Innovationsreport Binnenschifffahrt 2022
GRUSSWORTE VON VOLKER WISSING, CLAUDIA MÜLLER, REINHARD LÜKEN | DST: Herausforderungen und Innovationen | AUTONOME SYSTEME | WERFT DES JAHRES: Hitzler | EMISSIONSFREIE »ELEKTRA« | INNOVATIVE SCHIFFE | MOTOREN UND ABGASTECHNIK | KRANTECHNIK
GRUSSWORTE VON VOLKER WISSING, CLAUDIA MÜLLER, REINHARD LÜKEN | DST: Herausforderungen und Innovationen | AUTONOME SYSTEME | WERFT DES JAHRES: Hitzler | EMISSIONSFREIE »ELEKTRA« | INNOVATIVE SCHIFFE | MOTOREN UND ABGASTECHNIK | KRANTECHNIK
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INNOVATIONSREPORT 2022
INHALT
5 GRUSSWORTE VON VOLKER WISSING,
CLAUDIA MÜLLER, REINHARD LÜKEN
10 DST: HERAUSFORDERUNGEN
UND INNOVATIONEN
14 AUTONOME SYSTEME
16 WERFT DES JAHRES: HITZLER
18 EMISSIONSFREIE »ELEKTRA«
19 INNOVATIVE SCHIFFE
22 MOTOREN UND ABGASTECHNIK
26 KRANTECHNIK
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2Binnenschifffahrt 2022
EDITORIAL
INNOVATIONSREPORT
DIESEL
2022
SAUBER, LEISE
ZUKUNFTSFÄHIG
Krischan Förster
Chefredakteur
Mutige Köpfe gefragt
Wir freuen uns, Ihnen die erste Aus -
gabe unseres »Innovationsreport« präsentieren
zu können. Künftig wollen
wir einmal im Jahr einen besonderen
Fokus auf neue Ideen, Technologien
und Geschäftsmodelle legen und
besondere Projekte zeigen.
Die Binnenschifffahrt steht ohne
Zweifel vor schwierigen Zeiten. Der
Klimawandel, Vorgaben zur Emissionsreduzierung
und der wachsende
Personalmangel sind nur einige
Herausforderungen, die es zu meistern
gilt. Gleichzeitig heißt es, mit den
gesetzten Rahmenbedingungen bestmöglich
umzugehen. Das betrifft
vornehmlich die Engstellen im System
Wasserstraße, an Brücken, Schleusen
oder Flüssen und Kanälen.
Es braucht mutige, kreative Köpfe,
um Lösungen für technische und
logistische Probleme zu finden. Sie gibt
es im Lande, wie unsere Berichte zeigen.
Es geht um neue Schiffsdesigns,
Kraftstoffe, Antriebskonzepte, digitale
Innovationen und neu gedachte multimodale
Logistik konzepte.
Noch aber stehen viele Entwicklungen
erst an der Schwelle zu einem
funktionierenden und vor allem wirtschaftlichen
Betrieb in der Praxis –
von der Brennstoffzelle bis hin zu einer
automatisierten Schifffahrt. Auch der
intelligente Datenaustausch zwischen
allen Akteuren in der Transportkette
hat noch viel Potenzial.
Eines ist klar: Die Binnenschifffahrt
ist als Verkehrsträger unverzichtbar
– für die Industrie, für die
gewollte Verkehrsverlagerung, für die
Energie wende. Sie braucht dafür die
größtmögliche Unterstützung der
politisch Handelnden, um sich diesen
Herausforderungen stellen zu können.
Sie muss aber natürlich auch
eigene Kräfte mobilisieren, um sich
jetzt zu erneuern und weiterzuentwickeln.
Unser Innovationsreport soll nicht
nur die besten Beispiele aus der Praxis
zeigen, sondern auch Mut machen und
Wege aufzeigen, wie es voran gehen
kann. In diesem Sinne wünsche ich
viel Spaß beim Lesen
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Binnenschifffahrt 2022
3
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Mit unseren innovativen Schiffskonzepten steuern wir auf die Binnenschifffahrt der
Zukunft zu – tiefgangoptimiert sowie auf den Kraftstoff und das Transportgut von
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INNOVATIONSREPORT 2022
Volker Wissing
Bundesminister für Digitales und Verkehr
© BMDV
»Wir wollen den Anteil der Binnenschifffahrt
am gesamten Güterverkehr weiter erhöhen«
Die Zukunft der Binnenschifffahrt
hat viele Facetten. Eine ist grünweiß
lackiert, ausgestattet mit innovativer
Technik, emissionsfrei unterwegs
und wird derzeit in der Region Berlin-Brandenburg
erprobt. Es ist die
»Elektra« – das weltweit erste Schubboot,
bei dem ein batterieelektrischer mit einem
Brennstoffzellenantrieb kombiniert
wird. Eine echte Pionierleistung.
Das Bundesverkehrsministerium unterstützt
dieses Leuchtturmprojekt.
Denn klar ist: Damit die Wasserstraßen
ihren Klimavorteil ausspielen können,
müssen die Schiffe auf ihnen klimafreundlich
angetrieben werden. Diese
Umstellung ist eine Herausforderung für
das Gewerbe. Wir haben deshalb ein
Programm entwickelt, mit dem wir Investitionen
in neue emissionsärmere Systeme
oder Nullemissionsantriebe fördern.
Bis Mitte Juni 2022 konnten so bereits
41 Neubauten und Bestandsschiffe
aus- und umgerüstet werden. Sie stoßen
jetzt weniger Kohlendioxid und Luftschadstoffe
aus.
Trotz der positiven Tendenz ist das Potenzial
der Binnenschifffahrt für mehr
Klima- und Umweltschutz weiter hoch.
So können zum Beispiel auf den Wasserstraßen
noch deutlich mehr Güter befördert
werden, etwa Container-, Großoder
Schwerlasttransporte. Je mehr davon
von der Straße auf das Wasser verlagert
werden, umso weniger Lkw sind
unterwegs. Das reduziert Staus, Lärm
und Emissionen. Wir wollen deshalb den
Anteil der Binnenschifffahrt am gesamten
Güterverkehr weiter erhöhen.
Um die Verlagerung voranzutreiben,
fördern wir Investitionen in Neu- und
Ausbau von Umschlaganlagen des Kombinierten
Verkehrs. Diese Förderung entwickeln
wir derzeit weiter: Verstärkt werden
wir künftig Maßnahmen der Digitalisierung
und Automatisierung unterstützen,
die das Umschlagen effizienter,
sicherer und zuverlässiger machen.
Sicherheit und Zuverlässigkeit erwarten
die Binnenschiffer auch von den
technischen Bauwerken. Bundesweit
sind viele davon, insbesondere Schleusen
und Wehre, in die Jahre gekommen und
müssen saniert werden. Hierauf liegt unsere
Priorität, damit sie auch künftig ihre
Aufgaben erfüllen können.
Ob bei Innovationen, Antrieben oder
Infrastruktur: Wir unterstützen die Binnenschifffahrt,
wo wir können. Denn sie
soll auch weiter ein Garant sein für Exporterfolge,
Wachstum und Beschäftigung
und vor allem für eine klimafreundliche
Logistik.
Binnenschifffahrt 2022
5
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• Entwicklung von Prototypen
• Elektrifizierung von Binnenschiffen
und Fahrgastschiffen
• Austausch von Hinterschiffen
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130 m Länge und 4000 tdw.
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INNOVATIONSREPORT 2022
Claudia Müller
Koordinatorin der Bundesregierung
für die maritime Wirtschaft und Tourismus
© BMWK
»Das Binnenschiff – effizientes Kraftpaket
im multimodalen Verkehr«
Auf den rund 7.400 km Bundeswasserstraßen
verkehrten im Jahr
2020 knapp 2.000 Güterbinnenschiffe,
die zusammen eine Ladung von 188
Mio. t transportierten. Diese Ladungsmenge
entspricht mehr als 16 Mio.
Schwerlast-Lkw oder fast 4500 Schwertransporten
zusätzlich pro Tag auf deutschen
Straßen.
Eine enorme Menge, die zeigt, welchen
großen Stellenwert das Binnenschiff
beim Transport von Waren und Gütern
einnimmt.
Ein modernes Binnenschiff ersetzt etwa
150 Lkw und ist damit ein hocheffizientes
und schon heute vergleichbar
klimafreundliches Transportmittel. Gerade
in der Betrachtung der gesamten
Lieferkette kann der effiziente Transport
mit dem Binnenschiff seine wichtige Rolle
entfalten. Je länger beim Transport einer
Ware der Anteil, der mit dem Binnenschiff
zurückgelegt worden ist – im
Gegensatz zum Transport mit dem Lkw –
desto positiver wird dies im gesamten
CO 2
-Fußabdruck. Gleichzeitig ist der
Energieeinsatz je transportierter Einheit
mit Abstand am niedrigsten – mit nur einem
Drittel gegenüber jenem des Lkw.
Das schlägt sich auch positiv nieder bei
Abgasemissionen je transportierter Einheit
sowie für bei den Folgen durch mögliche
externe Kosten, also Klimagase,
Luftschadstoffe, Lärm oder Unfälle. Effizienzvorteile,
die heute schon deutlich
für das Binnenschiff als Transportmittel
sprechen. Gleichzeitig machen auch der
Klimawandel und Kostensteigerungen
für Treibstoffe effiziente Transporte notwendig.
Das Binnenschiff dient zum Transport
diverser Güter, vor allem aber zur Versorgung
mit Rohstoffen. Dies war besonders
im heißen und trockenen Sommer 2018
spürbar, als der Transportweg über den
Rhein eingeschränkt war. Die Versorgung
von Raffinerien war nicht mehr
möglich. Neben der Relevanz der Binnenschifffahrt
hat dies auch gezeigt, dass
wir eine gute Infrastruktur benötigen, die
im Zusammenspiel mit den Fahrzeugen
auch resilient und anpassungsfähig für
mögliche Klimaveränderungen sein
muss. Niedrigwasserepisoden stellen zudem
neue Herausforderungen an das
Binnenschiff dar. Die Bundesregierung
hat deshalb ein Förderprogramm Nachhaltige
Modernisierung von Binnenschiffen
aufgelegt, mit dem auch angepasste
Rumpfformen gefördert werden können.
Weiterer Modernisierungsbedarf besteht
bei den Antrieben. Die Abkehr von
fossilen Kraftstoffen, hin zu übergangsweise
verflüssigtem Erdgas (LNG), Wasserstoff
(Brennstoffzelle), oder synthetischen
Kraftstoffen, um weitere Erfolge
bei der Senkung der CO 2 -Emissionen
zu erreichen und auch um den
Vorgaben aus dem »Fit for 55«-Paket der
EU-Kommission umzusetzen, sind weitere
notwendige Schritte. Hierfür braucht
es weitere Anstrengungen hinsichtlich
der Verfügbarkeit der Kraftstoffe und der
Marktakzeptanz alternativer Antriebe.
Die Bundesregierung unterstützt diese
Entwicklungen durch Förderung von
Forschung und Entwicklung.
Mit den aktuell in Bau befindlichen
Schiffstyp »E-Spatz« mit Elektromotoren
geht auch der Bund mit gutem Bespiel
voran. Auch Entwicklungen wie das
durch das Bundesverkehrsministerium
geförderte hybrid-elektrisch angetriebene
Schubboot »Elektra«, zeigen
das Innovationspotenzial des wichtigen
Transportmittels Binnenschiff und weisen
den Weg in Richtung Zukunft.
Binnenschifffahrt 2022
7
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INNOVATIONSREPORT 2022
Reinhard Lüken
Hauptgeschäftsführer
Verband für Schiffbau und Meerestechnik e.V.
© VSM
»Die Möglichkeiten der Binnenschifffahrt
sind durch Straße und Schiene
nicht zu ersetzen«
Dürre in Deutschland – ein Thema
das inzwischen mit großer Regelmäßigkeit
in den Wetternachrichten thematisiert
wird. Doch nicht nur Landund
Forstwirtschaft leiden. Das extreme
Niedrigwassers 2018 setzte die Binnenschifffahrt
wochenlang lahm und mit ihr
große Industriebetriebe entlang den
Wasserstraßen. Die wirtschaftlichen
Schäden gingen in die Milliarden. Schnell
wurde deutlich: Die Möglichkeiten der
Binnenschifffahrt sind durch Straße und
Schiene nicht zu ersetzen.
Neben dem entscheidenden Beitrag
der Frachtschifffahrt für die Verkehrsinfrastruktur
Deutschlands darf auch die
Fahrgastschifffahrt nicht unterschätzt
werden. Millionen Mitbürger nutzen sie
tagtäglich als Teil des ÖPNV oder als
Touristen für ihre Erholung und Freizeit.
Der Güterverkehr in Deutschland verzeichnet
seit Jahrzehnten ein kontinuierliches
Wachstum. Leider aber
konnte die Binnenschifffahrt ihren Anteil
an der gesamten Beförderungsleistung
(Modal Split) nicht erhöhen, im Gegenteil.
Dabei könnte der wassergebundene
Verkehr am leichtesten und günstigsten
expandieren. Das wäre auch für die Umwelt
gut, denn die Physik ermöglicht dem
Schiff die energieeffizienteste Bewegung.
So bewegen wir uns nicht nur nicht auf
die ehrgeizigen Pläne des »Green Deal«
zu, sondern immer weiter weg. Dabei haben
theoretisch alle Beteiligten erkannt,
dass die Transformation des Verkehrsbereichs
ohne die Binnenschifffahrt scheitern
wird. Damit die Binnenschifffahrt ihre
Aufgaben auch künftig erfüllen kann,
gilt es zwingend; die aktuellen Herausforderungen
zeitnah zu bewältigen: Dem
Arbeitskräftemangel die Automation entgegensetzen,
den Klimaschutzanforderungen
durch alternative Kraftstoffe
und Antriebe begegnen, die Effizienz
durch Digitalisierung erhöhen und
sich intelligent auf den Klimawandel einstellen
durch neue schiffbauliche Wege.
Ohne staatliche Förderung, zeitnahe
technische Vorschriftenentwicklung und
geeignete Rahmenbedingungen, werden
diese Herausforderungen aber nicht zu
stemmen sein.
Die aktuelle Regierungspolitik packt
viele Themen entschlossen an. Es bleiben
aber auch noch unerledigte Hausaufgaben.
Die Förderung der Binnenschifffahrt,
um die beschriebenen technischen
Herausforderungen zu bewältigen, hat
sich stetig erhöht. Hersteller bieten vielfältigste
technische Lösungen und arbeiten
kontinuierlich weiter an der Technik
für die Binnenschifffahrt für morgen.
Unterstützt werden unter anderem zahlreiche
Forschungsprojekte im Bereich
Automation. Wichtig ist, die Förderprogramme
möglichst praxisnah zu gestalten,
damit Investitionen auch tatsächlich
ausgelöst werden.
Aber auch modernste Schiffe sind auf
geeignete Wasserstraßen angewiesen. Zu
dem absehbaren Finanzierungsloch bei
der Erneuerung und Ertüchtigung des
Wasserstraßennetzes darf es nicht kommen.
Die Infrastrukturprojekte verzögern
sich weiter und weiter und dies
gefährdet die strategischen Ziele der Verkehrswende.
Wie bei der Schiene gilt:
Wenn Schleusen, Schiffshebewerke und
Wasserstraßen nicht in der Lage sind,
moderne Schiffe aufzunehmen, können
diese schlicht nicht fahren, noch nicht
einmal im Schritttempo wie ein Lkw bei
Stau oder über Schlaglöcher!
Binnenschifffahrt 2022
9
INNOVATIONSREPORT 2022 | BINNENSCHIFFFAHRT DER ZUKUNFT
Herausforderungen und Innovationen
© DST
Neue Designs sind gefragt: Schiffsumströmung eines kleinen, neu am
DST konzipierten Containerschiffes im Versuchskanal in Duisburg
Die Binnenschifffahrt steht durch die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wasserstraßen,
die geforderte Umstellung auf klimaneutrale Antriebe und den drohenden Fachkräftemangel
vor großen Herausforderungen. Diesen muss sie mit innovativen Entwicklungen begegnen
Das vorrangige Ziel jeder Schiffsentwicklung
ist stets die Verbesserung
der Wirtschaftlichkeit des Schiffstrans -
ports – allerdings unter bestimmten
Randbedingungen. Dazu gehören beispielsweise
die zu transportierenden Güterarten
und -mengen, die Gewässerbedingungen,
Schleusenabmessungen und
Besatzungsvorschriften.
In den letzten Jahrzehnten waren diese
Randbedingungen relativ konstant und
führten zu immer größeren Schiffseinheiten.
Mit der größeren Verdrängung
sinkt der spezifische Leistungsbedarf.
Gleichzeitig kann ein größerer Propeller
installiert werden, dessen Wirkungsgrad
mit dem Durchmesser zunimmt. Der
Wirkungsgrad des Dieselmotors konnte
in Laufe der Jahre ebenfalls verbessert
werden. So wurde das moderne Binnenschiff
zum energieeffizientesten Verkehrsträger.
Für die seltenen Niedrigwasserperioden
wurden Ergänzungen
wie der Flextunnel erfunden, die auch
den Betrieb bei mäßigem Niedrigwasser
erlauben.
In nur wenigen Jahren sind allerdings
viele Herausforderungen, unter anderem
durch stark veränderte Randbedingungen,
aufgetaucht, die neue Entwicklungen
erzwingen.
Die Klimaprognosen lassen ausge -
dehnte und häufigere Niedrigwasserperioden
in den nicht staugeregelten Flüssen
erwarten. Hiervon ist ganz besonders die
Rheinschifffahrt betroffen, weswegen
auch bereits im Jahr 2018 Entwicklungen
für flachgehende Binnenschiffe angestoßen
wurden. Wegen des im flachen
Wasser begrenzten Tiefgangs müssen die
Länge und Breite des Schiffes maximiert
werden, um eine ausreichende, wirtschaftlich
vertretbare Tragfähigkeit zu erreichen.
Gleichzeitig wird durch die geringe
Wassertiefe die Geschwindigkeit
begrenzt.
Leistungsbedarf ist entscheidend
Diese Grenze ist grundlegend strömungstechnisch
begründet und kann
durch keine konstruktive Maßnahme
überwunden werden: Ab einer Tiefen-
Froudezahl von 0,7 steigt der Leistungsbedarf
stark an, und das Schiff erfährt einen
starken Absunk und eine starke Vertrimmung,
die zur Grundberührung führen
kann. So ist zum Beispiel bei einer
Wassertiefe von 1,8 m die Schiffsgeschwindigkeit
auf 10,5 km/h begrenzt.
Bei einem kleinen Tiefgang muss auch
der Propellerdurchmesser entsprechend
verkleinert werden. Um die erforderliche
Antriebsleistung in das Wasser übertragen
zu können, werden dann zwei oder
mehr Propeller notwendig. Um den Wirkungsgrad
möglichst hoch zu halten, werden
diese in Tunneln angeordnet. Hier
besteht die Gefahr, dass bei Stoppmanövern
die Propeller von achtern Luft
ansaugen. Um dies zu verhindern, ist eine
entsprechende Gestaltung des Hinterschiffs
vorzunehmen oder eine Bugstrahlanlage
vorzusehen, die bei Stoppma -
növern ausreichend Schub erzeugt.
Es sind auch weitere Konzepte denkbar,
wie zum Beispiel externe Zusatzantriebe
mit kleinen Propellern, die bei
Bedarf – ähnlich einem Außenbordmotor
– am Heck angebracht werden und
bei extremem Niedrigwasser als Antrieb
dienen.
Eine weitere Alternative mit ebenfalls
sehr hohem Wirkungsgrad und uneingeschränkter
Flachwassertauglichkeit ist
das Schaufelrad bzw., in der modifizierten
Form, die Blattkette. Während die geringe
Drehzahl des Schaufelrads und die
Momentstöße in Kombination mit dem
Dieselmotor zu Schwierigkeiten führen,
ist ein elektrischer Antrieb hierfür ohne
weiteres geeignet.
Damit bei reduziertem Tiefgang und
entsprechend reduzierter Verdrängung
ausreichend Ladung transportiert werden
kann, ist es nötig, das Strukturgewicht
zu minimieren. Dies kann durch
eine Verringerung der Seitenhöhe und
andere Materialien erreicht werden. An-
10Binnenschifffahrt 2022
BINNENSCHIFFFAHRT DER ZUKUNFT | INNOVATIONSREPORT 2022
dererseits kann durch eine größere Seitenhöhe
die Festigkeit erhöht werden
und die Materialstärke gesenkt werden.
In jedem Fall steigen die Anforderungen
an eine detaillierte Konstruktion, in der
die Strukturmaterialien, eventuell auch
leichte Sandwichmaterialien mit Metallschäumen
oder hochbelastbare faserverstärkte
Kunststoffe, entsprechend den lokalen
Belastungen sorgfältig ausgewählt
und dimensioniert werden müssen.
Allerdings muss wie bei der jeder Optimierung
ein Kompromiss gefunden werden:
Das Schiff, das für die Fahrt im
Niedrigwasser optimiert ist, kann im
Tiefwasser nicht viel Ladung tragen. Das
Schiff, das die zulässigen Hauptabmes -
sungen auf den Rhein ausreizt und somit
auch bei geringem Tiefgang genug Tragfähigkeit
hat, kann die Nebenflüsse und
Kanäle nicht mehr befahren. Der wirtschaftliche
Ansatz muss daher lauten, ein
Schiff zu entwickeln, das bei Niedrigwasser
fahren kann – und so das Binnenschiff
zu einem verlässlichen Verkehrsträger
macht –, das aber gleichzeitig auch
bei höheren Wasserständen mehr Ladung
transportieren kann und so insgesamt
rentabel zu betreiben ist.
Eine weitere Gewichtsreduzierung
kann durch eine Optimierung für spezielle
Ladung erreicht werden. So wird
zum Beispiel beim Containertransport
die Last nur über die Containerecken
übertragen, der Laderaumboden muss
also nicht für eine Entladung mit einem
Greifbagger ausgelegt werden. Hier muss
der Schiffsbetreiber kalkulieren, inwieweit
operative Einschränkungen und höhere
Kosten durch ausgedehnte Einsatzzeiten
kompensiert werden können.
Die nächste Herausforderung ist die
Luftbelastung. Vor wenigen Jahren galt
es, die NOx- und Feinstaub-Emissionen
deutlich zu reduzieren. Die NRMM-Verordnung
entpuppte sich als eine große
Herausforderung für die Branche, weil
sich große Dieselmotoren für die neuen
Abgasgrenzwerte kaum im Markt finden
ließen.
Inzwischen besteht aber die neue Zielvorgabe
darin, die Treibhausgasemissionen
bis 2035 um 35 % gegenüber 2015
zu reduzieren und bis 2050 weitgehend
zu eliminieren. Dies ist mit Dieselmotoren
jedoch kaum zu erreichen: Mit
E- oder Bio-Fuels (einschließlich Abgasnachbehandlung)
kann zwar eine global
neutrale Klimabilanz erreicht werden, die
Kosten hierfür sind allerdings sehr hoch
und ausreichende Treibstoffmengen (absehbar)
nicht verfügbar.
Eine relativ kleine Branche wie die Binnenschifffahrt
muss sich daher die Entwicklungen
aus anderen Verkehrs- und
Industriebereichen zunutze machen. Es
ist abzusehen, dass der Elektromotor
zum Standardantrieb wird. Er hat einen
sehr hohen Entwicklungsstand erreicht
und ist in allen erforderlichen Größenordnungen
verfügbar. Der Wirkungsgrad
ist sehr hoch, er lässt sich in einem weiten
Drehzahlbereich sehr gut regeln und ist
zudem wartungsarm. Zum Erreichen der
Klimaziele stellt sich also die Frage, wie
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Binnenschifffahrt 2022
11
INNOVATIONSREPORT
© DST
Für die künftig häufiger drohenden Niedrigwasser-Phasen, hier der Rhein im Jahr 2018, werden flachgehende, optimierte Schiffe gebraucht
die elektrische Leistung für den Motor und den Bordbetrieb bereitgestellt
werden kann. Als Übergangslösung bieten sich Dieselgeneratoren
an, die in einem modularen Konzept später durch
klimaneutrale Alternativen ersetzt werden. Mit Batterien lassen
sich große Energiemenge speichern, auf absehbare Zeit aber nur
zu erheblichen Kosten.
Bei kurzen Fahrstrecken (zum Beispiel auf Fähren oder Tagesausflugsschiffe)
ist dies eine denkbare Variante. Bei längeren
Fahrstrecken müsste unterwegs die Batterie neu aufgeladen oder
getauscht werden. Dies ist vor allem bei einem Betrieb mit Ruhepausen
denkbar, wenn zuvor die erheblichen Investitionen an
den Liegestellen und in den Häfen für Landstrom-Anlagen erfolgt
sein sollte. Denkbar ist es auch, eine Batterie als Teilantrieb
zu verwenden, die zum Beispiel für die Talfahrt oder eine zeitlich
begrenzte Kanalfahrt die erforderliche Leistung bereitstellt.
Brennstoffzelle als Technologie der Zukunft
Darüber hinaus bietet sich die Brennstoffzelle an, die aus Wasserstoff
und Luftsauerstoff elektrochemisch Energie erzeugt. Der
Wasserstoff kann entweder als Reinstoff an Bord gelagert werden
(flüssig, gasförmig oder als Metallhydrid) oder von anderen
Treibstoffen in einem sogenannten Reformer abgespalten werden.
Die gravimetrische Energiedichte von flüssigem Wasserstoff
(einschließlich Tanksystem) liegt allerdings nur bei einem Drittel
im Vergleich zum Diesel, aber immerhin 16 mal höher als bei
Batterien. Die Energiedichte von Ammoniak ist wiederum um
25 % höher als die von flüssigem Wasserstoff, die von Methanol
sogar um 50 % höher. Allerdings wird beim Reformieren CO2 abgeschieden
– somit kommt nur »grünes« Methanol in Frage.
Brennstoffzellenantriebe für Schiffe befinden sich gerade erst
im Prototypen- bzw. Vorserien-Stadium. Sie haben jedoch ohne
Zweifel das Potenzial, die vorherrschende Energiequelle der Zu-
12Binnenschifffahrt 2022
BINNENSCHIFFFAHRT DER ZUKUNFT | INNOVATIONSREPORT 2022
kunft zu werden. Sie bieten nach jetzigem
Forschungsstand die einzige Alternative,
um Binnenschiffe über lange Strecken
ohne Unterbrechung fahren lassen zu
können. Auch hierfür fehlen noch die erforderliche
Infrastruktur und Logistik für
die Treibstoffversorgung entlang der
Wasserstraßen.
Bei der Konzeptionierung der Energieversorgung
muss künftig jede denkbare
Möglichkeit mit einbezogen werden. So
können Solarzellen auf Lukendeckeln eine
deutliche Energiemenge bereitstellen.
Auch ist eine Folie mit flexiblen Solarzellen
denkbar, die in an einem Gestell
über geladene Container gerollt wird.
Genauso wie in vielen anderen Branchen
droht auch der Binnenschifffahrt
ein gravierender Fachkräftemangel. Eine
technische Antwort darauf kann eine zunehmende
Automatisierung sein, um
Aufgaben an Bord vom Menschen auf
Maschinen zu übertragen. Zudem liegt
darin ein Potenzial, die Kosten zu senken
und die Sicherheit zu erhöhen. Die prominenteste
Aufgabe ist dabei die Steuerung
des Schiffs. Die Entwicklung hierzu
verläuft in Stufen.
Angefangen von bereits verfügbaren
Assistenzsystemen, die den Schiffsführer
unterstützen (Bahnführungsassistent,
Brückenanfahrwarnung usw.) kann die
Komplexität der Systeme schrittweise erhöht
werden, bis sie in der Lage sind, das
Schiff vollständig autonom zu steuern.
Ein Zwischenschritt ist das ferngesteuerte
Fahren aus einem Steuerstand an Land
mit Hilfe von fortgeschrittenen Assistenzsystemen.
Ein Schiffsführer kann
künftig durchaus mehr als ein Schiff steuern.
Ein optimierter Betrieb trägt ebenfalls
dazu bei, energiesparender und wirtschaftlicher
zu fahren.
Neben der Schiffsführung können aber
auch alle anderen Aufgaben an Bord automatisiert
werden. Dazu müssen zum
einen entsprechende technische Einrichtungen
an Bord installiert werden, zum
anderen wird es aber auch nötig sein, Arbeitsabläufe
neu zu organisieren und verbleibende,
nicht automatisierbare Aufgaben
durch landgestütztes Personal ausführen
zu lassen. Erste Ansätze hierzu
finden sich heute schon an Bord, zum
Beispiel bei der Fernüberwachung der
Antriebsmotoren und der sogenannten
»Predictive Maintenance« (Wartungsplanung)
für die Bordsysteme.
Insgesamt wird durch die steigenden
Anforderungen die Schiffsentwicklung
deutlich aufwändiger. Viele Aspekte müssen
künftig noch im Detail untersucht
werden, um alle Optimierungspotenziale
nutzen zu können. Denn klimaneutrale
Antriebe sind wesentlich komplexer aufgebaut
als der heute verbreitete klassische
Dieselmotor. Und auch der Schiffsbetrieb
wird sich mit den Automatisierungsfunktionen
wandeln. Nicht zuletzt müssen bei
allen Entwicklungen auch die Nachrüstungsmöglichkeiten
der Bestandsflotte
bedacht werden.
Autor: Rupert Henn
DST – Entwicklungszentrum für
S chiffstechnik und Transportsysteme
Duisburg
Strömung am Hinterschiff eines klassischen Binnenschiffs im flachen Wasser, das von zwei Hilfsantrieben bewegt wird
© DST
Binnenschifffahrt 2022
13
INNOVATIONSREPORT 2022 | AUTONOME SYSTEME
Die Arbeit des Schiffsführers erleichtern
Systeme zur autonomen Navigation, Überwachung und Flottenmanagement erleichtern die
Arbeit von Binnenschiffern und machen sie sicherer, zudem leisten sie einen Beitrag zur
Emissionsreduzierung – wie Produkte von Argonics, die auf Bachmann-Lösungen basieren
© Bachmann electronic
Nach diesem Prinzip »Teile und herrsche«
– werden in der Informatik
komplexe und zunächst unbeherrschbar
scheinende Aufgaben in der Regel in hierarchische
Ebenen unterteilt. Jede Ebene
spaltet sich wiederum in einzelne Module
auf, welche voneinander entkoppelte,
übersichtliche Aufgaben bewältigen.
Durch die Vernetzung der einzelnen Module
sind der Austausch von Informationen
und die wechselseitige Interaktion
möglich. »Mit diesem Vorgehen haben
wir verschiedene Produkte erschaffen,
die den Alltag in der Binnenschifffahrt
erleichtern«, erzählt Alexander Lutz,
Gründer und Geschäftsführer der Argonics
GmbH. Natürlich braucht es auch
die entsprechenden Hardware-Komponenten,
um unsere Konzepte in ein
reales System umzusetzen, so Lutz. Dafür
verwendet Argonics das M1-Automatisierungssystem
von Bachmann
electronic. »Dessen Modularität sowie
die vielfältigen Möglichkeiten zur Vernetzung
haben uns überzeugt«, so Alexander
Lutz weiter.
Weniger Treibstoff und Verschleiß
Zur Navigation der Schiffe stehen verschiedene
Module wie argoPropControl,
argo-Pilot und argoCruiseControl zur
Verfügung. Das Modul argoPropControl
sorgt auf unterster Ebene dafür, dass die
Antriebseinheiten die Vorgaben des
Schiffsführers über Ruderwinkel und
Maschinendrehzahl umsetzen. »Dabei
werden hardwareseitig für jede Antriebseinheit
separate Steuerungs- und Ein-/
Ausgangsmodule verbaut, um ein
Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten«,
erklärt Lutz.
Auf der nächsten Ebene läuft mit dem
Modul argoPilot ein Wendegeschwindigkeitsregler,
der die Drehgeschwindigkeit
des Schiffes um seine Hochachse regelt.
ArgoCruiseControl sorgt zusätzlich dafür,
dass alle Antriebsmotoren stets gleich
belastet werden. »So wird Treibstoff gespart
und der Verschleiß vermindert«,
macht Alexander Lutz deutlich. Die beiden
Module liefern Sollwerte an das Modul
argoPropControl. Dies geschieht ohne
zusätzliche Hardware. Die Module
werden Lutz zufolge »einfach miteinander
vernetzt«.
Mit argoTrackPilot wurde erstmalig in
der Binnenschifffahrt ein System zur automatischen
Führung von Schiffen entlang
vorgegebener Sollbahnen entwickelt.
Dieses bei Argonics verfügbare
Modul der höchsten Navigationsebene
greift wiederum auf die Funktionalität
von Modulen untergelagerter Ebenen zurück.
In diesem Falle erfolgt die Vorgabe
der Solldrehgeschwindigkeit an Wendegeschwindigkeitsregler
wie das Modul argoPilot,
das wiederum Ruderwinkelvorgaben
an argoPropControl liefert. Alle
14 Binnenschifffahrt 2022
AUTONOME SYSTEME | INNOVATIONSREPORT 2022
Module zur Navigation des Schiffes benötigen
Zugriff auf die Hardware des Antriebs
und auf verschiedene Sensoren wie
das globale Satellitennavigationssystem
GNSS oder den Wende- und Ruderwinkelanzeiger.
Dies geschieht über Kommunikationsmodule,
die jeweils spezielle
Protokolle wie 1939 oder NMEA umsetzen.
Diese lassen sich leicht im M1-Automatisierungssystem
realisieren oder sind
bereits integriert.
Viele Unterstützungsoptionen
»Reederei können durch die
Analyse der gespeicherten Daten
frühzeitig Probleme erkennen
und Wartungsarbeiten in die
Wege leiten«
Alexander Lutz
© Argonics
Verschiedene Überwachungsmodule
greifen ebenfalls auf die Variablen der
Navigations- und Kommunikationsmodule
zu. Mit argoMultiDisplay werden
alle für die Schiffsführung relevanten Daten
auf Touch-Bildschirmen dargestellt.
Die Visualisierung wird speziell nach
Vorgaben der Kunden realisiert, da eine
Vielzahl an konfigurierbaren Instrumenten
zur Verfügung steht. Eine Alarmierung
des Schiffsführers über kritische
Zustände erfolgt ebenfalls über die Anzeige
von argoMultiDisplay.
Das argoDataPortal, das der Reederei
den Zugriff auf alle relevanten Daten ihrer
Schiffe ermöglicht, basiert auf der Visualisierungslösung
atvise von Bachmann.
Ȇber eine sichere Verbindung
werden diese von den Schiffen an eine
landseitige Datenbank übermittelt«, erklärt
Alexander Lutz. Bei einer Unterbrechung
der Verbindung werden alle
Daten auf den Schiffen lokal zwischengespeichert.
»Die technisch Verantwortlichen
der Reederei können durch die
Analyse der gespeicherten Daten frühzeitig
Probleme erkennen und Wartungsarbeiten
in die Wege leiten«, schildert
Lutz die Vorteile des Portals. »Mit Hilfe
von argoDataPortal lassen sich auch die
Fahrweise der Schiffsführer beurteilen
und über einen Rückkanal auch Vorgaben
der Reederei an die Schiffe übermitteln.«
Genügt der Reederei die Darstellung von
Positions- und Geschwindigkeitsdaten,
wird das Produkt argoTracker eingesetzt.
»ArgoTracker sendet hierfür die Informationen
eines GNSS-Empfängers zyklisch
an einen Webserver, auf den die Reederei
Zugriff hat«, erklärt Alexander Lutz. Weitere
optionale Funktionen bieten die Module
argoTracks (Leitlinienservice), argo-
LaneWarning (Kollisionswarnung) auf
Basis des Automatic Identification System
(AIS), argoTargetPilot (Folgefahrt von
AIS-Zielen) und der argoHapticTiller
(Tiller mit haptischem Feedback). »Mit
Hilfe der modernen Steuerungsarchitektur
von Bachmann electronic
können wir Module für alle Bereiche der
Navigation, der Überwachung und des
Flottenmanagements von Binnenschiffen
umsetzen und erleichtern so gemeinsam
die tägliche Arbeit des Schiffsführers«,
fasst Alexander Lutz abschließend zusammen.
Weitere Projekte geplant
Um auch zukünftig wegweisende Lösungen
für die Binnenschifffahrt anbieten zu
können, arbeitet die Argonics GmbH an
verschiedenen Forschungsprojekten wie
die sich mit Platooning, automatischem
Schleusen sowie der Fernsteuerung von
Binnenschiffen befassen.
Argonics
Die Argonics GmbH wurde 2014
in Stuttgart gegründet. Sie ging
aus der Unternehmung »3G Navigation«
der Existenzgründergesellschaft
TTI GmbH der Universität
Stuttgart hervor. Bei Argonics
entstehen Produkte für die
Navigation und Überwachung
von Schiffen.
© Argonics
Mit dem argoDataPortal lassen sich einzelne Binnenschiffe sowie gesamte Flotten überwachen
Bachmann electronic
Bachmann electronic mit Sitz im
österreichischen Feldkirch ist auf
die Automatisierung, Netzmessung
und -schutz, Visualisierung
und Zustandsüberwachung von
Maschinen und Anlagen spezialisiert.
Seit über 50 Jahren werden
dort Lösungen für die Energiebranche,
Industrie sowie für maritime
Anwendungen gefertigt.
Binnenschifffahrt 2022
15
INNOVATIONSREPORT 2022 | WERFT DES JAHRES
Aus Tradition innovativ
Innovativ war die Hitzler Werft schon immer. Seit ihrer Gründung im Jahr 1885 in
L auenburg an der Elbe sind dort über 800 Schiffe diversen Typs gebaut worden, darunter
seegehende Tanker, Forschungsschiffe, Bohrinselversorger, Schlepper und Eisbrecher
Seit weit mehr als 130 Jahren entstehen auf der Hitzler Werft an der Elbe neue Schiffe. Auch das Reparaturgeschäft gehört zum Portfolio
© Wroblewski
Anfang 2021 hat Kai Klimenko gemeinsam
mit seinem Vater Marek die traditionsreiche
Hitzler Werft übernommen.
Nach Jahrzehnten im Familienbesitz
wurde die Werft mangels Nachfolger an
das Vater-Sohn-Gespann verkauft. Seitdem
weht ein frischer Wind durch die
Lauenburger Schiffbauhallen. Geschäftsführer
Kai Klimenko sprach mit der Binnenschifffahrt
über aktuelle Projekte und
darüber, wie die Hitzler Werft den derzeitigen
Herausforderungen, wie zum Beispiel
der Dekarbonisierung und Emissionsreduzierung,
begegnet.
Haben gemeinsam die Werft im März 2021 übernommen: Marek Klimenko (li.) und Sohn Kai
© Hitzler
Der Bau innovativer Schiffstypen scheint
in der DNA der Hitzler Werft zu liegen –
an welchen Schiffsprojekten beziehungsweise
Konzepten arbeiten Sie gegenwärtig?
Kai Klimenko: Die Hitzler Werft ist seit
ihrer Gründung sehr innovativ. Das belegen
unter anderem die zahlreichen Patente,
über die wir verfügen und die Erfindungen,
die auf unserer Werft im Laufe
der Zeit gemacht wurden. So sind zum
Beispiel Komponenten wie das Hitzler-
Ruder, das Hitzler-Steuerhaus oder
Stampfanlagen bei uns entwickelt und
gebaut worden. Aber auch komplett neue
Schiffstypen wie der Hitzler-Versorger,
ein für die Versorgung von Ölbohrplattformen
konzipiertes Schiff.
Derzeit schließt sich mit dem »Wallaby
Boat«, ein Projekt, an dem wir aktuell arbeiten
und das in unserer großen Werfthalle
langsam Gestalt annimmt, der Kreis
zu den Offshore-Versorgern von damals.
Dieser Neubau eines Offshore-Crew-
Transfer-Vessels basiert auf einem innovativen
Konzept mit federgelagerten
Kufen, die den Seegang ausgleichen. Damit
können auch Menschen, die unter
16 Binnenschifffahrt 2022
WERFT DES JAHRES | INNOVATIONSREPORT 2022
© Wroblewski
©Wallaby Boats
Derzeit entsteht ein Offshore-Windpark-Versorger auf der Werft, er wird die Umweltstandards Tier 3, Blauer Engel und Hybrid Power plus erfüllen
Seekrankheit leiden, bei schwierigen
Wetterverhältnissen auf dem Schiff arbeiten.
Es bietet zudem mehr Sicherheit,
vor allem im Hinblick auf einen sicheren
Überstieg auf die Windplattform.
Außerdem arbeiten wir momentan an
mehreren Projekten zur Elektrifizierung
von bestehenden Schiffen sowie auch von
kompletten Neubauten. Vorhaben, die
ebenfalls zu einer sauberen Schifffahrt
beitragen sollen und mit denen wir uns
aktuell beschäftigen, sind die Entwicklung
von Methanol-Antrieben für Binnenschiffe
sowie die von Brennstoffzellentechnik.
Dabei arbeiten wir sowohl
für öffentliche als auch private Auftraggeber.
Ein weiteres Thema für uns sind
Schiffe mit Hybrid-Antrieben.
Welche Voraussetzungen bringt Ihre
Werft mit, um die verschiedenen Schiffstypen
bauen zu können?
Klimenko: Wir verfügen über Neubaukapazitäten
auf zwei Helgen à 130 m x
18 m. Unser werfteigenes Konstruktionsbüro
ermöglicht zudem die Entwicklung
diverser Schiffstypen, auch mit sehr
komplexen Strukturen. Nicht zuletzt
können wir auf jahrzehntelange Erfahrung
zurückgreifen, auch aus Projekten,
die wir für fremde Werften realisiert
haben.
Egal ob Binnen- oder Seeschifffahrt, hier
wie dort müssen Emissionen eingespart
werden. Welche Antriebskonzepte beziehungsweise
energiesparende Lösungen
bieten Sie Ihren Kunden?
Klimenko: Wir haben zum Beispiel diesel-elektrische
Antriebe im Portfolio, die
bereits für eine spätere Umrüstung auf
komplett emissionsfreie Antriebe vorbereitet
sind – bei denen später der Austausch
des Dieselgenerators beispielsweise
gegen Brennstoffzelle erfolgen
kann. Wir bieten außerdem methanolelektrische
oder batterie-elektrische Antriebe.
Eine weitere Stellschraube, um Emissionen
zu sparen, ist die Optimierung von
Schiffslinien, die zu geringeren Brennstoffverbräuchen
führt. Die Schiffslinienoptimierung
ist gerade in der Binnenschifffahrt
im Hinblick auf Niedrigwasserphasen
ein wichtiger Punkt. Hier
bieten wir den Reedern und Partikulieren
ein »Rundum-Sorglos«-Paket mit einem
komplett neuen Hinterschiff an.
Derzeit gibt eine Vielzahl an potenziellen
Kraftstoffen beziehungsweise an alternativen
Antriebskonzepten. Glauben Sie,
dass diese Vielfalt dauerhaft bleiben wird
oder wird sich langfristig eine Lösung
durchsetzen?
Klimenko: Vielfalt in der Form wie jetzt
führt zu Schwierigkeiten in der Beschaffung
der Kraftstoffe, aktuell ist es
ein großes Thema bei LNG, welches gerade
in der Binnenschifffahrt nur bedingt
verwendet werden kann. Ich denke, es
wird eine Reduzierung in Hinblick auf
die Anzahl der Kraftstoffe geben, aber
keinen »Universalkraftstoff« wie es der
Diesel war. Bei Antriebskonzepten wird
die Vielfalt jedoch bleiben und sogar
Hitzler Werft, Lauenburg
noch größer werden, je nach Anforderung
des Schiffes und des Einsatzgebietes.
Bei vielen Ihrer Projekte holen Sie Industriepartner
mit an Bord, wie wichtig sind
solche Partnerschaften aus Ihrer Sicht?
Klimenko: Partnerschaften sind generell
wichtig, zum einen um voneinander zu
lernen, zum anderem, um sich ständig
weiter zu entwickeln. Die Schifffahrt ist
inzwischen zu kompliziert geworden, um
ein Schiff von A-Z komplett auf der Werft
bauen zu können. Partnerschaften garantieren
für jedes Aufgabengebiet Spezialisten,
die den Kunden maximalen Erfolg
bringen. Genauso, wie man sich bei den
Motoren auf Spezialisten verlässt, anstatt
sie selbst zu fertigen, blicken wir beispielsweise
in der E-Technik oder Nautik
auf teilweise jahrelange Partnerschaften
zurück.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten, welches
Schiff würden Sie gern auf der Hitzler-Werft
bauen?
Wir sind dafür bekannt, Prototypen zu
bauen. Die Herausforderung der Entwicklung
eines neuen Schiffstyps als Beginn
einer neuen Serie wäre für uns daher
am reizvollsten.
• Die Werft wird 1885 von Johann
Georg Hitzler gegründet und befindet
sich bis 2021 im Familienbesitz.
• Am 1. März geht die Werft in die
Hände von Marek und Kai Klimenko.
Marek Klimenko war bis dato über 30
Jahre Werft-Mitarbeiter, zuletzt als
Konstruktionsleiter tätig.
• Der Fokus der Hitzler Werft liegt sowohl
auf dem Reparaturgeschäft als
auch auf Neubauten.
• Die Werft verfügt über zwei Helgen
von 130 m x 18 m sowie Slipanlagen
von 135 m und 85 m Länge.
• Rund 50 Mitarbeiter sind derzeit im
Unternehmen beschäftigt, mit externen
Beschäftigten arbeiten insgesamt
knapp 120 Personen auf der
Werft.
Binnenschifffahrt 2022
17
INNOVATIONSREPORT 2022 | ZUKUNFTSWEISENDER SCHIFFBAU
Pionierin mit Batterie und Brennstoffzelle
Schon vor ihrer Taufe, die im Mai in Berlin stattfand, machte die »Elektra« als weltweit
erstes Schubboot mit Brennstoffzellen und Batterien an Bord Schlagzeilen. Sie ist die
Pionierin, die den Weg für eine emissionsfreie Binnenschifffahrt bereitet
© Förster
© Förster
Damit die »Elektra« emissionsfrei über die Elbe fahren kann, wird sie mit Wasserstoff (oben rechts) und Akku-Strom (unten rechts) versorgt
© EST Floattech
Zwei Jahre lang wurde sie bei der Barthel
Werft in Derben an der Elbe gebaut.
Ebenso lange nimmt die Erprobung
dieses Pionierschiffes in Anspruch.
Die »Elektra« wurde mit dem Anspruch
gebaut, komplett emissionsfreie
Schubfahrten auf der Langstrecke möglich
zu machen. Als Primär-Energiequellen
stehen an Deck hinter dem
Steuerhaus drei Brennstoffzellen-Module
mit einer Leistung von jeweils 100 kW
zur Verfügung. Sie beziehen den zur
Stromerzeugung mittels Elektrolyse nötigen
Wasserstoff aus direkt dahinter platzierten
Tankcontainern. Sechs der sogenannten
H2-MEGC-Speicherbehälter
können je 125 kg gasförmigen Wasserstoff
bei einem Druck von 500 bar aufnehmen.
Das Brennstoffzellensystem soll
künftig die Grundlast der zwei je 210 kW
leistenden Elektromotoren abdecken, die
die Schottel-Ruderpropeller antreiben.
Die zweite »grüne« Komponente sind
die unter Deck eingebauten Lithium-
Ionen-Akkus von EST Floattech mit insgesamt
2,5 MW, die sowohl für den Antrieb
als auch für das Bordnetz zur Verfügung
gestellt werden. Das entspricht einer
Batteriekapazität von 60 Mittelklasse-
Elektroautos.
Als drittes liefert schließlich eine Photovoltaikanlage
mit 2,1 kWp auf dem
Dach des Steuerhauses zusätzlich Strom
aus Sonnenenergie. Mehr als 3.000 m Kabel
verteilt auf 20 m Schiffslänge verteilen
Energie und Daten auf dem 130 t
schweren Schubboot. Die Abwärme der
Brennstoffzellen wird über eine Sole-
Wärmepumpe genutzt, um die Wohnräume
zu heizen.
Die Reichweite als Schubverband soll
bei 400 km liegen. Bis zu 1.400 t an Ladung
sollen einmal von Berlin aus bis
nach Hamburg transportiert werden
können, als Anker-Kunde hat Siemens
bereits Bedarf angemeldet. Insgesamt
können Verbände mit bis 150 m Länge
gefahren werden.
Die Versorgung mit Wasserstoff erfolgt
künftig im Westhafen bei der BEHALA
und im Hafen Lüneburg. Während der
Liegezeiten bezieht die »Elektra« Landstrom
und lädt ihre Batterien auf. Da es
bislang keine Standards für die Ladeleistung
gibt, wurden auf dem Schubboot eine
ganze Reihe von Wechselstrom- und
Gleichstrom-Anschlüssen geschaffen,
um für alle Fälle gerüstet zu sein.
Mit dem Industrie- und Gewerbepark
Mittelelbe/H2 Green Power & Logistics
hat die TU Berlin einen Liefervertrag zur
Befüllung und zum Transport der Tanksysteme
(Multiple Energy Gas Container
– MEGC) mit grünem Wasserstoff bis
zum Ende der Projektlaufzeit Ende 2024
abgeschlossen. Diese MEGC können mit
dem bordeigenen Kran getauscht werden.
Die Gesamtkosten für den Bau des
Schiffes belaufen sich auf und
14,6 Mio. €. Die Crew wird von der HGK
Shipping gestellt. Sie war von Anfang an
als Projektpartner mit an Bord.
18 Binnenschifffahrt 2022
ZUKUNFTSWEISENDER SCHIFFBAU | INNOVATIONSREPORT 2022
Arbeitsboote werden elektrisch
Mit der Kiellegung für den ersten »E-Spatz« auf der Schiffswerft Bolle in Neuderben wurde
eine neue Generation von WSV-Arbeitsschiffen geboren. Im Gegensatz zu seinen
Vorgängern wird dieses Boot nicht mit einem Diesel, sondern elektrisch angetrieben
Kiellegung des Schiffes auf der Bolle-Werft
© WSV
Animation der »E-Spatz«
Im Zuge der Dekarbonisierung und Emissionsreduzierung rüstet
die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes
(WSV) ihre Schiffe mit umweltfreundlichen Antrieben aus. So
zum Beispiel auch die Arbeitsschiffe vom Typ »Spatz«, die bisher
mit konventionellen Dieselmotoren fuhren. Mit der im Sommer
erfolgten Kiellegung des ersten »Elektrospatzes« ging eine neue
Generation dieses Schiffstyps an den Start.
Bei dem »E-Spatz« handelt es sich um ein multifunktionales
Arbeitsschiff, das auf den Flüssen und Kanälen des Westdeutschen
Kanalnetzes eingesetzt wird. Der Neubau wird eine
Länge von 16,90 m und eine Breite von 4,50 m aufweisen.
Anders als der dieselbetriebene Vorgänger wird der »E-Spatz«
ausschließlich mit zwei Elektromotoren a 80 kW angetrieben.
Das Antriebssystem liefern Jastram, Kadlec & Brödlin und Tesvolt.
Ihre Kooperationen hatten die drei Unternehmen auf der
STL 2021 in Kalkar bekannt gegeben. Das umweltfreundliche
Antriebskonzept wird aus Batterien der Firma Tesvolt, einem
Elektromotor von Danfoss und einem Ruderpropeller von Jastram
bestehen. Die Batterien sollen über Nacht laden, wenn das
Schiff am Anleger liegt.
»E-Spatz« als Prototyp
Die Technik des E-Spatzes ist laut WSV exakt auf die Bedingungen
im Einsatzgebiet zugeschnitten, auf die Schleusenabmessungen,
Brückendurchfahrtshöhen, Wasserstände und
Strömungen. Das Schiff soll unter anderem in der Verkehrssicherung
und Verkehrsüberwachung eingesetzt sowie bei Peilarbeiten.
Der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung zufolge
sind mehr als 130 Arbeitsschiffe dieses Typs auf den Bundeswasserstraßen
im Einsatz.
Nach Fertigstellung des »E-Spatz«-Piloten, die zum Jahreswechsel
vorgesehen ist, und der Erprobung sollen in den kommenden
Jahren weitere Arbeitsschiffe mit emissionsarmen Antrieben
ausgestattet werden.
Binnenschifffahrt 2022
19
INNOVATIONSREPORT 2022 | ZUKUNFTSWEISENDER SCHIFFBAU
EMS »Berg«– preisgekrönt und sauber
Die Bayerische Seen-Schifffahrt hat mit ihrem Fahrgastschiff EMS »Berg« in Innovationen
und Umweltfreundlichkeit investiert. Jetzt zählt sie zu den größten rein mit Batterien
angetriebene Schiff auf einem deutschen Binnengewässer
Mit einer Batterieladung kann die EMS »Berg« bis zu zehn Stunden über den Starnberger See fahren
Eigentlich sollte der Neubau für die
Bayerische Seen-Schifffahrt ein konventionelles
Schiff werden. So war es
auch noch gedacht, als der Auftrag bei
der Lux-Werft in Mondorf platziert wurde.
Doch dann kam es zum Umdenken:
Warum nicht Elektro- statt Dieselmotoren?
Im Ergebnis entstand die EMS
»Berg«, das größte rein mit Batterien angetriebene
Schiff auf einem deutschen
Binnengewässer. Für diesen mutigen und
technologisch vorbildhaften Ansatz hat
die Reederei den Innovationspreis Binnenschifffahrt,
gestiftet von der Allianz
Esa, erhalten.
Die für 300 Personen zugelassene EMS
»Berg« ist mit 35 m Länge und 8,20 m
Breite bei einem Tiefgang von 1,25 m das
derzeit größte vollelektrisch betriebene
Schiff in Deutschland. Mit ihren zwei
Elektromotoren und einer Batterieleistung
von 1.600 kWh fährt sie absolut klimaneutral
und lautlos über den Starnberger See.
Für die EMS »Berg« lieferte die Werft
nach rund 25.000 Arbeitsstunden neben
dem Schiff auch die vollständige Ladetechnologie
einschließlich eines speziellen
Elektroanschlusses an der Backbordseite.
Die Ladetechnik an Bord wird
über einen Spezial-Drehstromstecker mit
© Förster
dem Landanschluss verbunden und versorgt
die in zwei getrennten Räumen unter
Deck untergebrachten Lithium-
Ionen-Akkus mit 2 x 400 VAC (2 x
80 kW). Die Batterien sind für rund
6.000 bis 8.000 Ladezyklen ausgelegt und
sollen rund 30 Jahre halten.
Das Bordnetz mit 700 V Gleichstrom basiert
auf einem Hochvolt-Stromkreis mit
hohen Sicherheitsstandards und speziellen
Schützen, die jeweils redundant ausgeführt
sind. Am ertüchtigten Schiffsanleger im
Hafen Starnberg liefern die Stadtwerke umweltfreundlichem
Öko-Drehstrom, um die
Batterien über Nacht aufzuladen.
Mit einer vollen Batterieladung von
1.600 kWh kann die »Berg« bis zu zehn
Stunden lang über den 21 km langen
Starnberger See kreuzen – das reicht, um
den täglichen Fahrplan im Südteil des
Sees zu bedienen. Das Schiff erreicht dabei
eine Höchstgeschwindigkeit von
22 km/h.
Für den Vortrieb sorgen zwei elektrische
STP-100 Twin Propeller von
Schottel mit je 200 kW Leistung, die in
getrennten Hauptantriebsräumen im
Achterschiff untergebracht sind, dazu
kommt ein STT-60-Bugstrahler als Manövrierhilfe
und Hilfsantrieb mit 75 kW
Leistung. Eine Wärmepumpe mit Klimasatz
dient zum Heizen und Kühlen von
Innenräumen und Steuerhaus.
Die Investition für das Schiff belief sich
auf rund 5,3 Mio. €.
Motorenraum mit Elektro-Motoren
Lithium-Ionen-Akkus
Liegeplatz mit Stromversorgung
20 Binnenschifffahrt 2022
ZUKUNFTSWEISENDER SCHIFFBAU | INNOVATIONSREPORT 2022
Autonomes Elektro-Wassertaxi für Kiel
Hoch im Norden, auf der Kieler Gebr. Friedrich Schiffswerft, entsteht ein Prototyp eines
ÖPNV-Fahrzeugs der Zukunft – das autonome Wassertaxi »Wavelab«. Angetrieben wird
der Katamaran von emissionsfreien Elektromotoren
© Gebrüder Friedrich/Fachhochschule Kiel
© Torqeedo
So soll das neue Wassertaxi aussehen, das auf der Kieler Förde zum Einsatz kommt
Deep Blue Motor von Torqeedo
Das neue, elektrisch fahrende Boot soll in der schleswig-holsteinischen
Landeshauptstadt künftig als Wassertaxi auf der
Kieler Förde verkehren. Das Elektroschiff mit der Bezeichnung
»Wavelab« wird zunächst als Forschungsplattform für die Initiative
»Clean Autonomous Public Transport Network« (CAPTN)
in Kiel dienen.
Herzstück dieses Vorhabens sind autonome emissionsarme
Personenfähren. Das Teilprojekt CAPTN »Förde Areal« erhielt
eine Förderung des Bundesministeriums für Verkehr und Infrastruktur
von rund 6,1 Mio. € für den Bau des Versuchsträgers,
die Errichtung der notwendigen Infrastruktur und die Programmierung
der Systeme für die ersten autonomen Fahrversuche.
Die Verantwortung für die Umsetzung und Koordination
des Projektes trägt die Forschungs- und Entwicklungszentrum
Fachhochschule Kiel GmbH. Kooperationspartner sind die
Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU), die Fachhochschule
(FH) Kiel sowie die ADDIX GmbH, Raytheon Anschütz
GmbH und Wissenschaftszentrum Kiel GmbH.
Als Katamaran unterwegs
Die Forschungsplattform in Form eines Katamarans wird aus Aluminium
bestehen, ca. 20 m lang und acht Meter breit sein. In einem
rund zehn Quadratmeter großen Deckshaus sind die Brücke
und die Arbeitsplätze für Wissenschaftler untergebracht. Die dahinterliegende
Freifläche soll ausreichend Platz für eine flexible
Gestaltung der Forschungsprojekte bieten. Ein umlaufender Sensorrahmen
oberhalb des Decks ermöglicht die Installation der
Sensorik für autonome Fahrversuche und diverse Spezialkameras
für eine Rundumsicht. Angetrieben wird der Forschungskatamaran
von zwei Elektro-Motoren, die aus Batterien gespeist
werden. In den Rümpfen befinden sich außerdem zwei Versuchsräume
mit großzügigen Möglichkeiten zur Datenspeicherung und
-verarbeitung.
Im Rahmen des Vorhabens wurde Torqeedo ausgewählt, um das
vollständig integrierte elektrische Antriebssystem zu liefern. Das
Paket umfasst zwei 50-kWDeep Blue Motoren mit lenkbarem Ruderpropeller
und sechs Deep Blue Lithium-Ionen-Batterien mit einer
Gesamtkapazität von 240 kWh. Vier Power 24–3500-Batterien
versorgen das 24-V-Bordnetz. Das Antriebssystem wird durch ein
22 kW-Schnellladegerät, einen DC/DC-Wandler und einen DC/
AC-Wandler vervollständigt.
Für die Steuerung und Überwachung des Schiffs in Echtzeit
von einer landgestützten Leitstelle ist das ebenfalls in Kiel ansässige
Unternehmen Raytheon Anschütz verantwortlich. Es entwickelt
den sicheren und leistungsfähigen Datenaustausch – zum
Beispiel, wenn es um Kollisionsvermeidung, Manövrieren oder
Andocken angeht – zwischen den Schiffen des digitalen Testfelds
sowie zwischen den Schiffen und der Leitstelle an Land.
Seine ersten (teil)autonomen Fahrversuche soll das Wassertaxi
in Kooperation mit der Wehrtechnischen Dienststelle für Schiffe
und Marinewaffen der Bundeswehr, Maritime Technologie und
Forschung (WTD71) absolvieren. Die Wasserfläche des Marinearsenals
in Kiel ist gut für die Erprobung autonomer Fahrversuche
geeignet. Sie ist für die zivile Schifffahrt gesperrt, durch eine Mole
geschützt und verfügt über einen Anschluss an die Kieler Förde.
Die Erprobungsphase wird nach der geplanten Übergabe von
»Wavelab« Ende 2022 erfolgen.
Binnenschifffahrt 2022
21
INNOVATIONSREPORT 2022 | ABGASNACHBEHANDLUNG & ANTRIEBSTECHNIK
Schubboote mit sauberem Abgasstrom
Für eine deutliche Verringerung der meisten Schadstoffe sorgen Abgasreinigungsanlagen
wie die von Tehag. Der Spezialanbieter hat zwei Werksschiffe von ThyssenKrupp Steel in
Duisburg mit Partikelfiltern und SCR-Anlagen ausgerüstet
Die »Thyssen 1« im Werkshafen-Verkehr von ThyssenKrupp Steel
Im Werkshafen von ThyssenKrupp Steel rangieren seit Sommer
2021 zwei neuartige Leichter: die »Thyssen 1« und das Schwesterschiff
»Thyssen 2«. Unter Deck der diesel-elektrisch betriebenen
Schubschiffe arbeiten zwei überaus kräftige Motoren
von Caterpillar, um Leichter mit jeweils bis zu 2.700 t Erz, Kohle
oder Koks zwischen Rhein und den Hafenbecken in Schwelgern
und Duisburg-Walsum zu bugsieren – insgesamt sind es 23 Mio. t
im Jahr. Bei einem Tiefgang von nur 1,7 m bei 30 % Beladung
können die beiden neuen Einheiten auch bei Niedrigwasser noch
operieren. Der Abgas-Spezialist Tehag hat dafür die größten bis
dato auf einem Binnenschiff verbauten Filter- und SCR-Anlagen
geliefert.
Im Zuge der Flotten-Modernisierung ersetzte der Duisburger
Stahlkonzern zwei ältere Rhein-Schubboote. Die beiden Schubeinheiten
sind je 27,7 m lang und 10,6 m breit. Jeweils vier Generatorensets
bringen ihre Leistung zu zwei Voith-Schneider-
Propellern mit je 780 kW. Es befinden sich also jeweils auch vier
kombinierte Abgasreinigungsanlagen an Bord.
Das Partikelfilter-System arbeitet nach dem sogenannten Wall-
Flow Prinzip, bei dem das Abgas durch wechselseitig verschlossene
Filterkanäle geführt wird. Die Kanalwände haben dabei eine
definierte Porenstruktur, so dass Gasphase über den Nachbarkanal
entweichen kann, während nahezu sämtliche Feststoffe aus
dem Abgas gefiltert werden. Die Filtermodule wurden zusätzlich
mit einer katalytischen Beschichtung versehen, wodurch auch die
gasförmigen Schadstoffe Kohlenmonoxid (CO) und Kohlenwasserstoffe
(HC) nachhaltig reduziert werden. Den Filtersystemen
nachgeschaltet wurde je ein SCR-System, das durch das
Reaktionsmittel Harnstoff (Adblue) die Stickoxidemissionen
(NOx) in einem speziellen Katalysator reduziert.
Um für Wartungsarbeiten an Gewicht zu sparen, sind zwei Filter-Module
AWF 1700 mit jeweils 25 kg gewählt worden. Die Filtersubstrate
sind für eine höhere Wirkung zusätzlich katalytisch
beschichtet, danach kommt die SCR-Anlage. Das soll den potenziellen
Schadstoffausstoß so weit, wie es heute technisch möglich
ist, senken. Rußpartikel werden um 90 % reduziert, CO und
HC (Kohlenwasserstoffe) über die Katalyse dem Hersteller zufolge
»teilweise bis zur Nachweisgrenze« verringert. Die Emission
von NOx wird in den Spitzen zu mehr als 90 % verhindert.
Damit schaffen die Schiffe, abgesehen von CO2, bei allen vier
wichtigen Schadstoffgruppen im Diesel-Abgasstrom die maximale
Reduktion. Die Betriebsdauer gibt der Hersteller mit rund
4.000 bis 6.000 Stunden an. Dann müssten die Tehag-Anlagen
zwei- bis dreimal gewartet werden. Beim SCR ist es in der Regel
nur eine technische Überprüfung, die Filter müssten dagegen
trotz ihrer aktiven Regeneration ausgebaut und von Ölasche befreit
werden.
© ThyssenKrupp Steel
Maschinenraum der »Thyssen 2«
Aufbau- und Funktionsschema eines SCR-Systems aus dem Hause Tehag
© Tehag
22 Binnenschifffahrt 2022
WÄRTSILÄ
Motor mit Zertifizierung nach Stufe V
©Wärtsilä
Der schnelllaufende »Wärtsilä 14«
Der finnische Hersteller Wärtsilä hat die
Motoren-Zertifizierung für die EU-Stufe
V erhalten. Der »Wärtsilä 14« erfüllt damit
die NRMM-Norm für Binnenschiffe. Die
Zertifizierung gilt für die Gesamtlösung
einschließlich des Wärtsilä 14-Motors
und des Abgasnachbehandlungssystems.
Die ersten Lieferungen des neu zertifizierten
Motors »Wärtsilä 14« sind für
zwei neue Passagierfähren, die von der
Shiptec AG für das Schweizer Unternehmen
General Navigation Company
(CGN) gebaut werden, bestimmt. Die
Fähren werden zwischen der Schweiz
und Frankreich über den Genfer See verkehren.
Das erste Schiff soll voraussichtlich
im Dezember 2022 in Betrieb gehen.
Die 2020 in Kraft getretene Stufe V-Gesetzgebung
verschärft die Beschränkungen
für Non-Road-Motoren
(NRMM) und setzt strengere Grenzwerte
für Emissionen, insbesondere für Partikel
(PM) und Stickoxide (NOx). Die Zertifizierung
nach Stufe V ist für alle Motoren
erforderlich, die in der europäischen Binnenschifffahrt
zum Einsatz kommen. Die
Flotte zählt insgesamt 17.500 Schiffe.
Der schnelllaufende »Wärtsilä 14« ist
in 12– und 16-Zylinder-Konfigurationen
und mit einem Leistungsspektrum von
749–1340 kWm für den mechanischen
Antrieb und von 675–1155 kWe für
Hilfsaggregate und diesel-elektrische Anwendungen
erhältlich. Angeschlossen ist
das NOx-Reduktionssystems (NOR) von
Wärtsilä, das die Technologie der selektiven
katalytischen Reduktion (SCR) und
einen Dieselpartikelfilter (DPF) nutzt.
Messungen des TÜV Nord haben
nachgewiesen, dass das System alle erforderlichen
Leistungs- und Funktionsmerkmale
erfüllt. Die endgültige Typgenehmigung
wurde von der GDWS erteilt.
NORIS | AUGUST STORM
Partnerschaft für Refit-Projekte
Moderne Steuerungssysteme für ältere
Motoren können den Schiffsbetrieb deutlich
effizienter machen – vor diesem Hintergrund
haben der Motoren-Dienstleister
und der Automationsspezialist ihre Expertise
gebündelt. Das neue Service-Angebot
richtet sich auch an die Binnenschifffahrt.
Mit seinem ausgedehnten Netzwerk an
Technikern will Storm im Verbund mit
Noris künftig verstärkt den Bereich des
Retrofits abdecken.
Die Noris Group aus Nürnberg kann
neben komplexen Automatisierungssystemen
auch die komplette Messkette
liefern: von der Sensorik über die Signalverarbeitung
bis hin zur Visualisierung,
sprich das Brücken-Design für ein einheitliches
»Look and Feel« im Steuerhaus.
Als sogenannter OEM (Original
Equipment Manufacturer) ist Noris bereits
Zulieferer bei vielen Motoren-Herstellern
oder Hauptlieferanten.
Binnenschifffahrt 2022
23
INNOVATIONSREPORT 2022 | ABGASNACHBEHANDLUNG & ANTRIEBSTECHNIK
FISCHER ABGASTECHNIK
Mit Abgas-Behandlung zu weniger Schadstoffen
Im Zuge der Klimadebatte werden Emissionen
immer strenger reglementiert,
auch in der Binnenschifffahrt. Um die
heutigen und künftigen Grenzwerte, bei-
Dieselpartikelfilter
© Fischer Abgastechnik
spielsweise für NOx oder Rußpartikel einzuhalten,
gibt es die Möglichkeit der Abgasnachbehandlung
Ein Unternehmen, das auf solche Systeme
spezialisiert ist, ist Fischer Abgastechnik
mit Sitz in Emsdetten. Das Produkt-
und Leistungsportfolio beinhaltet
diverse Systeme zur Abgasnachbehandlung
und zur sogenannten Entstickung.
Dazu gehören beispielsweise Rußpartikelfilter,
Katalysatoren und Thermomanagementsysteme,
wie das im eigenen
Haus entwickelte Brennersystem HeliosFFB
für Motorengrößen bis 1.000 kW.
DeNOx-Entstickungssysteme vervollständigen
die Bandbreite der Möglichkeiten,
um eine spezifische Lösung zusammenzustellen
zu können.
Fischer Abgastechnik verfügt über eigene
Konstruktions-, CFD- und FEM-
Abteilung und unterstützt sowohl die
Entwicklung als auch die Vorbereitung
der Anlagen. Die »EU-Stage V«-ready
und »IMO Tier III«-Systeme werden hier
für Motoren von 19–10.000 kW nach
Kundenanforderungen entwickelt. Jedes
Brenner- und SCR-System wird vorab am
firmeneigenen Teststand aufgebaut.
In Praxis bewährt
Der Abgasspezialist kann bereits eine
lange Referenzliste vorweisen. Eines der
jüngeren Projekte mit Fischer-Lösungen
an Bord ist das »Barefoot Boat« von Til
Schweiger. Auch bei der Nachrüstung des
Frachters »Philipskercke II« war das Unternehmen
dabei und lieferte Rußfilter
und einen SCR-Katalysator zu. Ein weiteres
Referenzobjekt ist das Schubschiff
»Maranta«, das nun die seegängigen
IMO-III-Grenzwerte oder die marinisierte
CCR II- beziehungsweise die EU-
Stufe-V einhält.
KOEDOOD
EU-Stufe-V-Zertifikat für Mitsubishi-Motoren
Die Koedood Marine Group hat die EU-
Stufe-V-Zertifizierung der Mitsubishi SR-
Motorenfamilie und des Mitsubishi S12A2
für Anwendungen in der Binnenschifffahrt
erhalten. Alle Motoren sind mit dem
von Koedood entwickelten »Koedood Engine
Emission System« ausgestattet, das
den größten Teil des Stickstoffs und der
Partikel aus den Abgasen entfernt und für
einen saubereren und effizienteren Motorbetrieb
sorgt.
Das EU-Stufe-V-Zertifikat für die Mitsubishi
SR-(470–1.250 kW) und die Mitsubishi
S12A2-Motoren wird im Namen
der Koedood Marine Group entwickelt,
so dass Koedood für beide Motortypen
als Hersteller des Motors anerkannt wird.
Neben einem wesentlich saubereren Abgas
konnten die Motoren so verändert
werden, dass sie 5 % sparsamer laufen als
die ZKR-2-Variante, heißt es von Koedood.
Dies geschah mit der Genehmigung
von Mitsubishi Turbocharger and
Engine Europe B.V. und unter Beibehaltung
der vollen Herstellergarantie.
Die nach EU-Stufe V zertifizierten Motoren
werden unter dem Markennamen
KEES (Koedood Engine Emission Systems)
vermarktet. Das zertifizierte Motoremissionssystem
eignet sich den Angaben
zufolge perfekt für die Lastprofile
der Binnenschifffahrt, wo die Motoren
oft lange Zeiträume mit geringer Belastung
ausgesetzt sind, was die Funktion eines
Emissionssystems beeinträchtigen
kann. Beim Betrieb mit geringer Last,
zum Beispiel auf Kanälen, bleibt die Abgastemperatur
hoch genug für einen optimalen
Betrieb des SCR-Katalysators
und des Partikelfilters (DPF), was zu geringeren
Wartungs- und Verbrauchskosten
führt.
Ist von 470 bis 1.250 kW erhältlich
© Koedood
DANFOSS | VOLVO PENTA
E-Mobilität-Partner
Die maritimen Zulieferer Volvo Penta
und Danfoss Editron haben ein Partnerschaftsabkommen
geschlossen. Das Ziel
ist, gemeinsam »die Entwicklung der
Elektromobilität in der Schifffahrt auf
die nächste Stufe heben«.
Im Rahmen der Partnerschaft wollen
die beiden Unternehmen »die nächsten
Schritte bei nachhaltigen Energielösungen
gehen«. In einer Mitteilung
zur Partnerschaft heißt es, man wolle daran
arbeiten, die eigenen Angebote zu
optimieren.
Durch die Zusammenarbeit bei Forschungs-
und Entwicklungsaktivitäten
wolle man schnell zuverlässige und effiziente
Elektrifizierungspakete für einen
breiteren Teil des kommerziellen Schifffahrtsmarktes
anbieten. Der Ansatz umfasst
Entwurf, Installation, Inbetriebnahme
und After-Sales-Service.
Es ist nicht das erste Mal, dass die beiden
Unternehmen Danfoss Editron und
Volvo Penta zusammenarbeiten. So gab
es Kooperationen etwa bei einem der
ersten Crew-Transfer-Vessel mit Hybrid-
Antrieb in Großbritannien sowie bei autonomen
Erkundungseinheiten für das
Meeresroboterunternehmen Ocean Infinity.
24 Binnenschifffahrt 2022
ABGASNACHBEHANDLUNG & ANTRIEBSTECHNIK | INNOVATIONSREPORT 2022
MAN ENGINES
Emissionsarme Gasmotoren für die Parsifal-Flotte
Bei der niederländischen Werft Concordia
Damen hat das Energieunternehmen Shell
rund 40 Doppelhüllentanker bestellt. Die
LNG-Antriebstechnik liefert dafür der
deutsche Hersteller MAN Engines aus
Nürnberg. Bis Ende 2024 will Concordia
Damen die 40 neuen Binnenschiffe vom
Typ Parsifal bauen und abliefern. Der
erste Tanker, die »Blue Marjan«, wurde
bereits am 24 Dezember 2021 an Shell
übergeben. Die weiteren Schwesterschiffe
sollen monatlich folgen.
Die Schiffsserie basiert auf dem »Parsifal«-Design
von Damen. Die 110 m langen
und 11,45 m breiten Doppelhüllentanker
kommen bei einer Tragfähigkeit
von 2.800 t gegenüber herkömmlichen
Typen mit einem deutlich verringerten
Tiefgang von 3,25 m aus. Damit sollen sie
selbst bei Niedrigwasser noch den Rhein
und andere europäische Wasserstraßen
befahren können. Insgesamt passen in
die acht Tanks gut 3.000 m3 bei einem
maximalen Tiefgang von 5,05 m.
Gas-elektrisches Antriebssystem
MAN Engines liefert seine Gasmotoren
vom Typ MAN E3262. Diese wurden ursprünglich
für den stationären Einsatz
konzipiert und nun als Antrieb für die
Binnenschifffahrt adaptiert. Die Zwölf-
Zylinder-Motoren werden in Aggregate
Mit ihrem Gasantrieb werden die Schiffe besonders emissionsarm sein
des niederländischen Partners MAN Rollo
eingebaut. Jeweils zwei dieser Gasmotoren,
die zusammen eine Leistung
von 990 ekW erbringen, bilden in Kombination
mit elektrischen Generatoren
das gas-elektrische Antriebssystem für
die emissionsarmen Tanker. Die Gasmotoren
werden mit LNG betrieben. Das
Flüssigerdgas wird zunächst in Klimaanlagenverdampfern
in den gasförmigen
Zustand zurückverwandelt, damit es als
Kraftstoff in den MAN-Gasmotoren eingesetzt
werden kann. Für das Parsifal-
Projekt liefert MAN Engines einen zertifizierten
Gasmotor und eine Motorsteuerung,
die nach den neuesten EU-
Binnenschifffahrts-Emissionsvorschriften
der Stufe V zugelassen sind. Die
Steuerung für die Motoren kommt von
dem Unternehmen Heinzmann mit Sitz
im baden-württembergischen Schönau.
Die Steuerung wurde den Angaben zufolge
an die Besonderheiten der Anwendung
angepasst und abgestimmt, so
dass die Emissionsgrenzwerte »zuverlässig
und nachhaltig eingehalten und die
strengen Betriebsvorgaben erfüllt werden
können«.
© Concordia Damen
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Binnenschifffahrt 2022
25
INNOVATIONSREPORT 2022 | UMSCHLAGTECHNIK
SENNEBOGEN
Freibeweglicher Elektrobagger mit Akkus
Arbeitet noch weiter, auch wenn er an der Steckdose hängt, der Umschlagbagger 817
Das auf Umschlaggerät spezialisierte Unternehmen
Sennebogen hat mit dem »817
Electro Battery« ein neues Maschinenkonzept
entwickelt, nämlich einen Elektro-
Umschlagbagger mit Akkutechnik.
Der akkugestützte Elektro-
Umschlagbagger 817 Electro Battery ist
der erste der frei beweglichen Akkumodelle,
mit denen Sennebogen seine Elektro-Baureihe
ergänzt. Dank einem »Dualem
Power Management« bieten diese neben
der »absoluten« Bewegungsfreiheit
weiterhin auch alle Vorteile kabelgebundener
Elektrobagger, so der Hersteller.
Mit dem neuen, mobilen Elektro-
Umschlagbagger mit Akkutechnik lässt
sich noch weiterarbeiten, wenn er gerade
zum Nachladen am Stromnetz angeschlossen
ist. Im Netzbetrieb sorgt das
Duale Power Management dafür, dass
die Stromversorgung des Netzes für die
Arbeitsbewegungen genutzt wird, während
gleichzeitig die überschüssig eingespeiste
Leistung die Batterien wiederauflädt,
sodass die Maschine anschließend
erneut autark arbeiten kann. Bei angenommenen
2.000 Betriebsstunden
jährlich und einer Energiegewinnung
aus erneuerbaren Energieträgern spart
der Akkubagger laut Sennebogen so im
Schnitt 31.800 kg CO 2 pro Jahr im Vergleich
zu seinen dieselbetriebenen Pendants.
Die Option der Ausstattung mit
Akku ist zukünftig für die gesamte Elektro-Baureihe
des 817 bis zum 825 verfügbar.
© Sennebogen
LIEBHERR
Digitale und vernetzte Hafenmobilkrane sparen Emissionen
Neuer LHM Hafenmobilkran
© Liebherr
Liebherr macht seine LHM Produkt-
Serie fit für die Zukunft. Mit seinem neuen
Hafenmobilkran führt der Hersteller
technische Entwicklungen und Updates
ein. Die entscheidende Neuerung ist die
Implementierung der Kransteuerung
»Master V«. Diese bildet laut Hersteller
im Zusammenspiel mit einer noch »effizienteren«
Software-Architektur die Basis,
um zukünftige Assistenz- und Teilautomatisierungssysteme
langfristig in
den Kran zu integrieren. Insgesamt wird
der Kran wesentlich digitaler, vernetzter
und smarter. Die Position des Abstützsystems
wird nun per Sensor überwacht
und damit Teil der internen Datenverarbeitung.
Der Einsatz einer neuen Abstützbasis
im Feld erfordert lediglich ein
Software-Update durch Liebherr und soll
so mehr Flexibilität bieten. Ein weiterer
Vorteil ist laut Liebherr der variable Einsatz
von digitalen IP-Kameras zur besseren
Überwachung des Kraninnenraums
sowie der äußeren Kranumgebung.
Die neue Kransteuerung wird
von einem unabhängigen Stromkreislauf
versorgt. Dadurch kann der Kran ohne
aktivierte Kranzündung, ununterbrochen
von Kameras überwacht und effizient
geschützt werden.
Das Liebherr-Hybridsystem Pactronic
2.0 steht für die zweite Generation eines
hydraulischen Antriebssystems mittels
Hybridtechnologie. Ein Akkumulator
dient als Energiespeicher und unterstützt
bei Bedarf durch Lieferung zusätzlicher,
zwischengespeicherter Kraft. Die zweite
Generation der Pactronic bietet dem Betreiber,
je nach Arbeitssituation, die Wahl
zwischen dem Boost- und Green-Modus.
Im Boost-Modus wirkt die Pactronic
als »signifikanter« Leistungsverstärker.
Die Hubgeschwindigkeiten werden deutlich
gesteigert – ohne Zuhilfenahme eines
größeren oder gar zusätzlichen Hauptaggregats
für mehr Leistung. Dadurch
wird die Effizienz des Kranes deutlich gesteiger,
so Liebherr. Der LHM mit einer
Pactronic 2.0 hat eine verringerte Umschlagszeit
und erreicht die gleichen Leistungsparameter
wie ein vergleichbares
Gerät mit zwei Hauptaggregaten.
Mit dem Green-Modus sollen Kraftstoff
oder Strom gespart und die
CO 2 -Emissionen reduziert werden. Im
Hubbetrieb unterstützt die Pactronic 2.0
das Hauptaggregat so weit, dass weniger
Leistung durch den Hauptantrieb benötigt
wird, trotz gleichbleibender Hubgeschwindigkeiten.
Im Resultat laut Hersteller
sinken der Treibstoff- oder Stromverbrauch
sowie die Emissionen.
26 Binnenschifffahrt 2022
IMPRESSUM | INNOVATIONSREPORT 2022
Sonderpublikation Innovationsreport 2022
Redaktion: Krischan Förster, Anna Wroblewski
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Layout: Sylke Hasse
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Bachmann electronic GmbH .................................. 11
HGK Shipping GmbH ............................................... 4
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Kadlec & Brödlin GmbH ........................................ 12
REINTJES GmbH ...................................................... 8
SLL Handelsvertretung e.K. ............................ Beilage
TEHAG GmbH ........................................................... 3
TERBERG Spezialfahrzeuge GmbH ..................... U4
TORQEEDO GmbH ............................................... 27
Volvo Penta Central Europe GmbH ...................... 23
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Binnenschifffahrt 2022
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