Workplace Luxemburg - Juli 2022
Workplace Luxemburg - Ausgabe vom 29.07.2022
Workplace Luxemburg - Ausgabe vom 29.07.2022
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WORKPLACE<br />
ERFOLGSREGION<br />
SEITE 6<br />
Alleine fahren verboten<br />
Wundermittel gegen Stau?<br />
<strong>Luxemburg</strong> will die Pendler auf die Überholspur bringen<br />
Seit Jahren plant <strong>Luxemburg</strong>,<br />
Autobahnspuren einzurichten,<br />
auf denen nur Fahrzeuge mit<br />
mindestens drei Insassen fahren<br />
dürfen –<br />
als Maßnahme gegen Staus<br />
im Berufsverkehr.<br />
Wo und wann die erste an den<br />
Start gehen soll, steht mittlerweile<br />
fest.<br />
Fahren, stehen. Anfahren,<br />
dann wieder stehen. Ein Szenario,<br />
das Einheimische und<br />
Berufspendler viel zu gut vom<br />
Stau-Alltag auf luxemburgischen<br />
Autobahnen kennen.<br />
Manchmal windet sich sich<br />
ein Motorradfahrer an den kilometerlangen<br />
Auto-Schlangen<br />
vorbei, oder Einsatzfahrzeugen<br />
mit Sirene wird Platz<br />
gemacht. Einfach am Stau vorbeifahren<br />
– das wünscht man<br />
sich als Autofahrer auch. Die<br />
gute Nachricht: Mit den geplanten<br />
Spuren für Fahrgemeinschaften<br />
möchte <strong>Luxemburg</strong><br />
genau diesen Wunsch für<br />
viele Autofahrer wahr machen.<br />
Der Haken dabei: wie der<br />
Name schon sagt, darf man<br />
diese Spuren nicht benutzen,<br />
wenn man alleine im Auto<br />
sitzt. Mindestens zwei Mitfahrer<br />
sind erforderlich. Außerdem<br />
sollen die Spuren auch<br />
für Busse und Taxis frei sein.<br />
Allein-Fahrer sind ein großes<br />
Problem für den Verkehr im<br />
Großherzogtum. Jeden Morgen<br />
fahren 250 000 leere Autositze<br />
in die Hauptstadt, heißt<br />
es im nationalen Mobilitätsplan<br />
des Landes. Neben der<br />
allgemein sehr hohen Pendlerzahl<br />
ist das ein Hauptgrund<br />
für die vielen Staus, denen<br />
<strong>Luxemburg</strong> mit oben genanntem<br />
Plan den Kampf angesagt<br />
hat. Der mittlerweile kostenlose<br />
Öffentliche Nahverkehr<br />
(ÖPNV) wird stark ausgebaut,<br />
Autobahnen verbreitert und,<br />
wie die neuen Spuren zeigen,<br />
Anreize für Fahrgemeinschaften<br />
geschaffen.<br />
Doch wann kommt die erste<br />
Fahrgemeinschaftsspur?<br />
Schon vor über fünf Jahren berichteten<br />
luxemburgische Medien,<br />
dass mögliche Strecken<br />
geprüft werden. Bis heute gibt<br />
es aber noch keine.<br />
Baustelle und Stau auf der A 64 in Fahrtrichtung <strong>Luxemburg</strong> zwischen Trierer Berg und Parkplatz<br />
Markusberg. LKW, PKW, Verkehr, Maut<br />
Foto: Friedemann Vetter<br />
Auf Anfrage des Volksfreunds<br />
sagt das luxemburgische Mobilitätsministerium:<br />
„Die Einrichtung<br />
einer Fahrgemeinschaftsspur<br />
gehört zum<br />
Programm des Ausbaus der A<br />
3, der Anfang März begonnen<br />
hat.“ Die A 3 im Süden <strong>Luxemburg</strong>s<br />
zwischen Düdelingen<br />
und <strong>Luxemburg</strong>-Stadt wird<br />
täglich von über 90 000 Fahrzeugen<br />
benutzt und ist damit<br />
die am meisten belastete Verkehrsachse<br />
des Landes, heißt<br />
es in der nationalen Strategie<br />
<strong>Luxemburg</strong>s für nachhaltige<br />
Mobilität.<br />
Bis 2027 soll sie von zwei auf<br />
drei Spuren erweitert werden<br />
und die linke (Überhol-)Spur<br />
zu Spitzenzeiten für Fahrgemeinschaften<br />
und Busse reserviert<br />
werden.<br />
Ob die Fahrgemeinschaftsspur<br />
schon vor dem Fertigstellungstermin<br />
befahrbar ist, ist<br />
noch unklar. Doch wie genau<br />
kann man sich das vorstellen?<br />
Was heißt „zu Spitzenzeiten“?<br />
Und wie wird kontrolliert, wie<br />
viele Menschen im Auto sitzen?<br />
Als Hauptverkehrszeiten<br />
nennt die luxemburgische Regierung<br />
die Spannen zwischen<br />
6.30 und 9.30 Uhr sowie zwischen<br />
15.30 und 18.30 Uhr –<br />
dann kommt es am häufigsten<br />
zu Stau und Fahrgemeinschaften<br />
könnten die Situation entschärfen.<br />
Dennoch sei die Reservierung<br />
der Spur für diese<br />
Zeiträume keine optimale Lösung.<br />
Die Maßnahme würde<br />
dadurch weniger attraktiv für<br />
die Nutzer, da Fahrgemeinschaften<br />
und Busfahrgäste<br />
keine Vorteils-Garantie hätten,<br />
zum Beispiel bei Staus außerhalb<br />
der festgelegten Zeiten,<br />
sagt die Regierung. Eine<br />
dauerhafte Priorisierung einer<br />
Spur für Fahrgemeinschaften<br />
ist gerade außerhalb dieser<br />
Zeiten aber auch ein Verlust<br />
für die restlichen Verkehrsteilnehmer.<br />
Es brauch Flexibilität,<br />
und die Projektplaner wissen,<br />
wie sie die erreichen wollen.<br />
Ein intelligentes Anzeigesystem<br />
soll die Priorisierung je<br />
nach Verkehrsfluss in Echtzeit<br />
regeln. Das heißt, ist auf der<br />
Autobahn gerade viel los und<br />
es gibt Stau, werden die Fahrer<br />
mit digitalen Anzeigetafeln<br />
informiert, dass auf der linken<br />
Spur nur Busse, Taxis und Autos<br />
mit mindestens drei Insassen<br />
fahren dürfen. Sind die<br />
Straßen leer, werden alle Spuren<br />
für den kompletten Verkehr<br />
freigegeben.<br />
Dafür, wie das dann kontrolliert<br />
werden soll, stehen<br />
laut den Plänen bislang noch<br />
zwei Möglichkeiten im Raum.<br />
Entweder durch mobile Polizeipatrouillen<br />
oder eine<br />
(wahrscheinlich effektivere)<br />
technische Lösung – die Verwendung<br />
von Kameras, die<br />
nicht nur die Anzahl der Mitfahrer<br />
erkennen sollen, sondern<br />
auch die Kennzeichen<br />
von unberechtigt auf der Sonderspur<br />
fahrenden Autos aufnehmen.<br />
So handhabt es zumindest<br />
Belgien, das seit ein<br />
paar Jahren eine Fahrgemeinschaftsspur<br />
auf der E 411 von<br />
Arel nach Sterpenich installiert<br />
hat.<br />
Die <strong>Luxemburg</strong>er Regierung<br />
verspricht sich viel von den<br />
Plänen für die A 3. Der Ausbau<br />
auf drei Spuren zusammen<br />
mit der Priorisierung für<br />
Fahrgemeinschaften soll die<br />
Beförderungsrate von Personen<br />
um mindestens 125 Prozent<br />
erhöhen. Deshalb sei<br />
auch die Einrichtung weiterer<br />
Fahrgemeinschaftsspuren<br />
auf der A 4, der A 6 und<br />
der A 1 vorgesehen. Dass die<br />
geplante Spur auf der A 1,<br />
die von Grevenmacher/Mertert<br />
bis <strong>Luxemburg</strong>-Stadt reichen<br />
soll, auch auf deutscher<br />
Seite weiter geht, ist unwahrscheinlich.<br />
Deutsch-luxemburgische<br />
Absprachen habe es<br />
noch keine gegeben, und eine<br />
solche Spur würde auf deutscher<br />
Seite kaum Sinn machen,<br />
weil tägliche Staus nicht<br />
bis dorthin reichen würde, erklärt<br />
das luxemburgische Mobilitätsministerium.<br />
Wenn die<br />
Spur fertig ist, können Deutsche<br />
natürlich trotzdem profitieren,<br />
indem sie sich für den<br />
Pendlerweg nach <strong>Luxemburg</strong><br />
in Fahrgemeinschaften organisieren<br />
und/oder dafür die<br />
Park-and-Ride-Parkplätze hinter<br />
der Grenze nutzen. Damit<br />
ließe sich dann nicht nur lästigen<br />
Staus entgehen, sondern<br />
gleichzeitig noch was Gutes<br />
für die Umwelt tun.