BS 07-2022
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<strong>07</strong><br />
<strong>2022</strong><br />
<strong>07</strong><br />
POLITIK<br />
TECHNIK<br />
SCHIFFFAHRT<br />
Parlamentarischer Abend<br />
Rhenus investiert in<br />
NPRC: Stark und 9770939 191001<br />
deckt Probleme auf 8 Neubauten 10 innovativ unterwegs 16<br />
Juli <strong>2022</strong> | 77. Jahrgang<br />
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EDITORIAL<br />
Krischan Förster<br />
Chefredakteur<br />
Aus Berlin wenig Neues …<br />
Eine kurzfristig anberaumte namentliche<br />
Abstimmung im Bundestag<br />
hat den ersten öffentlichen Auftritt<br />
von Bundesverkehrsminister Volker<br />
Wissing vor den versammelten Vertretern<br />
aus Binnenschifffahrt und Binnenhäfen<br />
in Berlin gesprengt. Das ohnehin<br />
knapp bemessene Zeitfenster<br />
wurde dadurch noch etwas kleiner,<br />
nach etwa einer Viertelstunde rauschte<br />
die Limousine des FDP-Politikers<br />
schon wieder davon. Viel Substan -<br />
zielles, geschweige denn Neuigkeiten,<br />
hatte Wissing aber auch gar nicht im<br />
Gepäck.<br />
Gute Nachrichten gab es erst ein<br />
paar Tage später, nach Abschluss der<br />
Haushaltsberatungen. Das Förderprogramm<br />
zur nachhaltigen Modernisierung<br />
wird nochmals um 10 Mio. € auf<br />
dann 50 Mio. € aufgestockt. Gemessen<br />
an dem Budget von 5 Mio. €,<br />
die noch vor wenigen Jahren zur Verfügung<br />
standen, ist das immerhin eine<br />
Verzehnfachung.<br />
Fast gleichzeitig droht aber auch<br />
Ungemach: Im Bundeshaushalt für<br />
2023 stehen für die Wasserstraßen<br />
trotz aller Warnungen nur noch<br />
1,3 Mrd. € zur Verfügung – ohne die<br />
Sondereffekte aus dem Konjunkturund<br />
aus dem Klimaschutz-Sofortprogramm<br />
sind das rund 350 Mio. € weniger<br />
als in diesem Jahr. Definitiv zu<br />
wenig, blickt man auf die vielen Investitionen,<br />
die nötig sind.<br />
Es rappelt also im Karton. Doch<br />
Wissings Vortrag wirkte, bei aller Kürze,<br />
seltsam blutleer. Schade. Es wäre<br />
eine schöne Gelegenheit für ihn gewesen,<br />
Impulse zu setzen. Bei der Bahn<br />
ist ihm das weit besser gelungen. Da<br />
gibt es zumindest Ansagen: 141 Mio. €<br />
für alternative Antriebe auf der Schiene<br />
allein in diesem Jahr und jährlich<br />
1 Mrd. € für neue ÖPNV-Projekte<br />
– um nur zwei Beispiele zu nennen.<br />
Nicht ohne Grund beklagt das Gewerbe<br />
die fehlende Chancengleichheit<br />
zwischen Bahn und Schiff, obwohl<br />
doch beide Verkehrsträger gleichermaßen<br />
für eine umweltgerechte Mobilitätswende,<br />
weg von der Straße, sorgen<br />
könnten und auch sollen.<br />
Für Allgemeinplätze zur generellen<br />
Bedeutung der Binnenschifffahrt hatten<br />
Wissing und seine Redenschreiber<br />
ohnehin das falsche (Fach-)Publikum<br />
gewählt. Die rund 100 Teilnehmer des<br />
Parlamentari schen Abends kennen all<br />
diese Themen aus ihrem täglichen<br />
Alltag bis ins kleineste Detail, im<br />
Zweifelsfall weitaus besser als der Verkehrsminister.<br />
Was bleibt nach einem solchen<br />
Abend? Erst einmal nicht viel. Es bleiben<br />
die alten Probleme: die vielerorts<br />
überalterte und vielfach baufällige Infrastruktur,<br />
die langen Planungs- und<br />
Realisierungszeiten bei Projekten, das<br />
fehlende Personal in der Verwaltung<br />
und, nicht zuletzt, das fehlende Geld.<br />
Alle seit Jahren sattsam bekannt und,<br />
von einigen Hoffnung stiftenden Initiativen<br />
abgesehen, bis heute höchstens<br />
ansatzweise in Angriff genommen.<br />
Den Masterplan Binnenschifffahrt<br />
von Amtsvorgänger Scheuer will<br />
Wissing immerhin fortschreiben<br />
– man darf gespannt sein, was darin<br />
stehen wird.<br />
Fortsetzung folgt …<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
3
INHALT<br />
<strong>07</strong> <strong>2022</strong><br />
8<br />
26<br />
3 EDITORIAL<br />
3 – Aus Berlin wenig Neues …<br />
5 PERSONALIEN<br />
6 NACHRICHTEN<br />
7 NACHRICHTEN<br />
8 SCHIFFFAHRT<br />
8 – Parlamentarischer Abend:<br />
Krise zeigt die Schwächen im System<br />
10 – Rhenus auf dem Weg zu neuen Ufern<br />
14 – CSPL feiert 100 Jahre Schifffahrt<br />
16 – NPRC: Stark und innovativ unterwegs<br />
19 – Häfen und Schiffe treiben Umsatz bei HGK<br />
20 – Modernisierungsstau an der Elbe<br />
21 – Drei Fragen an Stefan Kunze:<br />
»Hohe Wertschätzung der Thematik«<br />
22 – Interview: Ein wichtiges Signal für die Schifffahrt<br />
25 SCHIFFSTECHNIK<br />
25 – HGK: 300 t Zuladung bei kritischen Pegeln<br />
26 – Seafar: Schiffe fahren wie von Geisterhand<br />
30 – »A-Rosa Sena«: Neue Dimensionen auf dem Rhein<br />
31 – Lüftner: Fünf-Sterne-Taufe in Köln<br />
32 – Hoyer Marine: Neues Domizil, neue Synergien<br />
34 – Ostseestaal liefert Neubau an Zürichsee<br />
35 – Berlin-Sightseeing mit dem E-Taxi<br />
36 – Erster »E-Spatz« auf Kiel gelegt<br />
37 – Auf dem Bodensee wird’s elektrisch<br />
38 – Jüdisches Theaterschiff für Berlin<br />
39 – SET-Neubau hat Wasser unter dem Kiel<br />
40 LOGISTIK<br />
41 – Ennshafen hat jetzt ein Schwimmdock<br />
42 – ThyssenKrupp: Werkshäfen öffnen sich<br />
44 – Blasius Schuster:<br />
Baustoff-Logistik mit Bahn und Schiff<br />
46 – Haeger & Schmidt:<br />
Hochwertige Stahlprodukte in temperierter Halle<br />
48 – Kombiverkehr mit 9,3 % Plus<br />
49 – Terminal in Voerde-Emmelsum wird erweitert<br />
50 – Osnabrück präsentiert Leistungsfähigkeit<br />
51 SEEHÄFEN | SHORTSEA<br />
51 – Ansiedlungserfolg im JadeWeserPort<br />
52 – Hafen Dortmund auf Wachstumskurs<br />
53 – Duisport und Amsterdam bündeln Kräfte<br />
54 WASSERSTRASSEN | HÄFEN<br />
54 – viadonau:Lösung für Niedrigwasserzuschlag<br />
56 – Der Hafen Wien landet im dicken Plus<br />
57 – Scharnebeck - einen entscheidendes Projekt<br />
58 – Drei Fragen an Mats Lüer:<br />
»Sorgen der Reeder anhören«<br />
59 – Havelkanal: Noch zu flach für große Schiffe<br />
60 – Zukunft des Finowkanals ist gesichert<br />
61 BUYER’S GUIDE<br />
66 BDS<br />
66 – Neue Ausbildungen gehen an den Start<br />
67 IMPRESSUM<br />
Herausgeberverbände der Zeitschrift<br />
Verein für europäische<br />
Binnenschifffahrt und<br />
Wasserstraßen e.V.<br />
4 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
PERSONALIEN<br />
NORDRHEIN-WESTFALEN: Oliver<br />
Krischer (Grüne) wird neuer Verkehrsminister<br />
in Nordrhein-Westfalen.<br />
Der<br />
Grünen-Politiker<br />
war zuvor Parlamentarischer<br />
Staatssekretär<br />
im Bundeswirtschaftsministerium<br />
von Robert Habeck.<br />
Krischer übernimmt<br />
das Amt von Ina Brandes (CDU),<br />
die künftig in der neuen schwarz-grünen<br />
Regierung von Ministerpräsident Hendrik<br />
Wüst das Kultur- und Wissenschaftsministerium<br />
leitet.<br />
SCHLESWIG-HOLSTEIN: Claus<br />
Ruhe Madsen folgt in der neuen Landesregierung<br />
von Ministerpräsident<br />
Daniel<br />
Günther (CDU) in<br />
Schleswig-Holstein<br />
dem bisherigen Wirtschafts-<br />
und Verkehrsminister<br />
Bernd<br />
Buchholz (FDP) ins<br />
Amt. Madsen ist gebürtiger<br />
Däne, parteilos und war zuvor<br />
Oberbürgermeister in Rostock.<br />
Personalie des Monats: Nennhaus beerbt Schlipköther bei duisport<br />
DUISPORT: Lars Nennhaus beerbt Thomas Schlipköther, der nach mehr als<br />
20 Jahren bei der Duisburger Hafen AG zum Ende des Jahres in den Ruhestand<br />
wechselt. Der 46-jährige Dipl.-Wirtschaftsingenieur Nennhaus wird wie sein Vorgänger<br />
ab dem 1. Januar zuständig für den Bereich »Technik und Betrieb« sein.<br />
Nennhaus kehrt nach seinen beruflichen Stationen in der Hamburger Hafenwirtschaft<br />
sowie aktuell einer leitenden Position bei einem international führenden Logistikdienstleister<br />
in den Duisburger Hafen zurück. Von 2011 bis 2018 war er bereits<br />
Managing Director Port & Logistics Development in Europas größtem Binnenhafen.<br />
Nennhaus komplettiert ab dem kommenden Jahr den dreiköpfigen<br />
duisport-Vorstand mit Markus Bangen (CEO) und Carsten Hinne.<br />
RHENUS AIR & OCEAN: Jan Harnisch<br />
(li.) und Tobias König sind zu globalen<br />
Co-CEO von Rhenus Air & Ocean<br />
ernannt worden. Sie sollen das Wachstum<br />
und die operative Exzellenz in allen<br />
Schwerpunktbereichen wie Digitalisierung,<br />
Personalentwicklung und Nachhaltigkeit<br />
vorantreiben, heißt es.<br />
BREMENPORTS: Sonja Reissner<br />
vertritt künftig die bremischen Häfen im<br />
Osten Deutschlands.<br />
Sie war zuvor für<br />
Kühne + Nagel in<br />
Leipzig tätig. Ostdeutschland<br />
sei für<br />
die bremischen Häfen<br />
ein hochinteressanter<br />
Markt, heißt<br />
es. So habe sich der<br />
Maschinen- und Anlagenbau stark entwickelt.<br />
Die Autoindustrie sei mit namhaften<br />
Herstellern wie Porsche, BMW,<br />
VW und Tesla gut etabliert. Daher gebe<br />
es für die bremischen Häfen ein großes<br />
Potenzial, das es zu nutzen gilt.<br />
DSLV: Günther Haberland, Unternehmer<br />
und langjähriger Vorsitzende des<br />
Fachausschusses<br />
Binnenhafenlogistik<br />
im DSLV Bundesverband<br />
Spedition und<br />
Logistik, ist nach langer<br />
und schwerer<br />
Krankheit im Alter<br />
von 69 Jahren gestorben.<br />
Der geschäftsführende<br />
Gesellschafter der Spedition M.<br />
Zietzschmann in Neuss, gehörte von<br />
2015 bis 2018 dem Präsidium an. Seine<br />
Sachkunde und seine juristisch wie politisch<br />
ausgewogene Art seien stets eine<br />
Bereicherung gewesen, heißt es.<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
5
NACHRICHTEN<br />
DUSS | DUISPORT<br />
Güterumschlag zwischen Schiene und Straße möglich<br />
(v.l.): Alexander Stern (Geschäftsführer der Duss) und Markus Bangen (CEO von duisport)<br />
Seit Juli ist auf der KV-Drehscheibe Duisburg<br />
der Duss auch der Güterumschlag<br />
zwischen Schiene und Straße möglich.<br />
© duisport/Krischerfotografie<br />
Dafür sind duisport und Duss, ein Tochterunternehmen<br />
der DB Netz AG, eine partnerschaftliche<br />
Zusammenarbeit eingegangen.<br />
Kunden der Duss können seit Juli<br />
Lkw-Trailer über das Gelände des künftigen<br />
Duisburg Gateway Terminal (DGT)<br />
anliefern. Duisport transportiert diese<br />
dann mit Terminalfahrzeugen über die<br />
Schlickstraße und Sympherstraße zur KV-<br />
Drehscheibe der Duss, heißt es. Ab Sommer<br />
2023 soll dann ein direkter Straßenzugang<br />
in Duisburg-Ruhrort bereitstehen.<br />
Die Inbetriebnahme des DB-Terminals<br />
sei ein wichtiger Meilenstein im Zuge der<br />
vielfältigen lokalen Infrastrukturmaßnahmen,<br />
die Duss und Duisport derzeit<br />
vorantreiben, so die Partner. Ziel sei es,<br />
die effiziente Vernetzung der insgesamt<br />
vier zukünftigen intermodalen Terminals<br />
in Ruhrort und Meiderich über hafeninterne<br />
Straßen. Verbunden mit einer intelligenten<br />
Verkehrsführung, die Anwohnerstraßen<br />
entlasten und Emissionen<br />
sowie Wartezeiten spürbar reduzieren<br />
soll.<br />
<br />
FLOTTENMODERNISIERUNG<br />
Bund stockt Fördermittel auf<br />
Das Flottenmodernisierungsprogramm des Bundes wird um weitere<br />
10 Mrd. € aufgestockt. Damit stehen in diesem Jahr insgesamt<br />
40 Mio. € für das Binnenschifffahrtsgewerbe zur Verfügung. Im<br />
Folgejahr 2023 steigt die Summe auf 50 Mio. €. BDB-Geschäftsführer<br />
Jens Schwanen erklärt hierzu: »Diese Aufstockung ist dringend<br />
erforderlich. Im letzten Jahr gab es deutlich mehr Förderanträge,<br />
als Haushaltsmittel zur Verfügung standen. Zahlreiche<br />
Antragsteller sind deshalb leer ausgegangen.« Erfreulich sei auch,<br />
dass die vorgesehene Absenkung der Fördermittel für den Kombinierten<br />
Verkehr erfolgreich verhindert werden konnte: Statt<br />
62,7 Mio. € stehen nun doch 77,7 Mio. € zur Verfügung. <br />
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Fahrrinnenanpassung startet<br />
Das Spandauer Wasserstraßenkreuz<br />
Das Wasserstraßen-Neubauamt Berlin (WNA Berlin) hat<br />
den Bauauftrag für den ersten Teilabschnitt zur Fahrrinnenanpassung<br />
an der Berliner Nordtrasse vergeben. Beauftragt<br />
wurde eine Arbeitsgemeinschaft aus den Unternehmen Züblin<br />
Spezialtiefbau, Johann Bunte Bauunternehmung, Otto<br />
Mette Wasserbau und Stump-Franki Spezialtiefbau. Die<br />
Bauausführung soll in insgesamt vier Baulosen erfolgen<br />
und bis zum Jahr 2028 abgeschlossen werden. Insgesamt investiert<br />
der Bund rund 58 Mio. €. Mit dem jetzt beauftragten,<br />
etwa 2 km langen Ausbauabschnitt im Bereich der<br />
Spreemündung entsteht eine zentrale Wartestelle für die<br />
Einrichtung der geplanten Richtungsverkehrstrecken für<br />
große Wasserfahrzeuge. Gleichzeitig wird eine direkte Einfahrt<br />
von bis zu 110 m langen Wasserfahrzeugen aus der<br />
Spree in die Schleuse Spandau möglich gemacht. <br />
© WNA Berlin<br />
6 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
NACHRICHTEN<br />
BUNDESHAUSHALT<br />
Für Wasserstraßen<br />
fehlen 350 Mio. €<br />
Im Bundeshaushalt 2023 stehen für die<br />
Wasserstraßen nur noch 1,35 Mrd. € zur<br />
Verfügung – rund 350 Mio. € weniger als<br />
in diesem Jahr. »Zu wenig«, kritisieren<br />
die Binnenhäfen. Die Verbände BÖB und<br />
VBW hatten bereits im Vorfeld der diesjährigen<br />
Haushaltsverhandlungen davor<br />
gewarnt, dass ab 2023 eine beträchtliche<br />
Finanzie rungslücke drohen und das Geld<br />
für wichtige Projekte zur Unterhaltung<br />
sowie für Ersatz-, Aus- und Neubaumaßnahmen<br />
fehlen werde.<br />
In 2021 und <strong>2022</strong> konnte die Unterdeckung<br />
noch durch Mittel aus dem pandemiebedingten<br />
Konjunkturprogramm<br />
und aus dem Klimaschutz-Sofortprogramm<br />
kompensiert werden. Im Jahr<br />
2023 wird es keine solchen Sondereffekte<br />
geben.<br />
Bleibt der Mittelansatz unverändert,<br />
wäre die Verwaltung in Folge gezwungen,<br />
Projekte zu priorisieren, Ausschrei -<br />
bungen oder Vergaben zu verschieben<br />
und schlimmstenfalls sogar Projektverträge<br />
zu kündigen. Das würde die ambitionierten<br />
Verlagerungsziele Deutschlands<br />
und auch die der Europäischen<br />
Union konterkarieren. »Bis zum Beschluss<br />
des Bundeshaushalts im Dezember<br />
muss die Finanzierungslücke im<br />
Wasserstraßen-Etat geschlossen werden«,<br />
heißt es in einer Mitteilung. <br />
TÜV NORD<br />
CargoBeamer ist klimaneutral<br />
Seit Anfang des Jahres ist CargoBeamer mit seinen Dienstleistungen klimaneutral<br />
Der Logistikdienstleister für den intermodalen<br />
Transport nicht-kranbarer Sattelauflieger<br />
CargoBeamer ist jetzt offiziell<br />
klimaneutral. Die entsprechenden Zertifikate<br />
hat der Dienstleister TÜV Nord<br />
Cert ausgestellt. Klimaneutral sind rückwirkend<br />
seit Anfang des Jahres <strong>2022</strong> sowohl<br />
sämtliche von CargoBeamer angebotenen<br />
Dienstleistungen als auch das<br />
Unternehmen CargoBeamer selbst.<br />
Den Angaben zufolge spart der Bahntransport<br />
im Mittel bereits etwa 85 % der<br />
CO 2<br />
-Emissionen verglichen mit dem<br />
Straßentransport ein. Die verbleibenden<br />
15 %, welche beim Transport auf der<br />
Schiene sowie an CargoBeamer- und<br />
Drittterminals anfallen, werden nun von<br />
CargoBeamer vollständig mittels Goldstandardzertifikaten<br />
durch Investitionen<br />
in Klimaschutz- und Entwicklungsprojekte<br />
kompensiert. Zusätzlich zu den<br />
CO 2<br />
-Emissionen werden dabei auch übrige<br />
Treibhausgase wie z.B. Methan<br />
(CH4) als CO 2<br />
-Äquivalente (»CO 2<br />
e«) erfasst<br />
und ausgeglichen.<br />
CargoBeamer kompensiert zudem neben<br />
den unmittelbaren Emissionen (Geltungsbereich<br />
Scope 1 und 2) auch dienstleistungsbezogene<br />
Emissionen aus der<br />
Kategorie Scope 3. So werden unter anderem<br />
Geschäftsreisen, Arbeitswege oder<br />
der Betrieb von Büroräumlichkeiten ausgeglichen.<br />
Für die Kunden entstehen im<br />
Rahmen der Klimaneutralität keine<br />
Mehrkosten, zudem erfolgt die Zertifizierung<br />
als klimaneutral für ausnahmslos<br />
alle Transportlinien und -kunden. Kunden<br />
erhalten von CargoBeamer jährlich<br />
Zertifikate, welche die von ihnen eingesparten<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
7
SCHIFFFAHRT<br />
Krise zeigt die Schwächen im System<br />
Beim Parlamentarischen Abend der Binnenschifffahrt und Binnenhäfen fordert das<br />
Gewerbe eine schnellere Planung und den Ausbau der Wasserstraßen-Infrastruktur.<br />
Doch noch warten altbekannte Probleme auf eine Lösung. Von Krischan Förster<br />
© Peter-Paul Weiler / berlin-event-foto.de<br />
»Es fehlt Geld und Personal«<br />
BDB-Präsident Martin Staats<br />
»Das Binnenschiff muss effizienter werden«<br />
Bundesverkehrsminister Volker Wissing<br />
»Wir müssen Schiff und Bahn verknüpfen«<br />
BÖB-Präsident Joachim Zimmermann<br />
Zwei Jahre lang hatte es Coronabedingt<br />
keine größere Zusammenkunft<br />
mehr in Berlin gegeben,<br />
erst kürzlich gab es endlich wieder einen<br />
Parlamenta rischen Abend der Bundesverbände<br />
BDB und BÖB in Berlin. Die belgische<br />
Botschaft hatte sich als Gastgeber für<br />
die rund 100 Teilnehmer angeboten. Noch<br />
vor Pommes und Würstchen zum geselligen<br />
Teil des Treffens war der Auftritt von<br />
Bundesverkehrminister Volker Wissing<br />
mit Spannung erwartet worden.<br />
Der FDP-Politiker gab, wenn auch unverschuldet,<br />
ein kurzes Gastspiel. Denn<br />
die Bundestagsfraktion der AfD hatte<br />
kurzfristig eine namentliche Abstim -<br />
mung im Bundestag angesetzt, zu der<br />
nicht nur Wissing, sondern auch alle anwesenden<br />
Abgeordneten enteilten, kaum<br />
dass der Abend eröffnet worden war. So<br />
blieb Wissing der nicht wieder zurückkehrte,<br />
nur Zeit für einen kurzen Vortrag.<br />
Wer frohe oder zumindestens ermutigende<br />
Botschaften erwartet hatte, mag enttäuscht<br />
worden sein.<br />
Die Güterschifffahrt könne einen elementaren<br />
Beitrag zur Versorgungssicherheit<br />
der Industrie und der Bevölkerung in<br />
Deutschland leisten, sagte Wissing. Dafür<br />
brauche sie leistungsfähige Infrastrukturen,<br />
also ein stabil ausgebautes<br />
und verlässliches Wasserstraßennetz.<br />
Gleichzeitig erteilte Wissing aber großen<br />
Neubauprojekten eine Absage und bekräftigte<br />
die Wochen zuvor bereits ausgegebene<br />
Devise »Erhalt vor Ausbau.«<br />
Wie zum Trost listete der oberste Verkehrspolitiker<br />
des Bundes noch einige<br />
Maßnahmen seines Hauses auf, die dem<br />
Gewerbe auf dem Weg in eine umweltfreundliche<br />
Mobilität helfen sollen – die<br />
Förderprogramme, die geplante Vertiefung<br />
des Mittelrheins, die Projekte an Weser<br />
und Donau. »Leistungsstark, sicher und<br />
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8 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFFAHRT<br />
© Peter-Paul Weiler / berlin-event-foto.de<br />
Diskutierten Lösungsansätze: Moderatorin Susanne Landwehr, Martin Staats (BDB), Norbert Salomon (Bundesverkehrsministerium), Henning Rehbaum (CDU),<br />
Claudia Müller (Grüne, Maritime Koordinatorin), Dieter Schneider (Bank für Schiffahrt), Bernd Reuther (FDP) und Joachim Zimmermann (BÖB)<br />
nenschifffahrt mitsamt aller Akteure im System Wasserstraße. Damit<br />
das Binnenschiff für noch mehr Unternehmen zum Transportmittel<br />
der Wahl wird, müsse es effizienter und digitaler werden. Er<br />
wisse, dass dies eine große Aufgabe sei und und sei bereit, die nötige<br />
(politische) Unterstützung zu gewähren.<br />
Kein Wort jedoch über den Ausbaustopp an den Neckarschleusen<br />
oder das drohende Etat-Defizit in den kommenden Bundeshaushalten.<br />
Es blieb nach Wissings frühem Abschied einer munteren<br />
und auch ohne den Minister hochkarätig besetzten Diskussionsrunde<br />
überlassen, die schwelenden Probleme zu benennen<br />
und mögliche Lösungsansätze zu diskutieren.<br />
Es fehle an Finanzmitteln und qualifiziertem Personal, sagte<br />
BDB-Präsident Martin Staats. Die Planungs- und Realisierungszeiten<br />
für Projekte an den Flüssen und Kanälen dauerten unerträglich<br />
lange und müssten dringend abgekürzt werden. Eine<br />
Möglichkeit sei dabei die Auftragsvergabe an Planungsbüros aus<br />
der Privatwirtschaft. Sowohl Engpässe als auch der Ausbaubedarf<br />
im Wasserstraßennetz, zum Beispiel am Rhein, im Kanalnetz oder<br />
an der Donau, müssen daher dringend beseitigt werden. Staats<br />
warnte gleichzeitig vor übertriebenen Forderungen an die Binnenschifffahrt.<br />
Das Gewerbe sei willens, in die Erneuerung von<br />
Antrieben zu investieren, die Förderung durch das Bundesverkehrsministerium<br />
sei durchaus hilfreich. Doch zur Realität gehöre<br />
auch, dass Dieselmotoren noch lange das Bild in der Güterschifffahrt<br />
prägen würden. Bis sich hingegen die emissionsärmere<br />
Alternative Wasserstoff europaweit und in Serienreife etablieren<br />
könne, dürften nach mindestens fünf bis zehn Jahre vergehen.<br />
sein, mit den richtigen Rahmenbedingungen die Resilienz der<br />
Transportketten gegenüber Krisen zu steigern«, so Zimmermann.<br />
Ein zentraler Punkt sei dabei die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen<br />
für Binnenschiff und Bahn. Die aktuellen,<br />
gravierenden Störungen zeigten, dass die Schiene allein die Versorgung<br />
von Industrie und Handel nicht allein gewährleisten<br />
könne. »Wir müssen Schiene und Wasserstraße als sich ergänzende<br />
Teile eines umweltfreundlichen Systems denken, das<br />
die individuellen Stärken der beiden Verkehrsträger bestmöglich<br />
verknüpft.« Auch der Kombinierte Verkehr sei ein wichtiger Baustein.<br />
Bei der Umstellung der Energieversorgung könnten Binnen-<br />
wie Seehäfen als Wasserstoffhubs enorm wichtig werden.<br />
All diese Themen und Sorgen spielten auch bei einer intensiven<br />
und angeregten Diskussionsrunde eine Rolle – einfache<br />
Lösungen aber scheint es nicht zu geben.<br />
<br />
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<br />
Wasserstraße verfügt über Kapazitätsreserven<br />
Auch für die deutschen Binnenhäfen bekräftigte BÖB-Präsident<br />
Joachim Zimmermann die Bereitschaft, sich aktiv für Lösungen<br />
zur Energiewende, Klimaneutralität und Modernisierung der Infrastruktur<br />
einzusetzen. Er verwies auf die Kapazitätsreserven<br />
der Wasserstraßen und die Leistungsfähigkeit der Häfen, auch<br />
wenn die Transportsysteme derzeit unter anderem durch gestiegene<br />
Kohle-Mengen in Folge des Ukraine-Krieges stark belastet<br />
seien, vor allem an der Donau. Das Arbeiten »am Limit« bei<br />
Personal, Equipment und Infrastruktur offenbare jetzt die<br />
Schwächen im System. »Oberstes Ziel der Politik muss es daher<br />
<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
9
SCHIFFFAHRT<br />
Die Binnenschiffsflotte von Rhenus ist vor allem im Massenguttransport aktiv. Da die Kohle-Menge absehbar zurückgeht, rücken andere Güter ins Blickfeld<br />
© Rhenus Partnership<br />
Rhenus auf dem Weg zu neuen Ufern<br />
Mit zwei innovativen Neubauten modernisiert die Rhenus Partnership ihre Flotte – weitere<br />
sollen folgen. Nach der Übernahme der Deutschen Binnenreederei vor zwei Jahren drehen<br />
sich jetzt Planspiele um eine mögliche Expansion im Ausland. Von Krischan Förster<br />
Es ist ziemlich genau zwei Jahre her,<br />
dass Rhenus die Übernahme der traditionsreichen<br />
Deutschen Binnenreederei<br />
(DBR) mit Sitz in Berlin vollzogen<br />
hat. In relativ kurzer Zeit ist allerdings<br />
schon viel passiert. »Wir haben massiv<br />
Einheiten abgewrackt«, berichtet Thomas<br />
Maaßen, einer der drei Geschäftsführer<br />
bei Rhenus Partnership, der Binnenschiffssparte<br />
bei Rhenus.<br />
Einerseits konnten mit dem Kauf die<br />
ohnehin große Marktpräsenz und auch die<br />
Zahl der schwimmenden Einheiten noch<br />
einmal deutlich vergrößert werden. »Vor<br />
der Übernahme der DBR waren wir östlich<br />
von Magdeburg ziemlich blank«, sagt<br />
Maaßen. Das hat sich jetzt geändert. Andererseits<br />
war die vornehmlich aus Schubbooten<br />
und Leichtern bestehende DBR-<br />
Flotte in Teilen veraltet. Unter der Rhenus-<br />
Flagge wurde daher aussortiert und verschrottet.<br />
»Gleichzeitig haben wir viel<br />
Geld in die Hand genommen, um die verbleibenden<br />
Einheiten zu modernisieren«,<br />
sagt Dirk Gemmer, zweiter Geschäftsführer<br />
der Rhenus Partnership. So werden<br />
allein fünf Schubboote bei ihrer Grundüberholung<br />
neue, umweltfreundlichere<br />
Motoren erhalten, auch etliche Leichter<br />
wurden und werden instandgesetzt. Außerdem<br />
mussten natürlich die Prozesse<br />
und Systeme umgestellt werden.<br />
Die Integration sei weitestgehend abgeschlossen.<br />
Man habe in Berlin und<br />
Hamburg ein sehr motiviertes und engagiertes<br />
Team vorgefunden, »bei den Veränderungen<br />
haben alle vom ersten Tag an<br />
mitgezogen«, so Maaßen. Die DBR gilt<br />
den Reedereichefs in Duisburg uneingeschränkt<br />
als Zugewinn, »wir haben einiges<br />
vor«, so Gemmer. Unter anderem<br />
bestünden Pläne, in ein neues modernes<br />
Schubboot zu investieren. Ein Stufe-<br />
V-Motor ist das Minimalziel, die Gedankenspiele<br />
reichen aber bis hin zur Ausrüstung<br />
mit einer Brennstoffzelle nach<br />
dem Vorbild der kürzlich getauften<br />
»Elektra«.<br />
Am Rhein ist das Unternehmen bereits<br />
ein Stück weiter. Gerade erst wurden zwei<br />
innovative Koppelverbände in Leichtbauweise<br />
mit Hybrid-Antriebsanlagen<br />
bei der niederländischen Werft Den<br />
Breejen bestellt, die bei einer Länge von<br />
maximal 186,50 m und einer Breite von<br />
11,45 m aus jeweils einem Schubboot<br />
und bis zu drei Leichtern fahren werden<br />
(siehe nachfolgenden Beitrag).<br />
Im kommenden Jahr sollen die flachgehenden<br />
und damit Niedrigwassergeeigneten<br />
Schiffe in Fahrt kommen – der<br />
eine mit Brennstoffzelle, Batterien und<br />
Generatoren, der andere mit einem Batterie-Hybrid-Antrieb.<br />
Eingesetzt werden sie<br />
bei der Konzernschwester Contargo im<br />
Container-Linienverkehr auf dem Rhein.<br />
Angesichts dieses millionenschweren<br />
Auftrags hatte Rhenus auf Zuschüsse aus<br />
dem Förderprogramm des Bundes zur<br />
10 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFFAHRT<br />
Thomas Maaßen<br />
Geschäftsführer Rhenus Partnership<br />
© Rhenus Partnership<br />
Dirk Gemmer<br />
Geschäftsführer Rhenus Partnership<br />
nachhaltigen Modernisierung der Binnenschifffahrt<br />
gehofft – allerdings vergeblich.<br />
Wie von uns bereits berichtet, wurde der<br />
Antrag abgelehnt, weil das zur Verfügung<br />
stehende Budget (30 Mio. €, Anm. der<br />
Red.) ausgeschöpft sei und die angepeilte<br />
CO2-Einsparung nicht groß genug seien<br />
sowie die Umwelteffekte bei der langen Lebenszeit<br />
solcher Schiffe erst zu spät« eintreten<br />
würden, wie es zur Begründung<br />
hieß. »Das Gewerbe wird bei solchen großen<br />
Investitionsentscheidungen ziemlich<br />
allein gelassen«, klagt Gemmer.<br />
Rhenus wuppt die Neubaukosten daher<br />
aus eigener Kraft. Nachhaltigkeit ist längst<br />
ein Teil der langfristigen Unternehmensstrategie<br />
im Konzern, das gilt auch für die<br />
Binnenschiffssparte, auch wenn die Projekte<br />
dadurch teurer werden. »Aber dafür<br />
haben wir bei den Spezifikationen freie<br />
Hand.« Die Zulassung der technischen<br />
Konzepte wird vermutlich in den Niederlanden<br />
eingeholt, auch beim Thema Genehmigungen<br />
sei das Nachbarland weiter<br />
als Deutschland, so Gemmer mit einem<br />
weiteren kleinen Seitenhieb.<br />
Die Rhenus Partnership Gruppe mit ihrer<br />
Zentrale in Duisburg verfügt durch ihre<br />
Beteiligungen und Töchter über ein<br />
weitverzweigtes europäisches Netzwerk<br />
mit Standorten in Berlin, Hildesheim,<br />
Mannheim, Regensburg sowie in den<br />
Niederlanden, in Belgien, Frankreich, Österreich,<br />
Tschechien, Rumänien und Serbien<br />
und steuert sämtliche Binnenschiffsaktivitäten<br />
innerhalb des Konzerns. Rund<br />
24 Mio. t an Gütern werden von den Rhenus-Schiffen<br />
transportiert. Die übergeordnete<br />
Geschäftseinheit Rhenus Transport<br />
vereint zudem den landgestützten<br />
Transport mit Lkw, die Seeschifffahrt und<br />
die Bahnangebote unter ihrem Dach.<br />
Die Geschichte reicht weit zurück: Nicht<br />
ohne Grund trägt das Unternehmen den<br />
lateinischen Namen des Rheins. Die Schifffahrt<br />
ist die Keimzelle des heute breit aufgestellten<br />
und international agierenden Familienunternehmens.<br />
Künftig soll der<br />
Transport auf dem Wasser noch stärker mit<br />
den anderen Intermodal-Angeboten bei<br />
Rhenus verwoben werden – mit dem Netzwerk<br />
an Häfen und Terminals im Binnenland<br />
wie auch in den Seehäfen, mit dem<br />
Container-Hinterlandlogistik-Netzwerk<br />
Contargo sowie mit den Bahn- und Lkw-<br />
Verkehren, wo ebenfalls in moderne Verkehrstechnik<br />
wie Elektro-Trucks oder Ladestationen<br />
investiert wird.<br />
In den vergangenen Jahren war die<br />
Gruppe bereits stark gewachsen, vornehmlich<br />
im europäischen Donau-<br />
Raum. »Dort sehen wir jetzt nur noch<br />
wenig Expansionspotenzial. Insofern war<br />
die DBR ein fehlendes Puzzle-Teil für<br />
uns«, sagt Maaßen.<br />
Mit täglich bis zu 1.000 disponierten<br />
Einheiten ist Rhenus ein absolutes Schwergewicht<br />
in der europäischen Binnenschiff-<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
11
SCHIFFFAHRT<br />
BRENNSTOFFZELLE, BATTERIEN UND STUFE-V-MOTOREN<br />
Rhenus bestellt zwei innovative Koppelverbände in den Niederlanden<br />
Mit der Bestellung von zwei Koppelverbänden<br />
investiert Rhenus Partnership<br />
in die Flotte. Das Millionen-Projekt<br />
vereine alle technischen Innovationen,<br />
die heutzutage möglich sind, heißt es.<br />
Die neuen Flaggschiffe entstehen in der<br />
niederländischen Werft Den Breejen.<br />
Die Fertigstellung ist für September<br />
2023 und Anfang 2024 geplant.<br />
Die Schiffsverbände setzen sich zusammen<br />
aus einem Motorschiff und bis<br />
zu drei Schubleichtern. Diese Schiffsformationen<br />
seien äußerst tragfähig und<br />
ermöglichten ein flexibles Ladevolumen,<br />
heißt es. Dank der guten Trimmlage mittels<br />
Gewichtsverteilung und einem neuartigen<br />
Antriebskonzept seien die Schiffe<br />
bereits ab einem Tiefgang von 1,20 m<br />
einsatzbereit. So können die Koppelverbände<br />
auch bei Niedrigwasser problemlos<br />
fahren, wodurch sich die Abladeoptimierung<br />
erhöht.<br />
Mit der innovativen Schiffskonstruktion<br />
werde deutlich an Gewicht<br />
eingespart: Das Kaskogewicht des Güterschiffs<br />
reduziert sich auf 510 t, während<br />
es ein Schubleichter auf 390 t bringt.<br />
Das erste Rhenus-Schubschiff der neuen<br />
Typenklasse, die »Rhenus Mannheim«,<br />
besitzt ein vollkommen neues Antriebskonzept,<br />
bestehend aus einer Brennstoffzelle<br />
auf Wasserstoffbasis, einer skalierbaren<br />
und langlebigen Lithium-Ionen-<br />
Batterielösung sowie modernsten Generatoren.<br />
Ein E-Motor treibt die Schiffswelle<br />
an. Bei der »Rhenus Wörth« wird auf einen<br />
Hybrid-Antrieb aus Batterien und<br />
Die Abbildung zeigt, wie die Koppelverbände<br />
später einmal aussehen könnten<br />
emissionsarmen Stage-V-Motoren gesetzt.<br />
Das Schiff könne zu einem späteren<br />
Zeitpunkt noch auf Brennstoffzellen umgerüstet<br />
werden. »Bei unseren Neubauten<br />
setzen wir auf alle uns zur Verfügung<br />
stehenden Innovationen. Wir wollen<br />
nicht nur einen Schritt machen, sondern<br />
in Bezug auf Nachhaltigkeit richtungsweisend<br />
voranschreiten«, sagt Thomas<br />
Kaulbach, Geschäftsführer der Rhenus<br />
Partnership.<br />
Techniker könnten über den Fern-<br />
Diagnose-Service die Leistung im Blick<br />
jederzeit im Blick behalten – inklusive<br />
© Rhenus Partnership<br />
Motorleistung, Kraftstoffverbrauch und<br />
Emissionswerten. Eine schnelle Fernwartung<br />
der Motoren von Land aus sei<br />
ebenfalls möglich. Durch die Kombination<br />
der Antriebstechniken reduzierten<br />
sich Schadstoffemissionen bei<br />
CO2 und NOx bei diesen Neubauten um<br />
bis zu 72 %.<br />
Rhenus verwirklicht das Großprojekt<br />
ohne jegliche staatliche Fördermittel. Da<br />
sich ein Binnenschiff standardmäßig 30<br />
bis 90 Jahre im Einsatz bleibe, sei die Investition<br />
in eine nachhaltige Güterschifffahrt<br />
aber äußerst sinnvoll. <br />
Besiegelten den Vertrag (v.l.): Ben de Rooy, Head of Engineering Den Breejen, Herbert Berger, Head of Engineering Rhenus Partnership, Thomas Kaulbach,<br />
Geschäftsführer Rhenus Partnership, Christa Gedding, Assistentin der Geschäftsführung der Rhenus Transport, Dirk Gemmer, Geschäftsführer Rhenus<br />
Partnership, Rob den Breejen, Inhaber und Geschäftsführer Den Breejen, Johann Kaasjager, Geschäftsführer Den Breejen<br />
12 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFFAHRT<br />
fahrt. 246 Schiffe inklusive vieler Leichter<br />
(etwa ein Viertel) gehören dem Unternehmen<br />
selbst, 241 sind es bei der DBR, der<br />
Rest ist gechartert. Das Fahrgebiet erstreckt<br />
sich von den Seehäfen über alle wichtigen<br />
Flüsse und Kanäle über die Donau bis hinunter<br />
ans Schwarze Meer. Neben der Rhenus<br />
Partnership-Zentrale in Duisburg und<br />
der DBR gehören noch weitere Reedereien<br />
wie die CNFR (Frankreich), die Rhenus<br />
Partnership Austria, die Rhenus Partner-<br />
Ship Serbia, die Rhenus PartnerShip Rumänien,<br />
die Rhenus PartnerShip-LBH<br />
(Rotterdam), die tschechische Rhenus<br />
Partnership-CSPL (siehe Seite 14), sowie<br />
die Rheintank und die Bilgenentölungsgesellschaft<br />
zur Unternehmensgruppe.<br />
Und trotz oder gerade wegen dieser<br />
Marktmacht muss sich auch die Rhenus<br />
auf Veränderungen einstellen. Traditionell<br />
stark im Massengut-Sektor wird die<br />
Reederei in den kommenden Jahren große<br />
Mengen ihrer gewohnten Transport -<br />
güter wie Kohle oder Erz verlieren. Eine<br />
Kapazitätsanpassung in der europäischen<br />
Binnenschifffahrt halten die beiden Geschäftsführer<br />
für wahrscheinlich, auch<br />
bei der eigenen Flotte. An Beschäftigung<br />
werde es aber nicht unbedingt mangeln.<br />
»Es gibt genug Güter, die wir transportieren<br />
können«, so Gemmer. Container<br />
natürlich, andere Massengüter oder<br />
auch Schwergut. Gerade bei Projektladung<br />
gebe es Potenzial für die Binnenschifffahrt,<br />
es könnte jedoch noch<br />
besser ausgeschöpft werden.<br />
Schwergut bietet Potenzial<br />
Auch hier gibt es einen Fingerzeig auf die<br />
Politik in Berlin: Wenn die Rahmenbedingungen<br />
bessere wären, könnten noch sehr<br />
viel mehr Transporte von der Straße geholt<br />
werden. »Das Beförderungsgebot für<br />
die Wasserstraße müsste endlich konsequent<br />
umgesetzt werden«, fordert Gemmer.<br />
Doch noch seien Genehmigungen zu<br />
leicht zu erhalten, ohne dass Verlader oder<br />
Speditionen Alternativen zur Straße zwingend<br />
prüfen müssten.<br />
Eine Expansion, zumindestens in den<br />
angestammten Bereichen, sei nur noch<br />
schwer vorstellbar, sagen die beiden Rhenus-Geschäftsführer.<br />
»Geografisch können<br />
wir in Europa kaum noch wachsen.«<br />
Lediglich entlang der Donau könne noch<br />
das eine oder andere Geschäft hinzukommen.<br />
Also richtet sich der Blick<br />
auf das fernere Ausland. Ein Schritt nach<br />
Übersee, wie von Imperial vor Jahren<br />
nach Paraguay vollzogen, gehört zu den<br />
Ursprung am Rhein<br />
Der Name Rhenus liegt in den Firmenanfängen<br />
begründet. Im Lateinischen<br />
bedeutet er nichts anderes als<br />
Rhein, und am größten deutschen<br />
Fluss ist die Rhenus Partnership, seit<br />
1998 Teil des Konzerns, bis heute beheimatet.<br />
1912 gegründet, ist der Weg der Rhenus<br />
eng mit der deutschen und europäischen<br />
Wirtschaftsgeschichte sowie<br />
mit prominenten Namen wie<br />
Hugo Stinnes oder Joseph Conrad<br />
Fendel verbunden. Zu den wichtigsten<br />
Etappen bis zur Integration in die<br />
Rethmann-Gruppe 1998 zählen der<br />
Wechsel in den VEBA-Konzern im<br />
Jahr 1934, die Übernahme der Verkehrsaufgaben<br />
der VEBA durch die<br />
Hugo Stinnes AG 1969 und die Verschmelzung<br />
mit der Westfälischen<br />
Transport-AG zur Rhenus-WTAG<br />
AG 1984. 1995 wurde die Midgard<br />
Deutsche Seeverkehrs-AG in das Unternehmen<br />
eingebunden, 2020 folgte<br />
die Deutsche Binnenreederei.<br />
Mit eigenem Schiffsraum und ständigen<br />
Mietschiffen sowie Landanlagen<br />
entwickelten sich die Rhenus<br />
und ihre Vorgänger- und Partner -<br />
organisa tionen im Lauf der Jahrzehnte<br />
in der Binnenschifffahrt und<br />
den damit eng verbundenen Shortsea-Verkehren<br />
zu einem der Marktführer<br />
in Europa. Zur Unterneh -<br />
mensgruppe gehört zudem der Containerlogistiker<br />
Contargo für die Abwicklung<br />
von verkehrsträgerübergreifenden<br />
Logistikketten auf den<br />
Binnenwasserstraßen. In den vergangenen<br />
100 Jahren sind Einzugsgebiet<br />
und Bedeutung enorm gewachsen.<br />
Planspielen. Neben Südamerika seien<br />
auch Indien oder Afrika oder sogar der<br />
Nahe Osten perspektivisch interessant.<br />
Auch ein Einstieg in die Tankschifffahrt,<br />
die bislang von Reedereien wie Jaegers<br />
oder der GEFO und einigen anderen<br />
betrieben wird, aber noch nicht im Portfolio<br />
ist, sei eine Option. Letzteres kommt<br />
allein schon durch die gewünschte und<br />
geplante Energieumstellung auf Wasserstoff,<br />
auch bei langjährigen Kunden wie<br />
ThyssenKrupp, ins Spiel. Als zweite große<br />
Herausforderung sieht man bei Rhenus<br />
den drohenden Personalmangel<br />
durch das altersbedingte Ausscheiden<br />
vieler Schiffsführer und den Mangel an<br />
Nachwuchs. »Wir müssen und werden<br />
selbst mehr ausbilden müssen«, sagt<br />
Maaßen. Ebenso könnte das teilautonome<br />
Fahren helfen, daher beteiligt<br />
sich Rhenus an Projekten wie »FernBin«<br />
und »SmartPortShuttle«, um die Entwicklung<br />
geeigneter Bord- und Landsysteme<br />
voranzubringen.<br />
<br />
Vor zwei Jahren wurde die Deutsche Binnenreederei übernommen und inzwischen vollständig integriert<br />
© Rhenus Partnership<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
13
SCHIFFFAHRT<br />
CSPL feiert 100 Jahre Schifffahrt<br />
Die tschechische Reederei blickt auf eine lange Historie zurück. Das seit 2018 zu Rhenus<br />
gehörende Unternehmen mit Sitz in Děčín betreibt aktuell 24 Schiffseinheiten und ist auf<br />
allen wichtigen Wasserstraßen Europas zu Hause<br />
Vor 100 Jahren wurde die CSPL in der tschechischen Stadt Děčín gegründet<br />
© Rhenus PartnerShip-CSP<br />
Vor 100 Jahren wurde die Binnenschifffahrtsgesellschaft<br />
CSPL in der<br />
tschechischen Stadt Děčín gegründet.<br />
Wie kein anderes Unternehmen steht sie<br />
sinnbildlich für die gesamte Schifffahrt in<br />
Tschechien. Seit der Übernahme durch<br />
die Rhenus Gruppe im Jahr 2018 investiert<br />
das Unternehmen in seine<br />
Schiffsflotte und ist damit für zukünftige<br />
Herausforderungen gut aufgestellt.<br />
Die Rhenus PartnerShip-CSPL mit<br />
Hauptsitz in Děčín verschifft Massenund<br />
Schwergüter, Stückgut sowie Investitions-<br />
und Konstruktionsteile. Mit<br />
seiner Flotte befährt das Binnenschifffahrtsunternehmen<br />
die mitteleuropä -<br />
ischen Wasserstraßen. Der Schwerpunkt<br />
liegt hierbei auf dem deutschen Kanalnetz<br />
und der Elbe. Mit der Übernahme<br />
des tschechischen Unternehmens<br />
komplettierte die Rhenus PartnerShip<br />
seinerzeit ihr Portfolio. Im vergangenen<br />
Jahr wurden insgesamt 315.753 t an Gütern<br />
transportiert.<br />
Im Juni 1922 wurde die CSPL (Československá<br />
plavební akciová společnost<br />
Labská) in Prag als teilprivate Firma<br />
durch tschechische Banken und den Staat<br />
gegründet. Zu den aus Kriegsreparationen<br />
stammenden Schiffen gehörten<br />
18 Dampfer, 11 Dampfschnellboote, 189<br />
Lastkähne, 7 Kettendampfer, 12 Hafendampfer,<br />
7 Vorratsschiffe, 49 Kähne und<br />
21 andere Hilfsschiffe. Es gab insgesamt<br />
314 Einheiten mit insgesamt knapp<br />
143.000 t an Tragfähigkeit.<br />
Während die CSPL sich heute auf Binnenschiffstransporte<br />
spezialisiert, wickelte<br />
sie früher sämtliche Tätigkeiten<br />
rund um Spedition und Gütertransport<br />
ab. Nach der Verstaatlichung 1948 stellte<br />
das Unternehmen in den 1950er Jahren<br />
die Flotte von Dampfschiffschleppern auf<br />
Motorschiffe um. In den 1970er Jahren<br />
erweiterten Schubschiffe das Portfolio.<br />
Bis dahin besaß die CSPL sogar noch eigene<br />
Werften und Häfen entlang der Elbe<br />
bis nach Hamburg.<br />
Die Reederei betrieb im In- und Ausland<br />
vornehmlich den Transport von<br />
Kraftwerkskohle. Alle diese Aktivitäten<br />
wurden von separaten »Betrieben« mit<br />
14 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFFAHRT<br />
Die Rhenus PartnerShip-CSPL verschifft Massen- und<br />
Schwergüter, Stückgut sowie Schwerlast-Komponenten<br />
© Rhenus PartnerShip-CSPL<br />
eigenen Direktionen wahrgenommen, die der Generaldirektion<br />
unterstanden. Auslandsbüros gab es in Magdeburg, Hamburg,<br />
Braunschweig, Duisburg, Rotterdam und Stettin. 1989 erreichte<br />
die Anzahl der Schiffe 700 Einheiten.<br />
Nach 1989 erfolgte eine Privatisierungsphase. 2002 gründete<br />
das internationale Speditionsunternehmen Argo aus einem Teil<br />
der ursprünglichen Firma die neue CSPL A.S. Die Rhenus Gruppe<br />
übernahm schließlich die Binnenschifffahrtsgesellschaft im<br />
Jahr 2018. Seitdem firmiert sie unter Rhenus PartnerShip-CSPL.<br />
»Die Übernahme durch Rhenus setzte den Startschuss für ein<br />
neues Kapitel der CSPL. Wir haben seither viel in unsere Schiffsflotte<br />
investiert und unsere Prozesse optimiert«, erklärt Pavel Hamalčik,<br />
Vertriebsleiter am Standort Děčín. Die Reederei verfügt<br />
heute über rund 70 Mitarbeiter und 24 Schiffe, die regelmäßig die<br />
Seehäfen der Nordsee, der Ostsee sowie Binnenhäfen in Deutschland,<br />
Österreich, der Slowakei, Luxemburg, den Niederlanden,<br />
Belgien, Schweiz und Frankreich anlaufen. Für die Umstellung<br />
auf neue Warenströme will sich das Unternehmen nach eigenen<br />
Angaben durch einen nachhaltigen Um- und Ausbau der Flotte<br />
rüsten.<br />
RD<br />
Über Rhenus<br />
Die Rhenus Gruppe ist einer der führenden, weltweit operierenden<br />
Logistikdienstleister mit einem Jahresumsatz<br />
von 7,0 Mrd. €. 37.500 Mitarbeitende engagieren sich an<br />
970 Standorten und entwickeln innovative Lösungen entlang<br />
der gesamten Supply Chain. Ob Transport, Lagerung,<br />
Verzollung oder Mehrwertleistungen: Das Familienunternehmen<br />
bündelt seine Dienstleistungen in unterschiedlichen<br />
Geschäftsfeldern.<br />
Leistung entscheidet.<br />
DAS RUNDE GEHT INS ECKIGE<br />
Für jede Herausforderung das passende Schiff<br />
Mit der nötigen Präzision und Erfahrung<br />
Die Umwelt wird es Ihnen danken<br />
DTG DEUTSCHE TRANSPORT-GENOSSENSCHAFT BINNENSCHIFFFAHRT eG<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
15
SCHIFFFAHRT<br />
NPRC: Stark und innovativ unterwegs<br />
Seit zwei Jahren steht Femke Brenninkmeijer an der Spitze der Genossenschaft NPRC. Im<br />
Interview spricht die CEO der drittgrößten Reederei auf europäischen Gewässern über<br />
ihre bisherigen Erfahrungen und künftige Projekte. Von Hermann Garrelmann<br />
Bevor Brenninkmeijer vor zwei Jahren<br />
zur NPRC kam, war sie Leiterin der<br />
Abteilung Energie, Fracht und Offshore<br />
im Amsterdamer Hafen. Dort war sie<br />
verantwortlich für die erfolgreiche Transformation<br />
in den Bereichen Rohstoffe,<br />
Markterweiterung, Nachhaltigkeit und<br />
Diversifizierung. Bei der NPRC, einer<br />
Genossenschaft mit rund 145<br />
Mitgliedern, hat sie die<br />
Nachfolge von Stefan<br />
Meeusen angetreten, der<br />
die Organisa tion zehn Jahre<br />
lang geführt hatte.<br />
Gefragt, wie denn nach<br />
zwei Jahren ihr Rückblick<br />
ausfällt und ob sich ihre Erwartungen<br />
bislang erfüllt<br />
haben, muss Brenninkmeijer<br />
nicht lange nachdenken.<br />
Daran gewöhnt, eher langfristig<br />
Aufgaben anzugehen,<br />
sei die Arbeit bei der NPRC<br />
sehr viel kurzfristiger angelegt<br />
und dadurch ein wenig hektischer.<br />
»Aber an Projekten zu arbeiten,<br />
die man direkt miterleben<br />
kann und unsere Schiffe<br />
fahren zu sehen, ist eine neue schöne<br />
Erfahrung«, sagt sie.<br />
Viele Projekte hätten eine kurze Laufzeit,<br />
aber es gebe zudem Arbeit an langfristigen<br />
Visionen, bei denen weitere Beteiligte<br />
mitgenommen werden müssen.<br />
»Auch das macht mir Spaß.«<br />
Die NPRC ist eine sogenannte Cooperative,<br />
vergleichbar mit einer Genossenschaft<br />
in Deutschland und in vier Ländern<br />
operativ tätig. Auf der einen Seite<br />
stehen rund 30 Großkunden wie Heineken,<br />
Covestro, Tata Steel, CBR (Heidelberg<br />
Cement) oder Nobian, auf der anderen<br />
die rund 150 fest angeschlossenen<br />
Mitglieder der NPRC. Darunter befindet<br />
sich auch ein deutscher Partikulier. Hinzu<br />
kommen 50 Schiffe, die bei Bedarf dazugenommen<br />
werden. »Wir haben also<br />
insgesamt 200 Schiffe täglich im Einsatz«,<br />
beschreibt Robert van Vliet, Commercial<br />
Development Manager bei NPRC.<br />
Die NPRC schließt Verträge mit den<br />
Kunden und schaut, auf welches Mitglied<br />
der gefragte Transport am besten passt. Es<br />
gebe aber auch langfristige Verbindungen<br />
zwischen Kunden und Partikulieren oder<br />
Teilen der Flotte (ca. 15 %).<br />
»Innerhalb ihrer Verpflichtung, für die<br />
NPRC zu fahren, bestimmen unsere Mitglieder<br />
selbst, für wen sie was transportieren«,<br />
sagt van Vliet. Bei der Ladung<br />
handelt es sich zu 80 % um trockene<br />
Bulk ladung und zu 20 % um Container<br />
und Projektladung.<br />
In den Niederlanden ist, bezogen<br />
auf die Binnenschifffahrt, das Wort<br />
»Transitie« ein gängiges Schlagwort.<br />
Femke Brenninkmeijer erhofft sich vom<br />
»Wandel« einen Schub für die Branche.<br />
»Die Binnenschifffahrt muss innerhalb<br />
der Logistikkette einen neue, eine andere<br />
Wertschätzung erfahren. Das muss sich<br />
auch in besseren Preisen zeigen.«<br />
Die Binnenschiffer müssten viel Geld<br />
in die Modernisierung der Schiffe und<br />
die Verbesserung der Umweltbilanz investieren.<br />
Dazu kämen die Herausforderungen<br />
der Digitalisierung. »Leider<br />
ist es noch nicht so, dass für saubere<br />
Schiffe eine höhere Fracht bezahlt wird.<br />
Solange das nicht so ist, brauchen wir<br />
dringend die Unterstützung durch den<br />
Staat«, fordert Brenninkmeijer. Das gelte<br />
zumindest so lange, bis man zum Beispiel<br />
mit Motoren nach Stufe V auskömmliche<br />
Raten erzielen könne.<br />
Auch mit Blick auf den drohenden Personalmangel<br />
müsse etwas passieren. »Der<br />
Logistiksektor und vor allem die Binnenschifffahrt<br />
müssen gerade für junge Menschen<br />
attraktiver werden.« Wenn aber<br />
immer mehr Liegeplätze verschwinden<br />
würden und eine soziale Teilhabe während<br />
der Ruhezeiten dadurch nicht möglich<br />
sei, sei das kontraproduktiv. Auch an<br />
solchen Themen müsse man arbeiten.<br />
Ein aktuelles Beispiel für innovative<br />
Projekte ist das demnächst mit Wasserstoff<br />
betriebene Schiff »Antonie«<br />
des NPRC-Partikuliers<br />
Harm Lenten. Die<br />
Idee sei letztlich beim Verlader,<br />
dem Chemiekonzern<br />
Nobian, entstanden,<br />
wo Wasserstoff<br />
als Nebenprodukt in der<br />
Produktion anfällt. »Wir<br />
haben dann gemeinsam<br />
nachgedacht, ob man das<br />
im Schiff verwenden<br />
kann. In einer Mitgliederversammlung<br />
habe man dann in die<br />
Runde gefragt, wer Interesse<br />
an diesem Projekt<br />
habe. »Da ging der<br />
Arm von Harm Lenten nach oben.« Ohne<br />
einen 10-Jahres-Vertrag mit Nobian und<br />
ohne staatliche Förderung wäre dieses<br />
Projekt nicht zu finanzieren, sagt die<br />
NPRC-Chefin. Allein das Schiff kostet<br />
10 Mio. €, dazu kommen Ausgaben für<br />
die Infrastruktur.<br />
Ähnliches gilt auch für das Projekt unter<br />
dem Stichwort »Covestro«. Auch hier<br />
geht es um Wasserstoff als Energieträger,<br />
zusätzlich kümmert sich die NPRC aber<br />
auch um die Vorratshaltung beim Kunden<br />
und die dahinter liegende Logistikkette.<br />
»Wir sind dafür zuständig, dass zu<br />
jeder Zeit ausreichende Mengen an Rohstoffen<br />
verfügbar sind. Ob wir das mit<br />
drei oder mit sechs Schiffen erreichen,<br />
überlässt uns der Auftraggeber. So einen<br />
Auftrag kann ein einzelner Partikulier<br />
gar nicht erfüllen«, sagt van Vliet.<br />
Ohnehin steht das Thema Digitalisierung<br />
bei der NPRC hoch auf der Agenda.<br />
Die selbst entwickelte Web-Applikation<br />
»IBarge« habe man für die Verwendung<br />
16 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFFAHRT<br />
IM GESPRÄCH MIT<br />
Femke Brenninkmeijer<br />
CEO NPRC<br />
durch Dritte freigegeben, die weitere Entwicklung<br />
ausgelagert. »Wir wollen damit<br />
eine Art Standard setzen. Und schon jetzt<br />
arbeiten sieben Firmen mit dieser Software,<br />
da sind auch große Akteure dabei«,<br />
so Brenninkmeijer.<br />
Die Frage, ob die NPRC und ihre Mitglieder<br />
für die Zukunft gut aufgestellt seien,<br />
beantwortet die Managerin in der ihr<br />
eigenen Art: »Wir probieren, jeden Tag<br />
gut zu sein und gleichzeitig nach vorn zu<br />
schauen. Was wir gestern angenommen<br />
haben, müssen wir morgen schon wieder<br />
überprüfen«, skizziert sie die Schnelllebigkeit<br />
der Zeit.<br />
Gleichwohl sei es für die Zukunft wichtig,<br />
junge Menschen für die Binnenschifffahrt<br />
zu begeistern und ihre<br />
Binnenschiffs-Ausbildung<br />
weiter zu verbessern.<br />
Gutes Personal werde<br />
eine dauernde Herausforderung<br />
bleiben. Wichtig sei<br />
deswegen auch, die menschliche<br />
Seite im Geschäftsalltag nie aus<br />
dem Auge zu verlieren.<br />
Auf weitere Trends ange -<br />
sprochen, klingt eher Zurückhaltung<br />
durch. Ansätze<br />
für ein (teil)-autonomes<br />
Fahren, wie es<br />
beispielsweise von Sea-<br />
Far im benachbarten<br />
Belgien bereits erprobt<br />
wird, sieht Brenninkmeijer<br />
für ihre Partikuliere<br />
nicht als die Lösung<br />
an, um Personalprobleme<br />
kurzfristig zu<br />
lösen. »Man kann damit<br />
die Fahrtzeit von 12<br />
auf 16 Stunden erhöhen,<br />
aber ich weiß<br />
© NPRC<br />
Auf die Schiffe & Schiene. Fertig. Los!<br />
Raus aus dem Wasser<br />
und rauf aufs Rad, runter<br />
vom Rad und rein in die<br />
Laufschuhe – was beim<br />
Triathlon die Wechselzone,<br />
ist beim Güterverkehr der<br />
Binnenhafen. Hier sind Ihre<br />
Güter nur kurz, aber jetzt<br />
kommt’s drauf an. Denn<br />
wenn Bahn, Binnenschiff<br />
und Lkw verknüpft werden,<br />
zählt jeder Handgriff.<br />
Wechselzone<br />
bayernhafen<br />
Die bayernhafen Standorte<br />
bieten optimale<br />
Bedingungen für den<br />
Wechselzonen-Moment.<br />
Rundum-Service für Ihren<br />
Umschlag – wir freuen uns<br />
auf den Dialog mit Ihnen.<br />
www.bayernhafen.de<br />
Beste Verbindungen.<br />
Best Connections.<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
17
SCHIFFFAHRT<br />
nicht, ob das für unsere Mitglieder die<br />
richtige Lösung ist.« Man sei aber mit<br />
Seafar im Gespräch und werde die Entwicklung<br />
weiter interessiert beobachten.<br />
langfristig könne die Branche durchaus<br />
von solchen technologischen Schritten<br />
profitieren.<br />
Um mehr Ladung von der Straße auf<br />
das Schiff zu bekommen, setzt Brenninkmeijer<br />
auf einen besseren Wissens- und<br />
Datenaustausch mit den Kunden. Beim<br />
Abtransport der diesjährigen Zuckerrübenernte<br />
habe man ein Pilotprojekt gemeinsam<br />
mit den Verladern gestartet.<br />
Letztlich seien aber auch politische Vorgaben<br />
der nationalen Regierung und der<br />
EU nötig, um mehr Güter aufs Binnenschiff<br />
zu bekommen. Ein verbesserter<br />
Modal Shift gehe leider nicht auf Knopfdruck.<br />
Angesichts des absehbaren Endes der<br />
konventionellen Verbrennermotoren und<br />
fossilen Kraftstoffe erwartet die NPRC-<br />
Chefin für die Binnenschifffahrt künftig<br />
einen Mix verschiedener Antriebssys -<br />
Robert van Vliet<br />
Business Development Manager<br />
NPRC<br />
© NPRC<br />
teme. Ein Teil der Flotte werde mit Wasserstoff<br />
fahren, ein anderer Teil elektrisch,<br />
wiederum andere eine Kombination<br />
aus beidem. Aber auch die klassischen<br />
Dieselmotoren müssten noch sauberer<br />
würden und effizienter betrieben werden.<br />
»Denn ein Teil der Flotte wird auch<br />
in vielen Jahren noch mit Motoren fahren,<br />
die heute eingebaut sind, vielleicht<br />
dann aber mit saubereren Kraftstoffen.«<br />
Der Branche insgesamt rät Brenninkmeijer<br />
zu mehr Selbstbewusstsein und zu<br />
mehr Kommunikation über ihre Vorzüge<br />
und die Entwicklung. »Zeigt doch allen,<br />
was wir für ein tolles Produkt innerhalb<br />
der Logistik haben. Zeigt eure Innovationen,<br />
damit sichtbar wird, was alles passiert«,<br />
richtet sie einen Appell an alle Kollegen<br />
im System Wasserstraße.<br />
Vor allem mit den Verladern müsse<br />
man mehr kommunizieren und ihnen<br />
darlegen, »dass die Binnenschifffahrt Teil<br />
der Lösung ist und nicht Teil des Problems.«<br />
Ohne die Wasserstraßen wären<br />
viele Transporte nicht möglich, und dennoch<br />
werde vieles für selbstverständlich<br />
genommen. »Wir müssen den Nutzen<br />
und das Potenzial der Binnenschifffahrt<br />
immer wieder neu erklären«, postuliert<br />
Brenninkmeijer am Schluss fast ein wenig<br />
missionarisch.<br />
<br />
Die NPRC disponiert täglich rund 200 Schiffe, die auf<br />
den Wasserstraßen in vier Ländern unterwegs sind<br />
© NPRC<br />
18 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFFAHRT<br />
Häfen und Schiffe treiben Umsatz bei HGK<br />
Die Häfen und Güterverkehr Köln (HGK) konnte das Ergebnis trotz der andauernden<br />
Corona-Pandemie deutlich steigern und will Zukunftsprojekte rund um Wasserstoff noch<br />
stärker forcieren. Die Shipping-Sparte investiert in Neubauten für die Flotte<br />
Die HGK Shipping hat zum guten Ergebnis des Konzerns beigetragen<br />
und investiert in die Modernisierung der Flotte<br />
© HGK<br />
Die Häfen und Güterverkehr Köln<br />
AG (HGK) konnte 2021 trotz der<br />
andauernden Corona-Pandemie ihr Ergebnis<br />
im Vergleich zum Vorjahr erneut<br />
steigern. Der Gewinn betrug 10,5 Mio. €,<br />
die konsolidierte Leistungsbilanz der Unternehmensgruppe<br />
über-stieg erstmals<br />
die Marke von 100 Mio. t beim Umschlag-<br />
und Transportvolumen.<br />
»Wir sind aufgrund der Umstände sehr<br />
zufrieden mit dem Ergebnis und haben<br />
gleichzeitig unsere Entwicklung zum integrierten<br />
Transport- und Logistikdienstleister<br />
in den Geschäftsbe-reichen weiter<br />
vorangetrieben«, kommentierte Uwe Wedig<br />
die Zahlen.<br />
Die nationalen und internationalen<br />
Aktivitäten der HGK-Gruppe hätten<br />
auch 2021 stark unter den Einflüssen der<br />
Corona-Pandemie gestanden. Lokale<br />
Lockdowns und gestörte Lieferketten haben<br />
die Geschäfte massiv beeinträchtigt.<br />
Dennoch konnten die HGK-Unter -<br />
nehmen ihre Positionen im Markt behaupten,<br />
heißt es. Entscheidend sei dabei<br />
die stabile Entwicklung der Tochter- und<br />
Beteiligungsunternehmen in den Geschäftsbereichen<br />
HGK Shipping sowie<br />
HGK Logistics and Intermodal gewesen.<br />
Im ersten vollständigen Geschäftsjahr<br />
nach dem Erwerb der Shipping-Sparte<br />
im Sommer 2020 zeigt sich dieser Effekt<br />
auch in den Leistungskennzahlen: Während<br />
der Umsatz der HGK AG mit den<br />
operativen Geschäftsbereichen Netz,<br />
Technik und Immobilien moderat auf<br />
74,7 Mio. € anstieg, nach 71,2 Mio. € im<br />
Vorjahr, erhöhte sich der Umsatz des Geschäftsfeldes<br />
»Hafenumschlag und Güterverkehr«<br />
im Vergleich zum Vorjahr<br />
um fast 78 % auf 488,1 Mio. €.<br />
Das Umschlag- und Transportvo -<br />
lumen der HGK-Gruppe einschließlich<br />
der Leistungen der RheinCargo, dem Gemeinschaftsunternehmen<br />
der HGK und<br />
der Neuss-Düsseldorfer Häfen, betrug<br />
2021 insgesamt 105,1 Mio. t gegenüber<br />
71,4 Mio. t im Jahr 2020.<br />
Die HGK Shipping, deren Integration<br />
2021 erfolgreich abgeschlossen wurde,<br />
habe ihre führende Position in der Binnenschifffahrt<br />
ausgebaut und zahlreiche<br />
Innovationen vorangetrieben. In enger<br />
Kooperation mit den Kunden wurden<br />
verschiedene innovative Schiffsneubau -<br />
ten entwickelt, beauftragt und wie die<br />
»Gas 94« im Oktober 2021 oder jüngst<br />
mit dem Chemikalientanker »Synthese<br />
18« auch schon in Dienst gestellt.<br />
Im Geschäftsbereich HGK Logistics<br />
and Intermodal seien zahlreiche Maßnahmen<br />
eingeleitet worden, um die Leistungsfähigkeit<br />
zu steigern und neue Geschäftsfelder<br />
zu erschließen. Einen wichtigen<br />
Schritt in diese Richtung stelle die<br />
Inbetriebnahme des bisher größten und<br />
modernsten Logistikhubs des Bereichs in<br />
Ladenburg bei Mannheim dar.<br />
Im Jahr 2021 hat sich die HGK-Gruppe<br />
stark in den Themenfeldern Nachhaltigkeit<br />
und Energie-Effizienz engagiert. So<br />
wurde eine Wasserstoff-Strategie entworfen,<br />
deren zukünftige Umsetzung auf drei<br />
Säulen fußt: dem Transport von Wasserstoff<br />
über integrierte Lieferketten, der<br />
Nutzung von Wasserstoff als zukünftige<br />
Antriebstechnologie und dem Aufbau einer<br />
Infrastruktur. Ein Baustein sei eine<br />
Kooperationsvereinbarung zwischen den<br />
Unternehmen Shell Deutschland, Rhein-<br />
Energie und HGK.<br />
<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
19
SCHIFFFAHRT<br />
Modernisierungsstau an der Elbe<br />
In der Hamburger Speicherstadt hat vor Kurzem der Elbschifffahrtstag <strong>2022</strong> stattgefunden.<br />
Unter den Teilnehmern der »Elbe Allianz«-Veranstaltung bestand Konsens, dass ein<br />
Ausbau der Elbe-Infrastruktur für die Zukunft der Binnenschifffahrt wichtig sei<br />
Die Elbe ist für viele Unternehmen eine wichtige Wasserstraße<br />
Der Elbschifffahrtstag in Hamburg<br />
zeigte »klar«, dass die Elbe eine<br />
»wichtige Verkehrsader« für Hamburg<br />
und alle Anrainer ist, so das Fazit der<br />
Veranstalter. Rund 100 Experten aus<br />
Wirtschaft, Politik und Verwaltung hatten<br />
sich anlässlich des Events im Alten<br />
Hauptzollamt eingefunden. In seinem<br />
Grußwort wies der Erste Bürgermeister<br />
der Freien und Hansestadt Hamburg, Peter<br />
Tschentscher, auf die Wichtigkeit der<br />
Elbe für die Hansestadt hin: »Hamburg<br />
ist der größte Binnenhafen im Elbstromgebiet.<br />
Die Elbe sichert seit jeher die wirtschaftliche<br />
Stärke und den Wohlstand<br />
unserer Stadt. Sie verbindet uns nicht nur<br />
mit den großen Seehäfen der Welt, sondern<br />
auch mit vielen Städten und Regionen<br />
im Hinterland. Die Binnenschifffahrt<br />
ist eine wichtige Säule des Güterverkehrs<br />
in Europa. Sie ist leistungsstark und<br />
im Vergleich zum Lkw-Transport deutlich<br />
umwelt- und klimafreundlicher. Neben<br />
den Straßen- und Schienenwegen gehören<br />
der Ausbau und die Sanierung der<br />
Infrastruktur für die Binnenschifffahrt<br />
zu den großen Projekten für die Modernisierung<br />
Deutschlands.«<br />
Allerdings sei es dringend notwendig<br />
die Infrastruktur sowohl an der Elbe als<br />
auch im Elbe-Seitenkanal zu verbessern.<br />
»In den vergangenen Jahren hat sich ein<br />
großer Modernisierungsstau aufgebaut.<br />
Stichworte sind das Bottleneck Schiffshebewerk<br />
Scharnebeck, dessen Abmessungen<br />
eine Befahrung mit großen<br />
Binnenschiffen nicht zulassen, aber auch<br />
das Gesamtkonzept Elbe, mit dem eine<br />
ökologisch verträgliche Beseitigung von<br />
nautischen Schwachstellen vereinbart<br />
wurde«, betonte Stefan Kunze, Vorsitzender<br />
des Elbe Allianz e.V. auf. Das Engagement<br />
des Bundes als Eigentümer der<br />
© Modal 3<br />
Wasserstraßen unterstrich Daniela Kluckert,<br />
Parlamentarische Staatssekretärin<br />
beim Bundesminister für Digitales und<br />
Verkehr, in ihrem Grußwort. »Unsere<br />
Wasserstraßen sind ein Teil unserer starken<br />
Wirtschaftskraft und stellen eine wesentliche<br />
Grundlage des Handelns für<br />
Bund und Länder dar.<br />
Die Elbe leistet dabei einen wesentlichen<br />
Beitrag für einen ökologisch verträglichen<br />
Güterverkehr und bietet daher<br />
großes Potenzial für die Verbesserung<br />
der CO 2 -Bilanz im Verkehrssektor. Unser<br />
Ziel ist es, die besondere wirtschafts- und<br />
gesellschaftspolitische Bedeutung der<br />
Wasserstraßen und der Binnenschifffahrt<br />
in Deutschland zu stärken und weiterhin<br />
für verlässliche, effizientere und sichere<br />
Schifffahrtsverhältnisse zu sorgen.«<br />
In zwei Panels diskutierten Logistikexperten<br />
sowohl über die Notwendigkeit<br />
und Möglichkeiten zur Transportverlagerung<br />
zur Sicherstellung der Versorgung<br />
der Wirtschaft im Elbstromgebiet als<br />
auch über konkrete Lösungsansätze für<br />
eine moderne Binnenschifffahrt.<br />
Vor dem Hintergrund der sich verändernden<br />
Verkehrsströme aufgrund des<br />
Russland-Ukraine-Krieges erläuterte der<br />
tschechische Vizeverkehrsminister Václav<br />
Bernard die zu erwartenden Warenströme<br />
auf der Elbe. »Allein zwei Millionen<br />
Tonnen Kohle und Erz werden für<br />
Diskutierten über die Binnenschifffahrt im Elbstromgebiet (v.l.): Peter Tschentscher, Stefan Kunze,<br />
Daniela Kluckert und Václav Bernard<br />
© HHM<br />
20 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFFAHRT<br />
»Die Binnenschifffahrt ist<br />
eine wichtige Säule des<br />
Güterverkehrs in Europa«<br />
Peter Tschentscher<br />
Erster Bürgermeister in Hamburg<br />
die Stahlproduzenten in Tschechien und<br />
der Slowakei benötigt. Diese kamen bisher<br />
per Bahn aus Russland und der<br />
Ukraine. Ersatzlieferungen müssen nunmehr<br />
über Seehäfen importiert werden«,<br />
sagte Bernard. Dabei seien die Bahnkorridore<br />
bereits heute sehr gut ausgelastet,<br />
so dass die Alternative nur das Binnenschiff<br />
sein könne, wenn man erhebliche<br />
Umweltbelastungen vermeiden möchte.<br />
»Notwendig ist daher eine Beschleunigung<br />
der Umsetzung des Gesamtkonzeptes<br />
Elbe, insbesondere die Beseitigung<br />
der nautischen Schwachstellen«,<br />
betonte Bernard. In der Tschechischen<br />
Republik werde daran bereits<br />
mit Hochdruck gearbeitet. Neben den<br />
Mengen aus der genannten Verlagerung<br />
besteht jedoch für die Wirtschaft Tschechiens<br />
auch ein großes Interesse an der<br />
Nutzung der Elbe als einzige Möglichkeit<br />
des Zuganges zum weltweiten Seeverkehr.<br />
In der anschließenden Talkrunde wurde<br />
diskutiert, wie die Wasserstraßen im<br />
Elbstromgebiet ihrer strategischen Bedeutung<br />
gerecht werden können. Dabei<br />
dürfen die ökologischen Aspekte nicht<br />
aus dem Blick geraten, betonte Rocco<br />
Buchta, NABU Deutschland. »Man solle<br />
aber überlegen, mit welchen kleinteiligen<br />
Maßnahmen eine schnelle Verbesserung<br />
der Schifffahrtsbedingungen erreicht<br />
werden kann«, regte Buchta an und versprach<br />
eine fachliche Begleitung des NA-<br />
BU im Planungsprozess.<br />
Neben der Infrastruktur ist aber auch<br />
ein moderner und leistungsfähiger Verkehrsträger<br />
Binnenschiff Voraussetzung<br />
für die bessere Integration in Logistikketten.<br />
In seinem Impulsvortrag betonte<br />
Björn Pistol, Hamburg Port Authority,<br />
die Bedeutung des Binnenschiffs für den<br />
Hamburger Hafen. Dabei stellte er verschiedene<br />
Maßnahmen vor, mit denen<br />
die HPA das Gewerbe im Hafen unterstützt.<br />
So will der Hamburger Hafen weiterhin<br />
ein starker Partner im System<br />
Wasserstraße sein. Nach Aussage von<br />
Björn Pistol will die HPA durch eine<br />
transparente Bereitstellung nautischer<br />
und verkehrlicher Informationen sowie<br />
durch die Sicherung kurzer Verkehrswege<br />
diesem Wunsch nachkommen. Um<br />
dem System Wasserstraße den benötigten<br />
Innovationsschub zu geben, werden digitale<br />
und automatisierte Innovationen in<br />
der Binnenschifffahrt unterstützt und<br />
sukzessive eine technologieoffene Infrastruktur<br />
für klimafreundliche Transporte<br />
geschaffen. In der anschließenden<br />
Talkrunde wurden einzelne Aspekte –<br />
von Digitalisierung über die Optimierung<br />
von Logistikprozessen bis hin zu<br />
modernen Antriebs- und Steuerungskonzepten<br />
für Binnenschiffe vorgestellt<br />
und diskutiert.<br />
<br />
Drei Fragen an …<br />
Stefan Kunze<br />
Leiter der Repräsentanz Dresden, Hafen Hamburg Marketing (HHM)<br />
»Hohe Wertschätzung der Thematik«<br />
Wann und warum wurde der Elbschifffahrtstag<br />
ins Leben gerufen?<br />
Stefan Kunze: Die Elbschifffahrtstage<br />
werden seit den 30er Jahren durchgeführt,<br />
in der Regel im Zwei-Jahres-<br />
Rhythmus. Ziel ist die Förderung der<br />
Binnenschifffahrt und Häfen im Elbstromgebiet,<br />
also auf der Elbe und den<br />
angrenzenden Kanälen. Dabei werden<br />
Möglichkeiten zur Verbesserung der Infrastruktur,<br />
wie zum Beispiel der Engstellen<br />
der Elbe, der Bau der Schleuse Lüneburg,<br />
diskutiert. Aber auch Lösungen zur<br />
besseren Einbindung der Binnenschifffahrt<br />
in Logistikketten.<br />
Was war aus Ihrer Sicht das wichtigste<br />
Ergebnis des letzten Elbschifffahrttages?<br />
Kunze: Beim letzten Elbschifffahrttag<br />
zeigte die Teilnahme des Ersten Bürgermeisters<br />
Dr. Tschentscher, der Staatssekretärin<br />
Kluckert und des Präsidenten<br />
der GDWS Prof. Witte eine hohe Wertschätzung<br />
der Thematik. Der Impulsvortrag<br />
des tschechischen Vizeverkehrsministers<br />
zeigte deutlich den hohen Bedarf<br />
der Tschechen an Schiffstransporten<br />
– zum einen wegen der sich verändernden<br />
globalen Lieferströme aufgrund<br />
des Russland-Ukraine-Krieges,<br />
zum anderen aber auch grundsätzlich.<br />
Interessant war aber auch der Beitrag von<br />
Dr. Buchta von NABU, der eine Vereinbarkeit<br />
von Schifffahrt und Ökologisierung<br />
sieht.<br />
Welche Themen stehen für die Elb-<br />
Allianz momentan am höchsten auf der<br />
Agenda?<br />
Kunze: Es sind derzeit verschiedene Themen.<br />
Ganz oben auf der Agenda steht<br />
zum Beispiel die Umsetzung des Gesamtkonzepts<br />
Elbe, dabei stehen neben den<br />
Großprojekten auch kleinteilige, lokale<br />
Lösungen zur Beseitigung von Bottlenecks<br />
auf dem Plan. Hier vor allem im Bereich<br />
der Strecke 4 (Elster-Saalemündung)<br />
und Strecke 8 (Reststrecke).<br />
Stefan Kunze<br />
Hamburg Hafen Marketing<br />
© HHM<br />
Ein weiteres wichtiges Vorhaben ist der<br />
Bau der neuen Schleuse Lüneburg als Ersatz<br />
für Scharnebeck und die damit einhergehende<br />
Modernisierung des Elbe-<br />
Seitenkanal.<br />
Wichtig ist auch die Absicherung der Redundanz<br />
Elbe zum Elbe-Seitenkanal. Auf<br />
der Agenda stehen ferner die Modernisierung<br />
des Elbe-Lübeck-Kanals als sinnvollsten<br />
Zugang des Elbstromgebietes<br />
zur Ostsee sowie diverse Digitalisierungsprojekte.<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
21
SCHIFFFAHRT<br />
Zum Weltschifffahrtstag im vergangenen Jahr wehte vor dem Rathaus bereits die Bremer Schifffahrtsflagge<br />
© Iven Krämer<br />
Ein wichtiges Signal für die Schifffahrt<br />
Unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier findet im<br />
September in Bremen und Bremerhaven ein Schifffahrtstag statt. Christian Suhr und Iven<br />
Krämer vom Deutschen Nautischen Verein über den Stand der Vorbereitungen<br />
Der Schifffahrtstag rückt näher – wie<br />
weit sind die Vorbereitungen gediehen?<br />
Christian Suhr: Im vergangenen Jahr am<br />
Weltschifffahrtstag haben wir offiziell die<br />
Ausrichtung des Deutschen Schifffahrtstages<br />
in Bremen und Bremerhaven unter<br />
dem Motto »Nachhaltige Schifffahrt: Gemeinsam,<br />
klar, sauber!« bekannt gegeben.<br />
Das »Wir« steht dabei für die beiden<br />
Nautischen Vereine in Bremerhaven und<br />
Bremen, den Deutschen Nautischen Verein<br />
und unsere fachlichen Partner, den<br />
Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt<br />
(BDB) sowie den Deutschen<br />
Marinebund (DMB). Seither planen und<br />
gestalten wir auch unter enger Einbeziehung<br />
vieler weiterer Akteure vor<br />
Ort das umfassende Programm, das sich<br />
nicht nur an Fachbesucherinnen und Besucher,<br />
sondern ganz bewusst auch an eine<br />
breite Öffentlichkeit und gerade auch<br />
an junge Menschen richten wird. Die<br />
Schifffahrt ist in der heutigen Zeit für unser<br />
Land von höchster Bedeutung, und<br />
genau das wollen wir mit dem Programm<br />
deutlich machen.<br />
Iven Krämer: Wichtige Bestandteile, die<br />
es zu klären und abzustimmen galt, waren<br />
bzw. sind die Übernahme der Schirmherrschaft<br />
durch den Bundespräsidenten, die<br />
Gestaltung des offiziellen Eröffnungsfestaktes<br />
in Kooperation mit der Deutschen<br />
Seemannsmission im St. Petri Dom zu<br />
Bremen und natürlich das Nautische Essen<br />
in Bremen, das wir in Verbindung mit<br />
einem Empfang des Senats der Freien<br />
Hansestadt Bremen in der oberen Rathaushalle<br />
durchführen. Als sichtbares Zeichen<br />
der Bedeutung der Schifffahrt werden<br />
Bremen und Bremerhaven in der gesamten<br />
Woche des Schifffahrtstages im<br />
maritimen Blau erstrahlen.<br />
Woran arbeiten Sie derzeit noch?<br />
Suhr: Im Moment kümmern wir uns um<br />
die berühmten Kleinigkeiten, die aber<br />
natürlich nicht zu unterschätzen sind. Da<br />
geht es um das Catering, um Einladungskarten<br />
für Ehrengäste, die Feinabstimmung<br />
in den Programmen usw.<br />
Wichtige Punkte sind dabei die Gestaltung<br />
des Nautischen Dialogs zum Abschluss<br />
der Schiffs- und Bootsparade, ein<br />
großer »Tag der offenen Tür« am Wasserstraßen-<br />
und Schifffahrtsamt, eine Aktion<br />
unter dem Motto »Hafenmanagement<br />
erleben« der Hafengesellschaft bremenports<br />
und der Abschluss-Gottesdienst<br />
am Sonntag in Bremerhaven.<br />
Wir empfehlen einen regelmäßigen<br />
Blick auf die Website des Deutschen<br />
Schifffahrtstages unter www.deutscherschifffahrtstag.de,<br />
der alle Informationen<br />
stets aktuell bündelt und viele spannende<br />
und in Teilen sicherlich auch überraschende<br />
Einblicke vermittelt.<br />
Welche weiteren Highlights wird es geben?<br />
Krämer: Das absolute Highlight wird neben<br />
der Maritimen Woche in Bremen<br />
und den vielen Aktionen in Bremerhaven<br />
die große Schiffs- und Bootsparade auf<br />
der Weser am Freitag, dem 30. September.<br />
Das wird die größte Flotte seit Jahrzehnten.<br />
Diese soll an Land durch eine<br />
große Radtour entlang des Weser-Radwegs<br />
und, wenn das Wetter mitspielt, sogar<br />
aus der Luft begleitet werden.<br />
22 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFFAHRT<br />
dem Seeschifffahrtstag nun der Deutsche<br />
Schifffahrtstag geworden ist.<br />
Christian Suhr<br />
Vorsitzender DNV<br />
Die fachlichen Highlights sind die drei<br />
großen Konferenzen am 29. September.<br />
Eine davon richtet der Deutsche Nautische<br />
Verein unter dem Titel »Freiheit der<br />
Meere – Nachhaltige Sicherung der Seewege<br />
als Grundlage fairen Welthandels<br />
und der Versorgungssicherheit« in Kooperation<br />
mit dem Deutschen Marinebund<br />
und dem Verband Deutscher<br />
Reeder aus.<br />
Eine zweite Veranstaltung in Kooperation<br />
mit dem Bundesverband der Deutschen<br />
Binnenschifffahrt (BDB) richtet<br />
den Blick auf die Schifffahrt als umweltfreundlichen<br />
Verkehrsträger.<br />
Eine dritte Fachveranstaltung widmet<br />
sich der Nachhaltigkeit in den Häfen, wobei<br />
hier als Partner der Forschungsverbund<br />
Maritimes Recht und der Hafenrechtsausschuss<br />
der HTG agieren. Im<br />
Rahmen dieser Konferenz beabsichtigt<br />
das Maritime Cluster Norddeutschland,<br />
einen Preis für innovative Lösungen für<br />
das Ziel von Null-Emissionen am Liegeplatz<br />
zu verleihen.<br />
Suhr: Ein Highlight ganz anderer und<br />
besonderer Art ist die enge Einbindung<br />
von Schülerinnen und Schülern. Denn<br />
wir möchten den Deutschen Schifffahrtstag<br />
auch dazu nutzen, um zu zeigen, dass<br />
die Schifffahrt modern und zukunftsweisend<br />
ist und dass diese Branche sehr unterschiedliche<br />
und sehr spannende berufliche<br />
Perspektiven bietet.<br />
Eine solche Veranstaltung dient ja nie<br />
dem Selbstzweck – wie fällt bislang die<br />
Resonanz aus?<br />
Suhr: Die Rückmeldungen sind insgesamt<br />
sehr positiv. Die Fachkonferenzen<br />
sind so ausgelegt, dass wir jeweils rund<br />
150 Teilnehmer vor Ort erwarten. Bei<br />
den Veranstaltungen mit Schülerinnen<br />
© DNV<br />
Iven Krämer<br />
Vorstand DNV<br />
und Schülern erwarten wir viele Hundert<br />
Beteiligte, und die Maritime Woche in<br />
Bremen, als direkter Bestandteil der Gesamtveranstaltung,<br />
zieht in der Regel<br />
mehr als 70.000 Menschen an die Bremer<br />
Schlachte. So soll es gern wieder sein.<br />
Kommt ausreichend Unterstützung seitens<br />
der Mitglieder und des Gastgeberlandes<br />
Bremen?<br />
Krämer: Ja, aber wie immer bei solchen<br />
Ereignissen freuen wir uns auch weiter<br />
über jede Form der Unterstützung und<br />
auch der aktiven Mitwirkung. Ganz besonders<br />
setzen wir darauf, dass möglichst<br />
viele Unternehmen und Institutionen sich<br />
daran beteiligen, dass Bremen und Bremerhaven<br />
in der Woche des Schifffahrtstages<br />
im Maritimen Blau erstrahlen.<br />
Wie klappt die Zusammenarbeit mit den<br />
beiden Co-Veranstaltern?<br />
Auch hier sind wir sehr zufrieden. Wir<br />
haben einen regelmäßigen Austausch zu<br />
den vielen kleinen und großen Themen,<br />
die mit der Planung und Vorbereitung eines<br />
solchen Ereignisses verbunden sind.<br />
Besonders sichtbar wird die Kooperation<br />
in der inhaltlichen Gestaltung der Fachveranstaltungen,<br />
denn dort werden die<br />
jeweils besonders bedeutsamen Themen<br />
entsprechend fokussiert und diskutiert.<br />
Wir setzen darauf, dass diese enge und<br />
vertrauensvolle Zusammenarbeit auch<br />
über den Deutschen Schifffahrtstag hinaus<br />
wirkt, denn die großen Themen der<br />
Nachhaltigkeit und Dekarbonisierung,<br />
des zunehmenden Fachkräftemangels<br />
oder der wachsenden Automatisierung<br />
und Digitalisierung betreffen die Seeund<br />
die Binnenschifffahrt und die Marine<br />
gleichermaßen. Genau das war letztlich<br />
auch ausschlaggebend dafür, dass aus<br />
Welche Akzente soll der Schifffahrtstag<br />
besonders betonen, welche Botschaft aussenden?<br />
Und an wen?<br />
Krämer: Ohne die Schifffahrt geht<br />
nichts, oder wie unser Schirmherr Bundespräsident<br />
Frank-Walter Steinmeier in<br />
seinem Grußwort etwas übergreifender<br />
schreibt: »Ohne die Schifffahrt wäre unsere<br />
Welt sehr viel kleiner, hätten keine<br />
neuen Lebensräume erschlossen werden<br />
können, wäre der Handel in der Form,<br />
wie wir ihn kennen, nicht möglich.« Die<br />
Schifffahrt und die maritime Logistik haben<br />
in den zurückliegenden Monaten<br />
große Anstrengungen unternommen,<br />
trotz der vielschichtigen Herausfor -<br />
derungen die Versorgung der Menschen<br />
in Europa sicherzustellen.<br />
Wie wichtig ist der Schifffahrtstag für den<br />
Deutschen Nautischen Verein selbst?<br />
Suhr: Der Deutsche Schifffahrtstag, früher<br />
der Seeschifffahrtstag, hat eine lange<br />
Tradition, die vor über einhundert Jahren<br />
begann. Mit der Ausrichtung im Jahr<br />
<strong>2022</strong> ist es ja bereits die 36. Veranstaltung<br />
dieser Art. Im Lauf der Zeit waren diese<br />
Veranstaltungen stets ein absolutes Highlight<br />
in der Arbeit der Nautischen Vereine.<br />
Sie sorgen dabei einerseits für Sichtbarkeit<br />
und sie zeugen anderseits davon,<br />
mit welch relevanten Fragestellungen<br />
sich die Mitglieder beschäftigen.<br />
Inwieweit ist die Neuorganisation des<br />
Vereins gelungen?<br />
Suhr: In diesem Punkt sind wir trotz der<br />
unveränderten Folgewirkungen der Corona-Pandemie<br />
gut vorangekommen.<br />
Wir haben einen vollständig neuen Vorstand,<br />
eine neue Leitung des Ständigen<br />
Fachausschusses und wir haben, was für<br />
die weitere Arbeit von höchster Bedeutung<br />
ist, unsere finanzielle Lage neu<br />
strukturiert und wieder in ein sehr stabiles<br />
Fahrwasser gebracht. Das gibt uns<br />
nun wieder den nötigen Freiraum, uns<br />
nicht mehr in erster Linie um vereinsinterne<br />
Belange kümmern zu müssen,<br />
sondern die großen Fragen der Schifffahrt<br />
mit der hohen Kompetenz unserer<br />
Mitglieder aktiv mitgestalten zu können.<br />
Die Nautischen Vereine werden als Berater<br />
und Impulsgeber wieder als wichtige<br />
und anerkannte Ansprechpartner bei<br />
wichtigen maritime Themen wahrgenommen.<br />
Interview: Krischan Förster<br />
24 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFSTECHNIK<br />
300 t Zuladung noch bei kritischen Pegeln<br />
Der kürzlich von der HGK Shipping in Dienst gestellte Chemie-Tanker »Synthese 18«<br />
vereint eine optimierte Rumpfform mit guter Trimmeigenschaft für Niedrigwasserfahrten<br />
mit einem effizienten und emissionsarmen diesel-elektrischen Antriebskonzept<br />
Der Chemietanker »Synthese 18« ist der jüngste innovative Flottenzugang bei der HGK Shipping<br />
© HGK Shipping<br />
Taufe geglückt, Schiff in Fahrt: die<br />
»Synthese 18« ist ein weiterer innovativer<br />
Neubau der HGK Shipping als Antwort<br />
auf zunehmende logistische Herausforderungen<br />
und strengere Umweltvorgaben.<br />
Der Rumpf, der zunächst auf der<br />
Santierul Naval Orsova in Rumänien entstand<br />
und bei Gerlien van Tiem in den<br />
Niederlanden komplettiert wurde, ist konsequent<br />
für den nach dem Niedrigwasser<br />
von 2018 entstandenen Bedarf an Niedrigwasser-geeigneten<br />
Schiffe konzipiert.<br />
Die maximale Abladung des Typ-<br />
C-Tankers beträgt 2.700 t bei einem Tiefgang<br />
von 3,05 m. Bei 1,05 m kann er mindestens<br />
noch 300 t Zuladung transpor -<br />
tieren. Das verschafft selbst bei kritischen<br />
Pegeln auf dem Rhein der chemischen Industrie<br />
eine größere Versorgungssicher -<br />
heit. Möglich wird der geringe Tiefgang<br />
durch eine ausgefeilte Anordnung von<br />
Ladungssystem und Antriebstech no logie.<br />
Das 110 m lange und 11,45 m breite<br />
Schiff wurde – wie alle neueren Flottenzugänge<br />
des Unternehmens – im unternehmenseigenen<br />
Design Center entwickelt<br />
und in enger Abstimmung mit<br />
den Transportmanagement-Experten der<br />
Wijgula BV in Druten konzipiert, die das<br />
Schiff künftig befrachten werden.<br />
Der zweite innovative Ansatz galt dem<br />
Antriebskonzept. Die von Bureau Veritas<br />
klassifizierte und in Wasserbillig beheimatete<br />
»Synthese 18« verfügt über eine<br />
diesel-elektrische Kombination aus vier<br />
Scania-DC13-Motoren mit je 375 kVA<br />
Leistung sowie drei Veth L-Drives VL 400<br />
mit je 405 kW. Dazu kommt ein Bugstrahlruder<br />
von Gerlien van Tiem mit 400 kW.<br />
Die Geschwindigkeit liegt bei 18 km/h.<br />
HGK Liquid Chemicals versorgt die<br />
chemische Industrie mit flüssigen Leichtund<br />
Schwerchemie-Produkten sowie mit<br />
nicht gefährlichen Flüssiggütern. Jährlich<br />
werden rund 6 Mio. t Flüssiggüter über<br />
den Rhein, im nordwestdeutschen Kanalgebiet<br />
sowie in Belgien, Frankreich und<br />
den Niederlanden transportiert. KF<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
25
SCHIFFSTECHNIK<br />
Schiffe fahren wie von Geisterhand<br />
In Deutschland sind erste Versuchsfelder für autonom fahrende Schiffe geplant. Im<br />
benachbarten Belgien ist man schon einen Schritt weiter: Von Antwerpen aus lenken<br />
Landkapitäne bereits mehrere Schiffe. Von Hermann Garrelmann<br />
Seit Jahren zeigt auf der großen niederländischen Fachmesse<br />
Maritime Industry eine Reihe von Enthusiasten, wovon auch<br />
in der Schifffahrt geträumt wird. Sie fahren ihre Schiffe ferngesteuert,<br />
löschen und laden per Joystick. doch das passierte bislang<br />
mit Modellen in einem Wasserbassin. Bei der Firma Seafar<br />
in Antwerpen ist der zumindest teilautonome Betrieb von Schiffen<br />
bereits professionelle Realität.<br />
Timothy Cauberghs sitzt in seinem »virtuellen Ruderhaus«.<br />
Wie seine Kollegen ist er von Schalthebeln, Monitoren und Instrumenten<br />
umgeben. Ein angedeuteter Schiffsbug grenzt seinen<br />
Arbeitsplatz gegen die Fensterfront ab. Cauberghs Hand wechselt<br />
von der Kaffeetasse zum Ruderhebel, sein Blick pendelt zwischen<br />
der Radaranzeige und den Monitoren, die das Fahrwasser vor ihm<br />
ebenso wie das Flottwasser achtern zeigen.<br />
Auffällig, und das ist der kleine, feiene Unterschied zu einem<br />
echten Steuerstand an Bord eines Schiffes: Das Fernglas fehlt. Wo<br />
sonst der Schiffsführer den Horizont absuchen, zieht Timothy den<br />
Zoom einer Kamera heran und hat den gleichen Effekt: weit vorn<br />
ist alles OK. Cauberghs hat durch seine Kameras sogar jederzeit<br />
eine 360°-Rundumsicht, ohne den Kopf drehen zu müssen.<br />
Und seine fahrenden Kollegen draußen erkennen am auf der<br />
Spitze stehenden, lilafarbenen Kegel, dass ein ferngesteuertes<br />
Schiff ihr Revier teilt.<br />
Timothy ist Schiffsführer mit Patent. Bevor er bei Seafar angeheuert<br />
hat, das noch immer als Startup gesehen wird, stand er<br />
in Diensten des Hafens Antwerpen. Er kennt die Arbeit an Bord,<br />
weiß, wie es ist, in Wechselschichten zu arbeiten. Und das nennt<br />
Timothy als wesentlichen Grund, warum er nun lieber von Land<br />
aus Schiffe steuert: »Hier mach’ ich meine 8-Stunden-Schicht,<br />
fahre dann nach Hause zu meiner Familie und habe Zeit für meine<br />
Kinder«, sagt er.<br />
Bei Seafar steuert er im Zusammenspiel mit einem sogenannten<br />
»Traffic Controller« maximal drei Schiffe gleichzeitig.<br />
Seafar-Gründer und CEO Louis-Robert Cool (re.) im Gespräch<br />
mit einem Interessenten auf der Messe Maritime Industry in Gorinchem<br />
Der Wechsel von Bord an Land sei ihm nicht schwergefallen. Die<br />
fehlenden Vibrationen, die es an Bord gibt, oder die Geräuschkulisse<br />
eines Steuerhauses vermisst er nicht.<br />
»Nach gut zwei bis drei Wochen ist man auf dieem Arbeitsplatz<br />
eingearbeitet«, bestätigt Janis Bargsten, COO (Chief Operations<br />
Officer) bei Seafar. Zuvor war er erfolgreich bei Portbase tätig,<br />
dem digitalen Spediteur aus Silicon Valley. Digitale Technologie<br />
und Künstliche Intelligenz sind bei Seafar die entscheidenden<br />
Faktoren. Es geht um Sensoren, Radare, Lidare, Kameras und die<br />
Datenübertragung. »Die Technik, die wir einsetzen, ist marktreif«,<br />
sagt Bargsten.<br />
Wichtig sei eine durchgehend stabile Datenverbindung, am<br />
besten auf 5G-Basis. Eine zusätzliche landseitige Infrastruktur,<br />
wie bei den geplanten Testfeldern in Deutschland geplant, hält<br />
© Garrelmann<br />
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26 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFSTECHNIK<br />
In Echtzeit mit Bild und Ton mit dem fahrenden Schiff verbunden: eine Shore-Control-Einheit von Seafar<br />
© Seafar<br />
man bei Seafar nicht für erforderlich. Lediglich bei Schleusungsvorgängen<br />
wird assistiert.<br />
Auf der Strecke wird – zu 70 % bis 80 % – nach festgelegten<br />
Routen, quasi per Autopilot, gefahren. »Wenn es sein muss, kann<br />
ich aber den Kurs manuell übernehmen«, sagt Cauberghs über<br />
die finale Entscheidungskompetenz des Schiffsführers. Das habe<br />
auch mit dem Thema Verantwortung zu tun. »Wenn wir ein<br />
Schiff übernommen haben, sind wir auch voll umfänglich verantwortlich«,<br />
bekräftigt Bargsten.<br />
Dass Seafar in Flandern, in Belgien, gegründet werden und<br />
hier erste operative Tätigkeiten übernehmen konnte, hat mit der<br />
Innovationsoffenheit in Flandern zu tun. »Für die Genehmigung,<br />
Schiffe von Land aus zu lenken, gab es ein extra Dekret des Königs«,<br />
so Bargsten. Auch die teilweise Befreiung von Besatzungsvorschriften<br />
ging ohne Komplikationen. Mit der Wasserstraßenverwaltung<br />
»Vlaamse Waterweg« gebe es eine enge Zusammenarbeit,<br />
ebenso mit dem Hafen Antwerpen und der örtlichen Universität.<br />
Im Ergebnis heißt das für Louis-Robert Cool: »Wir sind<br />
bislang die Einzigen in Europa, die das tun können und dürfen«,<br />
freut sich der Firmengründer.<br />
Eine weitere belgische Besonderheit ist das Fahrrevier. Von<br />
Land aus werden auch Schiffe gesteuert, die in so genannter Ȋstuarer<br />
Fahrt«, also auch über Küstengewässer fahren. Im engen<br />
Sinne sind es also seegehende Binnenschiffe.<br />
Das macht für die Technikenthusiasten in der Antwerpener<br />
Schaliënstraat 3 allerdings keinen großen Unterschied. Sie wollen<br />
ihr Business ohnehin auf Kümo-Reviere ausweiten. Binnenschiffsreviere<br />
gehören ohnehin fest zum Plan. Schon jetzt fahren<br />
die Landkapitäne von Seafar über Kanäle, durch Schleusen und<br />
im Flussdelta. Auf einer besonderen Route, einem Abschnitt auf<br />
dem Kanal Ypres-Iser und auf dem Kanal Plassendale-<br />
Nieuwpoort zwischen zwischen Diksmuide und Ostende, werden<br />
die vier von Seafar gesteuerten Schiffe des Bauunternehmens De<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
27
SCHIFFSTECHNIK<br />
© Seafar<br />
Aufgeräumt: So sieht der Steuerstand im »Shore Control Center« genannten Leitstand von Seafar aus.<br />
Der Schiffsführer hat über etliche Monitore und Instrumente alle wichtigen Informationen im Blick<br />
Cloedt von einem Matrosen per Pkw begleitet.<br />
Er leistet dann Schleusendienste,<br />
machen die Tampen in der Kammer fest<br />
und fiert nach. Die 38 m langen Kähne,<br />
die Baggerschlamm transportieren, fahren<br />
komplett unbemannt.<br />
Zum derzeitigen Kundenkreis gehört<br />
auch das wallonische Unternehmen Novandi,<br />
für das 110 m lange, selbstfahrende<br />
Containerschiffe zwischen Lüttich<br />
und dem Hafen von Antwerpen unterwegs<br />
sind. Novandi ist gleichzeitig Eigentümer<br />
des Lütticher Containerterminals.<br />
Dem Vernehmen nach wird<br />
auch ein Schiff der HGK bald von Seafar<br />
gesteuert. An einer Ausweitung der Zusammenarbeit<br />
mit der Kölner Reederei<br />
sowie einer Kooperation mit weiteren<br />
Reedereien aus Deutschland wird derzeit<br />
gearbeitet.<br />
Noch fahren die meisten von Timothy<br />
und seinen Kollegen gelenkten Schiffe<br />
aber nicht gänzlich ohne Besatzung. Ohnehin<br />
ist es nicht das Ziel, Arbeitsplätze<br />
an Bord zu vernichten. »Wir wollen den<br />
Schiffsführer entlasten. Wenn wir ein<br />
Schiff von Land aus steuern, kann dieser<br />
sich um andere Tätigkeiten kümmern,<br />
die Stauplanung erstellen zum Beispiel«,<br />
erklärt Bargsten. Und für andere Tätigkeiten<br />
müsse ohnehin eine Mannschaft<br />
an Bord sein.<br />
Für die Abweichung von den eigentlich<br />
geltenden Besatzungsvorschriften hat<br />
Seafar eine Ausnahmegenehmigung bekommen.<br />
ansonsten würde der Betrieb<br />
nicht laufen können. Eine 1:1-Kopie des<br />
Modells in Deutschland umzusetzen,<br />
sieht Bargsten, der selbst einen deutschen<br />
Pass besitzt, kurzfristig eher nicht. Allerdings<br />
sind mit dem neuen § 99 der<br />
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28 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
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SCHIFFSTECHNIK<br />
Janis Bargsten ist bei Seafar<br />
für die weitere Expansion zuständig<br />
© Garrelmann<br />
BinSchPersV die Besatzungsregeln bereits<br />
für bestimmte Testprojekte aufgeweicht<br />
worden. Davon dürfte auch<br />
Seafar bei Projekten in Deutschland Gebrauch<br />
machen. Deswegen plant Seafar<br />
die Expansion sowohl in den Niederlanden<br />
als auch in Deutschland. In Rotterdam<br />
ist derzeit eine erste Dependance<br />
geplant. Von dort aus sollen auch zehn<br />
halbautonome sogenannte Flussdrohnen<br />
gesteuert werden. Die 106 m langen<br />
Schiffe sind derzeit im Bau.<br />
Zum Geschäftsmodell des Startups<br />
und auch als zwingende Voraussetzung<br />
für die Erlaubnis gehört auch das Wort<br />
Transparenz. Nicht nur gegenüber den<br />
Auftraggebern, die von den Seafar-<br />
Kapitäne ihre Schiffe betreiben lassen.<br />
Auch gegenüber den Behörden gilt<br />
höchste Offenheit. »Wenn nötig, kann<br />
die Wasserstraßenverwaltung all unsere<br />
Daten einsehen«, sagt Bargsten. Das war<br />
bislang aber nicht gefragt. Auch, weil es<br />
bislang keine Havarien oder Komplikationen<br />
gegeben habe, heißt es.<br />
Zu verdanken ist das neben der ausgefeilten<br />
Technik an Bord der Schiffe und<br />
in der Kommandozentrale auch der sehr<br />
guten Internetversorgung in Belgien. Im<br />
Ästuarbereich war die Mobilfunk-Ab -<br />
deckung zunächst noch nicht zu 100 %<br />
gegeben, da wurde aber kurzfristig Abhilfe<br />
geschaffen. Weitere technische Vorkehrungen<br />
an Land braucht das Konzept<br />
von Seafar nicht. In Deutschland wird bei<br />
Pilotprojekten dagegen mit landseitigen<br />
Installationen gearbeitet.<br />
Bordseitig betrifft das insbesondere die<br />
Ausstattung mit Sensoren, die schon zuvor<br />
verwendet wurden. Nur für die<br />
drahtlose Weiterleitung der Informationen<br />
über geeignete Schnittstellen bis in<br />
die »Shore Control Center« genannte<br />
Zentrale von Seafar musste zusätzlich gesorgt<br />
werden. Louis-Robert Cool beziffert<br />
die zusätzliche Investition für ein<br />
halbautonom zu fahrendes Schiff auf<br />
100.000 € bis 150.000 €. Wie schnell sich<br />
diese Ausgaben amortisieren, hängt vom<br />
Umfang der Einsatzzeiten ab, in denen<br />
extern gesteuert wird.<br />
Nach Ansicht von Cool ist das halbautonome<br />
Fahren aber mit Sicherheit ein<br />
Beitrag dazu, dem drohenden Mitarbeiterengpass<br />
entgegenzuwirken und<br />
die Einsatzzeiten von Schiffen zu erhöhen.<br />
Vielleicht könne es sogar dabei helfen,<br />
den Beruf des Schiffsführers interessanter<br />
zu machen, weil lange Fahrtzeiten<br />
an Bord entfallen und nach Feierabend<br />
die Familie wartet. »Der Job eines Kapitäns<br />
an Land ist sexy«, heißt es.<br />
Das finden scheinbar auch andere Reeder<br />
in den Niederlanden und in Deutschland.<br />
Wie schnell und in welchem Umfang<br />
sich die Expansion umsetzen lässt,<br />
muss sich zeigen. Das Potenzial jedenfalls<br />
ist ebenso groß wie der Druck, Kosten zu<br />
reduzieren. Vielleicht heißt es künftig tatsächlich<br />
und berechtigt: Die besten Kapitäne<br />
sitzen an Land. <br />
Voll konzentriert führt Timothy Cauberghs von Land aus ein Binnenschiff<br />
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<strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
29
SCHIFFSTECHNIK<br />
135 m lang und mit 17,70 m außergewöhnlich breit – das E-Motion-Ship »A-Rosa-Sena« kann bei diesen Abmessungen nur auf dem Rhein eingesetzt werden<br />
© A-Rosa<br />
Neue Dimensionen auf dem Rhein<br />
Die »A-Rosa Sena«, jüngster Flottenzugang der Rostocker Kreuzfahrtreederei, ist nicht nur<br />
mit ihren Abmessungen, sondern auch mit ihrer technischen Ausstattung ein besonderes<br />
Schiff. Der Hybrid-Antrieb soll Emissionen und Kraftstoffverbrauch deutlich reduzieren<br />
Mit mehrals einem Jahr Verspätung<br />
hat die Rostocker Flusskreuzfahrt-<br />
Reederei A-Rosa ihr neues Flaggschiff getauft.<br />
Die »A-Rosa Sena« ist in vielerlei<br />
Hinsicht ein echtes Novum. Sie ist mit einer<br />
Länge von 135 m und vor allem mit<br />
ihrer Breite von 17,70 m nicht nur das<br />
größte auf dem Rhein fahrende Schiff,<br />
sondern setzt mit ihrem Antriebskonzept<br />
als »E-Motion Ship« auch technische<br />
Maßstäbe.<br />
Der neue Kreuzer wurde mit einem mit<br />
hybridem Antrieb ausgestattet, an Bord<br />
sind sowohl Dieselaggregate als auch ein<br />
Elektromotor sowie ein Batteriespeicher<br />
installiert worden. Im diesel-elektrischen<br />
Betrieb während der Fahrt können die<br />
Motoren in ihrem optimalen und effizientesten<br />
Betriebspunkt fahren, um<br />
Kraftstoffverbrauch und Emissionen<br />
deutlich zu senken.<br />
Bei der Anfahrt auf die Liegestellen<br />
entlang des Rheins kann ebenso wie bei<br />
Die »A-Rosa Sena« legt zu ihrer ersten Fahrt<br />
mit Passagieren auf dem Rhein ab<br />
den Ablegemanövern kann auf reinen<br />
Elektrobetrieb umgestellt werden, wobei<br />
die Energie dann aus dem Batteriespeicher<br />
kommt. Die Akkus werden während<br />
der Fahrt oder über geeignete Landstromanschlüsse<br />
wieder aufgeladen.<br />
Außerdem wurden das Rumpfdesign<br />
optimiert sowie eine Abgasnachbehandlung<br />
mit SCR-Katalysator installiert.<br />
Mindestens 75 % der Stickoxide (NOx)<br />
und über 90 % des Feinstaubs (PM) werden<br />
so eliminiert. Zudem wird die Abwärme<br />
für die Energieerzeugung genutzt<br />
und in den Batterien gespeichert.<br />
Auch im Restaurant und Hotelbetrieb<br />
werde Nachhaltigkeit groß geschrieben,<br />
heißt es bei A-Rosa. Einwegplastik wird<br />
vermieden, bei der Auswahl der Produkte<br />
an Bord wird auf nachhaltige Siegel, Regionalität<br />
und Saisonalität geachtet – ob<br />
beim Essen, bei den Uniformen oder den<br />
Hygiene- und Pflegeprodukten.<br />
Aufgrund von Lieferengpässen hatte<br />
sich die Ablieferung des bei Damen Ship -<br />
yards gebauten Schiffes verzögert. Ursprünglich<br />
sollte die »A-Rosa Sena« bereits<br />
im Mai 2021 in Fahrt gehen. RD<br />
30 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFSTECHNIK<br />
Fünf-Sterne-Taufe in Köln<br />
Premiere auf dem Rhein: Lüftner Cruises liefert mit der »Amadeus Cara« ein neues<br />
Flaggschiff an Amadeus Flusskreuzfahrten ab. Die moderne Antriebsanlage reduziert<br />
den CO2 Ausstoß, für höchsten Komfort an Bord ist ohnehin gesorgt<br />
Festliche Stimmung am Rheinufer: Vor<br />
der Kulisse des Kölner Doms ist ein<br />
weiterer Neubau für die Premium-Flotte<br />
des Reiseveranstalters Amadeus Flusskreuzfahrten<br />
in Dienst gestellt worden.<br />
Taufpatin Anna Lüftner von der Reederei<br />
Lüftner Cruises gab dem 5-Sterne-Flussschiff<br />
den Namen »Amadeus Cara«.<br />
Der hochmoderne 135-m-Neubau bietet<br />
maximal 163 Gästen Flussurlaub mit<br />
Komfort und Kulinarik auf höchstem Niveau.<br />
Das Schiff verfügt über vier Decks.<br />
Buchbar sind zehn Suiten (26,4 m2) mit<br />
begehbaren Außenbalkonen sowie 72<br />
Außenkabinen (ca. 17,50 m2) mit überwiegend<br />
begehbaren Kleiderschränken<br />
und absenkbaren, bodentiefen Panoramafenstern.<br />
Mit den Fensterfronten,<br />
die sich fast über die gesamte Kabinenbreite<br />
ziehen, vermittelt das Schiff ein beeindruckend-luxuriöses<br />
Raumgefühl,<br />
heißt es in einer Mitteilung von Lüftner<br />
anlässlich der Taufe.<br />
Die Taufgesellschaft feierte in Köln<br />
An Bord laden außerdem unterschiedliche<br />
Barbereiche mit bester Aussicht auf<br />
die Flusslandschaften zum Verweilen ein:<br />
Die geschützte »River Terrace« am Bug,<br />
der »Amadeus Club« am Heck, das »Café<br />
Vienna« im Lobby-Bereich oder die Panorama-Bar<br />
mit Tanzfläche. Das weitläufige<br />
Sonnendeck verfügt über eine tiefliegende<br />
Lounge, die auch bei Streckenabschnitten<br />
mit niedrigen Brückendurchfahrten<br />
voll genutzt werden kann.<br />
Zum Wellness-Bereich gehören Massage-<br />
Salon, ein Fitness-Raum und ein Shop.<br />
Rendel Müller, Direktorin Marketing<br />
und Vertrieb, freut sich über den Flottenzuwachs:<br />
»Wir bieten unseren Partnern<br />
durchweg Schiffe auf 5-Sterne-Niveau<br />
und insgesamt die jüngste Premium-<br />
Schiffsflotte auf dem Markt.«<br />
Zukunftsweisend ist auch die Technik<br />
mit modernsten Schiffsmotor, der den<br />
CO2-Ausstoß signifikant reduziert. Die<br />
»Amadeus Cara« wurde bereits mit dem<br />
Green Award ausgezeichnet. In Corona-<br />
Zeiten nicht unwichtig: Ein hochmodernes<br />
Luftfilter-System sorgt für hygienische<br />
Luft in den Innenräumen.<br />
Gebaut wurde das Schiff auf der niederländischen<br />
Werft TeamCo Shipyard.<br />
Ab sofort kreuzt sie unter deutscher Flagge<br />
vorwiegend auf der Donau und auf<br />
dem Rhein. Im Mai 2023 folgt das<br />
Schwesterschiff »Amadeus Riva«. RD<br />
Die Amadeus Cara« bietet auf 135 m Länge Platz für gut 160 Passagiere.<br />
Moderne Motoren und Anlagen sorgen für ein umweltfreundliches Fahren<br />
© Lüftner Cruises<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
31
SCHIFFSTECHNIK<br />
Neues Domizil, neue Synergien<br />
Hoyer Marine hat eine neuen Firmensitz bezogen und vereint dort künftig mehrere<br />
Gesellschaften unter einem Dach. Die erhofften Synergie-Effekte sollen dabei helfen, in<br />
schwierigen Märkten zu bestehen. Veränderungen gibt es auch in der Flotte<br />
Mit dem Einzug in ein neues Domizil<br />
in bester Hamburger Lage schlägt<br />
Hoyer Marine ein neues Kapitel in der<br />
Unternehmensgeschichte auf. Denn der<br />
Umzug war gleichzeitig auch der Start für<br />
einen überarbeiteten Gesamtauftritt einschließlich<br />
einer neuen Marke. Die Neuorganisation<br />
hat aber auch ganz praktische<br />
Effekte: Denn zum ersten Mal sitzen<br />
jetzt diverse Gesellschaften aus der Hoyer-Gruppe<br />
unter einem Dach.<br />
Damit ist auch die Zahl der Mitarbeiter<br />
auf 100 in den modernen Räumen angestiegen,<br />
in denen früher ein bekannter<br />
Hamburger Asset- und Schiffsmanager<br />
MPC Capital beheimatet war. Und genau<br />
das war die Idee: »Das schafft kurze Wege<br />
und eine sehr viel bessere Kommunikation<br />
untereinander«, sagt Michael<br />
Meyer, Geschäftsführer von Hoyer Marine.<br />
Ziel sei es, Synergien zwischen Handel<br />
und Versorgung, zwischen See- und<br />
Binnengeschäft<br />
zu heben.<br />
Die Hoyer Unternehmensgruppe<br />
gilt als einer<br />
der größten familiengeführten<br />
und konzernunabhängigen<br />
Mineralöl- und<br />
Energielieferanten<br />
Deutschlands mit<br />
mehr als 100<br />
Standorten, von<br />
wo aus die Kunden<br />
mit Heizöl,<br />
Diesel, Flüssiggas,<br />
Holzpellets,<br />
Strom und Erdgas<br />
sowie mit Schmierstoffen<br />
und AdBlue<br />
beliefert werden. Nicht zuletzt<br />
betreibt Hoyer deutschlandweit mehr<br />
als 200 eigene Tankstellen und Autohöfe.<br />
Mit mehr als 300.000 Stammkunden<br />
wurde zuletzt ein Jahresumsatz von rund<br />
4,5 Mrd. € erwirtschaftet.<br />
Von Hamburg aus wird traditionell das<br />
Marinegeschäft gesteuert, das nicht nur<br />
die Bunker-Versorgung an der Küste,<br />
Neuer Unternehemnssitz, neues Logo:<br />
Michael Meyer führt Hoyer Marine<br />
sondern seit der Übernahme<br />
der NWB<br />
(Nord- und Westdeutsche<br />
Bunker)<br />
von Bomin auch<br />
der Binnenschifffahrt<br />
an wichtigen<br />
Wasserstraßen<br />
umfasst.<br />
Das strategische<br />
Ziel lautet,<br />
einen Komplett-<br />
Service sowohl anbieten<br />
zu können. Zuletzt<br />
war mit der Hoyer<br />
Marine Trading eine<br />
neue Gesellschaft<br />
fürs Auslandsgeschäft<br />
gegründet<br />
worden. In der Flotte<br />
gab es hingegen Veränderungen.<br />
Zwar sei das Jahr 2021 durchaus zufriedenstellend<br />
verlaufen, berichtet Meyer.<br />
Von der »Njord«, einem auf der Elbe<br />
eingesetzten Bunkerboot, habe man sich<br />
aber wieder getrennt. Ebenso von der<br />
eingecharterten »Lisa«, einem Bunkerboot<br />
für Marinegasöl, nachdem der Vertrag<br />
mit dem Schiffseigner nicht verlängert<br />
wurde.<br />
Dafür kam dann der Doppelhüllen-<br />
Tanker »Vissel« neu hinzu. Das 64 m lange<br />
und 20<strong>07</strong> gebaute Schiff (1.561 tdw)<br />
verfügt über ein Ladevolumen von rund<br />
1.400 m3 und kann diverse Destillate<br />
transportieren. Insgesamt sind für Hoyer<br />
Marine jetzt noch acht Einheiten unterschiedlicher<br />
Größe unterwegs, darunter<br />
Bunkerboote in Hamburg, Bremen, Minden,<br />
Köln und Passau. Darüber hinaus betreibt<br />
das Unternehmen Bunkerstationen<br />
in Brunsbüttel, Bremerhaven, Hamburg,<br />
Wittingen, Wismar und in Sassnitz/<br />
Mukran.<br />
Auf dem Höhepunkt der Corona-<br />
Pandemie war die Bunker-Tonnage rückläufig,<br />
allein in Hamburg sei zwischenzeitlich<br />
bis zu einem Drittel weniger<br />
nachgefragt worden. Hoyer habe deswegen<br />
auf die Marktverhältnisse reagiert<br />
und Kapazitäten angepasst. Derzeit sei<br />
die Lage weiter angespannt, berichtet<br />
Meyer, wenn auch aus anderen Gründen.<br />
»Es gibt auf Kundenseite trotz großer<br />
Preissprünge eine große Nachfrage, aber<br />
das Angebot für Marine-Produkte ist äußerst<br />
knapp.«<br />
© Förster<br />
32 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFSTECHNIK<br />
Der Doppelhüllentanker »Vissel« ist der jüngste Flottenzugang bei Hoyer Marine<br />
Vor allem der Ukraine-Krieg sorge für<br />
eine wachsende Unsicherheit, da bereits<br />
heute kein Öl mehr aus Russland importiert<br />
werde. »Die Warenverfügbarkeit<br />
ist die neue Währung«, sagt Meyer.<br />
In der Binnenschifffahrt sei die Lage im<br />
Vergleich deutlich entspannter, nachdem<br />
die Fahrgastschifffahrt fast wieder normal<br />
fahren könne. Aber die Preissprünge schlagen<br />
auch dort durch: Die Schmierstoffkosten<br />
hätten sich fast verdoppelt, bei Bunkerstoffen<br />
gebe es ein ständiges Auf und<br />
Ab, teilweise innerhalb von nur wenigen<br />
Stunden. »Das Geschäft ist sehr volatil geworden«,<br />
so Meyer. »Aber wir tun weiter<br />
das Bestmögliche für unsere Kunden.« KF<br />
Rund 100 Mitarbeiter finden Platz im neuen Firmendomizil in Hamburg<br />
© Hoyer Marine<br />
<br />
<br />
Tel. 040/72003-126 | E-Mail: MarineDe@akzonobel.com<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
33
SCHIFFSTECHNIK<br />
Ostseestaal liefert Neubau an Zürichsee<br />
Das Stralsunder Schiffbauunternehmen Ostseestaal hat ein Fahrgastschiff für die<br />
Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft (ZSG) fertiggestellt. Es handelt sich um das erste Projekt<br />
mit einem Elektro-Antrieb für einen Schweizer Kunden<br />
Mit den insgesamt drei bestellten Elektro-Neubauten sollen dieselbetriebene Schiffe ersetzt werden<br />
Nach der Fertigstellung ging es für<br />
den Neubau per Sattelzug in die<br />
Schweiz. Mehr als 1.100 km legte das<br />
Schiff dabei zurück. Das 22,50 m lange<br />
und 3,80 m breite Binnenfahrgastschiff<br />
ist der erste von drei typgleichen Neubauten,<br />
die Ostseestaal und die Tochterfirma<br />
Ampereship an die ZSG liefern.<br />
Im vergangenen Jahr hatten die Stralsunder<br />
eine europaweite Ausschreibung<br />
zum Bau der drei Elektro-Fahrgastschiffe<br />
für den Zürichsee gewonnen. Mit den<br />
emissionsfreien Neubauten sollen drei<br />
dieselbetriebene Schiffe ersetzt werden,<br />
die seit rund 30 Jahren auf der Limmat,<br />
dem aus dem Zürichsee abgehenden und<br />
Zürich durchquerenden Fluss unterwegs<br />
sind. »Mit den Schiffen für die Schweiz<br />
realisieren wir zum ersten Mal ein Elektroschiff-Projekt<br />
für einen ausländischen<br />
Auftraggeber«, sagte Philipp Peuß, Marketing<br />
Manager bei Ostseestaal und der<br />
Ampereship GmbH, anlässlich der Ablieferung.<br />
Die drei Elektro-Fahrgastschiffe bedeuten<br />
für die Konstrukteure und Schiffbauer<br />
von Ostseestaal und Ampereship<br />
eigenen Angaben zufolge eine «äußert<br />
anspruchsvolle« Aufgabe. »Da die Schiffe<br />
auf dem schmalen Fluss Limmat wenden<br />
müssen und unter tiefen Brücken verkehren,<br />
waren sehr flache Schiffskörper zu<br />
designen«, erklärt Ingo Schillinger, verantwortlicher<br />
Manager bei Ampereship.<br />
Auch seien die Neubauten mit Platz für<br />
jeweils 61 Fahrgäste geräumiger und ruhiger<br />
ausgelegt als die Vorgängermodelle.<br />
Die neuen ZSG-Schiffe fahren ganzjährig<br />
klimatisiert und sind rollstuhlgerecht. Sie<br />
sollen künftig nicht nur im Personennahverkehr,<br />
sondern auch für Veranstaltungen<br />
und Events auf dem Wasser<br />
genutzt werden. Ausgerüstet wurden die<br />
Schiffe mit vollelektrischem Antrieb.<br />
Bis zu 61 Fahrgäste finden an Bord des Schiffes Platz<br />
Dieser ist so konzipiert, dass die Hochleistungsbatterien<br />
über Nacht landseitig<br />
mit Ökostrom der Elektrizitätswerke Zürich<br />
aufgeladen werden. Zusätzlich »grünen<br />
Strom« für die E-Schiffe soll eine<br />
Photovoltaik-Anlage auf dem ZSG-<br />
Firmengelände liefern.<br />
Ostseestaal hat laut eigenen Angaben<br />
den Geschäftsbereich Elektro-<br />
Solarschiffe in den letzen Jahren »erfolgreich«<br />
entwickelt und bislang zwölf dieser<br />
Spezialschiffe für verschiedene Einsatzfälle<br />
gefertigt.<br />
RD<br />
© Ostseestaal<br />
34 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFSTECHNIK<br />
Bis zu acht Stunden ist die »Oranje Nassau« auf Berlins Wasserstraßen emissionsfrei unterwegs<br />
Berlin-Sightseeing mit dem E-Taxi<br />
Torqeedo hat die »Oranje Nassau« auf einen umweltfreundlichen Antrieb umgerüstet.<br />
Der Dieselmotor des in den 1990er Jahren gebauten Fahrgastschiffes wurde durch ein<br />
Deep-Blue-System ersetzt, das acht Stunden lang eine emissionsfreie Fahrt ermöglicht<br />
© Torqeedo<br />
Die 20 m lange »Oranje Nassau« ist<br />
ein Ausflugsboot und Wassertaxi<br />
für 55 Passagiere. Nachgerüstet wurde<br />
das Tourboot vor kurzem mit dem integrierten<br />
Torqeedo Deep Blue-System.<br />
Das Antriebssystem wird von drei<br />
Batterien mit einer Kapazität von<br />
120 kWh gespeist, die Energie für einen<br />
Acht-Stunden-Tag bei Betriebsgeschwindigkeiten<br />
liefern, so Torqeedo.<br />
Sie können über Nacht, wenn das Schiff<br />
nicht in Betrieb ist, an Land aufgeladen<br />
werden.<br />
Nach der erfolgreichen Umrüstung der<br />
»Oranje Nassau« plant der Geschäftsführer<br />
von Berliner Wassertaxi, André<br />
Siebach, bereits die Umrüstung von zwei<br />
weiteren Ausflugsschiffen seiner Flotte.<br />
Sie sollen laut dem Motorenhersteller mit<br />
dem gleichen Torqeedo-Antriebspaket<br />
nachgerüstet werden. Ein Grund sei hier<br />
neben den reduzierten Emissionen die<br />
niedrigeren Betriebs- und Wartungskosten.<br />
»Außerdem wollten wir ein Zeichen<br />
setzen. Wir wollten zeigen, dass es<br />
möglich ist«, so Siebach.<br />
Der E-Motor des Schiffes<br />
Der Projektvertriebsleiter bei Torqeedo,<br />
Axel Büchling, ergänzt: »Die Berliner<br />
Stadtfähren eignen sich perfekt für den<br />
Elektroantrieb, da sie relativ kurze Strecken<br />
zurücklegen und nur eine begrenzte<br />
Menge an Antriebsenergie pro Tag benötigen.<br />
Torqeedo konnte auf seine große<br />
Erfahrung in diesem Bereich zurückgreifen,<br />
da wir bereits zahlreiche Binnenund<br />
Küstenschiffe in anderen Metropolen<br />
rund um den Globus mit Elektro-, Solarund<br />
Hybridsystemen ausgestattet haben.«<br />
Die deutsche Hauptstadt verfügt über elf<br />
schiffbare Wasserstraßen mit einer Gesamtlänge<br />
von 200 km, darunter die Spree,<br />
die Havel und der Landwehrkanal. Auf<br />
den städtischen Gewässern sind mehr als<br />
40 Unternehmen tätig, die einen Umsatz<br />
von 200 Mio. € pro Jahr erwirtschaften<br />
und viele Arbeitsplätze bieten. Die Hauptstadt<br />
bietet demzufolge noch viel Potenzial<br />
für weitere Nachrüstungen. RD<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
35
SCHIFFSTECHNIK<br />
Erster »E-Spatz« auf Kiel gelegt<br />
Auf der Schiffswerft Bolle in Neuderben hat vor Kurzem eine Premiere stattgefunden:<br />
die Kiellegung des ersten elektrisch angetriebenen WSV-Arbeitsschiffes »E-Spatz«. Viele<br />
weitere Einheiten sollen in den kommenden Jahren folgen<br />
Der erste »E-Spatz« nimmt auf der Bolle-Werft langsam Gestalt an<br />
© WSV<br />
Im Zuge der Dekarbonisierung und<br />
Emissionsreduzierung rüstet die Wasserstraßen-<br />
und Schifffahrtsverwaltung<br />
des Bundes (WSV) ihre Schiffe mit umweltfreundlichen<br />
Antrieben aus. So zum<br />
Beispiel auch die Arbeitsschiffe vom Typ<br />
»Spatz«, die bisher mit konventionellen<br />
Dieselmotoren fuhren. Mit der kürzlich<br />
erfolgten Kiellegung des ersten »Elektrospatzes«<br />
ging eine neue Generation<br />
dieses Schiffstyps an den Start.<br />
Bei dem »E-Spatz« handelt es sich nach<br />
Angaben der WSV um ein multifunktionales<br />
Arbeitsschiff, das auf den Flüssen<br />
und Kanälen des Westdeutschen Kanalnetzes<br />
eingesetzt wird.<br />
Anders als der dieselbetriebene Vorgänger<br />
wird der »E-Spatz« ausschließlich<br />
mit zwei Elektromotoren a 80 kW angetrieben.<br />
Das Antriebssystem liefern Jastram,<br />
Kadlec & Brödlin und Tesvolt. Ihre<br />
Kooperationen hatten die drei Unternehmen<br />
auf der STL 2021 in Kalkar bekannt<br />
gegeben. Das umweltfreundliche<br />
Antriebskonzept wird aus Batterien der<br />
Firma Tesvolt, einem Elektromotor von<br />
Danfoss und einem Ruderpropeller von<br />
Jastram bestehen. Die Batterien sollen<br />
über Nacht laden, wenn das Schiff am<br />
Anleger liegt.<br />
»E-Spatz« als Prototyp<br />
Die Technik des E-Spatzes ist laut WSV<br />
exakt auf die Bedingungen im Einsatzgebiet<br />
zugeschnitten, auf die Schleusenabmessungen,<br />
Brückendurchfahrtshöhen,<br />
Wasserstände und Strömungen.<br />
Das Schiff soll unter anderem in der Verkehrssicherung<br />
und Verkehrsüberwachung<br />
eingesetzt sowie bei Peilarbeiten.<br />
Der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung<br />
zufolge sind mehr als<br />
130 Arbeitsschiffe dieses Typs auf den<br />
Bundeswasserstraßen im Einsatz.<br />
Nach Fertigstellung des »E-Spatz«-Piloten,<br />
die zum Jahreswechsel vorgesehen<br />
ist, und der Erprobung sollen in den<br />
kommenden Jahren weitere Arbeitsschiffe<br />
mit emissionsarmen Antrieben<br />
ausgestattet werden. Auch für andere<br />
WSV-Schiffe würden weitere emissionsarme<br />
Antriebssysteme derzeit erprobt,<br />
heißt es.<br />
RD<br />
Technischen Daten »E-Spatz«<br />
• Länge über alles: ca. 16,90 m<br />
• Länge über Deck: ca. 16,50 m<br />
• Breite über Alles: ca. 4,50 m<br />
• Breite auf Spant: ca. 4,35m<br />
• Fixpunkt: ca. 4,30 m<br />
• Tiefgang: ca. 1,05–1,1 m<br />
• Antriebsleistung: 2 x 80 kW<br />
• Batteriekapazität: ca. 1120 kWh<br />
36 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFSTECHNIK<br />
Auf dem Bodensee wird’s elektrisch<br />
Die »Artemis« für 300 Passagiere, vorgefertigt bei Ostseestaal in Stralsund und vollendet in<br />
Friedrichshafen, wird das erste rein batteriebetriebene Fahrgastschiff auf dem Bodensee.<br />
Ein zweiter Neubau könnte folgen, bis 2030 soll die ganze Flotte emissionsfrei werden<br />
Die fast fertige »Artemis« verlässt die Werfthalle der <strong>BS</strong>B in Friedrichshafen<br />
Die Taufe steht kurz bevor, denn das<br />
neue Elektroschiff der Bodensee-<br />
Schiffsbetriebe (<strong>BS</strong>B) liegt nahezu vollendet<br />
vor der Werfthalle. Ende Juni war der<br />
Stapellauf in Friedrichshafen erfolgt.<br />
»Nach nur neun Monaten Bauzeit ist das<br />
E-Schiff so gut wie fertig«, sagt Frank<br />
Weber, Geschäftsführer der <strong>BS</strong>B. Das<br />
Schiff kostet 3,6 Mio. € – davon stammen<br />
300.000 € aus der Förderung des Bundes.<br />
»Damit sind wir unserer großen Zukunftsvision<br />
einer klimaneutralen Schifffahrt<br />
auf dem Bodensee einen wichtigen<br />
Schritt näher gekommen«, sagt Christoph<br />
Witte, technischer Leiter und Mitglied<br />
der Geschäftsführung der <strong>BS</strong>B. Die<br />
Zukunft ist elektrisch: Erklärtes Ziel ist<br />
es, dass alle Schiffe bis 2035 auf umweltfreundliche<br />
Antriebe umgestellt werden<br />
– der Bodensee soll eine Modellregion<br />
für eine klimaneutrale Zukunft der Fahrgastschifffahrt<br />
werden. »Wir wollen und<br />
müssen bei allen Schiffen vom Kohlenstoff<br />
der fossilen Brennstoffe wegkommen«,<br />
so Witte.<br />
Beim Schiff sei der Ausstieg vom fossilen<br />
Antrieb schwieriger als beispielsweise<br />
beim Auto. Daher engagieren sich die<br />
<strong>BS</strong>B derzeit bei einer Vielzahl von alternativen<br />
Antriebsprojekten in der Schifffahrt.<br />
Vollelektrische Antriebe spielen<br />
dabei eine Rolle, aber auch die Möglichkeiten,<br />
die Bestandsflotte – insbesondere<br />
die denkmalgeschützten Schiffe – mit<br />
umweltfreundlichen Motoren neu auszustatten.<br />
»Wir setzen dabei Lösungen<br />
um, die technisch sinnvoll sind«, sagt<br />
Witte.<br />
Bei dem Neubau mit dem Projektnamen<br />
»Artemis« handelt es sich um ein<br />
reines Elektro-Schiff in Katamaran-Bauweise,<br />
um Schiffswiderstand und Wellenbild<br />
zu verringern. Das Design stammt<br />
von Ostseestaal in Stralsund, wo auch die<br />
Sektionen entstanden sind, bevor diese<br />
im Februar über Land an den Bodensee<br />
gebracht wurde. Dort wurden die beiden<br />
Rümpfe und die Mittelsektion des Katamarans<br />
provisorisch zusammengefügt.<br />
In der Werfthalle der <strong>BS</strong>B erfolgten<br />
dann der Aufbau des Steuerhauses, die<br />
restliche Ausrüstung, der Einbau des Antriebs<br />
und der Batterien sowie der Innenausbau.<br />
Außerdem mussten muss die gesamte<br />
Elektrotechnik, Elektronik und<br />
Automation geprüft und programmiert<br />
werden, schließlich folgte noch eine ausgiebige<br />
Erprobung. Insgesamt hatten<br />
nach Angaben der <strong>BS</strong>B bis zu zehn Mitarbeiter<br />
der Werft Ostseestaal, die als Generalunternehmerin<br />
beauftragt ist, am<br />
Schiff zu tun.<br />
Bis zu 300 Fahrgäste werden Platz auf<br />
dem Schiff haben. Die »Artemis« wird<br />
künftig im Überlinger See im Dreiecksverkehr<br />
zwischen Uhldingen, der Insel<br />
Mainau und Meersburg im Einsatz sein.<br />
Die Antriebsenergie stammt aus Batterien,<br />
die über Solarzellen auf dem Freideck<br />
sowie während der Liegezeiten in<br />
der Mittagspause und in der Nacht aufgeladen<br />
werden. Um einen ökologischen<br />
ganztägigen Betrieb zu ermöglichen,<br />
fährt das Schiff mit 15 km/h.<br />
Auch für Ostseestaal ist das Schiff als<br />
einer von Neubauten für den Bodensee<br />
ein besonderer Auftrag: »Mit den zwei<br />
Technische Details<br />
Indienststellung: .............. Juli <strong>2022</strong><br />
Werft: ............................ Ostseestaal<br />
Antrieb: ......... Batterie, 1.000 kWh<br />
Geschwindigkeit: ............. 15 km/h<br />
Länge: ................................... 33,0 m<br />
Breite: ..................................... 9,0 m<br />
Zulassung: ................ 300 Personen<br />
Fahrgastschiffen stoßen wir im Geschäftsfeld<br />
Elektro-Solar-Schiffe in neue<br />
Dimensionen vor. Die Kapazität von jeweils<br />
300 Fahrgästen übertrifft alle bisherigen<br />
von Ostseestaal konstruierten und<br />
realisierten Elektro-Fähren«, sagt Thomas<br />
Kühmstedt, Technischer Direktor<br />
von Ostseestaal.<br />
Wenn sich Design und Technik bewähren,<br />
soll im Anschluss an das erste<br />
E-Schiff ein Schwesterschiff gebaut werden.<br />
Letzteres könnte dann 2025 in Betrieb<br />
gehen.<br />
RD<br />
© <strong>BS</strong>B<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
37
SCHIFFSTECHNIK<br />
Jüdisches Theaterschiff für Berlin<br />
Lange hatte der Vorsitzende des Trägervereins Discover Jewish Europe e.V.,<br />
Peter Sauerbaum, nach einer Spielstätte gesucht. Jetzt hat er ein Schiff gekauft und es<br />
zum schwimmenden Theater umgebaut. Von Christian Knoll<br />
MS »Goldberg« am angestammten Liegeplatz am Spandauer Schifffahrtsufer unterhalb der Dischinger Brücke. Der neue Theatersaal hat 198 Sitzplätze<br />
© Knoll (1), Tuszynski (1)<br />
Letztlich war es der Rat seiner Frau, den der 77-jährige Sauerbaum<br />
aufgegriffen hat. Tatsächlich ist er nach langer Suche<br />
fündig geworden. Die MS »Goldberg« klingt sogar wie ein jüdischer<br />
Name, ist aber der Name einer Kleinstadt in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Das Schiff ist 1961 als eines der ersten einer<br />
Serie von insgesamt 105 Großplauermaß-Gütermotor -<br />
schiffen auf der Schiffswerft Boizenburg gebaut worden. Zuletzt<br />
war die MS »Goldberg« als Freidecker für Ladungen unterwegs,<br />
die auch Nässe vertragen konnten wie Kies, Sand, Steine, Kohle<br />
oder Schrott. Denn die alten Rolldecke aus Boizenburg waren<br />
längst verschlissen.<br />
Industriestraße 10<br />
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Sauerbaum über den ganzen Laderaum von rund 50 m Länge<br />
eine Erhöhung von 1 m einbauen, mit zahlreichen Fenstern<br />
auf beiden Seiten. Die Schiffswerft Bolle bot sich an, die ganze<br />
Sache zu entwerfen und den stählernen Aufsatz zu fertigen,<br />
während die Bautischlerei Neuderben den Innenausbau ausführen<br />
wollte.<br />
Im Oktober vorigen Jahres ging das Schiff an die Werft und<br />
kam in diesem Jahr am 15. Mai wie ein neues Schiff nach Berlin<br />
zurück. Sein Liegeplatz ist nun überwiegend in Spandau am<br />
Schifffahrtsufer südlich der Dischinger Brücke. Spielbeginn war<br />
am 23. Mai, unter anderem fand auf dem Theaterschiff auch das<br />
Jüdische Filmfestival im Juni mit mindestens drei Veranstaltungen<br />
täglich statt.<br />
Alle Kosten vom Kauf des Schiffes von Schiffseigner Dieter Birmuske,<br />
dem Umbau auf bei Bolle bis zur Ankunft am 15. Mai<br />
summierten sich auf rund 1 Mio. €, die sich der Verein aus Lottoeinahmen<br />
erspart hatte. Nahc Abschluss aller Arbeiten lobte Peter<br />
Sauerbaum Schiffswerft und Bautischlerei in den höchsten<br />
Tönen. »Mario und Marcel Bolle mit ihren Mitarbeitern waren<br />
von Beginn an sehr aufgeschlossen für unsere Wünsche und haben<br />
alles vorzüglich gemeistert.«<br />
Das Schifffahrtsufer in Spandau werde der Stammliegeplatz<br />
des Schiffes bleiben, aber auch der Schiffbauerdamm oder Köpenick<br />
oder Potsdam könnten künftig auch bei passenden Themen<br />
angelaufen werden, sagt Sauerbaum. Allerdings muss er sich dafür<br />
jeweils einen Schiffsführer suchen, da er selbst kein Patentträger<br />
sei und nur einen Bootsführerschein besitzt. Aber das sieht er<br />
nicht ein Problem an. »Berlin ist eine Schifffahrtsstadt. Da wird<br />
sich immer jemand finden.«<br />
<br />
38 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SCHIFFSTECHNIK<br />
SET-Neubau hat Wasser unter dem Kiel<br />
Die SET in Tangermünde hat für die Hafengesellschaft Mannheim die »Rheinau«, ein<br />
Arbeitsschiff, erfolgreich vom Stapel gelassen. Der Neubau wird voll elektrisch betrieben<br />
und soll ein älteres Vorgängerschiff ersetzen. Von Christian Knoll<br />
Sina Karg, Assistentin der HGM-Geschäftsführung, vollzog mit<br />
einemkräftigen Schwung die Taufe vor dem Stapellauf in Tangermünde<br />
Technische Daten der »Rheinau«<br />
Auftraggeber: ................................................................. HGM<br />
Bau-Nr.: .............................................................................. 205<br />
Länge: .......................................................................... 23,90 m<br />
Breite: ............................................................................ 5,45 m<br />
Tiefgang: ....................................................................... 1,25 m<br />
Verdrängung: ................................................................... 115 t<br />
Die »Rheinau« wird nicht irgendein Arbeitsschiff, wie es von<br />
der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung häufig bestellt wird,<br />
sondern ist, wie es der Name bereits ausdrückt, speziell für die<br />
Schifffahrtsbedingungen auf dem Rhein konzipiert. Die mittels<br />
CFD-Software strömungsoptimierte Schiffsform samt Bugwulst<br />
soll für einen geringen Schiffswiderstand samt Wellenbild und<br />
somit für einen effizienten Schiffsbetrieb sorgen. Der Auftragserteilung<br />
war bereits im Januar 2021 erfolgt, die Kiellegung folgte<br />
dann am 30. Juni vorigen Jahres.<br />
Die drei eingebauten Generatoren von Caterpillar liefern zum<br />
Teil einzeln oder auch im Synchronbetrieb die notwendige Energie<br />
für die eingebauten 285 kW starken Elektro-Antriebsmotoren<br />
sowie die weitere Bordelektrik. Der benötigte Schub für eine Verbandsgeschwindigkeit<br />
von mindestens 13 km/h werde durch die<br />
optimierte Propeller- und Wellenanlage sowie die Propellerdüsen<br />
verstärkt.<br />
Mit Hilfe des installierten HIAB-Ladekrans kann die »Rheinau«<br />
im späteren Einsatz kleinere technische Bergungsarbeiten<br />
im Hafengebiet von Mannheim durchführen. Die installierten<br />
Koppelwinden sowie die Schubeinrichtung für den leichter<br />
Leichter »Wasserbüffel« geben dem 24 m langen und 5,75 m breiten<br />
Schiff die notwendige Schubschiffcharakteristik, sagt Werftchef<br />
Fabian Karbe. Ein großzügiger Bereisungsraum inklusive<br />
Küchenzeile sowie das ergonomische Steuerhaus samt Steuerpult<br />
sollen für angenehme Arbeitsbedingungen und Platz für Mannschaft<br />
und Besucher sorgen.<br />
Der Neubau wird als Zweischrauben-Arbeitsschiff für die<br />
Fahrt in der Zone 3 auf dem Rhein ausgelegt. Das Arbeitsschiff<br />
dient zur Streckenfahrt, zur Beaufsichtigung, zu kleineren technischen<br />
Bergungs- und/oder für Unterstützungsmanöver und<br />
dabei zum Teil als Schubschiff wie auch als Bereisungsfahrzeug.<br />
Der Mannheimer Hafen ist einer der letzten deutschen Häfen,<br />
der seine gesamte Wasserfläche von 254 ha mit 14 Hafenbecken<br />
und fast 55 km Uferlänge völlig eigenständig unterhält. Eines der<br />
ältesten Schiffe der HGM, das Aufsichts- und Schleppboot »MS<br />
Rheinau«, wird durch den Neubau ersetzt. Dieser verfügt außerdem<br />
über GPS, Peilsystem, einen Steuerstand mit Monitoren sowie<br />
ein Bugstrahlruder für eine größere Wendigkeit.<br />
Allerdings, so Karbe weiter, hätten sich die langwierige Coronakrise<br />
auch auf die Arbeiten ausgewirkt. Ebenso bleibe der anhaltende<br />
Russlandkonflikt durch verspätete Materiallieferungen,<br />
Personalausfälle und eine häufige Ablaufüberarbeitung nicht ohne<br />
Folgen. Doch allen Widrigkeiten zum Trotz habe die Werft ihren<br />
Auftrag bislang erfüllt, wofür sich Karbe ausdrücklich bei der<br />
Belegschaft, den Zulieferern und dem Auftraggeber bedankte.<br />
Ein weiterer Beweis für solide Tangermünder Schiffbautradition<br />
schwimmt seit dem 8. Juni in der Elbe. Einmal mehr haben die<br />
SET-Werften in Tangermünde und Genthin mit der Bau-Nr. 205<br />
gezeigt, dass sie Schiffbau beherrschen. Für die altmärkische Region<br />
bleiben sie ein wichtiger Arbeitgeber.<br />
Im Tangermünder Stadtarchiv ist verzeichnet, dass bereits 1832<br />
durch einen Schiffbaumeister A. Sack unterhalb des Bleichenberges<br />
Schiffbau betrieben worden sein soll. Später ging die Werft an<br />
Johann August Gottfried Karl Luklum über, dessen Familie die<br />
Werft über mehrere Generationen betrieben hat. 1866 begründete<br />
Karl Bettin auf dem heutigen Standort eine Schiffbau- und<br />
Maschinenfabrik.<br />
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39
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"Vertrauen in die<br />
Wirtschaft ist in<br />
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LOGISTIK<br />
Das jetzt neu im Ennshafen liegende Schwimdock hat eine Länge von 40 m<br />
© Ennshafen<br />
Ennshafen hat jetzt ein Schwimmdock<br />
Weil Werftplätze entlang der Donau rar geworden sind, hat die First-DDSG Logistics in<br />
eigene Reparaturkapazitäten investiert. Die traditionsreiche Reederei ist mit einer Flotte<br />
von mehr als 200 schwimmende Einheiten wichtiger Partner der Industrie in Österreich<br />
Ennshafen-Chef Andreas Auer mit<br />
DDSG-CEO Viatcheslav Vdovitchenko<br />
Die First-DDSG Logistics Holding ist seit<br />
mehr als 190 Jahren in der Güterbeförderung<br />
auf der Donau ein wichtiger Partner<br />
für die Industrie. Schon unter ihrem Vorgängernamen<br />
»Erste Donau-Dampfschifffahrts-Gesellschaft«<br />
(DDSG) wurden<br />
viele Meilensteine für den umweltfreundlichen<br />
Gütertransport von Rohstoffen<br />
und Fertigprodukten auf der Wasserstraße<br />
gesetzt. Jüngst wurde im Ennshafen<br />
mit der Errichtung des Schwimmdocks<br />
die Infrastruktur noch einmal<br />
deutlich verbessert.<br />
»Damit wird die herausragende Position<br />
des Ennshafens als international<br />
bedeutsamer Logistik-Hub gestärkt«,<br />
sagte Markus Achleitner, Wirtschaftslandesrat<br />
von Oberösterreich. Zugleich<br />
sei dies ein weiterer wichtiger Beitragzur<br />
Verlagerung des Güterverkehrs weg von<br />
der Straße und dient damit auch zur Erreichung<br />
der Klimaziele.<br />
Das traditionsreiche Binnenschifffahrtsunternehmen<br />
First – DDSG Logistics<br />
betreibt mit 214 schwimmenden Einheiten<br />
und einer Transportkapazität von<br />
über 300.000 t, eine der größten Flotten<br />
in der europäischen Binnenschifffahrt.<br />
Pro Jahr transportiert das Unternehmen<br />
rund 2,5 Mio. t. Der Löwenanteil wird<br />
auf der Donau zwischen Österreich und<br />
dem Schwarzen Meer befördert. Die<br />
Gruppe erreichte zuletzt eine beachtliche<br />
Transportleistung von 3,6 Mrd. tkm<br />
(Tonnenkilometer).<br />
Um die Transportsicherheit auch künftig<br />
zu gewährleisten, investiert die First-<br />
DDSG Logistics in die Flotte. Das Schubschiff<br />
»Melk« hat drei neue Motoren mit<br />
insgesamt mehr als 4.300 PS Leistung erhalten.<br />
ausgestatten. Die »Baross« wurde<br />
zu einem effizienten Schubschiff mit<br />
2.300 PS umgebaut. Um Zuge dieses Umbaus<br />
wurden bereits Vorkehrungen für<br />
eine spätere Umrüstung auf grüne Energie<br />
getroffen.<br />
Die neueste Errungenschaft des Unternehmens<br />
ist das erste Schwimmdock in<br />
Österreich mit einer Länge von fast 40 m,<br />
genannt »Smart«, das mit Unterstützung<br />
der Ennshafen OÖ GmbH in Betrieb genommen<br />
werden konnte.<br />
Dieses Dock ermöglicht es der Reederei,<br />
Wartungen und Reparaturen an ihren<br />
Schiffen selbstständig und flexibel<br />
durchzuführen. Der Schritt in die Unabhängigkeit<br />
von Fremdunternehmen<br />
war notwendig, da sich die Anzahl der<br />
Werften entlang der Donau im Laufe der<br />
letzten Jahre sukzessive verringert, begründete<br />
CEO Viatcheslav Vdovitchenko<br />
diesen Schritt.<br />
RD<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
41
LOGISTIK<br />
© ThyssenKrupp Steel Europe<br />
Über den Werkshafen in Schwelgern werden Kohle und Erze umgeschlagen. Die Logistik des Stahlkonzern wird jetzt ausgegliedert und neu organisiert<br />
Werkshäfen öffnen sich für Partner<br />
In Erwartung schwindender Kohlemengen gliedert der Stahlkonzern thyssenkrupp Steel<br />
seine Logistiksparte aus und will sich weiter professionalisieren. Künftig sollen neben<br />
traditionellen Montangütern auch andere Segmente bedient werden. Von Krischan Förster<br />
Thyssenkrupp Steel Europe ist nicht nur<br />
als größter deutscher Stahlproduzent<br />
ein Schwergewicht, sondern zusammen<br />
mit der 50 %-igen Beteiligung HKM (Hüttenwerke<br />
Krupp Mannesmann) auch ein<br />
bedeutender Akteur in der Logistik mit einer<br />
Transportmenge von 142 Mio. t pro<br />
Jahr. Davon landen allein 28 Mio. t, rund<br />
15 % der gesamten von Binnenschiffen<br />
durch Deutschland beförderten Jahresmenge,<br />
in den beiden Werkshäfen Schwelgern<br />
und Walsum. Künftig soll der Umschlag<br />
nicht mehr allein für den Stahlriesen<br />
erfolgen, sondern auch für andere Kunden<br />
und andere Güter. Denn die Logistiksparte<br />
wird in eine Tochtergesellschaft konzentriert<br />
und soll den Transport- und Hafenbereich<br />
künftig unabhängig vom reinen<br />
Stahlgeschäft betreiben. Vier Hochöfen<br />
sind rund um die Uhr im Einsatz, befeuert<br />
mit Kohle und Erz. Doch die Zukunft ist<br />
das nicht. thyssenkrupp ist den Pariser Klimazielen<br />
verpflichtet und will daher weg<br />
von der Kohle. Daher ist der Abschied von<br />
fossilen Brennstoffen beschlossene Sache.<br />
Duisburg will einen Wasserstoff-Hub aufbauen,<br />
die Stahlindustrie ist dabei mit im<br />
Boot, auch thyssenkrupp will in eine klimaneutrale<br />
Produktion investieren, bis<br />
spätestens 2045 soll die Umstellung erfolgt<br />
sein.<br />
In drei Jahren soll die erste Direktreduktionsanlage<br />
(DR) in Betrieb gehen<br />
und einen der vier Hochöfen ersetzen. In<br />
Zukunft plant tk Steel die Stahlproduktion<br />
über die DR-Anlagen mit grünem<br />
Wasserstoff aus erneuerbaren Energien.<br />
Dadurch wird bereits rund ein<br />
Fünftel des Kohlebedarfs von aktuell<br />
rund 6 Mio. t entfallen, die derzeit per<br />
Schiff über den Rhein angeliefert werden.<br />
»Durch die Veränderung beim Ladungsbedarf<br />
wollen wir uns neu aufstellen«,<br />
sagt Markus Micken, seit 20 Jahren im<br />
Unternehmen und seit März Leiter der<br />
Logistiksparte. Als kleinere, flexible Einheit<br />
könne sich die neue Gesellschaft auf<br />
die Veränderung von Logistikprozessen<br />
und der Ressourcennutzung besser einstellen<br />
und auch künftig freie Kapazitäten<br />
für andere Kunden anbieten.<br />
Zum 1. Juli wurde daher die Geschäftseinheit<br />
thyssenkrupp Steel Logistics mit<br />
rund 300 Beschäftigten als zunächst<br />
42 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
LOGISTIK<br />
Markus Micken<br />
Leiter Logistik<br />
ThyssenKrupp Steel Europe<br />
Rohstoffe kommen rein, Stahlprodukte werden abtransportiert<br />
© ThyssenKrupp Steel Europe<br />
100%-ige Tochter eigenständig aufgestellt.<br />
Es handle sich aber nicht um ein<br />
reines Outsourcing, um Kosten zu sparen,<br />
betont Micken. Ein eigener Tarifvertrag<br />
soll gut bezahlte und hochwertige<br />
Arbeitsplätze langfristig sichern. »thyssenkrupp<br />
wird auch immer die Mehrheit<br />
halten«, sagt Micken. Denn das Stahlunternehmen<br />
bleibe auch künftig der<br />
»prioritäre« Kunde, »daneben geht aber<br />
vielleicht ein bisschen mehr.«<br />
Zu den »Assets« gehören der Werkshafen<br />
Schwelgern, an dem Massengut-<br />
Rohstoffe angeliefert werden, und der<br />
Hafen Walsum, wo Stückgut umgeschlagen<br />
wird. An Umschlaganlagen stehen<br />
elf Versandkrane und -brücken, zwei<br />
Mobil-Bagger sowie Bandanlagen zur<br />
Verfügung. Dazu kommen Läger mit insgesamt<br />
315.000 m2 Fläche und eine eigene<br />
Flotte von vier Schubbooten zur Bewegung<br />
der unzähligen Leichter. Zwei der<br />
Schubboote mit diesel-elektrischem Antrieb<br />
und bei Barkmeijer Shipyards in den<br />
Niederlanden gebaut, sind erst im vergangenen<br />
Jahr in Dienst gestellt worden.<br />
»Wir wollen die Umschlag- und Lagerlogistik<br />
weiterentwickeln und professionalisieren«,<br />
sagt Micken. Für den Umschlag<br />
anderer Güter wird ein Partner gesucht,<br />
ein Jahr hat sich das Unternehmen dafür<br />
Zeit gegeben. Bei der Auswahl gelten laut<br />
Micken drei Kriterien: Kompetenz in der<br />
(Umschlag-)Logistik, Erfahrungen in der<br />
Akquise von Drittgeschäft und der Wille,<br />
einen Wachstumskurs einzuschlagen sowie<br />
hochwertige Arbeitsplätze zu schaffen<br />
oder zu erhalten. Den Bedarf an Kaianlagen<br />
und nachgelagerten Logistikflächen<br />
schätzt Micken als groß ein. »Wir<br />
verfügen inmitten der Ballungsregion<br />
Rhein-Ruhr über zwei dringend benötigte,<br />
trimodal angebundene Häfen.« Er verweist<br />
auf den wachsenden Transportbedarf<br />
durch Projekte wie logport VI<br />
von duisport. »Wir können und wollen<br />
dabei helfen, nachhaltige Verkehrskonzepte<br />
unter Einbindung von Schiff und<br />
Bahn für die Logistikdrehscheibe Duisburg<br />
zu entwickeln.« Dies sei auch ganz<br />
im Sinne des »Green Deal«, der Bahn und<br />
Binnenschiff als Verkehrsträger in den Fokus<br />
rücke.<br />
Das Gesicht der beiden Werkshäfen<br />
könnte sich also verändern. Micken kann<br />
sich vieles vorstellen. Ein Containerterminal<br />
vielleicht, auch der Umschlag<br />
von Wasserstoff sei denkbar, selbst wenn<br />
der Großteil des künftigen Bedarfs über<br />
eine bestehende Pipeline abgedeckt werden<br />
dürfte. Über die eigene Werksbahn<br />
und die bestehenden Straßen könne Umschlag<br />
jeglicher Art eingebunden werden.<br />
In die Anlagen vor Ort, bislang ausgelegt<br />
für Schütt- und Stückgut, werde dann zu<br />
gegebener Zeit investiert.<br />
Auch die Flotte an schwimmenden Einheiten<br />
könnte in einer neuen Partnerschaft<br />
neu organisiert werden. »Das werden wir<br />
sehen, wenn es soweit ist«, sagt Micken.<br />
Die ebenfalls zu thyssenkrupp gehörende<br />
Reederei Veerhaven und die Einheit EECV<br />
(Erz- und Kohleumschlag) sind zwar Teil<br />
der Prozessverbesserung, aber von der<br />
Umstrukturierung nicht betroffen. <br />
Mehr Effizienz im Umschlag<br />
Über das Werksgelände mit eigenen Gleisanlagen können Güter jeder Art verladen werden<br />
© ThyssenKrupp Steel Europe<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
43
LOGISTIK<br />
Baustoff-Logistik mit Bahn und Schiff<br />
Der Recycling-Spezialist Blasius Schuster setzt auf trimodale Transportkonzepte, um<br />
weniger Mengen auf der Straße zu befördern. Ein nachhaltiges Wirtschaften ist Teil der<br />
Unternehmensstrategie. Von Krischan Förster<br />
© Blasius Schuster<br />
Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft<br />
ist das Credo des Recycling-<br />
Logistikers Blasius Schuster. Eine Verlagerung<br />
von Transporten auf umweltfreundliche<br />
Verkehrsträger, die Bahn und<br />
die Binnenschifffahrt, gehört aus Sicht<br />
von Geschäftsführer Daniel Imhäuser<br />
zwingend dazu.<br />
Die Bau- und Entsorgungswirtschaft<br />
sorgt in Deutschland für gewaltige Stoffströme.<br />
Sand, Kies und Beton müssen<br />
verbaut, Abbruch und Reststoffe entsorgt<br />
werden. Blasius Schuster gehört zu den<br />
führenden Anbietern in diesem Bereich.<br />
»Wir leben unser Geschäft mit Leidenschaft«,<br />
sagt Geschäftsführer Daniel Imhäuser.<br />
Gegründet 1946 als Spedition im Westerwald<br />
mit zunächst nur einem Lkw, ist<br />
die Unternehmensgruppe zur Jahrtau -<br />
sendwende nach Frankfurt am Main umgezogen<br />
in den vergangenen Jahren stark<br />
expandiert. Jedes Jahr werden mehrere<br />
Millionen Tonnen bewegt, Tag für Tag<br />
sind es viele Tausend Tonnen. Zum angestammten<br />
Revier in Hessen, Rheinland-<br />
Pfalz und Baden-Württemberg sind seit<br />
2018 drei weitere Niederlassungen hinzugekommen<br />
– unter anderem in Nordrhein-Westfalen<br />
und in Bayern, zuletzt<br />
war Aschaffenburg als vorerst jüngster<br />
Standort eröffnet worden.<br />
Das Rhein-Main-Gebiet ist heute der<br />
Hauptmarkt, doch inzwischen gibt es<br />
auch Schuster Nordwest in Dinslaken/<br />
Duisburg als Vertriebsstandort für die<br />
Verwertung von Baurestmassen in Nordrhein-Westfalen<br />
und Niedersachsen. M<br />
Größter Umschlagplatz ist allerdings<br />
der Frankfurter Osthafen mit drei trimodalen<br />
Flächen. In der hessischen Metropole<br />
war und ist Blasius Schuster an<br />
Großprojekten beteiligt, die viele Jahre<br />
dauern – beim Bau der neuen Zentrale<br />
der Europäischen Zentralbank (EZB),<br />
beim Bau von vier neuen Wolkenkratzern<br />
(»The Four«) im Bankenviertel<br />
sowie beim Bau der U-Bahn.<br />
Millionen Lkw-Kilometer gespart<br />
Per Schiff, Bahn und Lkw werden Bodenaushub<br />
und Bauabfälle quer durch die<br />
Republik bewegt und bei Blasius Schuster<br />
angeliefert oder abtransportiert, teilweise<br />
auch in eigenen Recycling-Anlagen aufbereitet.<br />
Dadurch spart Blasius Schuster<br />
heute bereits jährlich 150–200 Mio. Lkw-<br />
In der Frankfurter City übernimmt Blasius Schuster die Entsorgungslogistik von drei Großbaustellen<br />
Daniel Imhäuser<br />
Geschäftsführer Blasius Schuster<br />
Kilometer und die damit verbundenen<br />
CO2-Emissionen ein. Für Bahnbaustellen<br />
wird die anspruchsvolle Logistik zwischen<br />
32 Entsorgungsanlagen von der<br />
Unternehmenstochter G+S in Stuttgart<br />
koordiniert, die Schuster gemeinsam mit<br />
zwei Entsorgern in Stuttgart und Nürnberg<br />
betreibt.<br />
Transportiert wird bevorzugt trimodal,<br />
also über alle Verkehrsträger. Vorrang haben<br />
in der Unternehmensstrategie aber<br />
ganz klar Bahn und Schiff. »Wir kommen<br />
nicht ohne den Lkw aus, gerade bei der<br />
Baustellenbedienung vor Ort«, sagt Imhäuser,<br />
»aber wir wollen so viel wie möglich<br />
Ladung von der Straße holen.« Inzwischen<br />
sind das jährlich rund 500 Schiffsladungen<br />
und 300 Ganzzüge im Regelverkehr<br />
auf der Schiene. Dazu kommen bei<br />
Bedarf weitere »Spot«-Transporte.<br />
An dieser Ausrichtung habe auch die<br />
seit gut zwei Jahren anhaltende Corona-<br />
Pandemie nichts geändert. »Wir konnten<br />
ungeachtet aller Einschränkungen unseren<br />
Takt aufrecht erhalten«, berichtet Imhäuser.<br />
Sein Dank gilt den Transportunternehmen<br />
wie der Duisburger DTG.<br />
»Wir schließen in der Regel langfristige<br />
Verträge, das nutzt beiden Seiten.« So wie<br />
Blasius Schuster zu den Geschäftspartnern<br />
stehe, hätten diese auch in der Corona-Zeit<br />
alle Verpflichtungen erfüllt.<br />
»Insofern können wir auch schwierige<br />
Phasen gemeinsam durchstehen.«<br />
© Blasius Schuster / Fichtner<br />
44 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
LOGISTIK<br />
Wo immer es geht, setzt das Unternehmen auf den Transport per Binnenschiff<br />
Im Sommer vergangenen Jahres konnte<br />
das Portfolio sogar durch neue Schüttgut-Verkehre<br />
im Großraum Stuttgart erweitert<br />
werden. Angeliefert und abtransportiert<br />
wird per Bahn und Schiff. Aus<br />
Thüringen und Sachsen-Anhalt, wo eine<br />
der größten Sandtagebaustätten Europas<br />
liegt, organisiert Blasius Schuster Lieferungen<br />
von Betonzuschlagstoffen per<br />
Bahn, retour geht es mit dem Aushub von<br />
den Baustellen. Ein weiterer Ausbau der<br />
Aktivitäten sei auch künftig nicht ausgeschlossen,<br />
»aber aktuell stehen keine<br />
konkreten Projekte an«, so Imhäuser.<br />
Dennoch spürt auch Blasius Schuster indirekt<br />
die Auswirkungen der Krise, die sich<br />
zusätzlich durch den Ukraine-Krieg verschärft<br />
hat. Weil viel Schiffsraum an der<br />
Donau für Agrarprodukte und am Rhein<br />
für den Kohletransport gebunden ist, ist<br />
Laderaum knapp geworden und bei Bedarf<br />
schwerer zu bekommen. Das sei eine Entwicklung,<br />
die derzeit den Verlagerungszielen<br />
entgegenwirke, sagt Imhäuser.<br />
möglichst kurze und/oder ressourcenschonende<br />
Transportwege zu etablieren. Es<br />
müsse darum gehen, das Material nicht<br />
mehr über Hunderte von Kilometern zu<br />
fahren, sondern gleich vor Ort für neue<br />
Bauprojekte verwerten, um weniger Rohstoffe<br />
zu verbrauchen. Das setze sich zwar<br />
langsam in den Köpfen durch, doch Imhäuser<br />
sieht ein weitaus größeres Potenzial.<br />
Er wünscht sich dabei mehr Unterstützung<br />
seitens des Gesetzgebers. Er plädiert<br />
für eine Rohstoffsteuer, um größere Mengen<br />
in den Recycling-Prozess zu bringen.<br />
Einen Betrag von 2 € pro Tonne hält er<br />
für angemessen, um einen größeren Anreiz<br />
zu setzen. Auch der bevorzugte Einsatz<br />
von Bahn und Schiff könnte vom Gesetzgeber<br />
besser geregelt werden, vergaberechtlich<br />
sei das machbar. Perspektivisch<br />
wird Blasius Schuster vermehrt<br />
in weitere Recyling-Anlagen investieren.<br />
<br />
Nachhaltiges Geschäftsmodell<br />
Seine Gedanken kreisen allerdings nicht<br />
nur um das operative Geschäft. Neben den<br />
wirtschaftlichen Effekten geht es in dem<br />
Unternehmen auch immer um die Klimabilanz<br />
und die Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells.<br />
In der Logistik heißt das,<br />
Blick auf den Frankfurter Osthafen, der größte trimodale Umschlagplatz von Blasius Schuster<br />
© Blasius Schuster<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
45
LOGISTIK<br />
Bis zu 2.000 Coils haben in der 9.000 m2 großen, beheizten Stahllagerhalle Platz<br />
Die Krananlage musste weichen – neuer Einsatzort ist die 100 m entfernte duisport packing logistics<br />
© HSL<br />
Das Binnenschiff ist für Haeger & Schmidt ein wichtiger Verkehrsträger, auch am neuen Stahlhub<br />
Ergänzend zu den Bahnverkehren treffen<br />
Straßentransporte auf der Stahlinsel ein<br />
46 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
LOGISTIK<br />
Haeger & Schmidt hat 12 Mio. € in einen neue Logistik-Hub in Duisburg investiert<br />
© HSL<br />
HAEGER & SCHMIDT<br />
Hochwertige Stahlprodukte in temperierter Halle<br />
Wie passen Bahn, Binnenschiff und Lkw<br />
unter ein Dach, so dass ein wettergeschützter<br />
Umschlag ermöglicht wird<br />
ohne das hochwertige Stahlprodukte Frost<br />
oder Kondensation ausgesetzt sind? Haeger<br />
& Schmidt Logistics (HSL) hat mit seinem<br />
trimodalen Stahl-Hub eine richtungsweisende<br />
Lösung geschaffen und<br />
schließt damit eine Bedarfslücke im Segment<br />
von hochwertigen Stahlprodukten.<br />
Wir zeigen in Fotos das beeindruckende<br />
Areal und die Anlagen.<br />
Herzstück ist die beheizbare 9.000 m2<br />
große Stahlhalle mit einer Kapazität von<br />
etwa 60.000 t für hochwertige Stahlprodukte.<br />
Zwei Halbzuggleise mit je 210 m<br />
Länge führen in die Halle zur Abfertigung<br />
eines Ganzzuges. Außerdem wird<br />
der Neubau an die große Bestandshalle<br />
mit Wasseranschluss über eine Coil-<br />
Fähre überdacht angebunden.<br />
Das neue Stahllogistik-Hub gesellt sich<br />
zu den multimodalen Hafenterminals des<br />
HSL-Mutterkonzerns Felbermayr in Krefeld,<br />
Linz und Wien/Albern sowie zum<br />
seit dem vergangenen Jahr bestehenden<br />
Joint Venture von HSL mit PSA Breakbulk<br />
in Antwerpen. Sowohl für das stabile<br />
Exportgeschäft als auch das zunehmende<br />
Importgeschäft bringt das moderne<br />
Terminal als Hub zahlreiche Zeit- und<br />
Qualitätsvorteile.<br />
Mit dem Neubau wurden bei Haeger<br />
& Schmidt die Weichen für ein signifikantes<br />
Wachstum im Bereich hochwertiger<br />
Stahlprodukte am Standort<br />
Duisburg gestellt. Durch die Investition<br />
will HSL tiefer in die Logistikkette einsteigen<br />
und Stahllogistik aus einer Hand<br />
anzubieten. Sowohl für das stabile Exportgeschäft<br />
als auch das zunehmend an<br />
Fahrt gewinnende Importgeschäft bringt<br />
das moderne Terminal als Hub zahlreiche<br />
Zeit- und Qualitätsvorteile.<br />
Zu den Tätigkeiten von HSL gehört neben<br />
dem klassischen Handling und der<br />
Lagerung auch das seemäßige Stauen der<br />
Container sowie die fachmännische Entladung<br />
der Coils und Bleche aus den Boxen.<br />
Außerdem übernimmt HSL die<br />
Steuerung des Nach- oder Vorlaufs per<br />
Binnenschiff, Bahn, Lkw und Shortsea.<br />
Auf der Stahlinsel werden jährlich über<br />
1 Mio. t Stahl umgeschlagen. Somit ist alles<br />
gerichtet, um einen neuen Logistik-<br />
Hub für die Branche zu entwickeln und<br />
nachhaltig aufzustellen.<br />
<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
47
LOGISTIK<br />
Kombiverkehr mit 9,3 % Plus<br />
Rund 937.959 Lkw-Sendungen konnte die Kombiverkehr im vergangenen Jahr auf die<br />
Schiene verlagern. Es hätten mehr sein können, wenn es keine Störungen aufgrund von<br />
verstärkten Baumaßnahmen an der Gleisinfrastruktur gegeben hätte<br />
Täglich konnten rund 3.700 Lkw-Fahrten von<br />
der Straße auf die Bahn verlagert werden<br />
Im Geschäftsjahr 2021 hat die Kombiverkehr<br />
KG mit einem Zugewinn in<br />
Höhe von 9,3 % insgesamt 937.959<br />
(1,88 Mio. TEU) Lkw-Sendungen auf die<br />
Schiene verlagert und damit die Trendwende<br />
in der Mengenentwicklung geschafft.<br />
Darüber informierte das Unternehmen<br />
seine Kommanditisten während<br />
der letzten Gesellschafterversammlung.<br />
In den Geschäftsfeldern Nationaler und<br />
Internationaler Verkehr wurden den Angaben<br />
zufolge deutliche Zugewinne erzielt.<br />
Mit ausschlaggebend seien unter anderem<br />
die Neuverkehre auf dem Korridor<br />
Deutschland/Benelux – Italien via<br />
Schweiz sowie die neuen Routingmöglichkeiten<br />
über die Schnellumschlaganlage<br />
MegaHub Hannover Lehrte gewesen.<br />
Wichtigstes Handlungsfeld der Gesellschaft<br />
ist derzeit die Leistungsqualität in<br />
enger Zusammenarbeit mit den Bahngesellschaften,<br />
um den Kombinierten Verkehr<br />
auch weiterhin als die klimafreundlichste<br />
Transportlösung marktgerecht anbieten<br />
zu können. Zudem soll eine<br />
Stromkosten-Bremse die steigende finanzielle<br />
Belastung der Intermodal-Nutzer<br />
abfedern und ein finanzieller Ausgleich<br />
auf Kundenseite für Entschädigung aufgrund<br />
von qualitätsbedingten belasteten<br />
Lieferketten sorgen.<br />
© Kombiverkehr<br />
Die Gesellschaft erwirtschaftete im<br />
vergangenen Jahr einen Umsatz in Höhe<br />
von 421,9 Mio. €. Ab Herbst <strong>2022</strong> soll ein<br />
neues Kundenportal den Zugang zum<br />
Kombinierten Verkehr und die Abwicklung<br />
intermodaler Transporte vereinfachen<br />
und noch transparenter machen.<br />
Ein »kräftiges« Wachstum verzeichnete<br />
der Operateur bei der Gesamttonnage<br />
und der Transportleistung. Die<br />
auf Kombiverkehr-Zügen beförderte<br />
Transportmenge legte um 9,2 % auf insgesamt<br />
22,16 Mio. Bruttotonnen zu. Bei<br />
einer mittleren Transportentfernung der<br />
Sendungen von 833 km hat sich die<br />
Transportleistung sogar um 10,2 % auf<br />
18,46 Mrd. Tonnenkilometer verbessert.<br />
Mit ihrer Entscheidung, für die Beförderung<br />
ihrer Güter die intermodale<br />
Transportlösung mit dem Hauptlauf<br />
Schiene zu wählen, haben die Kunden<br />
von Kombiverkehr im vergangenen Jahr<br />
den Ausstoß von Kohlendioxid um<br />
1,1 Mio. t gesenkt. Die Sendungen, die an<br />
den mehr als 110 im Netzwerk enthaltenen<br />
Terminals aufgeliefert wurden,<br />
entlasteten den Unternehmensangaben<br />
zufolge die deutschen und europäischen<br />
Fernstraßen um 781 Mio. Fahrzeugkilometer,<br />
was bei 251 Verkehrstagen einem<br />
täglichen Verlagerungseffekt von<br />
durchschnittlich 3.700 Lkw-Fahrten entspricht.<br />
Mehr Sendungen in Deutschland<br />
Die von Kombiverkehr im Jahr 2021 annähernd<br />
80.000 zusätzlich transportierten<br />
Sendungen verteilten sich mit<br />
mehr als 25.000 Lkw-Einheiten auf das<br />
nationale Netzwerk de.NETdirekt+ sowie<br />
mit 55.000 Sendungen auf das internationale<br />
Netzwerk eu.NETdirekt+. Der Anteil<br />
des Binnenverkehrs am Gesamtvolumen<br />
der Gesellschaft ist damit auf 20 % gestiegen.<br />
Insgesamt wurden innerhalb<br />
Deutschlands 190.521 intermodale Einheiten<br />
befördert. Dies entspricht einem<br />
Zugewinn von 15,4 % gegenüber dem<br />
Vorjahreszeitraum. Das Aufkommen im<br />
grenzüberschreitenden Verkehr stieg um<br />
7,9 % von 693.021 Sendungen im Jahr<br />
2020 auf 747.438 Sendungen im Jahr<br />
2021.<br />
Die internationalen Geschäftsbereiche<br />
haben sich unterschiedlich entwickelt.<br />
Während die Bereiche Ost- und Westeuropa<br />
ein deutliches Plus beim Aufkommen<br />
verzeichnen konnten, gingen die<br />
Sendungsmengen im Verkehr von und<br />
nach Nordeuropa leicht um 2,3 % zurück.<br />
Im Marktbereich Südeuropa konnten geringe<br />
Verluste aus dem vorletzten Jahr<br />
wieder ausgeglichen werden, heißt es.<br />
Der im Jahr 2021 neu installierte Vertriebsbereich<br />
Benelux-Italien verbuchte<br />
bis zum Jahresende mehr als 34.000 Sendungen.<br />
»Die Nachfrage nach intermodalen Logistikdienstleistungen<br />
stieg zwischen<br />
März und Juni im Vergleich zum Vorjahr<br />
rasant an und stabilisierte sich dann ab<br />
dem Sommer mit Zuwachsraten im mittleren<br />
einstelligen Niveau. Die Auswirkungen<br />
der Corona-Pandemie waren<br />
2021 weitaus geringer als noch 2020. Zudem<br />
kam es deutschland- und europaweit<br />
zu einer wirtschaftlichen Erholung,<br />
wenngleich auch weniger deutlich<br />
als ursprünglich prognostiziert«,<br />
kommentiert Geschäftsführer Alexander<br />
Ochs das Jahresergebnis. »Allerdings ist<br />
festzuhalten, dass im vergangenen Jahr<br />
infolge von Störungen im Zugbetrieb<br />
mehr als 3.000 Kombiverkehr-Züge ausgefallen<br />
sind. Annähernd 90.000 Lkw-<br />
Sendungen konnten somit nicht effizient<br />
und nachhaltig mit Kombiverkehr auf<br />
der Schiene transportiert werden.«<br />
In den ersten Monaten Januar bis Mai<br />
<strong>2022</strong> setzte sich die positive Sendungsentwicklung<br />
bei dem Frankfurter Unternehmen<br />
fort, heißt es. Auch vor dem<br />
Hintergrund der weltwirtschaftlichen<br />
Entwicklungen, der Auswirkungen von<br />
gestörten Lieferketten durch Lockdowns<br />
in Asien und der Folgen des Krieges in<br />
der Ukraine ließen die straßenseitigen<br />
Herausforderungen wie Fahrermangel<br />
und Klimaschutz die Nachfrage nach intermodalen<br />
Transporten aktuell nicht abreißen:<br />
Mit über 418.000 Lkw-<br />
Sendungen wurden rund 8 % mehr befördert,<br />
so Kombiverkehr.<br />
RD<br />
48 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
LOGISTIK<br />
CONTARGO<br />
Terminal in Voerde-Emmelsum wird erweitert<br />
© Contargo<br />
(v.l.): Christian Epple, Manager Business Development & Projects Contargo, Jürgen Albersmann, Geschäftsführer Contargo, Andreas Stolte Geschäftsführer<br />
DeltaPort, Dieter Thurm, Technischer Leiter DeltaPort, und Sascha Noreika, Geschäftsführer Contargo Rhein-Waal-Lippe<br />
Im Rahmen eines europaweiten Vergabeverfahrens<br />
hat Contargo den Zuschlag<br />
für eine zusätzliche Fläche im Hafen<br />
Voerde-Emmelsum von DeltaPort erhalten.<br />
Für 15. Mio. € will das Logistikunternehmen<br />
sein Containerterminal dort<br />
erweitern. Auf der rund 11.000 m 2 großen,<br />
an das Bestandsterminal der Contargo<br />
angrenzenden Fläche, soll in den kommenden<br />
Jahren das Container-Terminal<br />
erweitert und die Kaje um 130 m verlängert<br />
werden. Das Unternehmen will<br />
damit sein Dienstleistungsangebot am<br />
Niederrhein und im nördlichen Ruhrgebiet<br />
weiter ausbauen und mit der durch<br />
DeltaPort angestoßenen Entwicklung des<br />
Logistikstandortes, mit weiteren großen<br />
Ansiedlungen und daraus resultierenden<br />
Umschlagmengen, im Hafen Voerde-Emmelsum<br />
und im Rhein-Lippe-Hafen Wesel<br />
Schritt halten.<br />
Das Container-Terminal im Hafen Voerde-Emmelsum<br />
wird seit 2017 von Contargo<br />
betrieben. »Die Teilnahme an der<br />
Ausschreibung und die Erweiterung des<br />
Terminals waren insbesondere mit Blick<br />
auf die durch DeltaPort angestoßene Entwicklung<br />
des Hafens als Standort für zahlreiche<br />
neue, import- wie exportorientierte<br />
Lagerleistungen, ein naheliegender<br />
Schritt«, sagt Jürgen Albersmann, Geschäftsführer<br />
der Contargo GmbH & Co.<br />
KG. »Wir werden rund 15 Mio. € in die<br />
Erweiterung und Steigerung der Umschlagleistung<br />
des Terminals investieren.<br />
Teil dieser Maßnahme ist unter anderem<br />
ein zweiter Hochleistungskran.«<br />
Die Terminalbetriebsgesellschaft Contargo<br />
Rhein-Waal-Lippe GmbH, organisiert<br />
bereits seit 2017 umfassende Containerlogistik<br />
per Binnenschiff und Bahn für<br />
Kunden am Niederrhein und im nördlichen<br />
Ruhrgebiet. »Durch den Ausbau<br />
können wir das Dienstleistungsangebot<br />
für unsere Kunden deutlich ausweiten.<br />
Am Terminal können künftig zwei Binnenschiffe<br />
und ein Ganzzug parallel abgefertigt<br />
werden. Ideale Voraussetzungen<br />
für sogenannte Hub-Verkehre«, so Sascha<br />
Noreika, Geschäftsführer der Contargo<br />
Rhein-Waal-Lippe GmbH. <br />
NACHHALTIG UNTERWEGS.<br />
Transporte per Schiff und Bahn sind<br />
ökologisch und ökonomisch sinnvoll.<br />
Für die Industrie, für die Umwelt.<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
49
LOGISTIK<br />
Osnabrück präsentiert Leistungsfähigkeit<br />
»Logistik zum Anfassen« war das Motto einer Infoveranstaltung, bei der sich rund 240<br />
Gäste vor Ort über den Betrieb auf dem Container Terminal Osnabrück informieren<br />
konnten. Eingeladen hatten dazu Hafen Hamburg Marketing und TFG Transfracht<br />
Die Gäste aus den Bereichen Industrie,<br />
Handel und Verkehrswirtschaft<br />
sowie Vertreter von Institutionen und<br />
Organisationen nutzten die Gelegenheit<br />
dieses »außergewöhnlichen« Veranstaltungsformats,<br />
um den Terminalbetrieb<br />
»hautnah« zu erleben sowie das<br />
Leistungsangebot der einzelnen Partner<br />
kennenzulernen, so die Veranstalter. Alle<br />
Abläufe auf dem Container Terminal Osnabrück<br />
konnten aus nächster Nähe verfolgt<br />
und erlebt werden. Über die vielfältigen<br />
Möglichkeiten im kombinierten<br />
Verkehr erhielten die Gäste der Veranstaltung,<br />
darunter sehr viele Verlader<br />
aus der Region, direkt auf dem Terminal<br />
aus dem Kreis der Speditions- und Terminalpartner<br />
viele Informationen.<br />
Markus Heinen, Leiter der Hafen<br />
Hamburg Marketing Repräsentanz<br />
Deutschland-West, freute sich über die<br />
starke Beteiligung der regionalen Spediteure<br />
am CTOS: »Die CTOS Betreibergesellschaft<br />
zeichnet sich durch eine<br />
ungewöhnliche, aber schlaue Struktur<br />
aus. Unternehmen, die ansonsten im<br />
Markt konkurrieren, treten in eine Partnerschaft,<br />
mit dem gemeinsamen Ziel<br />
mehr Güter auf die Schiene zu bringen<br />
und sichern so den Erfolg. Im Bereich<br />
Marketing gibt es eine weitere partnerschaftliche<br />
Ebene: die Mitgliedschaften<br />
von CTOS sowie TFG<br />
Transfracht bei Hafen Hamburg Marketing«,<br />
sagte Heinen.<br />
Nahmen unter anderem an der Veranstaltung teil (v.l.): Markus Heinen, Rolf Meyer, Clemens Haskamp,<br />
Björn Tiemann, Katharina Pötter, Stephan Rolfes, Frank Erschkat und Frank Gedat<br />
»Unternehmen, die ansonsten im<br />
Markt konkurrieren, treten in<br />
eine Partnerschaft, mit dem<br />
gemeinsamen Ziel, mehr Güter<br />
auf die Schiene zu bringen«<br />
Markus Heinen<br />
Auch Transfracht sei »sehr erfreut« von<br />
der erfolgreichen Startphase am CTOS<br />
Terminals in Osnabrück gewesen und<br />
reagierte laut eigenen Angaben infolgedessen<br />
mit einer Angebotsausweitung.<br />
»Bereits zum 12. Juni haben<br />
wir unser Leistungsangebot unserer<br />
sechswöchentlichen Verbindungen ausgeweitet.<br />
Neben dem Hamburger Hafen<br />
sind ab sofort ebenfalls die Häfen Bremerhaven<br />
und Wilhelmshaven angebunden«,<br />
erklärte der Sprecher der Geschäftsführung<br />
von TFG Transfracht,<br />
Frank Erschkat.<br />
Die beiden CTOS Geschäftsführer Clemens<br />
Haskamp und Björn Tiemann freuten<br />
sich über das große Interesse und die<br />
vielen Gäste auf ihrer Anlage, die aus einem<br />
Terminal mit mehr als 100.000 m 2<br />
Fläche, zwei Portalkränen, einem<br />
Reachstacker und insgesamt mehr als<br />
3500 m Gleislänge besteht. Für Osnabrücks<br />
Bürgermeisterin Katharina Pötter<br />
ist das CTOS für die Stadt als Logistikstandort<br />
von Bedeutung.<br />
RD<br />
© Uwe Lewandowski<br />
50 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SEEHÄFEN | SHORTSEA<br />
Die Fertigstellung des Projektes soll 2025 erfolgen<br />
Ansiedlungserfolg im JadeWeserPort<br />
Im Güterverkehrszentrum JadeWeserPort in Wilhelmshaven – Deutschlands einzigem<br />
Tiefwasserhafen – wird eine 140.000 m 2 große Logistikfläche entstehen. Darauf sollen<br />
insgesamt drei Logistikhallen gebaut werden<br />
© P3<br />
Geplant wird die Logistikfläche von<br />
P3 Logistic Parks. Der Erbbaurechtsvertrag<br />
für das 21 ha große Grundstück<br />
im Zentrum des GVZ mit der Container<br />
Terminal Wilhelmshaven JadeWeserPort-Marketing<br />
GmbH & Co. KG<br />
wurde am 2. Juni unterzeichnet. Das Projekt<br />
soll etappenweise bis Anfang 2025<br />
fertiggestellt werden. P3 wurde von<br />
CBRE Deutschland bei der Vermittlung<br />
des Grundstücks unterstützt.<br />
P3 Logistic Parks plant im Wilhelmshavener<br />
JadeWeserPort die spekulative<br />
Errichtung von drei Logistikhallen mit<br />
einer gesamten Hallenfläche von gut<br />
122.000 m 2 . Inklusive knapp 11.000 m 2<br />
Mezzanin und 7.000 m 2 Bürofläche ergeben<br />
sich insgesamt rund 140.000 m 2<br />
vermietbare Fläche.<br />
Eine Besonderheit des Projekts sei, dass<br />
in einer der Hallen unter Berücksichtigung<br />
besonderer baulicher Voraussetzungen<br />
zu schützende Zollgüter untergebracht<br />
werden können, so P3. Für die<br />
Verladung sperriger Frachtgüter will P3<br />
zusätzlich größere Tore einbauen. Zudem<br />
stattet der Entwickler alle Dächer mit<br />
Photovoltaikanlagen aus. Die Hallen besitzen<br />
eine lichte Höhe von 12 m, 17 ebenerdige<br />
Tore und 111 Überladebrücken.<br />
»Es ist für uns und den Standort schon<br />
eine große Auszeichnung, wenn sich ein<br />
so großer Entwickler wie P3 für das GVZ<br />
JadeWeserPort entscheidet«, sagt Andreas<br />
Bullwinkel, Geschäftsführer der<br />
Container Terminal Wilhelmshaven JadeWeserPort-Marketing.<br />
»Die Zusammenarbeit<br />
bei den Vertragsgesprächen<br />
war sehr strukturiert und<br />
hoch professionell. Im Ergebnis werden<br />
wir ein Angebot an weiteren Hallenflächen<br />
sehen, das dem Hafen weitere,<br />
zusätzliche Ladung bringen wird, die für<br />
die Reedereien wichtig ist. Die Installation<br />
einer derart großen Photovoltaik-Fläche<br />
auf den Dächern ist ein starkes<br />
Signal dafür, dass man auch im Bereich<br />
der Real Estate Entwicklungen sehr<br />
nachhaltig arbeiten kann. Stadt und Umland<br />
werden über das weitere Angebot an<br />
qualifizierten Arbeitsplätzen profitieren«,<br />
so Bullwinkel.<br />
Bernd Althusmann, Niedersachsens<br />
Wirtschaftsminister und Aufsichtsratsvorsitzender<br />
der Container Terminal Wilhelmshaven<br />
JadeWeserPort-Marketing<br />
kommentiert: »Die Unterzeichnung des<br />
Erbbaurechtsvertrages zwischen P3 Logistic<br />
Parks und der landeseigenen Jade-<br />
WeserPort-Marketinggesellschaft über<br />
das 21 ha große Grundstück ist nach dem<br />
Einstieg der Reederei Hapag-Lloyd am<br />
Eurogate Container Terminal im vergangenen<br />
Jahr ein weiterer großartiger<br />
Erfolg für den JadeWeserPort und Wilhelmshaven.<br />
Die anstehende Investition<br />
in rund 140.000 m 2 vermietbare Logistikfläche<br />
durch einen der führenden Immobilienentwickler<br />
in Europa unterstreicht<br />
die internationale Bedeutung des JadeWeserPorts<br />
und des maritimen Standorts<br />
Niedersachsen. Ich möchte ausdrücklich<br />
der Vertriebsmannschaft der JadeWeser-<br />
Port-Marketinggesellschaft für diesen tollen<br />
Ansiedlungserfolg danken.« RD<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
51
SEEHÄFEN | SHORTSEA<br />
Hafen Dortmund auf Wachstumskurs<br />
Trotz eines coronabedingt schwierigen Marktumfeldes hat der Güterumschlag im<br />
Dortmunder Hafen in 2021 um rund 5 % zugelegt. Insgesamt wurden 3,8 Mio. t<br />
umgeschlagen. Ein Jahr zuvor waren es rund 3,6 Mio. t<br />
© Dortmunder Hafen<br />
Rund 1,49 Mio. t Güter steuerte die Binnenschifffahrt zum Ergebnis bei<br />
Vorgestellt wurde diese Jahresbilanz<br />
vor Kurzem von Uwe Büscher, Vorstand<br />
der Dortmunder Hafen AG. Zum<br />
Aufwärtstrend habe sowohl der wasserseitige<br />
Umschlag als auch der Umschlag<br />
per Eisenbahn beigetragen, heißt es.<br />
Rund 2,3 Mio. t entfallen auf den Umschlag<br />
per Binnenschiff. Weitere<br />
1,49 Mio. t steuerte die Dortmunder Eisenbahn<br />
bei. Während beim wasserseitigen<br />
Umschlag in den Gütergruppen<br />
Baustoffe (minus 14 %) und Schrott (minus<br />
18 %) Rückgänge zu verzeichnen<br />
sind, legt die Importkohle um 53 % zu.<br />
Das entspricht einem Plus von 53.000 t.<br />
Einen leichten Rückgang (minus 1 %)<br />
gab es beim Mineralöl. Einen deutlichen<br />
Sprung nach oben um mehr als 200 %<br />
verzeichnet die Gütergruppe Eisen und<br />
Stahl. Noch 2020 war das Aufkommen<br />
infolge coronabedingter Kurzarbeit in<br />
der Automobilproduktion um 68 % gesunken,<br />
so der Dortmunder Hafen.<br />
Container als größte Gütergruppe<br />
Uwe Büscher, Vorstand Dortmunder Hafen AG<br />
Mit einem Anteil von 52 % stellen Container<br />
nach wie vor die mit Abstand<br />
größte Gütergruppe. Der Tonnage-<br />
Umschlag ist um rund 8 % (88.000 t) gestiegen.<br />
Wie sich der Umschlag <strong>2022</strong> entwickelt,<br />
bleibt angesichts weltweit gestörter<br />
Lieferketten abzuwarten.<br />
Trotz erschwerter Marktbedingungen<br />
konnte die Dortmunder Hafen AG 2021<br />
ein solides Ergebnis von gut 1,3 Mio. €<br />
erzielen, das an den Hauptgesellschafter<br />
DSW21 abgeführt wird. Hinzu kommen<br />
weitere 5 Mio. € Erlöse aus der treuhändischen<br />
Grundstücksverwaltung im Auftrag<br />
der Stadt Dortmund. Die Erlöse fließen<br />
dem städtischen Haushalt zu.<br />
Auch die 171 Unternehmen im Dortmunder<br />
Hafen als Dortmunds wichtigsten<br />
Industriegebiet tragen den Hafenbetreibern<br />
zufolge »kräftig« zu Wertschöpfung<br />
und kommunalen Steuereinnahmen<br />
bei: Laut einer aktuellen Studie<br />
des Dortmunder Instituts für Wissensökonomie<br />
(IFWI) betrage der erwirtschaftete<br />
Umsatz im Industriegebiet<br />
Dortmunder Hafen mehr als 1 Mrd. €.<br />
Das sind 4,25 % des Dortmunder BIP.<br />
»Hafenlogistik ist sowohl ein Garant der<br />
Daseinsvorsorge in Krisen als auch ein<br />
wichtiger Hebel zur Realisierung einer<br />
Verkehrswende. Die Zahlen zeigen: Der<br />
Dortmunder Hafen trägt dazu bei, dass<br />
Güter zunehmend über Wasserstraße und<br />
Schiene ans Ziel gelangen und dadurch die<br />
Umwelt schonen«, sagt Uwe Büscher. RD<br />
52 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
SEEHÄFEN | SHORTSEA<br />
Duisport und Amsterdam bündeln Kräfte<br />
Bei der Umstellung auf erneuerbare Energien wollen die Häfen Duisburg und Amsterdam<br />
eine Vorreiterrolle übernehmen. Um dies zu erreichen, bündeln beide ihre Kräfte und<br />
wollen unter anderem eine Lieferkette für Wasserstoff im kommerziellen Maßstab aufbauen<br />
Markus Bangen, CEO von Duisport, und Koen Overtoom, CEO des Amsterdamer Hafens<br />
Wie die beiden Hafenunternehmen<br />
mitteilen, wollen sie ihre langjährige<br />
Zusammenarbeit ausbauen. Markus<br />
Bangen, CEO von Duisport, und Koen<br />
Overtoom, CEO des Amsterdamer Hafens,<br />
haben angekündigt, dass die Häfen<br />
gemeinsam die Wasserstoff-Wertschöpfungskette<br />
und ihr Hinterlandnetzwerk<br />
weiterentwickeln werden. Um das<br />
Engagement ihrer Organisationen für<br />
diese gemeinsamen Ziele zu unterstreichen,<br />
haben beide Geschäftsführer<br />
eine Absichtserklärung unterzeichnet.<br />
Ambitionen im Energiebereich<br />
Die Häfen haben laut eigenen Angaben<br />
große Ambitionen im Energiebereich<br />
und wollen bei der Umstellung auf nachhaltige<br />
und erneuerbare Energiequellen<br />
eine Vorreiterrolle einnehmen. Sie wollen<br />
daher gemeinsam das Potenzial verschiedener<br />
Wasserstoffträgertechnologien<br />
untersuchen, um eine internationale<br />
Lieferkette für Wasserstoff im<br />
kommerziellen Maßstab aufzubauen.<br />
Der Import, die Speicherung und die<br />
© Max Dijksterhuis<br />
Verteilung von grünen Wasserstoffträgern<br />
spielt den Hafenangaben zufolge<br />
eine entscheidende Rolle bei der Energiewende<br />
in der Industrie und im maritimen<br />
Sektor.<br />
Der Amsterdamer Hafen ist Teil des<br />
H2A-Konsortiums, das die Einfuhr von<br />
einer Million Tonnen grünem Wasserstoff<br />
in den Amsterdamer Hafen anstrebt und<br />
mehrere wichtige Akteure der Wasserstoffindustrie<br />
umfasst. Das H2A-Projekt<br />
bildet eine einzigartige Plattform, die nun<br />
mit Duisport verbunden werden kann,<br />
um eine durchgängige Wertschöpfungskette<br />
für grüne Wasserstoffträger zwischen<br />
beiden Häfen zu schaffen.<br />
Koen Overtoom, CEO Hafen von<br />
Amsterdam: »Ich freue mich sehr, die<br />
Partnerschaft zwischen Duisport und<br />
dem Hafen Amsterdam bekannt zugeben.<br />
Beide Häfen haben erkannt, wie<br />
wichtig es ist, gemeinsam neue Korridore<br />
für nachhaltige Energieträger zu entwickeln,<br />
um die internationalen Lieferketten<br />
zu dekarbonisieren. Diese Partnerschaft<br />
stärkt unsere strategischen Initiativen,<br />
die darauf abzielen, eine Führungsrolle<br />
bei der Erleichterung der<br />
Energiewende zu übernehmen, und ergänzt<br />
unsere starke Zusammenarbeit mit<br />
unseren bewährten Partnern.«<br />
»Mit dem Ausbau unserer vertrauensvollen<br />
Partnerschaft mit dem Amsterdamer<br />
Hafen setzen wir ein wichtiges<br />
Signal über nationale Grenzen hinweg:<br />
Nur gemeinsam können wir globale Herausforderungen<br />
wie die Energiewende<br />
meistern. Ich freue mich daher auf eine<br />
weitere enge Zusammenarbeit, um die<br />
Entwicklung eines europaweiten Wasserstoff-Netzwerks<br />
zügig voranzutreiben<br />
und unsere Funktion als zentrale Logistik-Drehscheibe<br />
für Europa zu stärken«,<br />
ergänzt Markus Bangen, CEO Duisport.<br />
Gemeinsames Hinterlandnetzwerk<br />
Neben der Entwicklung der grünen Wasserstoff-Wertschöpfungskette<br />
wollen<br />
Duisport und der Amsterdamer Hafen<br />
gemeinsame kommerzielle Projekte zum<br />
weiteren Ausbau ihrer Hinterlandnetzwerke<br />
auf den Weg bringen. Amsterdam<br />
und Duisburg sind laut eigenen Angaben<br />
über Binnenschifffahrts-, Land- und<br />
Schienenkorridore gut miteinander verbunden<br />
und liegen zentral innerhalb des<br />
umfangreichen europäischen Netzwerks.<br />
Zusätzlich zu den bestehenden täglichen<br />
Binnenschiffsverbindungen wurde 2019<br />
ein Bahnshuttle Amsterdam – Duisburg<br />
eingerichtet. Dieser Shuttle bildet einen<br />
wichtigen Korridor, der die Kurzstreckenseeverkehrs-<br />
und intermodalen<br />
Netzwerke beider Häfen direkt miteinander<br />
verbindet.<br />
Durch die aktive Beteiligung an gemeinsamen<br />
kommerziellen Projekten und die<br />
Verbindung ihrer Hafengemeinschaftsnetzwerke<br />
wollen Duisport und der Amsterdamer<br />
Hafen ihr gemeinsames Ziel<br />
verwirklichen, ihre Hinterlandnetzwerke<br />
auszubauen, die Verkehrsverlagerung anzuregen<br />
und nachhaltige multimodale<br />
Verkehrsverbindungen über den Schienenverkehr,<br />
die Binnenschifffahrt und<br />
Kurzstrecken-Verbindungen zwischen<br />
den Häfen und anderen europäischen<br />
Zielen zu fördern.<br />
RD<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
53
WASSERSTRASSEN | HÄFEN<br />
© Pixabay<br />
Mit einer speziellen Niedrigwasser-Versicherung soll in Österreich die Verlagerung von Gütertransporten auf die Donau gefördert werden<br />
Lösung für Niedrigwasserzuschlag<br />
In Österreich zeichnet sich bei den wetterbedingten Kosten für Binnenschiffstransporte<br />
eine Lösung ab: Mit einer speziellen Versicherung will man das Risiko minimieren und<br />
Verladern entgegenkommen. Von Josef Müller<br />
Es ist ein Thema, dass Verlader von<br />
Gütertransporten auf der Donau in<br />
Österreich seit Jahren ebenso beschäftigt<br />
wie die österreichische Wasserstraßengesellschaft<br />
Viadonau in ihrer Eigenschaft<br />
als Infrastrukturbetreiber und<br />
Instandhalter der Donau in Österreich.<br />
Führt die Donau nicht genug Wasser und<br />
kann das Binnenschiff nicht voll beladen<br />
werden, fällt ein Niederwasserzuschlag<br />
an, der der verladenden Wirtschaft seit<br />
Jahren sauer aufstößt.<br />
Denn die Kosten des an sich umweltfreundlichen<br />
und kostengünstigen Wassertransports<br />
werden dadurch in die Höhe<br />
getrieben und machen diesen weniger<br />
konkurrenzfähig im Vergleich vor allem<br />
mit dem Lkw.<br />
Für diesen Zuschlag zeichnet sich allerdings<br />
eine Lösung ab, wie Hans-Peter<br />
Hasenbichler, Geschäftsführer von Viadonau<br />
im Gespräch mit der Binnenschifffahrt<br />
ankündigt: »Das ist ein sehr<br />
komplexes Thema und wir sind dabei<br />
diese harte Nuss zu knacken«. Die Lösung<br />
für das Problem soll eine Versicherung<br />
sein, mit der das Risiko über<br />
den Schadensfall Niedrigwasser abgedeckt<br />
werden soll.<br />
Gemeinsam mit allen in Frage kommenden<br />
Stakeholdern wird derzeit mit<br />
Hochdruck an der Entwicklung einer<br />
brauchbaren Versicherungslösung gearbeitet.<br />
In einem ersten Schritt könnten<br />
Verlader eine Niedrigwasser-Versiche -<br />
rung privat abschließen. Die Details stehen<br />
noch nicht fest, doch es wird eine Lösung<br />
geben, verbunden mit der Hoffnung,<br />
dass damit künftig mehr Verlader<br />
das Schiff in ihre Supply Chains integrieren,<br />
gibt sich Hasenbichler zuversichtlich.<br />
Im zweiten Schritt denkt man daran,<br />
national und international öffentliche<br />
Zuschüsse für diese Versicherung zu gewinnen,<br />
um den Binnenschifftransport<br />
per saldo für Verlader attraktiver zu machen,<br />
indem allfällige Mehrkosten durch<br />
Niederwasser von der Versicherung gedeckt<br />
sind. Bis zum Herbst will man ein<br />
tragfähiges Konzept auf den Tisch legen.<br />
Neben den Arbeiten an diesem für die<br />
Binnenschifffahrt so essenziellen Thema<br />
will Viadonau auch weitere Initiativen<br />
54 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
WASSERSTRASSEN | HÄFEN<br />
für mehr Güterverlagerung auf die Donau<br />
vorantreiben. Bislang wurden sieben<br />
Bereiche fokussiert, wie beispielsweise<br />
die Verlagerung von schweren und sperrigen<br />
Gütern auf die Donau.<br />
Seit dem Jahr 2010 bringt Viadonau<br />
Verlader und Frachtraumanbieter zusammen<br />
mit der Absicht, mehr Volumen<br />
auf die Donau zu bringen. Für das kommende<br />
Jahr nehmen sich Hasenbichler<br />
und sein Team den RoRo-Verkehr vor,<br />
mit dem beispielsweise Mähdrescher<br />
oder Baugeräte auf dem Wasser befördert<br />
werden. Bei dem im Oktober dieses Jahres<br />
in Linz stattfindenden Donau Business<br />
Talk wird dieses Thema schwerpunktmäßig<br />
auf der Agenda stehen.<br />
Zu den Projekten, die Viadonau derzeit<br />
mit Konsequenz verfolgt, gehört der Ausbau<br />
der rund 50 öffentlichen Schiffsanlagestellen<br />
entlang der österreichischen<br />
Donau. In Linz, Windungsmauer<br />
und Wien sind solche bereits saniert<br />
worden, Jahr für Jahr sollen weitere folgen<br />
bzw. dem Bedarf angepasst werden.<br />
Die Kosten pro Anlegestelle schlagen<br />
mit 2 Mio. € bis 5 Mio. € zu Buche<br />
– wenn der Ausbau mit kaufmännischen<br />
Vorsicht erfolgt, wie Hasenbichler einräumt.<br />
Wichtig dabei sei es, dass diese<br />
Stellen an die Landstromversorgung angebunden<br />
werden.<br />
Die Donau war im vergangenen Jahr<br />
praktisch an jedem Tag für die Schiffe einwandfrei<br />
befahrbar. Es gab wetterseitig<br />
keine besonderen Vorkommnisse, was<br />
nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass<br />
der Donau-Strom für die Schifffahrt so<br />
seine Schwachstellen hat. Da fällt das Nadelöhr<br />
Vilshofen-Straubing ins Auge und<br />
wird Viadonau nicht müde in den östlichen<br />
Nachbarländern darauf zu drängen,<br />
dass die Donau in Schuss gehalten wird.<br />
Viadonau als Sekretariat<br />
Viadonau agiert im Rahmen der Donauraumstrategie<br />
als technisches Sekretariat<br />
für die Binnenschifffahrt und hat so den<br />
Blick auf die technische Verfügbarkeit<br />
auf der gesamten Donau. Dabei braucht<br />
es mitunter auch etwas Druck auf die öffentliche<br />
Hand in den östlichen Nachbarstaaten,<br />
damit ausreichend Finanzmittel<br />
für die Instandhaltung der Donau<br />
zur Verfügung stehen.<br />
Druck spürt Viadonau aus Kreisen der<br />
verladenden Wirtschaft, die ihre Güter<br />
auf der gesamten Donau transportieren<br />
will und bei Behinderungen schnell dazu<br />
tendiert, sich vom Fluss abzuwenden.<br />
Mehr Bewusstsein für den Donautransport<br />
zu schaffen versucht Viadonau seit<br />
vielen Jahren über die Ausbildungsinstitutionen<br />
wie beispielsweise die<br />
Fachhochschule Steyr. Mit ihr pflegt sie<br />
seit zehn Jahren eine gegenseitig befruchtende<br />
Kooperation mit dem Ziel,<br />
jungen Leuten das Thema Güterbinnenschifffahrt<br />
näherzubringen.<br />
Auf dem österreichischen Donauabschnitt<br />
wurden im Vorjahr 8,3 Mio. t<br />
Hans-Peter Hasenbichler<br />
Güter transportiert, um 0,3 % geringfügig<br />
weniger als im Jahr zuvor. Die durchschnittliche<br />
Auslastung je gefahrenen Kilometer<br />
lag bei 60 %. Die grenzüberschreitenden<br />
Transporte hatten 2021 ein<br />
Volumen von 2,4 Mio. t und erhöhten<br />
sich um beinahe 18 %.<br />
Der eher unbedeutende inländische<br />
Frachtanteil von 800.000 t stieg gegenüber<br />
2020 um 27 %. Der Transitverkehr<br />
fiel um 28 % auf 1,2 Mio. t zurück und<br />
die Importe fielen um 1,5 % auf 3,9 Mio. t<br />
geht aus den Zahlen der Statistik Austria<br />
hervor. Der gesamte wasserseitige Güterumschlag<br />
in allen öffentlichen österreichischen<br />
Donauhäfen erhöhte sich im<br />
Vorjahr um beinahe 9 % auf 8 Mio. t. Mit<br />
Ausnahme des Rhenus Hafen Krems verzeichnete<br />
alle Häfen ein Güterumschlagsplus.<br />
Die Häfen Wien und Linz registrierten<br />
2021 Zuwachsraten von 31 % und 29 %,<br />
Krems hingegen verlor 29 %. Was die künftigen<br />
klimarelevanten Antriebstechno -<br />
logien in der Binnenschifffahrt betrifft, so<br />
sieht man bei Viadonau mittelfristig Bio-<br />
Diesel als probates Mittel, um die oft 30 bis<br />
40 Jahre alten Schiffsmotoren anzutreiben.<br />
Hasenbichler: »Langfristig wird sich aber<br />
Wasserstoff als zukunftsorientierte Technologie<br />
durchsetzen.«<br />
<br />
Im vergangenen Jahr wurden insgesamt 8,3 Mio. t an Gütern über die österreichische Donau transportiert<br />
© via donau<br />
© Pixabay<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
55
WASSERSTRASSEN | HÄFEN<br />
Der Hafen Wien landet im dicken Plus<br />
Der Hafen Wien blickt auf ein erfolgreiches Jahr 2021 zurück. Allein beim Umsatz von<br />
51,40 Mio. € erzielte das Unternehmen ein Wachstum von 40 %. Das Betriebsergebnis von<br />
6,6 Mio. € entspricht einem Plus von 46 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum<br />
Auch WienCont entwickelte sich mit 488.000 TEU im vergangenen Jahr positiv<br />
© Steve Haider<br />
Zum guten Ergebnis der Hafen Wien-<br />
Gruppe trugen operativ maßgeblich<br />
der Bereich Immobilien, die Business<br />
Units Massen- & Schwergut, Lagerlogistik,<br />
der neue Geschäftszweig Spedition<br />
der T-Sped, die Bereiche Containerhandel<br />
sowie die WienCont GmbH bei,<br />
teilen die Betreiber mit.<br />
Im Jahr 2021 wurden Investitionen der<br />
Hafen Wien-Gruppe von bis zu 13 Mio. €<br />
getätigt. Darunter war auch das Großprojekt<br />
Hafentor Albern. Das 30 m lange,<br />
rund 14 m hohe, 250 t schwere Hafentor<br />
in Albern wurde mit insgesamt 22 Mio. €<br />
vom Land Wien, Bund, EU und Hafen finanziert.<br />
Neben dem Ankauf einer Immobilie<br />
wurden auch höhere Investitionen für<br />
den Ausbau des Gleisanschlusses für den<br />
Containerterminal, für die Anschaffung<br />
von Container, für eine Container-<br />
Gefahrgutwanne, für Maschinen, für Dacherneuerungen<br />
in Albern und HQ7, für<br />
die Errichtung von E-Tankstellen, für<br />
den Fuhrpark und für den Abwasserkanal<br />
Freudenau getätigt, welcher im<br />
zweiten Quartal <strong>2022</strong> fertiggestellt wurde.<br />
Im Verwaltungsbereich wurde in moderne<br />
EDV-Systeme investiert.<br />
Entwicklung der Units<br />
Dienstleistungsschwerpunkte sind den<br />
Angaben zufolge nach wie vor die Business<br />
Units, Massen- & Schwergut und<br />
Hafenbetrieb, Lagerlogistik sowie die Business<br />
Unit Autoterminal, welche ein umfassendes<br />
Dienstleistungsangebot bieten.<br />
Es wurde eine neue Schrankenanlage errichtet,<br />
der Waggon-Verschub am Gelände<br />
neu geregelt sowie Öffnungszeiten<br />
ausgeweitet. Zudem wurde in der Tochterfirma<br />
TerminalSped ein neues Geschäftsfeld<br />
zur Vermittlung von Transporten<br />
aufgenommen.<br />
Die externen Umsätze im Bereich Hafenbetrieb<br />
der Business Unit Massen- &<br />
Schwergut, wo vor allem Schüttgüter umgeschlagen<br />
werden, sind zum Vorjahr gestiegen.<br />
In der Freudenau wurden<br />
122.198 t (Vorjahr 83.045 t) bewegt. Die<br />
Umsatzzuwächse konnten durch erhöhte<br />
Umschlagstätigkeiten bei bestehenden<br />
Kunden und auch durch Neukunden erwirtschaftet<br />
werden.<br />
In der Business Unit Lagerlogistik<br />
konnten die externen Umsatzerlöse 2021<br />
zum Vorjahr gesteigert werden. Die Lagerflächenauslastung<br />
für 2021 liegt im<br />
Durchschnitt bei 78,9 % und damit über<br />
56 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
WASSERSTRASSEN | HÄFEN<br />
dem Vorjahr (77,7 %). Die Umsatzzuwächse<br />
konnten durch höhere Geschäftsvolumen<br />
bei Produktgruppen Hygiene,<br />
Desinfektionsmittel, Kunststoffgranulate,<br />
Elektrogeräte und diverse Anlagenteile<br />
erwirtschaftet werden.<br />
Weniger Auslastung bei Pkw<br />
Die Auswirkungen infolge der Pandemie<br />
hatte durch Ausfälle in der Fertigung und<br />
Mangel an elektronischen Bauelementen<br />
massive Folgen auf die Produktion von<br />
Fahrzeugen. Die Autoflächenauslastung<br />
in der Business Unit Autoterminal liegt<br />
daher für 2021 im Durchschnitt bei<br />
76,6 % und damit unter dem Durchschnitt<br />
des vorjährigen Vergleichszeitraumes<br />
von 89,2 %.<br />
Die höchsten Umsatzzuwächse zum<br />
Vorjahr wurden mit Trailer-Umschlägen<br />
(von Straße auf Schiene), aber auch mit<br />
Umschlägen von Altholz und Salz erzielt.<br />
Gute Aufträge konnten auch durch Umschläge<br />
und Lagerung von Mais, Stahlcoils<br />
und Zementklinker sichergestellt werden,<br />
so der Hafen. Die in den drei Frachthäfen<br />
Albern, Freudenau und Lobau über Wasser<br />
umgeschlagene Menge liegt für 2021 bei<br />
1.119.662 t. Verglichen mit dem Vorjahr ist<br />
die Gesamtmenge um rund 30 % gestiegen,<br />
zurückzuführen vor allem auf erhöhte Umschlagstätigkeiten<br />
im Ölhafen Lobau.<br />
Auch das zum 1. Januar 2021 innerhalb<br />
der Tochter TerminalSped neu ins Leben<br />
gerufene Geschäftsfeld »Bulk-Transporte«<br />
hatte ein erfolgreiches erstes Jahr<br />
zu verzeichnen, heißt es. So konnten<br />
10.500 Transporte in ganz Europa durchgeführt<br />
werden.<br />
14 % Steigerung bei Containern<br />
»Auch das Tochterunternehmen des Hafen<br />
Wien, die WienCont, wickelte das<br />
zweite Jahr infolge im Zeichen der Covid-<br />
Pandemie erfolgreich ab und ist weiter<br />
profitabel gewachsen. Dank des kontinuierlichen<br />
weiteren Ausbaus des internationalen<br />
Intermodalnetzwerks über<br />
den Standort Wien Freudenau wuchs das<br />
Umschlagvolumen der WienCont im<br />
Jahr 2021 auf über 488.000 TEU an, was<br />
einer Steigerung von mehr als 14 % gegenüber<br />
2020 entspricht«, zeigt sich Doris<br />
Pulker-Rohrhofer, technische Geschäftsführerin<br />
Hafen Wien, erfreut. »In<br />
der zweiten Jahreshälfte 2021 zog auch<br />
das Lagergeschäft wieder an – vor allem<br />
das Leercontainerdepot hat in den letzten<br />
Monaten des Jahres einen starken Zuwachs<br />
erfahren.«<br />
Auf Grund stetig hoher Auslastung des<br />
WienCont-Terminals und steigender<br />
Nachfrage seitens des Marktes, wird laufend<br />
an der Bereitstellung zusätzlicher<br />
Kapazitäten durch Optimierung und Effizienzsteigerungen<br />
im Betrieb einerseits<br />
und der Anmietung zusätzlicher Flächen<br />
andererseits gearbeitet. Im ersten Quartal<br />
<strong>2022</strong> wurde die Terminalfläche um ca.<br />
16.000 m2 erweitert. Um weiteres Wachstum<br />
am Standort zu ermöglichen und damit<br />
den Modal Split von der Straße auf<br />
die Schiene im größtmöglichen Maß unterstützen<br />
zu können, lag der Fokus im<br />
Jahr 2021 in erster Linie darauf, den Terminal<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
57
WASSERSTRASSEN | HÄFEN<br />
SCHLEUSE SCHARNEBECK<br />
Für das norddeutsche Verkehrsnetz ein entscheidendes Projekt<br />
(v.l.): Hans-Heinrich Witte, Daniela Kluckert, Michael Zeinert (Hauptgeschäftsführer<br />
IHK Lüneburg-Wolfsburg), Carla Eickmann (niedersächsische<br />
Verkehrsministerin) und Niels Wiecker (Wirtschaftsbehörde Hamburg)<br />
Staatssekretärin Daniela Kluckert hat sich vor kurzem in Scharnebeck<br />
über den Bau der neuen Schleuse Lüneburg informiert.<br />
Der Neubau am Elbe-Seitenkanal soll einen Engpass im Verkehrsnetz<br />
beseitigen und ist im Bundesverkehrswegeplan 2030<br />
als Projekt mit vordringlichen Bedarf kategorisiert. »Der Neubau<br />
der Schleuse Lüneburg ist für das norddeutsche Verkehrsnetz ein<br />
© WSV<br />
entscheidendes Großprojekt. Mit der neuen Schleuse machen wir<br />
den Elbe-Seitenkanal für die modernen Binnenschiffe passierbar<br />
und stärken damit die Hinterlandanbindungen der Seehäfen an<br />
den Hamburger Hafen deutlich. Das ist für die Region ein wichtiges<br />
Signal«, sagte Kluckert.<br />
Durch die größeren Abmessungen der Schleusenkammern<br />
(225 m/12,5 m) gegenüber dem Schiffshebewerk kann der Elbe-<br />
Seitenkanal zukünftig von den größten Binnenschiffen (bis zu<br />
135 m) und von Schubverbänden mit einer Maximallänge von<br />
185 m befahren werden.<br />
Verantwortlich für die Planung und den Bau der Schleuse ist<br />
die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Derzeit<br />
werden im Wasserstraßen-Neubau Hannover die Planungsunterlagen<br />
vorbereitet. »Mit der Schleuse Lüneburg schaffen wir<br />
ein Jahrhundertbauwerk. Die neue Schleuse wird neben dem<br />
Schiffshebewerk entstehen und entscheidend zu einem verlässlichen<br />
und wirtschaftlichen Gütertransport beitragen. Spezielle<br />
Sparbecken sorgen für wassersparende Schleusungen. Ein ökologischer<br />
und wirtschaftlicher Gewinn«, ergänzte Hans-Heinrich<br />
Witte, Präsident der Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt<br />
(GDWS).<br />
Eine regionale Allianz, die unter anderem von der IHK Lüneburg-Wolfsburg,<br />
dem Niedersächsischen Ministerium für Wirtschaft,<br />
Arbeit, Verkehr und Digitalisierung sowie der Behörde für<br />
Wirtschaft und Innovation in Hamburg getragen wird, unterstützt<br />
den Ersatzneubau. Gemeinsam mit der WSV wurde 2018<br />
eine Kooperationsvereinbarung über die Zusammenarbeit für<br />
den Bau der Schleuse Lüneburg getroffen.<br />
<br />
Drei Fragen an …<br />
Mats Lüer<br />
Geschäftsleitung<br />
modal 3 Logistik GmbH<br />
»Sorgen der Reeder anhören«<br />
Ist der Bau der Schleuse Scharnebeck aus<br />
Ihrer Sicht wichtig, wenn ja warum?<br />
Mats Lüer: Sehr wichtig. Wir nutzen das<br />
Nadelöhr in beide Richtungen nahezu<br />
täglich und stellen immer wieder fest,<br />
dass an der Stelle wertvolle Zeit verloren<br />
geht. Teilweise liegen unsere Schiffe mehrere<br />
Stunden bis eine Weiterfahrt möglich<br />
ist. Um die Fahrzeiten besser kalkulieren<br />
zu können, sind wir ein klarer Befürworter<br />
des Ausbaus.<br />
Wie würde sich der Bau der Schleuse auf<br />
Ihr Unternehmen auswirken?<br />
Lüer: Der Ausbau hätte mehrere entscheidende<br />
Vorteile für die modal 3. Unsere<br />
Disposition Schiff würde erheblich besser<br />
kalkulieren können und hätte die Möglichkeit<br />
Liegeplätze bzw. Zeiten in Hamburg<br />
oder im Hinterland genauer einzugrenzen.<br />
Ferner würde das Ausfallrisiko<br />
erheblich minimiert werden, was bei aktuell<br />
einer funktionierenden Kammer zwingend<br />
notwendig ist. Durch die Risikominimierung,<br />
sowie schnellere und verlässlichere<br />
Abfertigungszeiten, nehmen wir<br />
natürlich auch gerne den wirtschaftlichen<br />
Effekt mit, der sich durch weniger Liegezeiten<br />
ergeben würde.<br />
Die Planungen für den Bau der Schleuse<br />
sind gerade angelaufen. Was müsste dabei<br />
unbedingt beachtet werden?<br />
Lüer: Wir würden uns wünschen, dass<br />
Mats Lüer<br />
© modal 3<br />
die Kosten für das Projekt möglichst genau<br />
kalkuliert werden. Die Erfahrung<br />
zeigt, dass solche Projekte mit zunehmenden<br />
Baufortschritt oftmals teurer<br />
werden als geplant und sogar einen einkalkulierten<br />
Puffer schnell verschlingen<br />
können. Man sollte sich zudem die Wünsche<br />
und Sorgen der Reeder anhören die<br />
tagtäglich an der Schleuse vorbei müssen<br />
und diese in dem Projektplan berücksichtigen.<br />
58 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
WASSERSTRASSEN | HÄFEN<br />
Noch zu flach für große Schiffe<br />
Ein wichtiger Teil des Havelkanals, Teil des Verkehrsprojektes Nr. 17, wartet noch auf<br />
den Ausbau zur Wasserstraßenklasse Va für 110 m lange Schiffe. Auch der Havelport im<br />
Güterverkehrszentrum Wustermark würde davon profitieren<br />
Ein tschechisches Motorgüterschiff lädt am<br />
HavelPort Turmsegmente für Windkraftanlagen<br />
© HavelPort<br />
Der Havelport in Wustermark vor den<br />
Toren Berlins könnte mehr Güter<br />
über die Wasserstraße transportieren.<br />
Der Ausbau des Havelkanals vom Güterverkehrszentrum<br />
(km 20,7) in Richtung<br />
Untere Havel-Wasserstraße als Teil des<br />
Verkehrsprojektes Deutsche Einheit<br />
Nr. 17 (VDE 17) aber ist noch nicht vollendet.<br />
Während die Brücken bereits alle<br />
auf 5,25 m Durchfahrtshöhe angehoben<br />
sind, steht die Vertiefung noch aus.<br />
Es geht zeitgleich außerdem um die<br />
Grundinstandsetzung der Kanalseitendämme<br />
und der Ufereinfassungen. Für<br />
alle noch geplanten Maßnahmen stehen<br />
nach Auskunft von Rolf Dietrich, Leiter<br />
des Wasserstraßenneubauamtes Berlin<br />
(WNA), noch 58 Mio. € aus dem Bundeshaushalt<br />
zur Verfügung.<br />
Nach mehreren Umplanungen ist jetzt<br />
ein eingeschränkter Begegnungsverkehr<br />
bis zum Hafen Wustermark vorgesehen.<br />
Es erfolgt eine Vertiefung um ca. 0,90 m<br />
auf 4,00 m unter dem Betriebswasserstand.<br />
Nach dem Ausbau ist eine durchgängige<br />
Befahrung des Havelkanals von<br />
Großmotorgüterschiffen bis 2.300 t und<br />
Schubverbänden bis 3.600 t und 2,80 m<br />
Tiefgang im Richtungsverkehr gegeben.<br />
Der Abschnitt im Bereich des Hafens<br />
Wustermark und der Mündungsbereich<br />
zur Havel sind den Angaben zufolge bereits<br />
ausgebaut, einschließlich einer<br />
Wendestelle für 110 m lange Fahrzeuge<br />
und einer Wartestelle. Für den restlichen<br />
Streckenabschnitt von km 22,90 bis<br />
km 33,80 bereitet das WNA Berlin derzeit<br />
die Planfeststellungsunterlagen vor.<br />
Der Baubeginn soll im Jahr 2025 erfolgen.<br />
Die Arbeiten sollen im »laufenden<br />
Verkehr« erfolgen und sich über insgesamt<br />
vier Jahre erstrecken.<br />
Über den trimodal angebundenen HavelPort<br />
könne Güter jeder Art – Massengut,<br />
Container oder Projektladung – umgeschlagen<br />
werden. Ein Container-<br />
Umlauf pro Woche über die Wasserstaße<br />
wäre kein Problem und zweilagig möglich.<br />
Dieser scheitert jedoch dem Vernehmen<br />
nach daran, dass der Hafen Hamburg<br />
für den Umschlag eines Containers<br />
zwischen See- und Binnenschiff einen<br />
Preis aufruft, der höher liegen soll als die<br />
gesamten Transportkosten mit dem Binnenschiff<br />
für Strecke Berlin-Hamburg.<br />
Der Schwergut-Spezialist Colossus Logistics,<br />
Betreiber des einst von Buss gegründeten<br />
Hafenstandortes, baut derzeit<br />
am nördlichen Ende des Areals eine weitere<br />
Schwerguthalle mit 7.500 m2 Fläche<br />
und Wasserzugang. Bis Ende des ersten<br />
Quartals 2023 soll das Projekt abgeschlossen<br />
sein. Die Kaianlagen können<br />
mit den vorhandenen Flurförderzeugen<br />
erreicht werden.<br />
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Havelkanal<br />
Der in den 1950-er Jahren zur<br />
Umfahrung Westberlins errichtete<br />
Havelkanal verbindet die<br />
Havel-Oder-Wasserstraße mit der<br />
Unteren Havel-Wasserstraße. Bei<br />
Schönwalde befindet sich die einzige<br />
Schleuse. Ursprünglich war<br />
der Havelkanal mit einer Breite<br />
von 33 m und einer Sohltiefe von<br />
3 m für das 750-t-Schiff (Großplauer<br />
Maßschiff) bemessen.<br />
Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
59
WASSERSTRASSEN | HÄFEN<br />
Zukunft des Finowkanals ist gesichert<br />
Mit der Übergabe der Schleuse Ruhlsdorf an den Zweckverband Region Finowkanal ist ein<br />
wichtiger Meilenstein für die Zukunft der Wasserstraße erreicht. Von Christian Knoll<br />
© GDWS<br />
Nach der Unterzeichnung des ersten<br />
Grundstückskaufvertrags gehen<br />
auch die weiteren Schleusen inklusive ihrer<br />
Verkehrsflächen zu einem symbo -<br />
lischen Kaufpreis von 1 € pro Schleusenanlage<br />
vom Bund an den Zweckverband<br />
Region Finowkanal über. Künftig ist der<br />
Zweckverband und nicht mehr die Bundeswasserstraßenverwaltung<br />
für den Betrieb,<br />
die Unterhaltung und Erhaltung<br />
zuständig.<br />
Die Kanalstrecken werden dagegen<br />
weiterhin von der Wasserstraßen- und<br />
Schifffahrtsverwaltung des Bundes<br />
(GDWS) unterhalten und betrieben.<br />
»Mit der Übergabe der Schleuse Ruhlsdorf<br />
haben wir die Grundlage für ein<br />
wassertouristisches Großprojekt geschaffen«,<br />
sagte Hans-Heinrich Witte,<br />
Präsident der GDWS. Der Bund stehe<br />
weiter zu seiner Finanzierungszusage für<br />
den Erhalt der Wasserstraße.<br />
Gemeinsames Ziel sei es, die Schiffbarkeit<br />
des Finowkanals für die Freizeitschifffahrt<br />
dauerhaft und durchgehend<br />
zu erhalten. Der Zweckverband<br />
übernimmt zunächst nur die westlichen<br />
sechs Schleusen in Leesenbrück, Grafenbrück,<br />
Schöpfurt, Heegermühle, Wolfswinkel<br />
und Ruhlsdorf vom Bund. Die<br />
(v.l.) Landrat Daniel Kurth, Zweckverband-<br />
Geschäftsführer Adolf Maria Kopp und<br />
GDWS-Präsident Hans-Heinrich Witte<br />
Der Finowkanal mit seinen Schleusen wird von der Freizeitschifffahrt genutzt<br />
östlichen sechs Anlagen sollen erst in einigen<br />
Jahren folgen.<br />
Voraussetzung für die Abgabe der<br />
Schleusen an die Region und die zukünftigen<br />
Baumaßnahmen an den<br />
Der Finowkanal<br />
Der 32 km lange Finowkanal ist<br />
die älteste noch durchgehend befahrbare<br />
künstliche Bundeswasserstraße<br />
Deutschlands. Sie<br />
verbindet den Oder-Havel-Kanal<br />
im Westen mit der unterhalb des<br />
Schiffshebewerks Niederfinow in<br />
die Havel-Oder-Wasserstraße im<br />
Westen. Seit 2016 ist der 10 km<br />
lange Abschnitt »Langer Trödel«<br />
zwischen Liebenwalde und Zerpenschleuse<br />
wieder für den<br />
Bootsverkehr geöffnet, so dass<br />
der Finowkanal in seiner gesamten<br />
ursprünglichen Länge<br />
von etwa 43 km durchgängig befahrbar<br />
ist.<br />
Schleusenanlagen des Finowkanals war<br />
die 2020 zwischen Bund und Zweckverband<br />
geschlossene Finanzierungsvereinbarung.<br />
Auch für die Fördermittelzusage<br />
des Landes Brandenburg war der Eigentumsübergang<br />
eine Voraussetzung.<br />
Der Bund beteiligt sich mit 50 % der Gesamtinvestitionen<br />
an allen Bau- und Planungskosten<br />
zur Grundinstandsetzung<br />
einschließlich der Automatisierung der<br />
Schleusen am Finowkanal.<br />
Mit diesem Projekt soll der Wassertourismus,<br />
ganz im Sinne des Masterplans<br />
Freizeitschifffahrt des Bundes aus dem<br />
Jahr 2021, gesichert und gefördert werden.<br />
»Damit bietet sich für die Anliegerkommunen,<br />
den Landkreis Barnim und<br />
das Land Brandenburg eine große Chance,<br />
diese wunderbare Wassersportregion<br />
wirtschaftlich und wassertouristisch weiterzuentwickeln«,<br />
sagt Landrat Daniel<br />
Kurth, Vorsitzender der Verbandsversammlung.<br />
Bis Jahresende soll mit den<br />
ersten Arbeiten zur Grundinstandsetzung<br />
an den drei Schleusen in Ruhlsdorf,<br />
Leesenbrück und Grafenbrück begonnen<br />
werden, heißt es.<br />
<br />
© Knoll<br />
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64 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
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Binnen-, Küsten- und Seeschiffen,<br />
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Fax +49 30 2945446<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
65
BDS<br />
Bundesverband der Selbständigen Abteilung Binnenschiffahrt e.V.<br />
Vertreten durch den Vorsitzenden Torsten Stuntz und die stellvertretenden Vorsitzenden<br />
Nikolaus Hohenbild, MS »Catharina«; Detlef Maiwald, TMS »Cascade« und Klaus Wolz<br />
Geschäftsstelle und Schriftleitung: Andrea Beckschäfer, Sekretariat Birgit Kühn<br />
August-Bier-Str. 18 | 53129 Bonn | Tel. 0228/746–377 | Fax –569 | zentrale@bds-binnenschiffahrt.de<br />
Neue Ausbildungen gehen an den Start<br />
Zum neuen Schuljahr <strong>2022</strong>/2023 starten<br />
die beiden neuen dualen Ausbildungen<br />
zum Binnenschiffer und zum Binnenschifffahrtskapitän.<br />
Wer jetzt eine duale<br />
Ausbildung beginnt, der hat die Auswahl<br />
zwischen zwei unterschiedlichen Ausbildungsberufen.<br />
Alle Unterstufen werden nach dem<br />
neuen System unterrichtet. Die Mittelund<br />
Oberstufe laufen noch nach der alten<br />
Ordnung. Aber auch hier ist im Einzelfall<br />
ein Wechsel möglich.<br />
Binnenschiffer<br />
Die Berufsbezeichnung bleibt wie bisher,<br />
aber der Inhalt der Ausbildung wurde<br />
den Anforderungen der Befähigungsrichtlinie<br />
angepasst. Darüber hinaus erwirbt<br />
man nach den drei Jahren Ausbildung<br />
bereits die nautische Qualifikation<br />
»Steuermann«.<br />
Mit dieser Ausbildung erwirbt man einen<br />
Berufsbildungsabschluss und ist<br />
deutlich schneller Steuermann, als man<br />
dies auf dem Weg über Fahrzeit und Prüfung<br />
wäre.<br />
Zum Vergleich: Über Fahrzeit wird<br />
man Steuermann mit insgesamt 720 Tagen<br />
Fahrzeit (360 Tage zum Matrosen<br />
plus Befähigungsprüfung, 180 als Matrose<br />
zum Bootsmann und 180 als Bootsmann<br />
zum Steuermann), siehe § 33 Nr. 1,<br />
§ 32 Nr. 1, § 31 Nr. 2 BinSchPersV.<br />
Dagegen erwirbt man in der Ausbildung<br />
nach bestandener Abschlussprüfung<br />
nicht nur den Berufsabschluss<br />
Binnenschiffer sondern auch die nautische<br />
Qualifikation Steuermann. Das sind<br />
drei Jahre Ausbildung einschließlich 360<br />
Tagen Fahrzeit.<br />
Wenn man den ersten Teil der Abschlussprüfung<br />
nach zwei Jahren bestanden<br />
hat, erwirbt man darüber hinaus<br />
bereits die nautische Qualifikation Matrose.<br />
Da mit dem ersten Teil der Prüfung<br />
die Befähigung auf Betriebsebene erreicht<br />
ist, dient das dritte Jahr der weiteren<br />
Qualifizierung, vor allem im technischen<br />
Bereich und dem Erwerb der erforderlichen<br />
Fahrzeit. Es gibt im dritten<br />
Ausbildungsjahr den Schwerpunkt<br />
Frachtschifffahrt und den Schwerpunkt<br />
Personenschifffahrt, der in der praktischen<br />
Ausbildung und bei der Abschlussprüfung<br />
berücksichtigt wird. Man ist<br />
aber damit nicht auf eine Sparte festgelegt.<br />
Egal, welcher Schwerpunkt, beides<br />
führt zum gleichen Berufsabschluss und<br />
jeweils zur vollwertigen nautischen Qualifikation<br />
Steuermann.<br />
Binnenschifffahrtskapitän<br />
Dieser Ausbildungsberuf ist völlig neu.<br />
Die Bezeichnung Binnenschifffahrtskapitän<br />
gilt für den dualen Berufsabschluss<br />
und taucht in den Besatzungstabellen<br />
nicht auf. Die nautische Qualifikation,<br />
die man mit dem Bestehen der<br />
Abschlussprüfung nach 3½ Jahren neben<br />
dem Berufsabschluss erwirbt, bleibt der<br />
Schiffsführer. Auch hier erwirbt man einen<br />
Berufsbildungsabschluss und ist<br />
schneller, als auf dem Weg über Fahrzeit<br />
und Prüfungen.<br />
Zum Vergleich: Über Fahrzeit und<br />
zwei Prüfungen (Verwaltungsprüfung<br />
auf Betriebs- und Führungsebene)<br />
braucht man 900 Tage (Steuermann +<br />
180 Tage) siehe § 37 Nr. 2 BinSchPersV.<br />
Über die Ausbildung sind es dagegen 3 ½<br />
Jahre einschließlich einer Fahrzeit von<br />
360 Tagen.<br />
Die ersten beiden Jahre werden beide<br />
Ausbildungen gemeinsam unterrichtet.<br />
Dann erfolgt der erste Teil der sogenannten<br />
gestreckten Abschlussprüfung, so wie<br />
man das bisher auch kennt. Die Inhalte<br />
dieses ersten Teils erfüllen die Vorgaben,<br />
die die Befähigungsrichtlinie für die Prüfung<br />
auf der Betriebsebene macht. Deshalb<br />
erwirbt man in beiden Ausbildungen<br />
bei Bestehen des ersten Teils<br />
die nautische Qualifikation Matrose. Danach<br />
trennen sich die beiden Ausbildungen.<br />
Es wird also nicht etwa auf die<br />
dreijährige Ausbildung noch ein halbes<br />
Jahr zum Binnenschifffahrtskapitän aufgesattelt,<br />
sondern es geht getrennt, mit<br />
unterschiedlichen Inhalten weiter. Der<br />
Binnenschiffer (Steuermann) eher technisch,<br />
der Binnenschifffahrtskapitän<br />
(Schiffsführer) eher nautisch.<br />
Bis zum Zeitpunkt des ersten Teils der<br />
Prüfung nach zwei Jahren kann man den<br />
Ausbildungsberuf wechseln, egal in welche<br />
Richtung. Erforderlich ist natürlich<br />
eine eine Änderung des Ausbildungsvertrags,<br />
da dieser ggf. um ein halbes Jahr<br />
verlängert oder verkürzt werden muss.<br />
Die Berufe Binnenschiffer und Binnenschifffahrtskapitän<br />
sind staatlich<br />
anerkannte Ausbildungsberufe im Sinne<br />
des Berufsbildungsgesetzes. Dies ist die<br />
Besonderheit des deutschen dualen Ausbildungssystems,<br />
das es in den meisten<br />
anderen EU-Staaten so nicht gibt.<br />
Die nautischen Qualifikationen<br />
Schiffsführer, Steuermann, Bootsmann,<br />
Matrose sind Qualifikation, die ohne<br />
duale Berufsausbildung und ohne Berufsbildungsabschluss<br />
sondern mit Fahrzeit<br />
und die entsprechenden Prüfungen<br />
erworben werden. Sie befähigen zu den<br />
entsprechenden Tätigkeiten an Bord.<br />
Diese Qualifikationen werden von der<br />
GDWS zuerkannt.<br />
Deshalb muss man genau prüfen, was<br />
man am Ende haben möchte. Die nautische<br />
Qualifikation Matrose zum Beispiel,<br />
die man nach dem ersten Teil der Prüfung<br />
bereits erwirbt, ist kein Berufsabschluss.<br />
Erst wenn man eine der beiden Ausbildungen<br />
erfolgreich abgeschlossen hat,<br />
hat man den Berufsabschluss Binnenschiffer<br />
oder Binnenschifffahrtskapitän.<br />
Wer also nach dem ersten Teil der Prüfung<br />
aufhören möchte, kann das tun und<br />
über Fahrzeit weiter machen. Er muss<br />
aber wissen, dass er zwar die Qualifikation<br />
Matrose hat, aber keinen Berufsabschluss.<br />
Natürlich kann man, wie bisher auch,<br />
jede Qualifikation für eine Tätigkeit als<br />
Mitglied einer Decksmannschaft ohne<br />
duale Ausbildung erreichen – allerdings<br />
nicht ohne Prüfung. Es gibt vielfältige<br />
Wege, auch verkürzte für Quereinsteiger.<br />
<br />
66 Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong>
IMPRESSUM<br />
Fortführung der<br />
Binnenschiffahrt<br />
und Wasserstraßen<br />
Zeitschrift für Binnenschiffahrt und Wasserstraßen<br />
(© Verein für Binnenschiffahrt und Wasserstraßen e.V.) im 130. Jahrgang<br />
Die Binnenschifffahrt ist offizielles Organ und Mitteilungsblatt für:<br />
Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen, Hamburg<br />
Deutscher Fähr-Verband, Rüdesheim<br />
Deutscher Wasserstraßen- und Schifffahrtsverein Rhein-Main-Do nau e.V., Nürnberg<br />
Europäische Binnenschifffahrts-Union, Brüssel, Rotterdam<br />
Hafenschifffahrtsverband Hamburg e.V., Hamburg<br />
Moselkommission, Trier<br />
Permanent International Association of Navigation Congresses (PIANC)<br />
Verein für europäische Binnenschiffahrt und Was ser stra ßen e.V., Duisburg<br />
Zentralkommission für die Rheinschifffahrt, Straßburg<br />
Inserentenverzeichnis | Index of Advertisers<br />
Allianz Esa EuroShip GmbH .................................................................. 3<br />
Alphatron Marine Deutschland GmbH .............................................. 29<br />
Bayernhafen GmbH & Co. KG ............................................................. 17<br />
BRAUER Maschinentechnik AG ......................................................... 26<br />
Deutscher Nautischer Verein von 1868 e.V. ........................................ 23<br />
DTG Deutsche Transport-Genossenschaft ........................................ 15<br />
E&M Engel & Meier Schiffselektronik Duisburg GmbH .................. 26<br />
GEFO Gesellschaft für Öltransporte mbH ........................................ U2<br />
Hoyer Marine GmbH ............................................................................... 7<br />
Hülskens Wasserbau GmbH & Co. KG .............................................. 57<br />
INTERNATIONAL Farbenwerke GmbH ............................................ 33<br />
Kadlec & Brödlin GmbH ...................................................................... 27<br />
Kappis Nautik ......................................................................................... 39<br />
Messe Kalkar Kernwasser Wunderland Freizeitpark GmbH ............ 40<br />
Ostfriesische Volksbank eG OVB ........................................................... 9<br />
RheinCargo GmbH & Co. KG .............................................................. 49<br />
River Academy DE GmbH .................................................................... 11<br />
Shell Deutschland Oil GmbH .............................................................. 68<br />
STEELPAINT GmbH<br />
........................................................................ Titel<br />
Tankschiffahrt TMS »NAVIO« ............................................................. 25<br />
VSV VEREINIGTE SCHIFFS-VERSICHERUNG V.A.G. .................. 8<br />
Werft Malz GmbH ................................................................................... 6<br />
Wessels GmbH ....................................................................................... 38<br />
Windex Engineering BV ........................................................................ 25<br />
Wittig GmbH ............................................................................................. 5<br />
Zeppelin Power Systems GmbH & Co. KG ......................................... 28<br />
Das Anzeigenverzeichnis dient der Leserorientierung.<br />
Es ist kein Bestandteil des Anzeigenauftrags. Der Verlag übernimmt<br />
keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit.<br />
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#teamseenotretter<br />
Herausgeber<br />
Prof. Peter Tamm †<br />
Patricia Erb-Korn (Präsidentin), Verein für europäische<br />
Binnenschiffahrt und Was ser stra ßen e.V.,<br />
Geschäftsführung<br />
Peter Tamm<br />
Redaktion<br />
Chefredakteur: Krischan Förster (KF)<br />
Tel. +49 (0)40 70 70 80-206 | k_foerster@hansa-online.de<br />
Redakteur: Felix Selzer (fs)<br />
Tel. +49 (0)40 70 70 80-210 | f_selzer@hansa-online.de<br />
Redakteurin: Anna Wroblewski (AW)<br />
Tel. +49 (0)40 70 70 80-209 | a_wroblewski@hansa-online.de<br />
Hermann Garrelmann (ga, Norddeutschland, Niederlande)<br />
Christian Knoll (ck, Berlin, Ostdeutschland)<br />
Martin Schwarzott (mas, Main, MDK, Donau)<br />
Ulrich Pfaffenberger (upf, süddeutsche Seen, Schweiz)<br />
Josef Müller (jom, Österreich)<br />
Rechtsanwalt Dr. Martin Fischer (Fi, Recht)<br />
Redaktionsbeirat<br />
Patricia Erb-Korn, Geschäftsführerin KVVH in Karlsruhe,<br />
Präsidentin des Vereins für europäische Binnenschifffahrt und Wasserstraßen e.V.;<br />
Marcel Lohbeck, Geschäftsführer des Vereins für europäische Binnenschiffahrt und<br />
Wasserstraßen e.V., Duisburg;<br />
Rechtsanwalt Jens Schwanen, Sprecher der<br />
Geschäftsführung des Bundesverbandes der Deutschen<br />
Binnenschiffahrt e.V.;<br />
Dipl.-Ing. Joachim Zöllner, Entwicklungs zentrum für Schiffstechnik<br />
und Transport systeme e.V. Duisburg (DST), Duisburg.<br />
Redaktionsvorbehalt<br />
Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie der Übersetzung<br />
vorbehalten. Kein Teil der Zeitschrift darf in irgendeiner Form (durch Fotokopie, Mikrofilm<br />
oder ein anderes Verfahren) ohne Genehmigung des Ver lages reproduziert werden.<br />
Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Herausgeber,<br />
Redaktion oder Verlag wieder. Die Redaktion behält sich Änderungen an den Manuskripten<br />
vor. Die Redaktion lehnt jede Verantwortung für unverlangt eingesandtes Material (Manus -<br />
kripte, Fotos, Grafiken etc.) ab.<br />
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Schiffahrts-Verlag »Hansa« GmbH & Co. KG<br />
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Binnenschifffahrt <strong>07</strong> | <strong>2022</strong><br />
67
Marine<br />
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Seit 2018 fährt das Galerie-Salonschiff „Rheinprinzessin“ nicht mehr<br />
mit Dieselkraftstoff, sondern mit Shell GTL Fuel Marine. Mit spürbaren<br />
Vorteilen für die Umwelt, die Gäste und die Crew unter Kapitän<br />
Bernhard Vogel. Die gesamte Familie Vogel arbeitet auf der Rheinprinzessin<br />
und die Entscheidung für Shell GTL Fuel Marine war einhellig.<br />
Andrea Vogel sagt: „Dank GTL können unsere Gäste ihre Speisen und<br />
Getränke an Deck ohne Dieselgeruch genießen!“ Es gibt aber auch<br />
weitere gute Argumente, die Familie Vogel überzeugt haben: weniger<br />
Emissionen, sauberes Motorenöl, mehr Laufruhe von Motor und<br />
Aggregaten, bessere biologische Abbaubarkeit und bessere Wassergefährdungsstufe.<br />
All diese Vorteile werden möglich, weil es sich bei Shell GTL Fuel<br />
Marine um einen flüssigen Dieselkraftstoff auf Erdgas basis handelt.<br />
Machen auch Sie es wie die Rheinprinzessin.<br />
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