96 GOING BACK GILLIAN Mc ALLISTER GOING BACK – WO FING DAS BÖSE AN? WO FING DAS BÖSE AN? GILLIAN Mc ALLISTER In ihrem außergewöhnlichen Thriller »Going Back« stellt die mehrfache britische Bestsellerautorin Gillian McAllister ihre Protagonistin Jen vor einige elementare Fragen. Denn würde eine Mutter nicht alles für ihr Kind tun? Selbst, wenn der eigene Sohn zum Mörder wird? Und was, wenn man die Möglichkeit bekäme, diesen Mord ungeschehen zu machen? Das Ergebnis ist ein atmosphärischer Zeitschleifen-Thriller, der Mutterschaft und mütterlichen Instinkt in den Fokus rückt.
WERKSTATTBERICHT 97 GILLIAN Mc ALLISTER WERKSTATTBERICHT Es ist nach Mitternacht, als Jens achtzehnjähriger Sohn Todd endlich nach Hause kommt. Im Dunkeln holt ihn ein Mann ein. Plötzlich zückt Todd ein Messer und tötet den Fremden. Jen kann kaum begreifen, was sie gerade beobachtet hat. Sie weiß nicht, wer das Opfer ist. Sie weiß nicht, warum er sterben musste. Sie weiß nur, dass die Zukunft ihres Sohnes verloren ist. In dieser Nacht schläft Jen verzweifelt ein. Als sie aufwacht, ist es der Tag vor der schrecklichen Tat. An jedem weiteren Morgen erwacht sie noch früher, weiter im Gestern. Jen begreift, dass irgendwo in der Vergangenheit eine Antwort liegt. Der Auslöser für dieses Verbrechen, der Moment, in dem das Böse seinen Anfang nahm. Und ihre einzige Chance, ihren Sohn zu retten. Mit »Going Back« hat Gillian McAllister einen Thriller der besonderen Art geschaffen, der Leser:innen weltweit begeistert und sowohl die Sunday Times- als auch die New York Times-Bestsellerlisten stürmte. Welchen Weg die Geschichte von der Idee bis zum fertigen Buch nahm, welche Hürden der Schreibprozess für sie bereithielt und wie sie dennoch den Überblick behielt, verrät uns die Autorin in diesem exklusiven Einblick in ihre Arbeit am Buch. »Ich werde mich immer an den Moment erinnern, in dem ich die Idee für ›Going Back‹ hatte. Es war ein nebliger, knochenkalter Tag im November 2019. Ich war in der Dämmerung mit meinem Hund spazieren gegangen, um gerade einmal halb fünf am Nachmittag. Ich war mit dem Schreiben fertig und setzte mich ins Wohnzimmer, um die Sechs-Uhr-Nachrichten zu sehen. Das mache ich normalerweise nicht – ich weiß nicht, wieso es anders kam –, aber ich bin auf ewig dankbar, dass ich es an diesem Tag getan habe. Ich hatte kurz zuvor mit meinem Mann ›Russian Doll‹ auf Netflix gesehen, und mir war aufgefallen, dass ich noch keiner Zeitschleifen-Story begegnet war, in der die Hauptfigur ein Verbrechen aufklären muss. Dieser Gedanke schwirrte also noch in meinem Hinterkopf herum, wie es so oft der Fall ist, und an diesem Abend kam in den Nachrichten ein Bericht über Messerstechereien. Konkret ging es um eine Frau, deren Sohn zum Verbrecher wurde und die nicht einmal geahnt hatte, dass er eine Waffe besaß. Das war der Moment. Mein Gehirn setzte zwei Teile zusammen: Was, wenn du Zeuge wirst, wie dein Sohn ein Verbrechen begeht, und in eine Zeitschleife gerätst, um es zu verhindern? Aber anstatt denselben Tag immer wieder zu erleben, wachst du im Gestern auf und dann im Vorgestern. Dieser letzte Teil – dass es rückwärts gehen würde – ergab für mich sofort Sinn. Die meisten Kriminalromane führen gedanklich in die jüngste Vergangenheit, um herauszufinden, warum ein Verbrechen begangen wurde oder wer es begangen hat, aber in meinem Roman würde man buchstäblich in die Vergangenheit gehen. Damals wusste ich es noch nicht, aber dieser Moment auf dem Sofa, während draußen der Novembernebel aufstieg, sollte mein Leben für immer verändern. Ich schrieb ›Going Back‹ von Sommer 2020 bis Sommer 2021. Ich hatte die Idee schon sehr früh in meinem Schreibkalender, so dass ich Zeit hatte, sie zu vertiefen. Man könnte meinen, dass dieser rückwärtsgerichtete, nicht-lineare Roman so komplex war, dass der Schreibprozess extrem schwierig gewesen wäre, aber genau das Gegenteil war der Fall. Vielleicht lag es daran, dass ich das Buch während zweier Corona-Lockdowns plante und schrieb, in denen ich kaum etwas anderes zu tun hatte. Vielleicht auch daran, dass ich eine lange Vorlaufzeit hatte, um die Handlung sacken zu lassen. Ich weiß noch, wie ich mit meinem Vater an meinem Esstisch saß, kurz bevor die Pandemie ausbrach, und ein paar Kernpunkte festhielt: Die Tat passiert in der Nacht, in der die Uhren zurückgestellt werden.