Militaer_4_2022
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0 1 6 W E L T & S T R A T E G I E<br />
NACHBARSCHAFTS-<br />
HILFE<br />
wachung in die Hände seiner NATO-Partner Polen und Tschechien. Text & Bild: GEORG MADER<br />
Ungewöhnlicher Schritt: Bis zur Einführung<br />
seiner neuen F-16-Flotte im Jahr 2025 legt<br />
die Slowakei ihre aktive Luftraumüber-<br />
AUSSER DIENST<br />
Mit 1. September hat die Slowakei<br />
ihre letzten MiG-29-Kampfjets abgestellt.<br />
Bis zum geplanten Zulauf<br />
der neuen F-16-Jets verfügt das<br />
Land über keine eigenen Kapazitäten<br />
zur aktiven Luftraumüberwachung.<br />
I<br />
n Österreich stand<br />
eine ähnliche Lösung<br />
immer wieder in (medialer)<br />
Diskussion, die<br />
Slowakei hat den<br />
Schritt nun dank ihrer<br />
NATO-Mitgliedschaft gewagt: Die Luftwaffe<br />
unseres östlichen Nachbarlands<br />
hat mit 1. September ihre letzten elf<br />
MiG-29-Kampfjets ausgemustert und<br />
ihre aktive Luftraumüberwachung mit<br />
diesem Tag vorübergehend in fremde<br />
Hände gelegt. Bis zur Einführung der<br />
vor vier Jahren um rund 1,5 Milliarden<br />
Euro bestellten 14 Stück F-16C/D Block-<br />
70 (zwölf Einsitzer und zwei Zweisitzer)<br />
übernehmen die polnische und tschechische<br />
Luftwaffe die luftpolizeilichen<br />
Aufgaben im slowakischen Luftraum.<br />
Ursprünglich hatte die Slowakei einen<br />
fließenden Übergang von ihren alten,<br />
1993 nach der Teilung der CSFR übernommenen<br />
sowie später von Russland<br />
im Gegenzug für einen Schuldenerlass<br />
erhaltenen, MiG-29-Jets hin zu den<br />
neuen US-Kampfflugzeugen geplant.<br />
Der Ukraine-Krieg machte dem Vorha-<br />
ben allerdings einen Strich durch die<br />
Rechnung. Die dadurch eingeschränkte<br />
Ersatzteile-Verfügbarkeit und der Abzug<br />
russischer Wartungstechniker machten<br />
eine beschleunigte Abstellung der neun<br />
Einsitzer und zwei Zweisitzer notwendig.<br />
Die Slowakei hatte die Maschinen in<br />
den frühen 2000er-Jahren mit NATO-<br />
Freund-Feind-Erkennung (IFF) und modernen<br />
Navigationssystemen (NavAids)<br />
zur Version MiG-29AS/UBS nachgerüstet<br />
und verfügte davor sogar über 22<br />
Maschinen. Vier gingen in Abstürzen<br />
verloren, sieben weitere waren im Laufe<br />
der Jahre abgestellt worden. Insgesamt<br />
52 slowakische Piloten wurden auf der<br />
Fulcrum ausgebildet, seit 1993 flogen<br />
sie 20.246 Flugstunden.<br />
Die gekauften F-16-Jets sollen ab Mitte<br />
2024 eintreffen und ein Jahr später einsatzbereit<br />
sein. Bis dahin werden tschechische<br />
JAS-39C/D Gripen und polnische<br />
F-16C/D Block-52 den Luftraum<br />
über dem 49.000 Quadratkilometer<br />
großen Land (mit)sichern. Eine entsprechende<br />
Übereinkunft wurde von den<br />
Verteidigungsministern der drei Länder<br />
am 27. August am Rande der 11. slowakischen<br />
Flugshow SIAF-22 in Kuchyna<br />
unterzeichnet. Die tschechische Ministerin<br />
Jana Černochová argumentierte<br />
die ungewöhnliche Zusammenarbeit<br />
auch mit dem gemeinsamen „Feind“ im<br />
Osten. „All unsere Länder haben Nationalsozialismus<br />
und Kommunismus erfahren<br />
und wissen die 1989 gewonne<br />
Freiheit sehr zu schätzen. Mit dem gemeinsamen<br />
Schutz unseres Luftraums<br />
zeigen wir, wie stark nicht nur unser<br />
Bündnis innerhalb der NATO und der<br />
EU, sondern wie stark die Freundschaft,<br />
ja sogar die Brüderlichkeit, zwischen<br />
unseren Ländern ist.“ Ihr polnischer<br />
Amtskollege Mariusz Błaszczak sieht<br />
das Abkommen nicht nur als zivile Assistenzleistung:<br />
„Polen unterstützt seine<br />
Verbündeten. Wir teilen die Bedrohungen<br />
in unserem Teil Europas und wir reagieren<br />
darauf, indem wir unsere Streitkräfte<br />
verstärken und einen möglichen<br />
Angreifer auch in der Luft abschrecken.“<br />
Die Maschinen aus Tschechien und Polen<br />
bleiben während dieser Zeit in ihren<br />
Ländern stationiert und greifen nur bei<br />
Bedarf in den slowakischen Luftraum<br />
ein. Dafür steht stets eine Alarmrotte<br />
bereit. Mit Blickrichtung auf eine mögliche<br />
Nacheile (grenzüberschreitende aktive<br />
Luftraum-Sicherung) gibt es damit<br />
nun neue Akteure an unserer Ostgrenze.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L