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lgbb_04_2021_web

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Athenatempel in Paestum, Foto von Heinz-Josef Lücking<br />

http://www.h-j-luecking.de/storage/cache/images/000/029/2008-08-07-Paestum-IMG-1514-1,xlarge.1405097675.jpg<br />

Farben sich in erstaunlicher Frische erhalten haben,<br />

längst zu den berühmtesten Denkmälern<br />

antiker Malerei. Der Taucher ist seit seiner Entdeckung<br />

ein zugkräftiges Symbol von Paestum;<br />

er fehlt mittlerweile in keiner Geschichte der griechischen<br />

Kunst (19). Das überrascht nicht, denn<br />

es handelt sich um das einzige uns bekannte Grab<br />

mit bebilderten Fresken in einer griechischen Siedlung<br />

vor dem 4. Jahrhundert v. Chr. Nicht weniger<br />

faszinierend - speziell für den heutigen Betrachter<br />

- der sportliche junge Mann, der von einer<br />

Art Sprungturm herab vor einem weiten, hellen<br />

Hintergrund kopfvoran in elegant-gestreckter<br />

Haltung in eine azurblaue Fläche springt.<br />

Das Deckenbild des Grabes in Paestum ist zwar<br />

auf den ersten Blick leicht 'lesbar'. Ein junger<br />

Mann springt in einem wohltrainierten Kopfsprung<br />

von einem filigranen Turm ins Wasser.<br />

Aber was bedeutete solch ein Kopfsprung für<br />

die Bewohner von Poseidonia-Paestum im 5.<br />

Jahrhundert v. Chr.? War es ein persönlicher Zeitvertreib?<br />

Ein verbreiteter Brauch? Ein athletischer<br />

Sport? Ist es überhaupt eine Szene des realen Lebens<br />

oder eine Vorstellung der Phantasie? Eine<br />

symbolische Metapher? Und welche Bedeutung<br />

hat sie in einem Grab? (27) Die Grabplatte oder<br />

der Kontext freilich zeigen auch nicht andeutungsweise,<br />

wie der Künstler sich das Jenseits<br />

vorstellt. Das erschwert die Deutung des Sprungmotivs<br />

ganz gravierend. Wohl die Mehrheit der<br />

Fachleute glaubte wegen der weitgehenden<br />

Abstraktion der Gestalt des Tauchers in dieser<br />

Figur ein ungewöhnliches Todessymbol zu sehen,<br />

ausgedrückt durch den Sprung, der uns vom irdischen<br />

Leben ins Jenseits bringt.<br />

Tonio Hölscher gibt an dieser Stelle grundsätzlich<br />

zu bedenken: „Bei Wissenschaftlern setzen<br />

solche einzigartigen Bilder wie der Taucher von<br />

Paestum oft ein besonderes Maß an Phantasie<br />

der Interpretation in Gang und das weitere Publikum<br />

ist mit besonders hohen Erwartungen bereit,<br />

ingeniösen Deutungen zu folgen. Wenn es<br />

262 JAHRGANG LXV · LGBB <strong>04</strong> / <strong>2021</strong>

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