Inspiration Nr. 02 2023
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Gipfeltreffen Gelje Sherpa<br />
Thema Rubrik<br />
«Rekorde helfen,<br />
Aufmerksamkeit<br />
zu erregen.»<br />
Gelje Sherpa setzt sich durch. Mit der Beisskraft eines «Mountain Tigers»,<br />
so heisst er unter seinen Kollegen, meistert er sein Leben. Vom Träger<br />
ohne Schulabschluss arbeitete er sich über Stationen als Eisfalldoktor und<br />
Aushilfsguide zu einem der gefragtesten nepalesischen Bergführer hoch,<br />
der auch eigene Projekte umsetzt. Der 30-Jährige ist eine gesetzte Grösse<br />
in der Bergsteigerszene in Nepal. Seine grössten Feinde: Zeit und Finanzierung.<br />
Interview Nadine Regel<br />
Unverkennbares Markenzeichen:<br />
Sein charismatisches<br />
Lächeln hat sich Gelje<br />
Sherpa trotz so mancher<br />
Herausforderung bewahrt.<br />
Wie bist du zum Bergsteigen gekommen?<br />
Ich bin in der Region Solukhumbu geboren,<br />
unterhalb des Ortes Lukla, dem<br />
Eintrittstor in das Khumbutal zum Mount<br />
Everest. Meine Mutter ist gestorben, als<br />
ich noch ein Kind war. Meine drei Geschwister<br />
und ich sind bei meinem Vater<br />
aufgewachsen. Er hat als Träger an Trekkingbergen<br />
gearbeitet. Die Schule habe<br />
ich nur bis zur Grundschule besucht.<br />
Mit 14 Jahren war ich mit meinem Vater<br />
am Mera Peak, einem Sechstausender<br />
in der Khumbu-Region. Dort habe ich in<br />
der Küche ausgeholfen, weil der Koch<br />
krank war. Als sie nachts zum Gipfel<br />
aufbrachen, habe ich Chai-Tee gekocht<br />
und bin ihnen gefolgt. Als sie vom Gipfel<br />
runterkamen, haben sie sich über den<br />
Tee gefreut. Mein Vater war etwas sauer.<br />
Die Gäste gaben mir 700 Dollar. Das hat<br />
mich motiviert, auch in der Bergindustrie<br />
zu arbeiten.<br />
Wie ging es dann weiter?<br />
Mit 16 Jahren habe ich begonnen, als Träger<br />
zu arbeiten. Später habe ich die Bergführer<br />
bei ihrer Arbeit unterstützt. Dann<br />
begann ich, als Eisfalldoktor zu arbeiten,<br />
also den Weg durch den Khumbu-Eisfall<br />
zu errichten und ihn während der Saison<br />
instand zu halten. Das ist ein Teil der<br />
Route auf den Everest vom Basislager<br />
zum Lager eins. Das machte mir am Anfang<br />
Spass, doch dann merkte ich immer<br />
mehr, wie gefährlich dieser Ort ist. Ständig<br />
brechen Seracs, also Eistürme, ab und<br />
rauschen als Eislawinen hinunter. Viele<br />
meiner Kollegen sind dabei ums Leben<br />
gekommen. Deswegen war ich dann sehr<br />
froh, als ich die Chance hatte, als Bergführer<br />
an Achttausendern zu arbeiten.<br />
Welcher war dein erster Achttausender?<br />
Immer wieder fragten mich die Leute, ob<br />
ich den Everest schon bestiegen hätte.<br />
Foto: zvg<br />
40<br />
41