Seltene Erkrankungen
- Keine Tags gefunden...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Lesen Sie mehr auf seltenekrankheiten.de 7<br />
GIST: Immer bessere Prognose<br />
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) sind sehr seltene<br />
Weichteilsarkome, die im Magen-Darm-Trakt entstehen. In Deutschland<br />
erkranken pro Jahr ein bis zwei von 100.000 Menschen, die<br />
meisten sind bei Diagnosestellung 60 Jahre alt oder älter.<br />
PD Dr. med. Reichardt leitet das Sarkomzentrum Berlin-Buch und<br />
erklärt, was die Herausforderungen bei der Diagnose sind und wie<br />
Betroffene heute behandelt werden können.<br />
Text Miriam Rauh<br />
PD Dr. med. Peter Reichardt<br />
Chefarzt der Klinik für Onkologie und<br />
Palliativmedizin am Helios Klinikum<br />
Berlin-Buch und Leiter des Sarkomzentrums<br />
Berlin-Buch<br />
Herr Dr. Reichardt, was sind die<br />
Herausforderungen bei der<br />
Diagnose von GIST und im<br />
Verlauf der Erkrankung?<br />
Die Beschwerden sind in der Regel eher<br />
unspezifisch. Aus diesem Grund wird ein<br />
Gastrointestinaler Stromatumor oft zufällig<br />
entdeckt, bspw. im Rahmen einer<br />
Magenspiegelung, Ultraschalluntersuchung<br />
oder Computertomographie. Wichtig ist,<br />
dass neben der pathologischen Diagnose<br />
auch eine Mutationsanalyse gemacht<br />
wird, da die genaue Kenntnis der zugrundeliegenden<br />
Mutationen für die Therapieplanung<br />
entscheidend ist; zudem hat sie<br />
Einfluss auf die Prognose. Die Feindiagnostik<br />
sollte in einem erfahrenen Referenzzentrum<br />
durchgeführt werden, um<br />
Inkorrektheiten auszuschließen.<br />
Wie ist die Prognose?<br />
Man muss hier zwischen lokalisierter<br />
Erkrankung und fortgeschrittener Erkrankung<br />
unterscheiden. Die Prognose des<br />
fortgeschrittenen, metastasierten GIST<br />
hat sich in den letzten Jahren durch<br />
zunehmende therapeutische Optionen<br />
kontinuierlich verbessert; seit ca. einem<br />
Jahr steht mit Ripretinib eine Viertlinientherapie<br />
zur Verfügung. Mittlerweile können<br />
wir bei einer metastasierten Erkrankung<br />
eine mittlere Lebenserwartung von sechs<br />
oder sieben Jahren erwarten.<br />
Bei einer lokalisierten Erkrankung, die<br />
operativ behandelt wurde, können wir<br />
recht genau vorhersagen, wie groß das<br />
Risiko eines Patienten für Metastasen bzw.<br />
ein Rezidiv ist. Hiervon abhängig ist die<br />
Indikation einer vorbeugenden, adjuvanten<br />
Therapie. Als Richtwert gilt ein Rezidivrisiko<br />
in der Größenordnung über 50<br />
Prozent, sofern der Tumor eine Imatinibsensitive<br />
Mutation aufweist.<br />
Die Prognose des<br />
fortgeschrittenen,<br />
metastasierten GIST hat<br />
sich in den letzten Jahren<br />
durch zunehmende<br />
therapeutische Optionen<br />
kontinuierlich verbessert.<br />
Welche Therapieoptionen gibt es derzeit,<br />
um GIST zu behandeln, und wie ist deren<br />
Stellenwert?<br />
Imatinib stellt nach wie vor den Standard<br />
in der Erstlinientherapie und in der adju-<br />
vanten Therapie dar. Bei einer Imatinib-<br />
Intoleranz oder einem Krankheitsprogress<br />
unter Imatinib ist die Zweitlinientherapie<br />
Sunitinib vorgesehen. Wenn auch diese<br />
nicht mehr wirkt, kommen Regorafenib<br />
und schließlich Ripretinib in der Drittund<br />
Viertlinie zum Einsatz. Für die sehr<br />
seltene D842V-Mutation steht mit Avapritinib<br />
seit einiger Zeit erstmals eine wirksame<br />
Therapie zur Verfügung.<br />
Bei der Therapie spielen für Betroffene<br />
in den verschiedenen Phasen der<br />
Erkrankung neben Wirksamkeit auch<br />
Verträglichkeit und Lebensqualität<br />
eine Rolle. Wie sieht es bei den Behandlungsoptionen<br />
gerade in späteren Stadien<br />
aus?<br />
Die für die Therapie des fortgeschrittenen<br />
GIST etablierten Medikamente sind<br />
unterschiedlich gut verträglich, was angesichts<br />
der häufig langfristigen Einnahme<br />
von besonderer Bedeutung ist. Imatinib,<br />
Standard in der Erstlinientherapie, ist in<br />
der Regel gut verträglich. Sunitinib ist<br />
etwas schlechter verträglich als Imatinib,<br />
was sich in Durchfällen, Abgeschlagenheit,<br />
Müdigkeit oder Hautreizung an Händen<br />
und Füßen bemerkbar machen kann,<br />
auch Blutdruck und Schilddrüsenfunktion<br />
sollten überwacht werden. Regorafenib<br />
ist vom Nebenwirkungsspektrum<br />
dem Sunitinib ähnlich, mit einer häufig<br />
ausgeprägteren Tendenz zu Nebenwirkungen;<br />
eine individuelle Einstellung<br />
ist bei diesen Medikamenten besonders<br />
wichtig.<br />
Das Medikament der Viertlinientherapie,<br />
Ripretinib, ist wiederum in aller Regel<br />
besser verträglich. Dies erhöht auch die<br />
Lebensqualität der Patienten.<br />
ANZEIGE