13.10.2022 Aufrufe

syndicom magazin Nr. 31

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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16<br />

Eine bessere<br />

Arbeitswelt<br />

Sprüche, Berührungen, Witzchen<br />

und Machtmissbrauch<br />

<strong>syndicom</strong> hat ein neues Merkblatt zum Umgang mit Sexismus in<br />

Redaktionen lanciert. Warum das notwendig war und welche<br />

Schritte die Redaktionen gehen müssen, erklärt die Journalistin<br />

Sarah Serafini im Gespräch.<br />

Immer mehr Frauen in Redaktionen berichten über unerwünschte Annäherungen. (© <strong>syndicom</strong>/Stock.Adobe)<br />

Rund drei Jahre nach #MediaToo und<br />

dem nationalen Frauenstreik von<br />

2019, zwei Jahre nach dem offenen<br />

Brief der Tamedia-Redaktorinnen an<br />

das Medienhaus und nur wenige Monate<br />

nach dem Skandal um Bild-Chefredaktor<br />

Julian Reichelt, der wegen<br />

zahlreicher Beziehungen zu ihm unterstellten<br />

Frauen schlussendlich das<br />

Medienhaus verlassen musste: Es<br />

scheint sich immer noch wenig am<br />

oftmals frauenfeindlichen, sexistischen<br />

und übergriffigen Klima in vielen<br />

Redaktionen geändert zu haben.<br />

Immer wieder berichten Frauen von<br />

unangemessenen Sprüchen, ungewollten<br />

Berührungen, abschätzigen<br />

Kommentaren oder, wie etwa im Fall<br />

von Julian Reichelt, von Machtmissbrauch.<br />

Sarah Serafini, Redaktorin bei<br />

Watson.ch und eine der Initiantinnen<br />

des Medienfrauenstreiks von 2019,<br />

ver ortet das Sexismusproblem der Medienbranche<br />

auf mehreren Ebenen:<br />

«Zum einen arbeiten bis heute weniger<br />

Frauen als Männer in den Redaktionen,<br />

vor allem in den Chefetagen.<br />

Es kann schwieriger sein, sich durchzusetzen,<br />

wenn du als Frau allein an<br />

einer Sitzung mit lauter Männern bist,<br />

es kommt eher zu einem sexistischen<br />

Klima und dummen Sprüchen bis hin<br />

zu Belästigung», sagt Serafini.<br />

Über die Hälfte der Medienfrauen<br />

haben Übergriffe erlebt<br />

Laut einer Seco-Studie aus dem Jahr<br />

2008 berichteten schweizweit 28 Prozent<br />

der Frauen branchenübergreifend<br />

von Belästigung am Arbeitsplatz.<br />

Gemäss einer nicht repräsen tativen<br />

Tamedia-Umfrage von 2019 waren es<br />

aber ganze 53 Prozent der 458 befragten<br />

weiblichen Medienschaffenden.<br />

Besonders gefährdet sind demnach<br />

Berufseinsteigerinnen.<br />

Rund drei Vier tel der Befragten gaben<br />

in der genannten Studie an, ihre<br />

Erfahrungen mit dem Thema Belästigung<br />

unter 35 und knapp die Hälfte<br />

gab an, solche gar mit unter 30 gemacht<br />

zu haben.<br />

Sarah Serafini überraschen diese<br />

Zahlen nicht. Als weiterer Faktor komme<br />

die Exponiertheit hinzu, der sich<br />

Journalistinnen im Gegensatz zu vielen<br />

anderen Berufsgruppen stellen<br />

müssen: «Als Journalistin ist man viel<br />

und oft allein unterwegs. Bei Interviews<br />

oder während Reportagen kann<br />

es so ebenfalls zu sexistischen Sprüchen<br />

oder Übergriffen kommen», sagt<br />

Serafini, und: «Als Frau wird man vom<br />

Gegenüber nicht selten per se weniger<br />

ernst genommen.»<br />

Ein Klima schaffen, das<br />

Gespräche darüber zulässt<br />

Tatsächlich berichteten laut der genannten<br />

Tamedia-Umfrage 40 % der<br />

befragten weiblichen Medienschaffenden<br />

von Übergriffen durch externe<br />

Personen wie etwa Interviewpartner.<br />

«Ich glaube, ganz schützen kann<br />

man etwa die Frauen, die ins Feld gehen,<br />

nicht, aber es muss ein Klima<br />

geschaffen werden, in dem Zwischenfälle<br />

extern wie intern thematisiert<br />

werden können», sagt Sarah Serafini.<br />

Sie halte es für zentral, dass eine Unternehmenskultur<br />

gelebt wird, in der<br />

eine Nulltoleranz gegenüber Sexismus<br />

gilt. Doch das allein reicht nicht<br />

aus: «Es braucht Anlaufstellen oder<br />

Vertrauenspersonen und geschultes<br />

Personal, das sensibel reagiert. Insbesondere<br />

Teamleiterinnen und Chefinnen<br />

brauchen professionelle Weiterbildungen<br />

im Umgang mit Sexismus.»<br />

Natalia Widla<br />

Was tun? Das Merkblatt mit<br />

Handlungsempfehlungen

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