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StippVisite_Frühjahr 2020_I

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Wir dürfen traurig sein,<br />

zugleich auch hoffnungsvoll<br />

Dr. Christian Algermissen, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik<br />

am Harzklinikum Dorothea Christiane Erxleben, im Gespräch mit Kliniksprecher Tom Koch über das<br />

neuartige Corona-Virus, den veränderten Therapiealltag in seiner Klinik, über Ängste und Hilfsangebote.<br />

24<br />

Dr. med. Christian<br />

Algermissen, Chefarzt<br />

der Blankenburger<br />

Klinik für Psychiatrie,<br />

Psychotherapie und<br />

Psychosomatik am<br />

Harzklinikum Dorothea<br />

Christiane<br />

Erxleben.<br />

Frühjahr <strong>2020</strong><br />

Corona – das können wir nicht sehen, riechen,<br />

schmecken, fühlen. Was bedeutet<br />

diese neue Krankheit, das Erkrankungsrisiko<br />

speziell für Ihre Patienten?<br />

Dr. Christian Algermissen: Patienten in einer<br />

Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und<br />

Psychosomatik sind im Stationsalltag ganz<br />

überwiegend aktiv, mobil und befinden sich<br />

in vielfältiger sozialer Interaktion und Kommunikation.<br />

Üblicherweise sollen unsere Patienten<br />

positive Aktivitäten aufbauen oder<br />

nutzen Sport- und Bewegungsmöglichkeiten<br />

auch außerhalb des Klinikgeländes zu ihrer<br />

seelischen Genesung. Gleichzeitig aber sind<br />

Patienten im Krankenhaus genauso wie alle<br />

anderen dazu aufgefordert, vernünftiges Verhalten<br />

für eine solche Ausnahmesituation wie<br />

die Corona-Pandemie zu entwickeln. Das<br />

geht natürlich nicht ohne Diskussionen, beispielsweise<br />

über die notwendigen Einschränkungen<br />

der Besuchs- oder Ausgangsmöglichkeiten,<br />

einher. Insgesamt aber haben wir in<br />

den vergangenen Wochen sehr viel Einsicht<br />

und Kooperation unserer Patienten erfahren.<br />

Das hat uns allen die Situation erleichtert.<br />

Herr Chefarzt, von den notwendigen Einschränkungen<br />

haben Sie bereits gesprochen.<br />

Wie verändern diese den Alltag in<br />

einer Psychiatrischen Klinik?<br />

Genauso wie für die allermeisten Menschen<br />

hat sich auch unser Alltag in der Klinik durch<br />

das Corona-Virus verändert! Vorrangig geht<br />

es dabei um das Herstellen und Einhalten von<br />

ausreichender sozialer Distanz in den gegebenen,<br />

teilweise eng begrenzten Räumlichkeiten,<br />

das „Einüben“ der Hygienemaßnahmen<br />

und die Akzeptanz für eine Mund-Nasen-<br />

Bedeckung im Stationsalltag. Gemeinsame<br />

Mahlzeiten werden in reduzierter Patientenzahl<br />

oder im Patientenzimmer eingenommen,<br />

die Teilnehmerzahl für Gruppenangebote<br />

wurde verringert und bisher stationsübergreifende<br />

Therapien so verändert, dass Patienten<br />

jeder Station nun unter sich bleiben. Bisher typische<br />

soziale Situationen einer Klinik werden<br />

viel mehr als sonst gesteuert und bedarfsweise<br />

korrigiert. Auch der Ausgang von Patienten<br />

außerhalb des Klinikgeländes wird auf das<br />

absolut notwendige, das therapeutisch erforderliche<br />

Maß reduziert.<br />

Wie haben Sie mit dem Belegungsmanagement<br />

in Ihrer Klinik auf die Corona-<br />

Erkrankungen reagiert?<br />

Ungeplante, notfallmäßige stationären Aufnahmen<br />

psychiatrischer Patienten werden bis<br />

zum Vorliegen eines Testbefundes auf SARS-<br />

CoV-2, also das Corona-Virus, in einem speziellen<br />

Isolationsbereich unserer Klinik aufgenommen,<br />

in dem Patientenkontakte zunächst<br />

unter besonderen Infektionsschutzmaßnahmen<br />

des Klinikpersonals erfolgen. Weitere<br />

Veränderungen betreffen unser teilstationäres<br />

und ambulantes Angebot. Tagesklinische Behandlungen<br />

werden derzeit nur in reduzierter<br />

Patientenzahl angeboten, ambulante Behandlungen<br />

werden ausschließlich räumlich<br />

und organisatorisch getrennt vom Stationsbetrieb<br />

in der Psychiatrischen Institutsambulanz<br />

auf unserem Klinikgelände durchgeführt.<br />

Dr. Algermissen, in einem Krankenhaus<br />

sind Diagnose, Behandlung, Betreuung<br />

ohne körperliche Nähe kaum vorstellbar.<br />

Wie gehen Sie und Ihre Kollegen damit<br />

um?<br />

Wir nehmen täglich wahr, dass wir in der<br />

Begegnung miteinander bewusster geworden<br />

sind und Infektionsschutz eine bleibende<br />

Bedeutung erhält. Die therapeutische Beziehungsebene<br />

kann in einem schwierigen<br />

psychotherapeutischen Gespräch durch einen<br />

Mund-Nasen-Schutz tatsächlich erheb-

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