Leseprobe: Richard Bisig: Graph versus Graf

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Seine alles andere als gefreute Kindheit als Verdingbub überschattete sein ganzes Leben, und er hatte nie ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein entwickelt, was ihn daran hinderte, Ehrgeiz zu entwickeln und sich beruflich weiterzubringen. Sein Leben lang fühlte er sich benachteiligt. Zeitlebens spürte er sich mit seinem Schulkollegen Rolf verbunden. Dieser wuchs mit seinem Bruder und seinen Eltern weit abgelegen in einer zu einer Wohnung umgebauten stillgelegten Bergbau-Remise auf. Der Vater war Alkoholiker und die Gemeinde musste die Familie finanziell unterstützen. Immer wieder kam es zu Prügeleien auf dem Schulweg. Dies einerseits, weil manche Kameraden Rolf neckten wegen seiner misslichen Wohnsituation, und anderseits wegen seines aggressiven Verhaltens. Was ursächlich war, wusste er nicht mehr, was ihm aber geblieben ist, ist Rolfs immer wieder vorgebrachter Hinweis, es sei ungerecht, wenn mehrere Kameraden ihn prügelten. Das war auch der Grund, wieso er sich dann jeweils auf die Seite Rolfs stellte, mit der Folge, dass Rolf in Ruhe gelassen wurde. Diese konkrete Erfahrung hatte sich tief in seiner Seele eingenistet und zeigte ihm schon früh, was Gerechtigkeit und Solidarität bedeuten kann. Nach der gemeinsamen Schulzeit hatte Robert Rolf aus den Augen verloren. Herbert Gautschi Herbert wuchs in einer Mehrkind-Familie auf. Der Migrationshintergrund seiner Mutter bewog ihn, Soziologie zu studieren, was ihn später zum Journalismus brachte. Seine Schwerpunkte waren die Berichterstattung über die wöchentlichen Sitzungen des kantonalen Parlaments, die Migration und sozialpolitische Themen. In seinem Buch über die Migration der sechziger und siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts schildert er den ausgrenzenden Alltag der eingewanderten Mutter als ledige Frau, später als Familienfrau; diese Schilderungen und Wertungen aus heutiger Sicht fanden ein grosses Echo. Da seine Frau Anna schon früh an Krebs starb, war er als Witwer kurzentschlossen in die Wohnsiedlung Wüeribach eingezogen. Doch er fragte sich seither, wieso es ihn hierher verschlagen hat. Er sinnierte lange über seine Wohnsituation nach. Nach dem allzu frühen Tod seiner Frau hatte er sich zu sehr an seine beiden Kinder geklammert, aber nachdem beide beruflich das Land verlassen hatten, erinnerte er sich an den Hinweis seiner Tochter, die ihm mehrmals nahelegte, seinen früheren Hobbies nachzugehen. Er war passabler Klub-Schachspieler, aber der Tod seiner Frau hatte ihn vor fünf Jahren aus dem Gleichgewicht gebracht und seine Schachaktivitäten von einem Tag auf den anderen beendet. Seine Tochter und auch sein Sohn ermunterten ihn, dieses Hobby nicht einfach fahren zu lassen, denn als Frischpensionierter sei es doch 8
wichtig, einer sinnvollen Beschäftigung nachgehen zu können. Ausschlaggebend für seinen Entscheid, hierher zu ziehen, waren wohl die angekündigten Diskussionen im Wüeribach-Forum, denn sein politisches Bewusstsein motivierte ihn, an gesellschaftlichen Diskussionen teilzunehmen. Clemens Homberger Mit seinem Bruder wuchs Clemens in einer Unternehmerfamilie auf, er studierte an der ETH Ingenieur und führte die familieneigene Firma nach dem Tod seines Vaters bis zu seiner Pensionierung während rund fünfunddreissig Jahren. Seine marktwirtschaftlich geprägte Gesinnung wurde relativiert durch seine Frau Sophie, die als Sekundarlehrerin arbeitet und einiges jünger ist als er. Beide waren, vor allem weil sie keine Kinder hatten, politisch aktiv und führten zusammen und mit ihren Freunden sehr engagierte gesellschaftspolitische Diskussionen. Dabei bezeichnete sich Clemens oft als Unternehmer mit sozialem Gewissen. Das in der Lokalzeitung ausgeschriebene Wüeribach-Wohnmodell hatte beide sehr angesprochen und nach Clemens’ Pensionierung zogen sie in diese Siedlung ein, dies nicht nur wegen der attraktiven Wohnlage und der Wohnform, sondern auch wegen dem in Aussicht gestellten Diskussionsforum. Amadeus Graf Aufgewachsen war Amadeus Graf als Einzelkind in einer begüterten Familie. Der Reichtum dieser Familie gründete auf dem Besitz von Plantagen in Sumatra. Seine Vorfahren konnten, auf welchen Wegen auch immer, bei einem dortigen Sultan rund dreissigtausend Hektaren Land erwerben, und sie beschäftigten rund fünftausend Chinesen und Einheimische. Dank der tiefen Arbeitslöhne konnten im damaligen Tabakanbau enorme Summen erwirtschaftet werden. Graf heiratete die Tochter einer ebenfalls reichen Bürgerfamilie. Durch diese Heirat und durch sein Engagement als Zünftler konnte Graf seine Stellung in der Gesellschaft festigen. Dank seines Reichtums, seiner politischen Beziehungen und seines ausgeprägten Sinns für Lobbying versuchte er, auf die Gesetzgebung zugunsten der Begüterten Einfluss zu nehmen. 9
Seite 2 und 3: Das Werk einschliesslich aller sein
Seite 4 und 5: Die wichtigsten Personen Beatrice A
Seite 8 und 9: Mahatma Gandhi: Wut ist für einen
Seite 10 und 11: Wohnraums für diese neue Lebenszei
Seite 12 und 13: Aufgabe zu suchen. Diese Aufgabe is
Seite 14 und 15: Ich kann mir nicht vorstellen, dass
Seite 16 und 17: unterstützende Kommentare für sei

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