flip-Joker_2022-11
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30 KULTUR JOKER NAchhaltig<br />
organisieren dabei nicht nur<br />
Widerstand, sondern bemühen<br />
sich in ihren Strukturen und<br />
Aktionen, auch Grundformen<br />
künftiger solidarischer Gesellschaftsorganisation<br />
vorwegzunehmen.<br />
Exemplarisch<br />
dafür zitiert Redecker einen<br />
Auszug aus einer Publikation<br />
von „Ende Gelände“: „Für uns<br />
ist dieser Teil entscheidend.<br />
Denn die Art, wie wir uns organisieren,<br />
wie wir miteinander<br />
umgehen und zusammen<br />
handeln, entscheidet nicht nur<br />
darüber, wie viel wir verändern<br />
können. Er zeichnet zugleich<br />
ein Bild davon, wie wir<br />
in Zukunft miteinander leben<br />
wollen.“ (S.246)<br />
Die Beispiele sollen nicht<br />
als Blaupausen fungieren,<br />
sondern solidarische revolutionäre<br />
Haltungen beschreiben.<br />
Ihr Widerstandsverständnis<br />
weist weit über tradierte Formen<br />
des Arbeits- oder Klassenkampfes<br />
hinaus. So kann<br />
für Eva von Redecker die unumgängliche<br />
Revolution für<br />
das Leben nur aus einem Leben<br />
für die Revolution entstehen<br />
und nicht aus einem wie<br />
auch gearteten Umsturzakt.<br />
Sie zitiert die schwarze Feministin<br />
Francis Beal: „Wir müssen<br />
anfangen zu verstehen,<br />
dass eine Revolution nicht nur<br />
die Bereitschaft erfordert, unser<br />
Leben aufs Spiel zu setzen<br />
und uns töten zu lassen. In gewisser<br />
Weise ist es leicht, sich<br />
dazu zu bekennen. Für die<br />
Revolution zu sterben ist eine<br />
einmalige Angelegenheit; für<br />
die Revolution zu leben bedeutet,<br />
die schwierigere Aufgabe<br />
zu übernehmen, unsere<br />
alltäglichen Lebensmuster zu<br />
ändern.“<br />
Diese Aufgabe vollzieht sich<br />
für Redecker an der Kreuzung<br />
zweier Sehnsüchte: „Die eine<br />
ist der unbändige Drang nach<br />
Befreiung aus der kapitalistischen<br />
Herrschaft…und „die<br />
Gewalt der Vergangenheit in<br />
der Gegenwart unschädlich<br />
zu machen“… Die zweite<br />
Sehnsucht, die die Revolution<br />
für das Leben leitet, vermisst,<br />
was sie noch gar nicht kennen<br />
kann: eine Welt in der wir<br />
pflegen, statt zu beherrschen,<br />
teilen, statt zu verwerten, regenerieren,<br />
statt zu erschöpfen<br />
und retten, statt zu zerstören“.<br />
(S.286/87)<br />
Die Erkenntnis, selbst an<br />
der Gestaltung künftiger gesellschaftlicher<br />
Verhältnisse<br />
aktiv mitwirken zu können,<br />
stellt sich nach Redecker eher<br />
als Erfahrung „im Zuge des<br />
Aufbegehrens und der Selbstregierung“<br />
ein. „Freiheit als<br />
die Erfahrung, sich gemeinsam<br />
einigen und regieren zu<br />
können, vergisst sich nicht. Es<br />
ist ein einmaliges, köstliches<br />
Gefühl, aber auch ein Wissen,<br />
hinter das es kein Zurück<br />
gibt.“ (S.131)<br />
Hier konnten nur die wichtigsten<br />
Grundlinien des<br />
Buches beschrieben werden.<br />
Realiter ist es noch viel reicher<br />
an faktisch-analytischen, philosophischen<br />
und praktischen<br />
Bezügen zum Thema. Dass es<br />
bei durchweg wissenschaftlicher<br />
Evidenz auch in bestechend<br />
literarischer Qualität<br />
geschrieben ist, macht es doppelt<br />
lesenswert. Ein Mutmachbuch<br />
für den Kampf um eine<br />
solidarische Weltwahrung<br />
contra kapitalistische Sachherrschaft.<br />
Am Schluss noch ein Zitat<br />
aus dem Stück von Bertolt<br />
Brecht „Die heilige Johanna<br />
der Schlachthöfe“, welches<br />
Eva von Redecker an den Anfang<br />
ihres Buches gesetzt hat:<br />
„Sorgt nicht, dass ihr die Welt<br />
verlassend nur gut wart, sondern<br />
verlasst eine gute Welt!“<br />
Das Buch ist im S. Fischer<br />
Verlag erschienen und unter<br />
der Nummer ISBN 978-3-10-<br />
397048-7 im Buchhandel erhältlich.<br />
Erich Krieger<br />
Filme zu den Themen Umwelt und Nachhaltigkeit<br />
Greenmotions Filmfestival in Freiburg<br />
Die 8. Edition des Greenmotions<br />
Filmfestival findet vom<br />
9.-13. November im Kommunalen<br />
Kino in Freiburg statt. Es<br />
werden lösungsorientierte und<br />
bestärkende Filme zum Thema<br />
Umwelt und Nachhaltigkeit<br />
vorgeführt und motivierende<br />
Workshops, einzigartige Filmgespräche<br />
und Vernetzungsmöglichkeiten<br />
angeboten.<br />
Weltweit setzen sich Menschen<br />
und Organisationen für<br />
ihr Mitspracherecht in umweltrelevanten<br />
Entscheidungen ein.<br />
Insbesondere Frauen und junge<br />
Menschen fordern auf allen<br />
Kontinenten Mitgestaltung<br />
hinsichtlich Klimapolitik, Ge-<br />
schlechter- und Klimagerechtigkeit<br />
ein. Daher wurde neben<br />
inspirierenden Spiel- und<br />
Kurzfilmen unter dem Schwerpunktthema<br />
“Beyond Sustainability”<br />
in der diesjährigen Ausgabe<br />
ein Preis für das Sonderthema:<br />
„Frauen - Aktivismus<br />
- Umwelt” ausgeschrieben.<br />
Ein Wochenende lang werden<br />
berührende Geschichten, innovative<br />
Ideen und faszinierende<br />
Erkenntnisse gezeigt, die zu<br />
einem bewussteren und nachhaltigeren<br />
Leben im Kleinen<br />
wie auch im Großen beitragen<br />
sollen.<br />
Das Festival wird nach der<br />
Eröffnung am 9. November, 20<br />
Uhr mit einem Film eingeläutet,<br />
der zum Innehalten einlädt.<br />
Weltweit werden Gebiete ohne<br />
Lärmbelästigung immer seltener.<br />
Der Toningenieur Boris<br />
Jollivet begibt sich in “La Quête<br />
du Silence” auf die Suche nach<br />
den letzten Orten der Stille. Ein<br />
besonderes Highlight: in “The<br />
Ants and the Grasshopper”<br />
am <strong>11</strong>. November, 21.15 Uhr<br />
macht sich die Protagonistin<br />
Anita Chitaya aus Malawi auf<br />
die beschwerliche Reise in die<br />
USA um Amerikaner*innen<br />
davon zu überzeugen, dass der<br />
Klimawandel real ist. Weitere<br />
inspirierende Filme zum Thema<br />
Aktivismus sind: „Der unberechenbare<br />
Faktor“ (10.<strong>11</strong>.,<br />
18 Uhr) und „La Lucha Sigue“<br />
(12.<strong>11</strong>., 20:30 Uhr).<br />
Darüber hinaus adressiert<br />
das Festival Lösungsansätze<br />
zu wichtigen Themen unserer<br />
Zeit: Mikroplastik in Gletschern<br />
(„Montagne di Plastica“,<br />
9.<strong>11</strong>., 18 Uhr), Artenschutz („O<br />
Jardineiro da Floresta“, <strong>11</strong>.<strong>11</strong>.,<br />
18:30 Uhr), Abfall in Brasilien<br />
(„Descarte“, <strong>11</strong>.<strong>11</strong>., 19:30<br />
Uhr) und Massentourismus<br />
(„Living in a Postcard“, 13.<strong>11</strong>.,<br />
13 Uhr). Dabei kommen Menschen<br />
aus der ganzen Welt in<br />
den Filmen und den anschließenden<br />
Diskussionen mit den<br />
Filmemacher*innen zu Wort.<br />
Weitere Höhepunkte des Festivals<br />
sind ein Foodsharing-<br />
Brunch am Sonntagmorgen,<br />
passend zu “Die Stangenbohnen<br />
Partei” (13.<strong>11</strong>., <strong>11</strong> Uhr) sowie<br />
der Kurzfilmwettbewerb<br />
am Sonntag Abend mit anschließender<br />
Preisverleihung,<br />
bei der die Gewinnerfilme aus<br />
den Kategorien Kurzfilm, Publikumsliebling<br />
und Sonderthema<br />
prämiert werden. Die<br />
Filme sind in Deutsch, Englisch<br />
oder in der jeweiligen<br />
Landessprache mit Untertiteln<br />
zu sehen.<br />
Infos und Tickets: www.<br />
greenmotions -filmfestival.de<br />
„Der unberechenbare Faktor“ ist ein inspirierender Film zum Thema Aktivismus © Greenmotions Filmfestival