158_StadtBILD_September_2016
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Ankunft von 6500<br />
der<br />
Griechen<br />
Griechen<br />
noch weniger davon bekamen, ebenso<br />
alle Schokolade und alles Konfekt. Auch<br />
dadurch machten sie sich unbeliebt, daß<br />
sie, da sie den ganzen Tag nichts zu tun<br />
hatten, auf allen Bänken im Park und in<br />
de Anlagen dauernd herumlungerten.<br />
Nur bei einem Teil der weiblichen Bevölkerung<br />
(leider ein Charakteristikum in<br />
Deutschland, die würdelose Neigung zu<br />
Ausländern) fanden sie derartigen Anklang,<br />
daß nach Jahresfrist eine große<br />
Anzahl von „kleinen Korinthen“ zur Welt<br />
gekommen ist.“ (Mit Recht fürchtete<br />
man, besonders in kirchlichen Kreisen,<br />
daß dadurch die an der Front stehenden<br />
Görlitzer Ehemänner beunruhigt werden<br />
könnten, schädlich für die Kampfmoral.)<br />
Da wegen der vielen zum Kriegsdienst<br />
eingezogenen Männer ein Mangel an<br />
Arbeitskräften bestand, konnten jedoch<br />
bald über 4500 Griechen in der für die<br />
Versorgung lebenswichtigen Landwirtschaft<br />
und teils auch in der Industrie<br />
arbeiten.<br />
Für die griechischen Soldaten wurde in<br />
ihrer Sprache eine Zeitung herausgegeben<br />
Sie enthielt Berichte zur Kriegslage,<br />
Informationen über Görlitz und Werbung<br />
für Gaststätten und Geschäfte.<br />
Einen Sammelband bewahrt die Oberlausitzische<br />
Bibliothek.<br />
Die königlichen Akademien in Berlin und<br />
München nutzten die Anwesenheit von<br />
griechischen Soldaten aus verschiedenen<br />
Regionen ihres Heimatlandes, um<br />
sprachwissenschaftliche Studien anzustellen<br />
und um mit den damaligen Möglichkeiten<br />
Tonaufnahmen von Dialekten,<br />
Liedern und Volksinstrumenten vorzunehmen.<br />
Auch Professor Heisenberg<br />
war (als Hauptmann der Landwehr)<br />
daran beteiligt. Die Aufnahmen (65 mit<br />
Sprachproben und 7 Einzelgesänge) erfolgten<br />
im Juli 1917 und haben sich im<br />
Lautarchiv der Berliner Humboldt- Universität<br />
erhalten; dazu gehören auch<br />
gründlich geführte Personalbögen. Damit<br />
wurden Grundlagen zur Erforschung<br />
neugriechischer Dialekte wesentlich bereichert.<br />
Die revolutionären Ereignisse 1918 untergruben<br />
die Lagerdisziplin und spalteten<br />
die Insassen nach politischen<br />
Lagern, zumal bereits kurz davor, am<br />
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Geschichte<br />
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