lgbb_04_2021_web
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Stefan Rebenich, Die Deutschen und ihre<br />
Antike. Eine wechselvolle Beziehung,<br />
Klett-Cotta Verlag, Stuttgart <strong>2021</strong>,<br />
Gebunden, 496 Seiten, 38,00 EUR<br />
ISBN 9783608964769<br />
Die Veränderungen des deutschen<br />
Antikebildes in den zurückliegenden<br />
zwei Jahrhunderten und die Antikekonstruktionen<br />
im deutschsprachigen<br />
Raum sind Gegenstand dieser<br />
Darstellung von Stefan Rebenich, nach Stationen<br />
in Mannheim, Bielefeld und München seit 2006<br />
Inhaber des Lehrstuhls für Alte Geschichte und<br />
Rezeptionsgeschichte der Antike bis in das 20.<br />
Jahrhundert an der Universität Bern. Da es sich<br />
beim deutschen Antikebild um eine wechselvolle<br />
Beziehung handelte, so der Autor, konnte<br />
keine lineare Geschichte des Fortschritts oder<br />
des Niedergangs erzählt werden. Phasen produktiver<br />
Auseinandersetzung mit der griechischrömischen<br />
Vergangenheit wechselten sich ab mit<br />
Perioden weitgehender Stagnation. Bei den Debatten,<br />
die um das Verhältnis von Wissenschaft<br />
und Bildung geführt wurden, war der Einfluss der<br />
politischen Zeitläufte deutlich spürbar.<br />
Stefan Rebenich zeigt sehr lebendig, wie sich die<br />
Forschungspraktiken kontinuierlich diversifiziert<br />
haben, eine Entwicklung, die sich in Diskussionen<br />
um Sinn und Ziel der Altertumswissenschaften<br />
spiegelt. Anhand zentraler Diskurse und wichtiger<br />
Institutionen würdigt er kritisch grandiose<br />
Leistungen wie Verfehlungen bedeutender Historiker.<br />
Zugänglich und spannend erzählt der Autor<br />
pointiert die Entwicklung der deutschen Althistorie,<br />
die Weltruhm erlangte, aber auch politisch<br />
missbraucht wurde. Er bietet eine Darstellung der<br />
wechselvollen und oft kontroversen Geschichte<br />
seiner Disziplin und schildert nicht nur die politischen<br />
und wissenschaftlichen Biografien einzelner<br />
herausragender Historiker (etwa Mommsen,<br />
Wilamowitz, Harnack), sondern er berücksichtigt<br />
LGBB <strong>04</strong> / <strong>2021</strong> · JAHRGANG LXV<br />
auch bedeutende Wissenschaftsinstitutionen und<br />
legt die zeitbedingten Faktoren der historischen<br />
Forschung offen. Er behandelt Kontroversen und<br />
Themen, die die Entwicklung des Faches bestimmten,<br />
und zeigt anhand ausgewählter, wenig<br />
bekannter Quellen die ideologische Vereinnahmung<br />
der Alten Geschichte und die Anpassung<br />
ihrer Vertreter im Nationalsozialismus.<br />
Uwe Walter (Vom Harz bis Hellas immer Vettern.<br />
Selbstvergewisserungen im Blick zurück: Stefan<br />
Rebenich zeichnet deutsche Beschäftigungen<br />
mit der Antike nach, FAZ 30.9.<strong>2021</strong>) begrüßt<br />
den Band des Althistorikers Stefan Rebenich. Die<br />
Beschäftigung mit den Altertumswissenschaften<br />
und ihrem Gegenstand scheint ihm schon insofern<br />
wichtig, weil die Antike zumindest lange<br />
Zeit einen „Hauptinhalt“ der Bildung darstellte.<br />
Rebenich schreibe also Wissenschaftsgeschichte<br />
und Gesellschaftsgeschichte, wenn er Wilhelm<br />
von Humboldt, die Idealisierung der Antike und<br />
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