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möbel kultur 10/22

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Dr. Johannes<br />

Berentzen,<br />

Geschäftsführer<br />

der<br />

BBE-Handelsberatung.<br />

Foto: BBE<br />

Interview mit BBE-Geschäftsführer Dr. Johannes Berentzen<br />

SB kann jetzt profitieren<br />

Gehören Discounter zu den Gewinnern oder Verlierern der Krise? Die „<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>“ fragte<br />

nach bei Dr. Johannes Berentzen von der BBE Handelsberatung. Der Experte sieht durchaus<br />

Parallelen zwischen der Entwicklung der LEH-Discounter und den SB-Märkten der Möbelbranche.<br />

Seiner Meinung nach wird der Discount konsequenterweise ein Trading-up vollziehen.<br />

Foto: Poco<br />

Natürlich leidet die gesamte<br />

Branche unter den enormen<br />

Kostensteigerungen aufgrund<br />

explodierender Materialpreise,<br />

Lo gistikkosten und der Energiekrise.<br />

Doch das Discountsegment<br />

ist von dieser Ausnahmesituation<br />

sicherlich besonders hart getroffen.<br />

„Die Industrie hat exorbitant<br />

hohe Preissteigerungen und muss<br />

diese letztendlich auch weitergeben,<br />

mit der Konsequenz, dass sich Eckpreislagen<br />

verändern werden und<br />

müssen“, bringt es Thomas Stolletz,<br />

Vorstandsvorsitzender von Poco, auf<br />

den Punkt.<br />

Doch diese logische Konsequenz<br />

wird nicht von allen in der Branche<br />

als zwangsläufige Folge gesehen.<br />

Bernd Spilger, Geschäftsführer<br />

des Wohncenters Spilger und des<br />

<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Herr Berentzen, wir waren gerade auf den<br />

Herbstmessen unterwegs. Dort zeichnete sich ab, dass der<br />

Discountbereich massiv unter Druck steht. Was kann der<br />

SB-Handel jetzt tun, um Kauflaune zu wecken?<br />

Dr. Johannes Berentzen: Diese Entwicklung war schon<br />

in den vergangenen Corona-Jahren zu beobachten.<br />

Denn im Schnitt wurde eher hochwertig eingekauft,<br />

weniger im Discountbereich. Während der Pandemie<br />

haben viele ihre Urlaubsbudgets stattdessen in<br />

Garten und Haus bzw. Wohnung gesteckt. Profiteure<br />

dieser Sonderkonjunktur waren vor allem der Fachhandel<br />

und die großen<br />

Wohnkaufhäuser. Das<br />

hat den Druck auf den<br />

Discountbereich in der<br />

Vergangenheit tatsächlich<br />

erhöht.<br />

Nun hat sich das<br />

Blatt gewendet: Inflation<br />

und steigende Energiekosten<br />

schmälern das<br />

Budget vieler Verbraucher.<br />

Wenn der SB-Handel<br />

stärker auf seine Preispositionierung setzt und<br />

mit einem günstigen Fachsortiment lockt, kann<br />

er von den aktuellen Entwicklungen profitieren.<br />

Analog dazu sind im LEH bereits Tendenzen zum<br />

verstärkten Discounteinkauf zu beobachten. Das gilt<br />

für den SB-Handel genauso wie für die Preiseinstiegssortimente<br />

der Vollsortimenter.<br />

<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Wird es ähnlich wie im Lebensmittelhandel<br />

ein Trading-up auch im SB-Möbelhandel geben?<br />

Dr. Johannes Berentzen: Im LEH-Discount ist das<br />

Trading-up schon von Beginn an immanent. Aus den<br />

ursprünglichen Hart-Discountern sind inzwischen<br />

Convenience-Discounter geworden, die sich durch<br />

hohen Frischeanteil, hochwertige Laden<strong>möbel</strong> und<br />

kundenorientierte Sortimente auszeichnen. Für<br />

den SB-Möbelhandel nehme ich eine ähnliche Entwicklung<br />

an – erste Tendenzen sind schon erkennbar:<br />

Poco setzt beispielsweise mit seinem neuen<br />

Markt in Hanau auf ein deutlich hochwertigeres<br />

und moderneres Erscheinungsbild. Und auch Jysk<br />

hat mit der Umfirmierung an vielen Stellen ein<br />

Upgrade vollzogen.<br />

<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Wie müssen sich die Präsentation und die<br />

Kundenansprache dann verändern? Welche Probleme<br />

kommen speziell auf die Filialisten zu?<br />

Dr. Johannes Berentzen: Die Kundenansprache darf weiter<br />

stark auf Preisangebote setzen und auch die Präsentation<br />

sollte einer Discountpositionierung nicht<br />

widersprechen. Insgesamt ist sowohl in Ansprache<br />

als auch Präsentation eine deutlich stärkere Vernetzung<br />

mit der<br />

digitalen Welt<br />

empfehlenswert.<br />

Insgesamt ist eine<br />

deutlich stärkere Vernetzung<br />

mit der digitalen Welt<br />

empfehlenswert. Dr. Johannes Berentzen<br />

Denn SB-Händler<br />

haben im<br />

Online-Geschäft<br />

deutliche Vorteile<br />

gegenüber so<br />

manchem Großflächenanbieter:<br />

Das Sortiment ist<br />

begrenzt, es gibt<br />

kaum beratungsintensive Artikel, Flatpack-Möbel<br />

erleichtern den Transport und mit einem dichten<br />

Netz an Filialen gibt es zahlreiche Ausliefer- bzw.<br />

Abholpunkte. Das kann der SB-Handel stärker noch<br />

nach außen transportieren.<br />

<strong>möbel</strong> <strong>kultur</strong>: Welche Auswirkungen hat das auf den<br />

gesamten Möbelhandel?<br />

Dr. Johannes Berentzen: Der Online-Umsatz wächst<br />

dynamisch weiter. Insgesamt sind dabei aber nicht<br />

etwa die Pure-Onliner Wachstumstreiber, sondern<br />

die etablierten stationären Händler. Bei kleineren<br />

Mitnahmeartikeln und den margenstarken Fachsortimenten<br />

gibt es jedoch teils deutliche Verschiebungen<br />

zu Gunsten der Pure-Onliner. Insofern erhöht<br />

sich der Druck für alle Filialisten: Die Flächenproduktivität<br />

sinkt. Entsprechend versuchen Händler<br />

die Konvertierungsrate zu erhöhen, ihre Produktpalette<br />

zu erweitern und den Online-Kanal stärker<br />

einzubinden.<br />

RITA BREER<br />

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