Psychomotorische Förderung für Erwachsene mit geistiger ... - BSCW
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3.3.1 Bereiche der kinästhetischen Wahrnehmung<br />
Bei der kinästhetischen Wahrnehmung kann man folgende Bereiche unterscheiden: Stellungssinn,<br />
Bewegungssinn, Kraftsinn und Spannungssinn.<br />
Die gesamte Darstellung der vier Bereiche ist angelehnt an Zimmer (2011).<br />
3.3.1.1 Stellungssinn<br />
Der Stellungssinn informiert uns über Lage und Stellung der einzelnen Glieder und Gelenke zueinander.<br />
Wir bekommen eine Vorstellung davon, wie sich unser Körper im Raum befindet und wie die einzelnen<br />
Gliedmassen und Körperteile zueinander stehen. So finden wir z.B. auch im Dunkeln den<br />
Mund, um etwas zu trinken, oder treffen beim Klatschen auch ohne visuelle Kontrolle <strong>mit</strong> den beiden<br />
Handflächen aufeinander.<br />
3.3.1.2 Bewegungssinn<br />
Wenn man eine Gelenkstellung ändert, kann man durch den Bewegungssinn die Richtung und Geschwindigkeit<br />
dieser Bewegung wahrnehmen. Der Bewegungssinn liefert also Informationen über jede<br />
Art von Bewegungen der Glieder und des restlichen Körpers.<br />
3.3.1.3 Kraftsinn<br />
Wenn man eine Bewegung ausführen, ein Gewicht heben oder eine Gelenkstellung gegen einen Widerstand<br />
einhalten will, ist da<strong>für</strong> ein bestimmtes Mass an Muskelkraft notwendig. Der Kraftsinn hilft<br />
dabei, das nötige Mass abzuschätzen. So<strong>mit</strong> ist er beispielsweise auch eine Voraussetzung <strong>für</strong> die<br />
Kraftdosierung oder wird benötigt, um das Gewicht von Objekten abzuschätzen und zu vergleichen.<br />
3.3.1.4 Spannungssinn<br />
Der Spannungssinn gibt Informationen über den Grad der Muskelspannung. Er ist eine Voraussetzung<br />
da<strong>für</strong>, dass man den Spannungsgrad der Muskulatur willentlich beeinflussen kann, z.B. beim<br />
Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung.<br />
3.3.2 Die Bedeutung der kinästhetischen Wahrnehmung<br />
Die kinästhetische Wahrnehmung läuft meist unbewusst ab. Sie ist aber äusserst wichtig. Säuglinge<br />
und Kleinkinder lernen u.a. durch die kinästhetische Wahrnehmung, sich einer Bezugsperson anzuschmiegen,<br />
den Kopf aufrecht zu halten oder gezielt nach Gegenständen zu greifen. Auch später ist<br />
sie <strong>für</strong> das Bewegungslernen und die Körperbeherrschung von grosser Bedeutung. Um Bewegungen,<br />
Kraft und Spannung zu kontrollieren, steuern und planen, benötigt man sensorische Informationen<br />
aus Muskeln und Gelenken. Erst aufgrund vieler sensorischer Erfahrungen und Erinnerungen können<br />
Bewegungsabläufe und Bewegungssteuerung automatisiert werden und so auch unbewusst ablaufen.<br />
Viele Tätigkeiten können gut ohne visuelle Kontrolle gemacht werden. So schaut man z.B. beim<br />
Klavierspielen oder beim Schreiben nicht genau auf die Finger, beim Fahrrad Fahren nicht immer auf<br />
die Hände und Füsse. Wenn diese Automatisierung jedoch aufgrund (noch) unzureichender sensorischer<br />
Erfahrung nicht möglich ist, benötigen dieselben Tätigkeiten mehr Zeit, Aufmerksamkeit, Konzentration<br />
oder auch Kraft (vgl. Eggert & Wegner-Blesin, 2000; Zimmer, 2011).<br />
Auch im sozialen Bereich spielt die kinästhetische Wahrnehmung eine Rolle. Eggert & Wegner-Blesin<br />
(2000) beschreiben dies am Beispiel der nonverbalen Kommunikation. Gestik, Mimik und Haltung<br />
sind wichtig im sozialen Austausch. Sie sind u.a. abhängig von der Muskelspannung. Ein Mensch <strong>mit</strong><br />
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