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PRIVATISIERUNGEN<br />
ÖSTERREICH: KARUSSELL KOMMT IN BEWEGUNG<br />
Das Stadtspital Klosterneuburg wird künftig<br />
von den privaten Firmen HCC Krankenanstalten<br />
AG (Christian Köck, Hans-Peter<br />
Haselsteiner, Raiffeisen) und Humanomed<br />
(Uniqa, Wr. Städtische, Merkurversicherung)<br />
gemanagt; am Areal des Wiener AKH<br />
könnte ein Privatspital für betuchte, internationale<br />
Patienten entstehen; der Wiener<br />
Krankenverbund will alte Spitalsimmobilien<br />
verkaufen und mit privaten Partnern<br />
ein Großkrankenhaus im Norden der Stadt<br />
bauen; und in den Sozialversicherungen<br />
wird nach dem Teilverkauf des Reha-Zentrums<br />
Bad Gleichenberg an die HCC und<br />
die Humanomed-Beteiligung Hospitals über<br />
(Teil)Privatisierungen weiterer Einrichtungen<br />
geredet.<br />
Das sind nur die Highlights der vergangenen<br />
Wochen bei der zunehmenden Privatisierung<br />
von Gesundheitseinrichtungen. Daneben<br />
gibt es eine ganze Handvoll kleinerer<br />
Privat-Public-Partnership-Projekte. Und alle<br />
verlaufen - mit Ausnahme der Debatte über<br />
das AKH-Privatspital – recht unspektakulär<br />
und von der Öffentlichkeit weitgehend<br />
unbemerkt. Selbst das erstmalige private<br />
Management eines öffentlichen Krankenhauses<br />
in Klosterneuburg wurde offenbar<br />
akzeptiert. Möglicherweise auch deshalb,<br />
weil von allen Beteiligten wenig Aufhebens<br />
darum gemacht worden ist.<br />
Der Grund ist klar: Private Interessenten<br />
am Spitals- und Rehabereich wollen das<br />
zarte aufkeimende Pflänzchen nicht durch<br />
Diskussionen über mögliche Folgen der Privatisierung<br />
abwürgen und den öffentlichen<br />
Partnern bleibt zunehmend keine andere<br />
Wahl, als sich private Partner zu suchen. Zu<br />
teuer wird der Betrieb der eigenen Gesundheitseinrichtungen<br />
und zu knapp sind die<br />
Kommunen bei Kasse.<br />
Das Karussell dreht sich also bereits. Wenn<br />
auch noch langsam. In der Zwischenzeit<br />
nutzen die privaten Unternehmen die Zeit,<br />
um international Erfahrungen zu sammeln<br />
und Geschäfte zu machen. So hat die HCC<br />
etwa eine öffentliche Frauen- und Geburtsklinik<br />
in Budapest übernommen sowie die<br />
drei Krankenhäuser im tschechischen Bezirk<br />
Karlsbad. Zwar könnten diese Häuser<br />
auch künftig einmal österreichischen Patienten<br />
offen stehen, sagt Köck – allerdings<br />
erst nach einer weitreichenden, noch Jahre<br />
dauernden Modernisierung. Der Baukonzern<br />
Strabag von Köcks HCC-Partner Hans-<br />
Peter Haselsteiner baut wiederum in einem<br />
PPP-Projekt mit der Deutschen Bank und<br />
der Fortis Bank Brussels S.A. für das Universitätsklinikum<br />
Essen ein Protonentherapiezentrum.<br />
Die privaten Partner werden<br />
die 300 Millionen Euro teure Einrichtung<br />
auch betreiben.<br />
Ein ähnliches Projekt soll übrigens auch in<br />
Wiener Neustadt errichtet werden. Strabag<br />
einerseits sowie die Vamed aber auch der<br />
Raiffeisen-Konzern andererseits liefern sich<br />
derzeit einen Kampf um den Auftrag für den<br />
Bau und Betrieb des Krebsforschungs- und<br />
Therapiezentrums MedAustron. Ob sich<br />
das Projekt mangels dafür in Frage kommender<br />
Patienten rechnen wird, ist in Expertenkreisen<br />
äußerst umstritten. Es ist zu<br />
befürchten, dass zur Auslastung auch Patienten<br />
hingeschickt und behandelt werden,<br />
die es nicht unbedingt brauchen. Angebot<br />
schafft Nachfrage. Nicht das erste Mal im<br />
Gesundheitswesen. Sicher aber auf Kosten<br />
der Allgemeinheit.<br />
Martin Rümmele<br />
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors.<br />
Quelle: Newsletter www.krankegeschaefte.at, Trends, News und Hintergründe zu<br />
Reformen, Liberalisierung und Entwicklungen im Gesundheitswesen. Oktober <strong>2006</strong>.<br />
Buchtipp: Martin Rümmele: Kranke Geschäfte mit unserer Gesundheit. Symptome, Diagnosen<br />
und Nebenwirkungen der Gesundheitsreformen. NP Buchverlag (Residenzverlag) 2005.<br />
06 <strong>SMZ</strong> INFO DEZEMBER <strong>2006</strong>