158_StadtBILD_September_2016
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Portikus im Stadtpark<br />
im Stadtpark<br />
gen wurde getafelt. Für die Honoratioren<br />
gab es 150 Gedecke im Rathause. Festessen<br />
und Bälle waren in sechs weiteren<br />
Sälen. „Abends“ so berichtete Neumann,<br />
„veranstalteten die Schüler der höheren<br />
Klassen des Gym- nasiums einen Aufzug<br />
mit Fackeln zu dem prachtvoll erleuchteten<br />
Tempel, sie brachten dem Könige ein<br />
Hoch und sangen, die Fackeln vor dem<br />
Tempel auf einen Haufen werfend, das<br />
Lied ,Gaudeamus igıtur`.“ Die frischgebackenen<br />
preußischen Untertanen fanden<br />
den Ehrentempel für ihren neuen Landesherrn<br />
so ausnehmend schön, daß sie ihn<br />
ein Jahr darauf am Geburtstage Friedrich<br />
Wilhelms III., also am 3. August 1816, vor<br />
dem Webertore bei den Stadtscheunen<br />
aufstellen ließen. Allerdings nagten Wind<br />
und Wetter respektlos an dem vaterländischen<br />
Provisorium. Rundum entstand<br />
der Stadtpark, säumten Lindenalleen die<br />
früheren Feldwege zu den Viehweiden:<br />
Lindenweg, Schützenweg, Promenade.<br />
Stadtbaurat Weinhold entwarf einen<br />
schlichteren, aber größeren Neubau. (Das<br />
Entwurfsblatt ist heute im Graphischen<br />
Kabinett der Städtischen Kunstsammlungen<br />
zu besichtigen.) Das mittlerweile vergammelte<br />
Schmuckstück von 1815 verschwand,<br />
und man darf wohl mit Recht<br />
annehmen, daß es die preußischen Vorväter<br />
mindestens noch als Brennholz nutzten.<br />
1844 war der neue Portikus fertig,<br />
wie sein Vorgänger aus - Holz, also nicht<br />
für die Ewigkeit gedacht, denn neue Huldigungen<br />
konnten möglicherweise neue<br />
Tempelkosten verursachen. In dieser<br />
Form blieb der Portikus ein rundes Jahrhundert<br />
lang stehen, was für die Widerstandsfähigkeit<br />
einheimischer Hölzer und<br />
Farbanstriche spricht. Das schmucklose,<br />
klassisch schlichte und leuchtend helle<br />
Tor bot einen angenehmen Kontrast zum<br />
dunklen Grün der alten Bäume ringsum.<br />
Es stand quer über der Straße, wo die<br />
Schützenstraße in die Promenade einmündete,<br />
doch fuhr man „im Gegensatz<br />
zum Berliner Vorbild“ - nicht hindurch. Für<br />
hochrangige Gäste der Stadt, die im Ständehaus<br />
residierten, blieb es eine festliche<br />
Kulisse, etwa für Kaiser Wilhelm I. für Zar<br />
Nikolaus ll. von Rußland, für König Albert<br />
von Sachsen oder für Kaiser Wilhelm II..<br />
Weit vertrauter war der Portikus den Gör-<br />
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Geschichte<br />
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