Taxi Times DACH - 1. Quartal 2022
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KOMMENTARE<br />
ALLES<br />
»UNZUVERLÄSSIG«,<br />
ODER WAS?<br />
Die persönliche Zuverlässigkeit im<br />
Sinne des Personenbeförderungsrechts<br />
ist im Rahmen der Erteilung und des<br />
Widerrufs der Genehmigung zum<br />
<strong>Taxi</strong>verkehr von zentraler Bedeutung.<br />
Doch wird sie wirklich immer<br />
zweckgebunden bewertet?<br />
FOTO: Pixabay<br />
Der Widerruf einer <strong>Taxi</strong>genehmigung ist ein behördlicher Balanceakt,<br />
der nicht immer gelingt.<br />
Laut § 1 der Berufszugangsverordnung<br />
für den Straßenpersonenverkehr<br />
(PBZugV) muss ein<br />
Unternehmer auf seine persönliche Zuverlässigkeit<br />
hin bewertet werden. Wird diese<br />
nicht erfüllt, darf eine Behörde eine <strong>Taxi</strong>genehmigung<br />
verweigern (§ 13, Absatz 2 des<br />
Personenbeförderungsgesetzes) oder eine<br />
bereits erteilte Genehmigung widerrufen<br />
(§ 25 PBefG).<br />
Das Ziel dieser Regelung: Sie soll die<br />
Sicherheit der Beförderung derjenigen Personen<br />
gewährleisten, die den <strong>Taxi</strong>fahrer<br />
bzw. -unternehmer beauftragen und diesem<br />
anvertraut sind. Wegen der Bedeutung<br />
des <strong>Taxi</strong>gewerbes als Ergänzungsfunktion<br />
des ÖPNV ist dieser Paragraf ein sehr<br />
hohes Gut und unbedingt einzuhalten und<br />
zu überwachen.<br />
Auf der anderen Seite bedeutet jede<br />
nicht erteilte Genehmigung oder deren<br />
Widerruf auch ein faktisches Berufsverbot.<br />
Deshalb muss sich jede Behörde hinterfragen,<br />
ob manche behördliche Sanktion<br />
auch tatsächlich an diesem Schutzzweck<br />
ausgerichtet ist, insbesondere auch vor<br />
dem Hintergrund der Rechtsprechung des<br />
Bundesverfassungsgerichts zur Berufsfreiheit,<br />
die alle Berufsgruppen – egal ob Arzt,<br />
Rechtsanwalt, <strong>Taxi</strong>unternehmer – gleich<br />
behandeln will.<br />
Persönliche Zuverlässigkeit zielt<br />
da rauf ab, dass der Unternehmer seinen<br />
Fahrgast sicher und zuverlässig von A<br />
nach B transportiert. Ist das beispielsweise<br />
gefährdet, wenn ein <strong>Taxi</strong>unternehmer<br />
gegen die Vorschrift des § 22 b StVG verstößt,<br />
indem er die Wegstreckenzähler in<br />
<strong>Taxi</strong>fahrzeugen manipuliert? In diesem<br />
Zusammenhang sorgt ein Beschluss des<br />
VGH Mannheim im vorläufigen Rechtsschutzverfahren<br />
für Furore, das alleine<br />
schon den Einbau eines entsprechenden<br />
CAN-Filters als Grund ansieht, die Zuverlässigkeit<br />
dem betroffenen Unternehmer<br />
abzuerkennen – sofort, ohne Wenn und<br />
Aber und unabhängig vom Ausgang eines<br />
Strafverfahrens.<br />
Nun mag man dem VGH noch bei der<br />
Beurteilung beipflichten, es gebe keinen<br />
„legalen Zweck“ zum Einbau solcher Vorrichtungen.<br />
Aber entbindet das alleine die<br />
Behörden und Gerichte von der Prüfung im<br />
Einzelfall, ob gegen das höchste Gut im<br />
PBefG, den Schutz der Fahrgäste, überhaupt<br />
und in welchem Maße durch den<br />
Unternehmer konkret verstoßen wurde?<br />
ENTZUG OHNE VORSTRAFE?<br />
Lässt sich dann ein faktisches, sofort durchsetzbares<br />
Berufsverbot tatsächlich rechtfertigen,<br />
wenn Manipulationen den<br />
Unternehmen ansonsten nicht nachgewiesen<br />
werden können und wenn am Ende<br />
eines Strafverfahrens Freisprüche ergehen<br />
oder zumindest nur solche Verurteilungen<br />
erfolgen, nach denen Unternehmer nicht<br />
als vorbestraft gelten?<br />
Vor diesem Hintergrund erscheinen<br />
manche Urteile von Obergerichten ebenso<br />
fraglich, wenn dort bei einem Verstoß<br />
gegen Buchführungsbestimmungen beispielsweise<br />
von „Kardinalspflichten“ des<br />
<strong>Taxi</strong>unternehmers gesprochen wird. Die<br />
Überwachung, ob er ein perfekter Buchhalter<br />
ist oder nicht, unterliegt in solchen<br />
Fallkonstellationen zum Teil eben gerade<br />
nicht der Zuständigkeit der Genehmigungsbehörde,<br />
sondern dem Finanzamt und dessen<br />
Steuerfahndern.<br />
Stößt man dort auf einen strafbaren<br />
Sachverhalt mit der Folge einer rechtskräftigen<br />
Verurteilung, kippt natürlich auch die<br />
Zuverlässigkeit, geregelt im Punkt 2d der<br />
PBZugV – alleine schon, um eine Steuergerechtigkeit<br />
herzustellen und den Unternehmen<br />
gleiche Wettbewerbsbedingungen<br />
zu garantieren.<br />
Es sollte gelten: Bei konkreten Gefährdungen<br />
der Fahrgäste, z. B. Wartungsmängeln<br />
infolge unterlassener Servicetermine,<br />
konkret nachweisbaren Steuerstraftaten<br />
oder Ähnlichem ist die Unzuverlässigkeit<br />
anzunehmen. Abstrakte Gefahren an sich<br />
zählen hierzu nicht.<br />
Und diese Zeilen bitte nicht falsch verstehen:<br />
Der zuverlässige Unternehmer<br />
ist das Leitbild, dem wir alle verpflichtet<br />
sind! <br />
au<br />
<strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong>-Kolumnist Axel Ulmer aus<br />
Kaiserslautern ist Unternehmensberater<br />
und Rechtsanwalt mit Schwerpunkt<br />
Verwaltungsrecht/PBefG.<br />
TAXI <strong>1.</strong> QUARTAL <strong>2022</strong><br />
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