

die Wüstenrot-Chefin und Ex-FPÖ-<br />

Vize-Kanzlerin Susanne Riess-Hahn und der<br />

ehemalige Bank-Austria-Chef Karl Samstag.<br />

2012 erlitt Benko einen Rückschlag als er<br />

wegen versuchter verbotener Intervention<br />

vor Gericht stand. In der Folge hat sich<br />

Benko zwar operativ aus seiner Signa Holding<br />

zurückgezogen, verfügt aber über seine<br />

Familienstiftungen über die Mehrheit der<br />

Stimmrechte und gilt weiterhin als zentraler<br />

Entscheidungsträger.<br />

Der umtriebige Tiroler beließ es nicht beim<br />

Immobiliengeschäft, sondern baute nach und<br />

nach auch ein Handelsimperium mit teils<br />

recht attraktiven Immobilien in zentraler Lage<br />

auf. 2012 übernahm er gemeinsam mit dem israelischen<br />

Diamantenhändler Beny Steinmetz<br />

das berühmte Kaufhaus des Westens, das Ka-<br />

DeWe, in Berlin. Europaweit bekannt wurde<br />

er 2014 mit dem Kauf der angeschlagenen<br />

deutschen Warenhauskette Karstadt, die er<br />

sanierte. Nachdem sich Benko 2019 auch den<br />

Karstadt-Konkurrenten Kaufhof einverleibt<br />

hatte, fusionierte er die beiden Kaufhäuser<br />

unter dem Dach der „Galeria Karstadt Kaufhof<br />

GmbH“.<br />

Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid wirft Benko<br />

vor, dieser habe ihm einen Job im Signa-Konzern<br />

angeboten, wenn Schmid im Gegenzug<br />

millionenschwere Steuerangelegenheiten für<br />

ihn „auf Schiene“ bringe. Benko bestreitet<br />

sämtliche Vorwürfe.<br />

Anfang Juni <strong>2023</strong> zog sich Benko aus der erst<br />

2018 von der südafrikanischen Steinhoff-<br />

Gruppe übernommenen Kika/Leiner-Gruppe<br />

zurück. Seine Signa-Gruppe verkaufte die<br />

Immobilien der Möbelkette Kika/Leiner an<br />

die Grazer Supernova-Gruppe. Kurz nach<br />

dem Verkauf wurde bekannt, dass rund die<br />

Hälfte der Kika/Leiner-Belegschaft gekündigt<br />

werden müsse, wenige Tage später wurde die<br />

Insolvenz der Möbelkette angemeldet. Der<br />

Hergang und die Folgen der größten Insolvenz<br />

der vergangenen zehn Jahre brachten<br />

den Geschäftsmann erneut in die Schlagzeilen.<br />

<strong>2023</strong> ist kein gutes Jahr für Benko, denn die<br />

Probleme häufen sich. Die EU-Bankenaufsicht<br />

unterzieht die Kredite von Banken an die<br />

Signa-Gruppe einer Sonderprüfung. Der Abschwung<br />

am Immobilienmarkt trifft die Signa<br />

Holding hart. Hohe Abwertungen auf das<br />

Immobilienportfolio drückten das Ergebnis<br />

der Signa Prime Selection AG im vergangenen<br />

Jahr tief ins Minus. Die Signa Sports United,<br />

der Online-Sportartikelhändler rund um<br />

Benko, ist zahlungsunfähig und musste im<br />

Oktober Insolvenz anmelden.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

111


Zum Autor<br />

Andreas Kreutzer ist Geschäftsführer des Beraternetzwerks<br />

Kreutzer Fischer & Partner mit Sitz in Wien. Seit nahezu<br />

30 Jahren unterstützt KFP unter anderem Unternehmen bei<br />

Marktanalysen und Projekten.<br />

Der weite Weg zum seriellen Bauen<br />

Kommentar: Andreas Kreutzer<br />

Bestandsaufnahme Oktober <strong>2023</strong>: Seit 2020 sind die Baupreise im<br />

Wohnungs- und Siedlungsbau um 34 Prozent gestiegen. Im selben<br />

Zeitraum ist die Anzahl der baugenehmigten Wohnungen in Objektwohngebäuden<br />

um die Hälfte gesunken. Im heurigen Jahr wird voraussichtlich<br />

nur noch mit dem Bau von rund 30.000 Wohnungen<br />

begonnen. 2021 waren es noch 48.000 Wohneinheiten. Im Allgemeinen<br />

werden dafür die KIM-Verordnung und die steigenden Zinsen<br />

für Wohnbaudarlehen verantwortlich gemacht. Allerdings war die<br />

Kreditfinanzierung zuletzt in den Jahren 2007 und 2008 noch kostspieliger<br />

als heute. Und eine KIM-Verordnung gibt es etwa in Deutschland<br />

nicht, trotzdem bricht auch dort der Wohnungsneubau ein. Bei<br />

genauer Betrachtung sind es daher die hohen Baupreise, die die Neubauproduktion<br />

lähmen. In beiden Ländern haben sie sich mehr und<br />

mehr von der Infla-tion abgekoppelt. In Österreich erhöhten sich die<br />

Baupreise seit 2015 um ein Fünftel rascher als die Verbraucherpreise.<br />

Der Grund dafür ist hinlänglich bekannt: Während die Arbeitsproduktivität<br />

gesamtwirtschaftlich seit 1995 um rund 40 Prozent stieg,<br />

entwickelte sie sich im Bausektor – unter Berücksichtigung höherer<br />

technischer Anforderungen – nur seitwärts. Steigende Kosten müssen<br />

daher zur Gänze an den Bauherrn weitergegeben werden.<br />

Verantwortlich für die Stagnation der Arbeitsproduktivität sind nicht<br />

alleine die Bauunternehmen. Auch die Auftraggeber tragen entscheidend<br />

dazu bei. Denn Wohngebäude werden in der Regel nach wie vor<br />

individuell geplant, von den Behörden „einzeltypisiert“ und danach<br />

maßgeschneidert errichtet. Über serielles Bauen wird zwar gerne<br />

diskutiert, sehr weit gekommen ist man bislang aber nicht. Selbst auf<br />

der „Grünen Wiese“, wo, anders als beim Schließen von Baulücken,<br />

planerisch vergleichsweise wenige Restriktionen zu berück-sichtigen<br />

sind, ist der Prototypenbau omnipräsent. Dabei war man in dieser<br />

Hinsicht in den 1970er-Jahren schon weiter. Damals wurden etwa am<br />

Stadtrand von Wien im großen Stil identische Gebäude in industrieller<br />

Weise hochgezogen. Die Kosten waren beeindruckend niedrig.<br />

Würde man zu „Losgrößen“ in ähnlichen Dimensionen zurückkehren,<br />

könnte man selbst unter Berücksichtigung der heutigen technischen<br />

Standards um gut 40 Prozent günstiger bauen: zum einen infolge der<br />

steigenden Produktivität, zum anderen, weil beim Bau von Typenhäusern<br />

Bauverfahren stark verkürzt werden könnten. Befürchtungen architektonischer<br />

Monotonie sind unbegründet. Wie die nicht realisierten<br />

Entwürfe zur Stadtentwicklung in Wien von Otto Wagner zeigen,<br />

kann Gleichartigkeit ziemlich reizvoll sein.<br />

Fotos: Sima.pix, Alexander Chitsazan, Adobe Stock<br />

112 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Karina Schunker startete ihre Karriere in der EHL-Gruppe im<br />

Vertrieb von Miet- und Eigentumswohnungen. 2019 wurde<br />

ihr für EHL Wohnen die Prokura verliehen. Seit 2021 ist sie<br />

Geschäftsführerin von EHL Wohnen.<br />

Wohnquartiere – attraktiv,<br />

vielfältig und lebenswert<br />

Kommentar: Karina Schunker<br />

Über die letzten Jahre entstanden immer mehr Quartiersentwicklungen,<br />

die sich vor allem bei Wohnungssuchenden sehr großer<br />

Beliebtheit erfreuen. Das liegt insbesondere daran, dass solche neu<br />

gewachsenen Stadtviertel für Bewohner eine besonders hohe Wohnund<br />

Lebensqualität bieten.<br />

Eine der wichtigsten Komponenten dabei ist die Schaffung einer<br />

neuen Infrastruktur, die genau auf die Bedürfnisse der Bewohner<br />

abgestimmt wird. Dies umfasst nicht nur schön gestaltete Erschließungswege,<br />

Begegnungszonen, Verkehrswege und die Anbindung an<br />

öffentliche Verkehrsmittel, sondern ebenso die Bereitstellung von Bildungseinrichtungen<br />

und Einkaufsmöglichkeiten sowie Gastronomiebetriebe<br />

und Angebote zur Freizeitgestaltung in unmittelbarer Nähe.<br />

Das tägliche Leben der Menschen soll zum einen erheblich erleichtert<br />

und zum anderen die Abhängigkeit von weit entfernten Stadtzentren<br />

reduziert werden.<br />

Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die soziale Durchmischung der<br />

Quartiere. Eine Vielfalt unterschiedlicher Assetklassen und sozialer<br />

Schichten trägt dazu bei, dass sich Menschen unterschiedlichen Alters<br />

und sozialen Hintergrundes begegnen und voneinander profitieren können.<br />

Das soziale Miteinander wird gefördert und es entstehen lebendige<br />

Gemeinschaften, die sich gegenseitig unterstützen. Dazu gehört auch die<br />

generationsübergreifende Gestaltung der Quartiere, bei der die Bedürfnisse<br />

und Interessen aller Altersgruppen berücksichtigt werden.<br />

Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die Aufwertung des zuvor bestehenden<br />

Grätzls. Das beinhaltet die Pflege und Verschönerung öffentlicher<br />

Räume, von Parks und von Plätzen, mit der Absicht, diese zu attraktiven<br />

Treffpunkten macht. Des Weiteren sorgt eine gute Durchmischung<br />

von Wohn- und Gewerbeflächen dafür, dass die Quartiere<br />

belebt sind und auch in wirtschaftlicher Hinsicht florieren.<br />

Historisch gewachsene Stadtzentren verlieren mit der Entwicklung<br />

neuer Wohnquartiere ihre Alleinstellungsmerkmale. Das hat den<br />

Vorteil, dass die Verkehrsbelastung in diesen Gebieten reduziert wird<br />

und so wiederum die Lebensqualität in Innenstädten steigt.<br />

Bei der Konzeptionierung eines Quartiers geht es primär um ein neues<br />

Grätzl, das oftmals als 15-Minutenstadt bezeichnet wird. Dies bedeutet,<br />

dass die Bedürfnisse und Wünsche der Bewohner berücksichtigt<br />

werden und alle Wege des täglichen Bedarfs in einem Umkreis von 15<br />

Minuten Fußmarsch zurückgelegt werden können. Mittlerweile wird<br />

für die Nutzung sowie die weitere Ausgestaltung des Quartiers meist<br />

auch die Gemeinschaft aktiv miteingebunden.<br />

Im Gespräch mit unseren Kunden stellen wir<br />

bei EHL immer wieder fest, dass Wohnquartiere<br />

stark an Attraktivität gewonnen haben<br />

und besonders positiv aufgenommen werden.<br />

Vor allem gut geplante Quartiere mit gemischter<br />

Nutzung bieten optimale Voraussetzungen,<br />

um für die Bewohner eine nachhaltige<br />

Wohnumgebung, verbunden mit einer besonders<br />

hohen Lebensqualität, zu schaffen.<br />

Fotos: ALEXANDER SCHLEISSING, Adobe Stock<br />

113 ImmoFokus


Zum Autor<br />

Wolfgang Scheibenpflug ist Geschäftsbereichsleiter für<br />

Immobilien- und Standortmanagement der Flughafen<br />

Wien AG sowie Präsidiumsmitglied der ÖGNI und Mitglied<br />

bei IMMQ und RICS.<br />

Quartiersentwicklung als strategische Aufgabe<br />

Kommentar: Wolfgang Scheibenpflug<br />

Standort- und Quartiersentwicklungen sind hochstrategische und<br />

langfristige Planungsansätze, um eine integrierte Immobilienentwicklung<br />

und die Schaffung von dafür notwendigen Dienstleistungsangeboten<br />

zu gewährleisten. Das prioritäre Ziel dieser Entwicklungen<br />

ist, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der dort lebenden beziehungsweise<br />

arbeitenden Menschen nachhaltig zu verbessern und die<br />

Attraktivität des jeweiligen Standortes zu erhöhen.<br />

Gerade die COVID-19-Krise hat nicht nur die<br />

Verletzbarkeit unserer Gesellschaften in<br />

mannigfacher Hinsicht aufgezeigt, sondern<br />

auch zu großen Umwälzungen<br />

in der Arbeitswelt geführt. Viele<br />

Entwicklungen, die bereits seit<br />

Jahren in der Immobilienbranche<br />

diskutiert wurden, haben in kürzester<br />

Zeit Einzug in unsere Büros<br />

und Arbeitsstätten gefunden.<br />

Home-Office, flexibles Arbeiten,<br />

ein Verschwinden der Grenzen von<br />

Arbeit und Freizeit durch die rasant<br />

fortschreitende Digitalisierung und<br />

viele weitere Veränderungen zwingen<br />

auch die Immobilienbranche zu einem<br />

Strategiewechsel hinsichtlich zukünftiger<br />

Projektentwicklungen.<br />

Für diese Veränderungen und zukünftigen Herausforderungen<br />

können Quartiersentwicklungen als geeigneter<br />

Lösungsansatz gesehen werden. Gerade die holistische Betrachtungsweise<br />

dieser Entwicklungen, die weit über die Bebauung einer<br />

Einzelparzelle hinausdenkt, ja besonders die Kundenbedürfnisse<br />

eines ganzen Areals in den Mittelpunkt aller Bemühungen stellt,<br />

kann einen entscheidenden Unterschied darstellen. Notwendige und<br />

gesellschaftspolitisch geforderte Dienstleistungen wie Kindergärten,<br />

Sozialeinrichtungen et cetera, aber auch „klimafitte“ Grünräume und<br />

Begegnungszonen können bereits frühzeitig mitgedacht werden.<br />

Quartiersentwicklungen können, neben den bereits genannten Vorteilen,<br />

auch als ideale Experimentierfelder für technische<br />

Innovationen und Nachhaltigkeit erkannt werden.<br />

Insbesondere dann, wenn eine (Neu-) Gestaltung<br />

eines Areals gesamtheitlich gesteuert<br />

ist. Das ermöglicht vielleicht auch die<br />

Etablierung von Innovationen, welche<br />

für sich (noch) nicht wirtschaftlich betrieben<br />

werden können, jedoch zum<br />

Gesamtnutzen der Bewohner und<br />

damit indirekt zu einer positiven<br />

wirtschaftlichen Betrachtung des<br />

Gebietes beitragen.<br />

Für eine gelungene Entwicklung ist<br />

eine umfassende Kommunikation<br />

mit allen Betroffenen von höchster<br />

Bedeutung. Diese sollte sich aber keinesfalls<br />

in einer „bloßen“ Informationsweitergabe<br />

erschöpfen, sondern in einen<br />

anhaltenden „Dialog auf Augenhöhe“ münden.<br />

Die Gründung eines „Communityvereins“<br />

kann, neben vielen weiteren Maßnahmen, als probates<br />

Mittel erkannt werden. Dies führt nicht nur zu einem<br />

besseren Verständnis und einer engeren Vernetzung aller Akteure,<br />

sondern unter anderem auch zu deutlich niedrigeren Fluktuationsraten<br />

bei Mietern, was wiederum zu verbesserten wirtschaftlichen<br />

Kennzahlen beitragen kann.<br />

Fotos: ALEXANDER SCHLEISSING, Adobe Stock<br />

114 ImmoFokus


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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

115


Zum Autor<br />

Hans Jörg Ulreich, Gründer und geschäftsführender<br />

Gesellschafter der Ulreich Bauträger GmbH,<br />

Bauträger sprecher Österreich, Lektor an der TU Wien<br />

und FH Wien.<br />

Knapp daneben ist nicht vorbei<br />

Kommentar: Hans Jörg Ulreich<br />

Ich weiß nicht, ob es allen Wiener Kollegen bewusst war: Die anstehende<br />

Bauordnungsnovelle hätte in ihrer ursprünglichen Fassung das<br />

Wiener Stadtbild über alle Widmungen gestellt. Im Grunde genommen<br />

war dies eine andere Formulierung dafür, dass die MA19 zukünftig<br />

Dachgeschossausbauten nur noch mit einem (!) Geschoß bewilligt<br />

hätte. Zusätzlich zum Altbaupickerl und allen anderen Irrwitzigkeiten<br />

also das Tüpfelchen auf dem i für innerstädtische Projektentwickler<br />

und damit das offizielle Ende als Folge für ökologisch nachhaltige Altbausanierungen.<br />

Was ich, als Branchenvertreter und betroffener Unternehmer, in den<br />

letzten Tagen und Wochen an Informationskampagnen in Bewegung<br />

setzte, um darauf aufmerksam zu machen und um mit Verbündeten<br />

vernünftige Entscheidungsträger von der Irrsinnigkeit dieser Regelung<br />

zu überzeugen, findet gar keinen Platz in dem gesamten Journal.<br />

Round-Table-Gespräche, Kritik bei jeder Gelegenheit, bewusste Journalistenaufklärung<br />

und vieles mehr, all das habe nicht nur ich, sondern<br />

haben viele besorgte Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen unserer<br />

Branche ebenso wie die Industrie und die Gewerkschaft versucht.<br />

Das Ergebnis ist offensichtlich zumindest ein bisschen Einsicht bei<br />

den politisch Verantwortlichen. Statt einer eindeutigen Regelung pro<br />

innerstädtischer Nachverdichtung und Sanierung oder dagegen gibt es<br />

nunmehr wenigstens eine vage Hoffnung.<br />

Keine einzige Branche wird derzeit von der Wirtschaftskrise so durchgerüttelt<br />

wie die unsere. Es gibt keine Ecke, an der gerade nicht „der<br />

Hut brennt“. Die Baukosten steigen und steigen, Entwicklungen ziehen<br />

sich über Jahre und der Kundenmarkt bricht dramatisch ein. Klare<br />

Entwicklungen, allen positiven Prophezeiungen zum Trotz, kann man<br />

angesichts der weltpolitischen Lage beim besten Willen nicht treffen.<br />

Wir befinden uns ganz allgemein in einem Ausnahmezustand.<br />

Die Gewerkschaften warnen, dass die jetzt in die Arbeitslosigkeit gedrängten<br />

Fachkräfte – wie schon in der Gastronomie nach der Pandemie<br />

– nicht wieder zurückkehren werden. Bauträger legen noch nicht entwickelte<br />

Projekte auf die Warteschiene, was wiederum einen massiven<br />

Einbruch in allen daran hängenden Branchen bedeutet. Viele kleinere<br />

und mittlere Unternehmen kämpfen um ihre Existenz.<br />

Obwohl ich selbst Teil unserer Interessensvertretung bin, habe ich das<br />

Gefühl, dass selbst diese, und zwar nicht nur die unsere, eben auch die<br />

Fotos: Sebastian Philipp, Adobe Stock<br />

116 ImmoFokus


| BA12-12aG |<br />

So baut<br />

man heute<br />

Building Automation von Beckhoff<br />

Gewerkschaften, langsam von einem Gefühl der Ohnmacht überkommen<br />

werden.<br />

Seit dem Beginn meiner Arbeit in der WKO habe ich es noch nie<br />

erlebt, dass so viele unterschiedliche Lager und Vertreter alle im<br />

Grunde genommen dasselbe wollen: Nämlich genau jetzt die richtigen<br />

Rahmenbedingungen zur Ankurbelung von Sanierungen<br />

und indirekt damit auch die Ankurbelung von innerstädtischer<br />

und innerdörflicher Nachverdichtung, bei zweiterem, der innerdörflichen<br />

Belebung, zu schaffen.<br />

So baut man flexibel:<br />

mit Beton.<br />

So baut man klassisch:<br />

mit Ziegelsteinen.<br />

So baut man sicher:<br />

mit Stahl.<br />

Die politischen Vertreter auf Bund- und Landesebenen stellen sich<br />

diesbezüglich taub und bilden aus meiner Sicht mittlerweile schon<br />

als Pendant zu uns eine geschlossene Parallelgesellschaft. Anders<br />

kann ich meinen Eindruck nicht beschreiben.<br />

Gut, manchmal dringt oder besser drängt Kritik durch und mündet<br />

in eine rechtliche Formulierung, die viel Ermessenspielraum zulässt,<br />

allerdings in jede Richtung.<br />

Aber wir können so nicht mehr weitermachen und immer darauf<br />

bauen, dass in letzter Sekunde doch noch etwas – von „den anderen“<br />

– bewegt wird.<br />

Es sieht wirklich nicht gut aus. Und die Kopf-in-den-Sand-Taktik,<br />

liebe Kolleginnen und Kollegen, hat uns alles andere als voran gebracht.<br />

Wenn wir nicht endlich aufwachen, warum sollte sich politisch<br />

etwas bewegen?<br />

Nur weil unser Boot besser gepolstert ist als andere, heißt es nicht,<br />

dass wir vor dem Sinken geschützt sind.<br />

Wenn wir Sanierungsanreize und vieles mehr wollen, dann müssen<br />

wir heute damit anfangen, dies einzufordern und zu propagieren,<br />

statt bis zur nächsten Gesetzesvorlage zu warten.<br />

Anders wird es sich nicht mehr lange ausgehen. Dann fährt nämlich<br />

– und das vergessen auch viele – neben Unternehmen auch die<br />

Umwelt, unser Lebensraum, an die Wand.<br />

So baut man intelligent:<br />

mit Automatisierungskomponenten von Beckhoff.<br />

Mit Beckhoff Building Automation lassen sich alle Gewerke auf Basis<br />

eines ganzheitlichen, durchgängigen, PC- und Ethernet-basierten<br />

Gebäudeautomatisierungskonzeptes integrieren. Der Effekt: Investitionskosten<br />

werden minimiert, Wartung und Flexibilität werden optimiert, die<br />

Engineeringkosten gesenkt und alle Kriterien für Gebäudeautomation<br />

nach Energieeffizienzklasse A erfüllt. Das modulare Beckhoff Steuerungssystem<br />

erlaubt eine Anbindung aller Datenpunkte und Subsysteme über<br />

Beckhoff Busklemmen sowie eine flexible Bedienung, vom Smart-Phone<br />

bis zum Touchpanel.<br />

Scannen und alles<br />

über die Gebäudeautomation<br />

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Ich will das alles nicht und bitte Gleichgesinnte um direkte Kontaktaufnahme.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

117


Zum Autor<br />

Alexa Krenauer ist Immobilienverwalterin und<br />

Prokuristin in der IV Mag. Christian Krenauer GmbH<br />

und Mitglied beim Salon Real. Sie ist Wirtschafts- und<br />

Immomediatorin, Businesscoach, Lektorin, Co-Autorin.<br />

MUT ZUR LÖSUNG<br />

Kommentar: Alexa Krenauer<br />

Seit Beginn meiner beruflichen Laufbahn in der Immobilienwirtschaft<br />

begegnen mir tagtäglich Konflikte und auch Beschwerden. Dabei<br />

spielt besonders der Zeitdruck, der nicht zuletzt durch elektronische<br />

und soziale Medien geprägt wird, eine wesentliche Rolle. Gerade wir<br />

Immobilientreuhänder sind dazu angehalten, in noch kürzerer Zeit<br />

noch kompetenter auf die zunehmenden Kundenforderungen einzugehen.<br />

Wie können wir dieses Ziel erreichen? Vor allem der Aspekt Kommunikation,<br />

gepaart mit Empathie und Wertschätzung, sowie soziales<br />

Management sind wichtige Schlüsselfaktoren.<br />

Konflikte auf Augenhöhe<br />

Im Rahmen meiner Tätigkeit als Lektorin an der FH Wien im Immobilienmanagement<br />

gebe ich den Studierenden mediative Tools und Fragetechniken<br />

an die Hand, die ihren Alltag erleichtern. Denn es ist mir ein großes<br />

Anliegen, die Ausbildung der angehenden Immobilientreuhänder bestmöglich<br />

zu unterstützen. Eine sehr effektive Methode ist beispielsweise<br />

die der praxisbezogenen Rollenspiele. Durch diese erfahren sie, wie man<br />

ohne Missverständnisse und vor allem auf Augenhöhe kommuniziert.<br />

Nur auf diesem Weg können wir vermeiden, dass Konflikte eskalieren<br />

und es zu Gerichts- und Schiedsverfahren kommt.<br />

Veränderungen im Kundenverhalten<br />

In den letzten Jahren, nicht zuletzt durch die Coronapandemie bedingt,<br />

konnten wir eine nachhaltige Veränderung des Kundenverhaltens beobachten.<br />

Der Lockdown und das damit einhergehende „verordnete“<br />

Home-Office haben für viele von uns zu Umstrukturierungen in unserem<br />

Alltag geführt. Neue Herausforderungen wie das Zusammenleben auf<br />

engem Raum, Zeitmanagement und auch der persönliche Umgang miteinander<br />

sind stark in den Vordergrund getreten. Durch die allgemeine<br />

Unsicherheit und auch die folgende Wirtschaftskrise ist eine verstärkte<br />

Aggressivität deutlich spürbar. Denn: Die Existenzsorgen sind unweigerlich<br />

mit den steigenden Kosten verbunden. Und gerade deswegen habe<br />

ich es mir zur Aufgabe gemacht, Referenten in Immobilienverwaltungen<br />

entsprechend vorzubereiten und zu schulen. Denn hier muss man klare<br />

Grenzen zwischen dem Beruflichen und dem Privaten ziehen können.<br />

Die Probleme dürfen keinesfalls mit nach Hause genommen werden<br />

und um das zu ermöglichen, muss man lernen, sich abzugrenzen und<br />

Vorwürfe nicht persönlich zu nehmen.<br />

Kommunikation – das A & O<br />

Dass Kommunikation die Basis einer jeden Kundenbeziehung ist, brauche<br />

ich wohl nicht zu erwähnen. Dass gute Kommunikation das Kundenverhalten<br />

präventiv verändern kann, möchte ich an dieser Stelle<br />

jedoch nochmal betonen! Fühlt sich der Kunde abgeholt? Sind noch<br />

Fragen offen? Wurden sämtliche Abläufe genau erklärt? Hier spielt<br />

nicht nur die verbale, sondern auch die nonverbale Kommunikation<br />

eine zentrale Rolle. Daher gilt es, Mimik, Gestik und Körpersprache zu<br />

beobachten und vor allem deuten zu lernen.<br />

Motivation durch Konfliktfähigkeit<br />

Wenn die Mitarbeiter die Kundenforderungen besser verstehen und<br />

dadurch bewältigen können, führt diese verbesserte Konfliktfähigkeit<br />

zu einer Führungskompetenz.<br />

Das Ergebnis: ausgeglichenere Mitarbeiter, bessere Work-Life-<br />

Balance und höhere Motivation. Dies reduziert zudem den Personalwechsel,<br />

da sowohl die Mitarbeiter- als auch die Kundenzufriedenheit<br />

gleichermaßen gesteigert werden können.<br />

Konflikte…<br />

• sind Chancen<br />

• fördern die Selbsterkenntnis<br />

• motivieren zur Selbstbeobachtung<br />

• festigen den Gruppenzusammenhalt<br />

• treiben Veränderungen voran<br />

• verhindern Stagnation<br />

• regen zur Lösungssuche an<br />

aber sie anzugehen erfordert MUT ZUR LÖSUNG!<br />

Fotos: studiohuger.at<br />

118 ImmoFokus


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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

119


Impulse geben.<br />

Energiereich agieren<br />

FM-Day <strong>2023</strong>.. „Rockin‘ All over the World“. Zu den Klängen des Status Quo-Hits aus den späten 70er<br />

Jahren läuteten FMA-Vorstandsvorsitzende Doris Bele und Mikis Waschl, Präsident der IFMA Austria, den<br />

energiegeladenen 8. FM-Day <strong>2023</strong> im Wiener Park Hyatt ein.<br />

I<br />

m Interview zum Opening des energiereichen<br />

Tages machte Martin Zagler,<br />

Geschäftsführer von Platinsponsor<br />

Soluto, klar, worin der Schlüssel zum<br />

Erfolg - des persönlichen, des geschäftlichen,<br />

wie auch des gesellschaftlichen - zu finden ist:<br />

„Was ich tue, mache ich mit Leidenschaften. Das<br />

Stichwort dabei lautet: Tun!“ Die FM-Branche<br />

ist sich dem bewusst, denn es gibt viel zu tun,<br />

wie das vielfältige Programm des FM-Days unter<br />

Beweis stellte.<br />

„Impulse geben. Energiereich agieren“, lautete<br />

das Motto des diesjährigen FM-Days, der erstmals<br />

als zertifiziertes „Green Meeting“ über<br />

die Bühne ging und so bereits ein starkes Zeichen<br />

dafür setzte, dass die Branche zur grünen<br />

Transformation maßgeblich beitragen kann<br />

und hier auch eine Vorreiterrolle übernimmt.<br />

Wie sehr sich FMA und IFMA Austria dabei<br />

in die Pflicht genommen sehen, zeigten die<br />

Newsticker zur aktuellen Vereinsarbeit, die auf<br />

großes Interesse stießen.<br />

So wurden von FMA und IFMA Austria unter<br />

anderem ein Leitdokument zur „Digitalisierung<br />

im FM“, ein White Paper zu „ESG und<br />

FM“ und ein Handlungsleitfaden „Blackout“<br />

erstellt- und nun präsentiert. Mit „FMe- Frauen<br />

managen exzellent“ wurde zudem eine neue<br />

Initiative exklusiv für Frauen im FM ins Leben<br />

gerufen und mit ihrem Mentoring-Programm<br />

„Honey Bee meets Queen Bee“ und dem Paper<br />

„So attraktiv ist FM für Frauen“ vorgestellt.<br />

Außerdem wurden die Ergebnisse des jüngsten<br />

Workshops im Rahmen des FORUM Arbeitswelten<br />

anhand einer 3D-Mindmap dargestellt.<br />

Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil<br />

Die gegenwärtigen Herausforderungen sind<br />

vielfältig - wobei die Energiewirtschaft eine<br />

Schlüsselposition innehat, betonte Martin Graf,<br />

Vorstandsdirektor der Energie Steiermark AG,<br />

in seiner Eröffnungs-Keynote. Er fügte hinzu:<br />

„Wir erleben in der Energiewirtschaft eine Dy-<br />

Fotos: Jana Madzigon<br />

120 ImmoFokus


namik, die wir noch nie hatten.“ Und all jenen,<br />

die dem Umstieg auf erneuerbare Energien mit<br />

Skepsis und Gegenargumenten begegnen, gab<br />

er mit auf den Weg: „Glauben Sie an die Energiewende.<br />

Wenn wir mit erneuerbarer Energie<br />

um die Ecke kommen, werden wir die ausschlaggebenden<br />

Wettbewerbsvorteile haben!“<br />

Fortschritt durch Digitalisierung<br />

Energiewandel das eine, Energieeinsparen das<br />

andere - gerade im Gebäudesektor liegt hier<br />

großes Potenzial, das durch den Einsatz von KI<br />

noch besser ausgeschöpft werden kann. Clemens<br />

Wasner, Al Austria, stellte drei Startups<br />

vor, die sich genau auf diesen Geschäftsbereich<br />

fokussiert haben. Al ist in der Wirtschaft<br />

und im Alltag jedes Einzelnen angekommen<br />

- höchste Zeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />

festzulegen. Mit dem European Al Act<br />

will die EU auf einem risikobasierten System<br />

den Einsatz von KI regulieren und die nötige<br />

Rechtssicherheit schaffen .<br />

SECONTRADE, einen digitalen Marktplatz<br />

für Sekundär-Rohstoffe, zum Gewinner.<br />

Aufbruch ins Zeitalter der KI<br />

Der Vortragsblock II stand unter dem Motto<br />

„FM schafft nachhaltige Immobilien“. Auch<br />

dabei ist die Digitalisierung ein nicht wegzudenkender<br />

Faktor. Manuel Gerlach, Recogizer<br />

Group, zeigte auf, wie durch den Einsatz<br />

von KI der Gebäudebetrieb optimiert und<br />

der Energieverbrauch gesenkt werden kann.<br />

„Das Benz-Moment (Anm.: Bertha Benz hat<br />

mit ihrer ersten Fernfahrt die Eignung des<br />

neuen Verkehrsmittels Automobil bewiesen<br />

und damit alle Skeptiker zum Verstummen<br />

gebracht) für die KI war ChatGPT, es hat KI<br />

,zum Anfassen‘ gemacht. KI katapultiert die<br />

Digitalisierung auf ein neues Level und wird<br />

zum Beschleuniger auf dem Weg zur kli-<br />

maneutralen Immobilie“, hielt Gerlach fest.<br />

Daten aus dem Objektmonitoring fließen mit<br />

Umweltdaten zusammen - die KI lernt daraus<br />

und errechnet den optimalen Betrieb der Anlage.<br />

„Jede nichtverbrauchte Kilowattstunde<br />

ist ein echter Beitrag zum Klimaschutz!<br />

97 Prozent der Gebäude sind nicht fit genug,<br />

um die Klimaziele zu erreichen“, gab Manuel<br />

Gerlach zu bedenken.<br />

Um Emissionseinsparungen ging es auch<br />

beim CO2-Countdown-Award <strong>2023</strong>, dessen<br />

Preisträger im Rahmen des FM-Days von Georg<br />

Stadlhofer, IFMA Austria und Katharina<br />

Kowalski, BMK, klimaaktiv, präsentiert wurden.<br />

In insgesamt fünf Kategorien wurden herausragende<br />

Projekte und Beiträge prämiert,<br />

die alle darauf ausgerichtet sind, den CO2-<br />

Fußabdruck zu reduzieren.<br />

.,Was haben Al, FM und HR miteinander zu<br />

tun? Wie bringen wir die unter einen Hut?“ -<br />

Gertrud Götze, T Systems Austria, schloss in<br />

ihrem Vortrag direkt an ihren Vorredner an<br />

und zeigte sich überzeugt, dass KI und Machine<br />

Learning“ maßgeblich dazu beitragen<br />

können, die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu<br />

erkennen und die Fluktuation im Unternehmen<br />

zu senken.<br />

Stefan Hauer, VIE Build GmbH, und Martin<br />

Krammer, krammer bauinformatik, schlossen<br />

den ersten Vortragsblock mit ihren Erkenntnissen<br />

zur Nutzung von Open BIM am Flughafen<br />

Wien. „Open-BIM-basiertes FM ist möglich, es<br />

resultiert in Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen“,<br />

so ihre Conclusio.<br />

FM-Day-Moderator Gerald Groß führte souverän<br />

durch die anschließende Talkrunde, in der<br />

die Digitalisierung in der FM-Branche zur Diskussion<br />

stand - ein Thema, das auch beim Mittagessen<br />

noch für viel Gesprächsstoff sorgte.<br />

PITCH and VOTE<br />

Dann hieß es: „lt‘s time to PITCH and VOTE!“<br />

Die fünf Unternehmen, die beim dritten<br />

„Call for Pitches“ ausgewählt worden waren,<br />

präsentierten ihre innovativen Geschäftskonzepte<br />

zu Beginn des Nachmittagsprogrammes.<br />

Mittels Live-Voting wählten die<br />

Teilnehmer des FM-Days anschließend<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

121


„Ready for ESG“<br />

Lebensräume gestalten.. Bei der VÖPE Herbstkonferenz Anfang Oktober im Haus der Industrie wurde intensiv<br />

über die künftigen Nachhaltigkeitskriterien und wie diese die Branche verändern, diskutiert.<br />

Ö<br />

sterreichs Projektentwickler<br />

denken an die Zukunft und<br />

wollen nachhaltig entwickeln.<br />

Wichtige Impulse gaben unter<br />

anderem Diana Ürge-Vorsatz, Professorin an<br />

der CEU und Vizepräsidentin des Weltklimarates<br />

IPCC, Bernd Vogl, Geschäftsführer des<br />

Klima- und Energiefonds sowie Thomas Madreiter,<br />

Planungsdirektor der Stadt Wien und<br />

Bernhard Inninger, Leiter der Stadtplanung<br />

Graz. Einen zentralen Part hat die Vorstellung<br />

eines Leitfadens für Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />

eingenommen, der von der VÖPE<br />

speziell für Entwickler in einem aufwändigen<br />

Prozess gemeinsam mit ihren Mitgliedern<br />

erarbeitet wurde.<br />

Präsidium breiter aufgestellt<br />

Die Erfahrung von fast vier Jahren VÖPE hat<br />

gezeigt, wie wichtig es ist, sich umfassend<br />

aufzustellen, um auch der Themenarbeit und<br />

der Arbeit in den Bundesländern möglichst<br />

viel Raum zu geben. Nach einer Statutenänderung,<br />

die von der Mitgliederversammlung<br />

einstimmig beschlossen wurde, wurde das<br />

Präsidium breiter aufgestellt und setzt sich<br />

nun aus acht Personen zusammen: Präsident<br />

- Andreas Köttl, value one Holding; Vizepräsident<br />

- Erwin Soravia, Soravia Equity; Vizepräsident<br />

- Peter Ulm, Allora Immobilien;<br />

Finanzverantwortlicher - Gerald Beck, UBM<br />

Development Österreich; Erwin Größ, STRA-<br />

BAG Real Estate; Nadja Holzer, STC Development<br />

und Präsidentin der VÖPE Next Christopher<br />

Pongratz; Pongratz Bau Gesellschaft<br />

und Hannes Schreiner, Technopark Raaba<br />

Projektentwicklung.<br />

„Unsere Vereinigung ist insbesondere angesichts<br />

der aktuellen wirtschaftlichen und bürokratischen<br />

Herausforderungen wichtiger<br />

denn. Wir setzen uns mit starker Stimme für<br />

die Interessen und Anliegen unserer Mitglieder<br />

ein und sehen unsere zentrale Aufgabe<br />

darin, als Lebens- und Zukunftsraumentwickler<br />

Wege und Chancen aufzeigen“, betont<br />

der neue VÖPE-Präsident Andreas Köttl.<br />

Bernd Vogl (Klima- und Energiefonds), Joachim Lohse (ZIA Zentraler Immobilienausschuss),<br />

VÖPE Präsident Andreas Köttl, Eva Aschauer (TPA Group), Madlen Stottmeyer (Die Presse)<br />

Die Erweiterung des VÖPE-Präsidiums bildet<br />

auch das Mitgliederwachstum ab. Aktuell<br />

sind 52 Entwickler in der VÖPE engagiert, mit<br />

Wien und der Steiermark als stärksten Landesgruppen.<br />

„Es freut uns, mit Christopher<br />

Pongratz und Hannes Schreiner nun auch<br />

zwei Vertreter unserer steiermärkischen Mitgliedsunternehmen<br />

im Präsidium zu haben.<br />

Dazu heißen wir Nadja Holzer als Vertreterin<br />

unserer engagierten Next Generation und<br />

Erwin Größ im Präsidium willkommen“,<br />

so Köttl. Bei der Mitgliederversammlung<br />

konnte außerdem mit der P&R Verwaltungs<br />

GmbH das erste Tiroler VÖPE-Mitglied begrüßt<br />

werden.<br />

122 ImmoFokus


Das gesamte „Ready for ESG“ Team<br />

Projekt VÖPE Ready for ESG befindet sich in der<br />

Zielgeraden Nachhaltigkeitsanforderungen<br />

zu erfüllen, ist eine Herausforderung, gleichzeitig<br />

aber eine große Chance, neue Geschäftsmodelle<br />

zu etablieren. Der Leitfaden wurde<br />

von erfahrenen VÖPE-Nachhaltigkeitsexperten<br />

gemeinsam mit externen Profis erstellt. Er<br />

ist eine am Arbeitsalltag der Projektentwickler<br />

orientierte Handlungsanweisung bei der<br />

Einführung eines ESG-Managements und der<br />

Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts nach<br />

der Corporate Sustainability Reporting Directive.<br />

VÖPE-Mitgliedsunternehmen steht er ab<br />

November zur Verfügung.<br />

„Die VÖPE-Mitglieder haben einen wesentlichen<br />

Einfluss darauf, wie unsere Lebensräume<br />

gestaltet werden. In unserem Projekt ‚Ready<br />

for ESG‘ war es uns ein Anliegen, die Expertise<br />

innerhalb unserer Vereinigung zu bündeln,<br />

und allen Lebensraumentwicklern ein praxisorientiertes<br />

Handwerkszeug zur Verfügung zu<br />

stellen, mit dem sie die Nachhaltigkeitstransformation<br />

vorantreiben können“, sagt VÖPE-<br />

Projektleiterin Kathrin Kollmann.<br />

„Ich bedanke mich bei allen, die an diesem<br />

Projekt mitgearbeitet haben. Der Leitfaden<br />

ist ein wichtiger Meilenstein in der VÖPE-<br />

Agenda ‚Zukunft Lebensraum‘, in der wir<br />

uns das Ziel gesetzt haben, den Rahmen für<br />

klimafitte, generationengerechte und lebenswerte<br />

Lebensräume zu mitzugestalten.<br />

Unser Projekt „Ready for ESG“ hat gezeigt,<br />

welche Expertise und welch großes Potenzial<br />

innerhalb der VÖPE vorhanden ist und<br />

bestätigt unseren Erfolg als ein nicht mehr<br />

wegzudenkendes Branchennetzwerk“, so<br />

VÖPE-Geschäftsführer Sebastian Beiglböck<br />

abschließend.<br />

VÖPE – Vereinigung Österreichischer Projektentwickler<br />

Die VÖPE ist die gemeinsame Stimme der Projektentwickler Österreichs. Aktuell<br />

sind 52 Bauträger österreichweit, von der Kapitalgesellschaft bis zum lokalen Familienbetrieb,<br />

Mitglieder der VÖPE. www.voepe.at<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

123


Young Professionals in<br />

der Immobilienwirtschaft<br />

Immobilienwirtschaft im Zeiten der Krise.. Wie stark sich das Berufsbild verändern wird, stand im<br />

Mittelpunkt von „Young Professionals in der Immobilienwirtschaft“ am FH Campus Wien.<br />

D<br />

ie Immobilienbranche befindet<br />

sich in unruhigen Gewässern.<br />

Es lässt sich nicht leugnen:<br />

Die Immobilienmärkte<br />

sind besonders negativ von der Zinswende<br />

betroffen. Ursächlich dafür ist in der Regel<br />

der hohe Fremdkapitaleinsatz im Immobiliensektor.<br />

Die Immobilienkrise trifft vor<br />

allem Developer und wird zur Konjunkturbremse<br />

für das ganze Land. Die lange Niedrigzinsphase<br />

nach der Finanzkrise führte<br />

– bis 2022 – zum längsten Aufschwung des<br />

Immobilienmarktes in der Geschichte.<br />

Gleichzeitig steht die Branche vor weiteren<br />

Herausforderungen. ESG, EU-Taxonomie<br />

greifen in alle Bereiche der Immobilienwirtschaft<br />

ein.<br />

In der Immobilienwirtschaft ist das Thema<br />

nachhaltiges Bauen und zukunftsfähige Immobilien<br />

nicht neu. Was jedoch auffällt, ist<br />

die Dynamik, die sich in den letzten Jahren<br />

um das Thema Nachhaltigkeit entwickelt<br />

Fotos: Rizar.Photo<br />

124 ImmoFokus


hat. Das Thema wird die Branche also auch<br />

in Zukunft begleiten, denn die Herausforderungen<br />

des Klimawandels können neue<br />

Krisen für die Immobilienwirtschaft bringen.<br />

Unternehmen, die sich bereits heute<br />

mit den möglichen Auswirkungen und entsprechenden<br />

Lösungen auseinandersetzen,<br />

sind daher klar im Vorteil.<br />

Wie stark sich das Berufsbild verändern<br />

wird, stand im Mittelpunkt von „Young<br />

Professionals in der Immobilienwirtschaft“<br />

am FH Campus Wien. Nach einer kurzen<br />

Einführung von DI Christian Polzer. Studiengangsleiter<br />

Bachelorstudium Architektur<br />

- Green Building und ImmoFokus<br />

Herausgeber Michael Neubauer präsentierten-Frank<br />

Brün (AREAMA – Austrian Real<br />

Estate Asset Management Association),<br />

Peter Engert (Österreichische Gesellschaft<br />

für Nachhaltige Immobilienwirtschaft),<br />

Martina Sauer (IMMOunited) und Sebastian<br />

Beiglböck (Vereinigung Österreichischer<br />

Projektentwickler) ihre Vereinigungen<br />

bzw. Unternehmen und standen nach den<br />

Vorträgen, bei kleinen Stärkungen und<br />

Erfrischungen, den Studenten Rede und<br />

Antwort.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

125


ImFokus<br />

Frisch gestärkt<br />

in den Tag<br />

Frühstück für Frühaufsteher. Das ImmoFokus EarlyBird Breakfast ist längst für die heimischen<br />

Immobilienmanager zu einem Fixtermin im Expo Real Messekalender geworden.<br />

W<br />

enn am zweiten Messetag<br />

frühmorgens Immobilienmanager<br />

ins König Ludwig<br />

bei dem Riem Arcaden eilen,<br />

kann es einen wichtigen Grund: Das Expo Real<br />

EarlyBird Frühstück des ImmoFokus. Das ImmoFokus<br />

EarlyBird-Breakfast ist ein fixer,<br />

traditioneller Bestandteil der Expo Real. „Unser<br />

Programm ist – kein Programm zu haben“,<br />

betont ImmoFokus Herausgeber Michael Neubauer.<br />

„Es ist schon eine liebgewonnene Tradition<br />

mit unseren Partnern bei herzhaften und<br />

süßen bayerischen Spezialitäten gemeinsam<br />

in den Tag zu starten“. Dennoch wurde in der<br />

Frühstücksrunde ein erstes Resümee gezogen.<br />

In der Realität angekommen<br />

Auffallend dabei ist, dass die österreichischen<br />

Immobilienexperten nicht so negativ<br />

in die Zukunft blicken, wie ihre deutschen<br />

Kollegen. Wie lange die Hochzinsphase noch<br />

anhalten wird, darüber scheiden sich auch<br />

bei den heimischen Immo-Experten die Geister.<br />

Auch wenn viele Projekte auf Hold stehen.<br />

Das wird wohl so lange bleiben, bis die<br />

Preisfindungsphase abgeschlossen ist. Die<br />

Transaktionen auf dem Immobilienmarkt<br />

sind nahezu zum Erliegen gekommen. Zwar<br />

finden vereinzelt auch große Deals statt – dies<br />

aber sehr diskret. Für die Unternehmen heißt<br />

es jetzt „Wasser im Brunnen und Speck im<br />

Keller zu haben.“<br />

Auch wenn die Stimmung schon ausgelassener<br />

war, man so manchen Messe-Stand vergeblich<br />

suchte, die Messe hat deutlich gezeigt, wie<br />

wichtig Austausch und Vernetzung gerade in<br />

schwierigen Zeiten sind. Jetzt zeigt sich wer ein<br />

verlässlicher Partner war und ist.<br />

126 ImmoFokus


Beim von ImmoFokus Relations-Managerin Tanja Klingseis perfekt organisiertem Frühstück dabei waren unter<br />

anderem: Alexandra Bauer (EHL Gewerbeimmobilien), Gerald Beck (UBM Development), Ari Benz (Squarebytes),<br />

David Beran (IMMOunited), Frank Brün (AREMA), Whitney Chaibane (IMMOunited), Karl Derfler (ADE-<br />

QAT), Evgeni Gerginski (HAWLIK GERGINSKI Architekten), Nadja Hafez (ADEQAT),Caroline Haider (IMMOunited),<br />

Andreas Hawlik (HAWLIK GERGINSKI Architekten),Andreas Hofstätter (PwC Österreich),Wolfdieter<br />

und Andrea Jarisch (S+B Gruppe), Peter Karl (ERSTE immobilien KAG), Claudia Lam (IMMOunited), Markus<br />

Leiter (Art-Invest), Philipp Maisel (Otto Immobilien), Christoph Nemetschke (Bondi Consult), Alfred Nemtschke<br />

(Nemetschke Huber Koloseus Rechtsanwälte), Martin Ofner (Arnold Immobilien), Gernot Ressler (Ernst<br />

& Young), Simone Rongitsch (Pocket House), Martina Sauer (IMMOunited),Wolfgang Scheibenpflug (Flughafen<br />

Wien),Roland Schmid (IMMOunited), Karina Schunker (EHL Wohnen), Jasmin Soravia (Kollitsch & Soravia),<br />

Elisabeth Stocker (CERHA HEMPEL Rechtsanwälte), Thomas Szöke (Median Capital), Daniel Thum (ERSTE<br />

immobilien KAG), Peter Ulm (Allora Immobilien), Christoph Urbanek (Schindler Rechtsanwälte), Peter Vcelouch<br />

(CERHA HEMPEL Rechtsanwälte), Lukas Weinwurm (IMMOunited), Stefan Wernhart (EHL Immobilien),<br />

Daniela Witt-Dörring (Weber & Co Rechtsanwälte), Alexander Wolfschwenger (Arnold Immobilien).<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

127


ImFokus<br />

128 ImmoFokus


Hier geht‘s<br />

zum Video<br />

www.immo-timeline.at<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

129


ack to reality<br />

Fulminanter Auftakt.. Am 9. November ging erstmals der immobilien investment kongress des DMV Verlags im<br />

Melia Hotel im DC Tower über die Bühne.<br />

R<br />

und 170 angemeldete Gäste, über<br />

30 Speaker und Top-Vertreter aus<br />

Politik und Gesellschaft: Am 9.<br />

November ging erstmals der 1. Internationale<br />

immobilien investment kongress<br />

im Melia Hotel im DC Tower unter dem Motto<br />

„back to reality“ über die Bühne. Vortragende<br />

aus dem DACH-Raum gaben so verschiedene<br />

Einblicke in die aktuelle Zeitenwende und<br />

zeigten Möglichkeiten auf, wie man den Krisen<br />

dieser Zeit am besten begegnet.<br />

In seiner Eröffnungs-Keynote wies Karl von<br />

Habsburg auf die Notwendigkeit von Rechtsstaatlichkeit<br />

für die Immobilienwirtschaft hin<br />

und zog einen historischen Bogen vom Wiener<br />

Kongress, bei dem die europäische Ordnung<br />

nach den napoleonischen Kriegen komplett<br />

neu definiert worden ist, bis zur heutigen Zeitenwende.<br />

Alte Werte wie Immobilien, die über<br />

Generationen stehen, bedürfen also einer geopolitischen<br />

Voraussicht. Was man aus der Geschichte<br />

lernen könne? „Nur wenn man weiß,<br />

woher man kommt, weiß, wohin man geht,<br />

weil man weiß, wo man steht“, so Habsburg.<br />

Im Rahmen des 1. Immobilien investment kongress<br />

wurden in zehn Panels die Ist-Situation<br />

des Markts von hochkarätigen Speakern herausgearbeitet<br />

und daraus Learnings für die<br />

Zukunft gebildet. Dabei wurden sowohl die<br />

verschiedenen Assetklassen, Finanzierung, Digitalisierung<br />

aber auch Standortentwicklung,<br />

Zukunft des Wohnens und Arbeitens und der<br />

stetig fortschreitende Klimawandel behandelt.<br />

Die Abschluss-Keynote hielt Susanne Kraus-<br />

Winkler, Staatssekretärin für Tourismus im<br />

Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft<br />

und verriet, warum Österreich in Zeiten der<br />

Krise vergleichsweise gut gegenüber anderen<br />

Ländern stehe, sowohl, was die Beschäftigungszahlen<br />

als auch das Lohnniveau betrifft.<br />

Besondere Chancen für die Zukunft räumte sie<br />

dabei dem heimischen Tourismus ein, der sich<br />

seit geraumer Zeit intensiv mit Nachhaltigkeitsthemen<br />

beschäftige.<br />

Als Ehrengast fand sich auch Vasyl Khymynets,<br />

Botschafter der Ukraine in Österreich<br />

beim 1. Internationalen immobilien investment<br />

kongress ein. Er erklärte, dass die Ukraine<br />

die militärische Neutralität im Zuge des<br />

russischen Angriffskriegs respektiere und<br />

drückte gleichzeitig den größten Dank für<br />

die humanitäre Hilfe aus, die für die ukrainische<br />

Bevölkerung von immenser Wichtigkeit<br />

seien. Gleichzeitig betonte er, warum es aktuell<br />

keine Verhandlungsbasis mit Russland<br />

geben könne: „Wir haben vor der Invasion<br />

Fotos: Jana Madzigon<br />

130 ImmoFokus


Unter den Gästen wurde gesehen: Thomas Gruber (Plenus Immobilien), Franz Pöltl, Markus<br />

Mendel und Astrid Grantner-Fuchs (EHL), Alina Dekas (ARE Austrian Real Estate), Gerhild<br />

Bensch-König (Raiffeisen Wohnbau), Paul Grassel (IG Immobilien), Elias Aplienz und Alethea<br />

Broecking (Union Investment), Stefan Artner (DORDA Rechtsanwälte), Anton Bondi de Antoni<br />

(Bondi Consult), Johannes Jirovec, Barbara Horstmeier und Andrea Jarisch (S+B Gruppe),<br />

Roland Schmid (IMMOunited), Roland Pichler (DWK Die Wohnkompanie), Engelbert Valentin<br />

und Bernhard Marold (hsp.law), Nadja Hafez (ADEQAT), Christine Gumpoldsberger (BUWOG),<br />

Viktoria Haumer und Roman Löbsch (Nuveen Management Austria), Markus Hinteregger<br />

(Hinteregger Immo Invest), Roswitha Klein und Hans-Jürgen Spitzer (Hypo Vorarlberg), Jaqueline<br />

Kleedorfer (Catella Residential), Hedwig Samza (Raiffeisen Bank International), Rainer<br />

Sommer (VMF Immobilien), Hannes Speiser (WINEGG), Tatiana Zhiganova (Zeiger Marketing),<br />

Marion Weinberger-Fritz (RVW Raiffeisen Vorsorge Wohnungen), Kurt Wallenberger (TRUST<br />

Treuhand), Hubert Fröschl (s Real), Sebastian Unger (BIP Immobilien Development), Werner<br />

Straka (ÖRAG), Lukas Schwarz (CBRE), Roman Schleser (Die Presse), Wolfgang Richter (Regio-<br />

Plan Consulting), Jochen Müller (RESH Advisory), Michael A. Mitterdorfer (C&P Immobilien AG)<br />

bereits über 200 Verhandlungsgespräche, die<br />

zu keinem Ergebnis führten. Es macht keinen<br />

Sinn, mit jemanden zu verhandeln, der permanent<br />

sämtliche Abkommen bricht.“<br />

Für Elisabeth Della Lucia, Geschäftsführerin<br />

des DMV della lucia medien verlags GmbH,<br />

war der 1. Internationale immobilien investment<br />

kongress ein voller Erfolg: „Mit den<br />

Themen haben wir den Puls der Zeit getroffen.<br />

Das Feedback der Besucher wie auch der<br />

Speaker war überwältigend. Das spornt uns<br />

für den nächsten immobilien investment<br />

kongress an, der am 7. November 2024 stattfinden<br />

wird. Besonderer Dank gilt unseren<br />

Sponsoren, ohne die der kongress nicht stattfinden<br />

hätte können.“<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

131


Events & Awards<br />

Events & Partys der<br />

Immobilien-Society<br />

WISAG FM CLUB<br />

Weniger Abriss, Gebäude flexibler nutzen und endlich<br />

die Bemühungen zur Reduktion des Energieverbrauchs<br />

intensivieren. Das waren die Forderungen der Diskutanten<br />

des 15. FM-Clubs der WISAG Service Holding<br />

Austria im Anton Benya Park. Zum Thema „Bauen für<br />

die Ewigkeit? Ohne Kreislaufwirtschaft?“ diskutierten<br />

Jakob Dunkl (querkraft architekten zt gmbh), Peter Engert<br />

(Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft,<br />

ÖGNI), Michael Haugeneder (ATP<br />

sustain GmbH), Christoph Löffler (EPEA part of Drees<br />

& Sommer in Österreich) und Helga Noack (DenkMal-<br />

Neo JR GmbH). Durch die Veranstaltung führte Heimo<br />

Rollett (immobranche.at). Zu den über 70 Gästen zählten<br />

u.a. Wolfgang Arnberger (Immofinanz), Wolfgang<br />

Fessl (Reinberg & Partner), Nadja Hafez (Adeqat), Peter<br />

Kovacs (Stadt Wien), Manuela Maurer-Kollenz (M2S<br />

Rechtsanwälte), Christoph Nemetschke (Bondi Consult),<br />

Stephan Pasquali (3Si), Alexander Rössler (Baumhouse),<br />

Nicole Schachinger (PKF Hotelexperts), Christian<br />

Schmück (Colourfish), Johannes Slauf (Innotronic) und<br />

Gernot Weingraber (Kallco).<br />

BUWOG IM GESPRÄCH<br />

„Wien muss doch Chicago werden – Mehr Platz durch Wohnhochhäuser?“.<br />

Nach einer einleitenden Keynote-Speech von Trend- und<br />

Zukunftsforscherin Christiane Varga diskutierte sie gemeinsam<br />

mit Architektin Sne Veselinović, Professor und Architekturkritiker<br />

Christian Kühn sowie Vonovia Vorstandsmitglied Daniel Riedl die<br />

vertikale Verdichtung in der Stadtplanung. Moderiert wurde die Veranstaltung<br />

von Rainer Nowak. Unter den rund 150 Teilnehmer:innen<br />

aus Wirtschaft, Bau- und Immobilienbranche fanden sich bekannte<br />

Gesichter wie Stefan Brezovich (Vorstand ÖRAG), Karina Schunker<br />

(Geschäftsführerin EHL Wohnen), Vitus Eckert (Partner bei Wess<br />

Kux Kispert & Eckert Rechtsanwälte), Christian Heiss (Architekt),<br />

Wolfgang Scheibenpflug (Geschäftsbereichsleiter Immobilien Flughafen<br />

Wien) und Christoph Zechner (Architekt).<br />

132 ImmoFokus


THEREAL 100<br />

Der exklusive Afterwork-Event im Kaffee-Startups<br />

„Kaffein Zeitgeist“ stand ganz im Zeichen<br />

der innovativen Wassernutzung in urbanen<br />

Räumen. 100 Immobilienprofis lauschten einer<br />

spannenden Keynote zum Thema „Wasser als<br />

treibende Kraft künftiger Städte“. Die spannende<br />

Keynote kam diesmal von Prof. Dr. Norbert Kreuzinger<br />

von der TU Wien, Institut für Wassergüte<br />

und Ressourcenmanagement. Er widmete sich<br />

dem faszinierenden Thema der Wassernutzung<br />

in urbanen Räumen und, wie Städte mit Wasser<br />

generell in Zukunft umgehen werden müssen.<br />

Mit dabei an diesem spannenden Abend: Rudolf<br />

North (WKW), Karina Schunker, (EHL), Viola<br />

Dollinger (Immorohr), Irene Rief-Hauser (Feine<br />

Immobilien), Arno Kunz (Rustler), Nadja Pröwer<br />

(CBRE), Erich Benischek (Blaue Lagune), David<br />

Beran (ImmoUnited), Roland Pichler (Die Wohnkompanie),<br />

Manfred Kunisch (TPA), Sabina Berloffa<br />

(BSC Strategy Consulting).<br />

3SI BRANCHENTALK<br />

Unter dem Titel „Nachhaltiges Bauen: Über die<br />

Rolle, Hürden und Chancen privater Immobilienentwickler<br />

in Österreich“ lud die 3SI Immogroup<br />

Branchenkollegen und Interessierte zu einer anregenden<br />

Diskussion ins Haus der Ingenieure. Zu den<br />

Gästen am Podium zählten Inge Schrattenecker,<br />

stellvertretende Generalsekretärin der ÖGUT<br />

(Österreichische Gesellschaft für Umwelt und<br />

Technik) und Leiterin des Programms klima:aktiv<br />

Bauen und Sanieren; Tobias Steiner, Leiter der<br />

Abteilung Bauphysik des IBO (Österreichisches Institut<br />

für Bauen und Ökologie); Markus Neumayer<br />

(Neumayer Projektmanagement); Robert Lechner,<br />

Leiter des Österreichischen Ökologie-Instituts; Architekt<br />

Andreas Hawlik (Hawlik Gerginski Architekten)<br />

und Florian Wehrberger, Abteilungsleiter<br />

der ÖGNI-Zertifizierung (Österreichische Gesellschaft<br />

für Nachhaltige Immobilienwirtschaft).<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

133


Buchtipps<br />

NEU!<br />

Robert Bouchal, Johannes Sachslehner<br />

223 Seiten<br />

ISBN: 9783222137167<br />

Styria Verlag | <strong>2023</strong><br />

€ 35,95<br />

Wiener Villen und ihre Geheimnisse<br />

Die Zeiten sind vergangen, die Villen sind geblieben. Versteckte kleine Schlösser, kuriose Architektur und kühne Experimente<br />

der Moderne, jedes Haus eine eigene Persönlichkeit. Einst waren sie Hoffnung und Traum ihrer Erbauer, nun künden Mauern<br />

und Räume als stummes Gedächtnis von versunkenem Glanz. Robert Bouchal und Johannes Sachslehner haben sich auf die<br />

abenteuerliche Suche nach einem Stück des alten Wiens gemacht – und sind fündig geworden. Ob Palais Ferstel, Villa Blaimschein<br />

oder die verwunschene Fassade der Villa Dollarprinzessin – mit der Lust der Entdecker lüften sie die Geheimnisse dieser besonderen<br />

Häuser und erzählen die bewegenden Geschichten ihrer ehemaligen Bewohner.<br />

Christoph Mäckler, Wolfgang Sonne,<br />

Deutsches Institut für Stadtbaukunst<br />

256 Seiten<br />

ISBN: 9783868597790<br />

Jovis Verlag | <strong>2023</strong><br />

€ 39,00<br />

Die grüne Stadt<br />

Der Klimawandel stellt unsere Städte vor<br />

grundlegende Herausforderungen: Sie müssen<br />

Hitze und Starkregen standhalten und vor<br />

allem ressourcenschonender und CO2-neutraler<br />

werden. Wie kann dies gelingen, ohne alle anderen Anforderungen an<br />

die Stadtanlagen zu ignorieren oder zu konterkarieren? Die These des<br />

Deutschen Instituts für Stadtbaukunst lautet, dass für diese grüne Stadt der<br />

Zukunft eine kompakte, gemischt genutzte und sozial vielfältige Stadt mit<br />

kurzen Wegen die besten Voraussetzungen bietet. Wie lassen sich in eine<br />

solche Stadt Maßnahmen zu Klimaschutz und -resilienz, wie beispielsweise<br />

städtische Parks, Alleen und grüne Höfe, integrieren?<br />

Jessica Jungbauer<br />

224 Seiten<br />

ISBN: 3961714401<br />

teNeues Verlag | <strong>2023</strong><br />

€ 41,00<br />

Urban Oasis: Parks &<br />

Projects for a<br />

Greener Future<br />

Ein hoch aktuelles Thema: grüne Projekte für<br />

eine lebenswerte städtische Zukunft. Der einzige<br />

Bildband, der relevante Begrünungsprojekte und inspirierende Fotografie<br />

vereint. Mit Texten zum Schwerpunkt Nachhaltigkeit. Urban gardening meets<br />

Denkmalschutz und Großstadtflair. Die schönsten Parks und grünen Projekte<br />

dieser Welt zusammengefasst in einem beeindruckenden Bildband. Dieses<br />

Coffee-Table-Book zeigt nachhaltige Landschaftsarchitektur, eingebettet in<br />

das turbulente Stadtleben der westlichen Metropolen.<br />

Stefan Gärtner, Kerstin Meyer<br />

292 Seiten<br />

ISBN: 3662667703<br />

Springer Spektrum | <strong>2023</strong><br />

€ 92,50<br />

Die Produktive Stadt:<br />

(Re-)Integration der Urbanen Produktion<br />

Dieser Sammelband stellt die urbane Produktion als wesentlichen<br />

Bestandteil der produktiven Stadt vor. Er gibt einen Überblick zu<br />

Ideengeschichten, aktuellen Diskussionen, Konzepten, Definitionen,<br />

Messbarkeit, Relevanz und Potenzialen von Produktionsprozessen im<br />

urbanen Raum. Dabei werden notwendige Rahmenbedingungen und deren<br />

Wirkungen zum Erhalt und zur Förderung urbaner Produktion betrachtet.<br />

134 ImmoFokus


Raum und<br />

Wirklichkeit<br />

Wir haben Gegenwart und Zukunft von<br />

Architektur, Bauen und Wohnen im Blick.<br />

Jeden Samstag in Ihrer „Presse“ oder<br />

jederzeit unter:<br />

DiePresse.com/immobilien<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

135


Branchen & Services<br />

Vieldiskutiertes<br />

Erneuerbare-Wärme-Gesetz<br />

Hohes Engagement. Das Thema „Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche“ gibt es schon lange, es trat aber<br />

in den vergangenen Jahren immer mehr in den Vordergrund. Verschiedene Umstände in der Weltwirtschaft und<br />

-politik rücken Themen wie alternative Energien und die Zukunftsfähigkeit bisheriger gewohnter Konzepte verstärkt<br />

in den Fokus. Mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz wurde kürzlich ein von verschiedenen Parteien schon seit Jahren<br />

geforderter Gesetzesentwurf präsentiert, der für viel Kritik sorgt.<br />

D<br />

as Brand–Intelligence-Unternehmen<br />

„OBSERVER“ hat sich<br />

die mediale Präsenz der Themen<br />

„erneuerbare und nicht<br />

erneuerbare Energie“, „Nachhaltigkeit im<br />

Bereich Bauen und Immobilien“ und auch die<br />

Resonanz auf den neuen Gesetzesentwurf angesehen.<br />

In die Analyse flossen Mediendaten<br />

aus Österreichs Onlinemedien des bisherigen<br />

Jahres <strong>2023</strong> ein.<br />

Kontroverses Thema „erneuerbare und<br />

nicht erneuerbare Energie“<br />

Dass das Thema Energiebeschaffung ein<br />

großes ist, zeigt allein die mediale Präsenz<br />

der Themen „erneuerbare und nicht erneuerbare<br />

Energien“ im Zusammenhang mit<br />

den Begriffen Immobilien, Wohnen, Bau,<br />

Heizen und Strom. Die erneuerbare Energie<br />

wurde seit Jänner <strong>2023</strong> in 26.700 Berichten<br />

und Social-Media-Posts besprochen und zum<br />

größten Teil in durchaus zustimmendem<br />

Zusammenhang. 39,5 Prozent der Resultate<br />

zu diesem Thema waren positiv. 10,9 Prozent<br />

der Berichte und Kommentare haben jedoch<br />

eine negative Tonalität und argumentieren<br />

beispielsweise, dass es ein Irrtum sei, zu<br />

glauben, erneuerbare Energien wären billiger<br />

oder wirklich „grün“.<br />

Die nicht erneuerbaren Energien werden in<br />

Österreich mit 42.400 Resultaten sogar noch<br />

umfangreicher diskutiert. Hier zeigt sich<br />

ein weitaus negativeres Sentiment von 19,7<br />

Prozent. Dieses bezieht sich vor allem auf<br />

die Preiserhöhungen bei Strom und Gas und<br />

bedeutet daher nicht zwingend, dass fossile<br />

Brennstoffe in diesem Ausmaß als negativ<br />

angesehen werden.<br />

Die Diskussion über erneuerbare und nicht<br />

erneuerbare Energien wird im allgemeinen<br />

recht kontrovers geführt, wodurch zum Beispiel<br />

negative Posts auf X (Twitter) sowohl pro als<br />

auch kontra einer der beiden Energieformen<br />

sein können. Mit 127.000 Interaktionen haben<br />

Berichte und Beiträge zum Thema „nicht<br />

erneuerbare Energien“ im Online-Bereich ein<br />

besonders großes Engagement. Die „grüne“<br />

Energievariante kommt hingegen nur auf ein<br />

Drittel der Userinteraktionen in Form von Kommentaren<br />

und Likes.<br />

Nachhaltiges Bauen<br />

wird sehr geschätzt<br />

Die Energiebeschaffung an sich ist also ein<br />

streitbares Thema, ist aber auch maßgebender<br />

Bestandteil der immer wichtiger und<br />

präsenter werdenden Anforderung an Nachhaltigkeit<br />

im Bau und bei der Errichtung und<br />

Sanierung von Immobilien. Diese Thematik<br />

wird mit knapp 60 Prozent überaus positiv<br />

aufgefasst und stellt sich mit nur 2,2 Prozent<br />

negativer Berichterstattungen und Meinungen<br />

als offensichtlich wünschenswertes Vorgehen<br />

heraus. Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit<br />

und Umweltschutz an sich werden von<br />

den Menschen offenbar gerne unterstützt, vor<br />

allem, wenn sie positive und merkbare Auswirkungen<br />

auf die Umwelt haben.<br />

Erneuerbare-Wärme-Gesetz<br />

generiert hohes Engagement<br />

Auch Überlegungen zum Einbau von Heizungssystemen<br />

sind Teil des nachhaltigen Bauens.<br />

Um ein Gesetz, dass das Verbot von fossilen<br />

Heizanlagen gesetzlich regeln soll, wird bereits<br />

seit langem gerungen und im Verlauf des Jahres<br />

<strong>2023</strong> war diese Forderung immer wieder und<br />

anhaltend in der medialen Berichterstattung<br />

vertreten. 803 Berichte und Posts wurden zum<br />

aktuellen Gesetzesentwurf veröffentlicht. Diese<br />

konnten eine Reichweite von 550 Millionen und<br />

ein Engagement von 6.200 Likes, Kommentaren<br />

und Shares generieren. Erst wurde lange<br />

über das neue Gesetz gestritten, dann wurde<br />

der Entwurf im Oktober veröffentlicht und stieß<br />

sofort auf viel Kritik. Mithilfe von 6.200 Likes<br />

136 ImmoFokus


Tonalität<br />

„Nachhaltiges Bauen“ vs. „Erneuerbare-Wärme-Gesetz“<br />

Beobachtungszeitraum: 01.09.<strong>2023</strong> - 08.11.<strong>2023</strong><br />

Positiv<br />

Negativ<br />

11 %<br />

Positiv<br />

2 % Negativ<br />

57 %<br />

27 %<br />

Diskussion in Österreichs Onlinemedien<br />

zum Thema Energie<br />

Beobachtungszeitraum: 01.09.<strong>2023</strong> - 08.11.<strong>2023</strong><br />

nicht erneuerbare Energie<br />

127.000 Interaktionen<br />

erneuerbare Energie<br />

127.000 Interaktionen<br />

Nachhaltiges<br />

Bauen<br />

Erneuerbare-<br />

Wärme-Gesetz<br />

Neutral<br />

41 %<br />

Neutral<br />

62 %<br />

Engagement<br />

(Likes, Shares, Comments)<br />

Tonalitätsvergleich: Obwohl nachhaltiges Bauen sehr positiv gesehen wird, ist das für das Erneuerbare-Wärme-Gesetz,<br />

das eigentlich ein Instrument von Nachhaltigkeit in der Baubranche sein<br />

soll, nicht der Fall, da die Umsetzung für Kritikerinnen und Kritiker nicht zufriedenstellend ausfällt.<br />

Hier hat jeder eine Meinung: Nicht erneuerbare Energie<br />

wird kontroverser und reger diskutiert. Zu sehen an einem<br />

besonders hohen Engagement.<br />

und Kommentaren taten Userinnen und User<br />

online ihre Meinung kund. Die Resonanz zur<br />

Regierungsvorlage war mit 26,8 Prozent negativ<br />

und sorgte teilweise für große Enttäuschung.<br />

Gas und Öl als Streitthema<br />

Das Verbot zur Verbauung von Gasheizanlagen<br />

in Neubauten wird ab Jänner 2024 in<br />

Kraft treten. Bei festen und flüssigen fossilen<br />

Brennstoffen ist das bereits seit 2020 durch das<br />

Ölkesseleinbauverbotsgesetz der Fall. Für Kritik<br />

sorgt aber die Tatsache, dass ein Enddatum für<br />

die Nutzung fossiler Energien bei Gebäudeheizungen<br />

im Gesetz nicht mehr vorgesehen und<br />

damit ein Austausch alter Geräte nicht nötig ist.<br />

Dies wird von Kritikern und Kritikerinnen als<br />

„Kniefall vor der Öl- und Gas-Lobby“ gesehen.<br />

Die Klimaziele, wie das Erreichen der Klimaneutralität<br />

mit 2040, rücken damit in weite Ferne.<br />

Ein weiterer Kritikpunkt am Verbot: Heizsysteme<br />

wie Wärmepumpen wären nicht<br />

klimafreundlicher, da diese durch Strom<br />

betrieben werden, welcher aus nicht erneuerbaren<br />

Energiequellen kommen könnte. Für die<br />

Online-Community ist es also mit dem Gesetz<br />

in spe noch lange nicht getan, vor allem, da die<br />

Regierungsvorlage bisher noch gar nicht verabschiedet<br />

wurde.<br />

Onlinemedien mit höchstem Engagement<br />

zum Erneuerbare-Wärme-Gesetz<br />

Beobachtungszeitraum: 01.09.<strong>2023</strong> - 08.11.<strong>2023</strong><br />

oe24.at<br />

orf.at<br />

krone.at<br />

heute.at<br />

kleinezeitung.at<br />

futurezone.at<br />

profil.at<br />

tt.com<br />

kurier.at<br />

sn.at<br />

497<br />

310<br />

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164<br />

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110<br />

989<br />

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2.411<br />

0 500 1.000 1.500 2.000 2.500<br />

(Likes, Shares, Comments)<br />

Engagement: Berichte zum Thema „Erneuerbare-Wärme-Gesetz“ konnten klar auf oe24.at<br />

die meisten Userinnen und User bewegen. Insgesamt, wenn auch abgeschlagen, wurden<br />

auch Artikel auf orf.at und krone.at rege geliked und kommentiert.<br />

<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />

137


IMPRESSUM<br />

Vorschau<br />

Lesen Sie im ImmoFokus<br />

<strong>Ausgabe</strong> 06/<strong>2023</strong><br />

Quartiersentwicklung. Das große Interview mit ... Zu Tisch<br />

mit ... Blackout Vorsorge ...Nachhaltige Infrastruktur:<br />

Wasser, Energie, Verkehr ... Nachhaltige Mobilität ... Welche<br />

Maßnahmen können Kommunen schnell umsetzen? ...<br />

Sicherheit - Gebäudesicherheit, Brandschutz, Luft- & Wasser,<br />

Bauüberwachung<br />

Medieneigentümer<br />

Real Estate Media Group GmbH<br />

Handelskai 94-96<br />

1200 Wien<br />

Tel. +43 1 890 18 26-100<br />

office@media-group.immo<br />

www.media-group.immo<br />

Herausgeber<br />

Mag. Michael Neubauer<br />

Chefredaktion<br />

Mag. Patrick Baldia<br />

Art Director<br />

Jelio Stefanov<br />

Lektorat<br />

Michaela Hocek<br />

Ingeborg Morawetz, BA<br />

Autoren dieser <strong>Ausgabe</strong><br />

Mag. Patrick Baldia,<br />

Mag. Michael Neubauer, Gerhard Fritz, Heimo<br />

Rollett sowie die Kommentatoren<br />

Sales & Relation<br />

Rudolf E. Oezelt<br />

ERSCHEINUNGSTERMIN: Dezember <strong>2023</strong><br />

Täglich top informiert: www.immo-timeline.at<br />

Den ImmoFokus jetzt immer und überall lesen, mit der REMG-App.<br />

Relations Management<br />

Tanja Klingseis<br />

Fotos<br />

wenn nicht anders angegeben:<br />

Real Estate Media Group/Katharina Schiffl,<br />

Michael Hetzmannseder, Richard Tanzer,<br />

Gabriel Alarcón-Rizar<br />

Druck<br />

Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H<br />

Der IMMOFOKUS wendet sich im Sinne der<br />

Gleichstellung gleichermaßen an Frauen<br />

und Männer. Aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />

und Verständlichkeit kann es bei den<br />

Beiträgen vorkommen, dass nur die maskuline<br />

Ansprechform verwendet wird.<br />

ImmoFokus ist Mitglied bei:<br />

138 ImmoFokus


YOU WILL KNOW<br />

THE FUTURE!<br />

Be prepared.


Altes bewahren.<br />

Neues schaffen.<br />

WIR KAUFEN &<br />

BAUEN WEITER –<br />

AUCH 2024!<br />

Mit unserem gesamten Können legen wir Passion, Fingerspitzengefühl und Handwerkskunst<br />

in die Erhaltung und Entwicklung von Immobilien. Seit 3 Generationen<br />

steht die 3SI Immogroup für Bauprojekte höchster Qualität. Und Partnerschaften,<br />

die mit einem Handschlag beginnen und über Jahrzehnte andauern.<br />

anfrage@3si.at | +43 1 607 58 58 11 | www.3si.at

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