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Taxi Times DACH - 1. Quartal 2022

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MÜNCHEN<br />

DOPPEL-<br />

SCHULUNG<br />

Vor dem Start der ersten elektrischen<br />

Inklusionstaxis hat ein Münchner<br />

<strong>Taxi</strong>unternehmer die Fahrer geschult.<br />

DOPPELTE<br />

VERLIERER<br />

Zum Start in München bekommt Bolt<br />

von den Medien unkritische PR. Wahre<br />

Aufklärung wäre besser gewesen.<br />

FOTO: <strong>Taxi</strong> <strong>Times</strong><br />

Das Münchner <strong>Taxi</strong> Zentrum (mtz) hat seine langjährige<br />

Jaguar-E-<strong>Taxi</strong>-Flotte um zwei vollelektrische Mercedes-<br />

Benz eVito ergänzt. Sie verfügen über einen Heckausschnitt,<br />

der das E-<strong>Taxi</strong> zu einem Rollitaxi werden lässt.<br />

Bevor die Fahrzeuge zu ihren ersten Schichten starteten,<br />

wurden die Fahrer*innen auf den Umgang mit den neuen Fahrzeugen<br />

geschult. Mit Horst Wiegand als IsarFunk-Inklusionstaxi-Beauftragter<br />

war ein Fachmann für Rollitransporte vor<br />

Ort. Für alle Belange rund um den Wagen und die E-Mobilität<br />

allgemein hatte der mtz-Geschäftsführer Gregor Beiner<br />

den freien Produkttrainer Kay Zeumer nach München<br />

geholt.<br />

Für Zeumer ging es darum, den Workshop-Teilnehmern<br />

ein Grundwissen zu vermitteln und sie für (fast)<br />

alle Fragen zu wappnen. Was den eVito angeht, sollten<br />

beispielsweise die Reichweite und die Akkukapazität<br />

zum allgemeinen Grundwissen gehören.<br />

TIPPS VOM EXPTERTEN<br />

Ausführlich besprochen wurde auch die Energierückgewinnung<br />

(Rekuperation). Dieses Wissen konnten<br />

die Fahrer*innen bei der anschließenden Schulungsfahrt<br />

denn auch gleich praktisch anwenden, wobei ihnen auch<br />

gleich die Kehrseite der Medaille deutlich gemacht wurde: Eine<br />

zu starke Rekuperation wirkt wie ein abruptes Fahrmanöver.<br />

„Gerade mit Rollifahrgästen an Bord sollte man besonders behutsam<br />

fahren - im Zweifel auch durch einen Verzicht auf zu starke<br />

Rekuperation“, empfiehlt Horst Wiegand.“<br />

Der Inklusionstaxi -Experte erklärte am Fahrzeug den Ablauf,<br />

wie eine in einem Rollstuhl sitzende Person sicher im Auto<br />

positioniert und verzurrt wird. Um sich ein Bild davon zu<br />

machen, wie man die Fahrt in einem Rollstuhl wahrnimmt,<br />

musste sich jeder Workshop-Teilnehmer im Rollstuhl sitzend<br />

chauffieren lassen. Eine wirklich sehr wertvolle Erfahrung, so<br />

der Tenor der zukünftigen E-Inklusionstaxi-Fahrer. sg<br />

Diese Fahrer*innen eines Münchner <strong>Taxi</strong>betriebs bekamen sowohl<br />

eine Elektro- als auch eine Inklusionsschulung.<br />

NOCH MEHR<br />

MÜNCHNER<br />

TAXITHEMEN<br />

BILLIG<br />

FÜR DEN<br />

KUNDEN<br />

TEUER<br />

FÜR DEN<br />

FAHRER<br />

Bolt ist fein raus: Billigfahrten für Kunden werden vom<br />

Fahrer teuer bezahlt.<br />

Es waren die üblichen medialen Reflexe: „Die<br />

Preise für die Fahrten sollen günstig ausfallen“,<br />

schrieb beispielsweise die „Münchner Abendzeitung“<br />

zum Start von Bolt in München Anfang März.<br />

Was dort nicht auftauchte: Wie immer, wenn etwas<br />

besonders günstig ist, muss es dafür irgendjemanden<br />

geben, der diese Dumpingpreise teuer bezahlt. Dies ist<br />

nicht etwa Bolt, sondern der selbständige Unternehmer, der sich<br />

der Plattform anschließt.<br />

Ein Mitspracherecht beim Preis hat der (Schein-)Selbstständige<br />

jedoch nicht. Bolt & Co. bestimmen den Fahrpreis und kassieren<br />

von diesem Preis eine Vermittlerprovision, die bei<br />

entsprechender Marktmacht dann auch mal auf bis zu 30 Prozent<br />

hochgeschraubt wird. Es gilt das Prinzip „Masse schlägt<br />

Klasse“. Wenn man mit einem um 50 Prozent reduzierten Fahrpreis<br />

die dreifache Menge an Fahrten vermitteln kann, ist die<br />

Rendite höher.<br />

JEDE BILLIGFAHRT IST EIN MINUSGESCHÄFT<br />

Die Zeche zahlt der selbstständige Unternehmer, denn bei ihm<br />

stößt das Masse-Prinzip an seine natürlichen Grenzen. Selbst<br />

wenn sich nacheinander Auftrag an Auftrag reiht, kommen nicht<br />

mehr als 30 Euro pro Stunde zusammen. Abzüglich zwanzig<br />

Prozent Vermittlungsprovision bleiben davon 24 Euro brutto.<br />

Davon muss er seinen Unternehmerlohn finanzieren (oder seinem<br />

Fahrer gesetzlichen Mindestlohn bezahlen) und die<br />

Betriebskosten seines Fahrzeugs decken.<br />

Verlierer Nummer eins ist somit der selbstständige Unternehmer:<br />

Jede Billig-Fahrt ist ein wirtschaftliches Minusgeschäft<br />

und zwingt dazu, entweder sich oder den Fahrer auszubeuten<br />

oder aber an geltenden Gesetzen vorbei zu agieren. Somit wird<br />

mit jeder Fahrt ein System unterstützt, das auf die Schaffung<br />

prekärer Arbeitsverhältnisse und auf Rechtsbruch ausgelegt ist.<br />

Das macht auch jeden Fahrgast zum Mittäter und damit zum<br />

Verlierer Nummer 2. Schade, dass man so etwas nicht in den<br />

Münchner Medien lesen durfte. <br />

jh<br />

TAXI <strong>1.</strong> QUARTAL <strong>2022</strong><br />

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