SCHWACHHAUSEN Magazin | September - Oktober 2022
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ANNIKA SERFASS<br />
Annika Serfass ist systemische Unternehmensberaterin. Sie ist spezialisiert auf die Entwicklung<br />
von Strategien und begleitet Transformationsprozesse in Unternehmen. Sie hat zwei Bücher zum<br />
Thema der Entscheidungstheorie verfasst und ist davon überzeugt: Eine aktiv getroffene<br />
Entscheidung ist immer noch besser als keine.<br />
Die sozialen Medien tragen nach Ansicht von Annika Serfass zu diesem<br />
Problem bei – weil sie durch die Nutzung von Algorithmen suggerieren,<br />
dass es eine perfekt auf den einzelnen Menschen zugeschnittene Realität<br />
gibt. Das führe bei einigen dazu, dass sie lieber in einem quälenden<br />
Schwebezustand verharren oder gar keine Entscheidung treffen, weil sie<br />
unter dem Eindruck stehen, dass es immer eine noch optimalere Entscheidungsoption<br />
gibt. Psychologen vermuten hinter dem nie endenden<br />
Abwägungsprozess mangelnde Selbstsicherheit. Aufschieben sei in jedem<br />
Fall die denkbar schlechteste Herangehensweise, so Annika Serfass.<br />
Denn gerade die bewusst getroffenen Entscheidungen zeugen davon, wer<br />
wir sind – sie sind Ausdruck unserer Persönlichkeit und unserer eigenen<br />
Werte: „Es ist wichtig, Entscheidungen zu treffen und nicht auszusitzen,<br />
bis sie obsolet werden oder sie jemand anderes für mich getroffen hat“,<br />
sagt Annika Serfass. „Was man damit aufgeben würde, ist Selbstwirksamkeit<br />
und Freiheit. Wie, wenn nicht durch meine Entscheidungen,<br />
zeige ich, wer ich bin, wofür ich stehe, was ich in und mit meinem Leben<br />
tun will?“<br />
In ihrem Buch zeigt die Diplom-Ökonomin auch mögliche Probleme auf,<br />
die aus den vorgestellten Methoden zur Entscheidungsfindung resultieren<br />
können. „Die These des Buches ist: Es gibt immer einen Preis, der bei<br />
jeder Entscheidung zu zahlen ist. Es geht auch darum zu lernen, dass das<br />
Ergebnis gut genug völlig ausreichend ist, um sich sagen zu können: Mit<br />
der Entscheidung kann ich gut leben.“ Natürlich sei es immer wichtig,<br />
zuvor alle Optionen und möglichen Ergebnisse abzuwägen. Je schwerwiegender<br />
die potenziellen Konsequenzen, desto sorgfältiger solle ein Entscheidungsprozess<br />
durchlaufen werden.<br />
Aus Sicht von Annika Serfass gilt jedoch der Grundsatz: „Lieber häufiger<br />
entscheiden statt gar nicht!“ Denn auch nicht getroffene Entscheidungen<br />
sind Entscheidungen – und auch diese haben Folgen. Entscheidungen<br />
können durchaus Spaß machen und gelten nicht immer für die Ewigkeit.<br />
Man solle sich bewusst machen, dass – auch wenn das Ergebnis nicht optimal<br />
ist – man sich immer wieder anders und neu entscheiden könne.<br />
Entscheidungen seien auch ein sehr wichtiges Kommunikationsmittel:<br />
Man muss sie treffen, damit es weitergehen kann, sowohl im Job als auch<br />
im Privatleben. „Wenn man nicht weiß, was Sache ist, dann passiert auch<br />
nichts“, sagt Annika Serfass.<br />
Die Entscheidung, sich bei 30 Grad Außentemperatur ein großes Spaghetti-Eis<br />
zu gönnen, sollte den meisten nicht schwerfallen. Sich für das<br />
anschließende Fitnesstraining zu entscheiden, vermutlich schon eher. An<br />
dieser Stelle ist es wichtig, sich ins Gedächtnis zu rufen: Vermeiden ist<br />
keine Option!<br />
www.annikaserfass.de<br />
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<strong>SCHWACHHAUSEN</strong> <strong>Magazin</strong> | <strong>September</strong> - <strong>Oktober</strong> <strong>2022</strong>