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01.06.22 Simbacher Anzeiger

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1. Juni 2022<br />

<strong>Simbacher</strong> <strong>Anzeiger</strong><br />

Über 200 Jahre Pfingst-Tradition<br />

Nr. 11/2022<br />

Simbach (mm). Die <strong>Simbacher</strong><br />

Pfingstdult zählt zu den großen<br />

Volksfesten des Inntals und ist<br />

mittlerweile das größte Volksfest<br />

des Landkreises Rottal-Inn. Festzelt-Programm<br />

und Vergnügungspark<br />

stehen dabei heutzutage im<br />

Mittelpunkt. Doch der ursprüngliche<br />

Besuchermagnet war der<br />

Pfingstmarkt und dieser findet bereits<br />

seit über 200 Jahren statt.<br />

Einen kurzen historischen Rückblick<br />

veröffentlichte <strong>Anzeiger</strong>-Gründer<br />

und Heimatforscher Rudolf<br />

Vierlinger in der Ausgabe am<br />

15. Mai 1999. Mit aktueller Ergänzung<br />

sei hier noch einmal an den<br />

Ursprung des Pfingstmarktes erinnert:<br />

Das Recht Märkte abzuhalten<br />

war nicht jedem Ort erlaubt, es<br />

bedurfte besonderer Privilegien,<br />

die nur der Herzog, später dann<br />

die kurfürstliche oder königliche<br />

Regierung erteilen konnte.<br />

Der Markt ist Vorläufer aller<br />

Messen und Ausstellungen<br />

In unserem Raum können Tann<br />

und Ering die längste Markttradition<br />

aufweisen. In Tann ist es der<br />

Martinimarkt, welcher im Jahre<br />

1481 von Herzog Georg von<br />

Landshut genehmigt worden ist<br />

und in Ering ist es der Kirta, dessen<br />

Alter vermutlich bis in die Zeit<br />

Herzog Heinrichs des Löwen im<br />

12. Jahrhundert zurückreicht.<br />

Simbach, im 18. Jahrhundert<br />

ein zwar nicht mehr ganz unbedeutender<br />

Vorort von Braunau,<br />

war bis zur Abtretung des Innviertels<br />

im Jahre 1779 nicht in den Genuss<br />

gekommen, selbst Märkte<br />

abhalten zu dürfen, da dies sonst<br />

der Stadt Braunau geschadet hätte.<br />

Erst nach der Abtretung des<br />

Innviertels an Österreich erhielt<br />

das nun zum Grenzort gestempelte<br />

Dorf die Erlaubnis, selbst<br />

Märkte abzuhalten. Im Jahre 1781<br />

wurden dem Dorf Simbach drei<br />

Jahrmärkte förmlich bewilligt, an<br />

Hl. Drei König ein Vieh- und Pferdemarkt,<br />

am Allerseelentag sowie<br />

am ersten Sonntag im Advent<br />

ein Woll- und Flachsmarkt. Diese<br />

Märkte wollten jedoch nicht so<br />

recht gedeihen und hörten wegen<br />

Mangels an Käufern von<br />

selbst wieder auf.<br />

Ein zweiter Anlauf brachte<br />

mehr Erfolg. Als das Innviertel<br />

1816 zum zweiten Mal und endgültig<br />

von Bayern abgetrennt<br />

wurde, erhielt Simbach die Genehmigung<br />

immer dann Märkte<br />

abzuhalten, wenn auch in Braunau<br />

ein Markttag stattfindet.<br />

Fünf Markttermine werden 1817<br />

in Simbach bezeugt:<br />

Jeden Mittwoch in den Fasten<br />

ein Krämermarkt, ein weiterer<br />

Markt zu Pfingsten, beginnend<br />

am Pfingstmontag und endend<br />

am Donnerstag darauf, ein weiterer<br />

Markt fand an Jacobi statt<br />

und endete am 5. Tage, am ersten<br />

Mittwoch nach Michaeli war Wollmarkt<br />

für einen Tag und als letzter<br />

Markt im Jahre wird ein Leonhardimarkt<br />

genannt, der sieben<br />

Tage dauerte.<br />

Nicht alle damals bewilligten<br />

Märkte haben die Zeiten überdauert.<br />

Dazu muss man sich vor<br />

Augen führen, dass die Warenmärkte<br />

in früheren Zeiten eine<br />

wichtige Einkaufsmöglichkeit für<br />

die Bevölkerung waren. Das Warenangebot<br />

beschränkte sich auf<br />

die Krämerläden vor Ort oder reisende<br />

Händler und die Mobilität<br />

reduzierte sich für die meisten<br />

auf fußläufige Entfernungen. So<br />

war ein Markt nicht nur eine willkommene<br />

Abwechslung, sondern<br />

auch notwendig um Waren zu erhalten,<br />

die man für Haushalt, Hof<br />

und Kleidung benötigte.<br />

Bis vor wenigen Jahren gab es<br />

in Simbach noch drei Fastenmärk<br />

te, den zweitägigen Pfingstmarkt,<br />

einen Michaeli- und einen<br />

Martinimarkt, wobei sich der<br />

Pfingstmarkt zum größten Jahrmarkt<br />

entwickelte. Er fand immer<br />

am Pfingstmontag- und<br />

Pfingstdienstag statt und bereicherte<br />

das Wirtschaftsleben<br />

der Stadt. Selbst in den Kriegsjahren<br />

fand der Pfingstmarkt statt,<br />

wenngleich die Marktstände weniger<br />

und das Warenangebot gering<br />

und auch drittrangig war.<br />

Noch bis in die Nachkriegszeit<br />

hatten am Pfingstmontag, dem<br />

Hauptmarkttag, alle <strong>Simbacher</strong><br />

Geschäfte ihre Türen geöffnet,<br />

denn der Markt zog nicht nur die<br />

Landbevölkerung zu den Fieranten,<br />

er zog auch Kunden in die<br />

Läden. Auch alle Gasthäuser waren<br />

gut besucht und abends<br />

spielte noch da und dort eine<br />

Tanzmusik. Wohlgemerkt, es gab<br />

nur den Markt – kein Festzelt und<br />

keinen Vergnügungspark.<br />

Pfingstmarkt<br />

auf dem Kirchenplatz<br />

Wie alle Märkte fand<br />

der Pfingstmarkt auf<br />

dem Kirchenplatz und in<br />

den einmündenden Straßen<br />

statt. Langsam gesellten<br />

sich ein Karussell<br />

und andere Fahrgeschäfte<br />

zu den Ständen<br />

und stellten sich auf<br />

dem noch ungeteerten<br />

Kirchenplatz auf. Der<br />

Auf dem Rennbahnplatz wurde bis 2007 die Pfingstdult abgehalten<br />

Platz wurde immer voller und damit<br />

der Lärm mitten in der Stadt<br />

immer größer. Das störte besonders<br />

die Patienten im Krankenhaus<br />

Mariental, das hier stand bevor<br />

es durch das Wittelsbacher<br />

Haus ersetzt wurde. So beschloss<br />

die Stadt die ehemalige Rennbahn,<br />

welche längst zum Sportplatz<br />

umfunktioniert worden war,<br />

als Volksfestplatz zu nutzen. Der<br />

Markt wurde in die Simon-Breu-<br />

Straße verlegt und die Fahrgeschäfte<br />

auf den Rennbahn-Sportplatz.<br />

Damit ging der Sog der Besucher<br />

aus der Innenstadt weg,<br />

die Geschäfte blieben leer und man<br />

einigte sich, künftig am Pfingstmontag<br />

geschlossen zu halten.<br />

Umzug auf den Rennbahnplatz<br />

Der Warenmarkt in der Simon-Breu-Straße<br />

<br />

Fotos: Archiv<br />

Der Festplatz aber wurde von<br />

Jahr zu Jahr voller, die Zahl der<br />

Fahrgeschäfte nahm ständig zu<br />

und aus dem ursprünglichen <strong>Simbacher</strong><br />

Pfingstmarkt wurde 1970<br />

eine richtige Pfingstdult.<br />

Im Wechsel veranstalteten die<br />

<strong>Simbacher</strong> Wirte die Dult und<br />

schließlich schloss sich auch der<br />

Gewerbeverband an die Hauptattraktion<br />

des Jahresverlaufs an<br />

und organisierte eine Gewerbeschau,<br />

die ab 1989 im Zweijahres-<br />

Rhythmus den regionalen Firmen<br />

die Möglichkeit bot, ihre<br />

Leis tungsstärke zu zeigen. Rund<br />

90 Aussteller aus Simbach und<br />

Umgebung stellten im „Schaufens<br />

ter“, wie man die Messe<br />

nannte, aus.<br />

Das Einkaufs- und Freizeitverhalten<br />

sowie die Mobilität der Bevölkerung<br />

verändern sich stetig.<br />

In vielen Städten setzte man Einkaufszentren<br />

auf „die grüne Wiese“,<br />

um den Kunden das Warenangebot<br />

möglichst vielfältig und in<br />

komprimierter Form zu bieten.<br />

Für Simbach war es deshalb notwendig,<br />

ein Einkaufszentrum mög -<br />

lichst zentrumsnah zu errichten,<br />

um die Kundenflucht in die Nachbarstädte<br />

zu verhindern. Auf dem<br />

Rennbahngelände bot sich der<br />

passende Platz für ein Einkaufszentrum<br />

an. Doch wohin mit dem<br />

Volksfestplatz? Durch den Erwerb<br />

des alten Lokschuppens durch die<br />

Gastwirtsfamilie Zeiler, die auch<br />

schon viele Jahre die Pfingstdult<br />

in Simbach im Zweijahresturnus<br />

organisierte, ergab sich die Möglichkeit<br />

das große Festzelt in unmittelbarer<br />

Nähe des renovierten<br />

Eventlokals aufzustellen. Der benachbarte<br />

Platz hat die notwendige<br />

Größe für den Vergnügungspark<br />

und entlang der Kolpingstraße<br />

bis einschließlich Bahnhofsplatz<br />

hat auch der Warenmarkt<br />

seine Daseinsberechtigung. Seit<br />

2008 findet seither die <strong>Simbacher</strong><br />

Pfingstdult und der Warenmarkt<br />

an heutiger Stelle statt – mit<br />

wachsendem Erfolg, denn seit<br />

13 Jahren gibt es auch noch ein<br />

zweites Festzelt der Gastwirtschaft<br />

Diegruber und angrenzende<br />

Gastronomen schließen sich<br />

dem damit größten Fest des Landkreises<br />

und unteren Inntals an.<br />

Nur noch drei Märkte im Jahr<br />

Mittlerweile wird der Pfingstmarkt<br />

am Pfingstsonntag und<br />

Pfingstmontag abgehalten. Er ist<br />

weiterhin der größte Warenmarkt<br />

des Jahres und nur noch ein Fas tenmarkt<br />

sowie der Michaelimarkt<br />

auf dem Kirchenplatz ergänzen<br />

das Marktjahr. Fieranten müssen<br />

heutzutage Besonderes bieten,<br />

um auch Käufer zu finden. Doch<br />

beim Bummel über den Markt<br />

lässt sich immer wieder vieles<br />

entdecken, dass es in Supermärkten<br />

oder im Internet so nicht gibt.

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