Leseprobe: Richard Bisig: Graph versus Graf

Wohnraums für diese neue Lebenszeit. Der Alltagsbetrieb wird von
einer Miteigentümerversammlung, bei der Kopfstimme gilt, gemeinsam
gesteuert und funktioniert damit im Alltag praktisch wie
eine fortschrittliche Genossenschaft.
Das innovative Modell ist gerade für Menschen interessant, die in
einem Einfamilienhaus oder einer Eigentumswohnung wohnten
oder die über Geld aus der zweiten Säule oder anderen Quellen verfügen.
Sie können ihr flüssiges Kapital durch den Kauf von Aktien
relativ sicher in selbstbewohntes Wohneigentum investieren.
Nachhaltiges Wohnen bedeutet auch, die kostbare Fläche optimal
zu nutzen. Die Vorgabe, Wohnungen mit einer Nettofläche von
rund fünfundvierzig Quadratmeter pro Person zu akzeptieren, stiess
bei einigen vorerst auf Skepsis. Zur Ergänzung des individuellen
Wohnraums mit attraktiven Gemeinschaftsräumen können Gästezimmer,
Joker-Zimmer oder Büros/Ateliers von einem oder mehreren
Mietern dazugemietet werden. Angela Eigenmann, obwohl
sozial aufgeschlossen und eine zuvorkommende Gastgeberin,
machte der Gedanke Mühe, beispielsweise mit Bridgefreunden in
einem Gemeinschaftsraum zu spielen. Die zu erwartenden Mobilitätseinschränkungen
und die durchdachte altersgerechte Wohnphilosophie,
der dahintersteckende Genossenschaftsgedanke und
das Bistro-Konzept, das auch für externe Gäste offen ist, liessen ihre
Zweifel verstummen, und so zog sie mit ihrem Mann vor rund drei
Jahren als letzte in diese Siedlung.
Anfänglich traf man sich wöchentlich zur Lösung anstehender
Themen in der Wüeribach-Miteigentümerversammlung. Nachdem
aber alle Wohnungen verkauft waren und keine dringenden Themen
mehr anstanden, einigte man sich auf monatliche Treffen.
An den während der gemeinsamen Mittagessen geführten Diskussionen
mit den einzelnen Mitbewohnern und den teilweise auch
spontanen Gruppendiskussionen kristallisierte sich, neben den
aktuellen Abstimmungs- und Wahlresultaten, der Klimakrise und
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