Seltene Erkrankungen
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Wissen bündeln, Situation<br />
für Betroffene verbessern<br />
Kai Pilgermann, Patientenvertreter<br />
der Deutschen Sarkom-Stiftung,<br />
ist selbst von einem Gastrointestinalen<br />
Stromatumor (GIST) betroffen. Er war<br />
sehr jung, als er die Diagnose bekam.<br />
Im Interview berichtet Kai Pilgermann<br />
über seinen eigenen Weg mit der Erkrankung<br />
und die Stiftung, die Patienten,<br />
Ärzte, Forscher, Angehörige und<br />
Vertreter des Gesundheitswesens<br />
zusammenführt, um die Situation für<br />
Betroffene zu verbessern.<br />
Text Miriam Rauh<br />
FOTO: PRIVAT<br />
Herr Pilgermann, wann bekamen Sie die Diagnose<br />
„Gastrointestinaler Stromatumor“?<br />
Ich war damals erst 27 Jahre alt. Das ist ungewöhnlich,<br />
Betroffene haben meist ein deutlich höheres<br />
Lebensalter. Es war ein Zufallsbefund, der Tumor<br />
wurde im Rahmen einer Blinddarm-OP entdeckt. Die<br />
Operateure haben allerdings nicht mehr geschafft, eine<br />
Gewebeprobe zu entnehmen oder ihn gleich zu entfernen,<br />
weswegen ich für eine weitere Operation in<br />
die Klinik musste. Im Nachgang wurde bei der pathologischen<br />
Untersuchung des entnommenen Gewebes<br />
festgestellt, dass es sich tatsächlich um GIST handelt.<br />
Warum dauert es bei GIST in vielen Fällen so lange<br />
bis zur Diagnose?<br />
Die meisten Gastrointestinalen Stromatumoren wachsen<br />
außerhalb eines Organs oder am Dünndarm und<br />
machen im Bauchraum nach außen hin in der Regel<br />
zunächst wenig Beschwerden. Wenn Beschwerden auftreten,<br />
sind die Tumore häufig schon relativ groß. Hat<br />
man den Tumor aber entdeckt, geht die Diagnose<br />
an sich recht schnell.<br />
Wenn Sie zurückblicken – gab es bei Ihnen Anzeichen<br />
für die Erkrankung? Was berichten andere<br />
Betroffene?<br />
Im Normalfall gehen Betroffene mit Beschwerden des<br />
Verdauungstrakts zum Arzt, aber diese sind diffus und<br />
weisen nicht sofort auf GIST hin. Beschwerden beim<br />
Stuhlgang beispielsweise, Völlegefühl, eine gewisse<br />
Müdigkeit – das alles kann auch andere Ursachen haben.<br />
Sehr eindeutige Symptome gibt es nicht.<br />
Wie ging es nach der Diagnose für Sie weiter? Wie<br />
wurde GIST bei Ihnen therapiert?<br />
Meine Onkologin kannte sich gut mit dem Thema<br />
aus und wusste bereits von dem neuen Medikament,<br />
das damals erst seit zwei Jahren eingeführt war. Sie<br />
hat mich auch direkt damit behandelt. Das war großes<br />
Glück. Insgesamt rate ich Betroffenen, sich wenn mög-<br />
lich in einem auf Sarkome spezialisierten Zentrum<br />
behandeln zu lassen. Als meine Diagnose gestellt wurde,<br />
gab es solche Zentren noch nicht – heute gibt es<br />
sie an mehreren Orten in Deutschland.<br />
Die Erkrankung hat Sie zur Deutschen Sarkom-<br />
Stiftung gebracht. Was sind Ihre Aufgaben als Patientenvertreter?<br />
Es gab eine Vorläuferorganisation, das Lebenshaus, eine<br />
reine Patientenorganisation, in der ich mich bereits engagierte.<br />
Wir haben mit dem Lebenshaus schon einiges<br />
erreicht, wurden auch von Experten unterstützt, diese<br />
waren aber nie Teil der Organisation. Das wollten wir<br />
ändern und haben beschlossen, gemeinsam mit Experten<br />
die Deutsche Sarkom-Stiftung aufzubauen, um sie<br />
fest zu integrieren. Die Deutsche Sarkom-Stiftung ist ein<br />
Zusammenschluss aus Ärzten, Zentren und Patienten,<br />
um die Diagnose-Situation und die Behandlungsqualität<br />
für GIST und Sarkome in Deutschland zu verbessern. Für<br />
Betroffene bieten wir auch Webinare an, derzeit online,<br />
um neueste Erkenntnisse zu GIST zu präsentieren und<br />
einen Rahmen zum Austausch mit Ärzten zu schaffen.<br />
Was empfehlen Sie anderen Betroffenen im Umgang<br />
mit der Erkrankung?<br />
Grundsätzlich ist es sehr wichtig, sich um die Erkrankung<br />
zu kümmern. Es ist gut, sich zu informieren und<br />
Hintergrundwissen anzueignen. Manchmal kann es helfen,<br />
nicht alleine zu Terminen zu gehen, sondern einen<br />
Angehörigen, einen guten Freund oder eine Freundin<br />
mitzunehmen. Und es schadet nicht, im Zweifelsfall<br />
eine Zweitmeinung einzuholen. Wenn man nicht in der<br />
Nähe eines spezialisierten Sarkom-Zentrums wohnt,<br />
kann man vielleicht den Schwerpunkt der Behandlung<br />
bei einem niedergelassenen Onkologen oder einer Onkologin<br />
durchführen lassen, sich für besondere Fragestellungen<br />
aber an ein Sarkom-Zentrum wenden. Bei der<br />
Deutschen Sarkom-Stiftung erhalten Betroffene viele<br />
wertvolle Tipps, finden neueste Studienergebnisse und<br />
viele Informationen. Sie können dort die Zentren und<br />
auch niedergelassene Onkologen finden, die sich gut mit<br />
der Erkrankung auskennen.<br />
Grundsätzlich ist es<br />
sehr wichtig, sich<br />
um die Erkrankung<br />
zu kümmern. Es<br />
ist gut, sich zu<br />
informieren und<br />
Hintergrundwissen<br />
anzueignen.<br />
Weiterführende Informationen<br />
Die Deutsche Sarkom-Stiftung ist eine gemeinsame<br />
Organisation von Patienten und Experten. Die Stiftung setzt<br />
sich dafür ein, die Situation für Sarkom-Patienten in<br />
Deutschland zu verbessern. Dafür engagiert sie sich in<br />
verschiedenen Bereichen: Information, Forschung, Fortbildung,<br />
Versorgungsstrukturen inkl. Etablierung von spezialisierten<br />
Sarkom-Zentren, Diagnose- und Behandlungsqualität wie auch<br />
Patienteninformation und Interessenvertretung.<br />
Weitere Informationen unter:<br />
www.sarkome.de