Ausgabe 05/2023
| Gipfelstürmer: Coverinterview mit Wolfdieter Jarisch | Zu Tisch mit … Johannes Endl | SIGNA - Ein Imperium wird brüchig| Kommentare von unter anderem ... Klaus Baringer, Michael Pisecky, Hans Jörg Ulreich, Philipp Kaufmann., Georg Flödl, Beiglböck, Louis Obrowsky | Exklusiv im Interview mit Francesco Fedele von BF Direkt | Wein & Immobilien | Kolumnen von Wolfgang Fessl, Anita Körbler, Jasmin Sarovia | Real Circle – Stadtentwicklung.
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Gipfelstürmer<br />
Wolfdieter Jarisch<br />
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
03
04 ImmoFokus
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
<strong>05</strong>
14 Bilderstrecke<br />
Da tut sich etwas<br />
Gipfelstürmer<br />
COVERINTERVIEW MIT<br />
WOLFDIETER JARISCH<br />
36<br />
INHALT<br />
AUSGABE<br />
Rubriken<br />
Positionen & Meinungen<br />
008 VOM HERAUSGEBER<br />
010 EDITORIAL<br />
138 VORSCHAU/IMPRESSUM<br />
Unternehmen & Projekte<br />
014 BILDERSTRECKE STADTQUARTIERE<br />
028 TOP DEAL<br />
029 START UP<br />
030 DER MARKETER<br />
Kommentar von Philipp Kaufmann<br />
031 PROBLEMLÖSER<br />
032 IMMOBILIE IM FOKUS<br />
033 AUFSTEIGER<br />
036 COVERINTERVIEW MIT<br />
Wolfdieter Jarisch<br />
048 ZU TISCH MIT<br />
Johannes Endl<br />
<strong>05</strong>4 PROJEKTENTWICKLER IN DER KRISE<br />
Interview mit Francesco Fedele von BF Direkt<br />
<strong>05</strong>8 WEIN & IMMOBILIEN<br />
Martin Kohlbauer<br />
060 QUARTIERSENTWICKLUNG<br />
Kommentar von Klaus Wolfinger<br />
061 VÖPE TREIBT NACHHALTIGKEITS-<br />
TRANSFORMATION VORAN<br />
Kommentar von Sebastian Beiglböck<br />
062 BEWEGTE IMMOBILIENWIRTSCHAFT<br />
Kommentar von Philipp Kaufmann<br />
063 VERSIEGELUNG ZURÜCKZUDRÄNGEN IST<br />
MÖGLICH<br />
Kommentar von Klaus Baringer<br />
064 UMWIDMUNGSABGABE IST HUMBUG!<br />
Kommentar von Martin Prunbauer<br />
065 DUALITÄT IM WOHNBAU GEWÜNSCHT, ABER<br />
GLEICHBERECHTIGT!<br />
Kommentar von Michael Pisecky<br />
066 INTERVEWS VON DER EXPO REAL<br />
Im Fokus<br />
080 REAL CIRCLE STADTENTWICKLUNG<br />
094 DIE ZEITEN ÄNDERN SICH AUCH OHNE DICH<br />
Kolumne von Frank Brün<br />
096 WIR BEFINDEN UNS IN EINEM TEUFELSKREIS<br />
Kommentar von Louis Obrowsky<br />
098 DIE KÖNIGSDISZIPLIN DER<br />
PROJEKTENTWICKLUNG<br />
Kolumne von Wolfgang Fessl<br />
100 FLEXIBLES UND LEISTBARES WOHNEN MIT<br />
MODULSYSTEMEN<br />
Kolumne von Jasmin Soravia<br />
102 FRECH GESAGT<br />
Kolumne von Andrea Körbler<br />
Fotos: ATP/Kuball, APA/HELMUT FOHRINGER<br />
06 ImmoFokus
80<br />
Der 34. Real Circle<br />
Stadt entwickelt sich weiter<br />
Zu Tisch mit ...<br />
48 Johannes Endl 106 Signa<br />
Ein Imperium wird brüchig<br />
<strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
104 KREISLAUFWIRTSCHAFT: EINER ALLEINE SCHAFFT DAS NICHT<br />
Themenreise von Drees & Sommer<br />
106 SIGNA: EIN IMPERIUM WIRD BRÜCHIG<br />
Das Milliarden-Reich von René Benko droht einzustürzen<br />
112 DER WEITE WEG ZUM SERIELLEN BAUEN<br />
Kommentar von Andreas Kreutzer<br />
113 WOHNQUARTIERE - ATTRAKTIV, VIELFÄLTIG, UND LEBENSWERT<br />
Kommentar von Karina Schunker<br />
114 QUARTIERSENTWICKLUNG ALS STRATEGISCHE AUFGABE<br />
Kommentar von Wolfgang Scheibenpflug<br />
116 KNAPP DANEBEN IST NICHT VORBEI<br />
Kommentar von Hans Jörg Ulreich<br />
118 MUT ZUR LÖSUNG<br />
Kommentar von Alexa Krenauer<br />
132 EVENTS<br />
142 BUCHTIPPS<br />
144 OBSERVER<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
07
Hausgemacht<br />
„Noch sind die<br />
großen Insolvenzen<br />
in Österreich<br />
ausgeblieben.“<br />
H<br />
inter den großen Gewinnen<br />
vieler Immobilien-Unternehmen<br />
stecken vor allem<br />
Aufwertungen der Immobilien.<br />
So hat laut Bloomberg das Premium-<br />
Segment, Signa Prime Selection, den Wert<br />
ihrer Immobilien im Krisenjahr 2020 um<br />
zehn Prozent erhöht und damit am Papier für<br />
gute Gewinne – und schöne Dividenden für<br />
die Investoren - gesorgt.<br />
Eine Analyse der Geschäftszahlen der vergangenen<br />
Jahre zeigt, dass dieses Vorgehen System<br />
hat. Die erzielten Aufwertungsgewinne<br />
lagen regelmäßig über den Einnahmen aus<br />
der Vermietung. Was noch mehr auffällt: Die<br />
Dividenden, also die Auszahlungen an die<br />
Aktionäre, überstieg jedes Jahr die eigentlichen<br />
Einnahmen, das EBITDA, des Signa-<br />
Immobilienimperiums. Das kann auf Dauer<br />
nicht gut gehen. Vor allem dann, wenn man<br />
abwerten muss. Aus dem Konzernabschluss<br />
für 2022 geht hervor, dass der Immobilienbestand<br />
von Signa Prime im Geschäftsjahr 2022<br />
um 1,2 Milliarden Euro an Wert verloren hat.<br />
Das bereitet auch den finanzierenden Banken<br />
Sorge.<br />
Die Signa ist nicht der einzige Projektentwickler,<br />
der zu kämpfen hat. Bei der 6B47<br />
Real Estate Investors AG, die gerade unter<br />
anderem das Großprojekt „Althan Quartier“<br />
beim Wiener Franz-Josefs-Bahnhof verfolgt,<br />
wurden von der Wirtschaftsprüfungskanzlei<br />
Deloitte deren Bestätigungsvermerke zum<br />
Jahres- und Konzernabschluss 2022 widerrufen.<br />
Man sei aber zuversichtlich den Turnaround<br />
zu schaffen. Auch die Realtrade wehrt<br />
sich gegen Schieflage - Gespräche mit Banken<br />
und Mezzaninkapitalgebern laufen.<br />
Die Liste wird länger werden. Davon ist<br />
auszugehen. Noch sind im Gegensatz zu<br />
Deutschland – wo es bereits namhafte Developer<br />
wie Centrum, Development Partners,<br />
Euroboden oder die Gerchgroup erwischt hat<br />
– Insolvenzen ausgeblieben.<br />
Die Signa ist aber nicht das einzige Unternehmen,<br />
das mit dem rauen Wind am Immobilienmarkt<br />
kämpft. In Deutschland sind<br />
Immobiliengesellschaften von Vonovia über<br />
LEG bis TAG Immobilien mit Abwertungen<br />
und steigenden Refinanzierungskosten konfrontiert.<br />
Michael Neubauer<br />
Herausgeber<br />
Fotos: Adobe Stock<br />
08 ImmoFokus
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Immobilien.<br />
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Marktbericht | Frühjahr <strong>2023</strong><br />
Büromarktbericht<br />
Wien | Herbst <strong>2023</strong><br />
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
09
„Quartiersentwicklungen<br />
gelten<br />
völlig zurecht als<br />
Königsdisziplin der<br />
Projektentwicklung.“<br />
Königsdisziplin<br />
D ie Quartiersentwicklung gilt als Königsdisziplin<br />
der Projektentwicklung. Und das völlig<br />
zu Recht. Schließlich ist die Liste an Anforderungen,<br />
denen man gerecht werden muss,<br />
lang – und wird in Zeiten von Megatrends<br />
wie Klimawandel und Ressourcenknappheit,<br />
Urbanisierung sowie demographischem und<br />
sozialem Wandel auch nicht gerade kürzer. Im<br />
Gegenteil.<br />
Klar ist jedenfalls, dass man bei der Stadt- und<br />
Quartiersentwicklung möglichst früh in der<br />
Planungsphase eine Vielzahl an Stakeholdern<br />
an einen Tisch bringen muss. Und dass auch<br />
die Politik die entsprechenden Rahmenbedingungen<br />
schaffen muss, um qualitätsvolle und<br />
lebenswerte Projekte zu ermöglichen.<br />
dass er nicht nur wegen seines Trackrecords<br />
an Wolkenkratzer-Entwicklungen ein wahrer<br />
Gipfelstürmer ist.<br />
In einem weiteren Beitrag widmet sich Michael<br />
Neubauer dem Fall Signa beziehungsweise<br />
wie es dazu kommen konnte, dass das Imperium<br />
des René Benko ins Wanken kommen<br />
konnte. Gleich vorweg: Dahinter steht nicht<br />
ausschließlich der Zinsanstieg.<br />
Unter anderem darf auch ein Nachbericht zur<br />
Expo nicht fehlen. Wichtige heimische Branchenplayer<br />
geben dort ihre Eindrücke wieder,<br />
etwa über die derzeit alles entscheidende Frage<br />
in der Immobilienbranche: Wann findet der<br />
Zinsanhebungszyklus ein Ende?<br />
Stadt- und Quartiersentwicklung war auch das<br />
Thema der mittlerweile 34. Auflage des Real<br />
Circle. In fünf anregenden Diskussionsgruppen<br />
verrieten insgesamt mehr als 30 Immobilienprofis<br />
unter anderem, was sie unter einem<br />
guten Quartiersprojekt verstehen und wo sie<br />
künftig die größten Herausforderungen sehen,<br />
ebenso wie mögliche Lösungen.<br />
Herzlichst,<br />
Einen schönen Überblick an Best-Practice-Beispielen<br />
in der Stadt- und Quartiersentwicklung<br />
bietet zudem die Bildstrecke gleich zu Beginn<br />
dieser <strong>Ausgabe</strong>. Sie zeigt, wie unter anderem<br />
alten Hafen-, Industrie- und Bahngeländen<br />
neues Leben eingehaucht wird. Ein absolutes<br />
Highlight ist sicher das Titelinterview von Herausgeber<br />
Michael Neubauer mit S+B-Vorstand<br />
Wolfdieter Jarisch, in dem zu erfahren ist,<br />
Patrick Baldia<br />
Chefredakteur<br />
Foto: Adobe Stock<br />
10 ImmoFokus
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
11
Unternehmen & Projekte<br />
14<br />
DA TUT SICH ETWAS<br />
Weltweit verwandeln sich<br />
in die Jahre gekommene<br />
Bahnhofs- und Hafenviertel<br />
in neue und vor allem<br />
grünere Stadtteile. Ein<br />
kleiner Abriss von<br />
einigen der spannendsten<br />
Stadterneuerungsprojekte<br />
der letzten Jahre.<br />
28<br />
TOP DEAL<br />
Am Wiener Zinshausmarkt ist die Zahl der<br />
Transaktionen im ersten Halbjahr <strong>2023</strong><br />
gegenüber dem Vorjahreszeitraum um<br />
60 Prozent eingebrochen. Nun wurde der<br />
größte Deal des Jahres vermeldet: Thalhof<br />
Immobilien sicherte sich den „Adlerhof“<br />
der S Immo. „Objekte dieser Qualität<br />
kommen nur sehr selten auf den Markt und<br />
stoßen auch in dieser herausfordernden<br />
Zeit auf rege Nachfrage seitens liquider<br />
Investoren“, bringt es EHL-Investmentchef<br />
Franz Pöltl auf den Punkt.<br />
32<br />
GLEISGARTEN<br />
Mehr als ein Jahrhundert lang wurden in<br />
der 1907 erbauten Remise der Badener<br />
Bahn in der Eichenstraße in Wien Meidling<br />
Züge aus- und eingelassen. Seit 2019<br />
realisieren dort die Projektpartner Soravia,<br />
6B47 und Trivalue einen Nutzungsmix aus<br />
Wohnen, Gewerbe, Retail und Hotel. Mit<br />
dem Gleisgarten feierte kürzlich die erste<br />
„Food Hall“ Wiens Eröffnung. in Amsterdam<br />
soll die flexible Welt des hybriden<br />
Arbeitens unterstützen.<br />
Foto: Adobe Stock<br />
12 ImmoFokus
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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong> 13
Unternehmen & Projekte<br />
Quartiersentwicklung. Weltweit verwandeln<br />
sich in die Jahre gekommene Bahnhofs- und<br />
Hafenviertel in neue und vor allem grünere<br />
Stadtteile. Ein kleiner Abriss von einigen der<br />
spannendsten Stadterneuerungsprojekte.<br />
Autor: Tanja Klingseis<br />
14 ImmoFokus
Fotos: Foster + Partner<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
15
Unternehmen & Projekte<br />
THE ELLINIKON-MASTERPLAN<br />
The Ellinikon ist eines der weltweit größten und<br />
ambitioniertesten Stadterneuerungsprojekte, und<br />
definiert Stadtentwicklung, modernes Leben und<br />
ESG-orientierte Investitionen neu.<br />
Mittels Autarkie bei Bewässerung und Stromversorgung<br />
etwa, setzt das Projekt Maßstäbe für<br />
nachhaltige, intelligente Stadtentwicklung. Die von<br />
Grund auf neu gestaltete “15-Minuten-Stadt“ bietet<br />
Wohn-, Gewerbe-, Freizeit-, Einzelhandels-, Gastronomie-,<br />
Unterhaltungs-, Bildungs- und Sportmöglichkeiten.<br />
The Ellinikon markiert einen Wendepunkt<br />
im urbanen Leben und fördert umweltbewusste<br />
Entwicklung sowie zugängliche Räume, um eine<br />
neue Ära nachhaltiger Städte einzuläuten. The Ellinikon<br />
soll rund 85.000 Arbeitsplätze schaffen und<br />
ist damit auf dem besten Weg, weltweit ein Modell<br />
für wirtschaftliche Entwicklung und nachhaltiges<br />
Design zu werden.<br />
Standort: Athen, Griechenland<br />
Architekturbüro: Foster + Partner<br />
Fotos: Foster + Partner<br />
16 ImmoFokus
MORLAND MIXITÉ CAPITALE<br />
Das Urbane Quartier Morland Mixité<br />
Capitale im zentral gelegenen Arsenal<br />
in Paris bietet ein breites Spektrum an<br />
Hauptnutzungsformen, unterstützenden<br />
Nutzungen und publikumsbezogener Nutzung.<br />
Neben Gewerbeflächen, Wohnungen,<br />
Kita und Hotel fungiert das Quartier<br />
auch als ein Zentrum für Kultur mit Kunstund<br />
Ausstellungsflächen sowie diversen<br />
Flächen für Urban Gardening. Das Projekt<br />
soll sowohl für die Pariser Bevölkerung<br />
als auch für die Besucher der Stadt einen<br />
erheblichen Mehrwert bilden.<br />
Standort: Paris, Frankreich<br />
Architekturbüro: AREP<br />
Fotos: Simon Menges<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
17
Unternehmen & Projekte<br />
KALASATAMA<br />
Seit Herbst 2013 gilt der ehemalige Fischereihafen<br />
Kalasatama als Modellgebiet für intelligente<br />
Stadtentwicklung. Ziel ist das Finden<br />
von Lösungen, die das tägliche Leben<br />
vereinfachen und Klimaziele unterstützen.<br />
Dabei wird experimentiert und entwickelt.<br />
Die Bewohner des Stadtteils testen aus,<br />
was einen reibungslosen Alltag unterstützt<br />
und was gegebenenfalls angepasst werden<br />
muss. Über eine App können die Bewohner<br />
die Technik in ihrer Wohnung regeln.<br />
Beim Verlassen des Hauses kann dann andererseits<br />
auch mit einem einfachen Knopfdruck<br />
der Strom in der Wohnung abgestellt<br />
werden, damit Energie gespart wird. Eine<br />
weitere sehr beliebte Anwendung ist das<br />
automatische unterirdische Absaugen des<br />
Mülls zu einer Sammelstelle.<br />
Standort: Helsinki, Finnland<br />
Architekturbüro: AREP<br />
Fotos: Antti Laiho<br />
18 ImmoFokus
AMSTEL DESIGN DISTRICT<br />
Der vom niederländischen Architekturbüro<br />
Mecanoo entworfene Masterplan schafft<br />
einen 80.000 Quadratmeter großen,<br />
flexiblen Rahmen für ein Mixed-Use-Projekt<br />
besonderer Art: Der Amstel Design District<br />
wartet mit einer breiten Palette verschiedenster<br />
Möglichkeiten und Angebote<br />
auf. Dazu zählen wandelbare Büros und<br />
Co-Working-Spaces ebenso, wie Wohnungen,<br />
Werkstätten, Gewerbeflächen und<br />
Gemeinschaftseinrichtungen. Auch kreative<br />
Arbeitsplätze („Makerspaces“) und ein 800<br />
Quadratmeter umfassendes Designmuseum<br />
sind vorgesehen.<br />
Zudem bekommt der Amstel Design District<br />
geradezu ikonische öffentliche Dachflächen,<br />
die neue Lebensqualität versprechen. Der<br />
Entwurf des Architekten-Teams basiert auf<br />
klaren Zielen wie Einbeziehung der Natur,<br />
Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft. Aber<br />
auch auf Anpassungsfähigkeit, um langfristige<br />
Krisensicherheit zu gewährleisten.<br />
.<br />
Standort: Amsterdamm, Holland<br />
Architekturbüro: Mecanoo<br />
Fotos: Mecanoo<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
19
Unternehmen & Projekte<br />
BAHNSTADT<br />
Mit 116 Hektar ist der junge Stadtteil größer<br />
als die Heidelberger Altstadt. Mehr als 6.800<br />
Menschen werden künftig dort leben, weitere<br />
6.000 dort arbeiten - vor allem in Forschung<br />
und wissenschaftsbasierten Unternehmen. Im<br />
Juni 2012 sind die ersten Bewohnerinnen und<br />
Bewohner in den neuen Stadtteil eingezogen.<br />
Der Stadtteil wächst nahezu klimaneutral. Die<br />
Strom- und Wärmeversorgung erfolgt vollständig<br />
aus erneuerbaren Energien. Die Bahnstadt<br />
leistet den größten Beitrag zur Schaffung von<br />
neuem Wohnraum in Heidelberg.<br />
Die Bahnstadt ist auch im Hinblick auf die<br />
Bevölkerung ein junger Stadtteil – jeder zweite<br />
Bewohner ist jünger als 30 Jahre alt, jeder fünfte<br />
Bahnstädter ist ein Kind oder ein Jugendlicher.<br />
Für Betreuung und Bildung ist gesorgt:<br />
In der Bahnstadt gibt es eine Ganztagsgrundschule<br />
sowie acht Kitas.<br />
Standort: Heidelberg, Deutschland<br />
Architekturbüro: Christian Buck<br />
Fotos: Christian Buck<br />
20 ImmoFokus
FOUR FRANKFURT<br />
FOUR ist die Vision einer neuen Stadt. Vier einzigartige<br />
Hochhäuser repräsentieren eine Urbanität ohne<br />
Kompromisse.<br />
FOUR interpretiert die Skyline als modernen urbanen<br />
Lebensort. Es entsteht eine Idee der Zukunft mit<br />
begeisternden Perspektiven. Bis zu 233 Meter streben<br />
die futuristischen Türme in die Höhe – ein Blickfang, der<br />
atemberaubende Ausblicke schenkt.<br />
Gleichzeitig wächst ein nachhaltiges, offenes, belebtes<br />
und sozial ausgewogenes Quartier: mit 600 Apartments<br />
in verschiedenen Größen und teilweise als geförderter<br />
Wohnraum, mit hochwertigen Büroflächen, Hotels und<br />
städtischem Flair. Gastronomie, Einzelhandel, Stadtplätze,<br />
eine öffentliche Dachterrasse und grüne Inseln<br />
beleben das Viertel. Neue Zuwege verbinden es mit der<br />
Innenstadt und dem Bankenviertel. FOUR ist das neue<br />
Gesicht der Stadt – in direkter Nachbarschaft zu Sonne,<br />
Wolken, Wind und Wetter.<br />
Standort: Frankfurt, Deutschland<br />
Architekturbüro: HPP Architekten, UNStudio<br />
Fotos: Engels, Courtesy of Groß & Partner<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
21
Unternehmen & Projekte<br />
HAMMARBY SJÖSTAD<br />
Bis in die neunziger Jahre hinein war<br />
Hammarby Sjöstad ein ziemlich heruntergekommenes<br />
Industriegebiet. Dann fing man<br />
an, Wohnhäuser zu bauen. Es entstand ein<br />
völlig neuer, hochmoderner Stadtteil, in dem<br />
Umweltschutz und Nachhaltigkeit großgeschrieben<br />
werden.<br />
Ursprünglich war der Stadtteil für Menschen<br />
über 55 Jahre geplant. Hierhin sollten<br />
Menschen ziehen, die nah an der Stadt,<br />
aber nicht mehr mittendrin wohnen wollten.<br />
Dann aber kam alles ganz anders. Es zogen<br />
nämlich Familien mit Kindern ein. Schließlich<br />
gab man nach und begann Kindergärten und<br />
Schulen zu bauen. Der Stadtteil bekam einen<br />
ganz anderen Charakter als ursprünglich<br />
geplant. Später baute man sogar Häuser mit<br />
Parkplätzen.<br />
Standort: Stockholm, Schweden<br />
Fotos: AdobeStock<br />
22 ImmoFokus
FJORD CITY<br />
Keine andere skandinavische Stadt wandelt sich so schnell wie Oslo. In der „Fjord City“ gibt es<br />
spektakuläre Kulturbauten, innovative Shoppingkonzepte und selbstbewusste neue Design-<br />
Kreationen zu entdecken. Norwegens Hauptstadt verwandelt sein Hafenviertel in ein neues<br />
Trendquartier: 9.000 Wohnungen, 50.000 Arbeitsplätze, dazwischen allerlei Kunst und Kultur<br />
sollen bis 2045 entstehen. Ein Eldorado der modernen Architektur: In Oslo ist im ehemaligen<br />
Hafen ein neuer Stadtteil entstanden. Neue Museen und trendige Wohnhäuser revitalisieren die<br />
Industriebrache mit Meeranstoss. Grosszügig bemessener Raum für die Öffentlichkeit sorgt für<br />
Durchmischung und Belebung.<br />
Standort: Oslo, Norwegen<br />
Fotos: AdobeStock<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
23
Unternehmen & Projekte<br />
JÄTKÄSAARI<br />
Jätkäsaari ist eine der größten<br />
Baustellen Europas, 20 Prozent aller<br />
Wohnungen Helsinkis werden hier<br />
auf einen Schlag gebaut.<br />
In Jätkäsaari sollen bald 30.000<br />
Menschen leben, viele auch hier<br />
arbeiten. Kinder sollen zur Schule<br />
gehen können, ohne eine große<br />
Straßenkreuzung überqueren zu<br />
müssen, sondern stattdessen durch<br />
Parks und über Fußgängerbrücken<br />
laufen. Dabei war Jätkäsaari bis vor<br />
knapp zehn Jahren ein Containerterminal<br />
am Westhafen. Nach der<br />
Verlegung des Containerverkehrs im<br />
Jahr 2008 blieb eine betonierte, fast<br />
ebene Fläche zurück – ein Traum für<br />
Stadtplaner.<br />
.<br />
Standort: Helsinki, Finnland<br />
24 ImmoFokus
HUDSON YARDS<br />
Hudson Yards in New York ist Manhattans<br />
neuestes Viertel. Hudson Yards befindet<br />
sich beim High Line Park, im Westen von<br />
Midtown Manhattan. Hudson Yards besteht<br />
hauptsächlich aus Wolkenkratzern, die zum<br />
einen als Wohnkomplex und zum anderen als<br />
Büroräume genutzt werden. Zwischen den<br />
Gebäuden wurden mehrere Stadtparks angelegt<br />
Hudson Yards ist ein Gebäudekomplex<br />
im gleichnamigen und neu ausgewiesenen<br />
Stadtviertel Hudson Yards im Stadtbezirk<br />
Manhattan in New York City.<br />
Standort: New York City, USA<br />
Fotos: AdobeStock<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
25
Unternehmen & Projekte<br />
LUZERNNORD<br />
LuzernNord ist ein Entwicklungsschwerpunkt<br />
des Kantons Luzern. In<br />
den nächsten Jahren werden hier<br />
schrittweise 1500 neue Wohnungen,<br />
4000 zusätzliche Arbeitsplätze und<br />
850 Studienplätze realisiert. Hier<br />
leben und arbeiten Menschen in<br />
einem modernen, ökologischen<br />
und lebhaften Zentrum am Fluss.<br />
Um dieses Zielbild zu erreichen,<br />
soll sich LuzernNord als Smart City<br />
entwickeln.<br />
Standort: Luzern, Schweiz<br />
Architekturbüro: LuzernPlus<br />
Fotos: LuzernPlus<br />
26 ImmoFokus
Fotos: Implenia<br />
LOKSTADT<br />
Mit der Entwicklung der Lokstadt verwandelt<br />
sich ein ehemaliges Industrieareal in einen<br />
nachhaltigen, vielseitigen und urbanen<br />
Stadtteil im Herzen Winterthurs. Dieser<br />
Stadtteil erstreckt sich zwischen der Zürcherstrasse<br />
und dem Lagerplatzareal.<br />
Die Lokstadt wird nach den Anforderungen<br />
der 2000-Watt-Gesellschaft auf Basis des<br />
SIA-Effizienzpfads Energie entwickelt. Für<br />
die Einhaltung dieses ambitionierten Ziels<br />
sorgen modernste Bauweise und Gebäudetechnik,<br />
eine ökologische Energieversorgung<br />
und ein umweltfreundliches Verkehrskonzept.<br />
Zudem sind 30 Prozent der Wohnfläche für<br />
gemeinnütziges Wohnen oder preisgünstigen<br />
Wohnraum für junge Menschen in<br />
Ausbildung reserviert.<br />
.<br />
Standort: Winterthur, Schweiz<br />
Architekturbüro: Implenia<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
27
Top Deal<br />
ImFokus<br />
Zinshausdeal des Jahres<br />
Top-Deal. Zinshausspezialist Thalhof Immobilien sicherte sich mit dem „Adlerhof“ der S Immo ein<br />
Juwel aus der Wiener Gründerzeit.<br />
A<br />
m Wiener Zinshausmarkt war<br />
gelinde gesagt schon einmal<br />
mehr los. Sowohl bei der Verkaufszahl<br />
als auch bei den Volumina<br />
wurden im ersten Halbjahr <strong>2023</strong> starke<br />
Rückgänge beobachtet, berichtet etwa Otto<br />
Immobilien. Umso erwähnenswerter ist also<br />
jener Deal, der kürzlich abgeschlossen wurde:<br />
der Verkauf des „Adlerhofs“ der S Immo an<br />
Thalhof Immobilien. „Objekte dieser Qualität<br />
kommen nur sehr selten auf den Markt und<br />
stoßen auch in dieser herausfordernden Zeit<br />
auf rege Nachfrage seitens liquider Investoren“,<br />
sagt Franz Pöltl, Geschäftsführer der EHL<br />
Investment Consulting, die den Deal eingefädelt<br />
hat, über die bislang „größte Zinshaustransaktion<br />
des Jahres“.<br />
Wie groß die Transaktion tatsächlich war, kann<br />
leider nur vermutet werden. Über die genaue<br />
Höhe wurde zwischen allen Beteiligten Stillschweigen<br />
vereinbart. Von einem „Schnäppchen“<br />
kann vermutlich nicht die Rede sein.<br />
Zum voll vermieteten Objekt in der Siebensterngasse<br />
46 im 7. Wiener Gemeindebezirk ge-<br />
hören 161 Wohn- und neun Gewerbeeinheiten<br />
auf einer Gesamtfläche von knapp 11.500 Quadratmetern.<br />
Wie EHL bestätigt befindet sich<br />
der „Adlerhof“, der das Wiener Portfolio der S<br />
Immo fast ein Vierteljahrhundert schmückte,<br />
in ausgezeichneten baulichen Zustand, mit<br />
hochwertig ausgebautem Dachgeschoß.<br />
Baujahr 1874<br />
Das 1874 vom Architekten Carl Stephann<br />
erbaute Gebäude verbindet über ein bemerkenswertes<br />
Durchaus mit fünf Höfen und<br />
pilaster- und arkadengegliederten Eingängen<br />
die Siebensterngasse mit der Burggasse.<br />
Zinshausspezialist Thalhof Immobilien will<br />
den Adlerhof dem Vernehmen nach in den<br />
nächsten Jahren unter Berücksichtigung von<br />
Nachhaltigkeitskriterien und der Verbesserung<br />
der urbanen Lebensqualität entwickeln.<br />
Bei der S Immo freut man sich wiederum,<br />
einen weiteren Schritt in der strategischen<br />
Veräußerung der Wohnimmobilien abgeschlossen<br />
zu haben. Die gewonnene Liquidität<br />
soll nun in Büro- und Gewerbeimmobilien<br />
reinvestiert werden.<br />
Laut Otto Immobilien fanden im ersten Halbjahr<br />
<strong>2023</strong> in Wien 124 Zinshaustransaktionen<br />
statt. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum<br />
bedeutet das ein Minus von fast 60 Prozent.<br />
Zu Rückgängen kam es im Übrigen in nichtweniger<br />
als 17 der 23 Wiener Gemeindebezirken.<br />
Am stärksten ging die Zahl der Deals<br />
mit jeweils rund 90 Prozent in Währing<br />
und Döbling zurück. In der Brigittenau,<br />
der Donaustadt und Leasing stagnierte die<br />
Transaktionszahl, während in der Innenstadt<br />
und Floridsdorf sogar eine Verdoppelung zu<br />
beobachten war.<br />
Sorgen um das Wiener Zinshaus muss man<br />
sich dennoch nicht machen. Auch in dieser<br />
Phase zeichne es sich durch eine starke Resilienz<br />
aus, sagt Philipp Maisel, Teamleiter<br />
Zinshaus bei Otto Immobilien. „Die Preise<br />
sind zwar gesunken, aber nicht so stark wie<br />
in anderen Assetklassen und selbst die günstigsten<br />
Objekte sind nach wie vor nicht unter<br />
2.035 Euro pro Quadratmeter zu haben.“ Bereits<br />
im kommenden Jahr soll sich das Marktgeschehen<br />
wieder dynamischer gestalten.<br />
Foto: C.A.N Photography<br />
28 ImmoFokus
Start-up<br />
ImFokus<br />
Energiespende<br />
Der Initiator<br />
Matthias Nadrag ist seit 2014 im Bereich<br />
Erneuerbarer Energie tätig. Mit einem<br />
österreichweit erfolgreichen Crowdfundingportal<br />
für Photovoltaik-Kraftwerke<br />
auf Wohnanlagen, Gewerbe, Industrie<br />
und Kommunalinfrastruktur wurde er<br />
für den Innovations- und Forschungspreis<br />
des Landes Kärnten nominiert. Seit<br />
2018 widmet er sich der gemeinschaftlichen<br />
Nutzung von erneuerbaren Erzeugungsanlagen.<br />
Mit enixi.io gründete er<br />
2021 ein Unternehmen, das Software-asa-Service<br />
für Mieterstrom und Energiegemeinschaften<br />
anbietet.<br />
www.energiespenden.at<br />
Gegen Energiearmut. Überschüssige Energie aus privaten und<br />
betrieblichen Erzeugungsanlagen wird zur Direkthilfe für bedürftige<br />
Familien und Hilfsorganisationen.<br />
E<br />
nergiegemeinschaften sind für Startups<br />
in Österreich zu einem neuen<br />
Betätigungsfeld geworden. Mitten<br />
drinnen: enixi von Matthias Nadrag<br />
aus Kärnten. Er bietet nicht nur Apps und Software<br />
für Energiegemeinschaften, sondern ermöglicht<br />
seit kurzem auch, dass sie überschüssigen Strom<br />
an Bedürftige und Hilfsorganisationen spenden<br />
können.<br />
Über eine österreichweite Bürgergemeinschaft<br />
werden ab sofort bedürftige Familien und karitative<br />
Einrichtungen mit kostenloser Energie<br />
versorgt. Initiator Matthias Nadrag forderte<br />
Gerechtigkeit im Zusammenhang mit dem<br />
Umstieg auf erneuerbare Energien: „Während<br />
sich die oberen 10 Prozent mit Photovoltaik,<br />
E-Auto und Speicher schon längst Unabhängigkeit<br />
leisten können, kümmern wir uns um die<br />
untersten 3 Prozent“.<br />
Die Energiegemeinschaft Österreich stellt nicht<br />
nur eine soziale, sondern auch eine technische<br />
Innovation dar, da Bürgerenergiegemeinschaften<br />
über mehrere Netzgebiete hinweg erst seit<br />
dem 2. Oktober <strong>2023</strong> möglich sind. Allein in den<br />
ersten Oktobertagen konnten bereits hunderte<br />
Kilowattstunden zwischen Wien, Burgenland<br />
und Kärnten verteilt werden. So liefert zum<br />
Beispiel die Regiowert Unternehmensgruppe<br />
mit dem Überschuss von zwei Photovoltaik-Anlagen<br />
im Burgenland genug Energie, um in der<br />
Westbahnhoffnung in Villach täglich warme<br />
Mahlzeiten für rund 30 sozial benachteiligte<br />
Personen zubereiten zu können.<br />
Direkt Energie zu spenden hat einen enormen<br />
Hebel gegenüber einer reinen Geldzuwendung:<br />
Der Spender verzichtet auf wenige Cent pro<br />
Kilowattstunde, während sich der Empfänger<br />
den gesamten Arbeitspreis spart. Gründer Matthias<br />
Nadrag hat für alle, die sich über niedrige<br />
Einspeisetarife ärgern, eine bessere Option:<br />
„Bevor du die Energie anderweitig verschenkst,<br />
kannst du damit jemanden vor Energiearmut<br />
schützen.“<br />
Die eigens angepasste Energiegemeinschafts-<br />
Software vom Technologieanbieter enixi macht<br />
die Energiespende einfacher als die Einrichtung<br />
eines Dauerauftrags für eine Geldspende. Über<br />
das tagesaktuelle Monitoring ist die Menge der<br />
gespendeten Kilowattstunden jederzeit einsehbar.<br />
Unter energiespenden.at kann man ohne<br />
Bindung über einen beliebigen Zeitraum bereits<br />
aus ganz Österreich direkt Energie spenden.<br />
Die Meinung des Profis<br />
Schöne und soziale Umsetzung der<br />
Idee des Gesetzgebers, auch jenen zu<br />
Erneuerbarer Energie zu verhelfen, die<br />
keine Möglichkeit für eine PV-Anlage<br />
haben. Gemeinnütziges Geschäftsmodell,<br />
beschränkte Skalierbarkeit.<br />
IDEE<br />
GESCHÄFTSMODELL<br />
TIMING<br />
Christian Call, MAS<br />
Wiener Netze<br />
Unternehmenskommunikation<br />
Fotos: Matthias Nadrag<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
29
Der<br />
Marketer<br />
Gedankensplitter zum<br />
ImmoMarketing in<br />
Theorie und Praxis.<br />
Partnerschafts-Puzzle:<br />
Das Geheimnis gelebter Partnerschaften<br />
Regelmäßiger Kommentar: Philipp Kaufmann<br />
Partnerschaften sind wie ein komplexes Puzzle, bei dem jeder Partner ein einzigartiges<br />
Teil darstellt. Das Zusammenspiel dieser Teile formt das Gesamtbild einer gelebten<br />
Partnerschaft. In einer Welt, die sich ständig verändert, sind starke und erfüllende Partnerschaften<br />
von unschätzbarem Wert. Lassen Sie uns einen Blick auf einige wesentliche<br />
Aspekte werfen, die dazu beitragen, dass Partnerschaften blühen und gedeihen.<br />
**1. Kommunikation als Grundpfeiler:**<br />
Die Grundlage jeder<br />
erfolgreichen Partnerschaft ist eine<br />
offene und ehrliche Kommunikation.<br />
Partner sollten in der Lage<br />
sein, ihre Gedanken und<br />
Gefühle zu teilen, ohne<br />
Angst vor Verurteilung<br />
zu haben. Ein regelmäßiger<br />
Austausch schafft nicht<br />
nur Verständnis, sondern stärkt auch<br />
die Bindung zwischen den Partnern.<br />
**4. Gemeinsame Erlebnisse und Rituale:**<br />
Geteilte Erfahrungen schweißen<br />
zusammen. Partnerschaften profitieren<br />
von regelmäßigen gemeinsamen Erlebnissen<br />
und Ritualen, sei es ein wöchentlicher<br />
Jour-Fixe oder ein jährlicher<br />
Messebesuch (z.B. die Expo in München).<br />
Solche Momente schaffen Bindungen<br />
und schenken der Partnerschaft eine<br />
besondere, gemeinsame Geschichte.<br />
**2. Gemeinsame Werte und Ziele:**<br />
Partnerschaften prosperieren, wenn beide<br />
Partner ähnliche Werte und Ziele teilen.<br />
Das Festlegen gemeinsamer Prioritäten<br />
schafft eine klare Ausrichtung und verhindert<br />
Missverständnisse über langfristige<br />
Erwartungen. Eine partnerschaftliche<br />
Reise wird umso erfüllender, wenn beide<br />
Partner in die gleiche Richtung blicken.<br />
**5. Flexibilität und Anpassungsfähigkeit:**<br />
Das Leben ist dynamisch, und Partnerschaften<br />
müssen sich den Veränderungen<br />
anpassen. Die Fähigkeit, flexibel auf Herausforderungen<br />
zu reagieren,<br />
stärkt die Widerstandsfähigkeit<br />
der<br />
Partnerschaft. Gemeinsames<br />
Wachsen durch Höhen und Tiefen fördert<br />
nicht nur die individuelle Entwicklung,<br />
sondern auch die Stabilität der Beziehung.<br />
**3. Akzeptanz und Respekt für<br />
Unterschiede:** Jeder Mensch ist ein<br />
Individuum mit eigenen Eigenschaften,<br />
Vorlieben und Meinungen. Gelebte<br />
Partnerschaften zeichnen<br />
sich durch die Fähigkeit<br />
aus, die Unterschiede des<br />
anderen zu akzeptieren<br />
und zu respektieren. Statt<br />
Konflikte zu vermeiden, sollten Partner<br />
daran arbeiten, voneinander zu lernen<br />
und sich durch die Vielfalt zu bereichern.<br />
**6. Selbstpflege für eine gesunde<br />
Partnerschaft:** Partnerschaften können<br />
nur so stark sein wie die Individuen, aus<br />
denen sie bestehen. Die Selbstpflege jedes<br />
Partners ist daher entscheidend. Zeit für<br />
persönliche Interessen und persönliches<br />
Wachstum ermöglicht es beiden, in der<br />
Partnerschaft ihre beste Version zu sein.<br />
In einem Partnerschafts-Puzzle sind die oben genannten<br />
Elemente nur einige der wichtigsten Teile.<br />
Die Kunst besteht darin, sie miteinander zu verbinden<br />
und ein harmonisches Gesamtbild zu schaffen.<br />
Gelebte Partnerschaften erfordern ständige Pflege<br />
und Aufmerksamkeit, aber die Belohnungen in Form<br />
von gemeinsamem Erfolg sind es wert. Diese Gedanken<br />
sollen helfen, Partnerschaften innerhalb des Unternehmens<br />
aber auch mit Kunden bzw. Lieferanten<br />
zu pflegen und zu festigen. Wer auch privat davon<br />
profitiert, wird zum wahren Beziehungsmeister.<br />
30 ImmoFokus
Problemlöser<br />
ImFokus<br />
Stephan<br />
Gasser<br />
Christian<br />
Ochs<br />
Gründer & Geschäftsführer<br />
FINcredible<br />
1. DAS PROBLEM<br />
Für viele digitale Geschäftsabschlüsse ist eine<br />
Online-Identifikation von Kunden erforderlich. Vor<br />
allem bei Bank- und Finanzgeschäften muss dabei<br />
das strenge „Know-Your-Customer“ Prinzip (KYC-<br />
Prinzip) zur Bekämpfung von Geldwäsche und<br />
Terrorismusfinanzierung befolgt werden. Immer<br />
häufiger kommt es auch be Immobilienabschlüssen zu<br />
Betrugsversuchen.<br />
Fotos: aedifion<br />
2. DIE LÖSUNG<br />
Mit dem FINcredible KontoCheck können Mietbelastungsquote,<br />
Gehaltsnachweise und Identitätsnachweis demnach schnell erledigt<br />
werden. Der KontoCheck bietet die Möglichkeit, die Bonität<br />
potenzieller Mieter zu überprüfen, indem er Gehaltsnachweise<br />
und Identitätsnachweise in Echtzeit überprüft und eine<br />
Mietbelastungsquote berechnet.<br />
Makler und Hausverwaltungen können den KontoCheck für Mieter<br />
oder Käufer ganz leicht über die verwendete Maklersoftware oder<br />
die Website von FINcredible bestellen – das Ergebnis kommt sofort<br />
nach Abschluss digital als Zertifikat. Alternativ kann der KontoCheck<br />
auch direkt in die Webseite zum Beispiel des Maklers integriert<br />
werden. Miet- und Kaufinteressenten können den KontoCheck dann<br />
dort sofort erledigen, das Ergebnis landet sofort beim Makler.<br />
Das Unternehmen ist ein Spin-Off von Wirtschaftswissenschaftlern<br />
der WU Wien und hat mit dem KSV1870, der auch die<br />
Mehrheitsrechte inne hat, einen potenten Partner.<br />
30,4<br />
DIE ZAHL<br />
Die Internetkriminalität ist<br />
in Österreich auch 2022<br />
weiter gestiegen: Mit rund<br />
60.200 Anzeigen wurde<br />
eine Zunahme von 30,4<br />
Prozent im Vergleich zum<br />
Vorjahr verzeichnet. Die<br />
zeitweise Schließungen<br />
des stationären Handels<br />
während der Corona-<br />
Pandemie und die damit<br />
verbundene Verlagerung<br />
des realen Lebens in die<br />
digitale Welt bildeten den<br />
Nährboden für Betrüge im<br />
Internet.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
31
Immobilie<br />
ImFokus<br />
1907<br />
Mehr als ein Jahrhundert lang wurden in der 1907 erbauten Remise der<br />
Badener Bahn in der Eichenstraße im zwölften Wiener Gemeindebezirk<br />
Züge aus- und eingelassen. Kein Aprilscherz: Am 1. April 2018 rollte der<br />
letzte Wagon aus dem historischen Ziegelbau.<br />
1<br />
Egal ob in London, Amsterdam oder Berlin – in jeder<br />
europäischen Stadt, die etwas auf sich hält, findet sich<br />
mittlerweile mindestens eine „Food Hall“. Im Gleisgarten, der<br />
ersten Wiener Gastro-Markthalle, bieten neun Gastronomen<br />
Spezialitäten an, darunter japanische, griechische,<br />
marokkanische, aber auch US-amerikanische Küche. Die<br />
Brauerei Vienna Kraft im Herzen der Halle wird von ihren beiden<br />
Geschäftsführern, Felix Bollen und Anton Borkmann, betrieben.<br />
<strong>2023</strong><br />
Nach einem Jahr Bauzeit fand Mitte Oktober das „Grand Opening“ des<br />
Gleisgartens statt. Über den Abend verteilt wollten sich 1.500 Gäste von Wiens<br />
erster „Food Hall“, die Kapazität für rund 600 Personen bietet, überzeugen.<br />
Die Aufregung war auch im Vorfeld riesig. Der Gleisgarten soll aber nicht nur<br />
ein Ort des lukullischen Genusses sein, auf drei Bühnen unterschiedlicher<br />
Größe können auch Konzerte und andere Performances stattfinden.<br />
31.000<br />
Die ehemalige Remise der Badener Bahn ist das Herzstück des<br />
neuen Stadtquartiers Wolfganggasse, das in den letzten Jahren in<br />
Wien Meidling entstand. Auf einem 31.000 Quadratmeter großen<br />
Areal wurden 850 geförderte Wohnungen für rund 2.000 Menschen<br />
realisiert. Angesprochen werden sollen mit dem leistbaren<br />
Angebot vor allem Alleinerziehende.<br />
2019<br />
Der Startschuss für das Projekt „Eichenstraße<br />
1“ fiel vor drei Jahren. Gemeinsam mit den<br />
Projektpartnern 6B47 Real Estate und Trivalue<br />
realisiert Soravia seitdem auf rund 50.000<br />
Quadratmetern einen spannenden Nutzungsmix<br />
aus Wohnen, Gewerbe, Retail und Hotel.<br />
25<br />
Der Name Pflanzengarten<br />
hätte dem Gleisgarten auch<br />
alle Ehre gemacht. In der<br />
Gastro-Markthalle grünt es<br />
nämlich nur so vor sich hin.<br />
Zum „lebendigen Inventar“<br />
gehören 25 Palmen, acht<br />
Olivenbäume und mehrere<br />
Dutzend Bambusstrauch,<br />
die im Übrigen aus Spanien<br />
geliefert wurden.<br />
Fotos: CHIARAMILO<br />
32 ImmoFokus
Aufsteiger<br />
Absteiger<br />
Der Höhepunkt<br />
Ausrufezeichen. Gerald Beck krönt seine bereits beachtliche Karriere und tritt im Mai 2024 die<br />
Geschäftsführerposition bei der Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) sowie der Austrian Real Estate (ARE) an.<br />
5<br />
1 1992<br />
Nach dem Abschluss seines Bauingenieur-<br />
Studiums (Fachrichtung: Bauwirtschaft) an<br />
der TU Wien beginnt Beck als Projektentwickler<br />
bei der Strabag-Vorgängerin Ilbau. Er<br />
wird diese Position fünf Jahre lang ausüben.<br />
2 1997<br />
Bis 2003 ist der gebürtige Wiener<br />
bei der Strabag bei nationalen und<br />
internationalen Großprojekten auf der<br />
operativen und der Development-Seite<br />
als Bereichs- und Direktionsleiter tätig.<br />
1<br />
Gerald Beck<br />
2<br />
3<br />
3 2003<br />
Seine bislang längste berufliche Station tritt Beck 2003 als Geschäftsführer<br />
der Raiffeisen evolution an. Im Übrigen in dem Jahr,<br />
in dem im Raiffeisen-Sektor die Entscheidung getroffen wurde, die<br />
gesamten Immobilienaktivitäten zu bündeln. 13 Jahre lang wird er<br />
beim Unternehmen bleiben und das große Portfolio weiterentwickeln.<br />
Der Abschied erfolgt im März 2017, wenige Monate nachdem<br />
die Strabag im Herbst 2016 ihre Anteile an der Raiffeisen evolution<br />
von 20 auf 100 Prozent aufgestockt hatte. Den Wandel in den Schoß<br />
des Baukonzerns begleitet er noch aktiv.<br />
4 2017<br />
Im April startet Beck als Geschäftsführer der<br />
UBM Development Österreich. In dieser Funktion<br />
verantwortet er die Geschäftsbereiche Akquisition,<br />
Development, Technik und Personal. In den<br />
kommenden sechs Jahren werden bei der UBM<br />
wichtige Schritte in Richtung Nachhaltigkeit und<br />
Dekarbonisierung gesetzt.<br />
4<br />
5 <strong>2023</strong><br />
Ende Oktober wird bekannt, dass<br />
Gerald Beck im Mai 2024 die Geschäftsführerposition<br />
vom scheidenden<br />
Wolfgang Gleissner bei<br />
der Bundesimmobiliengesellschaft<br />
(BIG) sowie der Austrian Real Estate<br />
(ARE) übernimmt. „Ich freue mich<br />
sehr auf die großartige und verantwortungsvolle<br />
Aufgabe in der<br />
BIG“, sagt Beck per Aussendung.<br />
Bei der UBM dürfte sich die Freude<br />
über den Abgang des erfahrenen<br />
Immobilienprofis wohl in Grenzen<br />
halten. Dennoch gibt sich CEO<br />
Thomas G. Winkler sportlich: „Die<br />
UBM und ARE verbindet eine strategische<br />
Partnerschaft in München<br />
und Wien und es ist immer eine<br />
Auszeichnung, wenn es hier zu<br />
einem freundlichen Management-<br />
Wechsel kommt.“ Becks Nachfolge<br />
bei der UBM übernimmt interimistisch<br />
CTO und Vorstandsmitglied<br />
Peter Schaller.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
33
Positionen & Meinungen<br />
488<br />
ZU TISCH MIT...<br />
„Je länger etwas gut geht, desto kritischer<br />
sollte man sein“, mahnt ÖRAG Vorstand<br />
Johannes Endll, beim gemeinsamen<br />
Mittagessen mit Herausgeber Michael<br />
Neubauer im „Zum Schwarzen Kameel“ nicht<br />
auf jeden Zug aufspringen zu müssen.<br />
58<br />
WEIN & IMMOBILIEN<br />
Von Prestigeweinen hält Architekt Martin<br />
Kohlbauer genau so wenig wie von<br />
Statussymbolen. Die Genialität liege in<br />
der Einfachheit der Dinge, ist er überzeugt.<br />
Und ein Wirtshaus müsse auch ein Ort<br />
des Alkoholismus sein, meint er bei der<br />
Weinverkostung mit Heimo Rollett.<br />
36<br />
COVERINTERVIEW<br />
„Ich gehe sicherlich<br />
mehr Risiko ein als viele<br />
andere. Man kann Risiko<br />
kalkulieren. Man kann<br />
alles dazu tun, um das<br />
Risiko zu minimieren“,<br />
betont Wolfdieter<br />
Jarisch, CEO der S+B<br />
Gruppe. „Aber wer ins<br />
Risiko geht braucht<br />
Durchhaltevermögen.“<br />
Foto: Adobe Stock<br />
34 ImmoFokus
Scan me<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
35
Positionen & Meinungen<br />
Gipfelstürmer<br />
Nicht Aufgeben - Durchhalten. „Ich gehe sicherlich mehr Risiko ein als<br />
viele andere. Man kann Risiko kalkulieren. Man kann alles dazu tun, um das<br />
Risiko zu minimieren“, betont Wolfdieter Jarisch, CEO der S+B Gruppe.<br />
„Aber wer ins Risiko geht, braucht Durchhalteverögen. Das haben wir.“<br />
Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />
In den vergangenen drei Jahrzehnten hat<br />
die S+B Gruppe erfolgreich Projekte im<br />
Gesamtwert von etwa fünf Milliarden<br />
Euro abgeschlossen. Für die nächste<br />
Dekade sind bereits Projekte in Höhe von<br />
drei Milliarden Euro geplant. Beeinträchtigt<br />
die aktuelle Krise Ihr Unternehmen<br />
nicht? Geht sie an Ihnen spurlos vorbei?<br />
In Deutschland kommen immer mehr<br />
Developer unter Druck, einige mussten<br />
bereits Insolvenz anmelden.<br />
Wolfdieter Jarisch: Seit 35 Jahren realisieren<br />
wir komplexe Projekte in Wien, Prag, Bukarest<br />
und Warschau. Ein bedeutender Aspekt,<br />
den ich hervorheben möchte, ist unsere tiefe<br />
Dankbarkeit gegenüber unseren Gründungsgesellschaftern,<br />
die stets einen erheblichen<br />
Anteil der Gewinne im Unternehmen<br />
belassen haben. Dies hat uns im Gegensatz<br />
zu vielen anderen Unternehmen in der<br />
Immobilienbranche einen beträchtlichen<br />
Eigenkapitalpolster verschafft. Diese Tatsache<br />
ist bemerkenswert und dürfte wohl nicht<br />
allzu oft anzutreffen sein. Die S+B Gruppe<br />
genießt bei den Banken ein hohes Ansehen.<br />
Wir werden bei Banken für Finanzierungen<br />
gerne gesehen. Aber eines ist auch klar: Die<br />
gestiegenen Zinskosten wirken sich auch auf<br />
unsere Projekte aus.<br />
Ein weiteres Plus sind unsere Mitarbeiter.<br />
Der durchschnittliche S+B-Mitarbeiter ist 41<br />
Jahre alt, weiblich und bereits seit beeindruckenden<br />
16,5 Jahren Teil unseres Unternehmens.<br />
Die jüngeren Mitarbeiter haben<br />
die Hochzinsphasen noch nicht miterlebt,<br />
während wir älteren in der Vergangenheit<br />
mit Zinssätzen von acht, neun und zehn<br />
Prozent konfrontiert waren. Dennoch war<br />
es auch damals möglich, Immobilienentwicklungen<br />
voranzutreiben. Dies ist eine<br />
entscheidende Tatsache, die in der heutigen<br />
Zeit berücksichtigt werden muss, insbesondere<br />
vor dem Hintergrund gestiegener<br />
Baukosten. Allerdings wissen wir auch, dass<br />
uns das, was uns nicht schwächt, härter und<br />
widerstandsfähiger macht.<br />
Vor 15 Jahren hat die Lehmann-Pleite die<br />
Immobilienwirtschaft erschüttert. Ist die<br />
aktuelle Situation mit 2008 vergleichbar?<br />
Sehen Sie Parallelen?<br />
Meiner Meinung nach lassen sich keine<br />
direkten Parallelen ziehen. Die aktuelle<br />
Situation ist deutlich anders. Es hat sich<br />
viel ereignet, was nicht unmittelbar mit<br />
der Finanzkrise oder der Inflation in<br />
Verbindung steht, auch wenn es indirekte<br />
Auswirkungen gibt. Ein Beispiel hierfür ist<br />
Fotos: @Rizar.Photo<br />
36 ImmoFokus
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
37
Positionen & Meinungen<br />
38 ImmoFokus
die Covid-Situation, die uns das Arbeiten im<br />
Homeoffice gebracht hat. Es ist diskutabel,<br />
ob Homeoffice positiv oder negativ ist, wie<br />
viel davon wirtschaftlich gesund ist, wann<br />
und wie es nachteilig sein kann. Doch über<br />
eines besteht wenig Zweifel: Homeoffice ist<br />
gekommen, um zu bleiben, und wird nicht<br />
wieder verschwinden. Ich bin überzeugt,<br />
dass dies in vielen Fällen einen Mehrwert für<br />
unsere Mitarbeiter darstellt.<br />
Der nächste Aspekt, den wir betrachten<br />
sollten, ist der Ukraine-Krieg. Dieses<br />
außergewöhnliche und hoffentlich einmalige<br />
Ereignis in diesem Ausmaß hat<br />
gezeigt, dass zu Beginn alle wie erstarrt<br />
waren. Viele spekulierten, dass die Russen<br />
und selten sind. Die Lieferketten haben sich<br />
angepasst und sind mittlerweile stabilisiert.<br />
Sie persönlich, aber auch Ihre Projekte wurden<br />
vielfach ausgezeichnet. Was bedeuten<br />
Auszeichnungen für Sie?<br />
In unserer heutigen Zeit kommt Anerkennung<br />
oft zu kurz und ist leider eher selten anzutreffen.<br />
Jegliche Form von Anerkennung, sei es<br />
durch Auszeichnungen oder Preisverleihungen,<br />
stellt eine wunderbare Bestätigung für die<br />
geleistete Arbeit und die Ideen dar, die man<br />
verfolgt. In diesem Kontext freut es mich besonders,<br />
dass unser Gebäude, der DC-Tower 3, zu<br />
den acht besten Hochhäusern der Welt in einer<br />
Höhe von hundert bis zweihundert Metern<br />
zählt. Dabei sind wir das einzige Gebäude im<br />
unglaublicher Zeitnot und mussten diese<br />
Garage in wenigen Monaten errichten.<br />
Sonst hätten wir ein hohes Pönale zahlen<br />
müssen. Wir wurden fristgerecht fertig.<br />
Dann stellte sich für uns die Frage – Was<br />
machen wir mit der Liegenschaft weiter? Auf<br />
diesem Grundstück hat es keine mögliche<br />
Bebauungskubatur gegeben. Um für dieses<br />
Grundstück Kubatur zu bekommen, war es<br />
notwendig, andere Grundstücke zu erwerben<br />
und abzutauschen. So ist eine Liegenschaft<br />
in der D-City nach der anderen von uns<br />
gekauft oder mit Vorkaufsrechten gesichert<br />
worden – wie zum Beispiel das Areal bei dem<br />
DC 2 und DC 3 und DC Waterline. Parallel<br />
dazu haben wir vor 13 Jahren auf der anderen<br />
Seite der Reichsbrücke mit dem Ankauf der<br />
Liegenschaft von der Cineplex-Gruppe und<br />
Minopolis eine Entwicklung begonnen.<br />
„Der städtebauliche Vertrag war für<br />
uns ein kalkulatorisches Problem.<br />
Keiner hat genau gewusst, was die<br />
Stadt will und wie sich das ausgeht.“<br />
einmarschierten und die Angelegenheit<br />
innerhalb eines Monats erledigt sei. Nur<br />
wenige prophezeiten, dass dieser Konflikt<br />
Jahre dauern würde. Anfangs herrschte<br />
Schockstarre und es schien, als würde nichts<br />
mehr funktionieren. Niemand wollte mehr<br />
liefern. Nach und nach jedoch wurde klar,<br />
dass das Leben weitergehen muss. Die Frage<br />
war, woher man die benötigten Materialien<br />
und Zuschlagstoffe bekommt. Schritt für<br />
Schritt wurden Lösungen gefunden, die<br />
möglicherweise effizienter waren als zuvor.<br />
Insbesondere bei den Zuschlagstoffen für die<br />
Fliesenproduktion wurden deutlich verbesserte<br />
Wege erschlossen.<br />
Wo liegen die Verbesserungen?<br />
Es ist nicht mehr notwendig, spezielle Materialien<br />
aus der Ukraine zu beziehen, die aus<br />
dortigen Bodenschätzen gewonnen werden<br />
Wolfdieter Jarisch,<br />
S+B Gruppe<br />
deutschsprachigen Raum, das diese Auszeichnung<br />
erhalten hat.<br />
Einen Schritt voraus zu sein, das ist ein<br />
gutes Stichwort. Wie kommt man auf die<br />
Idee, auf dem – damals im Volksmund<br />
„Donauplatte“ genannten – Areal einen<br />
ganzen Stadtteil, die D-City, im wahrsten<br />
Sinne des Wortes hochzuziehen?<br />
Es ist wie alles im Leben, Schritt für Schritt<br />
gewachsen und gekommen.<br />
Begonnen hat alles mit einem Garagenprojekt<br />
– neben dem DC Living –, das wir von<br />
der BAI und der Wiener Entwicklungsgesellschaft<br />
für den Donauraum (WED) gekauft<br />
hatten. Ein schwieriges Projekt, denn mit<br />
Amisola Immobilien war bereits ein Fertigstellungstermin<br />
vereinbart gewesen. Aber<br />
wir haben uns das zugetraut. Wir waren in<br />
Haben Sie bei den DANUBEFLATS von<br />
Anfang an mit einer derartig langen<br />
Projektdauer gerechnet?<br />
Nein. Wir sind von einer Projektdurchlaufdauer<br />
von fünf Jahren ausgegangen. Wir<br />
haben jetzt eine Projektdurchlaufdauer von<br />
siebeneinhalb bis zehn Jahren. Je nachdem,<br />
wie kompliziert das Projekt ist. Aber mit<br />
dieser langen Projektdauer haben wir nicht<br />
gerechnet. Nein, auf keinen Fall.<br />
Wir haben dort eine Widmung gehabt. Wir<br />
hätten dort auch ein Hotel, Büros oder ein<br />
Studentenhaus hinbauen können. Es wäre<br />
viel möglich gewesen. Von der Kubatur her<br />
hätten wir nur geringfügig weniger bauen<br />
können. Wir hatten uns aber dann entschlossen,<br />
einen Gegenpol zu der anderen Seite der<br />
Reichsbrücke zu bauen. Wir wollten ein Tor<br />
in die Donaustadt schaffen – und das ist uns,<br />
so glaube ich, durchaus gelungen.<br />
Der Weg, den wir gegangen sind, war<br />
mühsam und steinig. Das muss man aber akzeptieren,<br />
wenn man so ein Projekt umsetzen<br />
möchte. Und: Es hat sich gelohnt.<br />
Gibt es irgendetwas, was Sie, wenn Sie<br />
noch einmal am Anfang stehen würden,<br />
anders machen würden? Was nimmt<br />
man von so einem Projekt in das nächste<br />
Projekt mit?<br />
Der städtebauliche Vertrag war für uns<br />
ein kalkulatorisches Problem. Wir hatten<br />
einen der ersten städtebaulichen Verträge<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
39
Positionen & Meinungen<br />
„Der Weg, den wir gegangen sind, war mühsam<br />
und steinig. Das muss man aber akzeptieren,<br />
wenn man so ein Projekt umsetzen möchte.<br />
Und: Es hat sich gelohnt.“<br />
Wolfdieter Jarisch,<br />
S+B Gruppe<br />
Wolfdieter Jarisch<br />
Trotz einer schönen Zeit in Kalksburg erfolgte ein Schulwechsel, um<br />
für die Montanuni Leoben gerüstet zu sein. Aber es sollte anders kommen:<br />
Nach einer HTL-Matura in Tiefbau und einem Kurzbesuch an der<br />
TU in der Vermessungstechnik hat ihn sehr bald das Projektgeschäft<br />
begeistert. Nach ersten Erfahrungen bei der Thyssen Bautechnik<br />
startete er 1989 in die Selbständigkeit mit zwei weiteren Partnern.<br />
Nach Abschluß einer großvolumigen Entwicklung (Wienzentrale von<br />
„Eduscho“) erfolgte 1992 der Wechsel zur S+B, um weitere Großprojekte<br />
zu betreuen. Erfolgreich, wie die vielfältigen Auszeichnungen<br />
(Diva-Award, Brand-Award, Cäsar) bezeugen - so wurden u.a. die<br />
ehemalige Mobilkom-Zentrale, das Europay-Gebäude in Wien Mitte<br />
oder das höchste Wohnhause Österreichs, DANUBEFLATS, unter<br />
seiner Leitung entwickelt. Bei der Umwandlung der S+B in eine AG<br />
wurde er 2007 in den Vorstand berufen und ist seither für Österreich<br />
und die Umgebungsländer verantwortlich.<br />
Herr Jarisch ist seit 31 Jahren verheiratet und Vater von vier Kindern.<br />
In seiner Freizeit reist er gerne, um mit neuen Inspirationen nach<br />
Hause zu kommen, oder ist sportlich unterwegs (Rad, Boot, Flugzeug).<br />
40 ImmoFokus
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
41
Positionen & Meinungen<br />
abgeschlossen. Keiner hat genau gewusst,<br />
was die Stadt will und wie sich das ausgeht.<br />
Diese ganzen Punkte, die wir dort machen<br />
müssen oder wir uns verpflichtet haben zu<br />
machen, waren alles keine 0815-Punkte.<br />
Da sind eine Menge Auflagen auf uns<br />
zugekommen. Ich hätte mir gewünscht<br />
oder würde mir in Zukunft wünschen, dass<br />
es einen fixen Katalog gibt, mit dem man<br />
besser kalkulieren kann, damit man schon<br />
vor dem Liegenschaftskauf weiß, mit wie<br />
viel man rechnen muss. Bei uns wurde alles<br />
nachträglich vereinbart. Als ordentlicher<br />
Kaufmann kann ich nicht ein Projekt starten,<br />
ohne zu wissen, was es mich am Ende des<br />
Tages kostet und ob das wirtschaftlich positiv<br />
ist oder nicht. Städtebauliche Verträge sind<br />
ein „sinnvolles Instrument“ – brauchen aber<br />
mehr Kalkulationssicherheit.<br />
Können Sie hier ein paar Eckpunkte<br />
nennen?<br />
Überplattungen und Verkleidungen der<br />
Auffahrt der angrenzenden Donau-Ufer-<br />
Autobahn A22, Maßnahmen zur Gestaltung<br />
des Donauufers, ein Kindergarten, ein<br />
Kostenbeitrag für eine Schulerweiterung und<br />
die Bereitstellung von Sozialwohnungen.<br />
Eine Durchwegung machen, was natürlich<br />
einen enormen Mehrwert für die angrenzenden<br />
Immobilien bringt. In der Vergangenheit<br />
war das alles eine Betonwüste. Der Fußabdruck<br />
der DANUBEFLATS ist kleiner als der<br />
der ursprünglichen Bebauung. Durch die<br />
teilweise Überplattung der Autobahn wird<br />
die Lärmbelastung für die gesamte Nachbarschaft<br />
nachhaltig verringert. Benachbarte<br />
Gebäude erhalten dadurch auch erstmals einen<br />
direkten öffentlichen Zugang zur Donau<br />
in Form eines 50 Meter langen Badestegs.<br />
Die großzügige Neugestaltung und Begrünung<br />
der Freiflächen und des neu gestalteten<br />
CopaBeachs verleihen dem Gebiet ein neues<br />
und urbanes Flair und werten die gesamte<br />
D-City erheblich auf.<br />
Können Sie die Kosten für die von der<br />
Stadt Wien geforderten Maßnahmen<br />
beziffern?<br />
Rund zehn Millionen Euro. Es ist in Ordnung,<br />
dass die Stadt Wien von derartigen Projekten<br />
profitiert, ich finde das legitim. Ich halte den<br />
städtebaulichen Vertrag nach wie vor für ein<br />
gutes Instrument. Aber er muss kalkulierbar<br />
sein. Ich kann nicht in das offene Messer<br />
Mit welcher Person<br />
(lebend oder bereits<br />
verstorben) würden Sie<br />
gerne einen Abend<br />
verbringen?<br />
mit meiner Frau und<br />
unseren Kindern<br />
Wenn Sie im Lotto<br />
gewinnen, was würden<br />
Sie machen?<br />
Geld an bedürftige<br />
Österreicher<br />
verschenken<br />
Lieblingshobbies?<br />
Reisen, Wandern,<br />
Bergsteigen,<br />
Schifahren, Fliegen,<br />
Bootsfahren,<br />
Mountainbiken<br />
Womit haben Sie Ihr<br />
erstes Geld verdient?<br />
Kirchendienst in der<br />
Wotrubakirche und<br />
Pläne zeichnen für<br />
ein Autobahnstraßenprojektconsect<br />
ibustio<br />
Morgen- oder<br />
Abendmensch?<br />
Welches Buch<br />
liegt auf<br />
Ihrem Schreibtisch?<br />
ipad<br />
beides<br />
42 ImmoFokus
WORDRAP MIT WOLFDIETER JARISCH<br />
Ihr größtes Laster?<br />
gut Essen gehen<br />
- aber ist das ein<br />
Laster?<br />
In den nächsten<br />
zehn Jahren möchte<br />
ich unbedingt...<br />
eines meiner<br />
visionären<br />
Zukunftsprojekte<br />
realisieren<br />
Ihren Kaffee<br />
trinken<br />
Sie am liebsten...<br />
ich trinke Tee<br />
ohne Zucker<br />
Nehmen Sie<br />
gerne Risiko?<br />
seit Kindheit bin ich durch<br />
das Extrembergsteigen<br />
risikoaffin, habe es aber<br />
bis heute geschafft, zu<br />
kalkulieren.<br />
Wenn Sie das Radio<br />
im Auto aufdrehen,<br />
was läuft?<br />
Ö3<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
43
Positionen & Meinungen<br />
S+B Gruppe<br />
Seit über 35 Jahren realisiert die S+B Gruppe AG – ein international<br />
tätiger, privater Projektentwickler in Wien, Warschau, Prag und<br />
Bukarest – komplexe Projektdeals Investor und Totalübernehmer.<br />
Das familiengeführte Team um den Bauunternehmer Reinhard<br />
Schertler und den Wiener Generalplaner Alfred Michael Beck mit<br />
den langjährigen Vorständen Wolfdieter Jarisch für Österreich<br />
und Franz Paul Bauer für den CEE-Bereich und den beiden Vorstanden<br />
Edmund Völker und Wolfgang Eder für Finanzen und Bilanzen<br />
ist auf die Planung, Bauführung, kaufmännische Steuerung<br />
und Vermarktung hochwertiger Bauprojekte spezialisiert. Derzeit<br />
entstehen zahlreiche Großprojekte in Zentral- und Osteuropa. Bei<br />
einem Investitionsvolumen von mehr als 6,2 Mrd. EUR wurden<br />
bereits Immobilien mit 1.200.000 m² Nutzfläche realisiert.<br />
44 ImmoFokus
ennen und sagen: Das Problem war, dass<br />
nicht alle Wünsche und Forderungen von<br />
Anfang an bekannt waren. So einiges ist erst<br />
während der ganzen Verfahren, während der<br />
Wettbewerbe ausverhandelt worden.<br />
Sie haben mit Peter Krammer die Schulbank<br />
gedrückt?<br />
Wir haben gemeinsam die HTL in der Schellinggasse<br />
besucht und einen großen Teil der<br />
Jugend zusammen verbracht. Er ist auch der<br />
Taufpate unseres ältesten Sohnes. Wir haben<br />
viel miteinander gemacht.<br />
War das immer schon vorgezeichnet, dass<br />
Sie in die Bauwirtschaft Immobilienwirtschaft<br />
gehen?<br />
Ich stamme aus einer Ärzte- und Pharmazeuten-Familie,<br />
wie auch meine Frau.<br />
Aber ich habe eine andere Berufslaufbahn<br />
eingeschlagen.<br />
Dann war die Frage, was ich später machen<br />
möchte. Da war es naheliegend, auf die<br />
Montanuniversität nach Leoben zu gehen.<br />
Dann habe ich dorthin geschrieben und<br />
gefragt, was eine gute Vorkenntnis wäre<br />
für die Universität und da haben sie gesagt,<br />
HTL-Tiefbau ist für uns eine optimale Vorbereitung.<br />
Aus diesem Grund habe ich den<br />
HTL-Tiefbau besucht. Netterweise war mein<br />
Klassenvorstand auch ein Kletterer, Bergsteiger<br />
und Höhlenforscher. Wir haben meistens<br />
zwischen Donnerstag und Freitag unsere<br />
Bergsachen gepackt und sind irgendwo klettern<br />
gewesen. Zu der damaligen Zeit war das<br />
möglich. Ich glaube nicht, dass ich damals<br />
weniger gelernt hätte als die anderen.<br />
Ausrüstungstechnisch haben mir meine<br />
Eltern alles zur Verfügung gestellt. Die Bergabenteuer<br />
musste ich mir selbst finanzieren<br />
– zum Beispiel beim Kirchendienst in der<br />
Wotrubakirche oder durch Plänezeichnen<br />
für einen unserer Professoren.<br />
Ein gutes Bergtraining war ein Job beim<br />
Verbund. Der Verbund hatte schon vor 40<br />
Jahren ein eigenes Funknetz, das regelmäßig<br />
vermessen werden musste. Das Problem<br />
war, dass sich die Funkspiegel immer wieder<br />
verstellt haben und nachjustiert werden<br />
und Möglichkeiten zuließen wie die neuen<br />
Geräte. Wir wissen alle heute, was der Schritt<br />
der Computer mit sich gebracht hat. Gehen<br />
Sie davon aus, wir hätten keinen Computer,<br />
müssten heute ohne Computer arbeiten. Das<br />
wäre ein Wahnsinnsschritt in die andere<br />
Richtung, und für mich war das ungefähr ein<br />
ähnlich großer Schritt.<br />
Haben Sie viele TU-Absolventen im<br />
Team?<br />
Nein. Wir haben aber sehr viele HTL-<br />
Absolventen, die wir sehr stark fördern. Wir<br />
begleiten in der HTL Mödling eine Klasse von<br />
der ersten bis zur fünften Klasse. Wir haben<br />
vorher über die Projektlaufzeiten gesprochen.<br />
Ein Projekt hat vielleicht 10, 13, 14 Jahre<br />
Laufzeit, bis es fertig ist. Und der Schüler<br />
beginnt jetzt in der ersten Klasse. Dann kann<br />
er in einigen Jahren ein Kunde von mir sein.<br />
Begonnen hat es damit, dass ich mit zehn<br />
Jahren meine Liebe zu den Bergen gefunden<br />
habe. Ich bin in das Kollegium Kalksburg<br />
eingeschult worden. Zu Schulbeginn gab es<br />
ein Kennenlern-Feriencamp am Dachstein.<br />
Da waren junge und auch ältere Schüler mit<br />
dabei. Als Sieger eines Kletterwettbewerbs<br />
habe ich eine Besteigung des Dachsteins mit<br />
Bergführern gewonnen. Das war großartig.<br />
Da gibt es ein cooles Foto von mir. Dachstein<br />
bedeutet Steinschlaggefahr. Ich musste<br />
einen Helm tragen. Nachdem ich noch sehr<br />
klein und schmächtig war, hat der Helm<br />
knapp über den Augen aufgehört. Es war<br />
schwierig zu gehen, weil der Helm immer<br />
mehr über meine Augen gerutscht ist. Das<br />
war lustig. So habe ich meine Liebe zu den<br />
Bergen gefunden. Ich bin sehr viel Bergsteigen<br />
gegangen. Mit 14, 15 die österreichischen<br />
Alpen durchgegangen. Mit 16 dann die französischen,<br />
Mont-Blanc-Nordüberschreitung,<br />
Matterhorn, Ortler-Nordwand, Königsspitze.<br />
„Ich stamme aus einer Ärzte- und<br />
Pharmazeuten-Familie, wie auch<br />
meine Frau. Aber ich habe eine andere<br />
Berufslaufbahn eingeschlagen.“<br />
mussten. Das war ein super Job für mich.<br />
Keiner wollte da hinauflaufen, dann oben<br />
ein wenig herumdrehen und wieder hinunterlaufen.<br />
Für mich war das super Training.<br />
So habe ich mir das Geld verdient, um in den<br />
Himalaja und Karakorum, auf Berge oder<br />
auf den MC Kinley zu gehen und dort meine<br />
Abenteuer auszuleben.<br />
Ich bin in der Vermessung hängen geblieben,<br />
bis ich auf die Universität gekommen bin.<br />
Dort wird man dann in ein anderes Zeitalter<br />
versetzt. Der Verbund hatte die neuesten und<br />
besten Geräte. Die TU Wien kann sich das<br />
nicht leisten. Das war für mich eine wirkliche<br />
Herausforderung, so einen großen Schritt<br />
zurückzugehen. Mit Geräten zu arbeiten, die<br />
bei weitem nicht diese Geschwindigkeiten<br />
Wolfdieter Jarisch,<br />
S+B Gruppe<br />
Egal, ob er vielleicht dort einen Arbeitsplatz<br />
hat, ob er eine Wohnung sucht oder ob er ein<br />
Hotel buchen will.<br />
Oder in einem Partnerbetrieb beschäftigt<br />
ist, mit dem Sie zusammenarbeiten?<br />
Alles ist möglich. Ich muss jetzt wissen, was<br />
stellt er sich vor, wo arbeitet er, wie arbeitet<br />
er in 14 Jahren. Daher nehmen wir diese<br />
Schüler auf und machen mit ihnen Exkursionen<br />
und fördern sie. Aber wir führen<br />
auch Gespräche dazu, was sie sich erwarten.<br />
Dasselbe machen wir mit Fachhochschulen.<br />
Mit denen sind wir auch stark verbunden.<br />
Von den Fachhochschulen kommen auch<br />
viele Absolventen zu uns, die bei uns die HTL<br />
absolviert haben. Die machen bei uns eine<br />
berufsbegleitende Ausbildung.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
45
Positionen & Meinungen<br />
Kurzer Gedankensprung: Wie kommt<br />
man von den Bergen auf das Wasser?<br />
Wir sind (auch) am Traunsee zu Hause.<br />
Zwischen dem Traunstein und unserem<br />
Haus ist der See. Es ist naheliegend, Wasser<br />
und Berg miteinander zu verbinden. Meine<br />
Frau und ich haben uns am Wasser immer<br />
zurechtgefunden. Dass wir die Liebe zum<br />
Bootfahren im Mittelmeer gefunden haben,<br />
das hat sich im Laufe der Zeit ergeben.<br />
Am Anfang bin ich sehr schnell seekrank<br />
geworden bin. Vor unserer Hochzeit waren<br />
wir gemeinsam in Griechenland. Es war<br />
mühsam, von einer Insel zur anderen Insel<br />
zu kommen. Wir haben Insel-Hopping<br />
mit dem Boot gemacht. Allein, wenn ich<br />
auf das Boot gestiegen bin und die Abgase<br />
der Dieselmotoren gerochen habe, ist mir<br />
übel geworden. Das hat lange angehalten.<br />
Wir waren irgendwann einmal Fischen auf<br />
Mauritius oder Bali – da habe ich mich oft<br />
über die Reling halten müssen.<br />
Die Seekrankheit wurde mit Tabletten<br />
bekämpft?<br />
Ich habe mit vierzig den Pilotenschein<br />
gemacht. Durch das Fliegen ist dann die<br />
Seekrankheit weggegangen. Beim Fliegen<br />
ist es mir am Anfang auch schlecht gegangen.<br />
Das war schlimm für mich. Nach<br />
meinem ersten Flug war es so schlimm, dass<br />
ich ausgestiegen bin, neben dem Flughafen<br />
übernachtet habe und nicht mehr heimgefahren<br />
bin. Bei einem dieser Ereignisse hat<br />
sich die Seekrankheit gegeben und ich bin<br />
danach nie wieder seekrank geworden.<br />
Bergsteigen, Fliegen. Hobbys, die mit<br />
Risiko zu tun haben. Nehmen Sie gerne<br />
Risiko?<br />
Ich gehe sicherlich mehr Risiko ein als viele<br />
andere. Das hat meine Kindheit geprägt.<br />
Man kann Risiko kalkulieren. Man kann<br />
alles dazu tun, um das Risiko zu minimieren.<br />
Wenn man Risiken eingeht, vor allem<br />
im Sport, braucht man ein unglaubliches<br />
Durchhaltevermögen.<br />
Durchhaltevermögen ist auch in der Immobilienbranche<br />
sehr gefragt. Es ist ein Auf und<br />
Ab. Wichtig ist es, nicht aufzugeben, sondern<br />
durchzuhalten. Um beim Bergsteigen zu<br />
bleiben: Wenn ich 500 Meter unterhalb des<br />
Gipfels nicht mehr kann und dort liegenbleibe<br />
und erfriere, dann hat das Durchhaltevermögen<br />
nicht gereicht. Ich habe das<br />
Risiko falsch eingeschätzt. Ich glaube, dass<br />
Immobilienentwicklung immer ein Risiko<br />
ist. Ohne Risiko gibt es keinen Gewinn und<br />
kein Innovationsprojekt. Ohne Risiko würde<br />
es keine DANUBEFLATS geben. Dann hätte<br />
ich die Widmung genommen, wie sie war,<br />
und hätte ein Bürogebäude hingestellt. Da<br />
hätten wir weit weniger ins Risiko gehen<br />
müssen.<br />
Man muss neue Wege gehen, auch wenn es<br />
beschwerlich ist und man lange braucht, um<br />
Genehmigungen zu bekommen. Es hat lange<br />
gedauert, aber beim DC 2 haben wir zum<br />
„Ich gehe<br />
sicherlich mehr<br />
Risiko ein als<br />
viele andere.<br />
Das hat meine<br />
Kindheit<br />
geprägt.“<br />
Wolfdieter Jarisch,<br />
S+B Gruppe<br />
ersten Mal die Genehmigung erhalten, eine<br />
Photovoltaikfassade auf ein Hochhaus zu<br />
machen. Ein Hochhaus mit 180-Meter-Photovoltaikfassade<br />
gibt es in ganz Europa nicht.<br />
Wir sind mit dieser Idee zehnmal bei der<br />
Stadt vorstellig gewesen und sind neunmal<br />
abgeblitzt. Aber wir haben es schlussendlich<br />
geschafft.<br />
Wie ist der aktuelle Verwertungsstatus<br />
bei den DANUBEFLATS?<br />
30, 35 Wohnungen gibt es noch. Der Verwertungsgrad<br />
ist über achtzig Prozent.<br />
Sie haben eingangs gesagt, Ihre Mitarbeiter<br />
sind im Schnitt 16 Jahre im<br />
Betrieb. Wie erklären Sie sich das und<br />
was machen Sie dafür, dass sie so lange<br />
bleiben?<br />
Wir sind ein gewachsenes Familienunternehmen.<br />
Uns ist dieses Familienunternehmen<br />
sehr wichtig. Wir machen sehr viel für die<br />
S+B-Familie. Das macht sich bemerkbar,<br />
dass wir unseren Mitarbeitern für das<br />
Fitnesscenter eine Unterstützung geben oder<br />
eine Mitgliedschaft kaufen. Dass wir jedes<br />
Jahr ein Firmenevent machen, bei dem wir<br />
alle Leute auch aus den anderen Ländern –<br />
Rumänien, Polen und Tschechien – treffen.<br />
Wir verbringen gemeinsam vier, fünf Tage<br />
mit verschiedensten Aktivitäten.<br />
Das, was einem Spaß macht, was man gern<br />
macht, das macht man gut. Wir haben keine<br />
Zeiterfassung, keine Stechuhr, sondern<br />
haben ein großes Vertrauen in die Mitarbeiter,<br />
dass sie ihre Arbeit erledigen. Es ist<br />
wichtig, dass man die Mitarbeiter immer<br />
wieder einbindet, so wie das in einer Familie<br />
üblich ist. Wir besprechen auch die Bilanzen<br />
mit unseren Mitarbeitern.<br />
In Summe bewirkt das, dass sich die Mitarbeiter<br />
sehr wohlfühlen und dass es keine<br />
Konkurrenz gibt, sondern dass man miteinander<br />
ein Team ist. Deswegen sind sie so<br />
lange bei uns. Das finden wir großartig.<br />
Haben Sie ein Lieblingsprojekt?<br />
Ich habe viele Lieblingsprojekte. Eines davon<br />
ist sicher „Am schönen Platz“, ein Projekt<br />
mit André Heller in der Laxenburger Straße,<br />
mit der von ihm geplanten Grünraum- und<br />
Freiraumgestaltung. Das ist nämlich mehr<br />
als eine Immobilienprojektentwicklung.<br />
Allein die Tatsache, dass es uns gelungen ist,<br />
mit André Heller ins Gespräch zu kommen,<br />
sticht hervor. Ich war nicht so vermessen zu<br />
glauben, dass der André Heller sich für so ein<br />
kleines, unbedeutendes Projekt hergibt.<br />
Wir haben einander in seiner Wohnung getroffen.<br />
Gleich zu Beginn unseres Gesprächs<br />
hat er mir einen ordentlichen Dämpfer<br />
gegeben. Er sei jetzt in einem Alter, in dem<br />
er keine Projekte mehr macht, wo es um<br />
wirtschaftliche Interessen geht. Es geht ihm<br />
darum, etwas zu machen, dass der Umwelt,<br />
der Gesellschaft etwas Besonderes zurückgibt.<br />
46 ImmoFokus
in Bau befindliche Projekte<br />
DANUBEFLATS Wohnturm, Wien 22<br />
Danube View, Wien 22<br />
DC Innovationscampus, Wien 22<br />
DC Bildungscampus, Wien 22<br />
DC Musicflats, Wien 22<br />
DC Market, Wien 22<br />
DS 90, Wien 20<br />
Am schönen Platz, Wien 10<br />
LAXury, Wien 10<br />
Inno-Center, Wien 12<br />
In Planung befindliche Projekte:<br />
Bauplatz 20, Wien 22<br />
Bauplatz 21, Wien 22<br />
Gotramstraße, Wien 22<br />
[Turm mit] Taille, Wien 3<br />
LebGrün^3 (Stadt der Zukunft), Wien 3<br />
Zwei weitere Großprojekte, über die<br />
noch nicht offiziell gesprochen wird<br />
Wir sind bei einem Minztee ins Reden<br />
gekommen. Ich habe ihm von unserem<br />
Innenhof erzählt, der nach einem Besuch<br />
seines Anima Gartens entstanden ist – und aus<br />
dem auch die Orange, die ich ihm mitgebracht<br />
hatte, stammt. Denn: Was bringt man zu so<br />
einem Antrittsbesuch mit? Alle, mit denen<br />
ich vorher gesprochen habe, haben gesagt,<br />
er trinkt keinen Wein, er isst nichts Süßes.<br />
Ich soll einfach kommen. Ich soll nichts<br />
mitbringen. Dann habe ich mir in der Früh<br />
gedacht, ich pflücke vom Orangenbaum eine<br />
frische Orange mit einem Blatt. Heller hat<br />
daran gerochen und bemerkt, dass er schon<br />
lange nicht mehr in Marrakesch war. Damit war<br />
das Eis gebrochen. Das war der Beginn eines<br />
wunderbaren Projekts. Glashäuser mit Palmen<br />
und Zitrusfrüchten. Hunderte Quadratmeter<br />
an Freiflächen werden mit Mosaiksteinen als<br />
marokkanische Teppiche verlegt. 500 verschiedene<br />
Pflanzensorten. Dächer mit Bäumen<br />
von fünf Meter Höhe, mit Meditationskapelle,<br />
mit Bächen, wasserführende Flächen auf<br />
den Dächern. Wir haben einen Hildegard<br />
von Bingen -Garten. Es ist ein einzigartiges<br />
Projekt, das man nicht unbedingt im zehnten<br />
Bezirk erwartet. Aber da gibt es einen weiteren<br />
Konnex zu André Heller: In Wien Favoriten war<br />
auch der Standort der Heller´schen Chokoladeund<br />
Zuckerwaren-Fabrik, die der Großvater von<br />
André Heller mit seinem Bruder begründet hat.<br />
Können Sie sich noch an Ihr erstes<br />
Projekt erinnern?<br />
Mein erstes Projekt, bei dem ich von der Planung<br />
bis zur Bauleitung und Übergabe alles<br />
gemacht habe, war ein Gebäude für Grohe-<br />
Armaturen in der Laxenburger Straße. Da<br />
habe ich alles gemacht – inklusive Lampen in<br />
der Nacht aufhängen. In welchem Alter ich<br />
da war? Das ist eine gute Frage – das muss so<br />
um 1988 gewesen sein.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
47
Positionen & Meinungen<br />
Zu<br />
Tisch<br />
mit …<br />
Johannes Endl<br />
Gedanken zu einem Menü verfasst<br />
48 ImmoFokus
Kritisch<br />
realistisch<br />
Sand im Getriebe. „Je länger etwas gut geht, desto kritischer sollte<br />
man sein“, mahnt ÖRAG Vorstand, Johannes Endl, nicht auf jeden Zug<br />
aufspringen zu müssen.<br />
Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />
Fotos: @Rizar.Photo<br />
W<br />
ir treffen einander im<br />
„Zum Schwarzen Kameel“.Es<br />
ist Mittagszeit<br />
und im Kameel brummt<br />
es. Alle Tische sind besetzt. Aber Gott sei<br />
Dank haben wir – wie immer – reserviert.<br />
Auch dem Wunsch, ein vielleicht ein wenig<br />
ruhigeres Eckerl für uns zu finden, wurde<br />
entsprochen.<br />
Mein heutiger Gast, ÖRAG-Vorstand Johannes<br />
Endl, schätzt am Schwarzen Kameel<br />
vor allem die Atmosphäre und die traditionelle<br />
Wiener Küche. „Ich komme schon<br />
seit vielen Jahren immer wieder gerne<br />
hierher.“ Schmerzlich vermisst Endl die<br />
„Brötchentheke“, die mit dem letzten Umbau<br />
verschwunden ist. Das fehlt: „Schnell mal<br />
auf ein paar Brötchen hereinschauen. Ja, das<br />
vermisse ich.“<br />
Zeit, zur Aufmunterung über Immobilien zu<br />
reden. Johannes Endl ortet Finanz-Bildungslücken:<br />
„Ich glaube, vielen Kreditnehmern<br />
waren die Auswirkungen bei der Wahl zwischen<br />
Fix- oder variablen Zinsen nicht im<br />
vollen Umfang bewusst. Fast jeder Zweite hat<br />
einen Wohnkredit mit variablen Zinsen laufen.<br />
Die Kosten dafür laufen aktuell aus dem<br />
Ruder.“ Warum so viele private Kreditnehmer<br />
in einer fast Null-Zinsphase auf variable<br />
Zinsen setzen, obwohl man sich um wenig<br />
Geld mit Fixzinsen absichern hätte können,<br />
sei unverständlich. „Ich befürchte, dass viele<br />
private Haushalte in den kommenden Monaten<br />
in Schwierigkeiten geraten werden.“ Ihm<br />
persönlich ist guter, ruhiger Schlaf wichtig.<br />
„Ich habe meine Immobilie mit einem – ausgesprochen<br />
attraktiven – Fixzinssatz finanziert.“<br />
„Die niedrigen Zinsen haben aber auch die<br />
Preise in die Höhe getrieben. Durch die niedrigen<br />
Zinsen konnten sich viele einen Ankauf<br />
leisten. Mit der hohen Nachfrage stiegen<br />
auch die Preise.“ Die Anpassungen müssen<br />
jetzt stattfinden.<br />
Von Natur aus Diplomat<br />
Zum Aperitif kommt ein kühles Bier. Für den<br />
Bierkenner und Bierbrauer Endl ein Muss –<br />
davon aber später mehr. Doch wie kam Endl<br />
in die Immobilienbranche? „Ich bin zufällig<br />
hineingerutscht.“ Endl studierte Rechtswissenschaften.<br />
Eine Karriere als Anwalt hat<br />
Endl für sich immer ausgeschlossen. „Wirtschaftsanwalt<br />
wäre eine Option gewesen. Ich<br />
bin von Natur aus Diplomat. Wenn es nicht<br />
sein muss, suche ich nicht den Streit.“<br />
Aber jetzt schnell ein Blick in die Tageskarte.<br />
Endl wählt eine Hokkaido-Papayacremesuppe<br />
mit Kürbiskernölschaum als<br />
Vorspeise und Rostbraten vom Zander mit<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
49
Positionen & Meinungen<br />
Ingwer-Zitrusbutter, Korianderkarotten und<br />
Mascarponeblattspinat als Hauptgericht. Ich<br />
bleibe der Wiener Küche treu. Beinschinkenstrudelsuppe<br />
und Tafelspitz mit den traditionellen<br />
Beilagen Cremespinat, Rösterdäpfel,<br />
Apfelkren und Schnittlauch-Sauce.<br />
„Mit 18 hatte ich die Notwendigkeit, Geld zu<br />
verdienen“, so Endl. Er begann in der Gastronomie.<br />
„Ich habe im Marienkäfer am Maurer<br />
Hauptplatz als Aushilfe begonnen – und bin<br />
sieben Jahre geblieben. Das Marienkäfer<br />
war der Hot-Spot in Mauer. Alle Schüler des<br />
Kollegiums Kalksburg, der Ursulinen und der<br />
Steiner-Schule zählten samt Lehrkörper zu<br />
den Stammgästen.“<br />
Um die Wartezeit auf die Vorspeisen zu verkürzen,<br />
kommt als „Gruß aus der Küche“ ein<br />
Linsen-Couscous mit Sellerie und Erbsenpüree<br />
mit frischem Brot auf den Tisch. Perfekt<br />
abgestimmt, ein perfekter Einstieg.<br />
„Ich habe leidenschaftlich in der Gastronomie<br />
gearbeitet und dabei auch persönlich<br />
einen Wandel durchlebt. Ich war früher eher<br />
schüchtern. Dem ersten in Zeit absolvierten<br />
Studienabschnitt folgten dann eher wilde<br />
Jahre“, schmunzelt Endl.<br />
Mit dem Studienabschluss kam die Qual<br />
der Wahl. „Eine Karriere als Beamter war<br />
ausgeschlossen, da der Bund einen Aufnahmestopp<br />
verfügt hatte.“ Kurz hatte Endl<br />
überlegt, die Richterlaufbahn anzustreben.<br />
„Ich war sogenannter Übernahmewerber.<br />
Einer von 400 für zwei Plätze.“ Endl kam in<br />
die engere Wahl. „Da hatte ich aber bereits<br />
für mich beschlossen, dass es das auch nicht<br />
ist.“ Der frischgebackene Jurist absolvierte<br />
sein Gerichtsjahr unter anderem auch in<br />
Neunkirchen. „Als Jüngster der Truppe wurde<br />
ich zum Gerichtstag eingeteilt. Die Kanzleileiterin<br />
hatte gleich einen Tipp für mich: In<br />
Miet- und Arbeitsrechtsfragen – gleich zur<br />
Arbeiterkammer schicken. Gar nicht mit der<br />
Beratung anfangen. Gleich schicken, die sind<br />
mit der Sachlage bestens vertraut.“<br />
Komplexe Querschnittsmaterie<br />
Der Kontakt zur ÖRAG war zufällig. „Makler<br />
hatten damals das Image von Teppich- oder<br />
Gebrauchtwagenhändlern. Das hat sich mittlerweile<br />
stark geändert.“ Den Kontakt zur<br />
Örag stellte ein Personalberater her. „So kam<br />
ich 2002 zur Örag und begann, meine ersten<br />
Erfahrungen als Makler zu sammeln, und<br />
arbeitete mich schrittweise in diesen Aufgabenbereich<br />
ein. Makeln ist eine komplexe,<br />
interessante Querschnittsmaterie.“ Um<br />
erfolgreich zu sein, muss man auch rechtliche,<br />
steuerliche und wirtschaftliche Aspekte<br />
berücksichtigen. Für Endl ist „Lifelong Learning“<br />
kein Lippenbekenntnis. „2004 legte ich<br />
die Konzessionsprüfung für Immobilienverwalter<br />
und im Jahre 2006 die Konzessionsprüfung<br />
für Bauträger ab“, so der dreifache<br />
ÖRAG<br />
Mit ihren Unternehmen in Österreich und Deutschland<br />
bietet die ÖRAG Gruppe alle Leistungen rund<br />
um die Immobilie aus einer Hand – von der Vermittlung<br />
über die Liegenschaftsverwaltung und das<br />
Facility Management bis hin zum Baumanagement.<br />
www.oerag.at<br />
50 ImmoFokus
Familienvater. „Ich habe auch immer gern<br />
die schwierigen Fälle übernommen.“<br />
Das führte zu weiteren Karriereschritten im<br />
Unternehmen. „Ich musste nie wechseln.“<br />
Ein Glücksfall – und in der heutigen schnelllebig<br />
gewordenen Zeit nicht mehr allzu oft<br />
anzutreffen. Endl kletterte in den folgenden<br />
Jahren die Karriereleiter nach oben. „Ich<br />
hatte das Glück, die richtigen Menschen<br />
zu treffen. Wenn die menschliche Basis<br />
stimmte, benötigte ich noch ein wenig konsequentes<br />
Handeln, dann kam der Erfolg von<br />
selbst. Ich lernte immer wieder neue Bereiche<br />
des Immobilienwesens kennen.“ Zuerst mit<br />
Prokura ausgestattet, wurde er später in die<br />
Geschäftsführung der ÖRAG-Immobilienvermittlung<br />
berufen und mit Juli 2011 auch<br />
in den Vorstand der ÖRAG-Österreichische<br />
Realitäten-Aktiengesellschaft. Im selben Jahr<br />
schloss Endl den Lehrgang „MSc Immobilienmanagement<br />
& Bewertung“ an der TU Wien<br />
als Jahrgangsbester ab und erhielt als erster<br />
Preisträger den „Excellence in Real Estate“–<br />
Award von ImmQu.<br />
Aus seiner Sicht hat der Maklerberuf Zukunft.<br />
„Auch wenn er in regelmäßigen Abständen<br />
für tot erklärt wird.“ Von Matching-Plattformen<br />
hält Endl wenig. „Der Wohnungskauf ist<br />
eine sehr persönliche Sache. Da braucht es<br />
jemanden, der einem zur Seite steht.“ Oft sei<br />
man als Makler auch als Mediator unterwegs.<br />
„Es gilt, Ausgleich zu schaffen. Oft liegen die<br />
Vorstellungen von Käufer und Verkäufer unrealistisch<br />
weit auseinander. Makler können<br />
hier steuernd eingreifen und einen Ausgleich<br />
schaffen. Wie soll das eine Plattform hinbekommen?“<br />
Aktuell ist aber ein wenig Sand im Maklergeschäft.<br />
„Wir sind nicht glücklich mit diesem<br />
Jahr. Aber wer ist das schon. Einige Transaktionen<br />
haben wir zustande gebracht. Darüber<br />
freuen wir uns“, so Endl. „Noch liegen<br />
die Preisvorstellungen zu weit auseinander.<br />
Wir sehen genügend eigenkapitalstarke<br />
Investoren. Aufgrund der unsicheren Marktsituation<br />
finden viele Deals Off-Market statt<br />
– wohl auch wegen der Preisabschläge. Darüber<br />
redet niemand gern“, erzählt er weiter.<br />
Besonders schwierig sei die Preisfindung bei<br />
Objekten, die vor ein, zwei Jahren zu sehr hohen<br />
Preisen in einer anderen Zinslandschaft<br />
gekauft wurden.<br />
KIM-VO kam zu Unzeit<br />
Dass die Kreditinstitute-Immobilienfinanzierungsmaßnahmen-Verordnung,<br />
die KIM-<br />
Verordnung (KIM-VO), dem Markt einen<br />
Dämpfer verpasst hat, will Endl so nicht<br />
stehen lassen. „Da steht schon viel Richtiges<br />
drinnen.“ Eines steht für den Örag-Vorstand<br />
fest: Sie kam zu Unzeit. Sie wurde noch vor<br />
den Zinserhöhungen der EZB geschrieben.<br />
„Die Finanzmarktaufsicht hat sich nicht<br />
Die Gleichung für Exzellenz in der Architektur<br />
+ + = Bessere Lebensräume<br />
Hermann & Valentiny<br />
u. Partner<br />
Architekten ZT GmbH<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
51
Positionen & Meinungen<br />
zu Unrecht gesorgt, dass zu viele Kredite<br />
an Menschen vergeben wurden, die besser<br />
keinen bekommen hätten sollen.“ Da wurde<br />
manchmal sehr knapp kalkuliert. Ein wenig<br />
erinnert es ihn an die Hochkonjunktur der<br />
Fremdwährungskredite. „Man freute sich<br />
an den niedrigen Zinsen, der starke Franken<br />
bereitet nun vielen starke Kopfschmerzen.“<br />
Nicht alle Bestimmungen seien geglückt.<br />
„Das eine oder andere – zum Beispiel das<br />
Thema Zwischenfinanzierung – wurde bereits<br />
repariert.“ Bei der Schuldendienstquote von<br />
maximal 40 Prozent hat man das Kind mit<br />
dem Bade ausgeschüttet. „Besserverdiener<br />
sollten hier besser berücksichtigt werden.“<br />
„Je länger etwas gut geht, desto kritischer<br />
sollte man sein“, kommt Endl noch einmal<br />
auf die aktuelle Lage auf dem Immobilienmarkt<br />
zu sprechen. Dass dieser sehr lange anhaltende<br />
Zyklus einmal zu Ende geht, damit<br />
musste man rechnen.<br />
„Ob wir beim Hauptgericht beim Bier bleiben<br />
wollen?“ Nein. Ein Glas Weißwein passt bestens<br />
zum Fisch, aber auch zum Tafelspitz. Also<br />
ein Glas Grüner Veltliner für Johannes Endl<br />
und ein Glas Gelber Muskateller für mich.<br />
Endl steht selbst gerne in der Küche. Brotbacken<br />
ist eine seiner Leidenschaften. „Am<br />
Wochenende werden immer zwei Laib Brot<br />
für die Woche gebacken.“ Sauerteigbrot.<br />
Aber das versteht sich von selbst. Auch, wenn<br />
es ein wenig länger dauert: „Ein guter Sauerteig<br />
braucht Zuneigung und Zeit.“ Wie auch<br />
das Bierbrauen. „Darin bin ich mittlerweile<br />
wirklich gut“, schmunzelt Endl. Ausgleich<br />
zum Berufsalltag findet Endl im Sport, der<br />
familienbedingt allerdings eingeschränkt<br />
werden musste: „Wir haben drei Söhne.“<br />
Auch das Reisen kommt inzwischen etwas<br />
zu kurz – „Als junges Paar sind wir aber gerne<br />
und intensiv gereist.“ Endl steigt auch gerne<br />
aufs Rad. „In diesem Sommer war ich mit<br />
Freunden auf dem Alpe Adria Radweg unterwegs.<br />
Diese Radtour kann ich nur empfehlen.“<br />
Bei der Equip Expo mitzuradeln, kommt<br />
für Endl aktuell (noch) nicht infrage. „Da sind<br />
ja richtige Profis unterwegs. Da müsste ich<br />
zu trainieren anfangen. Dafür fehlt aber die<br />
Zeit.“ Zeit, die er gerne mit seinen Söhnen<br />
beim Lesen verbringt.<br />
Nachtisch lassen wir aus. Aber der perfekte<br />
Abschluss ist wie immer ein guter starker<br />
Espresso.<br />
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52 ImmoFokus<br />
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ImmoFokus Restaurantguide<br />
17<br />
PUNKTE<br />
Essen:<br />
Service:<br />
Weinkarte:<br />
Ambiente:<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
53
Im Fokus<br />
Für Projektentwickler kann<br />
es kaum schlimmer laufen<br />
Finanzierung. Francesco Fedele, Gründer und CEO des deutschen Immobilienfinanzierungsspezialisten BF Direkt,<br />
spricht im Interview über die Stimmungslage unter Projektentwicklern, zu hohe LTV und das voraussichtliche Ende des<br />
Zinsanhebungszyklus.<br />
Das Gespräch führte: Patrick Baldia<br />
Einige österreichische Messeteilnehmer<br />
meinten im Vorfeld der Expo Real, dass sie<br />
nach München fahren würden, um sich<br />
gegenseitig zu bemitleiden. Wie ist die<br />
Stimmung unter deutschen Projektentwicklern?<br />
Francesco Fedele: Die Stimmung ist derzeit<br />
unterirdisch. Und das ist nicht verwunderlich.<br />
Man darf nicht vergessen, dass Projektentwicklungen<br />
eine sehr lange Vorlaufzeit haben.<br />
Was also heute gebaut wird, haben sich die<br />
Developer vor drei, vier Jahren ins Buch gelegt.<br />
Und damals hatten wir bekanntlich eine<br />
Zinslandschaft nahe null. Das heißt, Projektentwickler<br />
haben zur Unzeit ein fertig geplantes<br />
Grundstück, haben darauf eine Kostenbelastung,<br />
die Baukosten sind ja seitdem um rund<br />
50 Prozent gestiegen, aber auch keine Käufer.<br />
Dazu kommen noch zehn Zinserhöhungen<br />
in nur zwölf Monaten. Das gab es noch nie.<br />
Und mir kann keiner erzählen, dass man so<br />
ein Szenario hätte einkalkulieren können. Für<br />
Projektentwickler kann es also kaum schlimmer<br />
laufen als derzeit.<br />
Ist die Lage herausfordernder als 2007/08?<br />
Die Finanzkrise war keine deutsche oder europäische<br />
Krise, sondern eine amerikanische.<br />
Zudem hat es sich dabei um eine Kreditkrise<br />
gehandelt, was aktuell ja nicht der Fall ist.<br />
Eigentlich haben wir eine Eigenkapitalkrise.<br />
Kredite gäbe es ja. Nur haben Developer keinen<br />
Absatzkanal mehr für ihre fertigen Projekte<br />
beziehungsweise können sie nicht mehr den<br />
„Der Zugang<br />
zu Kapital war<br />
in den letzten<br />
Jahren zu<br />
einfach.“<br />
Francesco Fedele,<br />
BF.direkt<br />
Preis erzielen, mit dem sie kalkuliert haben.<br />
So trennt sich die Spreu vom Weizen. Es gibt<br />
zwar eigenkapitalstarke Projektentwickler, die<br />
in den letzten Jahren gut verdient haben und<br />
auch jetzt ein Projekt fertig machen können.<br />
Im besten Fall steigen sie aber bei null aus oder<br />
verlieren ein wenig Geld.<br />
Nachträglich ist man natürlich immer<br />
schlauer, aber was war der größte Fehler?<br />
Dass zu viel Risiko genommen wurde?<br />
Ich war vor kurzem bei einer Diskussion, da<br />
waren die Teilnehmer der einhelligen Meinung,<br />
dass in der Nachschaubetrachtung natürlich<br />
die Beleihungsausläufe (Loan-to-Value, Anm.)<br />
zu hoch waren. Dabei wurden sie in der Phase,<br />
in der alle finanziert haben, als angemessen<br />
angesehen. Aber jetzt, im Rückspiegel betrachtet,<br />
sind sie zu hoch. Und das macht die<br />
Projektentwicklung natürlich nicht einfacher.<br />
Trauen Sie sich, eine Prognose abzugeben,<br />
wann es zu einer Bodenbildung bei den<br />
Zinsen kommen könnte und die Lage am<br />
Investmentmarkt sich entspannt?<br />
Schaut man sich die Forward-Swap-Sätze an,<br />
so liegt der langfristige Zinssatz nur knapp<br />
ein Prozent unter dem aktuellen Niveau. Es<br />
könnte also noch etwas dauern. Andererseits<br />
gibt es starke Indizien, dass sich die Inflation<br />
in Europa zu beruhigen scheint. Auch die<br />
Kerninflation. Das Problem ist derzeit, dass<br />
nach wie vor keine Transaktionen getätigt<br />
werden. Die Gutachter meinen zwar, dass die<br />
Immobilienpreise um 30 Prozent zurückgegangen<br />
sind. Und auch wenn es dafür keine<br />
Beweise gibt, verkauft natürlich keiner um<br />
Fotos: BF.direkt<br />
54 ImmoFokus
30 Prozent unter dem Preisniveau, mit dem<br />
kalkuliert wurde. Ich glaube jedenfalls, und<br />
daran glauben auch viele andere, dass es ab<br />
der Jahresmitte 2024 wieder Transaktionen<br />
geben wird, die den richtigen Preis zeigen.<br />
Das heißt: Auch im Finanzierungsgeschäft<br />
wird man noch etwas Geduld brauchen…<br />
Das ist differenziert zu sehen. Bei BF Direkt<br />
haben wir eine Beratungsgesellschaft für<br />
Finanzierungskunden, die aktuell relativ viel zu<br />
tun hat. Eine weitere Gesellschaft unterstützt<br />
Kreditgeber. Auch hier gilt: Der „Beratungs-<br />
Case“ ist da. Wir sind aber auch Asset-Manager<br />
mit einer Tochtergesellschaft und haben<br />
darüber hinaus Kreditfonds, sind also auch<br />
Kreditgeber. Und wenn Sie jetzt die zuständigen<br />
Kollegen fragen, werden Sie sehen, dass die im<br />
Moment richtig viel zu tun haben.<br />
Trotz aller Herausforderungen, von einer<br />
Kreditklemme kann wohl auch in Deutschland<br />
nicht die Rede sein…<br />
Nicht von der Hand zu weisen ist, dass die<br />
Banken auch mit Herausforderungen zu<br />
kämpfen haben, beispielsweise mit Basel IV.<br />
Falls sie es noch nicht getan haben, müssen<br />
sie ihr Eigenkapital nochmals anpassen. Was<br />
wir auf jeden Fall klar und deutlich sehen:<br />
Wenn es Bankkredite gibt, dann sind sie viel<br />
teurer. Und zwar nicht nur was die Zinsen<br />
betrifft, sondern auch die Margen der Banken<br />
sind gestiegen. In die Bresche springen zunehmend<br />
Kreditfonds, die von Versicherungen<br />
und Pensionskassen finanziert werden,<br />
und zwar mit 100 Prozent echtem Eigenkapital.<br />
Da ist kein Leverage drinnen. Wir sind<br />
überzeugt, dass sich diese Entwicklung in<br />
Deutschland fortsetzen wird. Erst kürzlich hat<br />
sich etwa die Versicherungsgruppe Wüstenrot<br />
& Württembergische (W&W) mit 35 Prozent<br />
an unserer Tochtergesellschaft BF.capital<br />
beteiligt. Die machen das nicht zum Spaß.<br />
Restriktiver ist das Finanzierungsumfeld<br />
aber schon?<br />
Wenn ich ehrlich bin, und wenn sie Kreditgeber<br />
fragen: Das Problem ist nicht, dass – warum<br />
auch immer – keine Kredite vergeben werden,<br />
sondern dass Projektentwickler gar nicht nach<br />
Krediten fragen. Das hat ja auch eine Logik:<br />
Wenn sie als Projektentwickler gerade mit<br />
drei Projekten zu kämpfen haben, die, gelinde<br />
gesagt, mittelgut laufen, haben sie auch<br />
wenig Nerven, um was Neues anzufangen.<br />
Schauen wir uns zum Beispiel den deutschen<br />
Büromarkt an: Da stellt sich die Frage, wo<br />
man überhaupt ein Bürogebäude errichten<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
55
Im Fokus<br />
soll. Ich glaube, die Lage am österreichischen<br />
Büromarkt ist um einiges besser. Dasselbe gilt<br />
für den Bodenmarkt…<br />
Aber auch am Wohnungsmarkt in Österreich<br />
zeichnet sich in den kommenden<br />
Jahren ein Mangel ab…<br />
Schauen Sie: Die aktuelle Gemengelage ist<br />
brandgefährlich. Mir hat ein Berliner Kollege<br />
erzählt, dass die Mietpreise am Wohnungsmarkt<br />
in der Bundeshauptstadt die 30-Euro-<br />
Grenze überschreiten. Und wir reden hier<br />
nicht von Top-Lagen. Dieses Preisniveau mag<br />
in anderen europäischen Städten angemessen<br />
sein, aber nicht in Berlin, wo man von einem<br />
Mietpreisniveau von sechs Euro pro Quadratmeter<br />
kommt.<br />
Offensichtlich geben auch in Deutschland<br />
weiterhin Bankkredite den Ton an. Wie<br />
schaut es mit alternativen Finanzierungen wie<br />
Mezzaninkapital aus?<br />
Das ist wie in Österreich. Die Landesbanken<br />
und Hypos finanzieren. Ich glaube, dass gute<br />
Projekte, egal welcher Assetklasse, in guten<br />
Lagen auch Käufer finden. Auch derzeit. Und<br />
für solche Projekte gibt es auch Finanzierungen.<br />
Wenn Sie mich auf Mezzaninkapital<br />
ansprechen: Ganz ehrlich, das gibt es heute<br />
nicht mehr. Mezzaninkapital ist ja so gut wie<br />
nicht besichert. Es ist ein natürlicher Reflex,<br />
wenn ein Projektentwickler, von dem die<br />
Bank verlangt, Eigenkapital nachzuschießen,<br />
zu einem Mezzaninkapitalgeber geht. Aber<br />
als Mezzaninkapitalgeber weiß man, dass die<br />
Chancen, das Geld nicht mehr zurückzukriegen,<br />
hoch sind.<br />
Was für eine Rolle spielt Immobilien-<br />
Crowdinvesting in Deutschland?<br />
Das ist nach wie vor eine Nische, die es auch<br />
bleiben wird. Viele Anleger steigen da mit<br />
100 oder 500 Euro ein. Schlimmstenfalls<br />
ist der Verlust für den Einzelnen auf diesen<br />
Betrag begrenzt. Aber das Geld ist trotzdem<br />
weg. Und wenn man bei einem Projekt alle<br />
Crowd-Investoren zusammenzählt, kommt<br />
man vielleicht auf ein Volumen von 15, 30<br />
Millionen Euro. Das wird die Welt nicht retten.<br />
Aber auch der Crowdinvesting-Markt wird<br />
wieder funktionieren. Wenn sich der Markt<br />
geeinigt hat, dass der Preis X der richtige ist,<br />
wird es wieder Transaktionen beziehungsweise<br />
Finanzierungen geben. Auf dem Markt, den die<br />
Masse als den richtigen sieht.<br />
„Im besten Fall steigen<br />
Projektentwickler derzeit bei null<br />
aus oder verlieren ein wenig Geld.“<br />
Francesco Fedele,<br />
BF.direkt<br />
Von nicht Wenigen ist auf der Expo Real<br />
zu hören, dass wieder die Zeit der Profis<br />
begonnen hat. Sehen Sie das auch in<br />
Deutschland so?<br />
Ja. Aber wenn wir in die Presse schauen, wer<br />
derzeit pleitegeht, dann sind da auch echte<br />
Profis darunter. Warum? Weil der Zugang zu<br />
Kapital in den letzten Jahren zu einfach war.<br />
Und wenn der Zugang zu einfach war, kommen<br />
auch Profis in Versuchung, Projekte zu machen,<br />
die sie sonst vielleicht nicht gemacht hätten<br />
beziehungsweise bei denen sie mehr Eigenkapital<br />
gebraucht hätten.<br />
Francesco Fedele<br />
Francesco Fedele ist Gründer und CEO der BF<br />
Direkt AG. Das Unternehmen mit Sitz in Stuttgart<br />
und Niederlassungen in Berlin, Frankfurt und<br />
München hat sich auf die Finanzierung von<br />
Wohn- und gewerblichen Immobilienprojekten<br />
spezialisiert. Zudem ist man Asset-Manager für<br />
Real-Estate-Debt-Investments. Pro Jahr wird ein<br />
Kreditvolumen von mehr als einer Milliarde<br />
Euro vermittelt und ein Transaktionsvolumen<br />
von über 1,5 Milliarden Euro begleitet. Im Real-<br />
Estate-Debt-Geschäft beläuft sich das verwaltete<br />
Vermögen auf rund 500 Millionen Euro.<br />
56 ImmoFokus
Vereinigung Österreichischer Projektentwickler<br />
voepe.at<br />
Jetzt Mitglied<br />
werden!<br />
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Wir schaffen Vertrauen<br />
Mit den „Lebensraumentwicklern“ haben wir eine starke Marke aufgebaut,<br />
die die Wahrnehmung der Branche maßgeblich verbessern wird.<br />
Wir zeigen, dass wir ein verlässlicher Partner sind, wenn es um die Schaffung von Lebensräumen geht.<br />
Wir bündeln Expertise<br />
Die VÖPE ist eine unabhängige Kompetenzstelle für die Mitgestaltung neuer Gesetze,<br />
Normen und Verordnungen – ob Baurecht, Steuerrecht oder Mietrecht.<br />
Wir sprechen mit einer Stimme<br />
Wir sind die gemeinsame Stimme der Projektentwicklerinnen und Projektentwickler Österreichs<br />
und stehen im steten Austausch mit Stakeholdern, um die Interessen unserer Mitglieder zu artikulieren.<br />
Durch proaktive Öffentlichkeitsarbeit leisten wir einen maßgeblichen Beitrag zur Bewusstseinsschaffung in Öffentlichkeit und Politik.<br />
Die<br />
Lebensraum<br />
entwickler<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong> 57
Wein &<br />
Immobilien<br />
Frisch von der Leber weg<br />
Ein lockeres Gespräch bei einer Weinverkostung mit<br />
Architekt Martin Kohlbauer<br />
Esprit kommt vom Sprit<br />
Radikalität. Von Prestigeweinen hält Martin Kohlbauer genau so wenig wie von Statussymbolen. Die<br />
Genialität liege in der Einfachheit der Dinge, ist Kohlbauer überzeugt. Und: Ein Wirtshaus müsse auch ein<br />
Zentrum des Alkoholismus sein.<br />
Kolumne: Heimo Rollett<br />
G<br />
eld braucht man nicht, man<br />
braucht nur Zugang zum<br />
Geld. Und der ist wesentlich<br />
schwieriger geworden“, fasst<br />
Architekt Martin Kohlbauer die aktuelle Situation<br />
für Architekten, aber auch für Projektentwickler<br />
zusammen. Aber den Mammon habe<br />
er ohnehin nie zum Ziel gehabt. „Ich arbeite<br />
dafür, dass ich meinen Kreativgeist befriedigen<br />
kann. Und das mache ich, solange es gut geht,<br />
hoffentlich lange. Aber leichter wird es derzeit<br />
gerade nicht.“<br />
Kohlbauer abgerissen,<br />
Kohlbauer neu geplant<br />
Immerhin, in Wien Neubau gab es vor kurzem<br />
den Baubeginn eines neuen Projektes: „Mein<br />
eigenes Sophienspital haben wir abgerissen,<br />
nun wird mein neuer Entwurf für sozialen<br />
Wohnbau umgesetzt: 160 Wohneinheiten<br />
mit viel Gemeinschaftsflächen plus großer<br />
Volkshochschule in meinem Bauteil.“ Darüber<br />
hinaus entstehen noch ein Veranstaltungssaal,<br />
Gastronomie, Kulturbetriebe und ein Kindergarten<br />
sowie ein öffentlicher Park zwischen<br />
Gürtel und Apollogasse. Darauf stoßen wir mit<br />
einem Albariño Rías Baixas 2022 an, einer bei<br />
uns eher unbekannten Rebsorte, die in Spanien<br />
und Portugal angebaut wird. Albariño zeichnet<br />
sich durch eine erfrischende Säure aus, jene<br />
Trauben, die nahe am Atlantik wachsen, lassen<br />
auch eine leichte Salzigkeit aufkommen. Dieser<br />
Tropfen kommt aus der Gegend zwischen Santiago<br />
de Compostela im Norden und der portugiesischen<br />
Grenze im Süden. Er hat eine klare<br />
Textur, Kräutertöne kitzeln den Gaumen: ein<br />
toller Wein, der sicherlich auch hervorragend<br />
mit Fisch und Meerestieren kann.<br />
Dem Architekten schmeckt er. Er mag keine<br />
komplizierten Weine, erzählt er. „Ich bin ein<br />
Freund des Einfachen. Die Lust nach ‚High<br />
End‘ verstehe ich nicht.“ Das gelte auch für<br />
die Architektur. „Kompliziert ist schlecht. Die<br />
besten Dinge sind einfach.“ Die Oper in Sydney<br />
von Jørn Utzon zum Beispiel. Zur Verkostung<br />
stellt Kohlbauer kleine Weinhauergläser auf<br />
den Tisch, Adolf Loos habe so ähnliche sogar<br />
für Champagner entworfen. Denn von hauchdünnen<br />
Schwenkkelchen hält Martin Kohlbauer<br />
nichts, auch das sei nur Blendung und<br />
Angeberei. Das Atelier wird diesem Ansatz gerecht.<br />
Ein vollgeräumter Altbau, Mappen und<br />
Bücher stapeln sich, Kunstwerke hängen gar<br />
schmucklos an der Wand, Modelle am Boden<br />
oder an die Wand gelehnt. Zum Beispiel das<br />
von einem Stadion in Köln. „Haben wir damals<br />
nicht gewonnen, mittlerweile ist das gebaute<br />
aber ohnehin schon wieder abgerissen.“<br />
Während wir über ein paar realisierte Gebäude<br />
wie das Biz Zwei, das Plus Zwei und das<br />
Korso – alle im Viertel Zwei –, die Generalsanierung<br />
und Aufstockung des Galaxy Towers,<br />
die Alpentherme Gastein und den Aron Menczer<br />
Bildungscampus plaudern, öffnen wir<br />
einen Weißburgunder aus der Steiermark. Der<br />
Frauwallner Vulkanland überrascht mit einer<br />
zarten Cremigkeit, einer klar definierten, aber<br />
nicht so radikalen Säure wie sonst gerne bei<br />
Steirern üblich. Birnenaromen mischen sich<br />
mit leichtem Brioche und Walnuss. Wie passend<br />
zu einem schönen Herbsttag!<br />
Als Kohlbauers Blick auf die Flasche von Livio<br />
Felluga aus dem Friaul fällt, macht sich<br />
Freude in seinem Gesicht breit. „Von dem<br />
Weingut habe ich in Duino schon mal einen<br />
sehr guten Wein getrunken. Das war damals<br />
noch ein Tocai Friulano, der darf mittlerweile<br />
ja nicht mehr so genannt werden. Das Etikett<br />
ist mir auch noch in Erinnerung – ausgesprochen<br />
schön gestaltet!“ Es folgt allerdings eine<br />
Enttäuschung. Der Sharis aus 50 Prozent<br />
Chardonnay und 50 Prozent Ribolla Gialla<br />
kommt eher langweilig daher, weshalb wir<br />
uns schnell wieder auf die aktuellen Projekte<br />
konzentrieren.<br />
„Form follows content“<br />
Dass es derzeit kaum Immobilienplanungen<br />
gibt, gleicht Kohlbauer mit einer anderen Tätigkeit<br />
aus, seinem „Hobby“. So arbeitet er unter<br />
anderem gerade an der Ausstellungsarchitektur<br />
für die „Renaissance im Norden“-Schau<br />
im kunsthistorischen Museum. Dem Inhalt,<br />
Fotos: Christian Fischer<br />
58 ImmoFokus
Die Weine<br />
Pazo San Mauro, Rías Baixas 2022<br />
Albariño<br />
www.marquesdevargas.com<br />
Frauwallner, Vulkanland 2022<br />
Weissburgunder<br />
www.frauwallner.com<br />
Livio Felluga, Sharis Bianco Venezia Giulia 2022<br />
Cuvée (Chardonnay, Ribolla Gialla)<br />
www.liviofelluga.it<br />
Kirchknopf, Alte Reben Leithaberg 2021<br />
Chardonnay<br />
www.kirchknopf.at<br />
Casa Emma, Chianti Classico Riserva Vignalparco 2019<br />
Sangiovese<br />
www.casaemma.it<br />
den Exponaten, die richtige Umgebung und<br />
Stimmung zu geben, sei eine „schöne komplementäre<br />
Aufgabe“ zum Gebäudeentwerfen.<br />
„Es ist eine Kunst, dass die Leute die Inhalte<br />
verstehen und behalten. Es geht nicht um<br />
Design, sondern darum, Räume zu schaffen,<br />
die starke Bilder abgeben und gemeinsam mit<br />
der Ausstellung im Gedächtnis bleiben. ‚Form<br />
follows content‘.“ Über 100 Ausstellungen hat<br />
Kohlbauer schon gemacht. Die für ihn bedeutendsten:<br />
Die österreichische Ausstellung in<br />
Auschwitz (2022), die Millenniumsausstellung<br />
im Hygienemuseum in Dresden (1999)<br />
und die Eröffnungsausstellung des Jüdischen<br />
Museums in Wien: „Hier hat Teitelbaum gewohnt“<br />
(1993), wo Kohlbauer ein Patchwork<br />
von Wiener Stadtplänen als Bodenbelag im<br />
gesamten Gebäude verlegen ließ.<br />
Kohlbauer ist in Wien aufgewachsen, seine<br />
Oma war Wirtin und schnalzte immer laut<br />
mit der Zunge, wenn ihr etwas besonders gut<br />
schmeckte. Daher rühre Kohlbauers hohe Affinität<br />
zu Wirtshäusern. „Die wichtigste soziale<br />
Infrastruktur sind Beisl und Kaffeehäuser“,<br />
ist Kohlbauer überzeugt. Und ein Wirtshaus<br />
müsse auch ein Zentrum des Alkoholismus<br />
sein. Lieblingslokale? Das Lusthaus im Prater,<br />
das Gasthaus Ubl und das Gasthaus zum Sieg.<br />
„Ein Achterl das ist kleinlich, ich bestelle wenn<br />
dann ein Viertel!“ Er sei kein Kenner, aber ein<br />
Trinker. Als weitere sozial ausgesprochen<br />
spannende Orte nennt Kohlbauer Studentenheime.<br />
Für die Stuwo plante er eines in der<br />
Schlechtastraße, für den ÖAD im Postareal<br />
am Westbahnhof. Diese Häuser seien der Inbegriff<br />
von Kommunikation, was sich schon<br />
im Entrée zeige und in den anschließenden<br />
Freiräumen weiterziehen müsse. Die Erschließungszone<br />
beim Postareal sei daher auch extra<br />
großzügig gestaltet, das Treppenhaus lädt<br />
zum Zu-Fuß-Gehen ein.<br />
Diese Offenheit findet sich auch in anderen<br />
Gebäuden Kohlbauers wieder. „Im Bereich der<br />
Bildungsbauten habe ich zwei Pilotprojekte<br />
gemacht: Den Kindergarten im Stadtpark<br />
konnten wir ganz anders gestalten als bis damals<br />
üblich. Wir haben alle Räume geöffnet<br />
und ermöglicht, dass die Kinder überall sein<br />
können – mit gewissen Spielregeln natürlich.“<br />
Das Prinzip der größeren Offenheit ist auch das<br />
Leitmotiv des Aron Menczer Bildungscampus,<br />
bei dem die Geschosse wie aufeinander gestapelt<br />
wirken, großzügig auskragen und so Platz<br />
schaffen – auch für mehr Außenräume. Für<br />
diesen Schultypus und in dieser Dimension<br />
war das etwas völlig Neues.<br />
Inspiration<br />
Was uns zur Frage bringt: Ist es nicht schwierig,<br />
immer etwas Neues zu machen? „Ich habe<br />
mich nie selbst kopiert. Weder bei Ausstellungen<br />
noch bei Gebäuden. Ich will mir selbst<br />
Freude machen und andere teilhaben lassen.“<br />
Das Neue passiere dann von selbst. Und woher<br />
kommt die Inspiration? „Esprit kommt vom<br />
Sprit!“ Das Stichwort für die letzte Kostprobe<br />
– ein Roter von der Casa Emma, einem familiengeführten<br />
Weingut in dem rund 80 Gänse<br />
zwischen den Reben herumwatscheln und<br />
Unkraut und Schädlinge wegschnabulieren.<br />
Der Chianti Classico Riserva Vignalparco 2019<br />
ist ein sehr authentischer Wein, so wie man ihn<br />
sich erwartet, mit leichter Kirsche in der Nase,<br />
die Tannine schön eingebunden, der Abgang<br />
hält lange an. Kohlbauer: „In der Architektur<br />
heißt es: Der Ort ist alles! Beim Wein auch. Der<br />
Boden macht die Basis.“ Dieser Wein wächst<br />
auf stolzen 430 Metern Seehöhe, wodurch<br />
Winde vom nahen Tyrrhenischen Meer die<br />
Trauben abkühlen, was zu einer langsameren<br />
Reifung und dem großartigen Aroma führt.<br />
Apropos Umwelt: Freilich ist Nachhaltigkeit<br />
ein Thema für Kohlbauer, der auch für die<br />
Sanierung der denkmalgeschützten Tribünen<br />
Krieau verantwortlich zeichnet. „Die Digitalisierung<br />
ist aber gefährlich und sie ist auch nicht<br />
nachhaltig, weil sie enormen Energieverbrauch<br />
nach sich zieht.“ Kohlbauer checkt zwar seine<br />
Emails noch immer nicht selbst, aber immerhin<br />
nennt er jetzt ein Smartphone sein eigen. „Ich<br />
fotografiere gerne, das ist schon sehr toll.“ Also<br />
am Ende doch auch ein bisschen „High End“.<br />
<strong>Ausgabe</strong> 02|<strong>2023</strong><br />
59
Zum Autor<br />
Klaus Wolfinger ist geschäftsführender Gesellschafter bei<br />
Wolfinger Consulting GmbH und Vizepräsident des ÖVI,<br />
sowie Mitglied im Fachverbandsausschuss & Fachgruppe<br />
der Immobilien- und Vermögenstreuhänder.<br />
Quartiersentwicklung<br />
Nicht nur die ESG-Ziele fordern verantwortungsvolle Projektentwicklung über die Grundstücksgrenze hinaus.<br />
Kommentar: Klaus Wolfinger<br />
Von hochwertiger Architektur wird bereits seit längerem gefordert,<br />
dass sie keine autarken Solitäre produzieren darf, sondern gut eingebettet<br />
sein und positive Impulse für die Nachbarschaft bieten muss. Was<br />
professionell konzipierte Immobilienentwicklungen seit Jahrzehnten<br />
vorzeigen, wird nun zum Standard:<br />
• Nutzungskonzepte dürfen nicht isoliert betrachtet werden, sondern<br />
müssen im Zusammenhang mit dem Umfeld gesehen werden und<br />
mit dem Anspruch, an Bestehendes anzuknüpfen und positive Impulse<br />
zu setzen.<br />
• Immer bedeutsamer wird die Akzeptanz von Bauvorhaben. Somit ist<br />
die Perspektive der Bevölkerung, von Anrainern und politischen Entscheidungsträgern<br />
mitzudenken. Soziale Aspekte sind zu integrieren<br />
und die Kommunikation der Ziele sowie der Qualitäten eines Projekts<br />
werden zur Voraussetzung für einen zügigen Genehmigungsprozess.<br />
Stadtklima und Aufenthaltsqualität sind hier Prüfsteine.<br />
• In der Phase der Realisierungsplanung und baulichen Umsetzung<br />
müssen die im Vorfeld herausgearbeiteten Qualitäten gesichert<br />
werden, unter anderem durch regelmäßige Koordination paralleler<br />
Bauvorhaben. Dies betrifft die Schnittstellen an den Grundgrenzen,<br />
kooperative Energiekonzepte, liegenschaftsübergreifende Freiraumplanung<br />
und die synergetische Abstimmung der Nutzungen insbesondere<br />
der EG-Zone.<br />
Anspruchsvoller, lohnender Weg<br />
Die Stadt Wien beschreitet diesbezüglich einen anspruchsvollen,<br />
letztlich aber lohnenden Weg. Für Stadtentwicklungsprojekte werden<br />
(meist parallel zum Widmungsverfahren und in städtebaulichen<br />
Verträgen verankert) Qualitätenkataloge ausgearbeitet und Qualitätssicherungsprozesse<br />
etabliert. Am 2022 fertig gestellten Quartier<br />
„Spallartgasse 21“ in Wien Penzing ist gut ablesbar, dass die begleitende<br />
Qualitätssicherung (QS) zu überdurchschnittlich engagierten<br />
Projektergebnissen und sehr positivem Feedback aus Bevölkerung<br />
und Fachöffentlichkeit geführt hat.<br />
Beim Wohnfonds Wien wurde ein eigener Qualitätsbeirat eingerichtet,<br />
der die Realisierung insbesondere jener Areale begleitet, die<br />
geförderte und freifinanzierte Bauplätze umfassen. Jüngere Beispiele<br />
für solche QS-Verfahren sind die Quartiere „Neues Landgut“ und<br />
„Kurbadstraße“ in Wien Favoriten.<br />
Für alle Beteiligten sinnstiftend ist Qualitätssicherung, die den Fokus<br />
auf laufende und damit rechtzeitige Kommunikation richtet – das Aufzeigen<br />
von Abweichungen im Nachhinein wäre hingegen unproduktiv.<br />
Eines ist gewiss: Die Immobilienbranche hat hier noch Lernbedarf.<br />
All diese Anforderungen sollte man nicht als Erschwernisse beklagen,<br />
sondern erkennen, dass sie ein Projekt insgesamt resilienter und damit<br />
auch ökonomisch nachhaltiger machen.<br />
Fotos: Weinwurm, Adobe Stock<br />
60 ImmoFokus
Zum Autor<br />
Sebastian Beiglböck ist Geschäftsführer der Vereinigung<br />
der gewerblichen Projektentwickler in Österreich.<br />
(VÖPE).<br />
Die VÖPE treibt die<br />
Nachhaltigkeitstransformation voran<br />
Kommentar: Sebastian Beiglböck<br />
Nachhaltigkeitsanforderungen zu erfüllen, ist eine Herausforderung,<br />
gleichzeitig aber eine große Chance, neue Geschäftsmodelle<br />
zu etablieren. Als Unterstützung der VÖPE (Vereinigung Österreichischer<br />
Projektentwickler)-Mitgliedsunternehmen wurde in den<br />
vergangenen Wochen und Monaten von erfahrenen VÖPE-Nachhaltigkeitsexperten<br />
gemeinsam mit externen ESG-Profis ein Leitfaden<br />
erstellt, der Mitgliedern ab November zur Verfügung steht.<br />
VÖPE-Agenda „Zukunft Lebensraum“<br />
Die VÖPE-Mitglieder haben einen wesentlichen Einfluss darauf, wie<br />
unsere Lebens- und Zukunftsräume gestaltet werden. Im Projekt<br />
„Ready for ESG“ war es uns ein Anliegen, die Expertise innerhalb unserer<br />
Vereinigung zu bündeln und allen Lebensraumentwicklern ein<br />
praxisorientiertes Handwerkszeug zur Verfügung zu stellen, mit dem<br />
sie die Nachhaltigkeitstransformation vorantreiben können. Er ist ein<br />
wichtiger Meilenstein in der VÖPE-Agenda „Zukunft Lebensraum“, in<br />
der wir uns das Ziel gesetzt haben, den Rahmen für klimafitte, generationengerechte<br />
und lebenswerte Lebensräume mitzugestalten.<br />
ESG-Leitfaden ermöglicht VÖPE-Mitgliedern<br />
„vor der Welle“ zu surfen<br />
Der Leitfaden ist eine praxistaugliche, am Arbeitsalltag der Projektentwickler<br />
orientierte Handlungsanweisung für die Einführung<br />
eines ESG-Managements und die Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts<br />
nach der „Corporate Sustainability<br />
Reporting Directive“. Klar strukturiert abgebildet<br />
und erläutert werden Themen wie<br />
„Organisation eines Nachhaltigkeitsteams“,<br />
„Identifikation der Nachhaltigkeitsthemen“,<br />
„Durchführung der doppelten Wesentlichkeitsanalyse“,<br />
„Festlegung der Nachhaltigkeitsindikatoren<br />
und Datensammlung“,<br />
„Entwicklung einer Roadmap inklusive<br />
Nachhaltigkeitszielen“ und „Aufbau und<br />
Gestaltung einer Nachhaltigkeitskommunikation“.<br />
Unser Projekt „Ready for ESG“ hat auch gezeigt,<br />
welche Expertise und welch großes<br />
Potenzial innerhalb der VÖPE vorhanden<br />
ist, und bestätigt unseren Erfolg als ein nicht<br />
mehr wegzudenkendes Branchennetzwerk.<br />
Der Leitfaden ermöglicht unseren 52 Mitgliedern,<br />
„vor der Welle“ zu surfen, statt nur<br />
mitzuschwimmen.<br />
Fotos: Alba Communications, Stephan Huger, shutterstock<br />
61 ImmoFokus
Die bewegte<br />
ImmoWirtschaft<br />
Regelmäßige Kolumne<br />
über Fakten und Inhalte, die<br />
verändern und prägen.<br />
#39<br />
Die vergessenen Nutzer<br />
Kommentar: Philipp Kaufmann<br />
Ich habe in Linz ein Objekt, welches meine Eltern in den 90er Jahren<br />
erbaut haben. Es handelt sich um ein klassisches Bauträgerprojekt:<br />
Verschiedene Grundstücke wurden von unterschiedlichen Eigentümern<br />
erworben, geplant, errichtet und verwertet. Das Objekt wurde<br />
parifiziert und einzelne Einheiten konnten abverkauft werden. Als<br />
Projektgewinn sind noch heute einige Einheiten in Familienbesitz.<br />
Ich bin daher seit meiner Schulzeit mit diesem Objekt verbunden und<br />
habe quasi zuerst von der Tribüne meinen Eltern bei der<br />
Arbeit zugesehen - mittlerweile bin ich jedoch selbst<br />
„eingewechselt“ worden und darf Verantwortung<br />
übernehmen.<br />
Die Immobilie wird leider in den letzten Wochen<br />
vermehrt von Obdachlosen besucht.<br />
Die in Familienbesitz befindliche Tiefgarage,<br />
welche jedoch nicht öffentlich zugänglich ist,<br />
ist davon besonders betroffen. Die PKW-Abstellplätze<br />
in der Garage werden ausschließlich<br />
von Dauermietern genutzt und wir haben eine<br />
konstante Mieterstruktur. Aktuell sind in der Tiefgarage<br />
oftmals Personen, die nicht zum Haus gehören,<br />
anzutreffen. Meistens suchen sie das Weite, hin und<br />
wieder kommen sie aber auch aktiv auf einen zu und fragen nach<br />
Geld bzw. Feuer. Derartige Zusammentreffen sind mir schon mehr als<br />
unangenehm, einige weibliche Mieter fürchten sich jedoch und haben<br />
fast schon Probleme, die Tiefgarage zu besuchen. Selbst wenn man<br />
keine Personen antrifft, sind die Spuren der unerwünschten Besucher<br />
in so manchen Winkeln ersichtlich und es kostet einiges an Zeit und<br />
leider auch Geld, alles wieder entfernen zu lassen.<br />
Nutzer in der Verantwortung<br />
Das Haus wird von einer Hausverwaltung verwaltet und als pflichtbewusster<br />
Eigentümer habe ich das Thema gemeldet. Die Reaktion war<br />
ein Schreiben an alle Wohnungseigentümer mit einer Information<br />
über die Vorkommnisse. Das Problem war selbstredend mit dieser<br />
Aktivität noch nicht gelöst und ich habe mich intensiver eingebracht.<br />
Ein erster Schritt war Kontakt mit der Polizei aufzunehmen und eine<br />
Beratung in Anspruch zu nehmen. Diese hat ergeben, dass die in den<br />
90er Jahren festgelegte Zutrittssystematik den heutigen Anforderungen<br />
nicht mehr entspricht. Konkret war die Eingangstür zu Geschäftszeiten,<br />
sprich von 7 Uhr bis 20 Uhr, unversperrt und jeder<br />
konnte das Haus betreten. Dies machte sicherlich über<br />
Jahrzehnte Sinn, da die Büronutzer viel Parteienverkehr<br />
haben; auch die Mitarbeiter der Nutzer haben<br />
es bisher genossen, jederzeit das Objekt verlassen<br />
und betreten zu können.<br />
Bei meinen unzähligen Besuchen vor Ort bin ich<br />
mit so manchem Nutzer am Gang oder vor dem<br />
Objekt ins Gespräch gekommen und fast alle<br />
waren an diesem Thema interessiert. Die Informationen<br />
waren aus verständlichen Gründen nicht<br />
immer vorhanden und nicht alle waren von den Vorkommnissen<br />
in der Tiefgarage betroffen. Die einfachste<br />
Lösung, das Objekt auch untertags zu versperren und die Eingangstür<br />
nur für Mitarbeiter und Gäste zu öffnen, wurde kontrovers<br />
diskutiert, wobei ich schon den Eindruck hatte, dass sich alle mit der<br />
Problematik auseinandergesetzt haben.<br />
Ich startete einen neuen Anlauf und informierte die Hausverwaltung<br />
– zu meiner Überraschung wurde eine Eigentümerversammlung einberufen,<br />
welche noch in diesem Jahr stattfinden wird. Spannend ist in<br />
diesem Zusammenhang jedoch, dass kein Eigentümer vor Ort arbeitet<br />
und alle ‚Investoren‘ ihr Eigentum vermieten. Wäre es nicht besser,<br />
sich mit den Nutzern an einen Tisch zu setzen, damit alle gemeinsam<br />
klären, welche Schritte gesetzt werden können?<br />
Fotos: Gottfried Poessl<br />
62 ImmoFokus
Zum Autor<br />
Klaus Baringer ist Obmann des Verbandes<br />
gemeinnütziger Bauvereinigungen.<br />
Versiegelung zurückzudrängen ist möglich<br />
Kommentar: Klaus Baringer<br />
Die Eindämmung der Bodenversiegelung ist zweifelsohne ein Gebot<br />
der Stunde. Die Tatsache, dass in Österreich pro Tag zehn Hektar<br />
zusätzlich an Fläche beansprucht werden, muss uns zum Umdenken<br />
bewegen. Boden ist ein wertvolles und begrenztes Gut.<br />
Ob bei Betonplätzen in Innenstädten, ebenerdigen Einkaufszentren<br />
oder spärlich bewohnten Einfamilienhaussiedlungen – die negativen<br />
Folgen der Versiegelung sind unübersehbar: Im Sommer entstehen<br />
nicht nur in den Ballungsräumen immer mehr Hitzeinseln, die die<br />
Lebensqualität einschränken. In der kalten Jahreszeit kann auch der<br />
versiegelte Boden kein Wasser mehr aufnehmen und es kann kaum<br />
versickern. Hier muss gegengesteuert werden. Verdichtetes Bauen,<br />
Entsiegelung und Nachnutzung müssen in den Vordergrund rücken.<br />
GBV als Vorreiter<br />
Die 182 gemeinnützigen Bauvereinigungen (GBV) wirken seit langem<br />
dieser negativen Entwicklung entgegen – im Großen wie im Kleinen.<br />
Bei großen Stadtentwicklungsgebieten, in denen verdichtet und mit<br />
ökologischem Fokus gebaut wird, sind die GBV seit Jahren Partner<br />
der österreichischen Städte und Gemeinden. Dies zeigt sich in Linz in<br />
der SolarCity, in Graz bei den Reininghaus Gründen, in Wien in der<br />
Seestadt Aspern oder auch bei der Quartiersentwicklung rund um das<br />
alte Stadion in Wiener Neustadt.<br />
Erfolgreich auch im Kleinen<br />
Aber nicht nur bei den großen Stadterweiterungsprojekten sind die<br />
GBV vorne mit dabei. GBV nutzen auch in kleineren Gemeinden die<br />
vorhandenen „Ressourcen“ und versuchen so, den Bodenverbrauch<br />
zu minimieren. Dies zeigt sich bei der Aufstockung alter Bestandswohnungen<br />
ebenso wie bei der Überbauung von Supermärkten oder<br />
dem Umbau von alten Gasthäusern im Ortszentrum zu modernen<br />
Wohnhausanlagen für Jung und Alt.<br />
Voraussetzungen müssen stimmen<br />
Wichtig für die Maßnahmen gegen Bodenversiegelung sind aber<br />
gewisse Voraussetzungen. Es muss für die Nachverdichtung und die<br />
Belebung von Ortskernen durch Revitalisierungen ein Bekenntnis<br />
geben, dass solche Maßnahmen auch gewollt sind. Das betrifft<br />
die Behörden genauso wie die Parteien und Bürgerinnen und<br />
Bürger vor Ort.<br />
Gerade der mehrgeschossige Wohnbau ist der Garant<br />
dafür, dass wenig Boden versiegelt wird. Es müssen aber<br />
auch die Grundstücke oder Gebäude vorhanden sein, die<br />
eine Nachverdichtung oder bodensparende Nachnutzung<br />
ermöglichen. Hier kann auch der Bund Wesentliches<br />
dazu beitragen, indem er ein klares Bekenntnis<br />
dazu abgibt und nicht mehr benötigte Bundesinfrastrukturanlagen<br />
zu leistbaren Preisen auch für den<br />
geförderten Wohnbau zur Verfügung stellt. Die<br />
Möglichkeiten sind da, nutzen wir sie.<br />
Fotos: Weinwurm, Adobe Stock<br />
63 ImmoFokus
Zum Autor<br />
Martin Prunbauer ist seit 2012 Präsident des Österreichischen<br />
Haus- und Grundbesitzerbundes (ÖHGB) und im<br />
Zivilberuf als Rechtsanwalt in Wien tätig.<br />
Umwidmungsabgabe ist Humbug!<br />
Kommentar: Martin Prunbauer<br />
Neben Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern haben<br />
die Sozialdemokraten jüngst ein neues Thema aus ihrer Steuertrickkiste<br />
hervorgezaubert. Im Falle von Grundstücksumwidmungen, die<br />
erhöhte Nutzungsmöglichkeiten zur Folge haben, soll der Staat am<br />
Gewinn partizipieren und eine Mehrwertabgabe einheben können.<br />
Die Befürworter einer solchen Abgabe argumentieren, dass die Wertsteigerung<br />
ohne Zutun des Eigentümers erfolge und es sich daher um<br />
einen „unverdienten Vorteil“ handle. Dieses sozialistische Umverteilen<br />
entbehrt jeglicher Grundlage.<br />
Es ist ein Trugschluss, in diesem Zusammenhang von einem „Umwidmungsgewinn“<br />
zu sprechen, weil mit der Umwidmung allein kein<br />
Gewinn realisiert wird. Ein Gewinn entstünde erst durch eine nachfolgende<br />
Veräußerung, die dann ohnehin mit einer saftigen Immobilienertragssteuer<br />
vom Umwidmungsgewinn behaftet ist. In Wahrheit<br />
liegt eine Doppelbesteuerung desselben Vorganges vor.<br />
Es ist äußerst bemerkenswert, dass die SPÖ, wann immer sie ein Problem<br />
zu erkennen glaubt, sofort nach einer neuen Steuer oder Abgabe<br />
ruft, selbst wenn es bereits eine Abgabe gibt, wie im konkreten Fall die<br />
Immobilienertragssteuer.<br />
Das ständige Fordern von neuen Steuern und Abgaben in einem Hochsteuerland<br />
wie Österreich macht den Aufbau von Eigentum unnötig<br />
schwer und gefährdet die Rechtssicherheit im Land. Hinzukommt,<br />
dass eine solche Steuer in einem hohen Ausmaß die Falschen trifft.<br />
Dazu zählen vor allem junge Menschen, die sich etwas anschaffen wollen<br />
und mit einer solchen Abgabe vor weiteren finanziellen Hürden<br />
stehen, oder ältere Menschen, die in der Pension nicht mit weiteren<br />
Belastungen gerechnet haben. Wer sich als „Partei der Häuslbauer“<br />
positionieren möchte, sollte sich auch der damit verbundenen Auswirkungen<br />
bewusst sein.<br />
Fotos: Schedl/ÖHGB, Adobe Stock<br />
Ein Eigentümer, der sein umgewidmetes Grundstück nicht verwerten<br />
will, hat auch nichts von der erfolgten Umwidmung. Obwohl diese nur<br />
auf dem Papier stattfindet, soll er bereits zum Zeitpunkt der Rechtskraft<br />
der Planungsänderung zur Kasse gebeten werden. So er die dafür<br />
nötigen finanziellen Mittel nicht aufbringen kann, ist der Eigentümer<br />
möglicherweise sogar zu einem Verkauf dieses Grundstücks gezwungen,<br />
um dann für die Entrichtung der Immobilienertragssteuer noch<br />
einmal kräftig in die Tasche zu greifen. Der Eigentümer kann aber<br />
eine Umwidmung, die er nicht wünscht, nicht verhindern, weil sie im<br />
öffentlichen Interesse erfolgt.<br />
Es gibt viele Gründe, warum ein Eigentümer auf sein Grundstück<br />
angewiesen ist. Gerade im ländlichen Bereich ist es üblich, dass sich<br />
junge Menschen in der Nähe ihrer Eltern ansiedeln wollen. Eine Umwidmungsabgabe<br />
beschneidet den Eigentümer in der Freiheit, über<br />
sein Grundstück zu verfügen.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
64
Zum Autor<br />
Michael Pisecky war lange Jahre Geschäftsführer der s Real<br />
und ist Obmann der Wiener Fachgruppe der Immobilienund<br />
Vermögenstreuhänder.<br />
Dualität im Wohnbau gewünscht,<br />
aber gleichberechtigt!<br />
Kommentar: Michael Pisecky<br />
Durch Unterstützung des Fachverbandes der Immobilien- und Vermögenstreuhänder<br />
verfügen wir seit Jahren durch das Unternehmen<br />
Exploreal über einen exakten Überblick über die Neubautätigkeit im<br />
Wohnungsbau. Mittlerweile gibt es diesen Marktüberblick auch durch andere<br />
Datendienstleister wie zum Beispiel ImmoUnited. Da es in Österreich<br />
leider keinen Überblick über die Gesamtentwicklung an Wohneinheiten<br />
gibt, da einige Bundesländer die Meldung dafür nicht durchführen, haben<br />
wir versucht, eine Lösung zu erarbeiten, zumindest, was den Neubau<br />
betrifft. Wir präsentieren seit über fünf Jahren die Entwicklung an Fertigstellungen<br />
und in Planung befindlichen Wohneinheiten im mehrgeschossigen<br />
Wohnbau. Seit zwei Jahren weisen wir auf den sich anbahnenden<br />
Rückgang im Neubau hin. Die Grundkosten sind hoch. Als jedoch die<br />
Baukosten enorm gestiegen sind, wurde das eine oder andere Projekt<br />
verschoben. Wirklich dramatisch wurde es mit dem zu späten und viel zu<br />
raschen Zinsanstieg und dann noch der KIM-Verordnung, die zusätzlich<br />
die Nachfrage nach Eigentum negativ beeinflusst hat. Wir stehen heuer<br />
bei einem Rückgang an Transaktionen im Neubau von 50 Prozent und im<br />
Bestand von circa 30 Prozent.<br />
2,5 Prozent, ist allerdings nur verständlich, wenn keine Kaufoption besteht<br />
und der geförderte Wohnbau vor allem auch kleinere Bauvorhaben mit<br />
entsprechend höheren Förderungen bauen und eben auch Baulücken bebauen<br />
soll. Kein Wort über die Bauträger, die 74 Prozent der Wohnungen<br />
bauen. Es wird in ein Kerngeschäft, nämlich die kleineren Projekte und<br />
Baulücken, frontal der gewerbliche Wohnbau konkurrenziert, mit öffentlichen<br />
Mitteln. Gleichzeitig werden über die Bauordnungsnovelle, die<br />
bereits von der Landesregierung in Wien beschlossen wurde, der Abbruch<br />
verunmöglicht und der Ausbau und die Sanierung wesentlich erschwert.<br />
GBV: Kostendeckung als Grundsatz<br />
Der GBV hat die Kostendeckung als Grundsatz und baut damit leistbar, einerseits<br />
steuerlich bevorzugt, weil KöST(Körperschaftsteuer)-befreit, und<br />
andererseits mit Fördermitteln der Länder. Wenn dann die Kosten für die<br />
Mieter eklatant steigen, weil die Zinsen steigen – es wurde nahezu durchgängig<br />
mit variablen Zinsen finanziert –, dann werden die Wohnbeihilfen<br />
angepasst oder eben ein Zinsdeckel eingeführt. Bei den gewerblichen Bauträgern<br />
trägt der Bauträger die Kosten für die steigenden Zinsen.<br />
Bauaufträge bleiben aus<br />
Erst jetzt, wo die Aufträge für die Bauwirtschaft ausbleiben, kommt Bewegung<br />
in dieses Thema, und die politisch Verantwortlichen beginnen, sich<br />
damit zu befassen beziehungsweise konkrete Maßnahmen vorzubereiten.<br />
Damit möchte ich die Dualität des österreichischen Wohnbaus ansprechen,<br />
denn in Österreich werden 60 Prozent der Wohneinheiten von gewerblichen<br />
Bauträgern gebaut, in Wien sogar 74 Prozent. Daher vermisse<br />
ich in der politischen Diskussion um die Ankurbelung des Wohnbaus<br />
die Dualität. Immer wieder wird eine Forcierung des gemeinnützigen,<br />
geförderten Wohnbaus – alleine – angesprochen, zuletzt in Wien durch<br />
die zuständige Stadträtin und die Bautensprecherin der Neos, gemeinsam<br />
mit dem Vertreter des GBV (Österreichischer Verband gemeinnütziger<br />
Bauvereinigungen). Der geförderte Wohnbau soll forciert werden, die<br />
Förderhöhen angepasst, was nachvollziehbar ist, eine Zinsobergrenze von<br />
Der soziale Wohnbau baut in Österreich konstant um die 15.000 Einheiten,<br />
in Wien circa 5.000. Der Bedarf liegt bei 45.000 in Österreich und<br />
17.000 in Wien.<br />
Wir brauchen die gewerblichen Bauträger für ausreichende Wohnversorgung,<br />
wir begrüßen den dualen Wohnbau als Erfolgsfaktor des österreichischen<br />
Wohnbaus.<br />
Foto: Adobe Stock<br />
65 ImmoFokus
Positionen & Meinungen<br />
Großwetterlage<br />
Stimmungslage. Bei den Deutschen nach wie vor ein anhaltendes Tief – bei den Österreichern leicht<br />
aufgehellt – aber in Österreich ist die Stimmung immer besser als beim Nachbarn.<br />
Das Gespräch führte: Michael Neubauer<br />
Wolfdieter Jarisch (S+B Gruppe) /<br />
Gerald Beck (UBM Development)<br />
„Unter den Österreichern ist die Wetterlage<br />
immer gut“, so Wolfdieter Jarisch (S+B<br />
Gruppe). „Das liegt in der Natur des Österreichers.<br />
Schon der liebe Augustin hat sich in<br />
schwierigsten Zeiten sehr positiv verhalten“,<br />
ergänzt Gerald Beck mit einem Schmunzeln.<br />
„Wie es tatsächlich wird, werden wir wahrscheinlich<br />
in drei Monaten wissen.“ Auf<br />
jeden Fall sollte man jetzt antizyklisch investieren<br />
– dies sei aber schwierig. „Derzeit ist<br />
Cashflow King. Man muss schauen, dass man<br />
das Geld zusammenhält. Aus diesem Grund<br />
ist antizyklisches Investment auch immer<br />
sehr, sehr schwierig. Aber natürlich: Der, der<br />
das Geld hat, hat jetzt die besten Chancen.“<br />
Für Beck und Jarisch stehen Büro und Wohnen<br />
hoch im Kurs. „Im Wohnungssektor“,<br />
so Beck. „steuern wir in zwei, drei Jahren auf<br />
eine Knappheit zu. Im Büro schaut es ähnlich<br />
aus.“ Es gelte, sich jetzt in Stellung zu bringen:<br />
„Je schneller man jetzt dran ist, desto besser<br />
ist man dann am Markt positioniert.“ Jarisch<br />
liefert gleich einen Vergleich hinterher: „Wir<br />
haben derzeit in Wien den niedrigsten Leerstand<br />
an Büroflächen.“ Obwohl viele der Ansicht<br />
waren, dass die Mitarbeiter nicht mehr<br />
ins Büro kommen werden und man weniger<br />
Bürofläche brauche, habe man trotzdem den<br />
niedrigsten Leerstand. Bei den Wohnungen<br />
seien die Baugenehmigungen in den Keller<br />
gerutscht. „10.000 Neubauwohnungen – Zuwanderungen<br />
von über 50.000 Personen.<br />
Da kann sich jeder ausrechnen, wo das hinführt.<br />
Also, das ist einfach ein Muss, dass der<br />
Wohnungsmarkt weiter boomen wird. Der<br />
Wohnungsmarkt wird weiter boomen“, sieht<br />
Beck die Situation nicht allzu schwarz. Antizy-<br />
klisches Investieren findet jedoch nciht statt,<br />
analysiert Jarisch: „Auch der, der ausreichend<br />
Kapital für Investitionen hat, ist vorsichtig.<br />
Man weiß nicht, was die Banken für Forderungen<br />
an die Investoren stellen werden. Man<br />
braucht einfach Reserven. Daher wird es noch<br />
eine Zeit lang dauern, bis wieder mehr investiert<br />
werden kann.“<br />
Doch wann wird sich der Markt wieder stabilisieren?<br />
Einige sprechen von sechs Monaten,<br />
andere sagen zwei Jahre. Beck sieht es pragmatisch:<br />
„Es kann beides stimmen. Es kann<br />
beides falsch sein. Wenn man zurückschaut in<br />
die Finanzkrise 2008, 2009: Da hat es sicherlich<br />
zweieinhalb, drei Jahre gedauert, bis das Ganze<br />
wieder in ein positives Momentum umgeschwenkt<br />
ist. Ich hoffe sehr, dass es jetzt nicht<br />
so lange dauert. Faktum ist, dass wir mit den<br />
derzeit hohen Zinsen zu leben lernen müssen.<br />
Fotos: @Rizar.Photo<br />
66 ImmoFokus
Hohe Zinsen hatten wir viele, viele Jahre. Diese<br />
vergangenen zehn Jahre Niedrigzinsphase<br />
waren eigentlich die Ausnahme. Wir kommen<br />
wieder in eine geregeltere Phase hinein. Darauf<br />
werden wir uns einstellen müssen.“<br />
Jarisch sieht die Lage ganz ähnlich: „Ich<br />
denke schon, dass wir sicher noch ein Jahr,<br />
eineinhalb Jahre in die Richtung weiterfahren<br />
werden, in die wir in dem letzten<br />
Jahr gefahren sind. Dass es auf null Zinsen<br />
runtergeht, das glaube ich nicht. Die Jugend,<br />
die das erlebt hat, die hat diese einmalige<br />
Situation halt erlebt. Wir haben ja auch<br />
schon Zinsen gehabt von acht, neun, zehn<br />
Prozent. Und auch da haben die Immobilien<br />
funktioniert. Man muss sich halt ein bisschen<br />
anders aufstellen, und dann wird auch<br />
das gehen. Ich denke, es wird sich schon<br />
irgendwo in der Mitte einpendeln. So drei,<br />
vier Prozent, denke ich mal, werden es wohl<br />
bleiben.“<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
67
Positionen & Meinungen<br />
Peter Karl<br />
(ERSTE Immobilien KAG)<br />
Peter Karl, Erste–Immobilien-CEO, sieht<br />
unterschiedliche Wetterlagen: „Strahlenden<br />
Sonnenschein gibt es nirgendwo. Aber es gibt<br />
durchaus zufriedenstellendes Wetter in manchen<br />
Bereichen. Aber es gibt auch Gegenden,<br />
in denen richtige Unwetter am Horizont dabei<br />
sind.“ Wobei es sehr stark von den Geschäftsmodellen<br />
abhängt: „Der Bestandhalter hat<br />
im Moment die tendenziell besseren Karten.<br />
Die Entwicklung wird vor allem wegen der<br />
geänderten Finanzierungsrahmenbedingungen<br />
schwieriger. Je stärker von Fremdkapital<br />
abhängig, um so herausfordernder.“<br />
Auch für die Erste Immobilien ist die Wetterlage<br />
nicht gerade heiter. „Es ist durchaus<br />
herausfordernd, in solchen Zeiten die Liquidität<br />
in den Fonds sicherzustellen. Das gelingt<br />
uns aber sehr erfolgreich. Wir haben einige<br />
Maßnahmen gesetzt, um auch Liquidität in<br />
den Fonds zu schaffen. Ich bin persönlich<br />
auch überzeugt, dass wir uns noch eine Zeit<br />
lang damit abfinden müssen, dass es in dieser<br />
Art und Weise weitergeht, sehe aber schon<br />
ein bisschen den Silberstreif am Horizont,<br />
weil ich tatsächlich glaube, dass wir diesen<br />
Zinsanhebungszyklus jetzt irgendwo am Top<br />
erreicht haben und die Zinsen eher seitwärts<br />
gehen werden.“<br />
Sobald dieses neue Zinsniveau auch eingepreist<br />
ist, könne man wieder zuversichtlicher<br />
in die Zukunft blicken. „Das Kernimmobiliengeschäft<br />
funktioniert sehr gut.“ Auch die<br />
Indexierung der Mieten sei durchsetzbar gewesen.<br />
„In unserem Erste-Immobilien-Fonds<br />
konnten die Miet-Cash-Erträge genau um<br />
zehn Prozent gesteigert werden. Das ist quasi<br />
der buchhalterische Beweis dafür, dass wir in<br />
unseren Mietverträgen die Inflation durchsetzen<br />
konnten.“<br />
Der Netto-Mittelabfluss in den Immobilienfond<br />
konnte noch nicht gestoppt werden.<br />
Karl ist überzeugt, dass dies noch eine Weile<br />
dauern wird. „Wir hatten offensichtlich in<br />
den Immobilienfonds auch sehr viele Anleger,<br />
die vor allem den Zinsertrag im Vordergrund<br />
sahen und natürlich in Zeiten, in denen es<br />
keine Zinsen gab, dann sehr gerne auch in Immobilienfonds<br />
investiert haben und sich jetzt<br />
mit einem viel breiteren Angebot an anderen<br />
Zinsprodukten konfrontiert sehen und daher<br />
die Immo-Fonds auch wieder verlassen.“<br />
Jasmin Soravia<br />
(Kollitsch Soravia)<br />
Jasmin Soravia, geschäftsführende Gesellschafterin<br />
bei Kollitsch & Soravia Immobilien,<br />
bezeichnet die Wetterlage als angespannt.<br />
„Eine große Verunsicherung hat<br />
sich breit gemacht.“ In kurzer Zeit habe sich<br />
die Stimmung ins Negative gedreht. Käufer<br />
reagieren verhalten auf die wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen. „Da müssen wir jetzt<br />
alle durch.“ Die Strategie: „Nach vorne blicken<br />
und schauen, dass man das ganz gut<br />
übersteht. Wir werden das gut überstehen.<br />
Aber es ist sehr herausfordernd.“ 2024 wird<br />
ein kritisches Jahr. „In Deutschland sind<br />
schon die ersten Developer in Konkurs gegangen.“<br />
Durchaus unerwartet, wie Jasmin<br />
Soravia, betont. „Auch in Österreich werden<br />
wir die eine oder andere Insolvenz sehen.“<br />
Rasch wird sich die Wetterlage nicht ändern.<br />
„2008 war der Spuk auch nicht innerhalb eines<br />
Jahres wieder vorbei. Also, ich befürchte,<br />
2024 müssen wir uns alle warm anziehen,<br />
aber auch das werden wir überstehen.“<br />
68 ImmoFokus
Michael Klement<br />
(United Benefits Holding)<br />
Michael Klement (United Benefits Holding)<br />
sieht weiterhin sehr dunkle Hagelwolken,<br />
aber keinen Tornado. „Man muss sich nicht<br />
fürchten, wenn man die letzten Wochen<br />
und Monate sehr behutsam gearbeitet hat“,<br />
so der United-Benefits-Holding-CEO. Wie<br />
seine Kollegen glaubt Klement auch, dass<br />
Österreich sechs Monate hinter Deutschland<br />
in der Entwicklung hinterherhinkt. „Der<br />
Preisverfall wird aber nicht so deutlich wie in<br />
Deutschland ausfallen“, ist sich Klement sicher.<br />
„Die Delle wird nicht so stark ausfallen,<br />
weil bei uns in Österreich – im Unterschied zu<br />
Deutschland – nie absolute Spitzenpreise zu<br />
erzielen waren. Das Preisniveau war in Österreich<br />
immer moderater.“<br />
auf die Bürowelten gerechnet. Die Corona-<br />
Pandemie hat die Anforderungen nachhaltig<br />
verändert.“ Für die Assetklassen Wohnen<br />
und Hotellerie ist Klement weniger skeptisch.<br />
„Hotellerie gehört zu den Gewinnern.<br />
Wohnen muss sich ein bisschen neu finden.“<br />
Die deutliche Reduktion der Development-<br />
Pipeline wird zu einem Bedarf führen. „Alles<br />
rund um das gewerbliche Wohnen ist sicher<br />
sehr interessant.“<br />
Sorgen bereitet Klement der Büromarkt.<br />
„Niemand hat mit derartigen Auswirkungen<br />
www.arnold.immobilien<br />
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Die Kompetenz<br />
unserer Makler ist<br />
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und für Generationen vorzusorgen.<br />
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allem auch Verlässlichkeit, Ehrlichkeit<br />
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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
69
Positionen & Meinungen<br />
Peter Ulm<br />
(Allora Immobilien)<br />
Für Empira-Management-Geschäftsführer<br />
Peter Ulm befindet sich die Immobilienwirtschaft<br />
mitten in einem Gewitter mit Tendenz<br />
zur Aufhellung. „Da ist ein neuer Realismus,<br />
eine neue Realität eingekehrt. Mit harter Arbeit<br />
werden wir aus dem Gewitter rauskommen.“<br />
Dass die Deutschen pessimistischer als<br />
die Österreicher in die Zukunft blicken, sei<br />
dem Umstand geschuldet, „dass die Entwicklung<br />
in Deutschland uns zirka sechs Monate<br />
voraus ist. Also, Deutschland ist schon wirklich<br />
ganz am Boden. Dort finden auch die<br />
ersten Insolvenzen statt. Das ist uns ein wenig<br />
voraus. Ich fürchte, das wird uns auch noch<br />
drohen. Aber das Markt-Recovery, glaube ich,<br />
werden wir 2024 sehen.“ Doch warum hört<br />
man so wenig von erfolgreichen Deals? „Wir<br />
haben auf der Uni schon alle gelernt, dass<br />
wir antizyklisch investieren sollen. Aber vielerorts<br />
sind die Preise noch nicht dort, wo es<br />
wirklich Spaß macht, antizyklisch zu sein. Ich<br />
glaube, es ist eher noch eine Zeit des Liquidität-Zusammenhaltens,<br />
um bereit zu sein.“<br />
Gute Chancen sieht Ulm am Office-Markt:<br />
„Ich bin überzeugt, dass einfach der Trend<br />
zum modernen, nachhaltig gut gebauten Office<br />
groß ist. Da gibt es viele Chancen in der<br />
Konvertierung von alten in moderne Büros,<br />
in moderne Büroflächen. Die Leute werden<br />
auch partiell wieder mehr aus den Home-<br />
Offices zurückkommen, aber man muss ihnen<br />
was bieten. Und insofern glaube ich, dass<br />
diese Assetklasse Zukunft hat. Beim Wohnen<br />
wissen wir, dass wir in zwei Jahren definitiv<br />
in den Großstädten in einen Wohnungsengpass<br />
reinlaufen. Wer in zwei, drei Jahren<br />
genügend Wohnungen anbieten kann, wird<br />
ein gutes Geschäft machen. Also, ich bleibe<br />
optimistisch.“<br />
70 ImmoFokus
Wie klappt Nachhaltigkeit<br />
in der Immobilienbranche?<br />
Nachhaltige Ansätze und Lösungen liegen voll im<br />
Trend. Diese Entwicklung macht auch vor der Real-<br />
Estate-Branche keinen Halt – denn der Sektor ist<br />
einer der wesentlichen CO2-Emittenten.<br />
Entsprechend fordern Öffentlichkeit, Investoren und<br />
Politik Anpassungen in den Geschäfts modellen<br />
der Immobilienunternehmen.<br />
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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
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71
Positionen & Meinungen<br />
Roland Schmid<br />
(IMMOunited)<br />
Roland Schmid, geschäftsführender Gesellschafter<br />
von IMMOunited, erwartet erst für<br />
das Jahr 2025 eine nachhaltige Erholung. „Ich<br />
sehe die Stimmung ehrlicherweise besser als<br />
man vermutet. Die Stimmung ist getrübt.<br />
Es wird aber auch viel schlechte Stimmung<br />
gemacht. Ganz so schlimm sehe ich es aber<br />
nicht.“ Dass es im ersten Halbjahr <strong>2023</strong> im<br />
Vergleich zum ersten Halbjahr 2022 zu einem<br />
Einbruch um rund 24 Prozent bei den Verbücherungen<br />
gekommen ist, hält er auch nicht<br />
für allzu tragisch. „Es waren aber eben nur 24<br />
Prozent. Das heißt, der Markt ist nicht zum<br />
Stillstand gekommen“, so Schmid. „2024<br />
wird ein schwieriges Jahr, dann aber wird es<br />
wieder bergauf gehen. Dann kommen wieder<br />
bessere Zeiten.“ Doch bis dorthin wird noch<br />
so mancher Sturm zu überstehen sein. Auch<br />
Schmid rechnet mit Insolvenzen. „Das hohe<br />
Zinsniveau, die hohe Inflation und gestundete<br />
Zinsen könnten für einige Unternehmen<br />
zu unüberwindlichen Hindernissen werden.“<br />
Von einer Konkurswelle will Schmid aber<br />
nicht sprechen. „Wir werden im letzten Quartal<br />
23 die ersten Pleiten sehen. Das wird sich<br />
bis zum Sommer nächsten Jahres hinziehen.<br />
Aber es wird, glaube ich, nicht ganz so dramatisch<br />
sein, wie wir befürchten. Ich hoffe es<br />
zumindest.“<br />
Karina Schunker<br />
(EHL Wohnen)<br />
Die großen Gewitter sieht EHL-Wohnen-<br />
Geschäftsführerin Karina Schunker nicht.<br />
Sie sieht immer ein wenig Sonnenstrahlen<br />
zwischen den Wolken, um Optimismus<br />
aufleben zu lassen. Aber natürlich versuche<br />
man, in der aktuellen herausfordernden Zeit<br />
Lösungen und Möglichkeiten zu suchen. „Es<br />
bleibt spannend, wie es in den kommenden<br />
Monaten weitergeht.“ Den Wohnungsmarkt<br />
beobachtet Schunker in Bezug auf die Angebotsentwicklung<br />
über die nächsten ein, zwei<br />
Jahre kritisch. „2025, 2026 sollte sich die Situation<br />
wieder verbessern.“<br />
und günstigere Finanzierungsmöglichkeiten,<br />
Mobilisierung des Bestands durch Attraktivierung<br />
der Vermietung und ergänzend einfachere<br />
Möglichkeiten zur Umnutzung<br />
von Bestandsflächen wie zum<br />
Beispiel in Einzelhandelsobjekten.<br />
Das gilt an sich für ganz<br />
Europa, aber in Österreich<br />
ist die Situation doch noch<br />
deutlich schwieriger als in den<br />
meisten anderen Märkten.“<br />
„Die Leerstände bei Wohnungen sind im städtischen<br />
Bereich mittlerweile auf ein Rekordtief<br />
gefallen, es gibt also nur mehr einen geringen<br />
Puffer, um den aktuellen Nachfrageüberhang<br />
abzufedern“, sagt Schunker. „Es wird zu einer<br />
der wichtigsten Aufgaben, auch weiterhin genügend<br />
Wohnangebot verfügbar zu machen,<br />
trotz der aktuellen Herausforderungen am<br />
Markt. Maßnahmen zur Ankurbelung des<br />
Neubaus sind daher eine dringliche Aufgabe<br />
der Wohnbaupolitik, etwa durch erleichterte<br />
72 ImmoFokus
Markus Arnold<br />
(Arnold Immobilien)<br />
„Von Sonnenschein zu sprechen, wäre verwegen.<br />
Die Branche hat eine Krise. Mit dieser<br />
müssen wir so professionell wie möglich<br />
umgehen“, so Markus Arnold, Arnold Immobilien.<br />
Nun zeige sich, wer in der Vergangenheit<br />
gut gearbeitet hat. „Wer ein verlässlicher<br />
Partner ist. Bedingt durch die aktuellen Herausforderungen<br />
werden Objekte weiterhin<br />
deutlich länger und genauer geprüft“, meint<br />
Arnold und verweist auf die sehr verhaltene<br />
Stimmung, speziell am deutschen Investmentmarkt.<br />
Wohingegen die Marktlage in den<br />
südeuropäischen Ländern deutlich besser ist<br />
als hierzulande. Sowohl Spanien, Portugal als<br />
auch Italien – Märkte, in denen Arnold Immobilien<br />
ebenfalls mit eigenen Niederlassungen<br />
vertreten ist – konnten die Investmentvolumina<br />
halten beziehungsweise sogar ausbauen.<br />
Trotz der aktuellen Unsicherheit der Marktteilnehmer<br />
hat sich aufgrund der attraktivsten<br />
Renditen seit Jahren das Interesse der<br />
eigenkapitalstarken Privaten deutlich verstärkt.<br />
„Der Run auf handverlesene Top-Liegenschaften<br />
hat bereits begonnen“, berichtet<br />
Arnold. Im besonderen Fokus stehen dabei<br />
Wohnimmobilien, solide Gewerbeimmobilien<br />
sowie attraktive Hotelinvestments. Eine<br />
immer wichtigere Entscheidungsgrundlage<br />
bei Immobiliendeals ist eine profunde Marktanalyse,<br />
die das Unternehmen vierteljährlich<br />
zu allen Arnold-Investmentmärkten sowie<br />
der Europäischen Union anbietet.<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
73
Positionen & Meinungen<br />
Daniel Jelitzka<br />
(JP-Immobilien)<br />
Daniel Jelitzka (JP-Immobilien) sieht<br />
bereits eine aufgelockerte Großwetterlage.<br />
„Im Bereich Hospitality sind<br />
wir auf der Sonnenseite. Ich rechne<br />
nicht damit, dass die EZB weitere Zinserhöhungen<br />
vornehmen wird. Das<br />
wird dem Markt guttun.“ Die Chief-<br />
Investment-Officer sind jetzt mittlerweile<br />
der Meinung, sie müssen<br />
nicht mehr in ein fallendes Messer<br />
greifen und dieses auffangen. Man<br />
könne nun wieder mit dem Pricing<br />
anfangen. „Stellt sich nur noch die<br />
Frage, wie lange die Zinsen auf diesem<br />
Niveau verharren.“ Auf den<br />
Punkt gebracht glaubt Jelitzka, dass „die<br />
Talsohle bereits erreicht ist. Ein wenig<br />
Zweckoptimismus ist dabei – aber ich<br />
glaube, in einem Jahr werden wir wieder<br />
gute Geschäfte machen.“ Jelitzka hat<br />
in den vergangenen eineinhalb Jahren<br />
rund 250 Millionen Euro in Hotelprojekte<br />
investiert. Der erste Hotelfonds<br />
ist mit … Euro ausfinanziert. Ein zweiter<br />
mit einem angestrebten Volumen<br />
von 100 Millionen soll Ende des Jahres<br />
ausplatziert sein. „Wir haben schon 60<br />
Millionen eingeworben. Ende des Jahres<br />
werden wir die Bücher zumachen.“<br />
Wie beim ersten Fonds sollen damit in<br />
Summe Investitionen von 250 Millionen<br />
Euro angestoßen werden.<br />
Michael Ehlmaier<br />
(EHL Immobilien)<br />
„Die Märkte befinden sich derzeit in einer ambivalenten<br />
Situation“, erklärt Michael Ehlmaier,<br />
Geschäftsführender Gesellschafter von EHL Immobilien.<br />
„Aber der Pessimismus, den wir vor<br />
einem halben Jahr gesehen haben, der ist jetzt<br />
einem Realismus gewichen. Das Marktumfeld<br />
ist wie es ist. Die Zinslandschaft ist wie sie ist.<br />
Wir lassen uns davon nicht unterkriegen. Es stehen<br />
weniger die Akquise oder die Entwicklung<br />
im Vordergrund, sondern die Optimierung von<br />
Bestandsimmobilien.“<br />
die Branche daher mit einigen Schwierigkeiten<br />
zu kämpfen. Die Suche nach Kostensenkungspotenzialen<br />
ist deshalb eine zentrale Herausforderung,<br />
das zeigt sich auch am großen Interesse<br />
für die zahlreichen Start-ups, die mit weiterer<br />
Digitalisierung, Automatisierung, Standardisierung<br />
und teilweise dem Einsatz künstlicher<br />
Intelligenz die notwendigen Effizienzsteigerungen<br />
bringen sollen.“<br />
„Einerseits gibt es in vielen Bereichen, insbesondere<br />
im Wohn-, aber durchaus auch im Bürosegment,<br />
großen Bedarf an adäquaten Flächen,<br />
andererseits lohnt es sich für Entwickler und<br />
Investoren vielfach dennoch nicht, Projekte<br />
tatsächlich zu starten. Die hohen Grundstücks-,<br />
Errichtungs- und Finanzierungskosten, aber<br />
auch die wirtschaftlichen Belastungen, die aus<br />
der Umsetzung der EU-Taxonomie beziehungsweise<br />
der bevorstehenden Dekarbonisierung<br />
resultieren, sind für die Branche eine nur schwer<br />
zu verdauende Gemengelage. Vor dem Hintergrund<br />
der sich abschwächenden Konjunktur hat<br />
74 ImmoFokus
Wolfgang Scheibenpflug<br />
(Flughafen Wien)<br />
Für Wolfgang Scheibenpflug, Geschäftsbereichsleiter<br />
Immobilien- und Standortmanagement<br />
Flughafen Wien, scheint die Sonne. „Die<br />
Großwetterlage wird in den nächsten Jahren,<br />
glaube ich, durchaus stürmisch werden. Wenn<br />
sie am Flughafen betrachtet wird, gibt es Positives<br />
zu sagen. Wir sehen die Passagierzahlen<br />
von 2019, das heißt, die Recovery hat deutlich<br />
schneller begonnen und ist schneller durchgeführt<br />
worden, als es jeder Pessimist erwartet<br />
hätte. Generell am Immobilienstandort haben<br />
wir, glaube ich, schon sehr viele Pluspunkte, die<br />
bei unseren Kunden ankommen. Wir bieten ein<br />
Gesamtpaket an, neben den Immobilien auch<br />
eine Community von Hotelzimmern über Werbung<br />
bis zu Parken. Wir bieten ihnen komplette<br />
Service-Leistungen an. Logistik boomt wie<br />
kaum zuvor, und damit haben wir auch unsere<br />
letzten Flächen in Fischamend hier verkaufen<br />
können. Und wir bereiten weitere 47 Hektar<br />
westlich des Flughafens vor.“ Werden bei anderen<br />
Quartierentwicklungen Bauvorhaben auf<br />
Eis gelegt und Planungen gestoppt, werden am<br />
Flughafen bald wieder die Bagger anrollen und<br />
Baukräne aufgestellt, berichtet Scheibenpflug:<br />
„Wir haben momentan zwei Hotels am Standort,<br />
das NH und das Moxy-Hotel, die sehr, sehr gut<br />
gebucht sind. Noch in diesem Jahr starten wir<br />
mit dem Bau eines dritten Hotels, dem Vienna<br />
House Easy, einem Zwei-Sterne-Hotel, das Anfang<br />
2025 eröffnet werden soll.“<br />
Auf die neuen Anforderungen im Office-Bereich<br />
nach der Pandemie habe man am Flughafen<br />
rechtzeitig und erfolgreich reagiert. „Die Arbeitswelt<br />
hat sich deutlich geändert. Mit unserem<br />
Office-Park 4, der neben einer klassischen<br />
Bürofläche auch Konferenz- und Coworking-<br />
Flächen anbietet, sind wir auf die neuen Herausforderungen<br />
gut vorbereitet. Das sehen wir<br />
auch durch die massive Nachfrage nach unseren<br />
Büroflächen am Standort.“<br />
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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
75
Positionen & Meinungen<br />
Johannes Endl<br />
(ÖRAG)<br />
Örag-Vorstand Johannes Endl sieht erste<br />
Sonnenstrahlen durchs Fenster. „Aprilwetter.<br />
Wir sind in der Realität angekommen<br />
– und das ist gut so.“ Es gebe<br />
auch wieder Transaktionen. „Vielleicht<br />
nicht so viele, wie wir uns wünschen<br />
würden. Aber es ist ein gutes Zeichen<br />
für den Markt.“ Allein die Preisfindung<br />
ist noch nicht abgeschlossen.<br />
„Noch liegen die Preisvorstellungen<br />
zu weit auseinander. Wir sehen genügend<br />
eigenkapitalstarke Investoren.<br />
Aufgrund der unsicheren Marktsituation<br />
finden viele Deals Off-Market<br />
statt – wohl auch wegen der Preisabschläge.<br />
Darüber redet niemand<br />
gern“, so Endl. Besonders schwierig<br />
sei die Preisfindung bei Objekten,<br />
die vor ein, zwei Jahren zu sehr hohen<br />
Preisen in einer anderen Zinslandschaft<br />
gekauft wurden.<br />
Auch der Wohnungsmarkt ist in Bewegung<br />
geraten. „Die hohen Preise führen dazu,<br />
dass viele Kaufinteressenten ihre Kaufpläne<br />
verschieben und sich auf dem Mietmarkt<br />
umsehen. Gekauft hätten sie eine Zwei-,<br />
Drei-Zimmer-Wohnung. Gemietet wird<br />
aber eine Drei-, Vier- oder Fünf-Zimmer-<br />
Wohnung. Davon aber gibt es zu wenige<br />
am Markt, was die Preise steigen lässt.“ Eine<br />
Insolvenzwelle sieht Endl nicht auf uns<br />
zukommen. „In Österreich findet selbst<br />
der Weltuntergang ein paar Wochen später<br />
statt.“ Die eine oder andere Sache ist aber<br />
sicher noch nicht ausgestanden. „Ich hoffe,<br />
dass dies auf breiter Front keine Spirale<br />
nach unten auslöst“, gibt sich Endl optimistisch.<br />
„Aber ganz ohne Konkurse, fürchte<br />
ich, wird es auch bei uns nicht gehen.“<br />
Karl Derfler<br />
(ADEQAT)<br />
Karl Derfler, geschäftsführende Gründungsgesellschafter<br />
der Adeqat, will nicht als Pessimist<br />
gelten. „Ganz im Gegenteil. Ich schaue positiv<br />
in die Zukunft. Ich glaube, dass jetzt ein Zyklus<br />
zu Ende gegangen ist. Die Hauptfrage ist: Wie<br />
stellst du dich darauf ein und wie präpariert<br />
man sich?“ Viele Marktteilnehmer sind jetzt<br />
in Schwierigkeiten – doch darüber wird der<br />
Mantel des Schweigens gebreitet.<br />
kann es nicht sagen, was die Göttlichkeit vorhat.<br />
Aber viele Marktteilnehmer sagen, dass die<br />
Phase der Zinserhöhungen noch nicht vorbei<br />
ist.“ Positiv sei, so der Investment-Profi, dass<br />
die Großinvestoren langsam zurückkommen.<br />
„Es gibt ausreichend Kapital, das in die Immobilie<br />
gehen möchte.“ Allein die Bewertungen<br />
hinken hinterher und die Frage der Entwicklung<br />
bei den Zinsen. „Gott sei Dank dürfen wir<br />
Transaktionen begleiten. Wenn du als Investor<br />
damit rechnest, dass weitere Zinserhöhungen<br />
kommen, heißt das umgekehrt, dass die<br />
Preise sich vielleicht noch einmal in die andere<br />
Richtung bewegen. Dann wirst du vielleicht zuwarten.“<br />
Doch Derfler ist durch und durch Optimist:<br />
„Das Geschäft kommt sicher wieder. Das<br />
ist keine Frage. Die einzige Frage, die sich stellt,<br />
ist: Wann?“ Man müsse wie ein Bauer denken.<br />
„In einer Dürreperiode muss man viel Wasser im<br />
Brunnen und etwas Speck im Keller haben.“<br />
Derfler übt heftige Kritik an der Europäischen<br />
Zentralbank. „Ich halte die Politik der EZB für<br />
nicht adäquat, um es in unserer Firmenphilosophie<br />
zu sagen, weil die Inflation angebotsund<br />
nicht nachfrageinduziert ist. Das führt<br />
tatsächlich dazu, dass viele Marktteilnehmer<br />
Probleme haben. Das tut mir auch leid. Aber<br />
wir selbst haben uns, glaube ich, sehr gut<br />
dafür präpariert.“ Doch was hätte die EZB anders<br />
machen können? „Es war allen klar“, so<br />
Derfler, „dass die Zinsen steigen werden. Von<br />
Minuszinsen in kurzer Zeit auf das aktuelle<br />
Zinsniveau anzuheben ist in der Kombination<br />
deutlich letaler. Besser wäre es gewesen, wenn<br />
es harmonischer, smoother passiert wäre.“<br />
Die Frage, ob mit weiteren Zinsanstiegen zu<br />
rechnen sei, beantwortet Derfler mit einem<br />
tiefen Seufzer. „Heilige EZB, bete für uns. Ich<br />
76 ImmoFokus
Die Ernüchterung<br />
Kommentar: Patrick Baldia<br />
Fotos:<br />
Allen Ankündigungen und Befürchtungen und vor allem dem<br />
Umfeld zum Trotz sind letztlich doch recht viele Immobilienprofis<br />
zur Expo Real <strong>2023</strong> gekommen. Sowohl die Zahl der Aussteller als<br />
auch jene der Besucher lag nur unwesentlich unter der des Vorjahres.<br />
So mancher hatte im Vorfeld gemeint, dass wohl kaum einer nach<br />
München reisen würde. Zu negativ sei die Stimmung. Man fahre zum<br />
kollektiven Weinen nach München, wurde etwa ein heimischer Entwickler<br />
im „Standard“ zitiert. Man wolle sich in netter Gesellschaft<br />
gegenseitig bemitleiden, meinte ein anderer Immobilienprofi zum<br />
Verfasser dieser Zeilen.<br />
Sie ahnen es: Die Stimmung war schon mal<br />
besser als heuer auf der „Arbeitsmesse<br />
der Immobilienbranche“. Während<br />
im Vorjahr offensichtlich viele<br />
nicht wahrhaben wollten, dass<br />
das letzte goldene Jahrzehnt,<br />
mit rasant steigenden Preisen<br />
und praktisch keinen<br />
Zinsen, bis auf Weiteres<br />
vorbei ist, war <strong>2023</strong> kollektive<br />
Ernüchterung<br />
auszumachen. „Auf das<br />
Leugnen folgt der Kater“,<br />
lautete auch treffend<br />
der Titel des Expo-Real-<br />
Nachberichts, der in der<br />
Timeline erschien.<br />
Wobei sich die angeführten Eindrücke<br />
auf die heimischen Messeteilnehmer<br />
beziehen. Wer sich unter Deutsche<br />
mischte, fühlte sich ob der unterirdischen Stimmung<br />
mitunter an Trauerfeiern erinnert. Und das hat ausnahmsweise<br />
nichts damit zu tun, dass unsere Nachbarn dazu neigen, die Dinge<br />
ernster zu sehen und vielleicht mit etwas weniger Lockerheit anzugehen.<br />
Vielmehr darf nicht vergessen werden, dass die aktuelle Krise<br />
mit all ihren Begleiterscheinungen wie Insolvenzen, Baustopps und<br />
Preisverfall in Deutschland einfach um rund ein halbes Jahr früher mit<br />
voller Wucht zugeschlagen hat.<br />
Nach der Expo Real weht ein rauer Wind<br />
Etwas mehr als einen Monat nach der Expo Real deutet einiges<br />
darauf hin, dass bald auch hierzulande ein um einiges<br />
rauerer Wind als bislang wehen wird. Mit der<br />
Signa und 6B47 sind zuletzt zwei große<br />
Projektentwickler in Schwierigkeiten<br />
geraten. Weitere dürften folgen.<br />
Mehr und mehr setzt sich auch in<br />
Österreich auf breiter Front die<br />
Erkenntnis durch, wie ernst<br />
die Lage ist und dass die laufende<br />
Krise das eine oder<br />
andere Jährchen länger<br />
dauern dürfte als erhofft.<br />
Wahrscheinlich scheint<br />
auch, dass Geld künftig<br />
wieder mehr kosten wird.<br />
Vielleicht nicht acht bis<br />
neun Prozent Zinsen, aber um<br />
die vier Prozent, wie es vor gar<br />
nicht so langer Zeit der Fall war.<br />
Die Welt sollte also nicht untergehen.<br />
Und wer das dennoch glaubt, sei<br />
beruhigt, dass in Österreich selbst der Weltuntergang<br />
mit reichlich Verspätung stattfindet.<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
77
ImFokus<br />
106<br />
SIGNA<br />
Ein Imperium wird brüchig. Aus dem Nichts<br />
baute René Benko ein Milliarden-Imperium<br />
auf. Dies droht nun einzustürzen. Hinter<br />
den Kulissen tobt ein Machtkampf. In der<br />
Zwischenzeit haben die Liquiditätsprobleme<br />
bereits zu etlichen Planungs- und Baustopps<br />
der beiden Tochterfirmen Signa Prime und<br />
Signa Development geführt.<br />
126<br />
FRÜHAUFSTEHER-EVENT<br />
Das ImmoFokus EarlyBird Breakfast ist für die<br />
heimischen Immobilienmanager längst zu<br />
einem Fixtermin im Messekalender der Expo<br />
Real in München geworden. Bei der diesjährigen<br />
<strong>Ausgabe</strong> fanden sich rund 50 Teilnehmer<br />
im König Ludwig bei den Riem Arcaden ein.<br />
80<br />
REAL CIRCLE<br />
Stadt entwickelt sich<br />
weiter: Beim 33. Real<br />
Circle auf Einladung von<br />
ERSTE BANK, ERSTE<br />
Immobilien KAG, ERSTE<br />
Group, IMMOunited,<br />
PwC Österreich und<br />
ImmoFokus drehte sich<br />
alles um das Thema Stadtund<br />
Quartiersentwicklung.<br />
Foto: Adobe Stock<br />
78 ImmoFokus
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Zwei tatkräftige Partner vereinen ihre Erfahrung und<br />
Fähigkeiten: Die innovationsstarke Kollitsch Gruppe<br />
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Gebäude im Fokus. Über Projekte und Vorhaben<br />
informieren wir Sie laufend auf unserer Webseite.<br />
Anfragen senden Sie uns bitte gerne an<br />
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Kollitsch & Soravia Immobilien GmbH.<br />
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
79
ImFokus<br />
Real Circle<br />
#34<br />
Stadt entwickelt<br />
sich weiter<br />
Stadt- und Quartiersentwicklung. Beim 33. Real Circle auf Einladung von ERSTE BANK,<br />
ERSTE Immobilien KAG, ERSTE Group, IMMOunited, PwC und ImmoFokus diskutierten rund<br />
30 Expertinnen und Experten ein Thema, das niemanden kalt zu lassen scheint: Stadtentwicklung.<br />
Autoren: Patrick Baldia, Gerhard Fritz, Michael Neubauer und Rudolf Oezelt<br />
S<br />
tädte nehmen gerade mal zwei<br />
Prozent der globalen Fläche ein,<br />
sind aber Lebensort von mehr als<br />
der Hälfte der Menschen. Tendenz:<br />
weiter steigend. Wie müssen sich unsere Städte<br />
wandeln, um dieser Herausforderung gerecht<br />
zu werden? Vor allem: Wie lassen sie sich effizienter,<br />
grüner und lebenswerter gestalten?<br />
Was sind Maßnahmen zur Verbesserung von<br />
Stadtklima und Aufenthaltsqualität? Welche<br />
Rolle spielen Vernetzung und intelligente<br />
Systeme? Wie sehen „Best-Practice“-Stadtentwicklungsprojekte<br />
aus? Ist die 15-Minuten-Stadt<br />
wirklich so erstrebenswert? Welche nachhaltigen<br />
Mobilitätskonzepte bringen uns weiter?<br />
Und, „last but not least“: Wie gestaltet man den<br />
Dialog mit den Bürgern – Stichwort Partizipationsprozesse?<br />
Zukunft ist digital<br />
„Wir werden immer digitaler werden und auch<br />
viel mehr künstliche Intelligenz einsetzen. Die<br />
Zukunft liegt in der Vernetzung von Gebäuden“,<br />
hält Gerald Beck, Geschäftsführer UBM Development<br />
Österreich, gleich zu Beginn der<br />
Diskussion in Gruppe A fest. Stadtentwicklung<br />
ohne Digitalisierung sei künftig gar nicht mehr<br />
vorstellbar. Auch sei die Zeit von monofunktionalen<br />
Quartieren vorbei – nicht zuletzt mit<br />
Hinblick auf den Flächenverbrauch. Zentral<br />
sei vielmehr eine intelligente Nutzungsmischung.<br />
Auch, um ökonomische Stabilität zu erzeugen.<br />
„Wir brauchen belebte Erdgeschosszonen. Das<br />
ist bei einer guten Nutzungsmischung zu erreichen.<br />
Digitalisierung hilft uns sehr dabei,<br />
aber ich würde es nicht darauf reduzieren<br />
wollen“, so der designierte Geschäftsführer der<br />
„Wenn wir über die soziale<br />
Stadt reden, dann müssen<br />
wir auch über die leistbare<br />
Stadt reden.“<br />
Herbert Bartik,<br />
UIV Urban Innovation Vienna<br />
80 ImmoFokus
Hier geht‘s<br />
zum Video<br />
www.immo-timeline.at<br />
Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) und der<br />
Austrian Real Estate (ARE).<br />
Gebäude, die miteinander kommunizieren,<br />
sind im Neubau bekanntlich bereits Realität.<br />
Aber was ist mit dem Bestand? „Der Bestand<br />
wird ein immer größeres Thema werden“, hält<br />
Beck fest. „Wir wissen, dass wir in der Zukunft<br />
mit Sicherheit einen geringeren Anteil an<br />
Neubau sehen werden. Wir müssen viel mehr<br />
sanieren, sonst erreichen wir unsere Klimaziele<br />
nicht. Im Bestand ist die Digitalisierung noch<br />
eine technische Herausforderung. Hier stehen<br />
wir sicher erst am Anfang. Aber es gibt erste<br />
vielversprechende Projekte, wie zum Beispiel<br />
eine gemeinsame Energieversorgung. Um<br />
derartige Projekte umsetzen zu können, müssten<br />
zuerst Gesetze geändert werden. Für mich<br />
liegt der Schlüssel zum Klimaschutz in der<br />
Regulatorik und in der Änderung von Gesetzen.“<br />
Tiefgreifende Änderungen<br />
„Das setzt aber voraus“, bringt sich nun Peter<br />
Vcelouch, Rechtsanwalt und Partner bei Cerha<br />
Hempel Rechtsanwälte, in die Diskussion ein,<br />
„dass man überhaupt weiß, welches Ziel man<br />
auf welche Weise verfolgen möchte. Mobilitätswende,<br />
Elektromobilität, Lieferketten-<br />
Regelungen – alles nur Stückwerk. Es fehlt die<br />
große Klammer. Diese große Klammer sehe<br />
ich nicht. Wir alle wissen, dass es ohne Änderung<br />
des Mietrechtsgesetzes wohl nicht gehen<br />
wird. Wir wissen aber auch, dass das nicht<br />
geschehen wird.“ „Ich glaube auch nicht, dass<br />
es bei den Bauordnungen, beim Ensemble- und<br />
Denkmalschutz kurz- oder mittelfristig tief-<br />
„Wäre es nicht sinnvoller,<br />
die Summe der drohenden<br />
Klima-Strafzahlungen als<br />
Förderungen auszuzahlen?“<br />
Gerald Beck,<br />
UBM Development Österreich<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
81
ImFokus<br />
greifende Änderungen geben wird“, blickt<br />
Vcelouch pessimistisch in die Zukunft.<br />
Klar ist für die Diskutanten der Gruppe A, dass<br />
Quartiersentwicklungen eine große Herausforderung<br />
für alle Beteiligten sind. Beck: „Wir<br />
haben am QBC sieben Gebäude mit zum Teil<br />
gemeinsamen Tiefgaragen errichtet. Allein der<br />
Servituts-Vertrag hat, glaube ich, 350 Seiten.<br />
Diese Verträge müssten so gestaltet sein, dass<br />
ein späterer Käufer der Gebäude ihn auch<br />
versteht. Wie beim Leopoldquartier, bei unserem<br />
Holzbauquartier im zweiten Bezirk, wo<br />
wir versuchen, es etwas einfacher zu gestalten.<br />
Im Leopoldquartier setzen wir allerdings auf<br />
Geothermie. Das heißt, wir haben eine autarke<br />
Energieversorgung, bei der es natürlich noch<br />
zusätzliche Abhängigkeiten gibt, die alle in<br />
einen Kooperationsvertrag hineingegossen<br />
werden, der neben dem Servituts-Vertrag seine<br />
rechtliche Wirkung entfaltet. Das Ganze ist<br />
schon ein hochkomplexes, privatrechtliches<br />
System. Das darf man bei Stadtquartieren mit<br />
Sicherheit nicht unterschätzen. Und da sind<br />
wir noch gar nicht bei den regulatorischen<br />
Vorgaben.“<br />
„Auch einige alte<br />
gewachsene Grätzel<br />
kann man durchaus<br />
als erfolgreiche<br />
Quartiersentwicklungen<br />
bezeichnen.“<br />
Christian Oberkleiner,<br />
TPA<br />
„Bei den Bauordnungen,<br />
beim Ensemble- und<br />
Denkmalschutz sind kurzoder<br />
mittelfristig keine<br />
tiefgreifenden Änderungen<br />
zu erwarten.“<br />
Peter Vcelouch,<br />
CERHA HEMPEL Rechtsanwälte<br />
Neuland für Banken<br />
„Finanzierende Banken betreten hier Neuland“,<br />
merkt Roman Eisenmagen, Leiter Gewerblicher<br />
Wohnbau bei der ERSTE Bank, an. „Aus Finanzierungssicht<br />
sind Banken den globalen Trends<br />
zwei, drei, vier, fünf Schritte hinten nach. Das<br />
Finanzierungsgeschäft ist traditionell eigentümerorientiert<br />
aufgestellt.“ Bei Energiegemeinschaften<br />
zum Bespiel dreht sich vieles um<br />
„Ich sehe ein<br />
großes Potenzial für<br />
Energiegemeinschaften.“<br />
Anita Körbler,<br />
trovato<br />
82 ImmoFokus
Haftungsfragen. Nachsatz des Experten: „Es<br />
gibt definitiv hohen Bedarf an gesetzlicher<br />
Regulatorik.“<br />
„Bei der Quartiersentwicklung müssen viele<br />
Player mitspielen, müssen ins gemeinsame<br />
Boot geholt werden“, ergänzt Anita Körbler,<br />
geschäftsführende Gesellschafterin von trovato.<br />
„Digitalisierung hin oder her. Wir müssen bei<br />
der Quartiersentwicklung auch soziale Aspekte<br />
berücksichtigen. Die Lebensqualität für die<br />
Bewohner ist entscheidend. Kurze Wege. Wohnen<br />
und Arbeiten an einem Platz. Stichwort<br />
Teilzeitarbeit. Ist der Arbeitsplatz in der Nähe,<br />
sind Beruf und Familie besser vereinbar, können<br />
die Kinder allein in ein paar Minuten zu<br />
Fuß in den Kindergarten oder in die Schule<br />
gehen. Das sind die Themen, die für die Qualität<br />
eines Quartiers entscheidend sind“, sagt<br />
Körbler. „Digitalisierung kann auch genutzt<br />
werden, um soziale Aspekte leichter umzusetzen“,<br />
fügt sie hinzu.<br />
„Keine Frage, dass soziale Aspekte bei der<br />
Quartiersentwicklung berücksichtigt werden<br />
sollten“, meldet sich Peter Vcelouch wieder zu<br />
Wort. „Ich bin mir aber nicht sicher, ob das<br />
Konzept ‚Wohnen, Arbeiten und Freizeit am<br />
selben Ort‘ funktioniert. Das war unter anderem<br />
der USP für die Gasometer-Projekte. Kaum<br />
waren sie fertig, hat sich gezeigt, dass die Leute<br />
halt nicht dort arbeiten, wo sie wohnen, oder<br />
sie wohnen nicht dort, wo sie arbeiten. Und<br />
schon gar nicht wollen sie die Freizeit dort<br />
verbringen, wo sie wohnen und arbeiten. Das<br />
ist, glaube ich, die Schwäche jedes Quartiers.“<br />
Die richtige Balance<br />
„Das Projekt Gasometer war eine der ersten<br />
Quartiersentwicklungen in Wien“, gibt Herbert<br />
Bartik, Senior Expert der Abteilung Future<br />
Cities bei der UIV Urban Innovation Vienna,<br />
zu bedenken. „Die Städteplanung hat dazugelernt.<br />
Wie es funktioniert, zeigen die Seestadt<br />
Aspern oder das Sonnwendviertel. Die Wohnzufriedenheit<br />
ist dort sehr, sehr hoch. Ich glaube,<br />
die Stadt hat in den letzten Jahren schon große<br />
Fortschritte bei der Quartiersentwicklung<br />
gemacht.“ „Wenn wir über die soziale Stadt<br />
reden, dann müssen wir auch über die leistbare<br />
Stadt reden“, führt Bartik weiter aus. „Da geht<br />
es ganz, ganz stark um den leistbaren Wohnraum.<br />
Dafür steht Wien. Es geht um Balance zwischen<br />
privater Immobilienwirtschaft und den gemeinnützigen<br />
Wohnbauträgern und den Interessen<br />
der Stadt. Dazu gehört ein ausgebauter<br />
öffentlicher Verkehr– und ein Angebot an<br />
sozialer Infrastruktur. Vom Kindergarten bis<br />
zur Bücherei. All diese Elemente halte ich schon<br />
für ganz zentral in dem Verständnis von sozialer<br />
Stadt und dem Verständnis von Lebensqualität,<br />
die eine Stadt bieten sollte.“<br />
„Für uns war diese qualitätsvolle, gemischte<br />
Nutzung am QBC neben der Erreichbarkeit<br />
einer der maßgeblichen Gründe, hier einzuziehen“,<br />
so Christian Oberkleiner, Steuerberater<br />
und Partner bei TPA Steuerberatung. „Wir<br />
haben auch viele Kollegen, die ihren Wohnsitz<br />
in die Nähe des Arbeitsplatzes verlegt haben.“<br />
Wobei eine Quartiersentwicklung nicht immer<br />
ein Neubau sein muss: „Es gibt auch alte gewachsene<br />
Grätzel, die man durchaus als erfolgreiche<br />
Quartiersentwicklungen bezeichnen<br />
darf. Alte Grätzel bieten alles, was man von<br />
„Das Finanzierungsgeschäft<br />
ist traditionell<br />
eigentümerorientiert<br />
aufgestellt.“<br />
Roman Eisenmagen,<br />
Erste Bank<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
83
ImFokus<br />
einer modernen Quartiersentwicklung erwartet:<br />
soziale Durchmischung, kurze Wege,<br />
Freizeitangebote, Nahversorgung. Schlussendlich<br />
ist es aber auch ein Teil des Mindsets und<br />
der Lebensqualität, dass man auf Elektromobilität,<br />
auf E-Scooter oder auf die U-Bahn setzt<br />
und im Gegenzug auf das Auto verzichtet.“<br />
Fokus auf Bestand<br />
Da neue Quartiere auf der grünen Wiese kaum<br />
mehr genehmigt werden dürften, müsse man<br />
sich intensiver um den Bestand kümmern.<br />
„Sanieren ist das Gebot der Stunde“ ist sich die<br />
Diskussionsrunde einig.<br />
UIV-Experte Bartik sieht jedenfalls weiterhin<br />
große Aufgaben auf die Stadt zukommen. „Wir<br />
haben die große Aufgabe, 600.000 Haushalte,<br />
die im Moment noch mit Gas heizen, bis 2040<br />
davon wegzukriegen. Das Ziel ist und bleibt<br />
die Klimaneutralität. Stadtrat Jürgen Czernohorszky<br />
hat diese Aufgabe einmal mit der<br />
Apollo-Mondlandung verglichen.“ Wobei die<br />
Bestandsentwicklung untrennbar mit der<br />
Energietransformation verbunden sei. Ein Weg<br />
führe dabei über den Ausbau der Fernwärme.<br />
„Aber wir können nicht jedes Gebäude anschließen.“<br />
Daher kommt der klimafitten,<br />
klimagerechten Sanierung von Bestandsgebäuden<br />
große Bedeutung zu.<br />
Aktuell werde die Fernwärme in Wien mit rund<br />
50 Prozent aus Erdgas erzeugt, aber, so Bartik;<br />
die Zielsetzung Klimaneutralität 2040 bedeute,<br />
dass bis 2040 auch die Fernwärme dekarbonisiert<br />
„Bei der Quartiersentwicklung<br />
spielen sehr viele Faktoren<br />
zusammen, die man in ihrer<br />
gesamten Wirkung erfassen muss.“<br />
Doris Schnepf,<br />
Green4Cities<br />
sein müsse. Vcelouch kommt wieder auf das<br />
Thema Normen zu sprechen. „Auch hier braucht<br />
es einheitliche Regelungen und Zielsetzungen.<br />
Auf EU-Ebene gilt Gas als grüne Technologie.<br />
Daher ist die Frage, warum nur gerade wir unbedingt<br />
aus dem Gas raus müssen, durchaus<br />
berechtigt. Wäre es nicht sinnvoller, in einem<br />
ersten Schritt die Fernwärme zu dekarbonisieren?“,<br />
stellt der Rechtsanwalt in den Raum.<br />
Die Ertüchtigung des Gebäudebestandes, der<br />
nicht an die Fernwärme angeschlossen werden<br />
wird, ist eine weitere wesentliche Säule dieser<br />
Strategie – aber auch eine äußerst kostenintensive,<br />
so der Grundtenor der Experten der Gruppe<br />
A. Eisenmagen sieht hier die Politik gefordert.<br />
„Im Bestand wird es ohne Förderungen nicht<br />
gehen. Ein Weg wäre es, privates Kapital zu<br />
mobilisieren. In Österreich liegen über 300<br />
Milliarden Euro unverzinst auf Girokonten. Eine<br />
enorme Summe, die es zu aktivieren gilt.“ Auch<br />
wenn es aktuell genügend Förderungen gibt.<br />
Christian Oberkleiner verweist auf die Vielzahl<br />
an Möglichkeiten und nennt als Beispiel die<br />
Investitionsfreibeträge. Einziges Manko: „Die<br />
15 Prozent Förderung gibt es nur bis eine Million<br />
Euro Investment. Diese Deckelung gehört – nicht<br />
nur wegen der Inflation – erhöht.“<br />
Win-Win-Situation geschaffen<br />
„In Deutschland“, blickt Beck zu unserem<br />
Nachbarn, „gibt es über die bundeseigene<br />
Förderbank KfW Zuschüsse und zinsgünstige<br />
Darlehen für Sanierungsmaßnahmen. In Kombination<br />
mit einem Contracting-Modell wird<br />
„Die Digitalisierung ist<br />
auch bei der Stadt- und<br />
Quartiersentwicklung<br />
nicht aufzuhalten.“<br />
Karl Derfler,<br />
ADEQAT<br />
eine Win-Win-Situation geschaffen. In Österreich<br />
sind wir von einer derartigen Lösung<br />
meilenweit entfernt.“ Die Förderlandschaft sei<br />
viel zu stark fragmentiert.<br />
„Ich sehe ein großes Potenzial für Energiegemeinschaften.<br />
Gerade im Bereich Sanierung<br />
von Bestandsgebäuden, im Speziellen auch von<br />
Zinshäusern. In einer Energiegemeinschaft<br />
muss festgelegt werden, wie die erzeugte Energie<br />
zwischen den einzelnen Beteiligten aufgeteilt<br />
wird. Hier sind wir wieder beim Thema<br />
vernetzte Gebäude. Dank der Digitalisierung<br />
lässt sich das nun auch umsetzen“, so Körbler.<br />
„Das kann auch größer angedacht werden – im<br />
Innerstädtischen könnten ganze Blöcke zusammengeschlossen<br />
werden. Noch sind wir<br />
nicht so weit. Wir müssen uns aber große Ziele<br />
setzen“, appelliert die Digitalisierungsexpertin,<br />
ausgetrampelte Pfade zu verlassen. Ohne Eingriffe<br />
in das Eigentumsrecht sind diese großen<br />
Ziele nicht erreichbar, wenngleich diese Eingriffe<br />
sehr behutsam gesetzt werden sollten.<br />
Auf Österreich kommen Kompensationszahlungen<br />
in Milliardenhöhe zu, wenn die Klimaziele<br />
verfehlt werden. „Wäre es nicht sinnvoller,<br />
die Summe der drohenden Strafzahlungen<br />
als Förderungen auszuzahlen?“, fragt Beck in<br />
die Runde. „Damit könnte man milliardenschwere<br />
Investitionen auslösen.“ In einem ist sich die<br />
Runde einig: Die Klimawende wird Geld kosten.<br />
Dafür braucht es auch den gesellschaftspolitischen<br />
Konsens.<br />
Liegenschaftsübergreifende Planung<br />
„Bei der Quartiersentwicklung spielen sehr<br />
viele Faktoren zusammen, die man in ihrer<br />
gesamten Wirkung erfassen muss“, eröffnet<br />
Doris Schnepf, Mitbegründerin und Geschäftsführerin<br />
von Green4Cities, dem Kompetenzzentrum<br />
für urbane grüne Infrastruktur, die<br />
Diskussionsrunde der Gruppe B. Als Beispiel<br />
führt sie die Begrünung eines Quartiersprojekts<br />
an. „Man kann nicht einfach nur einen Platz<br />
oder die Fassade eines Gebäudes begrünen. Da<br />
braucht es eine liegenschaftsübergreifende<br />
Planung, unter anderem ein Mobilitätskonzept<br />
und ein nachhaltiges Energiekonzept. Ganz zu<br />
schweigen von den ‚großen Herausforderungen‘<br />
Finanzierung und Haftung.“<br />
Für Thomas Warmuth, RE Legal and Business<br />
Development bei der ERSTE Bank, macht den<br />
Erfolg eines Quartiers der richtige Nutzermix<br />
84 ImmoFokus
aus. „Sehr gut macht das die Wien 3420 aspern<br />
Development AG, sie lernt offensichtlich mit<br />
jeder Erweiterung der Seestadt Aspern dazu.“<br />
Die Herausforderung der Zukunft bei der Quartiersentwicklung<br />
steht für ihn fest: „Die Vermeidung<br />
von weiterer Bodenversiegelung.“<br />
Nachsatz: „Ich bin überzeugt, dass Nachverdichtung<br />
das Gebot der Stunde sein wird.“<br />
Auch Stefan Pasquali, Geschäftsführer Neubau<br />
bei der 3SI Immogroup, bekennt sich dazu, ein<br />
großer Fan der innerstädtischen Nachverdichtung<br />
zu sein. „Sie ist eine große Chance für die<br />
Zukunft.“ Über allem stehe bei der Quartiersentwicklung<br />
eine umfassende Planung und Erschließung.<br />
„Wenn das nicht von Anfang an<br />
passt, wird sich das auf das betreffende Quartier<br />
„Die<br />
Nachverdichtung ist<br />
eine große Chance<br />
für die Zukunft.“<br />
Stefan Pasquali,<br />
3SI Immogroup<br />
„Ich bin überzeugt, dass<br />
Nachverdichtung<br />
das Gebot der Stunde<br />
sein wird.“<br />
Thomas Warmuth,<br />
ERSTE Bank<br />
Das 1x1 der Immobilienbesteuerung<br />
auf optimal<br />
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<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
85
ImFokus<br />
auswirken.“ Wichtig sei es, ein offenes Ohr für<br />
die Wünsche und Bedürfnisse der künftigen<br />
Nutzer zu haben. „Man sollte ohne vorgefasste<br />
Meinung in die Diskussion mit ihnen gehen“,<br />
bringt es der Experte auf den Punkt.<br />
Kurze Wege und Serviceangebote<br />
„Mein Idealbild ist eine Stadt, die sich an den<br />
Bedürfnissen ihrer Bewohner orientiert“, sagt<br />
auch Aleksandra Dorninger-Potkonjak, Senior<br />
Project Manager bei CBRE Austria. „Mit kurzen<br />
Wegen und Serviceangeboten wie Bildung<br />
oder ‚Public Health‘ für alle Altersgruppen zu<br />
allen Tageszeiten.“ Dementsprechend müsse<br />
bei der Entwicklung von Stadtquartieren der<br />
„Mixed-Use“-Gedanke im Vordergrund stehen.<br />
Durch die Verbindung von Digitalisierung<br />
und Nutzer-Bewusstsein würden sich wiederum<br />
auch neue Geschäftsfelder ergeben.<br />
„Die Digitalisierung ist nicht nur bei der Stadtund<br />
Quartiersentwicklung nicht aufzuhalten“,<br />
„Mein Idealbild ist<br />
eine Stadt, die sich an<br />
den Bedürfnissen ihrer<br />
Bewohner orientiert.“<br />
Aleksandra Dorninger-Potkonjak,<br />
CBRE Austria<br />
meint auch Karl Derfler, Geschäftsführender<br />
Gesellschafter ADEQAT. Für den Immobilienund<br />
Investmentmakler unterscheidet ein gutes<br />
von einem schlechtem Quartiersprojekt, ob es<br />
gelingt, die soziale Frage zu lösen und den<br />
Menschen ein Heimatgefühl zu vermitteln.<br />
Dass seitens des Gesetzgebers Maßnahmen in<br />
Richtung Nachhaltigkeit verordnet werden,<br />
hält er für richtig. Da dies jedoch mit Kosten<br />
verbunden sei und sich Europa aktuell in einer<br />
Rezession befinde, habe er die Sorge, dass die<br />
wirtschaftliche Kraft für die Umsetzung fehle.<br />
Frühzeitig, gemeinsam planen<br />
Worauf kommt es bei der Quartiersentwicklung<br />
an? Man müsse frühzeitig und gemeinsam<br />
planen, sind sich die Experten der Gruppe C<br />
gleich zu Beginn der Diskussion einig. „Schließlich<br />
gibt es viel, was berücksichtigt werden<br />
muss“, sagt Robert Grüneis, Vorstand der Wien<br />
3420 aspern Development AG. Angefangen<br />
mit der Nutzungsart beziehungsweise dem<br />
86 ImmoFokus
-mix bis hin zu Energieinfrastruktur. „Die Kunst<br />
ist, mit Weitblick alle Beteiligten an einen Tisch<br />
zu bekommen, idealerweise drei bis fünf Jahre<br />
vor dem Baustart.“ Er persönlich, habe die<br />
Erfahrung gemacht, dass die Bereitschaft für<br />
den frühzeitigen Dialog durchaus gegeben ist.<br />
„Die besten Quartiersentwicklungen sind jene,<br />
welche die dörfliche Struktur einer Stadt bestmöglich<br />
nachahmen“, so Wolgang Fessl, Geschäftsführer<br />
Reinberg & Partner, auf die Frage<br />
von Moderator und ÖGNI-Geschäftsführer<br />
Peter Engert, was gute Quartiersentwicklung<br />
ausmacht. Letztlich gehe es darum, das organische<br />
Wachstum von Stadtteilen synthetisch<br />
nachzubilden. Nachsatz: „Eine Quartiersentwicklung<br />
gewinnt mit der Langsamkeit, dann<br />
kann man Fehler schon während des Planungsprozesses<br />
korrigieren.“<br />
Für Sabine Müller, value one holding AG, ist<br />
die Zukunft der Stadt „GRÜN, WEISS und BLAU.“<br />
„Idealerweise beginnt<br />
die gemeinsame<br />
Quartiersplanung drei bis<br />
fünf Jahre vor dem Baustart.“<br />
Robert Grüneis,<br />
Wien 3420 aspern Development<br />
Grün: großkronige Bäume spenden Schatten,<br />
liefert Verdunstungskühlung und filtern Schadstoffe<br />
aus der Luft. Blau: Bei Blue Buildings<br />
stehen die Nutzer eines Gebäudes im Zentrum,<br />
diese sollten sich im Gebäude wohlfühlen<br />
können. Hier ist die soziale, ökologische und<br />
auch ökonomische Nachhaltigkeit im gesamten<br />
Lebenszyklus von Bedeutung. Weiss: Mit<br />
hellen Farben für Gebäude, die weniger Wärme<br />
aufnehmen, rundet man die Nachhaltigkeit<br />
der Immobilie mittles Albedo Effekt ab (zusammen<br />
mit Dachbegrünung könnte die Methode<br />
laut Studie der ZAMG die Zahl der Hitzetage<br />
um 29 Prozent verringern.)<br />
Erfolgsfaktoren Grünraum<br />
und Architektur<br />
Nur ein Beispiel für eine gelungene Quartiersentwicklung<br />
in Wien ist sicher das Viertel Zwei, ist<br />
sich die Diskussionsrunde einig. Sabine Müller,<br />
Chief Innovation & Marketing Officer value one<br />
holding AG, führt das vor allem auf zwei Fakto-<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
87
ImFokus<br />
ren zurück: Einerseits wurde viel Wert auf<br />
Grünraum und die Erdgeschosszone gelegt und<br />
das Quartier als autofrei deklariert. Andererseits<br />
hat man auf gute Architektur gesetzt. „Spaziert<br />
man heute durch das Viertel Zwei so ist es noch<br />
immer qualitätsvoll anzuschauen“, meint Müller<br />
nur um hinzuzufügen: „Deshalb zahlen sich<br />
Architekturwettbewerbe aus.“<br />
Sind die Banken derzeit überhaupt bereit,<br />
Quartiersentwicklungen zu finanzieren, so eine<br />
weitere Frage Engerts. Karin Schmidt-Mitscher,<br />
Bereichsleitung Wohnbau bei der ERSTE Bank,<br />
bejaht, räumt aber gleichzeitig ein, dass es sicher<br />
schon einfacher war, zu einer Finanzierung zu<br />
kommen. „Regularien und Vorschriften lassen<br />
hier fast keinen Spielraum“, sagt sie und verweist<br />
auf Ausnahmen wie die Grundstücksbevorratung<br />
von gemeinnützigen Bauträgern, was ja<br />
ein gesetzlicher Auftrag sei. Durch künftige<br />
Regularien wie Basel IV werde das auch nicht<br />
besser. werden, da Grundstücksfinanzierungen<br />
mit noch mehr Kapital unterlegt werden müssten.<br />
„Das heißt, es wird nochmals erschwert,<br />
da die Aufsicht mehr Risikogehalt sieht“, so<br />
die Wohnbauexpertin der ERSTE Bank.<br />
Top-Priorität Nachhaltigkeit<br />
Markus Ray, Head of Competence Unit Digital<br />
Resilient Cities beim Austrian Institute of<br />
Technology (AIT), betont, wie wichtig es ist,<br />
möglichst früh in der Planung von Quartieren<br />
mit Instrumenten zu arbeiten, um evidenzbasiert<br />
und rasch auszuloten, was für einen Impact<br />
eine Maßnahme hat beziehungsweise haben<br />
„Die Zukunft der Städte<br />
ist GRÜN, WEISS und<br />
BLAU.“<br />
Sabine Müller,<br />
value one holding<br />
könnte. Da könne es unter anderem um Erreichbarkeiten<br />
beziehungsweise um Mobilität,<br />
Auswirkungen auf das Mikroklima, Energiebedarf<br />
und so weiter gehen. „Das ist auch für<br />
den notwendigen Dialog unter allen Stakeholdern<br />
wichtig“, so der Experte für Stadt- und<br />
Quartiersentwicklung in seinem Eingangsstatement<br />
in der Gruppe D.<br />
„Auch bei der technischen Masterplanung hat<br />
Nachhaltigkeit einen immer höheren Stellenwert“,<br />
weist Josefine Mochar, REC Teamleitung<br />
& Senior Consultant bei Drees & Sommer<br />
Österreich, auf das Thema hin, das aktuell bei<br />
der Quartiersentwicklung über allem steht.<br />
Dementsprechend geht sie davon aus, dass<br />
künftig auch bei neuen Stadtquartieren die<br />
Kreislaufwirtschaft eine wesentliche Rolle<br />
„Eine<br />
Quartiersentwicklung<br />
gewinnt mit der<br />
Langsamkeit.“<br />
Wolfgang Fessl,<br />
Reinberg & Partner<br />
spielen wird – frei nach der Devise „Cradle to<br />
Cradle“ auf allen Ebenen.<br />
Aber egal, wie man ein Quartier nun definiere,<br />
sowohl bei einem Wohn- als auch bei einem<br />
Gewerbequartier gehe es darum, dass sich die<br />
Nutzer wohlfühlen, da sie dort ja enorm viel Zeit<br />
verbringen würden. „In beiden Fällen geht es<br />
um ähnliche Entscheidungswege, nur in einem<br />
anderen Kontext gesehen“, hält Mochar fest.<br />
Idealbild: 15-Minuten-Stadt<br />
„Da Quartiere in einer Stadt nicht alleine lebensfähig<br />
sind, darf man keinesfalls Themen wie<br />
Mobilität und Erreichbarkeit aus den Augen<br />
verlieren“, so David Beran, Markenbotschafter bei<br />
IMMOunited, zu einem wesentlichen Punkt bei<br />
der Quartiers- und auch Stadtentwicklung. „In<br />
einem Quartier muss es möglich sein, gewisse<br />
Bedürfnisse zu erfüllen“, greift Ray den Gedanken<br />
auf und bringt das Konzept der 15-Minuten-Stadt<br />
ins Spiel. Dabei gehe es aber nicht ausschließlich<br />
um Mobilität. „Aber, ohne ins Auto steigen zu<br />
müssen dem Großteil seiner Bedürfnisse nachkommen<br />
zu können, hat schon eine ziemliche<br />
Qualität.“<br />
„Wegen dem Zinsanstieg<br />
sollte mehr Fokus auf die<br />
Einhaltung der steuerlichen<br />
Zinsabzugsregelungen<br />
gelegt werden.“<br />
Harald Galla,<br />
Leitner Leitner<br />
„Regularien und Vorschriften<br />
schränken den Spielraum<br />
der Banken bei der<br />
Quartiersfinanzierung ein.“<br />
Karin Schmidt-Mitscher,<br />
ERSTE Bank<br />
Stichwort Mobilität. Am Wiener Flughafen werden<br />
regelmäßig Untersuchungen über das Mobilitätsverhalten<br />
der rund 23.000 Menschen, die<br />
dort arbeiten, gemacht, wie Wolfgang Scheibenpflug,<br />
Geschäftsbereichsleiter Immobilien- und<br />
Standortmanagement bei der Flughafen Wien<br />
AG, erklärt. Das Ergebnis: Mittlerweile würde<br />
der Großteil der Leute mit den öffentlichen Verkehrsmitteln<br />
anreisen. Für andere, etwa Schichtarbeiter,<br />
die um drei Uhr Früh vom Nordburgenland<br />
nach Schwechat fahren müssen, sei das<br />
natürlich nicht möglich. Aber selbst unter ihnen<br />
88 ImmoFokus
hätten sich selbstständig Fahrgemeinschaften<br />
entwickelt. Andere wären wiederum branchenbedingt<br />
auf das Auto angewiesen.<br />
Erfolgsbeispiel AirportCity<br />
Die Wiener AirportCity zählt sicher zu den<br />
Musterbeispielen für gelungene Quartiersentwicklungen.<br />
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor des<br />
Standorts wären Einrichtungen, wie unter anderem<br />
Kindergärten, Ärztezentrum oder Konferenz-<br />
und Eventflächen, die dem gesamten<br />
Quartier dienen würden, so Scheibenpflug, der<br />
die AirportCity verantwortet. „Diese Angebote<br />
strahlen weit über das einzelne Projekt hinaus“,<br />
sagt er. Mit der Schaffung dieser Benefits und<br />
Einrichtungen gibt man sich am Flughafen jedoch<br />
nicht zufrieden. Vielmehr arbeite man daran,<br />
die 23.000 Leute in einer Community zusammenzufassen.<br />
Dafür habe man einen Community-<br />
Manager eingestellt, der unter anderem über<br />
regelmäßige Events und Veranstaltungen, aber<br />
auch den „AirportCity-Community-Verein“ oder<br />
die eigene App mit rund 2.500 (!) Followern<br />
unter den Mietern ein Gemeinschaftsgefühl<br />
schafft. Die Folge: Wie Untersuchungen bestätigen,<br />
sind Leerstand und Fluktuation in der<br />
AirportCity extrem niedrig.<br />
„Jedes Gebäude eines<br />
Grätzels sollte auch<br />
Aufgaben für seine<br />
Umgebung wahrnehmen.“<br />
Peter Engert,<br />
Ögni<br />
Nicht zur Diskussion steht unter den Diskussionsteilnehmern<br />
der Gruppe D, dass die Digitalisierung,<br />
sprich Ausprägungen wie Planungstools,<br />
Smart-Metering oder Apps, heute der springende<br />
Punkt bei Quartiersentwicklungen sind. „Auf<br />
Grundlage von Daten lassen sich besser Komplexitäten<br />
aufzeigen und lösen, Diskussionsprozesse<br />
starten und letztlich gute, nachvollziehbare<br />
Entscheidungen treffen“, so Ray. Das sei auch<br />
mit Hinblick auf Themen wie Nachhaltigkeit,<br />
Kreislaufwirtschaft und Ressourcenentwicklung<br />
wichtig. „Daten bieten eine Grundlage, die weniger<br />
angreifbar ist als ein Gefühl oder eine<br />
Vermutung“, fügt Drees & Sommer-Expertin<br />
Mochar hinzu und fasst dabei den Grundtenor<br />
der Diskussionsrunde gut zusammen.<br />
Hindernis DSGVO<br />
„Das Auswerten von Daten beziehungsweise<br />
daraus Schlüsse zu ziehen, ist ein ähnlich schwieriges<br />
Thema, wie die Gewinnung relevanter<br />
relevanter Daten an sich“, sagt Beran mit Hinblick<br />
auf den auch für erfolgreiche Quartiersentwicklungen<br />
notwendigen Datenaustausch. Dass in<br />
Von Umsatzsteuer bis Immobilienertragsteuer.<br />
Einfach Steuerberatung vom Feinsten.<br />
14 x in Österreich<br />
30 x in CEE & SEE<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
89<br />
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ImFokus<br />
diesem Zusammenhang die Datenschutz-<br />
Grundverordnung (DSGVO) ein Hindernis sein<br />
kann, will er gar nicht in Abrede stellen. Dennoch<br />
glaube er, dass bei der nachkommenden jüngeren<br />
Generation die Hemmschwelle geringer sei,<br />
persönliche Daten preiszugeben, wenn sie sich<br />
dadurch Vorteile im täglichen Leben erhoffe.<br />
Natürlich spiele es am Ende des Tages eine große<br />
Rolle, wer Zugang zu den betreffenden Daten<br />
haben möchte.<br />
„Ich glaube, dass wir zwar viele Daten haben –<br />
geht es aber um die Quartiersentwicklung und<br />
darum, eine Region nachhaltig lebenswert zu<br />
gestalten, fehlt oftmals der Zugang zu essenziellen<br />
Datenquellen“, sagt Ray, um im selben<br />
Atemzug darauf hinzuweisen, dass der traditionelle<br />
Planungsprozess an sich noch wenig<br />
digitalisiert ist. Ausbaufähig sei auch die frühzeitige<br />
Einbindung aller Stakeholder in die<br />
Planung. „Worum es wirklich geht, ist die<br />
notwendigen Daten zu haben, um von Anfang<br />
an in den Diskurs zu gehen, um gemeinsam<br />
Lösungen für verschiedene Fragestellungen zu<br />
finden“, so Ray.<br />
Energiebereich umfasst, sondern auch soziale<br />
Nachhaltigkeit, Verwendung von Baustoffen<br />
oder Freiraumbegrünung. Aus seiner Erfahrung<br />
kennt er die Herausforderung, dass Quartiersentwicklung<br />
in den letzten Jahren immer komplexer<br />
und teurer geworden ist.<br />
ÖRAG-Vorstand Johannes Endl betont wiederum,<br />
dass der psychologische Aspekt der Quartiere<br />
nicht vernachlässigt werden darf. „Der Mensch<br />
ist ein soziales Wesen, das auf die Anziehungskraft<br />
eines Quartiers reagiert. Das Wohlfühlen<br />
ist aber schwer planbar, das sieht man meist erst<br />
im Nachhinein.“ Als schlechtes Beispiel nennt<br />
er die Donau City, wo man auf die Fußgänger<br />
vergessen habe und das Quartier nur auf die<br />
Autofahrer ausgerichtet ist. Ganz anders habe<br />
er das Viertel Zwei erlebt. „Sowohl ich als auch<br />
alle Mitbewerber haben sich von den damaligen<br />
sozialen Verhältnissen und den sechsstöckigen<br />
Gemeindebauten abschrecken lassen. Das war<br />
übrigens auch beim Hauptbahnhof so, hier<br />
haben alle viel zu konservativ gedacht.“ Für ihn<br />
ist ein gesamtheitlicher Ansatz wichtig. „In<br />
beiden Quartieren sind die Erdgeschosszonen<br />
wesentlich besser als in der Donau City. Das<br />
erzeugt eine urbane Qualität, die auf den ersten<br />
Blick nichts für den Ertrag einspielt.“ Urbanität<br />
sei immer subjektiv und verändere sich über<br />
die Jahre. „Es ist die Aufgabe des Entwicklers,<br />
mehr zu tun als die Auflagen verlangen.“ Darum<br />
sei das Viertel Zwei auch ein Herzeige-Projekt,<br />
„Wir alle sind Stadt“<br />
„Grundlage jeder Quartiersentwicklung ist, die<br />
Stadt und die Bedürfnisse der zukünftigen Bewohner<br />
zu kennen. Wichtig sind der richtige<br />
Mix und die gute Durchmischung der Nutzungsarten<br />
wie Wohnen, Arbeiten, Gewerbe“, eröffnet<br />
Andreas Holler, Geschäftsführer der BUWOG,<br />
die Diskussion in der Gruppe B. Frei nach der<br />
Devise: „Wir alle sind Stadt!“ Über allem steht<br />
das Thema Nachhaltigkeit, das nicht nur den<br />
„Ein Erfolgsfaktor bei<br />
Quartiersentwicklungen<br />
sind Einrichtungen,<br />
die dem gesamten<br />
Quartier dienen.“<br />
Wolfgang Scheibenpflug,<br />
Flughafen Wien AG<br />
„Daten bieten eine<br />
Grundlage, die weniger<br />
angreifbar ist als<br />
ein Gefühl oder eine<br />
Vermutung.“<br />
Josefine Mochar,<br />
Drees & Sommer Österreich<br />
90 ImmoFokus
für das allerdings auch Geld in die Hand genommen<br />
werden musste. Die Entwickler hätten<br />
mittlerweile ein Bewusstsein dafür entwickelt,<br />
nachhaltige und langfristig verwertbare Infrastruktur<br />
zu schaffen: „Es ist das Bewusstsein der<br />
Verantwortlichen gestiegen.“<br />
Seestadt: besondere Urbanität<br />
Igor Beuk, Key Account Manager IMMOunited,<br />
findet, dass für eine gute Quartiersentwicklung<br />
auch die politischen Rahmenbedingungen<br />
maßgeblich sind. „Im zweiten Bezirk gab es vor<br />
15 Jahren noch triste soziale Zustände, doch<br />
durch die neue WU sind die Preise um fast 50<br />
Prozent gestiegen“, sagt er. Peter Karl, CEO der<br />
ERSTE Immobilien KAG, wendet als einer der<br />
ersten Investoren der Seestadt ein, dass dort<br />
eine besondere Art der Urbanität geschaffen<br />
wurde, die man nicht mit einem klassischen<br />
gewachsenen Stadtviertel vergleichen darf.<br />
Die Seestadt ist für Karl kein Beispiel für Nachhaltigkeit<br />
in dem Sinne, dass Bestehendes genutzt<br />
wurde, , denn sie ist auf die grüne Wiese gestellt<br />
worden und die U-Bahn musste erst hingeführt<br />
werden. „Nachhaltig sind aber viele Konzepte,<br />
die dort umgesetzt werden, wie beispielsweise<br />
im Zusammenhang mit Mobilität oder auch<br />
eines lokalen Angebots an Dienstleistungen.<br />
Die Entwicklung eines Brown-Fields wie am<br />
Nordbahnhof oder Nordwestbahnhof ist da<br />
wegen der zentralen Lagen und der sinnvollen<br />
Nachnutzung bestehender verbauter Flächen<br />
aus Nachhaltigkeitssicht wahrscheinlich noch<br />
interessanter.“ Matthias Ratheiser, Geschäftsführer<br />
Weatherpark, hat bei drei städtebaulichen<br />
Wettbewerben in Wien, Wiener Neustadt und<br />
Innsbruck gemerkt, worauf es Entscheidern<br />
wirklich ankommt. „In den Jurys wird die Vorprüfung<br />
oft weggewischt und nur über den<br />
Städtebau gesprochen, den Eigentümervertretern<br />
ist wiederum nur die Verwertbarkeit wichtig.<br />
Für die Bewohner wichtige Themen wie Qualität<br />
der Freiflächen oder Lärmschutzmaßnahmen<br />
fallen da oft unter den Tisch.“ Aber auch in den<br />
Bestandsvierteln werde die Freiraumqualität<br />
immer wichtiger. „Immer mehr Menschen<br />
„Daten auszuwerten<br />
ist ein ähnlich<br />
schwieriges Thema,<br />
wie überhaupt<br />
relevante Daten zu<br />
bekommen.“<br />
David Beran,<br />
IMMOunited<br />
wollen mittlerweile mehr als die klassische Straße<br />
mit Gehsteig, Parkstreifen, Fahrbahn, Parkstreifen<br />
und wieder Gehsteig“, so der Weatherpark-<br />
Experte. Aus seiner Arbeit weiß er, dass es in<br />
der Gründerzeit in Wien statistisch gesehen nur<br />
alle zehn Jahre eine Hitzewelle gab, jetzt gibt es<br />
jedes Jahr langdauernde Hitzewellen. „Daher<br />
gehen die Leute auch öfter ins Freie und wollen<br />
den Straßenraum erleben, vor 100 Jahren war<br />
niemand draußen, denn da war es kalt.“ Wesentlich<br />
sei dabei ein selektiv gestalteter Freiraum,<br />
der zu allen Jahreszeiten seine Qualitäten habe.<br />
„Im Sommer gibt es Schatten, in den Übergangsjahreszeiten<br />
kann man die Sonne genießen, es<br />
gibt Bereiche, in denen man je nach Wetterlage<br />
vor Regen geschützt ist.“ Für ihn ist vor allem<br />
die Attraktivität am Boden wichtig, „die Fassadenbegrünung<br />
ist oft nur nettes Beiwerk“.<br />
„Wichtig ist es, bei der<br />
Quartiersentwicklung<br />
möglichst früh auszuloten,<br />
was für einen Impact eine<br />
Maßnahme haben könnte.“<br />
Markus Ray,<br />
Austrian Institute of Technology<br />
Wien: 15-Minuten-Stadt umgesetzt<br />
Für Peter Karl ist die Idee der 15-Minuten-Stadt<br />
schon längere Zeit präsent, vor allem aus Gründen<br />
der Nachhaltigkeit. „In Wien ist die 15-Minuten-Stadt<br />
meistens umgesetzt, hier sind die<br />
meisten notwendigen Infrastruktureinrichtungen<br />
in kurzer Distanz erreichbar.“ Bei Neuentwicklungen<br />
ist das für ihn ein absolut zukunftsweisendes<br />
Konzept, um die Mobilität besser in<br />
den Griff zu bekommen. Heute ist auch das<br />
Bwusstsein über die Ressourcenknappheit dazugekommen.<br />
„Die Zukunft wird in den Städten<br />
stattfinden, denn es ist nicht besonders nachhaltig,<br />
wenn man viel Zeit und Energie für die<br />
Mobilität aufwenden muss.“ Er bemerkt bei<br />
vielen Menschen nach der Familiengründung<br />
aber immer noch den Reflex „Hinaus aus der<br />
Stadt“. Für ihn müsste die Stadt stärker mit<br />
ihren Qualitäten überzeugen. „Es gilt, die Vorzüge<br />
des Landes auch in der Stadt zu schaffen. Wenn<br />
es grün und nett ist, wollen die Leute eher bleiben,<br />
und wenn noch Gastronomie da ist, bleiben<br />
die Leute auch noch sitzen.“ Für Andreas Holler<br />
ist hier auch die Politik gefordert, ohne die eine<br />
Quartiersentwicklung nicht möglich ist: „Es<br />
braucht regulatorische Maßnahmen, denn eine<br />
ideale Quartiersentwicklung ist heute sowohl<br />
wirtschaftlich als auch technologisch noch<br />
Utopie.“ Dem pflichtet Peter Karl bei, ergänzt<br />
aber, dass eine Quartierentwicklung in Zukunft<br />
nicht nur heißen kann, etwas Neues hinzustellen,<br />
sondern auch den Bestand verbessern sollte.<br />
„Wenn man es zu Ende denkt, dürften die Westeuropäer<br />
eigentlich überhaupt keine Ressourcen<br />
mehr verbrauchen und müssten das weiternut-<br />
Von Grunderwerbsteuer bis Immobilienfonds.<br />
Einfach Steuerberatung vom Feinsten.<br />
14 x in Österreich<br />
30 x in CEE & SEE<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
91<br />
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ImFokus<br />
„Gut gemeinte,<br />
aber übertriebene<br />
Vorschriften<br />
müssen hinterfragt<br />
werden.“<br />
Johannes Endl,<br />
ÖRAG<br />
„Für eine gute<br />
Quartiersentwicklung<br />
sind die politischen<br />
Rahmenbedingungen<br />
maßgeblich.“<br />
Igor Beuk,<br />
IMMOunited<br />
„Grundlage der<br />
Quartiersentwicklung<br />
ist, die Stadt und<br />
die Bedürfnisse der<br />
Bewohner zu kennen.“<br />
Andreas Holler,<br />
BUWOG<br />
zen, was da ist.“ Für ihn ist aber auch die Leistbarkeit<br />
ein entscheidendes Thema. „Die Kosten<br />
steigen an allen Ecken und Enden und wir<br />
wollen Nachhaltigkeit und Qualität schaffen,<br />
gleichzeitig soll es leistbar bleiben.“<br />
Viel Potenzial im Altbestand<br />
BUWOG-CEO Holler sieht in den alten Beständen<br />
ein riesiges Potenzial: „Der größte Hebel für die<br />
Nachhaltigkeit ist, die Bestände einer Stadt<br />
energetisch fit zu machen. Das wird großer<br />
Anstrengungen und innovativer Lösungen<br />
bedürfen, vor allem, um aus den fossilen Brennstoffen<br />
herauszukommen.“ Auch hier brauche<br />
„Es gilt in der<br />
Stadtentwicklung,<br />
die Vorzüge des<br />
Landes auch in der<br />
Stadt zu schaffen.“<br />
Peter Karl,<br />
ERSTE Immobilien KAG<br />
es die Unterstützung der Politik, „denn mit<br />
gedeckelten Richtwertmieten wird das nicht zu<br />
finanzieren sein“.<br />
Johannes Endl verweist auf die demografische<br />
Entwicklung: „Die Gesellschaft wird immer<br />
älter. Die Älteren haben jetzt schon durchschnittlich<br />
mehr Wohnfläche als die Jungen<br />
zur Verfügung.“ Für ihn müssen aber auch die<br />
zwar gutgemeinten, aber übertriebenen und<br />
übers Ziel hinausschießenden Vorschriften<br />
dringend hinterfragt werden: „Muss jede Wohnung<br />
100 Prozent behindertengerecht sein<br />
oder genügt ein gewisser Prozentsatz?“ Man<br />
„Aufgrund des<br />
Temperaturanstiegs<br />
wollen die Menschen<br />
heute öfter im<br />
Freien sein.“<br />
Matthias Ratheiser,<br />
Weatherpark<br />
müsste die Menschen auch dazu motivieren,<br />
mobiler zu sein: „Wenn die Kinder ausgezogen<br />
sind, muss man doch nicht in einem viel zu<br />
großen Einfamilienhaus bleiben.“ Das sieht er<br />
aber auch im Bürosektor: „Coole Standorte wie<br />
der Hauptbahnhof haben Wartelisten. Für<br />
gleichgute Objekte, die aber nicht in den Brennpunkten<br />
liegen, findet man schwer Mieter. Da<br />
spielt viel Prestige mit.“<br />
Igor Beuk ist von der dynamischen Zeit, in der<br />
wir leben, fasziniert: „Vor dreißig Jahren war<br />
alles noch entspannter. Bei uns wird von der<br />
15-Minuten-Stadt gesprochen, gleichzeitig wird<br />
in Saudi-Arabien ‚The Line‘ gebaut. Interessant<br />
wird sein, wo es in den nächsten zehn bis 20<br />
Jahren hingehen wird, weil es so viele verschiedene<br />
Themen gibt.“ Hier liegt für ihn der<br />
wirkliche Gestaltungsspielraum für die junge<br />
Generation der Entwickler. „Schon Henry Ford<br />
sagte, als man ihn fragte, was die Menschen<br />
wollen: Schnellere Pferde!“<br />
Rettung durch Bestandssanierung<br />
Auch für Peter Karl ist jedenfalls die nachhaltige<br />
Energienutzung ein großes Zukunftsthema. „Es<br />
gibt jetzt schon Technologien, bei denen Neubauten<br />
so viel Energie produzieren, dass sie den<br />
Bestand in der Nachbarschaft mitversorgen.“<br />
Das Klima kann für ihn nur durch die Sanierung<br />
des Bestands gerettet werden, nicht durch den<br />
Neubau. Holler ergänzt, dass sich die Entwickler<br />
auch mit dem Thema Digitalisierung auseinandersetzen<br />
müssten. „Das beginnt schon bei<br />
92 ImmoFokus
der Errichtung, geht aber im Betrieb weiter, zum<br />
Beispiel bei der Wartungssteuerung. Nachhaltigkeit<br />
ohne Digitalisierung wird es nicht geben.“<br />
Für ihn wird in Zukunft das Thema „Wie wir<br />
bauen“ aber immer stärker in den Vordergrund<br />
rücken. „Das wird modulares Bauen genauso<br />
wie Vorfertigung sein. Damit können sowohl<br />
Nachhaltigkeit wie auch Leistbarkeit erreicht<br />
werden.“ Er sieht aber auch das Bewusstsein bei<br />
den Nutzern und den Errichtern steigen: „Früher<br />
ist alles über den Preis gegangen, heute schaut<br />
man auch auf den energetischen Verbrauch<br />
oder die Nachhaltigkeit.“ ÖRAG-Vorstand Endl<br />
kann dem nur zustimmen: „Wir müssen weg<br />
davon, dass jedes Haus ein Einzelstück und<br />
Prototyp ist. Nur so werden die Kosten in den<br />
Griff zu bekommen sein.“ Für Karl ist es vor<br />
allem eine Herausforderung, genau die Qualitäten<br />
herzustellen, die notwendig sind, damit<br />
sich die Menschen in den Städten und Quartieren<br />
wohlfühlen. Wobei es aber Lösungen sein<br />
müssen, die am Ende finanzierbar sind. „Nur<br />
Projekte für eine ausreichend zahlungskräftige<br />
Klientel zu bauen, wird die Stadt und die Umwelt<br />
nicht retten, es müssen Projekte sein, die in der<br />
Breite funktionieren.“<br />
Vom Bauherren- bis zum Vorsorgemodell.<br />
Einfach Steuerberatung vom Feinsten.<br />
14 x in Österreich<br />
30 x in CEE & SEE<br />
<strong>Ausgabe</strong> 04|<strong>2023</strong><br />
93<br />
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Zum Autor<br />
Dipl.-Kfm. Frank Brün FRICS ist Managing Partner bei Phorus<br />
Management und Gründungsvorsitzender der AREAMA -<br />
Austrian Real Estate Asset Management Association.<br />
Die Zeiten ändern sich auch ohne Dich<br />
Kommentar: Frank Brün<br />
Autos und ihre Fahrer sind für Klischees immer gut. Wer kannte<br />
früher nicht die Mercedes-Fahrer, oft mit Hut und Mantel, dauerhaft<br />
auf der linken Spur fahrend – die aus Deutschland sogar mit gehäkeltem<br />
Klorollenüberzug in der Heckablage (ist aber wirklich schon<br />
länger her). Oder die 3er-BMW-Fahrer, häufig vom Land gemäß der<br />
Erkenntnis: breite Reifen – schmal denken. Ihr natürliches Habitat ist<br />
die Landstraße, immer wieder an der hinteren Stoßstange des Vordermanns<br />
klebend. Diese wurden mittlerweile von Tesla-Fahrern abgelöst:<br />
super ökologisch und zackig unterwegs, das wanky Handy in der Hand,<br />
Augen nicht wo sie hingehören und im Stadtverkehr immer für ein<br />
Rennen zwischen den Ampeln zu haben. Ganz zu schweigen von den<br />
in Wien immer häufiger aufscheinenden SUVs aus ehemaligen Sowjet-<br />
Republiken, meist fabrikneu, vulgär adipös mit Monsterkühlern und<br />
Lenkern im besten wehrfähigen Alter, die einem gerne zeigen, wie man<br />
so nice an der Ampel auf Lock einen wegbeschleunigt.<br />
Kurz vor Corona, also wieder nicht ganz so lange her, tauchte zum<br />
ersten Mal der Begriff „Flugscham“ auf und machte schnell die Runde.<br />
Menschen, sich des Problems des Klimawandels und dessen Gefahren<br />
durchaus bewusst, flogen heimlich einfach weiter und nicht einmal<br />
der schmerzhaft juckende Reiz eines Selfie-Posts mit der roten Austrian-Schokolade<br />
beim Landeanflug in der Hand konnte die Scham<br />
überwinden. Die umweltfreundlichere Alternative dazu heißt mittlerweile<br />
„Zugstolz“: beispielsweise mal so richtig gepflegt im Rail Jet zur<br />
ExpoReal nach München gleiten. Dabei der Gemeinde auf LinkedIn mit<br />
epischen Texten und authentischem Beweisfoto ausführlich berichten,<br />
warum das nun das einzig wahre Maß der Dinge sei und was einen<br />
letztendlich dazu bekehrt hat. Während der Fahrt dann ein Bericht<br />
auf Insta an die private Fan-Crowd über die vielen weißen Spritzer, die<br />
g‘schmackigen Leberkässemmerln und die lieben Kollegen, live aus<br />
dem Bordrestaurant.<br />
Auf der Immobilienmesse in München angekommen, ging es wieder<br />
hoch her. Während die deutschen Kollegen, bescheiden wie sie nun<br />
mal sind, schon länger kleinere Brötchen backen, deuteten die hiesigen<br />
Marktteilnehmer ab dem zweiten weißen Spritzer, so gegen späten<br />
Mittag, geheimnisvoll an, wie leiwand groß ihre Semmeln schon in<br />
den nächsten Wochen werden können würden. Ein paar Spritzer später<br />
hätte ein aufmerksamer Zuhörer schon den Eindruck haben können,<br />
dass die eine oder andere zu verwendende Zutat für die Supersemmel<br />
noch nicht ganz gefunden sei, und, geschweige denn, wenn überhaupt,<br />
verfügbar sein würde. Wiederum noch ein paar mehr Spritzer später<br />
konnte man heraushören, dass der Backofen – auch beim besten Willen<br />
– immer noch nicht so richtig heiß genug werden will.<br />
Zurück in Wien wird es im Oktober endlich wieder Herbst: Schon die<br />
ersten Lebkuchen wurden beim Hofer gesichtet, die Laubbläser kehren<br />
aus dem Süden nach Ostösterreich zurück und Forscher haben herausgefunden,<br />
dass Menschen, die freitags früher mit der Arbeit aufhören,<br />
mehr vom Wochenende haben. O tempora, o mores!<br />
Fotos: Stephan Huger, Adobe Stock<br />
94 ImmoFokus
Advertorial<br />
Immobilie inklusive Inventar<br />
Nebenkostenposition Grunderwerbsteuer. Genaue Abgrenzung erforderlich.<br />
D<br />
er Kauf einer Immobilie unterliegt<br />
der Grunderwerbsteuer<br />
(in der Regel 3,5 Prozent von der<br />
Gegenleistung). Der separate<br />
Kauf von Einrichtungsgegenständen oder<br />
Maschinen unterliegt nicht der Grunderwerbsteuer.<br />
Strittig kann die grunderwerbsteuerliche<br />
Behandlung sein, wenn eine möblierte<br />
Wohnung oder ein Betriebsgebäude mit Inventar<br />
erworben werden.<br />
Möblierte Eigentumswohnung<br />
Verkauft wurde eine Wohnung inklusive<br />
Einbauschränke, maßgefertigte Möbel, Glasschiebetüren,<br />
Waschbecken, Badewannen,<br />
Toiletten, verbautem Tresor, Durchlauferhitzer<br />
und Alarmanlage. Der Käufer war<br />
der Meinung, dass nur die Immobilie, nicht<br />
aber das Inventar der Grunderwerbsteuer<br />
unterliegt. Laut Erkenntnis des BFG (BFG 3.<br />
5. <strong>2023</strong>, RV/7101546/2019) sind insbesondere<br />
eingebaute Wandschränke, aufgemauerte<br />
Kachelöfen und mit der Wand verbundene<br />
Armaturen unselbständige Bestandteile der<br />
Immobilie und unterliegen der Grunderwerb-<br />
steuer. Maßangefertigte Möbelstücke (zum<br />
Beispiel Einbaumöbel, Einbauküche), die ohne<br />
wirtschaftliche Beeinträchtigung entfernt<br />
werden können, sind keine unselbständigen<br />
Bestandteile, sondern als Zubehör zu qualifizieren.<br />
Badezimmer, Toiletten sowie Kücheneinrichtungen<br />
sind nach der Rechtsprechung<br />
nicht nur den individuellen Bedürfnissen des<br />
Eigentümers gewidmet, sondern dienen der<br />
fortdauernden Benützung der Wohnung.<br />
Dieses Zubehör unterliegt daher ebenfalls der<br />
Grunderwerbsteuer.<br />
Halle inklusive Ausstattung<br />
Qualifiziert ein Gegenstand als Zubehör, so<br />
unterliegt er nach § 2 Abs 1 Z 1 GrEStG dennoch<br />
nicht der Grunderwerbsteuer, wenn es<br />
sich um eine Maschine oder sonstige Vorrichtung<br />
einer Betriebsanlage handelt. So gehört<br />
zum Beispiel das Hotelinventar zur Betriebsanlage<br />
Hotel und damit nicht zum Gebäude<br />
und unterliegt daher nicht der Grunderwerbsteuer.<br />
Im vorliegenden Fall (BFG 17. 5. <strong>2023</strong>,<br />
RV/5100382/2021) war strittig, ob bei einer<br />
Halle, die für ein Unternehmen im Bereich<br />
Metalltechnik genutzt werden soll, die Klimaanlage<br />
und die Übergabestation Geothermie<br />
als Betriebsanlage qualifizieren. Das BFG entschied,<br />
dass dieses Inventar nicht zur unmittelbaren<br />
betrieblichen Nutzung für ein Unternehmen<br />
im Bereich Metalltechnik qualifiziert.<br />
Es dient dazu, eine den gesundheitlichen und<br />
klimatischen Erfordernissen entsprechende<br />
Nutzung des Gebäudes zu ermöglichen. Dies<br />
gilt unabhängig davon, zu welchem Zweck<br />
das Gebäude genutzt wird. Der Mitkauf dieses<br />
Inventars unterlag daher ebenfalls der Grunderwerbsteuer.<br />
Zu beachten ist, dass neben der GrESt in der<br />
Regel auch die Eintragungsgebühr von 1,1 Prozent<br />
ins Grundbuch von der gleichen Bemessungsgrundlage<br />
berechnet wird. Eine genaue<br />
Analyse ist daher ratsam.<br />
Fotos: AdobeStock, Michael Königshofer<br />
www.leitnerleitner.com<br />
+43 1 718 98 90-532<br />
harald.galla@leitnerleitner.com<br />
A 1040 Wien, Schwarzenbergplatz 14<br />
Harald Galla,<br />
Wirtschaftsprüfer und Steuerberater bei<br />
LeitnerLeitner Wien. Er ist spezialisiert auf<br />
Immobilientransaktionen.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
95
Zum Autor<br />
Louis Obrowsky ist Präsident des Verbandes der Institutionellen<br />
Immobilieninvestoren und Geschäftsführer der LLB<br />
Immo Kapitalanlagegesellschaft.<br />
Wir befinden uns in einem Teufelskreis!<br />
Kommentar: Louis Obrowsky<br />
Österreich wächst und Wien wächst noch wesentlich stärker. Seit<br />
kurzem hat Wien wieder die Schallmauer von zwei Millionen Einwohnern<br />
durchbrochen und alle wollen verständlicherweise wohnen. Da<br />
kommt der Einbruch in der Immobilienwirtschaft gerade zur Unzeit.<br />
Es werden in den nächsten Jahren viel weniger Wohnungen gebaut als<br />
benötigt werden. Das passiert aber nicht aus Jux und Tollerei der Immobilieninvestoren,<br />
sondern weil das Bauen kaum mehr finanzierbar<br />
ist. Das beruht auf einer Vielzahl von Aspekten; dazu zählen die hohe<br />
Zinslandschaft, die Inflation, die überhohen Lohnabschlüsse sowie der<br />
immer wiederkehrende Eingriff der Politik in diese Geschehen.<br />
Über einen Zeitraum von vielen Jahren war man es gewohnt, dass sich<br />
aufgrund der geringen Steigerung des VPI auch die Mieten nur moderat<br />
erhöhten. Die aktuellen wirtschaftlichen Entwicklungen haben aber<br />
aufgrund des stark gestiegenen VPI auch die Mieten stärker ansteigen<br />
lassen. Dabei wird leider von der Politik – aber auch von den Mietern<br />
– völlig ausgeblendet, dass die gesetzlich vorgeschriebene Index-Anpassung<br />
der Mieten ausschließlich der Wertsicherung der Mietverträge<br />
dient und nicht, dass sich Wohnungs- beziehungsweise Hausbesitzer<br />
zusätzlich „bereichern“. Immobilien sind langlebige Güter, bei diesen<br />
kann nicht von einem auf das andere Jahr gedacht werden, da muss<br />
langfristig geplant werden. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber<br />
diese Wertsicherung auch eingeführt, um Investitionen zum Erhalt<br />
des Hauses überhaupt erst möglich zu machen. Und jetzt kommt die<br />
nächste politische Unsachlichkeit: die Mietpreisbremse. Man diskutiert<br />
sogar, die Indexierung der freien Mieten, welche in Wien lediglich<br />
sieben(!) Prozent der Wohnungen betreffen, zu begrenzen. Damit wird<br />
der private Wohnungsbau, welcher ohnedies schon auf die Hälfte reduziert<br />
wurde, komplett zum Erliegen kommen und das energetische<br />
Sanieren wird noch mehr erschwert werden. Auch wenn dieser Unfug<br />
voraussichtlich, so wie in Deutschland, vom Verfassungsgerichtshof<br />
aufgehoben werden wird, dauert es noch Jahre, bis sich dieser Sektor<br />
wieder erholt hat. Von Immobilien-Eigentümern erwartet man, dass<br />
sie das so akzeptieren und gleichzeitig in die Gebäude enorme Summen<br />
investieren, um den von der Regierung vorgegebenen Zeitplan<br />
der Klimaneutralität auch erfüllen zu können. Das kann sich so nicht<br />
ausgehen! Weder finanziell aufgrund populistischer Regularien noch<br />
legistisch oder praktisch. Legistisch, weil bis heute zum Beispiel das<br />
Mietrechtsgesetz dem Eigentümer keine Möglichkeit gibt, in den Wohnungsbestand<br />
einzugreifen, um nötige Umbauten vorzunehmen, sofern<br />
der Mieter oder die Mieterin dies nicht wollen. Und praktisch, weil sich<br />
ganz grundsätzlich die Frage stellt: Wie soll man eigentlich energetisch<br />
sanieren? Mit welcher Technologie schafft man es, ein Zinshaus mit<br />
vielen Wohnungen mit den vorhandenen Gasetagenheizungen umzurüsten?<br />
Wäre es da nicht wesentlich besser, zuerst einmal die technologische<br />
Entwicklung zu klären und erst anschließend festzulegen, bis<br />
wann was zu erfolgen hat? Das ist jedoch nicht so gern gesehen, denn<br />
Politiker möchten jetzt sofort als „Macher“ dastehen. So aber befinden<br />
wir uns in einem Teufelskreis. Immobilieninvestoren sollen sofort etwas<br />
tun, das technische „Wie“ sowie der finanzielle Aufwand sind aber<br />
ungeklärt. Es wird Jahre dauern, bis sich der Immobilien-Sektor wieder<br />
erholt hat. Denn von der Baubewilligung bis zur Fertigstellung vergehen<br />
Jahre. Aber welchen Politiker interessiert dies in einem Wahljahr?<br />
Foto: Adobe Stock<br />
96 ImmoFokus
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong> 97<br />
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Bewertung<br />
ImFokus<br />
Quartiersentwicklung<br />
Die Königsdisziplin<br />
der Projektentwicklung<br />
Jetzt ist schon wieder was passiert. So beginnen nicht nur Brenner Krimis, sondern immer öfter auch<br />
die Nachrichten. 2,2 Millionen Menschen zusammengepfercht auf einem Küstenstreifen mit einer Fläche<br />
deutlich kleiner als Wien, das kann langfristig nicht gutgehen. Umgeben auf der einen Seite vom Mittelmeer,<br />
auf der anderen von einer hohen Mauer, kein eigenes Trinkwasser, keine eigene Stromerzeugung und keine<br />
Telekomeinrichtungen. Regiert von ein paar terroristischen Despoten, Weihnachten stellt man sich anders vor.<br />
Kolumne: Wolfgang M. Fessl<br />
D<br />
as ist das Gute an der Immobilienbranche:<br />
Man kann aus<br />
jeder Situation etwas lernen,<br />
im Zweifelsfall, wie etwas<br />
nicht funktioniert.<br />
Die Quartiersentwicklung ist seit jeher die Königsdisziplin<br />
der Projektentwicklung, geht es<br />
doch darum, eine lebenswerte Umgebung für<br />
eine Vielzahl von Menschen zu gestalten. Dazu<br />
gehört neben dem eigentlichen Wohn- und<br />
damit Lebensraum auch die Entwicklung von<br />
Grünflächen, die Schaffung von Infrastruktur<br />
wie Schulen, Kindergärten und Verkehrswegen,<br />
die Integration von sozialen Einrichtungen<br />
und die Schaffung von Arbeitsplätzen.<br />
In der Regel stellt eine organisch gewachsene,<br />
dörfliche Struktur das Vorbild dar, das es mit<br />
den Methoden der modernen Stadtentwicklung<br />
nachzubilden gilt. Zu oft schon wurde<br />
versucht, die perfekte Struktur eines Quartiers<br />
auf dem Papier zu entwerfen, das hat noch nie<br />
funktioniert. Das ist ähnlich wie bei Marktplätzen,<br />
oder Markthallen, die lassen sich auch<br />
nicht synthetisch nachbilden. Ein Marktplatz<br />
entsteht als kleine Zelle an jenem Platz, der<br />
die besten Bedingungen für den Handel bietet,<br />
und wächst dann organisch weiter.<br />
Auch eine möglichst schnelle, durch Finanzierungsdruck<br />
getriebene Realisationsphase<br />
birgt ein hohes Risiko. Die besten<br />
Ergebnisse erzielen Quartiersentwicklungen,<br />
die längere Zeit bis zur Fertigstellung<br />
benötigen, weil dort Fehler, die unterwegs<br />
98 ImmoFokus
Foto: Adobe Stock<br />
immer wieder passieren, jeweils vor der<br />
nächsten Etappe bereits wieder korrigiert<br />
werden können. Freilich ist ein langer Umsetzungszeitraum<br />
kein Garant für den Erfolg.<br />
In Brasilia, der synthetischen Hauptstadt<br />
von Brasilien, hat die Umsetzung etwa<br />
50 Jahre gedauert und für die Belebung war<br />
es dennoch notwendig, die Beamten zur<br />
Übersiedlung zu zwingen, weil niemand<br />
aus Rio de Janeiro in die 1000 Kilometer<br />
entfernte neue Hauptstadt ziehen wollte.<br />
Im Zuge der Realisationsphase müssen die<br />
unterschiedlichsten Interessen und Bedürf-<br />
nisse berücksichtigt werden, um ein wirklich<br />
nachhaltiges Quartier zu schaffen. Eine<br />
erfolgreiche Quartiersentwicklung zeichnet<br />
sich letztendlich durch eine hohe Lebensqualität,<br />
eine gute soziale Durchmischung, eine<br />
nachhaltige Infrastruktur und letztendlich<br />
durch eine starke Identifikation der Bewohner<br />
mit ihrem Viertel aus.<br />
Daher lässt sich auch gut erkennen, wenn wir<br />
wieder an den schmalen Küstenstreifen in<br />
Nahost denken, wie das Zusammenleben von<br />
Menschen seit etwa 50 Jahren nicht funktionieren<br />
kann…<br />
Wolfgang M. Fessl<br />
Wolfgang M. Fessl ist Geschäftsführer<br />
bei Reinberg & Partner. Insgesamt<br />
verfügt er über mehr als 20<br />
Jahre Erfahrung im nationalen und<br />
internationalen Immobiliengeschäft.<br />
Fessl ist allgemein beeideter und<br />
gerichtlich zertifizierter Sachverständiger,<br />
Immobilientreuhänder<br />
(Makler), Member der Royal Institution<br />
of Chartered Surveyors (RICS),<br />
zertifiziert nach CIS Immozert und<br />
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Anspruch höchster Qualität im Mittelpunkt unserer Beratung.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
99
Zum Autor<br />
Jasmin Soravia ist seit 2019 Vorsitzende des Urban Land<br />
Institut Austria. Sie ist Geschäftsführerin bei der Kollitsch &<br />
Soravia Immobilien, Beirat im Advisory Board GRÜNSTATT-<br />
GRAU und Vorstand beim Travel Industry Club Austria.<br />
Flexibles und leistbares<br />
Wohnen mit Modulsystemen<br />
Kommentar: Jasmin Soravia<br />
Die Wohnungspreise steigen, die Einkommen stagnieren, die Inflation<br />
drückt auf die Kaufkraft und die Kreditvergabe wird verschärft.<br />
Der Mittelstand, früher noch mit dem Lebenstraum, ein Haus zu bauen<br />
oder eine Wohnung zu kaufen, resigniert mittlerweile zunehmend. Vor<br />
allem für junge Menschen wird es immer schwieriger, leistbares Eigentum<br />
zu erwerben. Diese Entwicklung wird langfristig auch für Bauträger<br />
problematisch. Umso wichtiger ist es daher, nach ökonomischen und<br />
technischen Lösungen für dieses Dilemma zu suchen. Ein zukunftsorientierter<br />
Ansatz beruht auf modularisierten Wohnkonzepten.<br />
Die durchschnittliche Nettowohnfläche in Österreich beträgt aktuell etwa<br />
100 Quadratmeter, bei knapp vier Räumen. Allerdings wird bei den meisten<br />
Bewohnern nur während der Elternzeit viel Platz benötigt, sodass viele<br />
Wohnungen für den größten Teil des Familienlebenszyklus größtenteils<br />
leer sind. Nachher und auch vorher reichen zwei bis drei Räume in der<br />
Regel aus. Es stellt sich daher die Frage, wie wirtschaftlich und ökologisch<br />
sinnvoll es ist, Wohnungen zu bauen, die während des größten Teils des<br />
Lebenszyklus zu zwei Dritteln leer stehen, aber gereinigt und zumindest<br />
zum Teil geheizt werden müssen.<br />
Noch vor dem Einsetzen der aktuellen hohen Inflationsrate von<br />
annähernd zehn Prozent hat die Immobilienmarktkrise zu einem<br />
Kaufkraftverlust von 13 Prozent geführt. Zusätzlich beträgt derzeit<br />
laut Statistik Austria das durchschnittliche Jahres-Nettoeinkommen<br />
eines österreichischen Arbeitnehmers etwa 25.000 Euro – hingegen<br />
beträgt der Medianpreis für Wohnungen aktuell etwa 4.400 Euro pro<br />
Quadratmeter. Heute muss also eine Mehrzahl der Menschen in Österreich<br />
etwa 18 Jahresgehälter investieren, um eine 100 Quadratmeter<br />
große Wohnung zu kaufen – dazu kommen dann noch die Gebühren<br />
und die Einrichtung und zu allem Übel die seit 1. August 2022 in Kraft<br />
getretenen Regeln für Wohnungskredite. Seither sind mindestens 20<br />
Prozent Eigenkapital einzubringen, zudem wurde die Kreditlaufzeit<br />
auf 35 Jahre beschränkt.<br />
Besonders schwierig ist die Situation für jüngere Menschen, vor allem<br />
jene, die nicht oder noch nicht geerbt haben. Die Problematik wurde<br />
zwar bereits von der österreichischen Bankenlandschaft erkannt:<br />
So forderte der Bundesobmann der Bankensparte Willibald Cernko<br />
zuletzt im August <strong>2023</strong>, dass an einem Konzept für Zinszuschüsse,<br />
Laufzeitverlängerung, Tilgungsunterbrechung oder zeitlich befristete<br />
reine Zinszahlungen gearbeitet wird. Eine Lösung, die echte Erleichterung<br />
bringt, ist hier allerdings nicht in Sicht – nachhaltiger erscheint<br />
es zudem, auf die Wohnungsgröße zu setzen.<br />
Als Lösung können flexible Wohnungskonzepte für junge Menschen dazu<br />
beitragen, bezahlbaren und umweltfreundlichen Wohnraum zu schaffen<br />
und diesen dem weiteren Leben nach Bedarf anzupassen. Zu diesem<br />
Zweck können Kleinwohnungen vorübergehend mit anderen Wohnmodulen<br />
zusammengefasst oder separat für einen begrenzten Zeitraum<br />
vermietet werden.<br />
Aus technologischer Sicht wurden dafür in den letzten Jahren immer<br />
flexiblere Wohnkonzepte entwickelt, die überwiegend aus modularen<br />
Bausystemen bestehen. Neben der langfristigen Flexibilität des Raumkonzepts<br />
zeichnen sich diese Konstruktionen aufgrund der standardisierten<br />
Werkstattfertigung durch kurze Produktionszeiten sowie eine hohe Liefer-<br />
und Kostengarantie aus.<br />
Innovative Projekte des flexiblen Wohnens in Österreich<br />
Wie dies architektonisch möglich ist, zeigen in Österreich Projekte wie<br />
Wohnbau Baugruppe LiSA von WUP architektur. Hier wurde eine Aneinanderreihung<br />
von kleinen selbstständigen Einheiten realisiert, die zusammengelegt<br />
und wieder getrennt werden können. Das Ateliergebäude mit<br />
einer Gemeinschaftsinsel in der Seestadt Aspern besteht im Wesentlichen<br />
aus zwei Teilen: einem kompakten Gebäude und einer offenen Struktur.<br />
Das Gebäude selbst basiert auf einem Stützen-Plattensystem mit nichttragenden<br />
Außenwänden, bei dem nur die tragenden Elemente und Sani-<br />
Foto: ADeutsches Institut für Normung<br />
100 ImmoFokus
Abb. 1/ Modul-<br />
Wohnhaus in der Grazer<br />
Starhemberggasse<br />
(Quelle/ Kiubo <strong>2023</strong>)<br />
Quellen: Kiubo (<strong>2023</strong>): Wohnmodule https://www.kiubo.eu/module/<br />
Salow, C. (2022): Österreicher können sich von ihrem Einkommen immer weniger Wohnraum leisten. URL: https://www.immoverkauf24.at/services/news/immobilienpreise-undeinkommen-driften-durch-corona-weiter-auseinander/<br />
Statistik Austria (2022): Haushalts-Einkommen in Österreich https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/soziales/haushalts-einkommen/index.html<br />
Statistik Austria (<strong>2023</strong>): Bevölkerung und soziales Wohnen https://www.statistik.at/statistiken/bevoelkerung-und-soziales/wohnen/wohnsituation<br />
WUP architektur (<strong>2023</strong>): Wohnbau Baugruppe LiSA https://wup-architektur.com/index.php?seite=projekte&projekt=lisa&id=1&lang=de<br />
tärschächte vorgegeben werden. Das besondere bei dem Projekt ist, dass<br />
nur eine Zonierung vorgegeben ist – an der Außenseite befinden sich die<br />
privaten Freiraum- und Wohnzonen, hofseitig die halbprivaten, kommunikativen<br />
Ebenen, der Rest, wie zum Beispiel die Wohnungsgröße, kann<br />
durch die Nutzer selbst definiert werden. Dazwischen ist eine Filterzone<br />
mit Küche, Bad, Abstellraum et cetera zu finden.<br />
Dem Projekt vorgelagert ist eine offene Struktur für die Erschließung sowie<br />
Platz für vielfältige Nutzungen wie private Gärten, gemeinschaftlich<br />
genutzte Terrassen und Kinderspielflächen. Damit wurde den Bewohnern<br />
ein möglichst großer Interpretationsspielraum geboten, in Form von gestaltbaren<br />
Flächen, die sich direkt vor der eigenen Haustüre befinden.<br />
Abb. 2/ Kiubo-Modulsystem (Quelle/ Kiubo <strong>2023</strong>)<br />
Ein weiteres Projekt ist das Kiubo-Wohnhaus in der Grazer Starhemberggasse.<br />
Das flexible Konzept resultiert aus den Erkenntnissen der Architekturpsychologie<br />
und sorgt mit viel Gemeinschaftsflächen für ein lebendiges<br />
Miteinander. Die Wohnmodule können flexibel aus-, um- und<br />
rückgebaut werden wie in einem Setzkasten (Abb. 1; Stecksystem).<br />
Das vorgefertigte Basismodul (Holz) verfügt als autarke Wohneinheit<br />
über alle Ausstattungsmerkmale (Küche, Bad und Wohnbereich). Mittels<br />
integrierter Erweiterungsanschlüsse kann es rasch bedarfsgerecht<br />
über Anschlussmodule erweitert werden. Bei diesem System kann die<br />
Wohnungsgröße jeweils um ein Modul ergänzt werden (Abb. 2). Die Modularität<br />
der einzelnen Elemente ermöglicht damit auch Anpassungen<br />
an die notwendigen Bedürfnisse im Laufe der Nutzung, beispielsweise<br />
durch Anfügen oder Entfernen einzelner Teile zu anderen Wohnungen.<br />
So kann ermöglicht werden, dass junge Familien bis zum Ende der<br />
Kleinkindphase die kleinere Wohnung nutzen, in der Phase mit den<br />
größeren Kindern ein oder mehrere Module ergänzen und nach dem<br />
Auszug des erwachsenen Nachwuchses das Modul wieder abgeben.<br />
Mit flexiblen Finanzierungsformen können auch Varianten des leistbaren<br />
Eigentums geschaffen werden, so Maša Jašarević, Kommunikationsleiterin<br />
bei Kiubo – indem zum Beispiel nur das große Modul im<br />
Eigentum erworben wird und das kleine in der Jugendphase angemietet<br />
werden kann. Bei Kiubo wird das ermöglicht, indem der Platz im<br />
„Terminal“ (bestehende Gebäudestruktur) gemietet und die einzelnen<br />
Module gemietet oder gekauft werden können. Dieser Platz – mit oder<br />
ohne Modul – kann als Garten oder Terrasse selbst genutzt werden<br />
oder mit Modul zum Beispiel als Studenten-, Single- oder Altenwohnung<br />
vermietet werden. Um das Miteinander und die Kommunikation<br />
in diesen Häusern besser zu organisieren, ist eine Online-Plattform<br />
in Arbeit. So kann dieses hybride System sich den Bedürfnissen der<br />
Menschen anpassen, sie über alle Phasen des Lebens begleiten und für<br />
leistbares Eigentum sorgen.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
101
Frech<br />
gesagt<br />
„Zeig mir, wo du wohnst, und<br />
ich sag dir, ob ich hinziehe“<br />
Top-Schlüsselfaktoren der Quartiersentwicklung. Ein pulsierender Arbeitstag in der Stadt oder ein ruhiger<br />
Feierabend am Land – in welche Richtung geht der aktuelle Trend? Und warum überhaupt ein „oder“?<br />
Kolumne: Anita Körbler<br />
S<br />
eit mehreren Jahren freue ich<br />
mich über die nachhaltige Umsetzung<br />
eines endlich für mich<br />
funktionierenden Neujahrsvorsatzes,<br />
der da lautet: „Ein bisserl mehr UND<br />
als ODER.“ Ich möchte mich etwa nicht mehr<br />
entscheiden müssen, ob ich ein urbanes Umfeld<br />
oder ein Leben am Land präferiere, weil<br />
beides sich interessant entwickelt und ich<br />
beides erfolgreich erproben durfte.<br />
Think glocal<br />
Nicht umsonst zieht es Menschen in Speckgürtel-Gebiete,<br />
die an Städte angrenzen. Hier<br />
vermischen sich die Annehmlichkeiten der<br />
Urbanität und eines ausgebauten öffentlichen<br />
Verkehrsnetzes mit einer vertrauten ruhigen<br />
Umgebung, in der Nachbarschaftshilfe<br />
kein Fremdwort ist.<br />
Diese Annehmlichkeiten stellen sicher ein<br />
wesentliches Kriterium einer modernen<br />
Stadtquartier-Entwicklung dar, deren Akteure<br />
beispielsweise gefordert sind, fußläufig<br />
erreichbare Geschäfte, Restaurants, Naturraum,<br />
Kinderbetreuung, Arbeitsmöglichkeiten<br />
kombiniert mit guter Anbindung an<br />
öffentliche Verkehrsmittel, Kultur, Bildung<br />
und ärztliche Versorgung zu schaffen – denn,<br />
warum sollte man auf einen der gewünschten<br />
Faktoren verzichten, wenn sich diese ideal<br />
kombinieren lassen?<br />
Freunde. Das Leben ist lebenswert.<br />
Soziale Kontakte sind das Um und Auf jedes<br />
Landlebens. Ich bin erfreulicherweise in einer<br />
recht großen Familie inmitten einer steirischen<br />
Idylle aufgewachsen und mir wurde<br />
früh der wichtigste Grundsatz am Land<br />
gelehrt: Immer (wirklich IMMER) freundlich<br />
– und gegebenenfalls gegenüber älteren<br />
Dorfbewohnern laut (!) – zu grüßen.<br />
Nach wie vor ist auch der bodenständige,<br />
freundschaftliche Zusammenhalt, der mich<br />
dankenswerterweise seit früher Kindheit<br />
begleitet, eine wesentliche Komponente für<br />
mein schon früh von Kommunikation geprägtes<br />
Wesen.<br />
Natürlich war es für mich als Zwanzigjährige,<br />
die ihr Lebens-Wohnbuch der Liebe wegen<br />
um ein aufregend neues, urbanes Kapitel erweitert<br />
hat, sehr spannend zu entdecken, wie<br />
diverse gelernte Grundregeln in einer Hauptstadt<br />
nie funktionieren würden – in Wien<br />
grüßt dich halt auf der Straße keiner zurück.<br />
Sehr spannend fand ich dann doch den Impuls<br />
vieler im städtischen Gebiet Angesiedelter,<br />
ihren Wohnsitz in den ersten beiden<br />
coronabedingten Lockdowns so schnell wie<br />
möglich ins Elternhaus oder den Zweitwohnsitz<br />
am Land zu verlegen. Offensichtlich kann<br />
eine harmonische, vertrauensvolle Umgebung<br />
in Krisenzeiten eben doch noch oft den<br />
kleinen Unterschied machen.<br />
Tolerieren oder integrieren?<br />
Top-Schlüsselfaktoren der Quartiersentwicklung<br />
in der Immobilienbranche sind ja die<br />
ganzheitliche Planung und Gestaltung von<br />
Stadtvierteln, um sie zu lebenswerten und<br />
funktionalen Gemeinschaften zu machen.<br />
Dieser Ansatz geht über die bloße Errichtung<br />
von Gebäuden hinaus und berücksichtigt<br />
eine Vielzahl von sozialen, wirtschaftlichen,<br />
ökologischen und kulturellen Faktoren. Zu<br />
den wichtigsten Aspekten zählen neben den<br />
Zielen, eine effiziente und attraktive Umgebung<br />
zu schaffen, erneuerbare Energiequellen<br />
zu nutzen, die natürliche Umwelt zu schützen<br />
und die Erreichbarkeit und Zugänglichkeit<br />
zu gewährleisten ebenso, die Schaffung von<br />
Wohnraum für verschiedene Einkommensgruppen,<br />
die Integration von sozialen Einrichtungen<br />
wie Schulen und Gesundheitszentren<br />
sowie die Förderung der sozialen Interaktion<br />
sicherzustellen – sofern es halt gelingt.<br />
Die optimale Mischung aus Wohn- und Gewerbeimmobilien<br />
kann eine wirtschaftliche<br />
Chance rund um Arbeitsplatzbeschaffung<br />
bedeuten – sofern es halt gelingt.<br />
Das alles erfordert eine enge Zusammenarbeit<br />
zwischen Stakeholdern wie Stadtplanern,<br />
Fotos: REMG/trovato GmbH<br />
102 ImmoFokus
Sieger spielen solange, bis sie es richtig machen“ (Billie<br />
Jean King). Eine g‘mahde Wiesn garantiert einen perfekten<br />
ersten Aufschlag nicht: Strategie, Disziplin und Ausdauer<br />
sind die Erfolgsfaktoren für ein „perfect match.<br />
Anita Körbler,<br />
trovato.immo<br />
Architekten, Entwicklern sowie Regierungen. Genehmigungsverfahren,<br />
Zonenvorschriften und Umweltauflagen können das Vorankommen behindern,<br />
zudem sollte eine flexible Entwicklung dazu beitragen, sich an<br />
ändernde Bedingungen rasch anpassen zu können. Dazu dient als wichtiger<br />
Bestandteil im Planungsprozess die Einbeziehung der Anwohner, was die<br />
Akzeptanz und Unterstützung der Gemeinschaft für das Projekt fördert und<br />
eine langfristige Nachhaltigkeit und Lebensqualität für die Bewohner sicherstellen<br />
kann – sofern es halt gelingt.<br />
Anita Körbler<br />
Managing Partner trovato.immo<br />
Anita Körbler, MA, ist ideenreiche Branchenkennerin<br />
und Managerin mit Herz und Hirn. Körbler kann auf<br />
langjährige Erfahrung in Immobilienunternehmen<br />
sowie exklusive Projekte im öffentlichen Bereich<br />
(PPP) zurückblicken. Berufsbegleitend absolvierte<br />
sie erfolgreich zwei Studien im Bereich Wirtschaft<br />
und Public Communications, zeichnete jahrelang<br />
für verschiedene PropTech-Unternehmen als<br />
Geschäftsführerin verantwortlich und widmet sich<br />
der Beratung und Immobilienvermarktung sowie der<br />
Realisierung von Digitalisierungsprozessen in der<br />
Immobilienbranche.<br />
Clever, weil smart<br />
Moderne Quartiersentwicklung berücksichtigt die Integration von Technologie,<br />
um die Lebensqualität zu verbessern. Dies kann die Bereitstellung<br />
von Internet, Smart-Home-Systemen, intelligenten Verkehrslösungen und<br />
Energieeffizienz-Technologien umfassen.<br />
Zudem fördert eine „sharing economy“ die Verwendung von Ressourcen<br />
wie PKWs, Fahrrädern und nicht zuletzt Freiflächen zur Gemeinschaftsnutzung.<br />
Mangelnde Nachhaltigkeitsgedanken in der Planung können hingegen<br />
neben Umweltauswirkungen zu langfristigen Problemen wie hohen<br />
Betriebskosten oder sozialer Unzufriedenheit führen.<br />
Weiters hat die zunehmende Flexibilität von New-Work-Modellen natürlich<br />
Auswirkungen auf die Planung neuer Quartiere. Es werden vermehrt<br />
Coworking-Spaces und Arbeitsbereiche in Wohnviertel integriert, die darauf<br />
warten, von ihren Bewohnern auch genutzt zu werden.<br />
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
103
Kreislaufwirtschaft: Einer<br />
alleine schafft das nicht<br />
Zukunftsfitte Bestandsgebäude.. Experten mahnen bei der Themenreise von Drees & Sommer, die Mitte<br />
Oktober in Wien Station machte, gemeinsam rasch vom Wollen ins Tun zu kommen.<br />
Z<br />
u den technischen Lösungen<br />
braucht es neue Geschäftsmodelle,<br />
globale Zusammenarbeit<br />
und Anreize für jeden Einzelnen,<br />
um städtisches Wohnen in Bestandsgebäuden<br />
zukunftsfit zu machen. Über 50<br />
Prozent der Nutzenergie in Wien wird für<br />
Raumwärme und Warmwasser aufgewendet,<br />
zu rund 80 Prozent werden dafür Gas,<br />
Strom und Fernwärme verwendet. Will die<br />
Bundeshauptstadt ihre Klimaziele bis 2040<br />
erreichen, müssten fortan pro Arbeitstag 200<br />
Wohnungen umgestellt und rund eine Milliarde<br />
Euro pro Jahr investiert werden und es<br />
bräuchte Material und Fachkräfte, die nicht<br />
ausreichend vorhanden sind. Umgestellt<br />
werden müsste zudem auf Kühlung: Wien hat<br />
heute ein Klima wie Rom vor 25 Jahren und<br />
wird bis 2045 um weitere 7,5°C wärmer werden<br />
und damit ein Klima haben wie Athen. So<br />
umschrieb Herbert Hetzel von Beyond Carbon<br />
Energy bei der Drees & Sommer-Themenreise<br />
die Situation für Wien, die sich auf viele Städte<br />
umlegen lässt. „Der Wert einer Immobilie wird<br />
künftig immer mehr von seiner Energieversorgung<br />
abhängen. Sie muss Energieverbraucher,<br />
Energieerzeuger und Energies¬peicher<br />
gleichzeitig sein“, so Hetzel.<br />
Urbanität - Zirkularität - Produktivität<br />
„Klimawandel, Krieg, Inflation und Rezession:<br />
wir leben in Zeiten der Disruption,<br />
Mensch, Natur und Wirtschaft sind unmittelbar<br />
betroffen. Die Bau- und Immobilienbranche,<br />
besonders im städtischen Bestand,<br />
steht mitten im Zentrum dieses Wandels.<br />
104 ImmoFokus
von links nach rechts: Michael Konopka, Drees & Sommer SE;<br />
Anna-Vera Deinhammer, ÖGNI & Circular Economy Forum<br />
Austria; Stefan Kleinhans, AAB; Peter Ulm, Zukunftsanker/allora<br />
Immobilien; Berthold Klein, Holcim Österreich; Arnold Schmitzer,<br />
Geschäftsführer Drees & Sommer Österreich.<br />
Über die Drees & Sommer Themenreise<br />
Die Themenreisen, die seit sieben Jahren stattfinden,<br />
sind eine interdisziplinäre, branchen- und länderübergreifende<br />
Dialoginitiative von Drees & Sommer, die im<br />
Schulterschluss mit zahlreichen Themenreisepartnern,<br />
Ideen- und Gastgebern an unterschiedlichen Orten im<br />
DACH-Raum Aspekte der analogen und digitalen Transformation<br />
aufgreift und erörtert. Das Motto der Themenreise<br />
<strong>2023</strong> lautet „Anders. Erfolgreich. Wachsen. Wie gelingt<br />
Transformation in turbulenten Zeiten?“ und stellt dabei<br />
Menschen, Prozesse und geografische Räume (people,<br />
process, places) in den Mittelpunkt.<br />
Durch den Austausch bei unserer Themenreise<br />
wollen wir Impulse setzen und Lösungen<br />
erarbeiten, die in die Praxis umgesetzt<br />
werden können“, erklärt Arnold Schmitzer,<br />
Geschäftsführer Drees & Sommer Österreich.<br />
An technischen Lösungen mangle es nicht,<br />
so der Tenor der Experten der Themenreise.<br />
Wien beweise etwa mit dem Stadtentwicklungsprojekt<br />
Viertel Zwei das Machbare. Die<br />
Zukunft liegt für Peter Ulm (Zukunftsanker/<br />
allora Immobilien) in multifunktionalen<br />
Gebäuden, die sich über ihre Nutzungsdauer<br />
an geänderte Anforderungen anpassen. „Wir<br />
brauchen Gebäude, die heute Wohnen, morgen<br />
arbeiten und übermorgen Produktion ermöglichen.<br />
Es braucht keinen Abriss und Neubau,<br />
sondern flexible Gebäude, die auf fünf,<br />
zehn Generationen gedacht werden und Städtebau<br />
und Klimaneutralität natürlich verbinden.“<br />
Dabei müsse Kreislaufwirtschaft auch<br />
die grundlegende Frage stellen, was wirklich<br />
gebraucht werde. „Wir müssen alte Paradigmen<br />
aufbrechen und unsere Kreativität einsetzen,<br />
um aus weniger mindestens gleich viel<br />
wie bisher herauszuholen“, meint Anna-Vera<br />
Deinhammer (Österreichische Gesellschaft<br />
für Nachhaltige Immobilienwirtschaft ÖGNI,<br />
Circular Economy Forum Austria). Denn auch<br />
ein Plusenergiehaus brauche angesichts der<br />
darin verbauten Materialien 40 Jahre, um eine<br />
positive Energie- und CO2-Gesamtbilanz zu<br />
errei¬chen. So wie Deinhammer mahnt auch<br />
Ulm Pluralität in der Quartiersentwicklung<br />
ein. Wer den Wirkungszusammenhang von<br />
Gebäuden im Auge habe, reduziere Wege und<br />
Mobilität. So können Quartiere insgesamt<br />
nachhaltig werden, auch wenn einzelne Gebäude<br />
nicht alle Nachhaltigkeitsanforderungen<br />
erfüllen – was angesichts der Tatsache,<br />
dass zwei Drittel des CO2 aus dem Bestand und<br />
nicht dem Neubau komme, ohnehin unrealistisch<br />
sei. In diesem Zusammenhang gehörten<br />
laut den Experten auch die Genehmigungsverfahren<br />
für nach¬haltiges Bauen und Sanieren<br />
gestrafft, um schneller ins Tun zu kommen.<br />
Kreislaufwirtschaft in<br />
einer Kreislaufgesellschaft<br />
Damit das Bauen, Wohnen und Leben in Städten<br />
zukunftsfähig bleibt, brauche es neben<br />
den Anstrengungen der Branche und technischen<br />
Lösungen gesamtgesellschaftliche<br />
und grenzŸberschreitende Kraftanstrengungen,<br />
so die Experten der Themenreise in<br />
Wien. „Nach¬haltigkeit beginnt in unseren<br />
Köpfen. Unser Verhalten, unsere Ökonomie<br />
müssen sich ändern. Dazu braucht es uns<br />
alle, jeden Tag“ appellierte Karin Huber-<br />
Heim vom Circular Economy Forum Austria.<br />
Nachhaltiges Nutzerverhalten erfordere neue<br />
Geschäftsmodelle, die nicht auf Produkt und<br />
Absatz abzielen, sondern „user und result<br />
orientated“ sind und den Wert eines Produkts<br />
in den Mittelpunkt stellen. „Wollen<br />
wir unseren Wohlstand erhalten, müssen<br />
wir die Abhängigkeit von Rohstoffen und<br />
Energie auflösen. Unser Nutzungsverhalten<br />
muss sich in Richtung Rethink, Reinvent,<br />
Regenerate weiterentwickeln“, so Huber-<br />
Heim. Geislinger-Geschäftsführer Torsten<br />
Philipp geht noch einen Schritt weiter und<br />
spricht sich für eine „circular diplomacy“ aus:<br />
„Zirkularität ist komplex und kennt keine nationalen<br />
Grenzen, es braucht Globalisierung<br />
und Kooperation für erfolgversprechende Lösungen<br />
sowie Anreize für jeden Einzelnen“.<br />
Laut Philipp könne gerade Europa hier Vorreiter<br />
sein: „Billig viel zu produzieren, darin<br />
sind andere Länder und Weltregionen besser.<br />
Doch Europa hat Erfahrung darin, komplexe<br />
Herausforderungen zu meistern.“<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
1<strong>05</strong>
Ein Imperium<br />
wird brüchig<br />
Absturz. Aus dem Nichts baute René Benko ein Milliarden-<br />
Imperium auf. Dies droht nun einzustürzen. Hinter den<br />
Kulissen tobt ein Machtkampf.<br />
S<br />
igna-Gründer René Benko soll die<br />
Macht im Signa-Konzern abgeben.<br />
Benko zieht sich aus der Führung<br />
der Signa Gruppe zurück. Das hat<br />
Signa bekanntgegeben. Ein Schritt, der allseits<br />
erwartet wurde. Aber: Die Machtverhältnisse<br />
sind damit wohl nicht geklärt.<br />
Denn Benko hat nur den Vorsitz des Beirats<br />
der Signa Holding abgetreten. Benkos Posten<br />
wird vom Insolvenzverwalter und Unternehmenssanierer<br />
Arndt Geiwitz übernommen. Der<br />
hatte bereits zweimal die Signa-Tochter Galeria<br />
Karstadt Kaufhof durch ein Insolvenzverfahren<br />
geführt. Der Haken an der Sache: Der Beirat<br />
verfügt über keine operative Befugnis, sondern<br />
besitzt lediglich beratende Funktion.<br />
Eines gleich vorweg: Als Insolvenzverwalter<br />
werde Geiwitz bei Signa nicht in Erscheinung<br />
treten, so die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“.<br />
Denn Geiwitz sei eindeutig Partei: Zweimal<br />
habe Benko ihn schon als Generalbevollmächtigten<br />
engagiert, um die Warenhauskette<br />
Galeria vor dem Aus zu bewahren.<br />
In einem Brief an Benko hatten vor mehreren<br />
Wochen mehrere Investoren der weit verzweigten<br />
Signa Gruppe gefordert, dass der Firmengründer<br />
seine Anteile als Haupteigner treuhänderisch<br />
an Geiwitz übergibt – und somit auch<br />
die Position als Generalbevollmächtigter.<br />
Allein die Tatsache, dass dieser Brief an die<br />
Öffentlichkeit geriet, lässt auf heftige Streitigkeiten<br />
zwischen den Investoren und Benko<br />
schließen. Normalerweise werden derartige<br />
Diskussionen diskreter abgewickelt. Dass<br />
Benko die Macht nicht so ohne weiteres abgeben<br />
wird, lässt die SIGNA Pressemitteilung vermuten.<br />
Geiwitz werde zwar auch den Vorsitz<br />
des Gesellschafter-Komitees der Signa Holding<br />
übernehmen, aber „die Familie Benko Privatstiftung<br />
bleibt weiterhin größter Gesellschafter<br />
der Holding“. Alle wichtigen Entscheidungen<br />
dürften damit auch in Zukunft bei Benko liegen,<br />
urteilt nicht nur die Süddeutsche Zeitung.<br />
„Formal richtig ist zwar, dass sich Benko aus der<br />
Führung der pleitebedrohten Signa-Gruppe zurückzieht.<br />
Der Milliardär tritt als Vorsitzender<br />
des Beirats der Signa Holding zurück. In dieser<br />
Funktion hatte er allerdings ohnehin keine<br />
operative Befugnis. „Der Rückzug ist insofern<br />
eher etwas für die Fassade“, bringt es die Süddeutsche<br />
Zeitung auf den Punkt und kritisiert<br />
das Vorgehen scharf: Geiwitz übernehme also<br />
nicht die Funktion des Generalbevollmächtigen,<br />
wie mehrere Investoren in einem Brief an<br />
Benko gefordert hatten, darunter auch Haselsteiner.<br />
Wer hat das letzte Wort?<br />
Die Formulierung in der Signa-Presseausendung<br />
„Die Familie Benko Privatstiftung bleibt<br />
weiterhin größter Gesellschafter der Holding“,<br />
lässt den Eindruck zu, dass Geiwitz das von den<br />
Investoren gewünschte Recht zum Durchgreifen<br />
verwehrt bleibt damit dürfte Benko weiterhin<br />
das letzte Wort haben.<br />
Es bleibt also unklar, wer nun bei Signa die<br />
Fäden in der Hand hat. Eines scheint aber auch<br />
klar: Geiwitz soll die Insolvenz verhindern.<br />
Dafür müsse er das verstrickte Firmendickicht<br />
durchdringen, heißt es etwa bei der Immobilien<br />
Zeitung. Viele wichtige Informationen<br />
Fotos: APA/HELMUT FOHRINGER<br />
106 ImmoFokus
habe allerdings ausschließlich Benko selbst.<br />
Ohne aktive Mitwirkung von Benko wird es<br />
wohl schwierig, Transparenz in die aktuelle<br />
Finanzlage zu bringen und damit schwer<br />
werden, Geldgeber zu finden, die bereit sind,<br />
frisches Kapital für die Konsolidierung der Unternehmensgruppe<br />
zu investieren.<br />
Für Beobachter steht daher außer Zweifel,<br />
dass Benko bis zur Übergabe an Geiwitz das<br />
Sagen hatte. Selbst soll sich Benko auch des<br />
Öfteren „Chairman“ genannt haben. Über<br />
seine Familienstiftung hält der 46-Jährige außerdem<br />
indirekt die Mehrheit der Anteile an<br />
der Holding.<br />
Benko - faktischer Geschäftsführer?<br />
Möglicherweise ist Benko daher als „faktischer<br />
Geschäftsführer“ zu bezeichnen, den<br />
auch Haftungen treffen können. Rechtsanwalt<br />
und Immobilienrechts-Experte Alfred<br />
Nemetschke (Nemetschke Huber Koloseus<br />
Rechtsanwälte GmbH): „Faktischer Geschäftsführer<br />
ist, wer - ohne förmlich bestellt<br />
zu sein - maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung<br />
nimmt, womit es nicht darauf<br />
ankommt, ob es sich um einen Angestellten,<br />
Gesellschafter, Angehörigen oder Außenstehenden<br />
handelt. Regelmäßig wird faktische<br />
Geschäftsführung dann bejaht, wenn die eigentlich<br />
bestellten Geschäftsführer als Strohmänner<br />
ihre Organfunktionen nicht ausüben<br />
und stattdessen ein anderer (meist ein Mehrheitsgesellschafter)<br />
die Gesellschaft tatsächlich<br />
leitet. Zumeist wird auch ein nach außen<br />
erkennbares Gerieren wie ein Geschäftsführer<br />
als erforderlich erachtet.<br />
Für den Fall der Konkursverschleppungshaftung<br />
ist aus der Teleologie des § 69 Abs 3 IO eine<br />
Orientierung an der formellen Organfunktion<br />
zu fordern und daher zu verlangen, dass es sich<br />
beim faktischen Geschäftsführer um eine Person<br />
handelt, die dauerhaft und ausgeprägt den<br />
Platz eines zum Insolvenzantrag legitimierten<br />
Organs einnimmt.“<br />
Restrukturierung<br />
Geiwitz hat mittlerweile Ralf Schmitz als<br />
neuen CRO (Chief Restructuring Officer) an<br />
Bord geholt. „Ziel ist es, bis Ende des Monats<br />
November einen Plan für die wesentlichen<br />
Schritte der Restrukturierung zu erarbeiten<br />
und den Gesellschaftern zu präsentieren.<br />
Wir werden diese wichtigen Aufgaben mit<br />
Bedacht und Vernunft angehen. Es gilt zum<br />
einen alle Bereiche der Signa Gruppe auf<br />
den Prüfstand zu stellen und zum anderen<br />
langfristige Lösungen zu finden. Mit diesem<br />
nächsten konsequenten Schritt schaffen wir<br />
weiteres Vertrauen in der jetzigen Situation.<br />
Die Qualität des SIGNA Prime Portfolios ist<br />
hervorragend, die Entwicklungsperspektive<br />
der Development-Projekte, die in den Toplagen<br />
der deutschsprachigen Metropolen<br />
liegen, ist sehr gut,“ wird Geiwitz in einer<br />
Signa-Pressemeldung zitiert.<br />
In der Zwischenzeit haben die Liquiditätsprobleme<br />
bereits zu etlichen Planungs- und Baustopps<br />
der beiden Tochterfirmen Signa Prime<br />
und Signa Development geführt. Betroffen<br />
sind etwa der Bau des Hamburger Elbtowers<br />
und die Planungen der Karstadt-Standorte<br />
in Berlin, darunter der am Kurfürstendamm.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
107
Beim Umbau der Alten Akademie in München<br />
soll es vorerst weitergehen.<br />
Gruppe benötigt frsiches Geld<br />
Wie es um die Finanzen der Signa-Gruppe wirklich<br />
steht, sei von außen kaum einzuschätzen,<br />
so Leonhard Dobusch, Ökonom und wissenschaftlicher<br />
Leiter des arbeitnehmernahen Momentum<br />
Instituts, der sich seit langem mit dem<br />
Konzern beschäftigt. Die Gruppe benötigt aber<br />
wohl rasch frisches Geld, um ihr Geschäftsmodell<br />
aufrechtzuerhalten, erklärt Dobusch.<br />
Nach Ansicht des deutschen Handelsexperten<br />
Gerrit Heinemann von der Hochschule Niederrhein<br />
deuten alle Signale darauf hin, „dass<br />
es nicht nur Zahlungsschwierigkeiten gibt,<br />
sondern das Unternehmen unter Umständen<br />
kurz vor einer Insolvenz steht“. Ob Geiwitz die<br />
Restrukturierung gelingen werde, sei jedoch<br />
fraglich, so Heinemann. In den nächsten Wochen<br />
stünden etliche Refinanzierungen an,<br />
und die Banken seien von der deutschen Bankenaufsicht<br />
angewiesen worden, „genauer hinzuschauen,<br />
was offensichtlich in der Vergangenheit<br />
nicht der Fall war. Und da wage ich zu<br />
bezweifeln, dass die Banken einfach nur durch<br />
ein Schönreden sich hinhalten lassen.“ Vieles<br />
sei bei dem Firmengeflecht von rund 1.000<br />
Firmen unklar, so der Experte. Zwischen diesen<br />
Firmen würden auch Geschäfte laufen und die<br />
gegenseitigen Haftungen seien nicht geklärt.<br />
Dieses Firmenkonstrukt dürfte wohl gewählt<br />
worden sein. „René Benkos Signa-Gruppe“,<br />
schreibt das Magazin NEWS, „setzte bereits vor<br />
fünf Jahren viele Hebel in Bewegung, um der<br />
Öffentlichkeit keine echten Einblicke in ein<br />
verschachteltes Konstrukt aus mehr als 1000<br />
Firmen gewähren zu müssen. News liegt nach<br />
eigenen Angaben ein 13-seitiges internes Dokument<br />
der Steuerberatungskanzlei TPA vor.“ Dabei<br />
sei es nicht nur die fehlende konsolidierte<br />
Konzernbilanz, die Signa-Investoren stutzig<br />
machen hätte können: Ein Blick in das öffentliche,<br />
österreichische Firmenbuch hätte genügt,<br />
um festzustellen, dass Benkos Signa-Gruppe in<br />
wesentlichen Unternehmensbereichen sogar<br />
Strafzahlungen in Kauf genommen hat, um<br />
Fotos: SIGNA<br />
108 ImmoFokus
ei einigen relevanten Konzern-Gesellschaften<br />
zum Teil über Jahre keine Bilanzen öffentlich<br />
zu machen.<br />
Die Intransparenz ist kein Zufall, sondern hat<br />
Methode schreibt NEWS. „Sie wurde offensichtlich<br />
von einem Mastermind bewusst orchestriert.<br />
Das belegt jedenfalls das Geheimpapier<br />
aus der Signa-Gruppe. Benkos verschachteltes<br />
Firmenkonglomerat hat schon vor Jahren alle<br />
möglichen Hebel in Bewegung gesetzt, um eine<br />
Konsolidierungspflicht der Signa Holding unter<br />
allen Umständen zu vermeiden.“<br />
Wie hoch der Betrag ist,<br />
weiß kein Mensch<br />
Benko fordert im Zuge seines Rückzuges - wohl<br />
unbedingt notwendige - Beiträge der internationalen,<br />
milliardenschweren Mitgesellschafter,<br />
die er ursprünglich in sein Boot geholt hatte.<br />
„Wie hoch der Betrag ist, weiß kein Mensch“,<br />
verweist Haselsteiner wieder auf Geiwitz.<br />
Haselsteiner hofft laut „Tiroler Tageszeitung“<br />
aber, dass alle Gesellschafter mitziehen: „Sonst<br />
wird das nichts.“ Er selbst ist über eine Stiftung<br />
mit 15 Prozent in der Signa investiert.<br />
10,8 Mrd. Euro Schulden<br />
Wie hoch die Verbindlichkeiten sind, darüber<br />
darf spekuliert werden. In der „Kleinen Zeitung“<br />
hieß es vor kurzem, dass der Großteil<br />
der Signa-Verbindlichkeiten Bankschulden<br />
mit den größten Gläubigern Raiffeisen-Gruppe<br />
und Bank Austria seien. Auf 10,8 Milliarden<br />
Euro sollen sich die Schulden der Signa Prime<br />
(u. a. KaDeWe Berlin) laut Medienberichten<br />
Ende 2022 summiert haben. Auch das Ergebnis<br />
drehte deutlich ins Minus, nach 700 Millionen<br />
Euro Gewinn 2021 betrug 2022 der Verlust<br />
1,019 Milliarden Euro. Schon 2022 hätten die<br />
Verbindlichkeiten nicht mehr aus eigener Kraft<br />
bedient werden können, schreibt die „Kleine“.<br />
Ohne Kapitalerhöhung von 750 Millionen Euro<br />
hätte der Signa Prime bereits im letzten Jahr die<br />
Zahlungsunfähigkeit gedroht.<br />
Das Gesamt-Exposure der Finanzinstitute habe<br />
sich auf rund 2,2 Milliarden Euro belaufen, so<br />
ein Insider zur Nachrichtenagentur Reuters<br />
und bezog sich auf Daten von der Mitte des<br />
Jahres. Die größten Kreditgeber seien die<br />
Raiffeisen Bank International (RBI), die ihr Engagement<br />
bei Signa in den vergangenen Jahren<br />
deutlich reduziert habe, und die zur italienischen<br />
UniCredit gehörende Bank Austria. Auf<br />
diese beiden Geldhäuser entfielen den Daten<br />
zufolge beinahe zwei Drittel des Kreditvolumens,<br />
so der Insider.<br />
Laut „Oberösterreichischen Nachrichten“ dürften<br />
die Signa-Finanzierungen der RLB Oberösterreich<br />
bei 150 bis 200 Millionen Euro gelegen<br />
sein, mittlerweile soll es aber deutlich weniger<br />
- ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag -<br />
sein. Auch RBI und Bank Austria dürften sich<br />
laut Zeitung entschlossen haben, ihr Engagement<br />
zu reduzieren. Die Banken haben sich<br />
laut „Standard“ zu ungefähr zwei Drittel mit<br />
Immobilien im Grundbuch abgesichert. Das<br />
Engagement könne zwar schmerzhaft enden,<br />
sei aber verkraftbar, hieß es aus Bankenkreisen<br />
gegenüber der Zeitung.<br />
Die heimischen Versicherer UNIQA und Vienna<br />
Insurance Group (VIG) halten Anleihen<br />
der schlingernden Immobilien- und Handelsgruppe<br />
Signa rund um den Tiroler Investor<br />
Rene Benko in Höhe von 130 Millionen Euro.<br />
Die UNIQA hat Papiere von Signa in Höhe von<br />
rund 80 Millionen Euro. Die VIG erklärte gegenüber<br />
den „Oberösterreichischen Nachrichten“,<br />
eine Signa-Anleihe mit 50 Millionen Euro<br />
Nominale zu besitzen.<br />
Auch deutsche Landesbanken gehören zu<br />
den großen Kreditgebern der Signa-Gruppe.<br />
Die Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba),<br />
die mehrheitlich Sparkassen in Hessen,<br />
Nordrhein-Westfalen, Thüringen und Brandenburg<br />
gehört, soll der Immobilien- und<br />
Handelsgruppe ein mittleres dreistelligen<br />
Millionen-Darlehen gegeben haben, berichtet<br />
die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Die<br />
Nord LB in Hannover soll mit einem niedrigen<br />
dreistelligen Millionenbetrag engagiert sein.<br />
Die Bayern LB in München und die LBBW in<br />
Stuttgart haben laut Zeitung weniger als die<br />
Helaba, aber mehr als die Nord LB an Krediten<br />
an Signa vergeben. Die LBBW will ihr Engagement<br />
nicht beziffern. Mit einem hohen zweistelligen<br />
Millionenbetrag haben laut Zeitung<br />
die DZ Bank, das Spitzeninstitut der deutschen<br />
Volksbanken und Raiffeisenbanken, sowie<br />
ihre Tochtergesellschaft DZ Hyp Immobilienobjekte<br />
von Signa finanziert. Keine dieser<br />
Banken wollte sich zu diesen Informationen<br />
auf „FAZ“-Anfrage äußern.<br />
Im Gegensatz zu den Banken haben die Signa-<br />
Holding-Gesellschafter (unter anderem Haselsteiner,<br />
Tanner, Toeller) und Signa-Prime- und<br />
Development-Aktionäre (u.a. Peugeot, RAG-<br />
Stiftung, Union Investment) keine Besicherungen<br />
für ihre Investments.<br />
Ralf Schmitz<br />
Schmitz absolvierte ein Diplomstudium Wirtschaftsingenieurwesen an der Universität GH Paderborn mit den<br />
Schwerpunkten Bilanzen, Finanzen, Steuern und Kapitalmarkt-theorien. Er blickt auf eine 20-jährige Erfahrung<br />
im Bereich Restrukturierung an deutschen Standorten in unterschiedlichen Branchen – von der<br />
Automobilindustrie über den Maschinen- und Anlagenbau bis zu Immobilien und Medien – zurück.<br />
Zwischen 2010 und 2017 war Herr Schmitz als Partner bei einer renommierten Unternehmensberatung<br />
und Partner in Köln tätig, wo er operative und finanzielle Restrukturierungsaufgaben von<br />
Firmen im größeren Mittelstand und Konzernen innehatte.<br />
In den Jahren 2013 bis 2019 war der 56-jährige Düsseldorfer als CRO in diversen Unter-nehmen, u.<br />
a. bei der Edscha AG, DIHAG AG, A.T.U, STEAG GmbH sowie IVG-Immobilien tätig. Im November<br />
2017 gründete Ralf Schmitz seine Unternehmensberatung Schmitz und Partner in Düsseldorf.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
109
René Benko<br />
D<br />
er Aufstieg des Immobilientycoons<br />
René Benko klingt zunächst<br />
wie aus dem Bilderbuch:<br />
Aus einfachen Verhältnissen<br />
und ohne Schulabschluss schaffte es der Tiroler<br />
zu einem der reichsten Unternehmer des<br />
Landes. Doch jetzt Benko und seine Signa-<br />
Holding in der Krise. Seine Firmen schreiben<br />
Verluste, große Geldgeber wenden sich ab.<br />
Wer ist der Mann, dem nun der tiefe Fall prophezeit<br />
wird?<br />
Benkos Imperium, die Signa Holding, hat<br />
der 46-Jährige aus Innsbruck bereits mit 22<br />
Jahren aufzubauen begonnen. Auf 4,2 Milliarden<br />
Euro schätzt das Magazin „Trend“ heute<br />
das Vermögen von Benko. Mit 20 Jahren<br />
soll er seine erste Schilling-Million gehabt<br />
haben, mit 40 war er Euro-Milliardär, so die<br />
Zeitschrift, die ihn derzeit auf Platz acht der<br />
hundert reichsten Österreicherinnen und Österreicher<br />
führt.<br />
Schon als Schüler erregte der Sohn eines<br />
Gemeindebediensteten und einer Kindergärtnerin<br />
Mitte der 1990er-Jahre Aufsehen. Als<br />
17-Jähriger organisierte er für einen befreundeten<br />
Innsbrucker Baumeister den Ausbau<br />
von Dachböden in bester Stadtlage. Dass er<br />
damit gutes Geld verdiente, stellte er auch zur<br />
Schau. Schulkollegen erinnerten sich vor einigen<br />
Jahren im „Falter“ an Goldkettchen und<br />
einen geleasten Ferrari.<br />
Blitzgneißer“ mit gutem<br />
Geschäftsinstinkt<br />
Benko gilt in seinem Umfeld als „Blitzgneißer“<br />
mit gutem Geschäftsinstinkt, als „super Netzwerker“<br />
und vor allem als sehr arbeitswillig<br />
- nach eigenen Angaben steht er jeden Tag um<br />
halb fünf in der Früh auf und arbeitet bis kurz<br />
vor Mitternacht.<br />
Nur die Schule hat Benko nicht so ernst genommen.<br />
„Das ist wahrlich so, ich war im<br />
letzten Schuljahr, im Maturajahr, so wenig in<br />
der Schule, dass ich dann aufgrund der vielen<br />
Fehlstunden nicht mehr zur Matura zugelassen<br />
wurde“, erzählte er vor vielen Jahren in<br />
einem ORF-Interview.<br />
Benko gelang es früh, Reiche und Prominente<br />
von seinen Geschäftsideen zu überzeugen.<br />
Kurz nach der Gründung der Immofina, aus<br />
der später die Signa-Gruppe hervorging, traf<br />
er auf den Stroh-Tankstellenerben Karl Kovarik,<br />
der sich 2001 in Benkos Unternehmen einkaufte.<br />
Mit Kovariks Geld, einem zweistelligen<br />
Millionenbetrag, wuchs die Signa Holding zu<br />
einem der größten österreichischen Immobilienunternehmen<br />
heran, das seine Fühler längst<br />
auch ins Ausland, vor allem nach Deutschland,<br />
ausgestreckt hat.<br />
Der erste große Deal, mit dem der Tiroler 2004<br />
auf sich aufmerksam machte, war die Übernahme<br />
des Kaufhaus Tyrol, dem bekanntesten<br />
Warenhaus in dem westlichen Bundesland.<br />
Heute gehören zur Signa-Gruppe Immobilien<br />
wie das „Goldene Quartier“ in der Wiener Innenstadt,<br />
das Gebäude der Deutschen Börse in<br />
Eschborn, eine Hälftebeteiligung am Chrysler<br />
Building in New York, das Nobelkaufhaus<br />
Selfridges in London oder der Elbtower in<br />
Hamburg, bei dem zuletzt die Bauarbeiten<br />
eingestellt werden mussten, weil Signa nach<br />
Angaben der Baufirma nicht rechtzeitig zahlte.<br />
Das sind nur einige Beispiele für das Immobilienimperium<br />
rund um Benko und seine Signa-<br />
Gruppe. Die gleichnamige Holding gehört<br />
Fotos: APA/GEORG HOCHMUTH, : APA/HANS KLAUS TECHT<br />
110 ImmoFokus
indirekt zu 77,5 Prozent der Familie Benko, 15<br />
Prozent hält die Familienstiftung um den Industriellen<br />
und Ex-Strabag-Konzernchef Hans<br />
Peter Haselsteiner.<br />
Benko ist auf Diskretion bedacht, wenn es<br />
um sein Privatleben geht. Der mit einem Ex-<br />
Model verheiratete mehrfache Familienvater<br />
beschränkt seine öffentlichen Äußerungen<br />
und Auftritte auf ein Minimum. Seine Verschwiegenheit<br />
gilt auch für seine Geschäftsergebnisse<br />
- in die Bücher seiner bewusst nicht<br />
börsennotierten Signa Holding lässt er Außenstehende<br />
in der Regel nicht blicken, insbesondere<br />
Gewinn- und Reservezahlen behält er<br />
lieber für sich.<br />
Mit dem Kauf der österreichischen Möbelketten<br />
Kika und Leiner verschaffte sich Benko<br />
den Eintritt in den heimischen Handel. Ebenfalls<br />
2018 beteiligte sich Benko mit knapp 25<br />
Prozent an den österreichischen Tageszeitungen<br />
Kronen Zeitung und Kurier.<br />
Der „Tiroler des Jahres 2011“ ist nicht unumstritten.<br />
Benko steht regelmäßig im Fokus<br />
wegen seiner Immobiliengeschäfte, dem Geschäftsgebaren<br />
der Signa-Gruppe, seiner offenbaren<br />
Nähe zu Politikern und dem Vorwurf<br />
der politischen Einflussnahme in Österreich.<br />
Im Herbst 2022 hatte es Hausdurchsuchungen<br />
bei der Signa-Gruppe durch die Wirtschaftsund<br />
Korruptionsstaatsanwaltschaft gegeben.<br />
Auch der Umgang mit Galeria Karstadt Kaufhof<br />
in Deutschland brachte Benko Kritik ein,<br />
weil Galeria insgesamt knapp 700 Mio. Euro<br />
Staatshilfen bekam, dann in großem Stil Leute<br />
kündigte und Filialen schloss. Für ähnliche<br />
Kritik sorgte das Vorgehen seiner Möbelhauskette<br />
Kika/Leiner in Österreich. Während<br />
der Coronapandemie unterstützte der österreichische<br />
Staat die Möbelhausgruppe mit<br />
Steuerstundungen in Höhe von 150 Mio. Euro,<br />
zudem schickte der Möbelhändler fast alle<br />
4.200 Mitarbeiter in Kurzarbeit.<br />
Benko umgibt sich gerne mit Prominenten aus<br />
Politik und Wirtschaft, die ihm immer wieder<br />
beträchtliche Summen anvertraut haben. Zu<br />
seinem herbstlichen Törggelen, dem Südtiroler<br />
Brauch mit Maroni-Essen und Wein,<br />
erscheinen alljährlich wichtige Menschen<br />
aus Wirtschaft, Politik, Medien und Kultur.<br />
Der Unternehmer baute sich ein prominentes<br />
Netzwerk auf. Im Beirat seiner Holding sitzen<br />
unter anderem Ex-SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer,<br />
die Wüstenrot-Chefin und Ex-FPÖ-<br />
Vize-Kanzlerin Susanne Riess-Hahn und der<br />
ehemalige Bank-Austria-Chef Karl Samstag.<br />
2012 erlitt Benko einen Rückschlag als er<br />
wegen versuchter verbotener Intervention<br />
vor Gericht stand. In der Folge hat sich<br />
Benko zwar operativ aus seiner Signa Holding<br />
zurückgezogen, verfügt aber über seine<br />
Familienstiftungen über die Mehrheit der<br />
Stimmrechte und gilt weiterhin als zentraler<br />
Entscheidungsträger.<br />
Der umtriebige Tiroler beließ es nicht beim<br />
Immobiliengeschäft, sondern baute nach und<br />
nach auch ein Handelsimperium mit teils<br />
recht attraktiven Immobilien in zentraler Lage<br />
auf. 2012 übernahm er gemeinsam mit dem israelischen<br />
Diamantenhändler Beny Steinmetz<br />
das berühmte Kaufhaus des Westens, das Ka-<br />
DeWe, in Berlin. Europaweit bekannt wurde<br />
er 2014 mit dem Kauf der angeschlagenen<br />
deutschen Warenhauskette Karstadt, die er<br />
sanierte. Nachdem sich Benko 2019 auch den<br />
Karstadt-Konkurrenten Kaufhof einverleibt<br />
hatte, fusionierte er die beiden Kaufhäuser<br />
unter dem Dach der „Galeria Karstadt Kaufhof<br />
GmbH“.<br />
Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid wirft Benko<br />
vor, dieser habe ihm einen Job im Signa-Konzern<br />
angeboten, wenn Schmid im Gegenzug<br />
millionenschwere Steuerangelegenheiten für<br />
ihn „auf Schiene“ bringe. Benko bestreitet<br />
sämtliche Vorwürfe.<br />
Anfang Juni <strong>2023</strong> zog sich Benko aus der erst<br />
2018 von der südafrikanischen Steinhoff-<br />
Gruppe übernommenen Kika/Leiner-Gruppe<br />
zurück. Seine Signa-Gruppe verkaufte die<br />
Immobilien der Möbelkette Kika/Leiner an<br />
die Grazer Supernova-Gruppe. Kurz nach<br />
dem Verkauf wurde bekannt, dass rund die<br />
Hälfte der Kika/Leiner-Belegschaft gekündigt<br />
werden müsse, wenige Tage später wurde die<br />
Insolvenz der Möbelkette angemeldet. Der<br />
Hergang und die Folgen der größten Insolvenz<br />
der vergangenen zehn Jahre brachten<br />
den Geschäftsmann erneut in die Schlagzeilen.<br />
<strong>2023</strong> ist kein gutes Jahr für Benko, denn die<br />
Probleme häufen sich. Die EU-Bankenaufsicht<br />
unterzieht die Kredite von Banken an die<br />
Signa-Gruppe einer Sonderprüfung. Der Abschwung<br />
am Immobilienmarkt trifft die Signa<br />
Holding hart. Hohe Abwertungen auf das<br />
Immobilienportfolio drückten das Ergebnis<br />
der Signa Prime Selection AG im vergangenen<br />
Jahr tief ins Minus. Die Signa Sports United,<br />
der Online-Sportartikelhändler rund um<br />
Benko, ist zahlungsunfähig und musste im<br />
Oktober Insolvenz anmelden.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
111
Zum Autor<br />
Andreas Kreutzer ist Geschäftsführer des Beraternetzwerks<br />
Kreutzer Fischer & Partner mit Sitz in Wien. Seit nahezu<br />
30 Jahren unterstützt KFP unter anderem Unternehmen bei<br />
Marktanalysen und Projekten.<br />
Der weite Weg zum seriellen Bauen<br />
Kommentar: Andreas Kreutzer<br />
Bestandsaufnahme Oktober <strong>2023</strong>: Seit 2020 sind die Baupreise im<br />
Wohnungs- und Siedlungsbau um 34 Prozent gestiegen. Im selben<br />
Zeitraum ist die Anzahl der baugenehmigten Wohnungen in Objektwohngebäuden<br />
um die Hälfte gesunken. Im heurigen Jahr wird voraussichtlich<br />
nur noch mit dem Bau von rund 30.000 Wohnungen<br />
begonnen. 2021 waren es noch 48.000 Wohneinheiten. Im Allgemeinen<br />
werden dafür die KIM-Verordnung und die steigenden Zinsen<br />
für Wohnbaudarlehen verantwortlich gemacht. Allerdings war die<br />
Kreditfinanzierung zuletzt in den Jahren 2007 und 2008 noch kostspieliger<br />
als heute. Und eine KIM-Verordnung gibt es etwa in Deutschland<br />
nicht, trotzdem bricht auch dort der Wohnungsneubau ein. Bei<br />
genauer Betrachtung sind es daher die hohen Baupreise, die die Neubauproduktion<br />
lähmen. In beiden Ländern haben sie sich mehr und<br />
mehr von der Infla-tion abgekoppelt. In Österreich erhöhten sich die<br />
Baupreise seit 2015 um ein Fünftel rascher als die Verbraucherpreise.<br />
Der Grund dafür ist hinlänglich bekannt: Während die Arbeitsproduktivität<br />
gesamtwirtschaftlich seit 1995 um rund 40 Prozent stieg,<br />
entwickelte sie sich im Bausektor – unter Berücksichtigung höherer<br />
technischer Anforderungen – nur seitwärts. Steigende Kosten müssen<br />
daher zur Gänze an den Bauherrn weitergegeben werden.<br />
Verantwortlich für die Stagnation der Arbeitsproduktivität sind nicht<br />
alleine die Bauunternehmen. Auch die Auftraggeber tragen entscheidend<br />
dazu bei. Denn Wohngebäude werden in der Regel nach wie vor<br />
individuell geplant, von den Behörden „einzeltypisiert“ und danach<br />
maßgeschneidert errichtet. Über serielles Bauen wird zwar gerne<br />
diskutiert, sehr weit gekommen ist man bislang aber nicht. Selbst auf<br />
der „Grünen Wiese“, wo, anders als beim Schließen von Baulücken,<br />
planerisch vergleichsweise wenige Restriktionen zu berück-sichtigen<br />
sind, ist der Prototypenbau omnipräsent. Dabei war man in dieser<br />
Hinsicht in den 1970er-Jahren schon weiter. Damals wurden etwa am<br />
Stadtrand von Wien im großen Stil identische Gebäude in industrieller<br />
Weise hochgezogen. Die Kosten waren beeindruckend niedrig.<br />
Würde man zu „Losgrößen“ in ähnlichen Dimensionen zurückkehren,<br />
könnte man selbst unter Berücksichtigung der heutigen technischen<br />
Standards um gut 40 Prozent günstiger bauen: zum einen infolge der<br />
steigenden Produktivität, zum anderen, weil beim Bau von Typenhäusern<br />
Bauverfahren stark verkürzt werden könnten. Befürchtungen architektonischer<br />
Monotonie sind unbegründet. Wie die nicht realisierten<br />
Entwürfe zur Stadtentwicklung in Wien von Otto Wagner zeigen,<br />
kann Gleichartigkeit ziemlich reizvoll sein.<br />
Fotos: Sima.pix, Alexander Chitsazan, Adobe Stock<br />
112 ImmoFokus
Zum Autor<br />
Karina Schunker startete ihre Karriere in der EHL-Gruppe im<br />
Vertrieb von Miet- und Eigentumswohnungen. 2019 wurde<br />
ihr für EHL Wohnen die Prokura verliehen. Seit 2021 ist sie<br />
Geschäftsführerin von EHL Wohnen.<br />
Wohnquartiere – attraktiv,<br />
vielfältig und lebenswert<br />
Kommentar: Karina Schunker<br />
Über die letzten Jahre entstanden immer mehr Quartiersentwicklungen,<br />
die sich vor allem bei Wohnungssuchenden sehr großer<br />
Beliebtheit erfreuen. Das liegt insbesondere daran, dass solche neu<br />
gewachsenen Stadtviertel für Bewohner eine besonders hohe Wohnund<br />
Lebensqualität bieten.<br />
Eine der wichtigsten Komponenten dabei ist die Schaffung einer<br />
neuen Infrastruktur, die genau auf die Bedürfnisse der Bewohner<br />
abgestimmt wird. Dies umfasst nicht nur schön gestaltete Erschließungswege,<br />
Begegnungszonen, Verkehrswege und die Anbindung an<br />
öffentliche Verkehrsmittel, sondern ebenso die Bereitstellung von Bildungseinrichtungen<br />
und Einkaufsmöglichkeiten sowie Gastronomiebetriebe<br />
und Angebote zur Freizeitgestaltung in unmittelbarer Nähe.<br />
Das tägliche Leben der Menschen soll zum einen erheblich erleichtert<br />
und zum anderen die Abhängigkeit von weit entfernten Stadtzentren<br />
reduziert werden.<br />
Ein weiterer entscheidender Aspekt ist die soziale Durchmischung der<br />
Quartiere. Eine Vielfalt unterschiedlicher Assetklassen und sozialer<br />
Schichten trägt dazu bei, dass sich Menschen unterschiedlichen Alters<br />
und sozialen Hintergrundes begegnen und voneinander profitieren können.<br />
Das soziale Miteinander wird gefördert und es entstehen lebendige<br />
Gemeinschaften, die sich gegenseitig unterstützen. Dazu gehört auch die<br />
generationsübergreifende Gestaltung der Quartiere, bei der die Bedürfnisse<br />
und Interessen aller Altersgruppen berücksichtigt werden.<br />
Ein wichtiger Ansatzpunkt ist die Aufwertung des zuvor bestehenden<br />
Grätzls. Das beinhaltet die Pflege und Verschönerung öffentlicher<br />
Räume, von Parks und von Plätzen, mit der Absicht, diese zu attraktiven<br />
Treffpunkten macht. Des Weiteren sorgt eine gute Durchmischung<br />
von Wohn- und Gewerbeflächen dafür, dass die Quartiere<br />
belebt sind und auch in wirtschaftlicher Hinsicht florieren.<br />
Historisch gewachsene Stadtzentren verlieren mit der Entwicklung<br />
neuer Wohnquartiere ihre Alleinstellungsmerkmale. Das hat den<br />
Vorteil, dass die Verkehrsbelastung in diesen Gebieten reduziert wird<br />
und so wiederum die Lebensqualität in Innenstädten steigt.<br />
Bei der Konzeptionierung eines Quartiers geht es primär um ein neues<br />
Grätzl, das oftmals als 15-Minutenstadt bezeichnet wird. Dies bedeutet,<br />
dass die Bedürfnisse und Wünsche der Bewohner berücksichtigt<br />
werden und alle Wege des täglichen Bedarfs in einem Umkreis von 15<br />
Minuten Fußmarsch zurückgelegt werden können. Mittlerweile wird<br />
für die Nutzung sowie die weitere Ausgestaltung des Quartiers meist<br />
auch die Gemeinschaft aktiv miteingebunden.<br />
Im Gespräch mit unseren Kunden stellen wir<br />
bei EHL immer wieder fest, dass Wohnquartiere<br />
stark an Attraktivität gewonnen haben<br />
und besonders positiv aufgenommen werden.<br />
Vor allem gut geplante Quartiere mit gemischter<br />
Nutzung bieten optimale Voraussetzungen,<br />
um für die Bewohner eine nachhaltige<br />
Wohnumgebung, verbunden mit einer besonders<br />
hohen Lebensqualität, zu schaffen.<br />
Fotos: ALEXANDER SCHLEISSING, Adobe Stock<br />
113 ImmoFokus
Zum Autor<br />
Wolfgang Scheibenpflug ist Geschäftsbereichsleiter für<br />
Immobilien- und Standortmanagement der Flughafen<br />
Wien AG sowie Präsidiumsmitglied der ÖGNI und Mitglied<br />
bei IMMQ und RICS.<br />
Quartiersentwicklung als strategische Aufgabe<br />
Kommentar: Wolfgang Scheibenpflug<br />
Standort- und Quartiersentwicklungen sind hochstrategische und<br />
langfristige Planungsansätze, um eine integrierte Immobilienentwicklung<br />
und die Schaffung von dafür notwendigen Dienstleistungsangeboten<br />
zu gewährleisten. Das prioritäre Ziel dieser Entwicklungen<br />
ist, die Lebens- und Arbeitsbedingungen der dort lebenden beziehungsweise<br />
arbeitenden Menschen nachhaltig zu verbessern und die<br />
Attraktivität des jeweiligen Standortes zu erhöhen.<br />
Gerade die COVID-19-Krise hat nicht nur die<br />
Verletzbarkeit unserer Gesellschaften in<br />
mannigfacher Hinsicht aufgezeigt, sondern<br />
auch zu großen Umwälzungen<br />
in der Arbeitswelt geführt. Viele<br />
Entwicklungen, die bereits seit<br />
Jahren in der Immobilienbranche<br />
diskutiert wurden, haben in kürzester<br />
Zeit Einzug in unsere Büros<br />
und Arbeitsstätten gefunden.<br />
Home-Office, flexibles Arbeiten,<br />
ein Verschwinden der Grenzen von<br />
Arbeit und Freizeit durch die rasant<br />
fortschreitende Digitalisierung und<br />
viele weitere Veränderungen zwingen<br />
auch die Immobilienbranche zu einem<br />
Strategiewechsel hinsichtlich zukünftiger<br />
Projektentwicklungen.<br />
Für diese Veränderungen und zukünftigen Herausforderungen<br />
können Quartiersentwicklungen als geeigneter<br />
Lösungsansatz gesehen werden. Gerade die holistische Betrachtungsweise<br />
dieser Entwicklungen, die weit über die Bebauung einer<br />
Einzelparzelle hinausdenkt, ja besonders die Kundenbedürfnisse<br />
eines ganzen Areals in den Mittelpunkt aller Bemühungen stellt,<br />
kann einen entscheidenden Unterschied darstellen. Notwendige und<br />
gesellschaftspolitisch geforderte Dienstleistungen wie Kindergärten,<br />
Sozialeinrichtungen et cetera, aber auch „klimafitte“ Grünräume und<br />
Begegnungszonen können bereits frühzeitig mitgedacht werden.<br />
Quartiersentwicklungen können, neben den bereits genannten Vorteilen,<br />
auch als ideale Experimentierfelder für technische<br />
Innovationen und Nachhaltigkeit erkannt werden.<br />
Insbesondere dann, wenn eine (Neu-) Gestaltung<br />
eines Areals gesamtheitlich gesteuert<br />
ist. Das ermöglicht vielleicht auch die<br />
Etablierung von Innovationen, welche<br />
für sich (noch) nicht wirtschaftlich betrieben<br />
werden können, jedoch zum<br />
Gesamtnutzen der Bewohner und<br />
damit indirekt zu einer positiven<br />
wirtschaftlichen Betrachtung des<br />
Gebietes beitragen.<br />
Für eine gelungene Entwicklung ist<br />
eine umfassende Kommunikation<br />
mit allen Betroffenen von höchster<br />
Bedeutung. Diese sollte sich aber keinesfalls<br />
in einer „bloßen“ Informationsweitergabe<br />
erschöpfen, sondern in einen<br />
anhaltenden „Dialog auf Augenhöhe“ münden.<br />
Die Gründung eines „Communityvereins“<br />
kann, neben vielen weiteren Maßnahmen, als probates<br />
Mittel erkannt werden. Dies führt nicht nur zu einem<br />
besseren Verständnis und einer engeren Vernetzung aller Akteure,<br />
sondern unter anderem auch zu deutlich niedrigeren Fluktuationsraten<br />
bei Mietern, was wiederum zu verbesserten wirtschaftlichen<br />
Kennzahlen beitragen kann.<br />
Fotos: ALEXANDER SCHLEISSING, Adobe Stock<br />
114 ImmoFokus
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
115
Zum Autor<br />
Hans Jörg Ulreich, Gründer und geschäftsführender<br />
Gesellschafter der Ulreich Bauträger GmbH,<br />
Bauträger sprecher Österreich, Lektor an der TU Wien<br />
und FH Wien.<br />
Knapp daneben ist nicht vorbei<br />
Kommentar: Hans Jörg Ulreich<br />
Ich weiß nicht, ob es allen Wiener Kollegen bewusst war: Die anstehende<br />
Bauordnungsnovelle hätte in ihrer ursprünglichen Fassung das<br />
Wiener Stadtbild über alle Widmungen gestellt. Im Grunde genommen<br />
war dies eine andere Formulierung dafür, dass die MA19 zukünftig<br />
Dachgeschossausbauten nur noch mit einem (!) Geschoß bewilligt<br />
hätte. Zusätzlich zum Altbaupickerl und allen anderen Irrwitzigkeiten<br />
also das Tüpfelchen auf dem i für innerstädtische Projektentwickler<br />
und damit das offizielle Ende als Folge für ökologisch nachhaltige Altbausanierungen.<br />
Was ich, als Branchenvertreter und betroffener Unternehmer, in den<br />
letzten Tagen und Wochen an Informationskampagnen in Bewegung<br />
setzte, um darauf aufmerksam zu machen und um mit Verbündeten<br />
vernünftige Entscheidungsträger von der Irrsinnigkeit dieser Regelung<br />
zu überzeugen, findet gar keinen Platz in dem gesamten Journal.<br />
Round-Table-Gespräche, Kritik bei jeder Gelegenheit, bewusste Journalistenaufklärung<br />
und vieles mehr, all das habe nicht nur ich, sondern<br />
haben viele besorgte Kolleginnen und Kollegen aus allen Bereichen unserer<br />
Branche ebenso wie die Industrie und die Gewerkschaft versucht.<br />
Das Ergebnis ist offensichtlich zumindest ein bisschen Einsicht bei<br />
den politisch Verantwortlichen. Statt einer eindeutigen Regelung pro<br />
innerstädtischer Nachverdichtung und Sanierung oder dagegen gibt es<br />
nunmehr wenigstens eine vage Hoffnung.<br />
Keine einzige Branche wird derzeit von der Wirtschaftskrise so durchgerüttelt<br />
wie die unsere. Es gibt keine Ecke, an der gerade nicht „der<br />
Hut brennt“. Die Baukosten steigen und steigen, Entwicklungen ziehen<br />
sich über Jahre und der Kundenmarkt bricht dramatisch ein. Klare<br />
Entwicklungen, allen positiven Prophezeiungen zum Trotz, kann man<br />
angesichts der weltpolitischen Lage beim besten Willen nicht treffen.<br />
Wir befinden uns ganz allgemein in einem Ausnahmezustand.<br />
Die Gewerkschaften warnen, dass die jetzt in die Arbeitslosigkeit gedrängten<br />
Fachkräfte – wie schon in der Gastronomie nach der Pandemie<br />
– nicht wieder zurückkehren werden. Bauträger legen noch nicht entwickelte<br />
Projekte auf die Warteschiene, was wiederum einen massiven<br />
Einbruch in allen daran hängenden Branchen bedeutet. Viele kleinere<br />
und mittlere Unternehmen kämpfen um ihre Existenz.<br />
Obwohl ich selbst Teil unserer Interessensvertretung bin, habe ich das<br />
Gefühl, dass selbst diese, und zwar nicht nur die unsere, eben auch die<br />
Fotos: Sebastian Philipp, Adobe Stock<br />
116 ImmoFokus
| BA12-12aG |<br />
So baut<br />
man heute<br />
Building Automation von Beckhoff<br />
Gewerkschaften, langsam von einem Gefühl der Ohnmacht überkommen<br />
werden.<br />
Seit dem Beginn meiner Arbeit in der WKO habe ich es noch nie<br />
erlebt, dass so viele unterschiedliche Lager und Vertreter alle im<br />
Grunde genommen dasselbe wollen: Nämlich genau jetzt die richtigen<br />
Rahmenbedingungen zur Ankurbelung von Sanierungen<br />
und indirekt damit auch die Ankurbelung von innerstädtischer<br />
und innerdörflicher Nachverdichtung, bei zweiterem, der innerdörflichen<br />
Belebung, zu schaffen.<br />
So baut man flexibel:<br />
mit Beton.<br />
So baut man klassisch:<br />
mit Ziegelsteinen.<br />
So baut man sicher:<br />
mit Stahl.<br />
Die politischen Vertreter auf Bund- und Landesebenen stellen sich<br />
diesbezüglich taub und bilden aus meiner Sicht mittlerweile schon<br />
als Pendant zu uns eine geschlossene Parallelgesellschaft. Anders<br />
kann ich meinen Eindruck nicht beschreiben.<br />
Gut, manchmal dringt oder besser drängt Kritik durch und mündet<br />
in eine rechtliche Formulierung, die viel Ermessenspielraum zulässt,<br />
allerdings in jede Richtung.<br />
Aber wir können so nicht mehr weitermachen und immer darauf<br />
bauen, dass in letzter Sekunde doch noch etwas – von „den anderen“<br />
– bewegt wird.<br />
Es sieht wirklich nicht gut aus. Und die Kopf-in-den-Sand-Taktik,<br />
liebe Kolleginnen und Kollegen, hat uns alles andere als voran gebracht.<br />
Wenn wir nicht endlich aufwachen, warum sollte sich politisch<br />
etwas bewegen?<br />
Nur weil unser Boot besser gepolstert ist als andere, heißt es nicht,<br />
dass wir vor dem Sinken geschützt sind.<br />
Wenn wir Sanierungsanreize und vieles mehr wollen, dann müssen<br />
wir heute damit anfangen, dies einzufordern und zu propagieren,<br />
statt bis zur nächsten Gesetzesvorlage zu warten.<br />
Anders wird es sich nicht mehr lange ausgehen. Dann fährt nämlich<br />
– und das vergessen auch viele – neben Unternehmen auch die<br />
Umwelt, unser Lebensraum, an die Wand.<br />
So baut man intelligent:<br />
mit Automatisierungskomponenten von Beckhoff.<br />
Mit Beckhoff Building Automation lassen sich alle Gewerke auf Basis<br />
eines ganzheitlichen, durchgängigen, PC- und Ethernet-basierten<br />
Gebäudeautomatisierungskonzeptes integrieren. Der Effekt: Investitionskosten<br />
werden minimiert, Wartung und Flexibilität werden optimiert, die<br />
Engineeringkosten gesenkt und alle Kriterien für Gebäudeautomation<br />
nach Energieeffizienzklasse A erfüllt. Das modulare Beckhoff Steuerungssystem<br />
erlaubt eine Anbindung aller Datenpunkte und Subsysteme über<br />
Beckhoff Busklemmen sowie eine flexible Bedienung, vom Smart-Phone<br />
bis zum Touchpanel.<br />
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
117
Zum Autor<br />
Alexa Krenauer ist Immobilienverwalterin und<br />
Prokuristin in der IV Mag. Christian Krenauer GmbH<br />
und Mitglied beim Salon Real. Sie ist Wirtschafts- und<br />
Immomediatorin, Businesscoach, Lektorin, Co-Autorin.<br />
MUT ZUR LÖSUNG<br />
Kommentar: Alexa Krenauer<br />
Seit Beginn meiner beruflichen Laufbahn in der Immobilienwirtschaft<br />
begegnen mir tagtäglich Konflikte und auch Beschwerden. Dabei<br />
spielt besonders der Zeitdruck, der nicht zuletzt durch elektronische<br />
und soziale Medien geprägt wird, eine wesentliche Rolle. Gerade wir<br />
Immobilientreuhänder sind dazu angehalten, in noch kürzerer Zeit<br />
noch kompetenter auf die zunehmenden Kundenforderungen einzugehen.<br />
Wie können wir dieses Ziel erreichen? Vor allem der Aspekt Kommunikation,<br />
gepaart mit Empathie und Wertschätzung, sowie soziales<br />
Management sind wichtige Schlüsselfaktoren.<br />
Konflikte auf Augenhöhe<br />
Im Rahmen meiner Tätigkeit als Lektorin an der FH Wien im Immobilienmanagement<br />
gebe ich den Studierenden mediative Tools und Fragetechniken<br />
an die Hand, die ihren Alltag erleichtern. Denn es ist mir ein großes<br />
Anliegen, die Ausbildung der angehenden Immobilientreuhänder bestmöglich<br />
zu unterstützen. Eine sehr effektive Methode ist beispielsweise<br />
die der praxisbezogenen Rollenspiele. Durch diese erfahren sie, wie man<br />
ohne Missverständnisse und vor allem auf Augenhöhe kommuniziert.<br />
Nur auf diesem Weg können wir vermeiden, dass Konflikte eskalieren<br />
und es zu Gerichts- und Schiedsverfahren kommt.<br />
Veränderungen im Kundenverhalten<br />
In den letzten Jahren, nicht zuletzt durch die Coronapandemie bedingt,<br />
konnten wir eine nachhaltige Veränderung des Kundenverhaltens beobachten.<br />
Der Lockdown und das damit einhergehende „verordnete“<br />
Home-Office haben für viele von uns zu Umstrukturierungen in unserem<br />
Alltag geführt. Neue Herausforderungen wie das Zusammenleben auf<br />
engem Raum, Zeitmanagement und auch der persönliche Umgang miteinander<br />
sind stark in den Vordergrund getreten. Durch die allgemeine<br />
Unsicherheit und auch die folgende Wirtschaftskrise ist eine verstärkte<br />
Aggressivität deutlich spürbar. Denn: Die Existenzsorgen sind unweigerlich<br />
mit den steigenden Kosten verbunden. Und gerade deswegen habe<br />
ich es mir zur Aufgabe gemacht, Referenten in Immobilienverwaltungen<br />
entsprechend vorzubereiten und zu schulen. Denn hier muss man klare<br />
Grenzen zwischen dem Beruflichen und dem Privaten ziehen können.<br />
Die Probleme dürfen keinesfalls mit nach Hause genommen werden<br />
und um das zu ermöglichen, muss man lernen, sich abzugrenzen und<br />
Vorwürfe nicht persönlich zu nehmen.<br />
Kommunikation – das A & O<br />
Dass Kommunikation die Basis einer jeden Kundenbeziehung ist, brauche<br />
ich wohl nicht zu erwähnen. Dass gute Kommunikation das Kundenverhalten<br />
präventiv verändern kann, möchte ich an dieser Stelle<br />
jedoch nochmal betonen! Fühlt sich der Kunde abgeholt? Sind noch<br />
Fragen offen? Wurden sämtliche Abläufe genau erklärt? Hier spielt<br />
nicht nur die verbale, sondern auch die nonverbale Kommunikation<br />
eine zentrale Rolle. Daher gilt es, Mimik, Gestik und Körpersprache zu<br />
beobachten und vor allem deuten zu lernen.<br />
Motivation durch Konfliktfähigkeit<br />
Wenn die Mitarbeiter die Kundenforderungen besser verstehen und<br />
dadurch bewältigen können, führt diese verbesserte Konfliktfähigkeit<br />
zu einer Führungskompetenz.<br />
Das Ergebnis: ausgeglichenere Mitarbeiter, bessere Work-Life-<br />
Balance und höhere Motivation. Dies reduziert zudem den Personalwechsel,<br />
da sowohl die Mitarbeiter- als auch die Kundenzufriedenheit<br />
gleichermaßen gesteigert werden können.<br />
Konflikte…<br />
• sind Chancen<br />
• fördern die Selbsterkenntnis<br />
• motivieren zur Selbstbeobachtung<br />
• festigen den Gruppenzusammenhalt<br />
• treiben Veränderungen voran<br />
• verhindern Stagnation<br />
• regen zur Lösungssuche an<br />
aber sie anzugehen erfordert MUT ZUR LÖSUNG!<br />
Fotos: studiohuger.at<br />
118 ImmoFokus
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<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
119
Impulse geben.<br />
Energiereich agieren<br />
FM-Day <strong>2023</strong>.. „Rockin‘ All over the World“. Zu den Klängen des Status Quo-Hits aus den späten 70er<br />
Jahren läuteten FMA-Vorstandsvorsitzende Doris Bele und Mikis Waschl, Präsident der IFMA Austria, den<br />
energiegeladenen 8. FM-Day <strong>2023</strong> im Wiener Park Hyatt ein.<br />
I<br />
m Interview zum Opening des energiereichen<br />
Tages machte Martin Zagler,<br />
Geschäftsführer von Platinsponsor<br />
Soluto, klar, worin der Schlüssel zum<br />
Erfolg - des persönlichen, des geschäftlichen,<br />
wie auch des gesellschaftlichen - zu finden ist:<br />
„Was ich tue, mache ich mit Leidenschaften. Das<br />
Stichwort dabei lautet: Tun!“ Die FM-Branche<br />
ist sich dem bewusst, denn es gibt viel zu tun,<br />
wie das vielfältige Programm des FM-Days unter<br />
Beweis stellte.<br />
„Impulse geben. Energiereich agieren“, lautete<br />
das Motto des diesjährigen FM-Days, der erstmals<br />
als zertifiziertes „Green Meeting“ über<br />
die Bühne ging und so bereits ein starkes Zeichen<br />
dafür setzte, dass die Branche zur grünen<br />
Transformation maßgeblich beitragen kann<br />
und hier auch eine Vorreiterrolle übernimmt.<br />
Wie sehr sich FMA und IFMA Austria dabei<br />
in die Pflicht genommen sehen, zeigten die<br />
Newsticker zur aktuellen Vereinsarbeit, die auf<br />
großes Interesse stießen.<br />
So wurden von FMA und IFMA Austria unter<br />
anderem ein Leitdokument zur „Digitalisierung<br />
im FM“, ein White Paper zu „ESG und<br />
FM“ und ein Handlungsleitfaden „Blackout“<br />
erstellt- und nun präsentiert. Mit „FMe- Frauen<br />
managen exzellent“ wurde zudem eine neue<br />
Initiative exklusiv für Frauen im FM ins Leben<br />
gerufen und mit ihrem Mentoring-Programm<br />
„Honey Bee meets Queen Bee“ und dem Paper<br />
„So attraktiv ist FM für Frauen“ vorgestellt.<br />
Außerdem wurden die Ergebnisse des jüngsten<br />
Workshops im Rahmen des FORUM Arbeitswelten<br />
anhand einer 3D-Mindmap dargestellt.<br />
Nachhaltigkeit als Wettbewerbsvorteil<br />
Die gegenwärtigen Herausforderungen sind<br />
vielfältig - wobei die Energiewirtschaft eine<br />
Schlüsselposition innehat, betonte Martin Graf,<br />
Vorstandsdirektor der Energie Steiermark AG,<br />
in seiner Eröffnungs-Keynote. Er fügte hinzu:<br />
„Wir erleben in der Energiewirtschaft eine Dy-<br />
Fotos: Jana Madzigon<br />
120 ImmoFokus
namik, die wir noch nie hatten.“ Und all jenen,<br />
die dem Umstieg auf erneuerbare Energien mit<br />
Skepsis und Gegenargumenten begegnen, gab<br />
er mit auf den Weg: „Glauben Sie an die Energiewende.<br />
Wenn wir mit erneuerbarer Energie<br />
um die Ecke kommen, werden wir die ausschlaggebenden<br />
Wettbewerbsvorteile haben!“<br />
Fortschritt durch Digitalisierung<br />
Energiewandel das eine, Energieeinsparen das<br />
andere - gerade im Gebäudesektor liegt hier<br />
großes Potenzial, das durch den Einsatz von KI<br />
noch besser ausgeschöpft werden kann. Clemens<br />
Wasner, Al Austria, stellte drei Startups<br />
vor, die sich genau auf diesen Geschäftsbereich<br />
fokussiert haben. Al ist in der Wirtschaft<br />
und im Alltag jedes Einzelnen angekommen<br />
- höchste Zeit, die rechtlichen Rahmenbedingungen<br />
festzulegen. Mit dem European Al Act<br />
will die EU auf einem risikobasierten System<br />
den Einsatz von KI regulieren und die nötige<br />
Rechtssicherheit schaffen .<br />
SECONTRADE, einen digitalen Marktplatz<br />
für Sekundär-Rohstoffe, zum Gewinner.<br />
Aufbruch ins Zeitalter der KI<br />
Der Vortragsblock II stand unter dem Motto<br />
„FM schafft nachhaltige Immobilien“. Auch<br />
dabei ist die Digitalisierung ein nicht wegzudenkender<br />
Faktor. Manuel Gerlach, Recogizer<br />
Group, zeigte auf, wie durch den Einsatz<br />
von KI der Gebäudebetrieb optimiert und<br />
der Energieverbrauch gesenkt werden kann.<br />
„Das Benz-Moment (Anm.: Bertha Benz hat<br />
mit ihrer ersten Fernfahrt die Eignung des<br />
neuen Verkehrsmittels Automobil bewiesen<br />
und damit alle Skeptiker zum Verstummen<br />
gebracht) für die KI war ChatGPT, es hat KI<br />
,zum Anfassen‘ gemacht. KI katapultiert die<br />
Digitalisierung auf ein neues Level und wird<br />
zum Beschleuniger auf dem Weg zur kli-<br />
maneutralen Immobilie“, hielt Gerlach fest.<br />
Daten aus dem Objektmonitoring fließen mit<br />
Umweltdaten zusammen - die KI lernt daraus<br />
und errechnet den optimalen Betrieb der Anlage.<br />
„Jede nichtverbrauchte Kilowattstunde<br />
ist ein echter Beitrag zum Klimaschutz!<br />
97 Prozent der Gebäude sind nicht fit genug,<br />
um die Klimaziele zu erreichen“, gab Manuel<br />
Gerlach zu bedenken.<br />
Um Emissionseinsparungen ging es auch<br />
beim CO2-Countdown-Award <strong>2023</strong>, dessen<br />
Preisträger im Rahmen des FM-Days von Georg<br />
Stadlhofer, IFMA Austria und Katharina<br />
Kowalski, BMK, klimaaktiv, präsentiert wurden.<br />
In insgesamt fünf Kategorien wurden herausragende<br />
Projekte und Beiträge prämiert,<br />
die alle darauf ausgerichtet sind, den CO2-<br />
Fußabdruck zu reduzieren.<br />
.,Was haben Al, FM und HR miteinander zu<br />
tun? Wie bringen wir die unter einen Hut?“ -<br />
Gertrud Götze, T Systems Austria, schloss in<br />
ihrem Vortrag direkt an ihren Vorredner an<br />
und zeigte sich überzeugt, dass KI und Machine<br />
Learning“ maßgeblich dazu beitragen<br />
können, die Bedürfnisse der Mitarbeiter zu<br />
erkennen und die Fluktuation im Unternehmen<br />
zu senken.<br />
Stefan Hauer, VIE Build GmbH, und Martin<br />
Krammer, krammer bauinformatik, schlossen<br />
den ersten Vortragsblock mit ihren Erkenntnissen<br />
zur Nutzung von Open BIM am Flughafen<br />
Wien. „Open-BIM-basiertes FM ist möglich, es<br />
resultiert in Kosteneinsparungen und Effizienzsteigerungen“,<br />
so ihre Conclusio.<br />
FM-Day-Moderator Gerald Groß führte souverän<br />
durch die anschließende Talkrunde, in der<br />
die Digitalisierung in der FM-Branche zur Diskussion<br />
stand - ein Thema, das auch beim Mittagessen<br />
noch für viel Gesprächsstoff sorgte.<br />
PITCH and VOTE<br />
Dann hieß es: „lt‘s time to PITCH and VOTE!“<br />
Die fünf Unternehmen, die beim dritten<br />
„Call for Pitches“ ausgewählt worden waren,<br />
präsentierten ihre innovativen Geschäftskonzepte<br />
zu Beginn des Nachmittagsprogrammes.<br />
Mittels Live-Voting wählten die<br />
Teilnehmer des FM-Days anschließend<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
121
„Ready for ESG“<br />
Lebensräume gestalten.. Bei der VÖPE Herbstkonferenz Anfang Oktober im Haus der Industrie wurde intensiv<br />
über die künftigen Nachhaltigkeitskriterien und wie diese die Branche verändern, diskutiert.<br />
Ö<br />
sterreichs Projektentwickler<br />
denken an die Zukunft und<br />
wollen nachhaltig entwickeln.<br />
Wichtige Impulse gaben unter<br />
anderem Diana Ürge-Vorsatz, Professorin an<br />
der CEU und Vizepräsidentin des Weltklimarates<br />
IPCC, Bernd Vogl, Geschäftsführer des<br />
Klima- und Energiefonds sowie Thomas Madreiter,<br />
Planungsdirektor der Stadt Wien und<br />
Bernhard Inninger, Leiter der Stadtplanung<br />
Graz. Einen zentralen Part hat die Vorstellung<br />
eines Leitfadens für Nachhaltigkeitsberichterstattung<br />
eingenommen, der von der VÖPE<br />
speziell für Entwickler in einem aufwändigen<br />
Prozess gemeinsam mit ihren Mitgliedern<br />
erarbeitet wurde.<br />
Präsidium breiter aufgestellt<br />
Die Erfahrung von fast vier Jahren VÖPE hat<br />
gezeigt, wie wichtig es ist, sich umfassend<br />
aufzustellen, um auch der Themenarbeit und<br />
der Arbeit in den Bundesländern möglichst<br />
viel Raum zu geben. Nach einer Statutenänderung,<br />
die von der Mitgliederversammlung<br />
einstimmig beschlossen wurde, wurde das<br />
Präsidium breiter aufgestellt und setzt sich<br />
nun aus acht Personen zusammen: Präsident<br />
- Andreas Köttl, value one Holding; Vizepräsident<br />
- Erwin Soravia, Soravia Equity; Vizepräsident<br />
- Peter Ulm, Allora Immobilien;<br />
Finanzverantwortlicher - Gerald Beck, UBM<br />
Development Österreich; Erwin Größ, STRA-<br />
BAG Real Estate; Nadja Holzer, STC Development<br />
und Präsidentin der VÖPE Next Christopher<br />
Pongratz; Pongratz Bau Gesellschaft<br />
und Hannes Schreiner, Technopark Raaba<br />
Projektentwicklung.<br />
„Unsere Vereinigung ist insbesondere angesichts<br />
der aktuellen wirtschaftlichen und bürokratischen<br />
Herausforderungen wichtiger<br />
denn. Wir setzen uns mit starker Stimme für<br />
die Interessen und Anliegen unserer Mitglieder<br />
ein und sehen unsere zentrale Aufgabe<br />
darin, als Lebens- und Zukunftsraumentwickler<br />
Wege und Chancen aufzeigen“, betont<br />
der neue VÖPE-Präsident Andreas Köttl.<br />
Bernd Vogl (Klima- und Energiefonds), Joachim Lohse (ZIA Zentraler Immobilienausschuss),<br />
VÖPE Präsident Andreas Köttl, Eva Aschauer (TPA Group), Madlen Stottmeyer (Die Presse)<br />
Die Erweiterung des VÖPE-Präsidiums bildet<br />
auch das Mitgliederwachstum ab. Aktuell<br />
sind 52 Entwickler in der VÖPE engagiert, mit<br />
Wien und der Steiermark als stärksten Landesgruppen.<br />
„Es freut uns, mit Christopher<br />
Pongratz und Hannes Schreiner nun auch<br />
zwei Vertreter unserer steiermärkischen Mitgliedsunternehmen<br />
im Präsidium zu haben.<br />
Dazu heißen wir Nadja Holzer als Vertreterin<br />
unserer engagierten Next Generation und<br />
Erwin Größ im Präsidium willkommen“,<br />
so Köttl. Bei der Mitgliederversammlung<br />
konnte außerdem mit der P&R Verwaltungs<br />
GmbH das erste Tiroler VÖPE-Mitglied begrüßt<br />
werden.<br />
122 ImmoFokus
Das gesamte „Ready for ESG“ Team<br />
Projekt VÖPE Ready for ESG befindet sich in der<br />
Zielgeraden Nachhaltigkeitsanforderungen<br />
zu erfüllen, ist eine Herausforderung, gleichzeitig<br />
aber eine große Chance, neue Geschäftsmodelle<br />
zu etablieren. Der Leitfaden wurde<br />
von erfahrenen VÖPE-Nachhaltigkeitsexperten<br />
gemeinsam mit externen Profis erstellt. Er<br />
ist eine am Arbeitsalltag der Projektentwickler<br />
orientierte Handlungsanweisung bei der<br />
Einführung eines ESG-Managements und der<br />
Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts nach<br />
der Corporate Sustainability Reporting Directive.<br />
VÖPE-Mitgliedsunternehmen steht er ab<br />
November zur Verfügung.<br />
„Die VÖPE-Mitglieder haben einen wesentlichen<br />
Einfluss darauf, wie unsere Lebensräume<br />
gestaltet werden. In unserem Projekt ‚Ready<br />
for ESG‘ war es uns ein Anliegen, die Expertise<br />
innerhalb unserer Vereinigung zu bündeln,<br />
und allen Lebensraumentwicklern ein praxisorientiertes<br />
Handwerkszeug zur Verfügung zu<br />
stellen, mit dem sie die Nachhaltigkeitstransformation<br />
vorantreiben können“, sagt VÖPE-<br />
Projektleiterin Kathrin Kollmann.<br />
„Ich bedanke mich bei allen, die an diesem<br />
Projekt mitgearbeitet haben. Der Leitfaden<br />
ist ein wichtiger Meilenstein in der VÖPE-<br />
Agenda ‚Zukunft Lebensraum‘, in der wir<br />
uns das Ziel gesetzt haben, den Rahmen für<br />
klimafitte, generationengerechte und lebenswerte<br />
Lebensräume zu mitzugestalten.<br />
Unser Projekt „Ready for ESG“ hat gezeigt,<br />
welche Expertise und welch großes Potenzial<br />
innerhalb der VÖPE vorhanden ist und<br />
bestätigt unseren Erfolg als ein nicht mehr<br />
wegzudenkendes Branchennetzwerk“, so<br />
VÖPE-Geschäftsführer Sebastian Beiglböck<br />
abschließend.<br />
VÖPE – Vereinigung Österreichischer Projektentwickler<br />
Die VÖPE ist die gemeinsame Stimme der Projektentwickler Österreichs. Aktuell<br />
sind 52 Bauträger österreichweit, von der Kapitalgesellschaft bis zum lokalen Familienbetrieb,<br />
Mitglieder der VÖPE. www.voepe.at<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
123
Young Professionals in<br />
der Immobilienwirtschaft<br />
Immobilienwirtschaft im Zeiten der Krise.. Wie stark sich das Berufsbild verändern wird, stand im<br />
Mittelpunkt von „Young Professionals in der Immobilienwirtschaft“ am FH Campus Wien.<br />
D<br />
ie Immobilienbranche befindet<br />
sich in unruhigen Gewässern.<br />
Es lässt sich nicht leugnen:<br />
Die Immobilienmärkte<br />
sind besonders negativ von der Zinswende<br />
betroffen. Ursächlich dafür ist in der Regel<br />
der hohe Fremdkapitaleinsatz im Immobiliensektor.<br />
Die Immobilienkrise trifft vor<br />
allem Developer und wird zur Konjunkturbremse<br />
für das ganze Land. Die lange Niedrigzinsphase<br />
nach der Finanzkrise führte<br />
– bis 2022 – zum längsten Aufschwung des<br />
Immobilienmarktes in der Geschichte.<br />
Gleichzeitig steht die Branche vor weiteren<br />
Herausforderungen. ESG, EU-Taxonomie<br />
greifen in alle Bereiche der Immobilienwirtschaft<br />
ein.<br />
In der Immobilienwirtschaft ist das Thema<br />
nachhaltiges Bauen und zukunftsfähige Immobilien<br />
nicht neu. Was jedoch auffällt, ist<br />
die Dynamik, die sich in den letzten Jahren<br />
um das Thema Nachhaltigkeit entwickelt<br />
Fotos: Rizar.Photo<br />
124 ImmoFokus
hat. Das Thema wird die Branche also auch<br />
in Zukunft begleiten, denn die Herausforderungen<br />
des Klimawandels können neue<br />
Krisen für die Immobilienwirtschaft bringen.<br />
Unternehmen, die sich bereits heute<br />
mit den möglichen Auswirkungen und entsprechenden<br />
Lösungen auseinandersetzen,<br />
sind daher klar im Vorteil.<br />
Wie stark sich das Berufsbild verändern<br />
wird, stand im Mittelpunkt von „Young<br />
Professionals in der Immobilienwirtschaft“<br />
am FH Campus Wien. Nach einer kurzen<br />
Einführung von DI Christian Polzer. Studiengangsleiter<br />
Bachelorstudium Architektur<br />
- Green Building und ImmoFokus<br />
Herausgeber Michael Neubauer präsentierten-Frank<br />
Brün (AREAMA – Austrian Real<br />
Estate Asset Management Association),<br />
Peter Engert (Österreichische Gesellschaft<br />
für Nachhaltige Immobilienwirtschaft),<br />
Martina Sauer (IMMOunited) und Sebastian<br />
Beiglböck (Vereinigung Österreichischer<br />
Projektentwickler) ihre Vereinigungen<br />
bzw. Unternehmen und standen nach den<br />
Vorträgen, bei kleinen Stärkungen und<br />
Erfrischungen, den Studenten Rede und<br />
Antwort.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
125
ImFokus<br />
Frisch gestärkt<br />
in den Tag<br />
Frühstück für Frühaufsteher. Das ImmoFokus EarlyBird Breakfast ist längst für die heimischen<br />
Immobilienmanager zu einem Fixtermin im Expo Real Messekalender geworden.<br />
W<br />
enn am zweiten Messetag<br />
frühmorgens Immobilienmanager<br />
ins König Ludwig<br />
bei dem Riem Arcaden eilen,<br />
kann es einen wichtigen Grund: Das Expo Real<br />
EarlyBird Frühstück des ImmoFokus. Das ImmoFokus<br />
EarlyBird-Breakfast ist ein fixer,<br />
traditioneller Bestandteil der Expo Real. „Unser<br />
Programm ist – kein Programm zu haben“,<br />
betont ImmoFokus Herausgeber Michael Neubauer.<br />
„Es ist schon eine liebgewonnene Tradition<br />
mit unseren Partnern bei herzhaften und<br />
süßen bayerischen Spezialitäten gemeinsam<br />
in den Tag zu starten“. Dennoch wurde in der<br />
Frühstücksrunde ein erstes Resümee gezogen.<br />
In der Realität angekommen<br />
Auffallend dabei ist, dass die österreichischen<br />
Immobilienexperten nicht so negativ<br />
in die Zukunft blicken, wie ihre deutschen<br />
Kollegen. Wie lange die Hochzinsphase noch<br />
anhalten wird, darüber scheiden sich auch<br />
bei den heimischen Immo-Experten die Geister.<br />
Auch wenn viele Projekte auf Hold stehen.<br />
Das wird wohl so lange bleiben, bis die<br />
Preisfindungsphase abgeschlossen ist. Die<br />
Transaktionen auf dem Immobilienmarkt<br />
sind nahezu zum Erliegen gekommen. Zwar<br />
finden vereinzelt auch große Deals statt – dies<br />
aber sehr diskret. Für die Unternehmen heißt<br />
es jetzt „Wasser im Brunnen und Speck im<br />
Keller zu haben.“<br />
Auch wenn die Stimmung schon ausgelassener<br />
war, man so manchen Messe-Stand vergeblich<br />
suchte, die Messe hat deutlich gezeigt, wie<br />
wichtig Austausch und Vernetzung gerade in<br />
schwierigen Zeiten sind. Jetzt zeigt sich wer ein<br />
verlässlicher Partner war und ist.<br />
126 ImmoFokus
Beim von ImmoFokus Relations-Managerin Tanja Klingseis perfekt organisiertem Frühstück dabei waren unter<br />
anderem: Alexandra Bauer (EHL Gewerbeimmobilien), Gerald Beck (UBM Development), Ari Benz (Squarebytes),<br />
David Beran (IMMOunited), Frank Brün (AREMA), Whitney Chaibane (IMMOunited), Karl Derfler (ADE-<br />
QAT), Evgeni Gerginski (HAWLIK GERGINSKI Architekten), Nadja Hafez (ADEQAT),Caroline Haider (IMMOunited),<br />
Andreas Hawlik (HAWLIK GERGINSKI Architekten),Andreas Hofstätter (PwC Österreich),Wolfdieter<br />
und Andrea Jarisch (S+B Gruppe), Peter Karl (ERSTE immobilien KAG), Claudia Lam (IMMOunited), Markus<br />
Leiter (Art-Invest), Philipp Maisel (Otto Immobilien), Christoph Nemetschke (Bondi Consult), Alfred Nemtschke<br />
(Nemetschke Huber Koloseus Rechtsanwälte), Martin Ofner (Arnold Immobilien), Gernot Ressler (Ernst<br />
& Young), Simone Rongitsch (Pocket House), Martina Sauer (IMMOunited),Wolfgang Scheibenpflug (Flughafen<br />
Wien),Roland Schmid (IMMOunited), Karina Schunker (EHL Wohnen), Jasmin Soravia (Kollitsch & Soravia),<br />
Elisabeth Stocker (CERHA HEMPEL Rechtsanwälte), Thomas Szöke (Median Capital), Daniel Thum (ERSTE<br />
immobilien KAG), Peter Ulm (Allora Immobilien), Christoph Urbanek (Schindler Rechtsanwälte), Peter Vcelouch<br />
(CERHA HEMPEL Rechtsanwälte), Lukas Weinwurm (IMMOunited), Stefan Wernhart (EHL Immobilien),<br />
Daniela Witt-Dörring (Weber & Co Rechtsanwälte), Alexander Wolfschwenger (Arnold Immobilien).<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
127
ImFokus<br />
128 ImmoFokus
Hier geht‘s<br />
zum Video<br />
www.immo-timeline.at<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
129
ack to reality<br />
Fulminanter Auftakt.. Am 9. November ging erstmals der immobilien investment kongress des DMV Verlags im<br />
Melia Hotel im DC Tower über die Bühne.<br />
R<br />
und 170 angemeldete Gäste, über<br />
30 Speaker und Top-Vertreter aus<br />
Politik und Gesellschaft: Am 9.<br />
November ging erstmals der 1. Internationale<br />
immobilien investment kongress<br />
im Melia Hotel im DC Tower unter dem Motto<br />
„back to reality“ über die Bühne. Vortragende<br />
aus dem DACH-Raum gaben so verschiedene<br />
Einblicke in die aktuelle Zeitenwende und<br />
zeigten Möglichkeiten auf, wie man den Krisen<br />
dieser Zeit am besten begegnet.<br />
In seiner Eröffnungs-Keynote wies Karl von<br />
Habsburg auf die Notwendigkeit von Rechtsstaatlichkeit<br />
für die Immobilienwirtschaft hin<br />
und zog einen historischen Bogen vom Wiener<br />
Kongress, bei dem die europäische Ordnung<br />
nach den napoleonischen Kriegen komplett<br />
neu definiert worden ist, bis zur heutigen Zeitenwende.<br />
Alte Werte wie Immobilien, die über<br />
Generationen stehen, bedürfen also einer geopolitischen<br />
Voraussicht. Was man aus der Geschichte<br />
lernen könne? „Nur wenn man weiß,<br />
woher man kommt, weiß, wohin man geht,<br />
weil man weiß, wo man steht“, so Habsburg.<br />
Im Rahmen des 1. Immobilien investment kongress<br />
wurden in zehn Panels die Ist-Situation<br />
des Markts von hochkarätigen Speakern herausgearbeitet<br />
und daraus Learnings für die<br />
Zukunft gebildet. Dabei wurden sowohl die<br />
verschiedenen Assetklassen, Finanzierung, Digitalisierung<br />
aber auch Standortentwicklung,<br />
Zukunft des Wohnens und Arbeitens und der<br />
stetig fortschreitende Klimawandel behandelt.<br />
Die Abschluss-Keynote hielt Susanne Kraus-<br />
Winkler, Staatssekretärin für Tourismus im<br />
Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft<br />
und verriet, warum Österreich in Zeiten der<br />
Krise vergleichsweise gut gegenüber anderen<br />
Ländern stehe, sowohl, was die Beschäftigungszahlen<br />
als auch das Lohnniveau betrifft.<br />
Besondere Chancen für die Zukunft räumte sie<br />
dabei dem heimischen Tourismus ein, der sich<br />
seit geraumer Zeit intensiv mit Nachhaltigkeitsthemen<br />
beschäftige.<br />
Als Ehrengast fand sich auch Vasyl Khymynets,<br />
Botschafter der Ukraine in Österreich<br />
beim 1. Internationalen immobilien investment<br />
kongress ein. Er erklärte, dass die Ukraine<br />
die militärische Neutralität im Zuge des<br />
russischen Angriffskriegs respektiere und<br />
drückte gleichzeitig den größten Dank für<br />
die humanitäre Hilfe aus, die für die ukrainische<br />
Bevölkerung von immenser Wichtigkeit<br />
seien. Gleichzeitig betonte er, warum es aktuell<br />
keine Verhandlungsbasis mit Russland<br />
geben könne: „Wir haben vor der Invasion<br />
Fotos: Jana Madzigon<br />
130 ImmoFokus
Unter den Gästen wurde gesehen: Thomas Gruber (Plenus Immobilien), Franz Pöltl, Markus<br />
Mendel und Astrid Grantner-Fuchs (EHL), Alina Dekas (ARE Austrian Real Estate), Gerhild<br />
Bensch-König (Raiffeisen Wohnbau), Paul Grassel (IG Immobilien), Elias Aplienz und Alethea<br />
Broecking (Union Investment), Stefan Artner (DORDA Rechtsanwälte), Anton Bondi de Antoni<br />
(Bondi Consult), Johannes Jirovec, Barbara Horstmeier und Andrea Jarisch (S+B Gruppe),<br />
Roland Schmid (IMMOunited), Roland Pichler (DWK Die Wohnkompanie), Engelbert Valentin<br />
und Bernhard Marold (hsp.law), Nadja Hafez (ADEQAT), Christine Gumpoldsberger (BUWOG),<br />
Viktoria Haumer und Roman Löbsch (Nuveen Management Austria), Markus Hinteregger<br />
(Hinteregger Immo Invest), Roswitha Klein und Hans-Jürgen Spitzer (Hypo Vorarlberg), Jaqueline<br />
Kleedorfer (Catella Residential), Hedwig Samza (Raiffeisen Bank International), Rainer<br />
Sommer (VMF Immobilien), Hannes Speiser (WINEGG), Tatiana Zhiganova (Zeiger Marketing),<br />
Marion Weinberger-Fritz (RVW Raiffeisen Vorsorge Wohnungen), Kurt Wallenberger (TRUST<br />
Treuhand), Hubert Fröschl (s Real), Sebastian Unger (BIP Immobilien Development), Werner<br />
Straka (ÖRAG), Lukas Schwarz (CBRE), Roman Schleser (Die Presse), Wolfgang Richter (Regio-<br />
Plan Consulting), Jochen Müller (RESH Advisory), Michael A. Mitterdorfer (C&P Immobilien AG)<br />
bereits über 200 Verhandlungsgespräche, die<br />
zu keinem Ergebnis führten. Es macht keinen<br />
Sinn, mit jemanden zu verhandeln, der permanent<br />
sämtliche Abkommen bricht.“<br />
Für Elisabeth Della Lucia, Geschäftsführerin<br />
des DMV della lucia medien verlags GmbH,<br />
war der 1. Internationale immobilien investment<br />
kongress ein voller Erfolg: „Mit den<br />
Themen haben wir den Puls der Zeit getroffen.<br />
Das Feedback der Besucher wie auch der<br />
Speaker war überwältigend. Das spornt uns<br />
für den nächsten immobilien investment<br />
kongress an, der am 7. November 2024 stattfinden<br />
wird. Besonderer Dank gilt unseren<br />
Sponsoren, ohne die der kongress nicht stattfinden<br />
hätte können.“<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
131
Events & Awards<br />
Events & Partys der<br />
Immobilien-Society<br />
WISAG FM CLUB<br />
Weniger Abriss, Gebäude flexibler nutzen und endlich<br />
die Bemühungen zur Reduktion des Energieverbrauchs<br />
intensivieren. Das waren die Forderungen der Diskutanten<br />
des 15. FM-Clubs der WISAG Service Holding<br />
Austria im Anton Benya Park. Zum Thema „Bauen für<br />
die Ewigkeit? Ohne Kreislaufwirtschaft?“ diskutierten<br />
Jakob Dunkl (querkraft architekten zt gmbh), Peter Engert<br />
(Österreichische Gesellschaft für Nachhaltige Immobilienwirtschaft,<br />
ÖGNI), Michael Haugeneder (ATP<br />
sustain GmbH), Christoph Löffler (EPEA part of Drees<br />
& Sommer in Österreich) und Helga Noack (DenkMal-<br />
Neo JR GmbH). Durch die Veranstaltung führte Heimo<br />
Rollett (immobranche.at). Zu den über 70 Gästen zählten<br />
u.a. Wolfgang Arnberger (Immofinanz), Wolfgang<br />
Fessl (Reinberg & Partner), Nadja Hafez (Adeqat), Peter<br />
Kovacs (Stadt Wien), Manuela Maurer-Kollenz (M2S<br />
Rechtsanwälte), Christoph Nemetschke (Bondi Consult),<br />
Stephan Pasquali (3Si), Alexander Rössler (Baumhouse),<br />
Nicole Schachinger (PKF Hotelexperts), Christian<br />
Schmück (Colourfish), Johannes Slauf (Innotronic) und<br />
Gernot Weingraber (Kallco).<br />
BUWOG IM GESPRÄCH<br />
„Wien muss doch Chicago werden – Mehr Platz durch Wohnhochhäuser?“.<br />
Nach einer einleitenden Keynote-Speech von Trend- und<br />
Zukunftsforscherin Christiane Varga diskutierte sie gemeinsam<br />
mit Architektin Sne Veselinović, Professor und Architekturkritiker<br />
Christian Kühn sowie Vonovia Vorstandsmitglied Daniel Riedl die<br />
vertikale Verdichtung in der Stadtplanung. Moderiert wurde die Veranstaltung<br />
von Rainer Nowak. Unter den rund 150 Teilnehmer:innen<br />
aus Wirtschaft, Bau- und Immobilienbranche fanden sich bekannte<br />
Gesichter wie Stefan Brezovich (Vorstand ÖRAG), Karina Schunker<br />
(Geschäftsführerin EHL Wohnen), Vitus Eckert (Partner bei Wess<br />
Kux Kispert & Eckert Rechtsanwälte), Christian Heiss (Architekt),<br />
Wolfgang Scheibenpflug (Geschäftsbereichsleiter Immobilien Flughafen<br />
Wien) und Christoph Zechner (Architekt).<br />
132 ImmoFokus
THEREAL 100<br />
Der exklusive Afterwork-Event im Kaffee-Startups<br />
„Kaffein Zeitgeist“ stand ganz im Zeichen<br />
der innovativen Wassernutzung in urbanen<br />
Räumen. 100 Immobilienprofis lauschten einer<br />
spannenden Keynote zum Thema „Wasser als<br />
treibende Kraft künftiger Städte“. Die spannende<br />
Keynote kam diesmal von Prof. Dr. Norbert Kreuzinger<br />
von der TU Wien, Institut für Wassergüte<br />
und Ressourcenmanagement. Er widmete sich<br />
dem faszinierenden Thema der Wassernutzung<br />
in urbanen Räumen und, wie Städte mit Wasser<br />
generell in Zukunft umgehen werden müssen.<br />
Mit dabei an diesem spannenden Abend: Rudolf<br />
North (WKW), Karina Schunker, (EHL), Viola<br />
Dollinger (Immorohr), Irene Rief-Hauser (Feine<br />
Immobilien), Arno Kunz (Rustler), Nadja Pröwer<br />
(CBRE), Erich Benischek (Blaue Lagune), David<br />
Beran (ImmoUnited), Roland Pichler (Die Wohnkompanie),<br />
Manfred Kunisch (TPA), Sabina Berloffa<br />
(BSC Strategy Consulting).<br />
3SI BRANCHENTALK<br />
Unter dem Titel „Nachhaltiges Bauen: Über die<br />
Rolle, Hürden und Chancen privater Immobilienentwickler<br />
in Österreich“ lud die 3SI Immogroup<br />
Branchenkollegen und Interessierte zu einer anregenden<br />
Diskussion ins Haus der Ingenieure. Zu den<br />
Gästen am Podium zählten Inge Schrattenecker,<br />
stellvertretende Generalsekretärin der ÖGUT<br />
(Österreichische Gesellschaft für Umwelt und<br />
Technik) und Leiterin des Programms klima:aktiv<br />
Bauen und Sanieren; Tobias Steiner, Leiter der<br />
Abteilung Bauphysik des IBO (Österreichisches Institut<br />
für Bauen und Ökologie); Markus Neumayer<br />
(Neumayer Projektmanagement); Robert Lechner,<br />
Leiter des Österreichischen Ökologie-Instituts; Architekt<br />
Andreas Hawlik (Hawlik Gerginski Architekten)<br />
und Florian Wehrberger, Abteilungsleiter<br />
der ÖGNI-Zertifizierung (Österreichische Gesellschaft<br />
für Nachhaltige Immobilienwirtschaft).<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
133
Buchtipps<br />
NEU!<br />
Robert Bouchal, Johannes Sachslehner<br />
223 Seiten<br />
ISBN: 9783222137167<br />
Styria Verlag | <strong>2023</strong><br />
€ 35,95<br />
Wiener Villen und ihre Geheimnisse<br />
Die Zeiten sind vergangen, die Villen sind geblieben. Versteckte kleine Schlösser, kuriose Architektur und kühne Experimente<br />
der Moderne, jedes Haus eine eigene Persönlichkeit. Einst waren sie Hoffnung und Traum ihrer Erbauer, nun künden Mauern<br />
und Räume als stummes Gedächtnis von versunkenem Glanz. Robert Bouchal und Johannes Sachslehner haben sich auf die<br />
abenteuerliche Suche nach einem Stück des alten Wiens gemacht – und sind fündig geworden. Ob Palais Ferstel, Villa Blaimschein<br />
oder die verwunschene Fassade der Villa Dollarprinzessin – mit der Lust der Entdecker lüften sie die Geheimnisse dieser besonderen<br />
Häuser und erzählen die bewegenden Geschichten ihrer ehemaligen Bewohner.<br />
Christoph Mäckler, Wolfgang Sonne,<br />
Deutsches Institut für Stadtbaukunst<br />
256 Seiten<br />
ISBN: 9783868597790<br />
Jovis Verlag | <strong>2023</strong><br />
€ 39,00<br />
Die grüne Stadt<br />
Der Klimawandel stellt unsere Städte vor<br />
grundlegende Herausforderungen: Sie müssen<br />
Hitze und Starkregen standhalten und vor<br />
allem ressourcenschonender und CO2-neutraler<br />
werden. Wie kann dies gelingen, ohne alle anderen Anforderungen an<br />
die Stadtanlagen zu ignorieren oder zu konterkarieren? Die These des<br />
Deutschen Instituts für Stadtbaukunst lautet, dass für diese grüne Stadt der<br />
Zukunft eine kompakte, gemischt genutzte und sozial vielfältige Stadt mit<br />
kurzen Wegen die besten Voraussetzungen bietet. Wie lassen sich in eine<br />
solche Stadt Maßnahmen zu Klimaschutz und -resilienz, wie beispielsweise<br />
städtische Parks, Alleen und grüne Höfe, integrieren?<br />
Jessica Jungbauer<br />
224 Seiten<br />
ISBN: 3961714401<br />
teNeues Verlag | <strong>2023</strong><br />
€ 41,00<br />
Urban Oasis: Parks &<br />
Projects for a<br />
Greener Future<br />
Ein hoch aktuelles Thema: grüne Projekte für<br />
eine lebenswerte städtische Zukunft. Der einzige<br />
Bildband, der relevante Begrünungsprojekte und inspirierende Fotografie<br />
vereint. Mit Texten zum Schwerpunkt Nachhaltigkeit. Urban gardening meets<br />
Denkmalschutz und Großstadtflair. Die schönsten Parks und grünen Projekte<br />
dieser Welt zusammengefasst in einem beeindruckenden Bildband. Dieses<br />
Coffee-Table-Book zeigt nachhaltige Landschaftsarchitektur, eingebettet in<br />
das turbulente Stadtleben der westlichen Metropolen.<br />
Stefan Gärtner, Kerstin Meyer<br />
292 Seiten<br />
ISBN: 3662667703<br />
Springer Spektrum | <strong>2023</strong><br />
€ 92,50<br />
Die Produktive Stadt:<br />
(Re-)Integration der Urbanen Produktion<br />
Dieser Sammelband stellt die urbane Produktion als wesentlichen<br />
Bestandteil der produktiven Stadt vor. Er gibt einen Überblick zu<br />
Ideengeschichten, aktuellen Diskussionen, Konzepten, Definitionen,<br />
Messbarkeit, Relevanz und Potenzialen von Produktionsprozessen im<br />
urbanen Raum. Dabei werden notwendige Rahmenbedingungen und deren<br />
Wirkungen zum Erhalt und zur Förderung urbaner Produktion betrachtet.<br />
134 ImmoFokus
Raum und<br />
Wirklichkeit<br />
Wir haben Gegenwart und Zukunft von<br />
Architektur, Bauen und Wohnen im Blick.<br />
Jeden Samstag in Ihrer „Presse“ oder<br />
jederzeit unter:<br />
DiePresse.com/immobilien<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
135
Branchen & Services<br />
Vieldiskutiertes<br />
Erneuerbare-Wärme-Gesetz<br />
Hohes Engagement. Das Thema „Nachhaltigkeit in der Immobilienbranche“ gibt es schon lange, es trat aber<br />
in den vergangenen Jahren immer mehr in den Vordergrund. Verschiedene Umstände in der Weltwirtschaft und<br />
-politik rücken Themen wie alternative Energien und die Zukunftsfähigkeit bisheriger gewohnter Konzepte verstärkt<br />
in den Fokus. Mit dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz wurde kürzlich ein von verschiedenen Parteien schon seit Jahren<br />
geforderter Gesetzesentwurf präsentiert, der für viel Kritik sorgt.<br />
D<br />
as Brand–Intelligence-Unternehmen<br />
„OBSERVER“ hat sich<br />
die mediale Präsenz der Themen<br />
„erneuerbare und nicht<br />
erneuerbare Energie“, „Nachhaltigkeit im<br />
Bereich Bauen und Immobilien“ und auch die<br />
Resonanz auf den neuen Gesetzesentwurf angesehen.<br />
In die Analyse flossen Mediendaten<br />
aus Österreichs Onlinemedien des bisherigen<br />
Jahres <strong>2023</strong> ein.<br />
Kontroverses Thema „erneuerbare und<br />
nicht erneuerbare Energie“<br />
Dass das Thema Energiebeschaffung ein<br />
großes ist, zeigt allein die mediale Präsenz<br />
der Themen „erneuerbare und nicht erneuerbare<br />
Energien“ im Zusammenhang mit<br />
den Begriffen Immobilien, Wohnen, Bau,<br />
Heizen und Strom. Die erneuerbare Energie<br />
wurde seit Jänner <strong>2023</strong> in 26.700 Berichten<br />
und Social-Media-Posts besprochen und zum<br />
größten Teil in durchaus zustimmendem<br />
Zusammenhang. 39,5 Prozent der Resultate<br />
zu diesem Thema waren positiv. 10,9 Prozent<br />
der Berichte und Kommentare haben jedoch<br />
eine negative Tonalität und argumentieren<br />
beispielsweise, dass es ein Irrtum sei, zu<br />
glauben, erneuerbare Energien wären billiger<br />
oder wirklich „grün“.<br />
Die nicht erneuerbaren Energien werden in<br />
Österreich mit 42.400 Resultaten sogar noch<br />
umfangreicher diskutiert. Hier zeigt sich<br />
ein weitaus negativeres Sentiment von 19,7<br />
Prozent. Dieses bezieht sich vor allem auf<br />
die Preiserhöhungen bei Strom und Gas und<br />
bedeutet daher nicht zwingend, dass fossile<br />
Brennstoffe in diesem Ausmaß als negativ<br />
angesehen werden.<br />
Die Diskussion über erneuerbare und nicht<br />
erneuerbare Energien wird im allgemeinen<br />
recht kontrovers geführt, wodurch zum Beispiel<br />
negative Posts auf X (Twitter) sowohl pro als<br />
auch kontra einer der beiden Energieformen<br />
sein können. Mit 127.000 Interaktionen haben<br />
Berichte und Beiträge zum Thema „nicht<br />
erneuerbare Energien“ im Online-Bereich ein<br />
besonders großes Engagement. Die „grüne“<br />
Energievariante kommt hingegen nur auf ein<br />
Drittel der Userinteraktionen in Form von Kommentaren<br />
und Likes.<br />
Nachhaltiges Bauen<br />
wird sehr geschätzt<br />
Die Energiebeschaffung an sich ist also ein<br />
streitbares Thema, ist aber auch maßgebender<br />
Bestandteil der immer wichtiger und<br />
präsenter werdenden Anforderung an Nachhaltigkeit<br />
im Bau und bei der Errichtung und<br />
Sanierung von Immobilien. Diese Thematik<br />
wird mit knapp 60 Prozent überaus positiv<br />
aufgefasst und stellt sich mit nur 2,2 Prozent<br />
negativer Berichterstattungen und Meinungen<br />
als offensichtlich wünschenswertes Vorgehen<br />
heraus. Kreislaufwirtschaft, Nachhaltigkeit<br />
und Umweltschutz an sich werden von<br />
den Menschen offenbar gerne unterstützt, vor<br />
allem, wenn sie positive und merkbare Auswirkungen<br />
auf die Umwelt haben.<br />
Erneuerbare-Wärme-Gesetz<br />
generiert hohes Engagement<br />
Auch Überlegungen zum Einbau von Heizungssystemen<br />
sind Teil des nachhaltigen Bauens.<br />
Um ein Gesetz, dass das Verbot von fossilen<br />
Heizanlagen gesetzlich regeln soll, wird bereits<br />
seit langem gerungen und im Verlauf des Jahres<br />
<strong>2023</strong> war diese Forderung immer wieder und<br />
anhaltend in der medialen Berichterstattung<br />
vertreten. 803 Berichte und Posts wurden zum<br />
aktuellen Gesetzesentwurf veröffentlicht. Diese<br />
konnten eine Reichweite von 550 Millionen und<br />
ein Engagement von 6.200 Likes, Kommentaren<br />
und Shares generieren. Erst wurde lange<br />
über das neue Gesetz gestritten, dann wurde<br />
der Entwurf im Oktober veröffentlicht und stieß<br />
sofort auf viel Kritik. Mithilfe von 6.200 Likes<br />
136 ImmoFokus
Tonalität<br />
„Nachhaltiges Bauen“ vs. „Erneuerbare-Wärme-Gesetz“<br />
Beobachtungszeitraum: 01.09.<strong>2023</strong> - 08.11.<strong>2023</strong><br />
Positiv<br />
Negativ<br />
11 %<br />
Positiv<br />
2 % Negativ<br />
57 %<br />
27 %<br />
Diskussion in Österreichs Onlinemedien<br />
zum Thema Energie<br />
Beobachtungszeitraum: 01.09.<strong>2023</strong> - 08.11.<strong>2023</strong><br />
nicht erneuerbare Energie<br />
127.000 Interaktionen<br />
erneuerbare Energie<br />
127.000 Interaktionen<br />
Nachhaltiges<br />
Bauen<br />
Erneuerbare-<br />
Wärme-Gesetz<br />
Neutral<br />
41 %<br />
Neutral<br />
62 %<br />
Engagement<br />
(Likes, Shares, Comments)<br />
Tonalitätsvergleich: Obwohl nachhaltiges Bauen sehr positiv gesehen wird, ist das für das Erneuerbare-Wärme-Gesetz,<br />
das eigentlich ein Instrument von Nachhaltigkeit in der Baubranche sein<br />
soll, nicht der Fall, da die Umsetzung für Kritikerinnen und Kritiker nicht zufriedenstellend ausfällt.<br />
Hier hat jeder eine Meinung: Nicht erneuerbare Energie<br />
wird kontroverser und reger diskutiert. Zu sehen an einem<br />
besonders hohen Engagement.<br />
und Kommentaren taten Userinnen und User<br />
online ihre Meinung kund. Die Resonanz zur<br />
Regierungsvorlage war mit 26,8 Prozent negativ<br />
und sorgte teilweise für große Enttäuschung.<br />
Gas und Öl als Streitthema<br />
Das Verbot zur Verbauung von Gasheizanlagen<br />
in Neubauten wird ab Jänner 2024 in<br />
Kraft treten. Bei festen und flüssigen fossilen<br />
Brennstoffen ist das bereits seit 2020 durch das<br />
Ölkesseleinbauverbotsgesetz der Fall. Für Kritik<br />
sorgt aber die Tatsache, dass ein Enddatum für<br />
die Nutzung fossiler Energien bei Gebäudeheizungen<br />
im Gesetz nicht mehr vorgesehen und<br />
damit ein Austausch alter Geräte nicht nötig ist.<br />
Dies wird von Kritikern und Kritikerinnen als<br />
„Kniefall vor der Öl- und Gas-Lobby“ gesehen.<br />
Die Klimaziele, wie das Erreichen der Klimaneutralität<br />
mit 2040, rücken damit in weite Ferne.<br />
Ein weiterer Kritikpunkt am Verbot: Heizsysteme<br />
wie Wärmepumpen wären nicht<br />
klimafreundlicher, da diese durch Strom<br />
betrieben werden, welcher aus nicht erneuerbaren<br />
Energiequellen kommen könnte. Für die<br />
Online-Community ist es also mit dem Gesetz<br />
in spe noch lange nicht getan, vor allem, da die<br />
Regierungsvorlage bisher noch gar nicht verabschiedet<br />
wurde.<br />
Onlinemedien mit höchstem Engagement<br />
zum Erneuerbare-Wärme-Gesetz<br />
Beobachtungszeitraum: 01.09.<strong>2023</strong> - 08.11.<strong>2023</strong><br />
oe24.at<br />
orf.at<br />
krone.at<br />
heute.at<br />
kleinezeitung.at<br />
futurezone.at<br />
profil.at<br />
tt.com<br />
kurier.at<br />
sn.at<br />
497<br />
310<br />
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(Likes, Shares, Comments)<br />
Engagement: Berichte zum Thema „Erneuerbare-Wärme-Gesetz“ konnten klar auf oe24.at<br />
die meisten Userinnen und User bewegen. Insgesamt, wenn auch abgeschlagen, wurden<br />
auch Artikel auf orf.at und krone.at rege geliked und kommentiert.<br />
<strong>Ausgabe</strong> <strong>05</strong>|<strong>2023</strong><br />
137
IMPRESSUM<br />
Vorschau<br />
Lesen Sie im ImmoFokus<br />
<strong>Ausgabe</strong> 06/<strong>2023</strong><br />
Quartiersentwicklung. Das große Interview mit ... Zu Tisch<br />
mit ... Blackout Vorsorge ...Nachhaltige Infrastruktur:<br />
Wasser, Energie, Verkehr ... Nachhaltige Mobilität ... Welche<br />
Maßnahmen können Kommunen schnell umsetzen? ...<br />
Sicherheit - Gebäudesicherheit, Brandschutz, Luft- & Wasser,<br />
Bauüberwachung<br />
Medieneigentümer<br />
Real Estate Media Group GmbH<br />
Handelskai 94-96<br />
1200 Wien<br />
Tel. +43 1 890 18 26-100<br />
office@media-group.immo<br />
www.media-group.immo<br />
Herausgeber<br />
Mag. Michael Neubauer<br />
Chefredaktion<br />
Mag. Patrick Baldia<br />
Art Director<br />
Jelio Stefanov<br />
Lektorat<br />
Michaela Hocek<br />
Ingeborg Morawetz, BA<br />
Autoren dieser <strong>Ausgabe</strong><br />
Mag. Patrick Baldia,<br />
Mag. Michael Neubauer, Gerhard Fritz, Heimo<br />
Rollett sowie die Kommentatoren<br />
Sales & Relation<br />
Rudolf E. Oezelt<br />
ERSCHEINUNGSTERMIN: Dezember <strong>2023</strong><br />
Täglich top informiert: www.immo-timeline.at<br />
Den ImmoFokus jetzt immer und überall lesen, mit der REMG-App.<br />
Relations Management<br />
Tanja Klingseis<br />
Fotos<br />
wenn nicht anders angegeben:<br />
Real Estate Media Group/Katharina Schiffl,<br />
Michael Hetzmannseder, Richard Tanzer,<br />
Gabriel Alarcón-Rizar<br />
Druck<br />
Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H<br />
Der IMMOFOKUS wendet sich im Sinne der<br />
Gleichstellung gleichermaßen an Frauen<br />
und Männer. Aus Gründen der Übersichtlichkeit<br />
und Verständlichkeit kann es bei den<br />
Beiträgen vorkommen, dass nur die maskuline<br />
Ansprechform verwendet wird.<br />
ImmoFokus ist Mitglied bei:<br />
138 ImmoFokus
YOU WILL KNOW<br />
THE FUTURE!<br />
Be prepared.
Altes bewahren.<br />
Neues schaffen.<br />
WIR KAUFEN &<br />
BAUEN WEITER –<br />
AUCH 2024!<br />
Mit unserem gesamten Können legen wir Passion, Fingerspitzengefühl und Handwerkskunst<br />
in die Erhaltung und Entwicklung von Immobilien. Seit 3 Generationen<br />
steht die 3SI Immogroup für Bauprojekte höchster Qualität. Und Partnerschaften,<br />
die mit einem Handschlag beginnen und über Jahrzehnte andauern.<br />
anfrage@3si.at | +43 1 607 58 58 11 | www.3si.at