Meine Kita 04/22
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24 | BILDUNG<br />
Überproportional viele bilingual aufwachsende<br />
Kinder verfügen nicht nur in der Zweitsprache<br />
Deutsch, sondern auch in der Erstsprache über<br />
ungenügende grammatische Kompetenzen und<br />
haben unzureichende kognitiv-akademische Fähigkeiten<br />
ausgebildet.<br />
Eine Situation – eine Sprache<br />
Dennoch ist es wichtig, die kindliche Konversation<br />
nicht zu unterbinden, sondern viel mehr den kindlichen<br />
Alltag zu lenken und auch die sprachlichen<br />
Angebote zu strukturieren. Eine Möglichkeit dies<br />
zu unterstützen ist es, die Kinder im Freispiel<br />
auch in ihrer Muttersprache miteinander agieren<br />
und so ihre Fähigkeiten in der Herkunftssprache<br />
vertiefen zu lassen. Für das Deutschsprechen<br />
kann es im Tagesverlauf festgelegte Lerninseln<br />
geben, wie beispielsweise im Morgenkreis oder<br />
bei der Arbeit an einem gemeinsamen Projekt,<br />
bei der nur Deutsch als Bildungssprache gilt. Die<br />
Arbeit mit Erzählschienen, ein Holzbrett, das beim<br />
Geschichten erzählen unterstützt, kann ebenfalls<br />
als Input genutzt werden. Diese Art des qualitativen<br />
sprachlichen Angebots ist nachhaltiger<br />
für das Kind als eine andauernde Beschallung<br />
mit Deutsch.<br />
Ko-Konstruktion weckt Neugierde<br />
Aus Sicht des Kindes besteht ebenfalls eine<br />
Sprachbarriere, um die Fachkräfte zu verstehen.<br />
Dies kann dem Kind nur gelingen, wenn Ko-<br />
Konstruktionen nicht nur zum Deutschlernen<br />
genutzt werden, sondern auch zum gegenseitigen<br />
Erkennen von Emotionen, Gefühlen und<br />
Situationen. Um sich der eigenen Individualität<br />
bewusst zu werden, muss sich das Kind verstanden,<br />
gesehen und anerkannt fühlen. So kann<br />
es Neugierde und Interesse an Kommunikationssituationen<br />
auf Deutsch entwickeln. Hierbei<br />
ist eine vertrauensvolle Beziehung zwischen<br />
Kindern und Fachkräften sowie gemeinsame<br />
soziale Verbundenheit von großer Bedeutung, um<br />
durch achtsame Kommunikation und ein qualitativ<br />
durchdachtes Sprachmodell die kindliche<br />
Motivation anzuregen. Sobald ein gegenseitiges<br />
Interesse an den Bedürfnissen des anderen<br />
besteht, entwickelt das Kind von sich aus ein<br />
Gespür für die Kommunikation außerhalb der<br />
Herkunftssprache.<br />
Dafür ist es erforderlich, dass Fachkräfte sich mit<br />
ihrem eigenen Verhalten auseinandersetzen und ihre<br />
sprachliche Interaktion mit Kindern immer wieder<br />
reflektieren. Außerdem ist die Reflexion der inneren<br />
Haltung und der eigenen Einstellung zur multikulturellen<br />
und multilingualen Lebenswelt im Kindergarten<br />
von großer Bedeutung. Eine bedürfnisorientierte<br />
und emphatische pädagogische Grundhaltung<br />
schafft die besten Spracherwerbsbedingungen in<br />
einem Kindergarten und ermöglicht nicht nur den<br />
Zugang zur Bildungssprache Deutsch, sondern<br />
auch zu einem multikulturellen Miteinander.<br />
*Namen von der Redaktion geändert<br />
Wichtig ist, das sprachliche Miteinander<br />
nicht zu unterbinden, sondern Kindern<br />
Freiräume zu lassen.<br />
Abbildungen: © Rawpixel.com / Shutterstock.com