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Es ist hier ruhig. Das ist

das wichtigste. Wir sind

sehr dankbar, dass wir

hier leben dürfen.

leben dürfen.“ Anja plant nach Krakau zu

ziehen. Sie ist 27 und hat eine Ausbildung

als Bauingenieurin in der Ukraine

abgeschlossen, deshalb wird es für sie

kein Problem sein, Arbeit zu finden.

„Flüchtlinge leben auch in Einfamilienhäusern.

Zur Zeit der größten Welle

waren es um die 170-180 Menschen“,

erklärt mir der Bürgermeister von

Wierzchosławice, Andrzej Mróz. „Manche

sind für eine Nacht gekommen und

sind dann weitergezogen. Einige von

ihnen wollten das Hotel sogar selbst

bezahlen“, so Mróz. Er habe nicht damit

gerechnet, dass eine Journalistin in Wien

über „sein“ Dorf berichtet. Im Kulturzentrum

in Wierzchosławice bekämen die

Flüchtlinge drei Mal täglich eine Mahlzeit.

Mróz ist froh, dass es nicht nötig

war, in Polen größere Lager einzurichten:

„Flüchtlingslager sind eine reine

Katastrophe. Plötzlich bist du in einem

Raum mit Tausenden anderen. Das führt

zwangsläufig zu Konflikten. Außerdem

herrschen in Lagern meist strenge

Regeln. Hier können die Flüchtlinge halbwegs

frei und selbstbestimmt leben.“

In der Feuerwache werden auch Kindergeburtstage gefeiert.

LUXUSLEBEN IM

POLNISCHEN DORF?

Wierzchosławice liegt rund 30 km von

Lisia Góra entfernt und ist ein Dorf mit

ähnlicher Einwohnerzahl. Hier leben derzeit

30 Flüchtlinge in einem Kulturzentrum,

welches von der Landgemeinde zur

Verfügung gestellt wurde. Das Gebäude

verfügt über Zimmer, welche im Normalbetrieb

für ca. 30 bis 80 Euro pro Nacht

vermietet wurden. Das Gelände verfügt

über einen Park und Sportanlagen „Es

ist schön hier. Ich würde gerne bleiben.

Aber hier gibt es keine Arbeit für mich“,

sagt mir Anja aus Donezk. „Ist es hier

nicht langweilig?“, frage ich. „Überhaupt

nicht. Es ist ruhig. Das ist das wichtigste.

Wir sind sehr dankbar, dass wir hier

KEIN JOB IN DER PROVINZ

Zurück in der Feuerwache in Lisia Góra.

Julia ist 37 und mit ihrem Sohn aus

Ugledar geflüchtet. Die Stadt liegt zwischen

Donezk und Mariupol und wurde

weitgehend zerstört. Julia sah als einzigen

Ausweg die Flucht aus ihrer Heimat.

Jetzt lebt sie mit ihrem Sohn und ihren

Eltern in der Feuerwache Lisia Góras. Sie

ist glücklich, dass sie hier sicher sind.

Die ungewisse Jobsituation macht ihr

aber zunehmend zu schaffen. Julia ist

auf die Hilfe des Staates angewiesen. Ab

und zu erledigt sie einen Gelegenheitsjob

als Putzkraft, die ihr die Gemeinde

organisiert. Wenn sie zu Bewerbungsgesprächen

eingeladen wird, muss sie oft

ihre letzten Münzen zusammenkratzen,

um sich das Busticket leisten zu können.

Das Gleiche gilt für Ausflüge mit

ihrem Sohn in die nächstgelegene Stadt

Tarnów. Sie wünscht sich, sie würde auf

ihren eigenen Beinen stehen können.

Das Problem mit der Arbeitssuche haben

auch polnische BewohnerInnen: Es gibt

im Dorf kaum Arbeitsplätze.

Der drastische Bevölkerungszuwachs

aufgrund des Krieges im Nachbarland,

54 / OUT OF AUT /

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