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Ärzt*in für Wien 2023/1

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AM PULS COVERSTORY<br />

Finanzzentren, etwa auf den Cayman<br />

Islands oder auf den Kanalinseln. Ein<br />

Problem ist, dass die Laufzeit der Fonds<br />

in der Regel begrenzt ist. In dieser Zeit<br />

muss eine möglichst hohe Rendite erzielt<br />

werden. Deshalb suchen Investorinnen<br />

und Investoren häufig den schnellen<br />

Erfolg, indem sie etwa Vermögenswerte<br />

und Randbereiche verkaufen, Arbeitsplätze<br />

an Subunternehmen auslagern,<br />

Firmen aufspalten und Stellen abbauen<br />

oder besonderen Wert auf besonders lukrative<br />

medizinische Leistungen legen.<br />

Begehrte Augenmedizin<br />

In Deutschland hat sich in den vergangenen<br />

Jahren besonders die Augenmedizin<br />

als begehrte Investition erwiesen.<br />

Das liegt auch daran, weil sich die Augenheilkunde<br />

medizinisch stark weiterentwickelt<br />

hat, sodass es kaum mehr<br />

Augenabteilungen mit Betten im Spitalsbereich<br />

braucht und vieles ambulant<br />

gemacht werden kann. In Norddeutschland<br />

gehören mehr als 100 Augenarztpraxen<br />

internationalen Private-Equity-<br />

Gesellschaften. In ganz Deutschland<br />

sind es inzwischen mehr als 500 und<br />

damit etwa dreimal so viele wie vor drei<br />

Jahren. Geschätzt arbeitet mittlerweile<br />

etwa ein Fünftel aller ambulant tätigen<br />

Augenärztinnen und Augenärzte<br />

deutschlandweit in Ketten von Finanzinvestorinnen<br />

und -investoren.<br />

Vor der Gefahr einer Monopolisierung<br />

warnte der Deutsche Bundestag bereits<br />

2018 und schlug eine Gesetzesänderung<br />

vor, um dem entgegenzuwirken. Ein Vorstoß,<br />

Gründungen medizinischer Versorgungszentren<br />

zu verschärfen, wurde<br />

Thomas Holzgruber: „In Österreich dürfen Ordinationen und Gruppenpraxen<br />

nur von Ärztinnen und Ärzten geführt werden und können nicht an<br />

private Investorinnen und Investoren verkauft werden.“<br />

bislang allerdings nicht umgesetzt. Konfrontiert<br />

mit Recherchen des „NDR“ in<br />

dieser Sache erklärte das deutsche<br />

Bundeskartellamt, dass „die Zukäufe der<br />

großen Augenarztketten nicht kontrolliert<br />

wurden, da jede einzelne Übernahme<br />

unter relevanten Umsatzschwellen<br />

gelegen hat“.<br />

Hohe Investitionen<br />

Geschätzt arbeitet mittlerweile etwa ein Fünftel aller ambulant tätigen Augenärztinnen und Augenärzte deutschlandweit in<br />

Ketten von Finanzinvestorinnen und -investoren.<br />

Viele Fonds<br />

nutzen die<br />

Wachstumschancen<br />

in<br />

der Gesundheitsbranche,<br />

die sich<br />

schon alleine<br />

durch<br />

die demografische<br />

Entwicklung<br />

in der westlichen<br />

Welt<br />

ergeben.<br />

Vor allem Pharmahersteller und Pflegeheimbetreiber<br />

sind derzeit Ziel von<br />

Beteiligungsfirmen, die Betriebe übernehmen,<br />

um sie oft nach einigen Jahren<br />

mit Gewinn zu veräußern. Zusehends<br />

stehen aber auch Arztpraxen und Kliniken<br />

sowohl im tiermedizinischen als<br />

auch im humanmedizinischen Bereich<br />

am Radar von Private-Equity-Gesellschaften.<br />

„In Österreich dürfen Ordinationen und<br />

Gruppenpraxen nur von Ärztinnen und<br />

Ärzten geführt werden und können daher<br />

nicht an private Investorinnen und<br />

Investoren verkauft werden“, erklärt<br />

Thomas Holzgruber, Kammeramtsdirektor<br />

der Ärztekammer <strong>für</strong> <strong>Wien</strong>.<br />

Anders verhält sich das <strong>für</strong> Krankenanstalten,<br />

die derzeit noch zum Großteil<br />

der öffentlichen Hand, den Ländern sowie<br />

den Sozialversicherungen gehören.<br />

Hier sei die Angst vor privaten Investorinnen<br />

und Investoren noch überschaubar,<br />

„sofern öffentliche Einrichtungen<br />

nichts weiterverkaufen“. Dass eine Stadt<br />

Krankenhäuser an Private verkauft, ist<br />

kein Präzedenzfall und wurde etwa bereits<br />

in Hamburg Realität. Holzgruber<br />

hält diese Entwicklung in Österreich<br />

<strong>für</strong> bettenführende Krankenanstalten<br />

eher noch <strong>für</strong> unwahrscheinlich. Dem<br />

Vernehmen nach würden Investorinnen<br />

und Investoren allerdings durchaus auf<br />

solche Chancen wittern.<br />

Konzern gegen Ordination<br />

Daneben gibt es eine kleine Zahl an Spitälern,<br />

hauptsächlich Privatspitäler, wie<br />

etwa die Confraternität, das Goldene<br />

Kreuz oder die Privatklinik Döbling, an<br />

denen allesamt die UNIQA-Versicherung<br />

beteiligt ist, die damit einer der<br />

größten „Player“ in Österreich in diesem<br />

Bereich ist. Versicherungen beherrschen<br />

den Markt, auf dem auch die VAMED<br />

(die heute fast zur Gänze dem deutschen<br />

Gesundheitskonzern Fresenius gehört)<br />

oder etwa die PORR-Gruppe, die wiederum<br />

Rehaeinrichtungen betreibt, mitmischen.<br />

Juristische „Problemkinder“ sind Holzgruber<br />

zufolge Ambulatorien wie physikalische<br />

Institute, Labors, MR/CT<br />

Institute oder auch Ambulatorien in<br />

anderen Bereichen, wie zum Beispiel<br />

Zahnmedizin oder neuerdings in der<br />

Kinderheilkunde. Sie scheinen rechtlich<br />

als Krankenanstalten auf, leisten<br />

aber dasselbe wie Niedergelassene,<br />

wobei sie lediglich Ärztinnen und<br />

Ärzte einstellen müssen, aber im Prinzip<br />

jedem gehören können. So gehören<br />

sie oft bei der der Gründung noch<br />

Ärztinnen und Ärzten, werden aber<br />

dann an die oder den Meistbietenden<br />

weiterverkauft und sind so ein Einfallstor<br />

<strong>für</strong> Fremdinvestorinnen und<br />

-investoren; damit treten dann niedergelassene<br />

Ärztinnen und Ärzte in Konkurrenz<br />

zu globalen Konzernen. Laut<br />

einer aktuellen Umfrage des IGES-<br />

Instituts rechnen investorengeführte<br />

Praxen übrigens pro Behandlungsfall<br />

Foto: Stefan Seelig; Zorica Nastasic/GettyImages<br />

20 <strong>Ärzt*in</strong> <strong>für</strong> <strong>Wien</strong> 01_<strong>2023</strong>

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