SMZ Liebenau Info Sep_2010
Create successful ePaper yourself
Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong>
in dieser ausgabe<br />
mitarbeiterinnen<br />
des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />
Dr. Rainer Possert<br />
Arzt für Allgemeinmedizin<br />
Psychotherapeut<br />
editoriaL 01<br />
Dr. Gustav Mittelbach<br />
Arzt für Allgemeinmedizin<br />
Psychotherapeut<br />
Dipl. PT Heilwig<br />
Possert-Lachnit, MSc<br />
Physiotherapeutin<br />
Dr. Inge Zelinka-Roitner<br />
Soziologin<br />
Ungleichheit<br />
Erster Armutsbericht der Stadt GraZ 02<br />
Gleichheit ist Glück 08<br />
Ein Betriebsausflug in Sachen Ungleichheit 10<br />
Soziale Integration und psychische Gesundheit<br />
von Kindern und Jugendlichen mit Migrationshintergrund 12<br />
Frühe Hilfen 14<br />
Arbeit macht krank – Arbeitslosigkeit ebenso! 15<br />
Mag. (FH) Dr.<br />
Larissa Schuhmeyer<br />
Sozialarbeiterin<br />
Mag. (FH) Petra Steiner<br />
Sozialarbeiterin<br />
Mit der Wirtschaftkrise kamen die Probleme… 18<br />
gesundheit und krise 20<br />
Psychotherapie und Wirtschaftskrise –<br />
Interview mit Berthold Rothschild 22<br />
Sozialhilfe wird durch Mindestsicherung ersetzt 28<br />
Ein Garten für Alle! 30<br />
Mag. Karin Ettl<br />
Verwaltung<br />
Sozialraumorientierung als Mittel gegen<br />
soziale Ungleichheit 32<br />
Dr. Thomas schneeberger<br />
TurnusArzt<br />
aktuelles aus dem smz<br />
Rassismus im GesundheitsweseN 34<br />
Karin Sittinger<br />
Arzthelferin<br />
Erika Lang<br />
Arzthelferin<br />
Keine Zeit für Graz? 36<br />
SeniorInnentag – Willkommen im <strong>SMZ</strong>! 38<br />
Neues Angebot des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>:<br />
Betriebliche Sozialarbeit bei MAGNA Powertrain 40<br />
angebote des smz liebenau 41<br />
Sabine Rath<br />
Arzthelferin<br />
Dr. Ulrike Körbitz<br />
Psychoanalytikerin<br />
Krista Mittelbach<br />
Psychotherapeutin<br />
DSA Theresa Augustin<br />
Psychotherapeutin<br />
IMPRESSUM<br />
HERAUSGEBER: <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>, <strong>Liebenau</strong>er Hauptstraße 102-104 a, 8041 Graz<br />
T 0699 180 84 375 F (0316) 462340-19<br />
Email smz@smz.at Homepage www.smz.at vereinsregister ZVR: 433702025<br />
REDAKTION: Dr. Rainer Possert, Mag. a Dr. in Inge Zelinka-Roitner<br />
Mitarbeiterinnen dieser Ausgabe: Das Team des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />
FOTOS: S.32, S.35, S.38, S.39: <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>; Cover und alle anderen: Rainer Possert<br />
LAYOUT + SATZ CUBA, graz www.cubaliebtdich.at<br />
DRUCK Druckerei Bachernegg GmbH, Kapfenberg AUFLAGE 1.700 Stk.<br />
Dr. Wolfgang Sellitsch<br />
Jurist
Editorial<br />
In früheren Ausgaben des <strong>SMZ</strong>-<strong>Info</strong>s haben<br />
wir anlässlich von Wahlkämpfen die Positionen<br />
der Parteien zu gesundheitspolitischen<br />
Fragestellungen zur Diskussion gestellt.<br />
Diesmal wenden wir uns vor der Landtagswahl<br />
wieder grundsätzlichen Fragestellungen<br />
zu, wir sind der Sprachregelungen und<br />
„wordings“ der Wahlkampfagenturen überdrüssig<br />
geworden.<br />
Im Grunde dreht sich die Diskussion – zugegebenermaßen<br />
vereinfacht – ohnehin nur<br />
um ein mehr oder weniger „maßvolles Sparen“<br />
bei den Gesundheits- und Sozialausgaben<br />
und der Regelung des Geldflusses<br />
vom Steuerzahler via Staat zum (Finanz)<br />
kapital (Hypobank, ect.) und – dass zur<br />
Rettung der Banken (= des Kapitalismus,<br />
sonst kracht ja alles zusammen) eben alle<br />
einen finanziellen Beitrag leisten müssen.<br />
So muss auch noch aus dem Nahrungsmitteleinkauf<br />
der Sozialhilfe – EmpfängerInnen<br />
die Mehrwertsteuer ins Staatssäckel.<br />
Vor 10 Jahren feierten wir das 15-jährige<br />
Jubiläum des <strong>SMZ</strong> mit unserem Symposium<br />
unter dem ironischen Titel „Lieber reich<br />
und gesund als arm und krank“.<br />
Damals ist es uns gelungen, den Wissenstand<br />
über die gesellschaftlichen Zusammenhänge<br />
von Krankheit und Gesundheit<br />
in der Steiermark zu erweitern.<br />
Mittlerweile konnte sich eine „Public-Health-<br />
Szene“ mit entsprechenden FH- und Uni-<br />
Lehrgängen etablieren. Es werden auch<br />
vermehrt „Gesundheitsberichte“ oder „Armutsberichte“<br />
verfasst – Lehren daraus jedoch<br />
kaum gezogen.<br />
Einen der ersten immer noch lesenswerten<br />
Berichte zu diesem Thema hat übrigens<br />
Friedrich Engels 1845 in seiner Schrift „Die<br />
Lage der arbeitenden Klasse in England“<br />
verfasst und zusammen mit seinem Freund<br />
Karl Marx die bekannten Schlüsse daraus<br />
gezogen...<br />
Wir beschäftigen uns in dieser Ausgabe<br />
auf verschiedenen Ebenen mit sozialer Ungleichheit<br />
und Gesundheit, mit der spürbaren<br />
Zunahme des psychischen und sozialen<br />
Elends und auch mit der Unzulänglichkeit<br />
der Versorgungssysteme sind wir und viele<br />
LeserInnen in unseren Berufen täglich<br />
konfrontiert. Es scheint so, als müsste man<br />
zusätzlich zur klassischen Gesundheitsförderung<br />
wieder einen Schritt in Richtung Verbesserung<br />
der medizinischen/psychotherapeutischer<br />
Versorgung bedürftiger Bevölkerungsschichten<br />
machen, dies würde auch<br />
bedeuten, dass beispielsweise sämtliche<br />
Selbstbehalte (Psychotherapie, Physiotherapie,<br />
Logopädie, Brillen, Zahnersatz, Heilbehelfe,<br />
usw.) aufgehoben werden.<br />
Die Theorie kommt diesmal auch nicht zu<br />
kurz: wir berichten über ein Symposium in<br />
Linz, das Interview mit Berthold Rothschild<br />
ermöglicht uns, der Gründlichkeit psychoanalytischer<br />
Kritik nachzuspüren, der Armutsbericht<br />
der Stadt Graz wird zusammengefasst.<br />
An dieser Stelle möchte ich alle<br />
Expertinnen auf das „Jahrbuch für Kritische<br />
Medizin und Gesundheitswissenschaften<br />
46“ (ISBN 978-3-88619-825-2) hinweisen,<br />
das unter dem Titel „ Zur Individualisierung<br />
von Gesundheit zwischen Regulierung und<br />
Disziplin“ den Selbstverantwortungsdiskurs<br />
einer kritischen Analyse unterzieht.<br />
Aus der Praxis berichten wir über die medizinische<br />
und sozialtherapeutische Behandlung<br />
von Patientinnen und unsere Versuche,<br />
abseits der täglichen Hilfeleistung zur<br />
Gemeinschaftsbildung und Solidarisierung<br />
(„Ein Garten für alle“) beizutragen.<br />
Vielleicht haben sie sich gefragt, warum wir<br />
heuer keine Jubiläumsveranstaltung – 25<br />
Jahre <strong>SMZ</strong> – durchgeführt haben: Wir hatten<br />
weder Zeit noch Geld. Vielleicht gibt es<br />
im nächsten Jahr eine Feier 25 + 1, hängt<br />
auch ein wenig von den Ergebnissen der<br />
Landtagswahl ab, nach dem Motto: „Wer<br />
soll das bezahlen?“<br />
Rainer Possert<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
01
ungleichheit<br />
Erster Armutsbericht<br />
der Stadt Graz<br />
Bericht und Kommentar<br />
» ... everybody knows:<br />
the poor stay poor, the rich get rich...”<br />
Leonard Cohen<br />
02<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Die Themen dieses Berichts, soziale Ungleichheit,<br />
Ausgrenzung, Armutsbekämpfung,<br />
soziale Gerechtigkeit und speziell<br />
deren Auswirkungen auf die Gesundheit beschäftigen<br />
uns im <strong>SMZ</strong> – in unseren Projekten,<br />
Veranstaltungen, in unserer Zeitschrift<br />
– schon seit langem.<br />
Insofern ist es erfreulich, dass die Stadt<br />
Graz einen ersten Schritt zur Analyse der<br />
sozialen Lage ihrer BewohnerInnen unternimmt.<br />
Die Hauptaussage:<br />
40.000 GrazerInnen sind von<br />
Armut bedroht,<br />
20.000 leben in manifester Armut.<br />
Was folgt daraus? Etwa ein Aktionsprogramm<br />
und politische Forderungen als Auftakt<br />
für eine neue soziale Bewegung, eine<br />
Analyse der gesellschaftspolitischen Ursachen<br />
sozialer Ungleichheit, ein aufrüttelnder<br />
Bericht über die realen Lebenswelten der<br />
unteren 16 % von Graz?<br />
Davon ist etwas höchstens in Ansätzen zwischen<br />
den Zeilen des Berichts erkennbar.<br />
Können wir daher - wie es in der Sendung<br />
„Arbeitslosenstammtisch“ von Radio Helsinki<br />
etwas zynisch zusammengefasst wurde,<br />
den Bericht vergessen, weil er sich darin erschöpft,<br />
z.B. eine bessere Kooperation zwischen<br />
AMS und Sozialamt einzufordern?<br />
Um ihm gerecht zu werden, sollten wir die<br />
Ergebnisse kurz zusammenfassen und einige<br />
Daten präsentieren. 1 Schließlich ist es<br />
ein Bericht über die Ist-Situation und weniger<br />
eine politische Analyse. Doch es schmerzt<br />
schon, dass klare Aussagen fehlen oder in<br />
Nebensätzen untergehen. 1<br />
Da formulieren andere Berichte sicher präziser:<br />
eine ähnliche Schweizer Studie trägt<br />
z.B. den Titel: “Arme sterben früher.“ 2<br />
Oder Wilkinson im ersten Satz seines Buches:<br />
„Unter den entwickelten Ländern weisen<br />
nicht die Reichsten den besten Gesundheitszustand<br />
auf, sondern jene, in denen die<br />
Einkommensunterschiede zwischen Reich<br />
und Arm am geringsten sind. Ungleichheit<br />
und relative Armut zeigen absolute Auswirkungen.<br />
Sie erhöhen die Sterberaten…“ 3<br />
Oder Rosenbrock: „Angehörige der Unterschicht<br />
leben bereits im Alter von 45 Jahren<br />
mit durchschnittlich ebenso starker gesundheitlicher<br />
Einschränkung wie Angehörige<br />
der Oberschicht ab dem 75. Lebensjahr.“<br />
Oder: Männer mit Abitur haben eine Lebenserwartung,<br />
die 3,3 Jahre länger ist als<br />
Männer ohne Abitur, bei Frauen beträgt der<br />
Unterschied 3,9 Jahre! 4<br />
Oder eine historische Perspektive: Es werden<br />
sich noch einige an Kreiskys Regierungsprogramm<br />
1971 erinnern: Bekämpfung<br />
der Armut in Österreich („450.000<br />
Österreicher leben in Armut“) – beruhend<br />
auf einer IFES-Studie, die konstatiert, 14%<br />
der ÖsterreicherInnen sind arm, 5 % sehr<br />
arm (17% der Wiener Haushalte). Haben<br />
sich nicht die Zahlen 40 Jahre später verschlechtert<br />
– 16% der GrazerInnen!?<br />
1<br />
Sie beruhen auf der letzten jährlichen europaweiten Erhebung 2008 zur Lebenssituation der Menschen in Privathaushalten EU-SILC,<br />
auf einer Grazer Bevölkerungsbefragung über Lebensqualitätsindikatoren LQI 2009, Daten der Landesstatistik Steiermark, der PVA und<br />
GKK und von NGOs: Erster Armutsbericht der Stadt Graz im Auftrag des Grazer Sozialamts. Paierl-Stoppacher, Juni <strong>2010</strong>.<br />
2<br />
Künzler/Knöpfel, Soziale Schicht, Mortalität und Rentenalterspolitik in der Schweiz. CaritasVerlag Luzern, 2002.<br />
3<br />
Wilkinson, Richard, Kranke Gesellschaften - soziales Gleichgewicht und Gesundheit. Springer 2001.<br />
4<br />
Mielck, Andreas, Soziale Ungleichheit und Gesundheit. 2005, S. 16.
ungleichheit<br />
» Voll-und Teilzeitbeschäftigte sind<br />
zu 6% armutsgefährdet,<br />
Arbeitslose zu 13%,<br />
Langzeitarbeitslose zu 39%,<br />
Alleinerzieherinnen sind zu 29%,<br />
Jugendliche in Österreich zu 15%,<br />
aber schon 31% der Zuwandererkinder!<br />
Doch zurück zum Bericht und zu österreichischen<br />
Zahlen:<br />
Arbeitslos<br />
Voll-und Teilzeitbeschäftigte sind zu 6% armutsgefährdet,<br />
Arbeitslose zu 13%, Langzeitarbeitslose<br />
zu 39%, Alleinerzieherinnen<br />
sind zu 29% armutsgefährdet, Jugendliche<br />
in Österreich zu 15%, aber schon 31% der<br />
Zuwandererkinder!<br />
(zur Definition: Armutsgefährdung bezieht<br />
sich auf die Einkommensarmut, tatsächliche<br />
Armut bezieht sich auch auf die Lebensführung<br />
und den Lebensstandard, wie z.B.<br />
„kann ich einmal im Monat Freunde zum<br />
Essen einladen“, „kann ich meine Wohnung<br />
warm halten?“)<br />
Dass der österreichische Sozialstaat noch<br />
funktioniert, beweisen die sozialen Transferleistungen<br />
- ohne sie ist die Armutsgefährdung<br />
im Schnitt doppelt so hoch!<br />
20% der pro Jahr arbeitslos Gemeldeten<br />
haben keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld<br />
und Notstandshilfe!<br />
Im <strong>Sep</strong>tember 2009 bezogen 11810 GrazerInnen<br />
Arbeitslosenleistungen, davon<br />
waren 39% NotstandshilfebezieherInnen,<br />
insgesamt 38% bekamen unter € 600,- monatlich.<br />
1481 Jugendliche und Erwachsene unter 25<br />
Jahren waren 2009 arbeitslos (18% mehr<br />
als im Vorjahr), bei Migranten waren es<br />
2509 Personen (um 25% mehr als 2008).<br />
Im Jahr 2009 bezogen 5695 Personen Sozialhilfe,<br />
wobei davon auszugehen ist, dass<br />
jeder Zweite sie nicht in Anspruch nimmt.<br />
Die meisten SozialhilfeempfängerInnen leben<br />
in Lend, Jakomini und Gries (23, 24 und<br />
35 pro 1000 Einwohner), in <strong>Liebenau</strong> sind<br />
es 11, in St. Peter 4 auf 1000.<br />
Gesundheit und Armut<br />
„Lieber reich und gesund als arm und<br />
krank“ wird zwar als zutreffender Spruch zitiert,<br />
aber leider nicht als der Titel unseres<br />
Symposiums zur 10 Jahres-Feier 1995, auf<br />
dem wir, so vermuten wir, zum ersten Mal<br />
in Graz, öffentlich den Zusammenhang von<br />
sozialer Ungleichheit und Gesundheit thematisierten.<br />
Erhöhte Säuglingssterblichkeit, mehr Übergewicht,<br />
chronische Erkrankungen, Entwicklungsrückstände<br />
bei Kindern werden<br />
als Folgen von Armut richtigerweise erwähnt,<br />
nicht aber die Jahre an unterschiedlicher<br />
Lebenserwartung zwischen Ärmsten<br />
und Reichsten (siehe oben).<br />
In armutsgefährdeten Grazer Haushalten<br />
hat jeder Zweite eine chronische Erkrankung<br />
(nur jeder Fünfte in den reichsten<br />
Haushalten).<br />
7034 GrazerInnen beziehen eine Invaliditäts/Erwerbsunfähigkeitspension<br />
(53% von<br />
ihnen weniger als € 750,-/Monat), sie sind<br />
neben chronisch Kranken und Menschen mit<br />
Behinderung besonders armutsgefährdet.<br />
Leider wird unsere repräsentative Bezirksstudie<br />
„Wie gesund ist <strong>Liebenau</strong>“ aus dem<br />
Jahr 2001 nicht zitiert, die als Erste und bisher<br />
Einzige in einem Grazer Bezirk soziale<br />
Ungleichheit und Gesundheit untersuchte<br />
(Ergebnisse: ärmere Menschen fühlen sich<br />
kränker, klagen häufiger über Beschwerden<br />
und gehen öfter zum Arzt- und: Pflichtschulabsolventen<br />
sind die gesundheitlich am<br />
meisten benachteiligte Gruppe)<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
03
ungleichheit<br />
Erster Armutsbericht der Stadt Graz<br />
Fortsetzung<br />
»<br />
Soziale Ungleichheit, Diskriminierung und Rassismus<br />
sind strukturell in unsere Gesellschaft eingeschrieben<br />
04<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
1,3% der österr. Bevölkerung sind nicht<br />
krankenversichert, also 3100 GrazerInnen.<br />
Die Marienambulanz versorgte 2009 1571<br />
Personen aus 75 Ländern – 189 hatten die<br />
österreichische Staatsbürgerschaft – 40%<br />
hatten keine Krankenversicherung.<br />
Zu diesem Kapitel hat Christine Anderwald,<br />
die organisatorische Leiterin der Marienambulanz,<br />
einen Kommentar beigesteuert,<br />
ebenso wie das AMS, die Schuldnerberatung,<br />
die Vinzenzgemeinschaft und der Geschäftsführer<br />
von Isop - Kommentare, die in<br />
einigen Punkten kritischere Aussagen treffen<br />
als der Rest der Studie.<br />
Wohnen<br />
70 - 100 Personen leben in Graz auf der<br />
Straße, 800 - 900 sind in Übergangswohnungen,<br />
Wohnheimen und Notschlafstellen<br />
untergebracht.<br />
Es gibt 10500 Gemeindewohnungen (5000<br />
im Eigentum der Stadt Graz), leider wurden<br />
– außer den Holzhäusern im Grünanger –<br />
schon lange keine Gemeindewohnungen<br />
mehr gebaut.<br />
123 Wohnungen in Übergangswohnheimen/<br />
Delogiertenwohnungen, 74 im Männerwohnheim,<br />
65 im Frauenwohnheim.<br />
Akut Wohnungslose werden von der Caritas<br />
und der Vinzenzgemeinschaft in verschiedenen<br />
Projekten betreut, 5 neben dem<br />
Frauenhaus, der Wohnplattform Steiermark<br />
für psychisch Kranke und dem Aloisianum<br />
für Alkoholkranke. Die Wohnsicherungsstelle<br />
WOG betreibt Delogierungsprävention<br />
(2/3 der Delogierungen pro Jahr konnten<br />
verhindert werden, die Hilfesuchenden<br />
hatten durchschnittlich ein Einkommen von<br />
€ 1000.– bei Wohnungskosten von € 600.–<br />
und Mietrückständen von € 1500.–)<br />
Migration<br />
15% der in Graz Lebenden haben keine<br />
österreichische Staatsbürgerschaft (davon<br />
5% aus EU-Staaten); die größten Gruppen<br />
sind in folgender Reihung: Bosnier, dann<br />
Kroaten, Deutsche, TürkInnen, Rumänen.<br />
30% der MigrantInnen sind armutsgefährdet,<br />
sie zögern oft, Sozialhilfe zu beantragen,<br />
um das Ziel eines „gefestigten Aufenthalts“<br />
für die Visumverlängerung und<br />
Staatsbürgerschaft nicht zu gefährden.<br />
Schulden<br />
13% der 20-64Jährigen hatten in den letzten<br />
5 Jahren ernsthafte finanzielle Schwierigkeiten.<br />
Das Hauptproblem der Männer ist<br />
„ehemalige Selbstständigkeit“, bei Frauen<br />
„Bürgschaft und Haftung“.<br />
Die deutlichsten Worte im Sinne einer kritischen<br />
Analyse findet Robert Reithofer, Geschäftsführer<br />
von ISOP (S 81):<br />
„Soziale Ungleichheit, Diskriminierung und<br />
Rassismus sind strukturell in unsere Gesellschaft<br />
eingeschrieben, Armut und soziale<br />
Exklusion werden entlang geschlechtsspezifischer,<br />
ethnischer und sozialer Grenzziehungen<br />
kontinuierlich reproduziert und<br />
vererbt. Die Wirtschaftskrise, die tatsächlich<br />
eine umfassende zivilisatorische Krise des<br />
kapitalistischen Systems darstellt, macht<br />
dies in ihren sozialen und ökologischen Folgewirkungen<br />
nur umso offensichtlicher: der<br />
erwirtschaftete Reichtum wird weltweit und<br />
genauso in Österreich in der Steiermark und<br />
Graz extrem ungleich verteilt, Armut und<br />
Arbeitslosigkeit nehmen zu. Soziales Engagement<br />
muß immer auch gesellschaftspolitisches<br />
Engagement sein. Andernfalls<br />
geht man in die Falle eines Diskurses der<br />
5<br />
Caritas: Arche 38, Team On, Übergangswohnungen, Haus Elisabeth, Schlupfhaus, Ressidorf,<br />
Wohnheim für ausländische Frauen, Vinzenzgemeinschaft: Vinzidorf, Vinzinest, Vinzischutz, Vinzitel, Haus Rosalie.
ungleichheit<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
05
ungleichheit<br />
Erster Armutsbericht der Stadt Graz<br />
Fortsetzung<br />
» Arbeitsfähigen Armen ist tunlichst<br />
Arbeit zu vermitteln,<br />
damit dieselben nicht der öffentlichen Armenpflege zur Last fallen.<br />
06<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Entpolitisierung und Vermarktlichung, ein<br />
karitativer Reduktionismus bzw. ein technokratischer<br />
Scheinprofessionalismus, der<br />
Menschen mit realen sozialen Bedürfnissen<br />
in Kennzahlen begräbt, wäre als Anpassung<br />
an die hegemoniale ideologische Praxis die<br />
Folge…“<br />
Kommen wir zum Forderungsprogramm<br />
des Armutsberichts, das hier „Handlungsansätze“<br />
heisst:<br />
Skizziert werden einige konkrete Vorschläge,<br />
wobei fraglich bleibt, ob es Überlegungen<br />
der Studienautoren Silvia Paierl und<br />
Peter Stoppacher von IFA (Institut für Arbeitsmarktbetreuung<br />
und –forschung) sind<br />
oder politische Absichten der Stadt Graz:<br />
• Ein Masterplan „soziale Integration<br />
2015“ des Schweizer Städtebundes<br />
wird als vorbildhaft vorgestellt, die Kooperation<br />
zwischen AMS und Sozialamt<br />
soll forciert werden.<br />
• Für Jugendliche müssten Kooperationsstrukturen<br />
mit Jugendzentren und<br />
Jugendwohlfahrt erst aufgebaut werden.<br />
• Niederschwellige Gesundheitszugänge<br />
und spezielle Gesundheitsangebote<br />
über Kindergärten, Nachbarschaftsbetreuung<br />
und Bewährungshilfe<br />
„könnte die Stadt versuchen“<br />
• Förderung von politischer Teilhabe<br />
und gesellschaftlicher Mitgestaltung gegen<br />
soziale Isolation (nach dem Vorarlberger<br />
IFS-Projekt) „besitzen eine wichtige<br />
Rolle“<br />
• Für die Wohnversorgung für psychisch<br />
Kranke, wohnungslose Jugendliche<br />
und Personen mit Suchtproblemen<br />
„wäre eine Orientierung sinnvoll“ an<br />
erfolgreichen Projekten (Vorarlberger<br />
Wohnprojekt ABO- Linzer Verein für<br />
Sozialprävention und Gemeinwesenarbeit)<br />
• Aktive Integrationsstrategien für MigrantInnen<br />
und langfristige Programme<br />
„werden angeregt“.<br />
• Bezüglich Schulden „könnte überlegt<br />
werden“, Zahlungsverpflichtungen<br />
der Schuldner bei der Sozialhilfe stärker<br />
zu berücksichtigen, das Sozialamt<br />
„könnte versuchen“ als Partner für die<br />
2. Bank anerkannt zu werden, unbürokratische<br />
Hilfestellungen „könnten ausgebaut“<br />
werden.<br />
• In einem einzigen Punkt gibt es<br />
eine klare Festlegung (S. 95): “Eine<br />
„Wohnraumoffensive“ mit zusätzlichen<br />
Gemeindewohnungen ist in der derzeitigen<br />
Regierungsperiode geplant“. Daran<br />
werden wir uns erinnern müssen!<br />
Natürlich habe ich mir mehr erwartet zu Politikbereichen,<br />
die über die Gemeindeebene<br />
hinaus gehen.<br />
Zum Beispiel zum Thema Menschenrecht<br />
auf Arbeit und Wohnung, zu einem verfassungsmäßigen<br />
Recht auf Existenzsicherung<br />
und Infrastruktur (Kinderbetreuung, Bildung,<br />
etc.), zum Thema Versicherungsprinzip gegen<br />
Sozialhilfeprinzip, zum Thema Sozialstaat<br />
Österreich. 6<br />
6<br />
Text des Volksbegehrens 2001, Ergänzung zur Verfassung: „Österreich ist ein Sozialstaat. Gesetzgebung und Vollziehung<br />
berücksichtigen die soziale Sicherheit und Chancengleichheit der in Österreich lebenden Menschen als eigenständige Ziele. Vor<br />
Beschluss eines Gesetzes wird geprüft, wie sich dieses auf die soziale Lage der Betroffenen, die Gleichstellung von Frauen und<br />
Männern und den gesellschaftlichen Zusammenhalt auswirkt (Sozialverträglichkeitsprüfung). Die Absicherung im Fall von Krankheit,<br />
Unfall, Behinderung, Alter, Arbeitslosigkeit und Armut erfolgt solidarisch durch öffentlich-rechtliche soziale Sicherungssysteme.<br />
Die Finanzierung der Staatsausgaben orientiert sich am Grundsatz, dass die in Österreich lebenden Menschen einen ihrer<br />
wirtschaftlichen und sozialen Lage angemessenen Beitrag leisten."
ungleichheit<br />
Mir ist aber auch klar, dass diese Vorstellungen<br />
weit über einen ersten Armutsbericht<br />
Graz und über die Intentionen der Stadtregierenden<br />
hinausgehen.<br />
Realistischerweise muss ich auch festhalten,<br />
dass sich seit Kreiskys „Kampf“ gegen<br />
die Armut am sozialen Befund nichts Wesentliches<br />
geändert hat.<br />
Vielleicht gelingt es uns in Zukunft wenigstens,<br />
zu verhindern, in „alte Gepflogenheiten“<br />
zurückzufallen.<br />
Damit meine ich nicht einmal die Gesetze<br />
zur Bekämpfung der Arbeitsscheuen unter<br />
den Nazis, sondern das 19. Jahrhundert<br />
(das uns ja auch die Arbeiterkämpfe für soziale<br />
Rechte gebracht hat) mit folgendem<br />
Fundstück:<br />
„Arbeitsfähigen Armen ist tunlichst Arbeit<br />
zu vermitteln, damit dieselben nicht der öffentlichen<br />
Armenpflege zur Last fallen. Jeder<br />
aus Armenmitteln zeitlich oder dauernd<br />
Unterstützte ist verpflichtet, die ihm vermittelte<br />
oder aufgetragene, seinen Kräften angemessene<br />
Arbeit zu verrichten. Kommt er<br />
dieser Verpflichtung nicht nach, so ist er als<br />
arbeitsscheu der kompetenten Behörde zur<br />
Behandlung nach dem Gesetze anzuzeigen“<br />
(§30 des NÖ-Landesarmengesetzes vom 13.10.1893)<br />
Gustav Mittelbach<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
07
ungleichheit<br />
Gleichheit<br />
ist<br />
Glück<br />
Warum gerechte Gesellschaften für alle besser sind<br />
08<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
So lautet der provokante Titel eines neu<br />
erschienen Buches von Wilkinson/Pickett.<br />
Diese beiden hochkarätigen Wissenschaftler<br />
legen mit weltweiten, gut abgesicherten<br />
Studien sehr interessante Ergebnisse vor,<br />
die geradezu zwingend zu einer anderen<br />
politischen Haltung in unseren politischen<br />
Systemen führen müssten.<br />
Denn es gilt nicht länger: je reicher desto<br />
glücklicher, je ärmer desto unglücklicher.<br />
Klar: in ärmeren Ländern hängen Glück,<br />
Gesundheit und Wohlbefinden immer auch<br />
von der Prosperität des Landes ab. Sobald<br />
aber eine Nation den Status eines entwickelten<br />
Landes erreicht hat, haben weitere<br />
Einkommenssteigerungen immer weniger<br />
Relevanz. Da gilt ein anderes Prinzip: je weniger<br />
Unterschiede in einem Land zwischen<br />
Arm und Reich herrschen, desto glücklicher<br />
und gesünder sind interessanterweise alle:<br />
die, die Geld, Macht und Einfluss haben,<br />
genauso wie die, die arm sind. Dass also<br />
auch die Mittelschicht und die Reichen von<br />
mehr Gleichheit profitieren, das ist neu.<br />
Vergleicht man z.B. die Menschen in gut abgesicherten<br />
Berufen – wie Beamte – in den<br />
USA (das Land mit der größten Kluft zwischen<br />
Arm und Reich) mit Beamten in Japan<br />
oder in den skandinavischen Ländern<br />
(Länder mit der geringsten Einkommensschere)<br />
dann wird der Unterschied deutlich:<br />
Es ist nicht das Einkommen selbst, das ja<br />
in beiden Fällen garantiert und ausreichend<br />
ist. Es ist die Verteilung des Reichtums und<br />
das Ausmaß des Unterschiedes zwischen<br />
den sozialen Klassen, die den Ausschlag für<br />
Glück und Gesundheit geben. Amerikanische<br />
Beamte leiden genauso wie die Sozialhilfeempfänger<br />
der USA unter größeren Gesundheitsrisiken:<br />
Depressionen, Ängsten,<br />
Übergewicht, Herz-Kreislauferkrankungen<br />
und sie leben kürzer als ihre Kollegen in den<br />
jeweiligen Schichten in Skandinavien oder<br />
Japan.<br />
Wie wird denn Glück gemessen?<br />
Die Menschen danach zu fragen, ist da sicher<br />
nicht ausreichend. Wilkinson/ Picket<br />
machen den Glücksbegriff an einigen harten<br />
Kriterien fest: Lebenserwartung, Übergewicht,<br />
Drogenkonsum, Kriminalitätsrate,<br />
Bildung, Arbeitslosigkeit, Teenagerschwangerschaften.<br />
Interessanterweise wird erstmals in der Geschichte<br />
der Menschheit das Phänomen der<br />
Fettleibigkeit auf den Kopf gestellt. Früher<br />
eine Zeichen für Wohlstand, ist es heute ein<br />
Zeichen für Armut und Unglück. Und dies<br />
ebenfalls weltweit. Reiche sind dünn, Arme<br />
dick. Und auch hier wiederum viel stärker<br />
in ungleichen Gesellschaften. Besonders<br />
gut ist dies am Beispiel der DDR zu beobachten.<br />
Hier ist die Gesellschaft nach der<br />
Wende auseinandergedriftet. Und damit hat<br />
auch die Fettleibigkeit bei Hartz 4 EmpfängerInnen,<br />
aber auch in anderen sozialen<br />
Schichten innerhalb von wenigen Jahren<br />
drastisch zugenommen.
ungleichheit<br />
» Je mehr die Menschen einander vertrauen können,<br />
desto glücklicher sind sie.<br />
Wilkinson/Pickett reden aber nicht einer<br />
staatlichen Gleichmacherei das Wort: ob<br />
Gleichheit nun wie in den skandinavischen<br />
Ländern funktioniert, wo es ein System einer<br />
hohen Steuerumverteilung und zugleich<br />
eine massive individuelle Förderung gibt:<br />
praktisch von Geburt an werden alle Kinder<br />
gleich gefördert - über qualitätsvolle Kinderkrippen,<br />
Ganztags- und Gesamtschulen ist<br />
der Ausgleich von Chancen groß: In Schweden<br />
machen 90% aller Kinder Matura. Oder<br />
wie in Japan, wo die Einkommensunterschiede<br />
von vorn herein kleiner sind und die<br />
Aufstiegschancen größer.<br />
Denn so einfach ist es: Je mehr die Menschen<br />
einander vertrauen können, desto<br />
glücklicher sind sie, heißt die irritierend<br />
simple Formel, die eine Ausgangsbasis für<br />
mehr Gleichheit in der Gesellschaft darstellt.<br />
Die linksliberale englische Zeitschrift „Guardian“<br />
behauptet nicht umsonst:<br />
„...vielleicht das wichtigste Buch des Jahres!“<br />
Heilwig Possert-Lachnit<br />
Diese Gesellschaften werden belohnt: es<br />
gibt weniger Kriminalität, weniger Drogen,<br />
längere Lebenserwartung, geringere Arbeitslosigkeit,<br />
einen guten sozialen Zusammenhalt,<br />
ein größeres gegenseitiges Vertrauen.<br />
buchtipp<br />
Das Buch zum Nachlesen:<br />
Richard Wilkinson und Kate Pickett:<br />
Gleichheit ist Glück, Tolkemitt Verlag, 2009.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
09
ungleichheit<br />
Ein Betriebsausflug in<br />
Sachen Ungleichheit<br />
Linz war Kulturhauptstadt 2009, Linz beherbergt<br />
Museen wie das Ars Electronica<br />
Center und das LENTOS, Linz ist Bruckner-Hauptstadt<br />
und Linz hat die Donau, die<br />
sich eindrucksvoll und breit durch die Stadt<br />
wälzt. Und hier, in einem Cafe direkt an der<br />
Donau, treffen wir uns im Juni zu einem ungewöhnlichen<br />
Betriebsausflug: Drei Berufssparten<br />
– Sozialarbeiterinnen, Juristin und<br />
Soziologin – wollen einmal fernab von Graz<br />
miteinander über den Betrieb diskutieren,<br />
bestehende Projekte besprechen und neue<br />
entwickeln, essen, trinken und die heiße<br />
Linzer Sommernacht genießen.<br />
Gleich zu Beginn eine kleine Supervisionsrunde:<br />
Die Sozialarbeiterinnen kommen<br />
gerade von einer <strong>Info</strong>rmationsveranstaltung<br />
über den barrierefreien Zugang zu<br />
Familienberatungsstellen und lassen sich<br />
erschöpft in die Sessel fallen: „Das schaffen<br />
wir nie. Da müssen wir ja das ganze Zentrum<br />
komplett umbauen…Und die Finanzierung<br />
übernimmt der Bund nicht!“ Juristin<br />
und Soziologin versuchen zu entschärfen:<br />
„Wir haben da jetzt ein sehr interessantes<br />
Seminar über neue Fördermöglichkeiten in<br />
der EU besucht….“<br />
Nach dem Essen beruhigen sich die Mägen<br />
und Gemüter und wir ziehen weiter zum<br />
„Gelben Krokodil“, wo es neben einem Programmkino<br />
auch einen netten Gastgarten<br />
gibt. Dort werden mit Feuereifer neue Projektideen<br />
geboren und gedankliche Vorbereitungen<br />
für das Stadtteilfest „Ein Garten<br />
für Alle!“ getroffen.<br />
Prof. Clemens Sedmak, der an der Universität<br />
Salzburg und am King’s College in London<br />
lehrt, diagnostiziert außerdem, dass bei<br />
Angst die Großzügigkeit abnimmt und eine<br />
Politik der Angst daher zu einer Entsolidarisierung<br />
der Gesellschaft führt.<br />
Über „moral luck“ verfügt jeder, der gute<br />
Bedingungen vorfindet, um gesund leben<br />
zu können. Wer weniger verdient, eine<br />
schlechtere Ausbildung, mehr Stress und<br />
einen niedrigeren sozialen Status hat, läuft<br />
eher Gefahr, krank zu werden. Wichtig ist<br />
auch der Faktor „job control“: Wenn man<br />
das Gefühl hat, im Berufsleben seinen Fähigkeiten<br />
entsprechend eingesetzt zu werden<br />
und wenn man sich einbringen kann, ist<br />
das auch förderlich für die Gesundheit!<br />
„Frühe Selektion fördert<br />
Ungleichheit“<br />
Der nächste Referent, Johann Bacher, ist<br />
Professor für Soziologie und empirische Sozialforschung<br />
an der Johannes Kepler Universität<br />
Linz und berichtet über die aktuellen<br />
Forschungen zu Bildungsungleichheiten: Im<br />
österreichischen Schulsystem besteht an allen<br />
Schnittstellen (vom Kindergarten bis zur<br />
Universität) eine hohe Selektivität nach sozialer<br />
Herkunft. Das bedeutet, Menschen mit<br />
niedrigerer sozialer Herkunft und mit Migrationshintergrund<br />
entscheiden sich häufiger<br />
für eine formal niedrigere Bildungslaufbahn<br />
ihrer Kinder (z.B. Hauptschule, Berufsschule<br />
statt Gymnasium und Universität).<br />
10<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
„Politik der Angst führt zu<br />
Entsolidarisierung“<br />
Am nächsten Tag widmen wir uns ganz dem<br />
Thema Ungleichheit in allen Facetten. In<br />
den Räumen der Oberösterreichischen Arbeiterkammer<br />
findet eine Tagung statt, die<br />
Gesundheitsförderung und Prävention in<br />
Bezug auf Soziale Ungleichheit beleuchtet.<br />
Bei den Eröffnungsvorträgen hören wir, dass<br />
der „Gini-Koeffizient“ 1 eine merklich ansteigende<br />
Ungleichheit in Europa anzeigt.<br />
„Gesamtschule kann ausgleichen“<br />
Es ist empirisch gut belegt, dass Gesamtschulsysteme,<br />
wie sie in anderen Ländern<br />
wie z.B. Finnland vorherrschen, schichtspezifische<br />
Bildungsungleichheiten deutlich<br />
reduzieren! Eine ganztätige Gesamtschule<br />
könnte daher auch in Österreich das Bildungsgefälle<br />
zwischen den einzelnen sozialen<br />
Schichten reduzieren. Hierfür wäre<br />
allerdings entscheidend, dass Schulen mit<br />
schwierigen Ausgangsbedingungen (z.B.<br />
hoher Migrationsanteil) mehr Förderungen<br />
1<br />
Für Interessierte: Der Gini-Koeffizient ist ein statistisches Maß zur Darstellung von Ungleichverteilungen. Er kann beliebige<br />
Werte zwischen 0 (das Vermögen eines Staates ist auf alle Bewohner gleichmäßig verteilt) und 1 (das gesamte Vermögen<br />
eines Staates gehört einem einzigen Bewohner) annehmen. Je näher der Gini-Koeffizient an 1 ist, desto größer ist die<br />
Ungleichheit, z.B. in Bezug auf die Einkommensverteilung.
ungleichheit<br />
und Ressourcen erhalten. In der Schweiz<br />
gibt es daher eine bedarfsgerechte Förderung:<br />
Schulen mit einer eher schwierigen<br />
Klientel erhalten mehr Geld.<br />
Interessant ist für uns, dass vor allem in die<br />
Ferienbetreuung investiert werden sollte.<br />
Denn: jene Unterschiede (z.B. sprachliche<br />
Kompetenzen), die in der Schulzeit vorwiegend<br />
ausgeglichen werden können, steigen<br />
in der langen Ferienzeit wieder enorm an,<br />
und man beginnt in jedem Schuljahr beinahe<br />
wieder von vorne!<br />
„Wer in der Arbeit belastet ist,<br />
wird eher krank!<br />
Dr. Reinhard Raml vom Institut für empirische<br />
Sozialforschung (IFES) präsentiert anschließend<br />
Daten aus dem österreichischen<br />
Arbeitsgesundheitsmonitor. Erfasst wurden<br />
bei dieser Studie körperliche Beschwerden,<br />
aber auch psychische Beeinträchtigungen<br />
des Befindens sowie positive Gesundheitsindikatoren.<br />
Dabei wurden drei Gruppen von<br />
Benachteiligten im Arbeitsleben definiert:<br />
1. Beschäftigte, die angeben, dass sie mit<br />
ihrem Einkommen nicht auskommen (immerhin<br />
10% aller Befragten)<br />
2. Armutsgefährdete Beschäftigte (7%)<br />
3. Derzeit Arbeitslose (7%)<br />
Alle drei Gruppen leiden wesentlich häufiger<br />
an körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen<br />
als Personen mit hohem sozioökonomischen<br />
Status. Die benachteiligten<br />
Gruppen haben ein doppelt bis dreifach<br />
so hohes Risiko, an Beschwerden zu leiden,<br />
wie Personen mit hohem Einkommen, hoher<br />
Bildung und einer guten beruflichen Position.<br />
„Subjektiver Druck wirkt<br />
besonders negativ“<br />
Am stärksten belastet sind jene Beschäftigten,<br />
die angeben, mit ihrem Einkommen<br />
nicht auszukommen, die also sogenannte<br />
„McJobs“ ausführen, indem sie zwar viel arbeiten,<br />
aber nicht genug verdienen.<br />
Nach den Plenarvorträgen diskutieren wir<br />
eifrig über das Gehörte (Publikumsfragen<br />
waren nämlich aus Zeitgründen leider nicht<br />
möglich) und debattieren unter anderem<br />
über die Gründe, warum man eher in die<br />
Hauptschule oder ins Gymnasium geht. Die<br />
unterschiedliche Ausgangssituation in Bezug<br />
auf die Schulwahl (Stadt-Land Gefälle)<br />
kommt ebenso zur Sprache wie der Freundeskreis<br />
(„peer pressure“) und Einflüsse von<br />
Geschwistern und Verwandten (schichtspezifische<br />
Indikatoren).<br />
Im Anschluss an das gemeinsame Mittagessen<br />
ziehen wir uns in die jeweiligen Workshops<br />
zurück. (siehe folgende Artikel)<br />
Inge Zelinka-Roitner<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
11
ungleichheit<br />
Soziale Integration und psychische<br />
Gesundheit von Kindern und Jugendlichen<br />
mit Migrationshintergrund<br />
Alltägliche Stressoren führen zu<br />
erhöhter Depressionsneigung<br />
Wissenschaftliche Studien von Dr. Dagmar<br />
Strohmeier von der Fakultät für Psychologie<br />
an der Universität Wien zeigen, dass<br />
integrierte Kinder und Jugendliche gesünder<br />
sind als marginalisierte. Im Jugendalter<br />
zeigt sich, dass Jugendliche erster Generation<br />
(die weniger integriert sind) eine<br />
höhere Depressionsneigung aufweisen, als<br />
Jugendliche zweiter Generation oder Einheimische.<br />
Interessant ist, dass die Studie<br />
ergeben hat, dass nicht die Migration an<br />
sich für eine erhöhte Depressionsneigung<br />
ausschlaggebend ist, sondern viele kleine<br />
alltägliche Herausforderungen, wie das<br />
Knüpfen von Freundschaften, der Schulalltag<br />
oder Zukunftsperspektiven.<br />
Sowohl soziale Beziehungen zur anderen<br />
kulturellen Gruppe, als auch das Beibehalten<br />
der eigenen kulturellen Identität sind laut<br />
Strohmeier erforderlich für eine erfolgreiche<br />
Integration und damit auch für psychische<br />
Gesundheit.<br />
Interkulturelle Freundschaften im Kindesalter<br />
fördern Integration, entstehen aber nicht<br />
automatisch. Strohmeier weist darauf hin,<br />
dass Freundschaften, vor allem im Kindesalter,<br />
aufgrund von Ähnlichkeiten gebildet<br />
werden – „Gleich und gleich gesellt sich<br />
gern!“<br />
Eine Studie über Freundschaftsmuster<br />
von VolkschülerInnen<br />
Im Rahmen einer Studie über Freundschaftsmuster<br />
wurden 209 Kinder aus 2<br />
Volkschulen in Wien über ihr Freundschaftsmuster<br />
befragt. Davon waren 77 Kinder<br />
ohne und 132 mit Migrationshintergrund.<br />
91% gaben einen gleichgeschlechtlichen<br />
besten Freund/in an.<br />
Auffällig ist, dass österreichische Kinder in<br />
der Schule rund 72 % Freunde ohne Migrationshintergrund<br />
haben und somit eindeutig<br />
die am meisten segregierte Gruppe darstellen.<br />
Kinder mit Migrationshintergrund hingegen<br />
haben in der Schule mehr Freundschaften<br />
zu unterschiedlichen ethnischen<br />
Gruppen.<br />
12<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Diagramm 1: Freunde aus der Schulklasse
ungleichheit<br />
» Schulen sind ein bedeutender Ort für die<br />
Kontaktknüpfung zwischen Kindern<br />
unterschiedlicher ethnischer HerkunfT<br />
Außerhalb der Schule sieht es allerdings anders<br />
aus. In der Freizeit besteht der Freundeskreis<br />
aller Befragten zum Großteil aus<br />
Kindern derselben ethnischen Gruppen, wie<br />
das Diagramm ganz unten zeigt.<br />
„In Schulen sind Kinder mit durchgemischten<br />
Freunden aus diversen Kulturen zusammen<br />
während Kinder ihre Freizeit großteils<br />
separat mit Kindern aus dem selben Kulturkreis<br />
verbringen.“ (Strohmeier)<br />
So lässt sich aus den Ergebnissen der<br />
Studie ableiten, wie wichtig die Schule für<br />
erfolgreiche Integration ist, denn Schulen<br />
scheinen ein bedeutender Ort für die<br />
Kontaktknüpfung zwischen Kindern unterschiedlicher<br />
ethnischer Herkunft zu sein.<br />
(vgl. Strohmeier/Nestler/Spiel 2006; Diskurs Kindheitsund<br />
Jugendforschung 1/ 21-46)<br />
Ähnlichkeiten sind förderlich für<br />
die Bildung von Freundschaften<br />
Die Studien zeigen auch, dass Ähnlichkeiten<br />
ausschlaggebend für das Schließen von<br />
Freundschaften im Kindesalter sind. Daraus<br />
lässt sich schließen, dass es wichtig ist, Kinder<br />
auch darin zu unterstützen, Ähnlichkeiten<br />
untereinander zu entdecken. Dies sollte<br />
auch vor allem im Schulalltag beachtet werden,<br />
indem Gemeinsamkeiten betont werden,<br />
um Integration zu fördern.<br />
Ein Integrationsprojekt von<br />
ARGE Jugend gegen Gewalt<br />
und Rassismus<br />
Die Stadt Graz hat die Relevanz der Schulen<br />
zur Förderung von Integration bereits 2007<br />
erkannt und hat die „ARGE Jugend gegen<br />
Gewalt und Rassismus“ mit der Konzeption<br />
und Umsetzung des Integrationsprojekts<br />
„Wir sind Graz“ beauftragt. 15 Schulen<br />
mit einem Anteil von über 50 % an Kindern<br />
mit Migrationshintergrund wurden für das<br />
Projekt ausgewählt. Ziel ist es, dass Kinder<br />
Migration und Integration nicht als Problem,<br />
sondern als Chance erkennen. Genaueres<br />
ist unter www.wirsindgraz.at nachzulesen.<br />
Petra Steiner<br />
Diagramm 2: Freunde nicht aus der selben Schulklasse<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
13
ungleichheit<br />
Frühe<br />
Hilfen<br />
Alexandra Sann vom „Zentrum für Frühe Hilfen“<br />
in München referierte über Erfahrungen und<br />
Forschungsergebnisse aus Deutschland.<br />
14<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Frühe Hilfen umfassen lokale und regionale<br />
Unterstützungssysteme mit koordinierten<br />
Hilfsangeboten für Eltern und Kinder ab Beginn<br />
der Schwangerschaft und in den ersten<br />
Lebensjahren mit dem Schwerpunkt der 0<br />
bis 3 jährigen.<br />
Ziel ist es, Entwicklungsmöglichkeiten von<br />
Kindern und Eltern frühzeitig und nachhaltig<br />
zu verbessern. Wenn diese Hilfen nicht ausreichen,<br />
eine Gefährdung des Kindeswohls<br />
abzuwenden, sorgen Frühe Hilfen dafür,<br />
dass weitere Maßnahmen zum Schutz des<br />
Kindes ergriffen werden.<br />
Zielgruppen sind Schwangere und junge<br />
Mütter und Väter in belastenden Lebenslagen<br />
wie<br />
- psychische Probleme der Eltern<br />
(Sucht, Depression),<br />
- belastete Biografien der Eltern (eigene<br />
Vernachlässigung, Beziehungsabbrüche,<br />
negative Bindungserfahrungen,<br />
eigene Gewalterfahrung,<br />
Partnerschaftsgewalt, frühe Mutterschaft,<br />
Alleinerziehende ohne Unterstützungssystem,<br />
- fehlendes Erziehungswissen,<br />
- unrealistische Erwartungen an das<br />
Kind und zu guter letzt<br />
- Armut, Arbeitslosigkeit und geringe<br />
Bildung.<br />
Die Mehrheit der TeilnehmerInnen sind<br />
Frauen, die allein ihr Kind/ihre Kinder vorsorgen,<br />
in den meisten Fällen mit geringem<br />
Bildungsniveau, demzufolge oft verbunden<br />
mit Arbeitslosigkeit, Einkommensverlust<br />
und Verschuldung und Bezug von Sozialtransferleistungen.<br />
Deshalb ist es eine Herausforderung für die<br />
Zukunft trotz Wirtschaftskrise und leeren<br />
Kassen von Staat und Gemeinden die Investition<br />
in diesen sensiblen Bereich Familie<br />
und Prävention zu sichern“,<br />
so das Schlusswort von Alexandra Sann.<br />
Im zweiten Beitrag berichtet Mag. Barbara<br />
Hämmerle vom Amt der Vorarlberger Landesregierung<br />
über die Frühen Hilfen für<br />
Kinder und Familien in Vorarlberg.<br />
Zielgruppe sind auch hier vorwiegend Eltern<br />
in belastenden Lebenslagen mit geringen<br />
Bewältigungsressourcen. Seit 2009 werden<br />
in vier Vorarlberger Bezirken drei verschiedene<br />
Pilotprojekte durchgeführt. Alle Projekte<br />
zeichnen sich durch enge Vernetzung<br />
und Kooperation zwischen Gesundheitsund<br />
Sozialwesen aus. Die Frühe Hilfe- Projekte<br />
bewähren sich in Vorarlberg und stoßen<br />
auf reges Interesse sowohl bei betroffenen<br />
Eltern, als auch bei Gesundheits- und<br />
Sozialeinrichtungen, Ärztinnen und Ärzten.<br />
Frühe Hilfen sind Präventionsmodelle mit<br />
Zukunft.<br />
Karin Ettl
ungleichheit<br />
Arbeit macht krank –<br />
Arbeitslosigkeit ebenso!<br />
Gesundheitliche Situation und Gesundheitsförderung Arbeit<br />
suchender Menschen in Zeiten der Wirtschaftskrise<br />
und steigender Arbeitslosigkeit<br />
Ohne Arbeit bei schlechter<br />
Gesundheit?<br />
Dies ist der Titel eines Gesundheitsberichts<br />
im Rahmen des Projekts „(f)itworks“, welches<br />
in einem der Workshops bei der Tagung<br />
„(Un)gleich – Gesundheitsförderung<br />
und Prävention“ in Linz präsentiert wurde.<br />
„(F)itworks“ ist ein Modellprojekt zur Gesundheitsförderung<br />
Arbeit suchender Menschen,<br />
das 2007 durch die ÖSB Consulting<br />
GmbH in Kooperation mit dem Frauengesundheitszentrum<br />
FEM Süd gestartet wurde.<br />
Das Ziel war, Arbeit suchende Menschen<br />
in ihrer sozial, psychisch und physisch belastenden<br />
Lebenssituation gesundheitlich zu<br />
unterstützen und sie zu einer gesundheitsförderlichen<br />
Lebensweise zu befähigen. 1 Im<br />
Folgenden sollen einige wichtige Ergebnisse<br />
der Begleitstudie erwähnt werden:<br />
Arbeit suchende Personen<br />
haben ein deutlich geringeres<br />
Wohlbefinden<br />
Hintergrund des Berichts zu Gesundheitszustand,<br />
–verhalten und zu den –bedürfnissen<br />
Arbeit suchender Menschen in Wien ist<br />
der durch zahlreiche Studien belegte Zusammenhang<br />
zwischen Arbeitslosigkeit und<br />
Gesundheit.<br />
So fällt etwa die subjektive Einschätzung des<br />
eigenen Gesundheitszustandes Arbeitsloser<br />
deutlich schlechter aus als jene erwerbstätiger<br />
Personen (s. Abb. 1). Sie wird umso<br />
schlechter, je länger die Arbeitslosigkeit andauert.<br />
Auch das Geschlecht bildet hier einen<br />
bestimmenden Faktor: das körperliche<br />
und psychische Wohlbefinden von Männern<br />
ist höher und sie leiden auch weniger unter<br />
negativen Gefühlen als Frauen.<br />
Abb. 1: Subjektiver Gesundheitszustand<br />
nach Erwerbsstatus<br />
Quelle: Statistik Austria, Österreichische<br />
Gesundheitsbefragung 2006/2007<br />
1<br />
Für nähere <strong>Info</strong>rmationen vgl.http://www.nga.or.at/publikationendownloads/informationsmaterial-fitworks.html<br />
[15.07.<strong>2010</strong>].<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
15
ungleichheit<br />
Arbeit macht krank – Arbeitslosigkeit ebenso!<br />
Fortsetzung<br />
16<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Bedeutung des Selbstwertes für<br />
körperliches und psychisches<br />
Wohlbefinden<br />
Aus dem „(f)itworks“-Gesundheitsbericht<br />
geht überdies hervor, dass die Anzahl der<br />
Erfahrungen, den Arbeitsplatz zu verlieren,<br />
von entscheidender Bedeutung für das<br />
Wohlbefinden ist. Dies steht wiederum stark<br />
mit dem Selbstwert in Verbindung, der in<br />
ganz besonderem Ausmaß mit den körperlichen<br />
Beschwerden, aber auch dem Risikoverhalten,<br />
sozialer Unterstützung, negativen<br />
Gefühlen sowie mit der psychischen<br />
Beeinträchtigung zusammenhängt.<br />
Arbeit suchende Personen befinden<br />
sich häufiger im Krankenstand<br />
Aber nicht nur die subjektive Einschätzung<br />
weist auf ein schlechteres gesundheitliches<br />
Wohlbefinden arbeitsloser Menschen hin.<br />
Auch die Krankenstandsquoten sprechen<br />
für sich: demnach befinden sich Arbeitslose<br />
deutlich häufiger im Krankenstand als erwerbsfähige<br />
Personen (s. Abb. 2) – zunehmend<br />
aufgrund psychischer Beschwerden.<br />
Abb. 2: Krankenstandsquoten nach<br />
Erwerbsstatus:<br />
Krankenstandstage 2008: Arbeitslose 32,5<br />
vs. Beschäftigte: 12,5 Tage<br />
Quelle: WIFO Fehlzeitenreport 2009 (Hauptverband<br />
der österreichischen Sozialversicherungsträger, Arbeitsmarktservice)<br />
Arbeitslosigkeit macht krank?<br />
Krankheit macht arbeitslos?<br />
Ungeklärt bleibt jedoch, ob, bzw. in welchem<br />
Ausmaß Arbeitslosigkeit die Ursache<br />
für den schlechteren Gesundheitszustand<br />
ist. Immerhin litten 30 bis 40% der Befragten<br />
in dieser Studie am letzten Arbeitsplatz<br />
unter hohen körperlichen Belastungen und<br />
ein Drittel unter hohen seelischen Belastungen.<br />
Es entsteht somit ein Teufelskreis, der<br />
sog. „Circulus vitiosus“-Effekt: Krankheit<br />
führt zu Arbeitslosigkeit und/oder Arbeitslosigkeit<br />
führt zu Krankheit und Menschen mit<br />
gesundheitlichen Einschränkungen haben<br />
deutlich geringere Chancen, in den Arbeitsmarkt<br />
wieder einzusteigen.<br />
Arbeit suchende Menschen leiden<br />
häufiger an chronischen<br />
Erkrankungen<br />
Den vorliegenden medizinischen Diagnosen<br />
zufolge leiden Arbeit suchende Männer<br />
signifikant häufiger an Rückenschmerzen,<br />
chronischer Bronchitis, Bluthochdruck, Depression<br />
und Schwindel als Erwerbstätige.<br />
Bei arbeitslosen Frauen dominieren Asthma,<br />
Depression, Bluthochdruck, Rückenschmerzen,<br />
Schwindel und erhöhte Blutfettwerte.<br />
Die häufigsten psychosomatischen Beschwerden<br />
arbeitsloser Menschen sind Nervosität,<br />
Unruhe, Kopf- und Muskelschmerzen<br />
sowie Magen- und Darmprobleme.<br />
Dabei steigt der Anteil Arbeit suchender<br />
Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen<br />
mit dem Lebensalter und der Dauer<br />
der Arbeitslosigkeit. Ein besonders hohes<br />
Gefährdungspotential bei zugleich geringen<br />
Ressourcen ist zudem bei Arbeit suchenden<br />
Menschen aus niederen sozialen Schichten<br />
und Wiedereinsteigerinnen gegeben. Arbeitslosigkeit<br />
geht weiters mit einem erhöhten<br />
Mortalitätsrisiko einher.
ungleichheit<br />
Migrationshintergrund als<br />
entscheidende EinflussgröSSe<br />
Auf Basis der Ergebnisse des „(f)itworks“-<br />
Gesundheitsberichts zeigen sich deutliche<br />
Unterschiede zwischen Arbeit suchenden<br />
Personen mit und ohne Migrationshintergrund.<br />
So verfügen etwa die befragten Personen<br />
mit Migrationshintergrund über ein<br />
höheres Bildungsniveau als jene ohne Migrationshintergrund,<br />
waren an ihrem letzten<br />
Arbeitsplatz jedoch vermehrt in weniger qualifizierten<br />
Bereichen tätig. Dies könnte erklären,<br />
weshalb Personen mit Migrationshintergrund<br />
an ihrem letzten Arbeitsplatz eine höhere<br />
seelische Belastung wahrgenommen<br />
haben als jene ohne Migrationshintergrund.<br />
Es sind allerdings wiederum MigrantInnen,<br />
die aktuell eine höhere seelische Belastbarkeit<br />
angeben. Gleichzeitig weisen Arbeit suchende<br />
Personen mit Migrationshintergrund<br />
ein geringeres gesundheitsschädigendes<br />
Verhalten auf. Bezüglich der erlebten sozialen<br />
Unterstützung hingegen befinden sich<br />
Migrantinnen an letzter Stelle.<br />
Wie können Arbeit suchende<br />
Personen durch Gesundheitsförderungsprogramme<br />
besser<br />
erreicht werden?<br />
Den vielfältigen gesundheitlichen Problemen<br />
Arbeit suchender Menschen steht eine<br />
verschwindend geringe Erreichbarkeit mit<br />
herkömmlichen Gesundheitsförderungsund<br />
Präventionsangeboten gegenüber.<br />
Vielmehr wäre es den Studienergebnissen<br />
zufolge in Hinblick auf eine höchstmögliche<br />
Wirksamkeit von Programmen erforderlich,<br />
die jeweiligen Bedürfnisse und Wünsche<br />
der betroffenen Menschen besser zu berücksichtigen.<br />
Der Schwerpunkt müsste<br />
vermehrt auf individuelle Förderkonzepte,<br />
die Stärkung und Erweiterung sozialer Ressourcen/Unterstützungsnetzwerke<br />
sowie<br />
positiver/funktionaler Copingstrategien gerichtet<br />
werden. Darauf aufbauend wurden<br />
im Rahmen von „(f)itworks“ zahlreiche Initiativen<br />
zur Gesundheitsförderung gesetzt,<br />
mit dem Fokus auf langzeitbeschäftigungslose<br />
Männer und Frauen sowie Menschen<br />
mit Migrationshintergrund. 2<br />
Gesundheitsverhalten<br />
Bisherigen Forschungen zufolge verfolgen<br />
Arbeit suchende Personen häufig ungünstige<br />
„Copingstrategien“ bzw. Bewältigungsweisen<br />
(z. B. Tabak- und Alkoholkonsum,<br />
ungesündere Ernährungsweise, weniger<br />
sportliche Aktivitäten). Ein überraschendes<br />
Ergebnis liefert die „(f)itworks“-Gesundheitsstudie<br />
hinsichtlich des Einflusses sozioökonomischer<br />
Faktoren. Demnach zeigt<br />
sich das gesundheitsrelevante Verhalten<br />
gänzlich unabhängig von Alter, Einkommen,<br />
früheren Belastungen am Arbeitsplatz sowie<br />
der Anzahl und Dauer der Arbeitslosigkeit.<br />
Einzig hinsichtlich der Bildung konnte festgestellt<br />
werden, dass unter den Befragten<br />
mit niedrigeren Bildungsabschlüssen häufiger<br />
RaucherInnen zu finden sind.<br />
Auch im Rahmen der Gesundheitsförderung<br />
im <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> werden ähnlich gelagerte<br />
Projekte durchgeführt. Hier wird allerdings<br />
ein stärker zielgruppenübergreifender Ansatz<br />
vertreten. Arbeit suchende Personen<br />
bilden neben Menschen in anderen Problemsituationen<br />
somit eine Teilzielgruppe.<br />
An dieser Stelle sei jedoch hervorgehoben,<br />
dass Arbeitslosigkeit und deren weitreichende<br />
Folgen immer systembedingt zu betrachten<br />
sind – gerade in Zeiten wirtschaftlicher<br />
Krisen. Passgenaue Angebote im Bereich<br />
der Gesundheitsförderung wirken jedenfalls<br />
unterstützend für Menschen in schwierigen<br />
und belastenden Lebenslagen.<br />
Darüber hinaus bedarf es jedoch Überlegungen<br />
zu grundlegenden, strukturellen<br />
Veränderungen. Diese betreffen den arbeitsmarkt-<br />
und sozialpolitischen Bereich<br />
ebenso, wie ein generelles Hinterfragen unserer<br />
kapitalistisch ausgerichteten Gesellschafts-<br />
und Wirtschaftsordnung.<br />
Larissa Schuhmeyer<br />
2<br />
Vgl. dazu: http://www.nga.or.at/publikationendownloads/informationsmaterial-fitworks.html [15.07.<strong>2010</strong>].<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
17
ungleichheit<br />
Berichte aus der Praxis<br />
Mit der Wirtschaftkrise<br />
kamen die Probleme…<br />
Ein Fall aus der Praxis<br />
18<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Sein Alkoholproblem hat Herr S. vor Jahren<br />
in der Langzeittherapie erfolgreich<br />
bekämpft und darauf eine Ausbildung<br />
zum Softwareprogrammierer gemacht.<br />
Es ging bergauf – Hr. S. war gesund,<br />
verliebte sich und wurde stolzer Vater<br />
dreier Kinder.<br />
2007 war Herr S. sehr glücklich. Er<br />
lebte mit seiner Frau und den drei gemeinsamen<br />
Söhnen in einem kleinen<br />
Häuschen etwas außerhalb von Graz.<br />
Tagsüber ging er seiner Arbeit als Softwareprogrammierer<br />
in einer angesehenen<br />
Firma nach, die Abende verbrachte<br />
er mit seiner Familie. Sein Einkommen<br />
reichte aus, um mit der Familie gut über<br />
die Runden zu kommen. Seine Partnerin<br />
leidet an einer chronischen psychischen<br />
Erkrankung, was nicht immer einfach ist<br />
- doch die Familie hält zusammen.<br />
Mit der Zeit stieg der Druck in der Arbeit.<br />
Einige Kollegen verloren den Job<br />
und Herr S. musste deren Arbeit übernehmen.<br />
Es wurde immer mehr Einsatz<br />
von Herrn S. verlangt und so verbrachte<br />
er mehr und mehr Abende in der Firma.<br />
Vor 2 Jahren kam das Aus in der Beziehung:<br />
seine Partnerin trennte sich<br />
von ihm, S. zog in eine Wohnung nach<br />
Graz und sah seine Kinder nur mehr am<br />
Wochenende, was ihn psychisch stark<br />
belastete.<br />
Immer wieder kam es auch zu stationären<br />
Aufenthalten der Kindesmutter aufgrund<br />
ihrer psychischen Erkrankung.<br />
Herr S. musste häufig Pflegeurlaub<br />
nehmen, um die Kinder zu versorgen.<br />
Als auch er im Zuge der Wirtschaftskrise<br />
seinen Job verliert, weil er zu viele<br />
Fehlzeiten aufweist, fällt Herr S. in ein<br />
tiefes Loch. Er versucht einen neuen<br />
Job zu finden, doch die Chancen stehen<br />
schlecht. Das Arbeitsmarktservice legt<br />
Herrn S. aufgrund seiner psychischen<br />
Belastungen nahe, die Invaliditätspension<br />
zu beantragen, denn die Jobmöglichkeiten<br />
mit seiner Ausbildung sehen<br />
auch in naher Zukunft nicht vielversprechend<br />
aus.<br />
Herr S. bekommt derzeit Notstandshilfe<br />
von 777,30 Euro und wohnt inzwischen<br />
in einer kleinen Gemeindewohnung.<br />
Nach Abzug der anfallenden Fixkosten<br />
bleiben Herrn S. rund 550,00 Euro im<br />
Monat übrig. Vom Amt für Jugend und<br />
Familie wird er aufgefordert 150,00<br />
Euro pro Kind an Alimentationen einzubezahlen.<br />
Bei drei Kindern bleiben<br />
Herrn S. somit rund 100,00 Euro im Monat<br />
zum Leben. Er ist inzwischen daran<br />
gewöhnt, ein sehr bescheidenes Leben<br />
zu führen. Doch er verzweifelt, wenn er<br />
am Ende des Monats überlegen muss,<br />
womit er Lebensmittel einkaufen soll,<br />
um seinen Söhnen ein Abendessen zu<br />
kochen, wenn sie zu Besuch kommen.<br />
Herr S. ist seit Jahren Patient in unserem<br />
Zentrum. <strong>2010</strong> sucht er Dr. Rainer<br />
Possert auf, und schildert ihm verzweifelt,<br />
dass er kurz davor steht, wieder zu<br />
trinken, weil er sich die Alimente für seine<br />
Söhne nicht mehr leisten kann. Herr<br />
S. ist nicht nur psychisch, sondern auch<br />
körperlich am Ende, so wird er auch zu<br />
mir zur Beratung weiterverwiesen, um<br />
ihn sozialarbeiterisch zu unterstützen.<br />
Herr S. hat keinen Anspruch auf eine<br />
Arbeit. Er hat auch keinen Anspruch auf<br />
finanzielle Beihilfen, denn Alimentati-
ungleichheit<br />
onszahlungen werden in der Berechnung<br />
von Sozialleistungen (z.B. Wohnbeihilfe)<br />
nicht berücksichtigt. Einzig die<br />
Rezeptgebührenbefreiung konnte beantragt<br />
werden, unter Berücksichtigung<br />
der Unterhaltszahlungen.<br />
Durch einen Antrag auf Alimentationsherabsetzung<br />
konnte die Zahlungsaufforderung<br />
des Amtes für Jugend und<br />
Familie auf 50,00 Euro pro Kind reduziert<br />
werden. Das war schon eine große<br />
Erleichterung, denn nun bleiben Herrn<br />
S. 400,00 Euro im Monat übrig, er kann<br />
sich hin und wieder Fleisch oder Fisch<br />
zum Essen leisten und mit seinen Kindern<br />
in den Zirkus gehen. Doch nach<br />
wie vor fühlt sich Herr S. schlecht.<br />
Wie vom Arbeitsmarktservice geraten,<br />
hat er um Invaliditätspension angesucht,<br />
die auch bewilligt wurde. Doch hat sich<br />
seither nicht viel verbessert. S. ist nun<br />
offiziell berufsunfähig und schämt sich<br />
dafür.<br />
Ich habe Herrn S. gefragt, was er sich<br />
wünschen würde, damit er sich besser<br />
fühlt: Herr S. will eine Arbeit - Er will seinen<br />
Kindern eine gute Zukunft bieten!<br />
Er möchte wieder eine Aufgabe haben;<br />
sich mit Arbeitskollegen austauschen;<br />
sich nach Feierabend freuen, etwas geleistet<br />
zu haben und den Abend mit seinen<br />
Kindern zu verbringen.<br />
Doch weder die Invaliditätspension,<br />
noch die Mindestsicherung werden zur<br />
Erfüllung dieser Wünsche beitragen.<br />
Im Gegenteil, als I-Pensionist gilt er als<br />
nicht arbeitsfähig. Er ist verzweifelt und<br />
hat das Gefühl, versagt zu haben.<br />
Herr S. wurde ruhig gestellt: Es gab<br />
keinen Job für ihn, deshalb hat man<br />
ihn vorübergehend als arbeitsunfähig<br />
eingestuft, damit er sich von seiner psychischen<br />
Last erholen kann. Ob es zu<br />
seiner Genesung beiträgt, Tag für Tag<br />
zu Hause, in seiner kleinen Gemeindewohnung<br />
ohne Aufgabe zu sitzen, sei<br />
dahingestellt.<br />
Petra Steiner<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
19
ungleichheit<br />
Berichte aus der Praxis<br />
gesundheit und krise<br />
» Mediziner können die Symptome,<br />
nicht aber die Ursachen von Krankheiten behandeln,<br />
die aus Krisen hervorgehen.<br />
20<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
In welcher Weise nimmt ein Arzt in einer<br />
medizinischen Einrichtung wie dem <strong>SMZ</strong><br />
<strong>Liebenau</strong> die Auswirkungen von Krisen auf<br />
die Gesundheit der Bevölkerung wahr?<br />
Krisen führen zu Stress, dieser schwächt<br />
das Immunsystem und das Resultat ist, salopp<br />
formuliert, eine Beeinträchtigung des<br />
Gesundheitszustandes.<br />
Obendrein nehmen Krankenstände und<br />
Frühpensionierungen aufgrund psychischer<br />
Krankheiten kontinuierlich zu. Die Anamnese,<br />
also die Ermittlung der Vorgeschichte<br />
der PatientInnen, gewährt dabei Einblicke<br />
in berufliche und private Aspekte.<br />
Einerseits erfährt man, dass für Verkäufer<br />
von Luxusfahrzeugen wie Porsche der April<br />
<strong>2010</strong> den bisher ertragreichsten Monat darstellt.<br />
Andererseits kommt es tagtäglich zu Konfrontationen<br />
mit Menschen, die wegen<br />
langjähriger körperlicher Arbeitsbelastung<br />
erkranken, den Job verlieren und infolgedessen<br />
aus dem sozialen Gefüge geraten.<br />
Krankenstandsverzichte nehmen zu<br />
So erzählt etwa ein 47-jähriger Patient,<br />
dass er täglich acht Stunden lang am Fließband<br />
eintönige Maschinenarbeit verrichtet<br />
und er dadurch gezwungen ist, aufgrund<br />
von Wirbelsäulenproblemen immer häufiger<br />
ärztliche Hilfe aufsuchen zu müssen. Indes<br />
verhalte er sich hinsichtlich neuer Krankenstände<br />
immer zurückhaltender.<br />
Herr V., 56 Jahre alt und bereits mit Kopfschmerzen<br />
bei außerordentlichem Schmerzmittelkonsum<br />
und depressiven Episoden<br />
praxisbekannt, berichtet von Mobbing am<br />
Arbeitsplatz, fühlt sich ständig unter Druck<br />
gesetzt und fürchtet sich vor einer Kündigung,<br />
da er wegen seiner Gesundheitssituation<br />
nicht mehr die geforderte Leistung<br />
erbinge.<br />
Frau S. ist Alleinerzieherin eines Sohnes und<br />
leidet an psychosomatischen Reaktionen.<br />
Bei der 51-jährigen Patientin führten mehrere<br />
Faktoren zur Diagnose Burnoutsyndrom:<br />
Arbeitsbelastung mit Angst vor Jobverlust,<br />
die Diagnose eines Unterschenkeltumors<br />
und schwierige Familienverhältnisse.<br />
Oft bekommt man auf die Frage, warum<br />
denn der Krankenstand nicht in Anspruch<br />
genommen wird, die Antwort, dass es sonst<br />
niemanden gäbe, der diese Arbeit verrichten<br />
kann oder ein vor kurzem krankheitsbedingtes<br />
Fernbleiben von der Arbeit sich mit<br />
einem erneuten Krankenstand nicht vereinbaren<br />
lasse.<br />
Leidensdruck Tinnitus<br />
Frau G. arbeitete bis Anfang <strong>2010</strong> als Reinigungskraft,<br />
bis sie während des Krankenstandes<br />
gekündigt wurde. Die 45 jährige<br />
Patientin plagen seit einigen Jahren<br />
chronische Leiden, unter anderem immer<br />
wiederkehrende Magenprobleme, Ohrenschmerzen<br />
mit Tinnitus, depressive Episoden,<br />
Halswirbelsäulenbeschwerden, Durchschlafstörungen<br />
und Überlastung am Arbeitsplatz.<br />
Insbesondere der chronische Tinnitus stellt<br />
für Frau G. einen besonderen Leidensdruck<br />
dar.<br />
Es gibt aus medizinischer Sicht „objektive<br />
und subjektive“ Ohrgeräusche. Der objektiven<br />
Form liegt meist ein Innenohr-naher<br />
Prozess zugrunde, wie zum Beispiel Gefäßeinengungen,<br />
Tumore oder Muskelkrämpfe<br />
des Mittelohres. Diese Geräusche<br />
kann der Arzt mit dem Stethoskop hören.<br />
Die weitaus häufigeren subjektiven Ohrgeräusche<br />
(Tinnitus aurium) sind auf eine Vielzahl<br />
an Ursachen zurückzuführen:<br />
Schalltrauma, Hörsturz, Tauchunfälle, Mittelohrerkrankungen,<br />
Ohrenschmalz, Medikamente,<br />
Morbus Meniére, aber auch<br />
Stress.
ungleichheit<br />
Als Folge der Ohr- und Kopfgeräusche<br />
(Brummen, Pfeifen, Zischen, Rauschen,<br />
Knacken) entwickeln sich oft weitere Symptome<br />
wie Schlaf- und Konzentrationsstörungen,<br />
Abnahme der Leistungsfähigkeit,<br />
Angstzustände bis Panikattacken.<br />
Aus dem Symptom wird also eine eigenständige,<br />
„dekompensierte Tinnituskrankheit“.<br />
Bei Frau G. stellte man eine einseitige Otosklerose<br />
fest - eine Verknöcherung der Gehörknöchelchen,<br />
die durch ein operatives<br />
Verfahren saniert wurde.<br />
Die Ohrenschmerzen sind nun teilweise<br />
verschwunden, der Tinnitus blieb jedoch<br />
bestehen.<br />
Es gibt eine Reihe von Therapiemethoden,<br />
deren Wirksamkeit insbesondere bei chronischem<br />
Tinnitus umstritten ist. Dazu zählen<br />
die Infusionstherapie, durchblutungsfördernde<br />
Tabletten, Sauerstoff-, Tinnitus-Retrainingtherapie<br />
sowie der operative Eingriff.<br />
Darüber hinaus finden Entspannungstechniken,<br />
Hypnose und Akupunktur Einsatz in<br />
der Behandlung dieser Erkrankung. Letzteres<br />
nimmt Frau G. nun in Anspruch, da der<br />
Erfolg sowohl der konservativen als auch<br />
operativen Behandlung nicht sehr zufriedenstellend<br />
war.<br />
Aber auch Angst und Depression sind Risikofaktoren<br />
für den Tinnitus. Inmitten einer<br />
Stressgesellschaft wird sich der Trend<br />
mit der steigenden Anzahl an psychischen,<br />
durch Druck und Stress am Arbeitsplatz bedingten<br />
Krankheiten fortsetzen. Viel zu spät<br />
haben Betriebe erkannt, sich auch um das<br />
seelische Wohl ihrer Arbeiterschaft zu kümmern.<br />
Wir Mediziner können die Symptome, nicht<br />
aber die Ursachen von Krankheiten behandeln,<br />
die aus Krisen hervorgehen.<br />
Thomas Schneeberger<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
21
ungleichheit<br />
Psychotherapie und<br />
Wirtschaftskrise<br />
Interview mit Berthold Rothschild<br />
Das „Psychotherapieforum“ 1 beschäftigt<br />
sich in seiner Anfang des Jahres erschienenen<br />
Ausgabe mit Versuchen zur Erklärung<br />
der jüngsten ökonomischen Krise, ausgelöst<br />
durch das Platzen der so genannten Immobilienblase,<br />
aus psychotherapeutischer<br />
Sicht. Das ist für uns insofern bemerkenswert,<br />
als sich viele PsychotherapeutInnen<br />
in gesellschaftspolitischer Abstinenz üben.<br />
Mit den neun lesenswerten Interviews und<br />
Artikeln zur Krise wird jedoch ein Zeichen<br />
gesetzt: Psychotherapie darf sich genauso<br />
wenig wie die Medizin der Reflexion gesellschaftlicher<br />
Zustände entziehen, das so genannte<br />
bio-psycho-soziale Paradigma von<br />
Krankheit und Gesundheit fordert dieses<br />
Nachdenken geradezu heraus.<br />
Stellvertretend für die außerordentlich interessanten<br />
Interviews und Artikel gebe ich<br />
das Interview mit Berthold Rothschild wieder,<br />
der mir freundlicherweise einen „Blankoscheck“<br />
zur Kürzung ausgestellt hat. Das<br />
Original-Interview kann auf der Website des<br />
<strong>SMZ</strong> als pdf abgerufen werden, desgleichen<br />
eine Auswahl von anderen Statements, u.a.<br />
auch von Emilio Modena und Klaus Ottomeyer.<br />
Die Leser des Original-Interviews<br />
mit Berthold Rothschild mögen mir schon<br />
jetzt die Kürzungen bzw. die Wahl der Zwischentitel<br />
verzeihen.<br />
Rainer Possert<br />
biografie<br />
Berthold Rothschild,<br />
geboren 1937 als 9. von 10 Kindern einer jüdisch-orthodoxen<br />
Familie, öffentliche Schulen und Gymnasium in Zürich, Matura<br />
1956, Studium der Medizin und Ausbildung zum Facharzt für<br />
Psychiatrie und Psychotherapie, u. a. an der Psychiatrischen<br />
Universitätsklinik Zürich, Ausbildung zum Psychoanalytiker<br />
Freud’scher Richtung am Psychoanalytischen Seminar Zürich.<br />
Seit 1971 in eigener Praxis in Zürich. Tätigkeit als Dozent und<br />
Supervisor in Zürich und Italien.<br />
Publikationen und Lehrveranstaltungen zu den Themen Sozialpsychologie,<br />
Psychoanalyse, kritische und Sozial-Psychiatrie<br />
und politische Psychologie. Politische Tätigkeit in der Partei der<br />
Arbeit CH, im Zürcher Gemeinderat von 1974 – 1980.<br />
22<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Bücher und Publikationen: „Seele in Not“ (1980), „Diagnose<br />
Psychiater“ (1982), „Die neuen Narzissmustheorien“ (1981),<br />
„Psychoanalyse und Aufklärung“ (1992), „Selbstmystifizierung<br />
der Psychoanalyse“ (1996), „Zur Psychologie des kannibalischen<br />
Wohlbefindens“ (1996).<br />
Neuere Arbeiten: „Über die Veränderungen in Psychiatrie und<br />
Psychotherapie“ (2007), „Die Abgründe der Liebe“ (Radio DRS<br />
2008), „Erinnern-Vergessen / Verdrängen-Gedenken“ (2008),<br />
„Die therapeutische Beziehung“ (2009), „Der Familiarismus“<br />
(2009).<br />
1<br />
Psychotherapie Forum Band 18 /Heft 1, <strong>2010</strong>, Springer Wien NewYork.
ungleichheit<br />
»<br />
Wir wissen von uns nicht, wie wir als Bestien sind.<br />
Wir müssten in die Täterposition kommen,<br />
um zu überprüfen,<br />
wie wir als Täter sind,<br />
Die „Heuschrecken“ oder das System?<br />
R: Gleich zu Anfang der globalen ökonomischen<br />
Krise wurde oft als Ursache die<br />
Gier der Kapitalisten, Manager, CEO´s, etc.<br />
genannt. Ich habe mich dagegen gewehrt,<br />
das Problem zu individualisieren, wie wenn<br />
die geballte und agierte Gier von Einzelnen<br />
uns in die Krise geführt hätte. Sicher<br />
spielt sie auch eine Rolle, aber ich glaube<br />
nicht, dass sie die Ursache der Krise ist. Ich<br />
glaube auch nicht, dass wir die Krisenanfälligkeit<br />
unserer Zeit durch das Verhalten<br />
Einzelner erklären sollten. Es sind Systeme,<br />
es sind Strukturen, die viel größer sind<br />
und anderen Gesetzmäßigkeiten folgen,<br />
die vielleicht massenpsychologisch wirken.<br />
Ich bin eigentlich dagegen, die Psychologie<br />
und die Psychoanalyse dafür anzuwenden,<br />
bestimmte lasterhafte Verhalten von vielen<br />
Personen anhand vom Verhalten von Individuen<br />
oder bestimmten Berufsgruppen zu<br />
erklären: Was haben Lokomotivführer, Fleischer<br />
etc. für Eigenschaften? Es wäre fahrlässig,<br />
verallgemeinernd etwas zu sagen.<br />
Riesenabstand und<br />
Schamregulierung<br />
R: Das Verhalten der Menschen folgt dort,<br />
wo es im Nahbereich stattfindet, den ewigen<br />
Gesetzen zwischen Individuen. Man<br />
erwartet vom anderen Tadel, Freude, Liebe,<br />
Entgegnung, usw.<br />
Wenn nun aber zwischen dem, was ich tue<br />
und den Menschen, die davon betroffen<br />
sind, ein Riesenabstand oder ein abstrakter<br />
Hohlraum besteht, gibt es diese Verantwortung<br />
nur noch, wenn man sie angezüchtet<br />
bekommt.<br />
Aber wenn man nicht sieht, was man anrichtet<br />
– wir kennen das von uns auch - wenn<br />
man uns nicht sieht, haben wir eine andere<br />
Schamverfassung, als wenn wir unter Menschen<br />
sind. Wenn wir nahe bei Menschen<br />
sind, haben wir mehr Schamregulierung,<br />
mehr Kontrolle, als wenn wir weit weg sind.<br />
Dann kommt noch dazu, dass in einer Gruppe<br />
von Menschen – ich stelle mir da jetzt<br />
z.B. einen Clan von Bankern vor - wenn jetzt<br />
da neue Wertvorstellungen hineinkommen,<br />
wenn also der Wert des Menschen plötzlich<br />
an anderen Kategorien gemessen wird als<br />
an den herkömmlichen, individuellen und<br />
sozialen, können neue Gesetzmäßigkeiten<br />
entstehen, die nichts zu tun haben mit den<br />
Gesetzmäßigkeiten des Nahbereichs.<br />
Die Bestie in uns<br />
R: Das ist ja die alte Geschichte – vielleicht<br />
ist der Vergleich zu weit hergeholt -, aber<br />
wenn man sich die Bilder der brutalen SS-<br />
Schergen vorstellt, in den Lagern, in der<br />
Uniform, unter Ihresgleichen und daneben<br />
das idyllische Bild mit dem Schäferhund in<br />
der Familie und dem Klavier zuhause: diese<br />
Seite existiert in jedem von uns, aber wir<br />
sind zu brav und regelmäßig in unserem<br />
Verhalten, als dass wir unser exzessives<br />
Verhalten unter solchen Umständen kennen<br />
würden. Es werfe also niemand den<br />
ersten Stein! Schauen Sie, was in diesen<br />
Jugoslawienkriegen passiert ist, wie Menschen<br />
zu Bestien geworden sind, Freunde<br />
zu Feinden, Verwandte zu unmöglichen<br />
Partnern. Wir wissen von uns nicht, wie wir<br />
als Bestien sind. Wir müssten in die Täterposition<br />
kommen, um zu überprüfen, wie wir<br />
als Täter sind, um zu wissen, wie gut unser<br />
Gewissen funktioniert.<br />
Solange wir Opfer sind oder identifiziert mit<br />
dem Opfer, wissen wir eigentlich nur, was<br />
die anderen machen, wenn sie entfesselt<br />
und die Gesetze außer Kraft sind.<br />
Wir wissen es von uns zu wenig, außer wenn<br />
wir vielleicht wütend oder bitter enttäuscht<br />
oder traumatisiert sind. Ich will damit nicht<br />
sagen, wir seien alle potenzielle Verbrecher<br />
oder Giermenschen. Ich will damit nur sagen,<br />
dass es schwer ist, im Rahmen unserer<br />
so friedlichen Tätigkeit unsere Abgründe<br />
zu erfahren.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
23
ungleichheit<br />
Psychotherapie und Wirtschaftskrise<br />
Fortsetzung<br />
»<br />
Wir haben eine Art säkulare Religion über uns als Glocke,<br />
die dem Besitz eine hohe Qualität zuspricht,<br />
auch wenn in den Kirchen gesagt wird, Besitz sei nicht alles.<br />
24<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Kokain und Ritalin<br />
R: Das ist Übermut, Hyper-Mut, diesbezüglich<br />
ist der Vergleich mit der Manie gegeben.<br />
Eine bestimmte Impulseigenschaft hypertrophiert<br />
plötzlich. Es findet eine euphorische<br />
Ansteckung statt, sei es mit sich selber oder<br />
mit anderen Menschen, und die Folgen<br />
werden ausgeblendet. Es gibt Menschen,<br />
die in solchen Zuständen Hervorragendes<br />
leisten. Die Leistungssteigerung – es gibt ja<br />
ein ganzes Kokainnetz – sei es mit Kokain<br />
oder Ritalin, gibt dem Individuum ein wohltuendes<br />
Gefühl. Die Segel sind prall, der<br />
Narzissmus ist aufgeblüht, die Omnipotenz<br />
spielt mit hinein.<br />
Aber Patienten in einer manischen Phase<br />
sind dem ausgesetzt, ferngesteuert, während<br />
die Manager sich freiwillig hineinbegeben<br />
und für ihr Verhalten noch hohe soziale<br />
Gratifikationen bekommen. Bis der Kollaps<br />
kommt, sind das gern gesehene Menschen,<br />
ausgezeichnete Käufer und Konsumenten,<br />
Design-Menschen, die sich mit dem Schönsten<br />
umgeben können.<br />
Das Laszive und Libidinöse spielt auch eine<br />
Rolle. Diese Menschen bekommen in ihrer<br />
„Manie“, in ihrer Ungesteuertheit, sehr viel<br />
Gratifikationen und merken darum lange<br />
nicht, dass sie bereits abgedriftet sind.<br />
Beim Maniker ist es anders: der würde<br />
das sehr rasch zu merken bekommen. Die<br />
Menschen verstehen ihn nicht, er redet zu<br />
schnell, denkt und handelt zu schnell.<br />
Ich denke, dass diese Verblendung bei den<br />
Managern durch ihr Clan-Denken lange<br />
andauert, selbst dann noch, wenn in den<br />
Zeitungen schon längst gewarnt worden ist.<br />
Dies geschieht, weil eine große Gruppe da<br />
ist, die sich gegenseitig bestätigt. Sie schunkeln<br />
miteinander in den guten Gefühlen.<br />
Woher kommt dieses Protzgefühl?<br />
R: Der Kapitalismus sagt: „Jeder ist seines<br />
Glückes Schmied! Wenn du dich anstrengst,<br />
bekommst du eine Prämie.“<br />
Es ist keine Schande, über andere hinauszuwachsen.<br />
Es ist keine Schande, in der<br />
Rivalität oben aufzuschwingen. Jedes Jahr<br />
werden die hundert Reichsten in den Zeitschriften<br />
aufgeführt. Eigentlich würde man<br />
doch sagen: „Sollen die sich doch schämen!“<br />
Man versteckt doch das, man könnte doch<br />
das „mal occhio“ (das „böse Auge“ des<br />
Neids) auf sich ziehen. Schon die Tiere<br />
verstecken ihre Nahrung vor den anderen.<br />
Wieso wird Reichtum publiziert? Es widerstrebt<br />
doch eigentlich vielen Werten im Individuum,<br />
so zu protzen.<br />
Woher kommt dieses Protzgefühl? Wir haben<br />
eine Art säkulare Religion über uns als<br />
Glocke, die dem Besitz eine hohe Qualität<br />
zuspricht, ohne Widerspruch, auch wenn<br />
in den Kirchen gesagt wird, Besitz sei nicht<br />
alles.<br />
Angesagt als größte Entfaltung ist das Erreichen<br />
dieser Potenz- und Omnipotenzprämie,<br />
die über das Geld geht. Natürlich bewundern<br />
wir Sportler und Star-Violinisten,<br />
etc., aber diese Leistung hat niemals dieses<br />
Ausmaß an gesellschaftlicher Gültigkeit wie<br />
der Erfolg im Wirtschaftlichen im weitesten<br />
Sinn. Es ist ja auch nicht zu leugnen, dass<br />
dort auch die schönen Sachen, die großen<br />
Künstler zu finden sind.
ungleichheit<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
25
ungleichheit<br />
Psychotherapie und Wirtschaftskrise<br />
Fortsetzung<br />
» Was können Psychotherapeuten tun?<br />
Nichts. Sie könnten ebenso gut Dermatologen fragen.<br />
26<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Fetisch Geld<br />
Die „Zurschaustellung“ des Geldes ist sehr<br />
wichtig, sie wird nicht schamhaft versteckt.<br />
Warum wird publiziert, wie viel ein Vassella 2<br />
oder ein Ospel 3 verdient? Und wenn es publiziert<br />
wird, so wird dies als Gutschein für<br />
das gesellschaftliche Ansehen verwendet.<br />
Es geht nicht mehr darum, wer welches<br />
Auto fährt, sondern wer bekommt wie viele<br />
Boni im Jahr.<br />
Nur, diese Millionen sind nicht verloren gegangen<br />
in der Krise. Aber durch diese Millionen<br />
wurde der Impuls angeheizt, mit den<br />
Billionen der Menschen zu spielen. Man<br />
muss nicht glauben, dass alle Boni zusammen<br />
die Krise ausmachen. Nein. Es ist die<br />
Übersetzung der Boni in die Qualität der<br />
Rücksichtslosigkeit, die bewirkt, dass das<br />
Tausendfache und Millionenfache dieser<br />
Boni aufs Spiel gesetzt wurde.<br />
Hier spielt auch der Fetischcharakter des<br />
Geldes eine gewisse Rolle, nicht das physische<br />
Geld, sondern das Geld als Summe,<br />
als Symbol. Diese abstrakte Zahl verkörpert<br />
symbolisch ganz viel Erfolg, Intelligenz, Potenz,<br />
Macht und Männlichkeit.<br />
Der Motor des Ganzen<br />
R: Als Motor des Ganzen kann man vielleicht<br />
schon den Kapitalismus nennen, er<br />
geht über die Individuen hinaus. Er funktioniert<br />
wie ein Verstärker. Eigenschaften wie<br />
Rivalität, die Gier des Kopflosen, der Unbewusstheit,<br />
das Unverbundensein mit den<br />
von mir Abhängigen, das alles hat mit Kapitalismus<br />
zu tun. Es geht um die Berechtigung,<br />
durch mehr Tüchtigkeit mehr anzuschaffen<br />
und bessere Ränge zu erreichen,<br />
zu blenden.<br />
Letztlich geht es ja immer – wenn wir das<br />
im libidinösen Kontext betrachten – um den<br />
Narzissmus, der blenden will, um bei der<br />
Triebentfaltung noch bessere Chancen zu<br />
bekommen.<br />
2<br />
ehemaliger Chef des viertgrößten Pharma-Konzerns der Welt.<br />
3<br />
ehemaliger Chef der Schweizer Großbank UBS.<br />
In der Phantasie gibt es keine Grenzen. Da<br />
ist das grandiose Selbst, das im Individuum<br />
meistens gebremst wird. Aber wenn sie eine<br />
szenische Umgebung haben, die sie nicht<br />
bremst, sondern anfeuert – und das ist der<br />
Kapitalismus - wenn die ökologische Nische<br />
sie veranlasst, bei diesem Wettbewerb einzusteigen,<br />
dann gibt es wenig Menschen,<br />
die gegen die Verlockungen gefeit und bereit<br />
sind, auszusteigen.<br />
Wie geht man selbst damit um<br />
R: Ich weiß selber nicht, wie ich mich unter<br />
solchen Bedingungen verhalten würde.<br />
Ich würde meine Hand nicht dafür ins Feuer<br />
legen, dass ich rechtzeitig alles merken<br />
würde. Ich bin, Gott sei Dank, durch meinen<br />
Beruf überhaupt nicht in dieser Gefahr.<br />
Ich weiß nicht, was bei mir ausgelöst würde<br />
durch die Ansteckung in der Masse, unter<br />
Kriegsbedingungen oder unter Bedingungen,<br />
wo man entfesselt ist und über Machtinstrumente<br />
verfügt.<br />
Ich würde nichts garantieren, aber natürlich<br />
hoffe ich, dass ich nicht mitmachen würde.<br />
Aber wir sind nicht erprobt worden in unserem<br />
braven Beruf hinter der Couch. Die<br />
Gefahr spielt nur eine Rolle in den Verführungsszenen,<br />
in der libidinösen Nähe zu<br />
den Patienten, der Ausbeutbarkeit der Patienten.<br />
Hier werden wir geprüft. Aber auch<br />
da sind wir selten in Gruppen, die das anfeuern.<br />
Das Geld „arbeitet“<br />
R: Jetzt wurde zu Recht kritisiert, dass es<br />
nicht mehr um eine Wirtschaft geht, die sich<br />
auf die Produktion stützt, sondern auf die<br />
Verwaltung von Geld. Das Geld „arbeitet.“<br />
Man muss überhaupt nichts herstellen, sondern<br />
gut wirtschaften mit dem Geld. Und<br />
an diesem Fetisch kann theoretisch jeder<br />
teilhaben. Dies ist in den USA auch so ge-
ungleichheit<br />
schehen, dass einfache Bürger und z. B.<br />
Automobilarbeiter an der Börse mitmachten.<br />
Das vermittelte die Illusion, über sich<br />
hinauswachsen zu können.<br />
Da kommen archaische Vorstellungen aus<br />
der Familie und Kindheit, das Bild der omnipotenten<br />
Eltern zum Tragen: „Du musst dich<br />
nur verbünden mit denen, dann wirst du davon<br />
profitieren. Dann geben wir dir Kredit,<br />
du kannst alles haben. Du musst einfach<br />
unsere Regeln befolgen!“<br />
Das hat auch zu einer Entwertung der Arbeit<br />
geführt: Wenn ich durch Spekulation soviel<br />
verdienen kann, weshalb soll ich mich dann<br />
noch mit redlicher Arbeit abmühen? Es hat<br />
ja auch eine gewisse Zeit funktioniert. Nur<br />
niemand wollte die Warnsignale sehen.<br />
Als Kinder sind wir „Gast“ in unserer Familie,<br />
d. h. wir müssen noch nichts produzieren,<br />
um etwas zu bekommen. Wir werden belohnt,<br />
und wir lehnen uns an die Macht der<br />
Erwachsenen an. Und dieses Spiel, dieser<br />
Aspekt der infantilen Szene - des Füllhorns,<br />
des Schlaraffenlandes - findet da auch statt.<br />
Es ist eine regressive Idee, dass durch Teilhabe<br />
an einer Gruppe, durch Anlehnung<br />
an die Mächtigen und nicht durch Hinterfragung<br />
der Mächtigen, die Gaben fließen.<br />
Durch die Verbindung mit Mächtigen kann<br />
ich selber sorglos sein oder kann selber an<br />
dieser Macht teilhaben. Das Modell dafür<br />
liefert die Eltern-Kindbeziehung: Das Kind<br />
delegiert – nicht bewusst – an die Eltern.<br />
Sind wir alle von der Krise betroffen?<br />
In der ersten Situation sind es immer die<br />
bösen Anderen. Jeder von uns kennt Leute,<br />
die sagen, sie hätten viel Geld verloren. Aber<br />
der Arbeitsplatzverlust kann jeden treffen,<br />
der Geldverlust betrifft nicht wirklich jeden.<br />
Bei den Reichen kann man sagen: „Es geschieht<br />
denen doch recht, dass sie ihr Geld<br />
verlieren. Das geht mich nichts an.“ Die Bedrohung<br />
kommt jetzt durch den Verlust des<br />
familiären Vertrauens in die Gesellschaft,<br />
wenn die Menschen ihre Hypotheken nicht<br />
mehr bezahlen können, wenn es ums tägliche<br />
Brot geht. Jetzt tröpfelt es bis zu uns<br />
hinunter und bis zu unseren Patienten. Bei<br />
den Patienten gibt es einen Teil, der neben<br />
all den phobischen Ängsten, die sie schon<br />
vorher gehabt haben, jetzt mit dem realen<br />
Elend zu uns in die Therapie kommen.<br />
Was können wir als Psychotherapeuten<br />
tun?<br />
Nichts. Wir können politisch als Bürger etwas<br />
tun, aber nicht als Psychotherapeuten.<br />
Sie könnten ebenso gut Dermatologen fragen,<br />
was sie tun könnten!<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
27
ungleichheit<br />
Sozialhilfe wird durch<br />
Mindestsicherung ersetzt<br />
»<br />
Das Ziel der Mindestsicherung sollte die Verminderung der Armut<br />
in Österreich sein. Doch es sei dahingestellt, ob eine Verminderung der Armut mit dieser<br />
neuen Regelung erreicht werden kann.<br />
28<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Am 7. Juli <strong>2010</strong> hat der Nationalrat die Einführung<br />
der Mindestsicherung beschlossen.<br />
Bisher gab es die Sozialhilfe, die von<br />
Bundesland zu Bundesland unterschiedlich<br />
hoch war, was mit der Mindestsicherung<br />
nun bundesweit vereinheitlicht wurde.<br />
Für Alleinstehende beträgt die Mindestsicherung<br />
744 Euro netto monatlich, Paare<br />
bekommen 1.116 Euro, wobei 186 Euro<br />
davon als Wohnkostenanteil angesehen<br />
werden. Bisher wurde der Wohnkostenanteil<br />
an die individuelle Höhe der Miete angepasst,<br />
künftig gibt es die oben genannte<br />
Pauschale. Wer keine eigene Wohnung hat<br />
(beispielsweise bei den Eltern wohnt) verliert<br />
den Wohnkostenanteil. Pro Kind gibt es<br />
einen Zuschuss von 133,90 Euro, was eine<br />
Verschlechterung zum aktuellen Richtsatz<br />
in der Steiermark darstellt.<br />
Mit 1. <strong>Sep</strong>tember sollte die Mindestsicherung<br />
in Kraft treten – in der Steiermark wird<br />
sich die Einführung wohl verzögern, weil im<br />
Rahmen des Landtagswahlkampfes noch<br />
keine Einigung darüber getroffen wurde,<br />
ob die Mindestsicherung 12 oder 14mal<br />
jährlich ausbezahlt werden soll. (Die SPÖ<br />
möchte die Sonderzahlungen ausbezahlen,<br />
die ÖVP hingegen plädiert auf 12 Auszahlungen<br />
jährlich.)<br />
Grundsätzlich muss die Mindestsicherung<br />
nicht zurückbezahlt werden. Allerdings darf<br />
kein Vermögen über 3.720 Euro angehäuft<br />
werden. (Ausgenommen ist beispielsweise<br />
ein Auto, wenn es für berufliche Zwecke erforderlich<br />
ist.) Besitzt man eine Wohnung<br />
oder ein Haus, droht grundsätzlich kein Verlust,<br />
aber wenn man länger als 6 Monate<br />
Mindestsicherung bezieht, trägt sich das<br />
Sozialamt ins Grundbuch ein. Nach dem<br />
Tod des/der Bezugsberechtigten müssen<br />
die Erben den Wert der beanspruchten Mindestsicherung<br />
zurückzahlen oder das Sozialamt<br />
bekommt die Liegenschaft.<br />
Finanzielle Unterstützungen in besonderen<br />
Lebenslagen, beispielsweise bei Stromoder<br />
Mietrückständen oder bei der Übernahme<br />
von Kautionen, sind mit der neuen<br />
Regelung nicht mehr vorgesehen.<br />
Von wegen Mindestsicherung für<br />
alle – Viele Betroffene fallen wieder<br />
durch<br />
Wer die Mindestsicherung als „generelles<br />
Grundeinkommen für alle“ bezeichnet, irrt<br />
sich. Anspruch auf Mindestsicherung haben<br />
nur Menschen, die vom Arbeitsmarktservice<br />
als arbeitswillig eingestuft werden und ihren<br />
Lebensunterhalt nicht selbst bestreiten können.<br />
Man muss nach wie vor Schulungen<br />
und Kurse, die einem vom Arbeitsmarktservice<br />
zugeteilt werden, besuchen und sich<br />
für potentielle Jobangebote bewerben. Wird<br />
ein zumutbarer Job nicht angenommen,<br />
kann man die Mindestsicherung verlieren.<br />
AsylwerberInnen haben grundsätzlich keinen<br />
Anspruch auf eine Mindestsicherung.<br />
MigrantInnen haben nur einen Anspruch<br />
auf Mindestsicherung, wenn sie einen anerkannten<br />
Aufenthaltstitel haben oder bereits<br />
mehr als 5 Jahre in Österreich leben und<br />
arbeiten.<br />
Auch BürgerInnen eines anderen EU-<br />
Staates haben nur Anspruch, wenn sie zuvor<br />
in Österreich gearbeitet haben.<br />
Außerdem ist ein fixer Wohnsitz erforderlich,<br />
um einen Antrag auf Mindestsicherung<br />
stellen zu können. Betroffene, die beispielsweise<br />
von heute auf morgen das Dach über<br />
dem Kopf verlieren, haben Schwierigkeiten<br />
in der Antragsstellung.
ungleichheit<br />
Ein Beispiel aus der Praxis:<br />
Eine junge Frau (21 Jahre alt) wird von<br />
den Eltern nach einem Streit hinausgeworfen.<br />
Die Eltern melden ihren Wohnsitz<br />
ab - sie steht auf der Straße. Vorerst<br />
kommt sie im Frauenwohnheim der Stadt<br />
Graz unter, bekommt dort aber aufgrund<br />
eines Regelbruchs ein Wiederaufnahmeverbot<br />
für ein Jahr. Mit Abmeldung vom<br />
Frauenwohnheim verliert sie den Anspruch<br />
auf Sozialhilfe. Nachdem sie ohne<br />
Wohnsitz keine Post bekommt, kann der<br />
Brief vom AMS mit der nächsten Terminbekanntgabe<br />
nicht zugestellt werden und<br />
sie verliert ebenso den Anspruch auf Notstandsgeld.<br />
Sie kommt aufgrund einer chronischen<br />
Erkrankung zu uns in die Praxisgemeinschaft<br />
und ist nicht mehr krankenversichert.<br />
Mit den Ansprüchen bei Sozialamt<br />
und AMS hat sie auch die Krankenversicherung<br />
verloren.<br />
Sämtliche Frauenwohnheime in Graz<br />
sind voll besetzt und haben Aufnahmezeiten<br />
von einigen Monaten. Die Frauennotschlafstelle<br />
vergibt keine Meldeadressen.<br />
In einer Grazer Männernotschlafstelle<br />
bekommt die Patientin zum Glück eine<br />
Postadresse. Als offizielle Meldeadresse<br />
für den Bezug von Sozialhilfe gilt diese<br />
Adresse allerdings nicht, weil eine Männernotschlafstelle<br />
gewiss nicht der tatsächliche<br />
Aufenthaltsort einer Frau sein<br />
kann…<br />
Dieses Beispiel zeigt, dass es sehr wohl<br />
auch im Sozialstaat Österreich möglich<br />
ist, bei sämtlichen Sozialleistungen<br />
durchzufallen. Die Patientin hat innerhalb<br />
kurzer Zeit ihre Unterkunft, sämtliches<br />
Einkommen und auch ihre Krankenversicherung<br />
verloren.<br />
Die Mindestsicherung wird in solchen Notsituationen<br />
keine Verbesserung darstellen,<br />
sondern den bürokratischen Aufwand der<br />
Antragstellung sogar noch erschweren:<br />
Anträge können künftig nicht mehr nur beim<br />
Sozialamt, sondern auch beim AMS gestellt<br />
werden. Das AMS schickt die Anträge allerdings,<br />
ohne sie auf Vollständigkeit geprüft<br />
zu haben, wieder dem Sozialamt zur Bearbeitung<br />
zu.<br />
Diese neue Vorgehensweise wird nur zusätzliche<br />
Verzögerungen in der Bearbeitung<br />
zur Folge haben, was für Menschen in Notlagen<br />
bedeuten kann, dass sie noch länger<br />
auf die Zuerkennung der Mindestsicherung<br />
warten. Die Datenbank von Sozialamt und<br />
Arbeitsmarktservice sind in Zukunft vernetzt<br />
– das heißt, wenn ein Termin beim AMS<br />
nicht eingehalten wird, kann sofort auch die<br />
Mindestsicherung eingestellt werden. Menschen<br />
die sich in einer akuten Lebenskrise<br />
befinden, sind aufgrund ihres psychischen<br />
Zustandes oder der Lebensumstände nicht<br />
immer im Stande, alle Termine einhalten zu<br />
können, was keine Berücksichtigung findet.<br />
Wie im oben genannten Beispiel gezeigt<br />
wird, fallen die Bedürftigsten wieder durch.<br />
Das Ziel der Mindestsicherung sollte die<br />
Verminderung der Armut in Österreich sein.<br />
Doch es sei dahingestellt, ob eine Verminderung<br />
der Armut mit dieser neuen Regelung<br />
erreicht werden kann. Für einen Teil der<br />
Betroffenen wird die Mindestsicherung im<br />
Vergleich zur Sozialhilfe (zum Beispiel aufgrund<br />
des pauschalen Wohnkostenanteils<br />
oder des reduzierten Kinderzuschlages) sogar<br />
eine Verschlechterung darstellen.<br />
Petra Steiner<br />
(Quellen: „Mindestsicherung – Nein Danke“<br />
KPÖ Steiermark/Kleine Zeitung, 07.07.<strong>2010</strong>, S.2-3)<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
29
MaSSnahmen gegen Ungleichheit<br />
Ein Garten für Alle!<br />
30<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Freitag, 2. Juli <strong>2010</strong>: Der Grazer Sommer<br />
präsentiert sich von seiner besten Seite,<br />
es ist heiß und sonnig und ich sitze im<br />
Auto. Neben mir Frau Atas, die mich sicher<br />
durch den Grazer Verkehrsdschungel leitet.<br />
„Gleich rechts einordnen, weil wir müssen<br />
dann da vorne nach dem Lutz abbiegen“,<br />
sagt sie, und „mit diesen Schlapfen darfst<br />
Du ja eigentlich gar nicht Auto fahren!“. Sie<br />
hat nämlich gerade den Führerschein gemacht<br />
und kennt sich in Gries wesentlich<br />
besser aus als ich.<br />
Wir sind unterwegs zum türkischen Großhändler<br />
im Bezirk Gries. Eine andere Welt<br />
tut sich auf, hier ist eine kleine türkische<br />
Enklave mitten in Graz. Als wir dort ankommen,<br />
sind schon alle informiert und bringen<br />
uns tiefgekühlte Henderlflügel und Brot und<br />
laden alles ins Auto. Frau Atas und ich gustieren<br />
noch beim Obst- und Gemüsemarkt<br />
und besorgen Zutaten für die Salate.<br />
Nach unserer Einkaufstour machen wir beide<br />
einmal Pause, jede für sich, denn bald<br />
schon treffen wir uns wieder in der Andersengasse<br />
am Grünanger, um gemeinsam<br />
die Eröffnung unseres Gartens zu feiern.<br />
Um drei informiert mich Petra, unsere Sozialarbeiterin,<br />
mit Grabesstimme: „Ich hab<br />
beim Flughafen angerufen und sie haben<br />
gesagt, genau in der Zeit von 4 bis 6 wird<br />
es in Graz regnen!“ Ungerührt fahren wir mit<br />
unseren Vorbereitungen fort, jetzt können<br />
wir sowieso nichts mehr absagen.<br />
Der Garten wird mit Fotos geschmückt: man<br />
sieht die Menschen beim „Brunchen am<br />
Grünanger“, beim „Walken an der Mur“ und<br />
bei der Gestaltung des Gartenbeets, mit<br />
Schaufeln ausgerüstet. Die Slackline wird<br />
gespannt und gleich ausprobiert, es kommen<br />
einige Leute, die Kuchen und Salate<br />
bringen.
An der Kinderstation bemalen schon die ersten<br />
Kinder eifrig Steine und basteln daraus<br />
kleine Kunstwerke, VIVID richtet einen Tisch<br />
mit Büchern und Spielen her und das Team<br />
der alkoholfreien Bar beginnt, Cocktails zu<br />
mixen. Die Medizinstation bereitet sich auf<br />
den Ansturm vor: Blutdruck- und Blutzuckermessungen<br />
sind angesagt, außerdem gibt<br />
es Beratungen zu den Angeboten des <strong>SMZ</strong>.<br />
Auf der kleinen Straße vor dem Garten wird<br />
die Wanderausstellung über die Mur aufgebaut<br />
und die Band spielt die ersten Klänge.<br />
Der Griller ist angeheizt und nach und<br />
nach beginnt sich der Garten zu füllen, bis<br />
schließlich mehr als 100 Menschen versammelt<br />
sind, um gemeinsam zu feiern.<br />
Es geschieht in Graz schließlich nicht alle<br />
Tage, dass ein Garten für die Menschen der<br />
Umgebung geöffnet und somit nutzbar gemacht<br />
wird. Die BewohnerInnen hatten sich<br />
genau das beim letzten Fest vor einem Jahr<br />
gewünscht und gemeinsam mit dem <strong>SMZ</strong><br />
tatkräftig in Angriff genommen: Es wurden<br />
ein Nutzungsvertrag mit der Stadt Graz gemacht,<br />
das Kiesbeet zu einem Gemüse-,<br />
Obst- und Blumenbeet umgestaltet, die<br />
alte Sitzgarnitur abgeschliffen und lackiert<br />
und schließlich auch noch die Wasserfrage<br />
nachbarschaftlich gelöst. Wenn man über<br />
den Zaun ruft, füllt der Nachbar mit seinem<br />
Wasserschlauch die Regentonne mit Gießwasser.<br />
In Feierlaune ist scheinbar auch der Wettergott:<br />
der Regen über Graz spart den Grünanger<br />
aus und lässt uns bei schönstem<br />
Sommerwetter gemeinsam essen, trinken,<br />
auf der Slackline balancieren, Musik hören,<br />
malen und bemalen lassen, Garten gießen,<br />
Erdbeeren, Ribisel und Stachelbeeren verkosten<br />
– eben ein Garten für Alle!<br />
Inge Zelinka-Roitner<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
31
MaSSnahmen gegen Ungleichheit<br />
Sozialraumorientierung<br />
als Mittel gegen soziale Ungleichheit<br />
32<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
»<br />
Im Rahmen des Stadtteilprojekts „sta.ges – Stadtteilgesundheit für Alle!“ ist das<br />
<strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> auch in Wohnsiedlungen im Stadtteil Schönau tätig – einem sog.<br />
„benachteiligten Stadtgebiet“, wie aus der für „sta.ges“ durchgeführten<br />
„Sozialraumanalyse“ hervorgeht. 1 Demnach sind die BewohnerInnen dieses Viertels<br />
in den Bereichen Lebensunterhalt, Alleinerziehende, Bildung und Wohnungseigentum eindeutig<br />
schlechter gestellt als der Grazer Durchschnitt.
MaSSnahmen gegen Ungleichheit<br />
Deeskalationstreffen zur Stärkung<br />
des sozialen Zusammenhalts<br />
Ausgehend von der Stadtteilplattform „Schönausiedlung“,<br />
einer Plattform, an der sich<br />
Personen beteiligen, die sich beruflich mit<br />
der Wohn- und Lebenssituation benachteiligter<br />
Bevölkerungsgruppen im Wohngebiet<br />
auseinandersetzen, sowie auf Wunsch der<br />
BewohnerInnen selber, fanden bereits drei<br />
sozialräumlich orientierte „Deeskalationstreffen“<br />
statt.<br />
In diesen wird einerseits das Ziel verfolgt,<br />
bestimmte aktuelle Probleme im Stadtteil<br />
bzw. in der Siedlung aufzugreifen und möglichen<br />
(weiteren) Eskalationen entgegenzuwirken.<br />
Andererseits geht es bei diesen<br />
Treffen um die Förderung des Zusammenhalts<br />
unter den BewohnerInnen, also gemeinsame<br />
Aktivitäten und Ziele zu finden<br />
und zu stärken (soziale Kohäsion), wie es<br />
etwa schon die „European Foundation on<br />
Social Quality“ 2 im Zuge des von ihr entwickelten<br />
„Social Quality Approach“ betont. Die<br />
Stärkung sozialer Qualität wiederum bildet<br />
die Grundlage, bestehenden sozialen Ungleichheiten<br />
entgegenzuwirken.<br />
Positive Rückmeldungen seitens der<br />
BewohnerInnen<br />
Im heurigen Jahr fand im Jänner ein Deeskalationstreffen<br />
unter dem Titel „Nachbar<br />
schafft Sicherheit“ statt. Dazu wurde ein Inspektor<br />
der Bezirkspolizei eingeladen, der<br />
über Einbruchsicherung, Gewalt und Nachbarschaftshilfe<br />
referierte. Im Juni folgte ein<br />
weiteres Treffen zum Thema „Wie trenne ich<br />
meinen Müll?“ in Kooperation mit dem Referat<br />
für Abfallswirtschaftscontrolling der Stadt<br />
Graz und der Organisation „ProHealth“, einer<br />
gemeinnützigen Initiative zur Förderung<br />
der Gesundheit von afrikanischen MigrantInnen.<br />
Beide Treffen fanden direkt vor Ort<br />
in einer benachteiligten Wohnsiedlung im<br />
Schönauviertel statt.<br />
Diese Wohnsiedlung ist durch einen hohen<br />
Grad an Fluktuation, einen hohen MigrantInnenanteil<br />
und eine hohen Zahl an sozioökonomisch<br />
benachteiligten Personen<br />
bzw. Familien gekennzeichnet. In der Vergangenheit<br />
kam es dort immer wieder zu<br />
Konflikten, die aus unterschiedlichen kulturellen<br />
Zugängen, aber eben auch aus den<br />
sozioökonomischen Problemlagen der dort<br />
lebenden Menschen resultieren. Neben den<br />
vordergründigen Themen der Veranstaltungen,<br />
die aufgrund ihrer Brisanz von den BewohnerInnen<br />
stets selber eingebracht wurden,<br />
dienten die Treffen also vorwiegend<br />
der Förderung und Stärkung der „sozialen<br />
Qualität“, insbesondere des sozialen Zusammenhalts.<br />
Beide Veranstaltungen waren sehr gut besucht.<br />
Die Rückmeldungen der TeilnehmerInnen<br />
zeigen, dass der Kohäsionsgrad<br />
offensichtlich gestiegen ist, die Menschen<br />
fühlen sich ernst genommen, es gibt seither<br />
vermehrt Kontakte zwischen den BewohnerInnen,<br />
die nun stärker als bisher gegenseitige<br />
Verantwortung übernehmen.<br />
Damit haben wir also bereits wichtige Meilensteine<br />
erreicht – beim Versuch einer Verbesserung<br />
der Lebensqualität bzw. der Gestaltung<br />
von Lebenswelten von Menschen,<br />
und das in einem Gebiet, in dem die soziale<br />
Qualität sehr gering ausgeprägt ist und soziale<br />
Ungleichheiten das Leben der BewohnerInnen<br />
prägen.<br />
Prinzipien der Sozialraumorientierung<br />
Die Verfolgung der Prinzipien der Sozialraumorientierung<br />
wie das Ernstnehmen des<br />
Willens/der Interessen der BewohnerInnen,<br />
aktivierende Arbeit, die Förderung personaler<br />
und sozialräumlicher Ressourcen, die<br />
Schaffung zielgruppen- und bereichübergreifender<br />
Angebote, sowie die Vernetzung<br />
mit verschiedensten Einrichtungen und<br />
Diensten, sind in dieser Arbeit unumgänglich.<br />
Larissa Schuhmeyer<br />
1<br />
Vgl. www.smz.at/index.php/article/articleview/141/1/32<br />
2<br />
Vgl. www.socialquality.org/site/index.html<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
33
smz aktuell<br />
Rassismus im<br />
Gesundheitswesen<br />
»<br />
Ist Diskriminierung schon Rassismus?<br />
Oder sind PatientInnen mit Migrationshintergrund<br />
einfach nur unbequem?<br />
Gibt es überhaupt Rassismus im österreichischen Gesundheitswesen?<br />
34<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Das <strong>SMZ</strong> lud dazu im Mai eine Expertenrunde<br />
des Sozial- und Gesundheitsbereiches<br />
ein: Godswill Eyawo vom Verein<br />
„ProHealth – Afrikanische Initiative zur<br />
Gesundheitsförderung“, Christian Fleck<br />
vom Institut für Soziologie, Uni Graz, und<br />
Christoph Pammer, freiberuflich im Gesundheitswesen<br />
tätig, lieferten neben anregenden<br />
Denkanstößen auch Fallbeispiele.<br />
„Es gibt noch immer Tabus in der<br />
Grazer Medizin“<br />
Einleitend wies Gustav Mittelbach (<strong>SMZ</strong><br />
<strong>Liebenau</strong>) auf die Rolle der medizinischen<br />
Ausbildung in Zusammenhang mit der NS-<br />
Vergangenheit der österreichischen Medizin<br />
hin: Als Lehrbeauftragter an der Medizinischen<br />
Universität Graz habe er erfahren,<br />
dass die meisten MedizinstudentInnen zu<br />
Themen wie „Nürnberger Prozesse“ und<br />
„Nürnberger Kodex“ keinerlei Wissen besäßen.<br />
Mittelbach dazu: „Die letzten 50/ 60<br />
Jahre müssen noch immer analysiert werden,<br />
es gibt noch immer Tabus in der Grazer<br />
Medizin und die Taten wurden zum Teil noch<br />
immer nicht bestraft.“ Mittelbach weist auch<br />
auf den Unterschied zwischen den Begriffen<br />
„Rassismus“ und „Diskriminierung“ hin:<br />
„Eine Sterilisation etwa zur Verhütung der<br />
Verbreitung „Erbkranker“ oder „Zigeuner“ ist<br />
nicht diskriminierend, sie ist rassistisch!“<br />
„Auch die niedrigen sozialen Schichten<br />
sollten sich nicht mit den höheren<br />
mischen“<br />
Christian Fleck beleuchtete den Begriff<br />
„Rassismus“ soziologisch: Die Alltagserfahrung<br />
zeige uns, dass wir bei Unvertrautem<br />
abwehrender reagieren als bei Vertrautem.<br />
Dieses „spontane Fremdeln“ könne man bei<br />
allen Kulturen beobachten, wie auch verschiedene<br />
Ausprägungen des Ethnozentrismus,<br />
wonach die eigene Gruppe oder Sippe<br />
der jeweils anderen überlegen sei.<br />
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts und<br />
noch im 20. Jahrhundert versuchte man<br />
dann, Rassenunterschiede wissenschaftlich<br />
zu erklären, was zu heute absurd anmutenden<br />
Annahmen führte. Man ging davon<br />
aus, eine „Rassenmischung“ sei das<br />
größte Übel, wobei die „reine Rase“ immer<br />
die Weiße bleiben sollte. Interessant sei in<br />
diesem Zusammenhang die Analogie zum<br />
Sozialen: Auch gegen die niedrigen sozialen<br />
Schichten gäbe es eine Abwehrhaltung<br />
und die Tendenz, dass diese sich nicht mit<br />
den höheren Schichten mischen sollten.<br />
Auf Bestreben der UNESCO wird der Begriff<br />
„Rasse“ heute in offiziellen Definitionen<br />
nicht mehr verwendet und stattdessen<br />
durch „ethnische Gruppe“ ersetzt. Diese<br />
definiert sich durch eine gemeinsame Geschichte<br />
und Kultur sowie durch bestimmte<br />
körperliche Merkmale.<br />
„Bei frühen Terminen kommen<br />
sie nicht!“<br />
Christoph Pammer berichtete aus der<br />
Praxis im Gesundheitswesen, wo man genügend<br />
Beispiele für Diskriminierung finden<br />
könne: So tauschten etwa Hausärzte und<br />
Fachärzte in einer Diskussionsveranstaltung<br />
Tipps aus, wie man MigrantInnen möglichst<br />
schnell wieder aus der eigenen Ordination<br />
befördern könne, z.B.: „Möglichst frühe Termine<br />
vergeben, da kommen sie nicht!“.<br />
Auch Krankenhäuser hätten laut Pammer<br />
„eine sehr hohe Mauer, die schwer zu überwinden<br />
ist. Krankenanstalten sind nicht<br />
in der Lage, in angemessener Zeit einen<br />
Dolmetscher herbeizuschaffen“. Die Argumentation<br />
„wir haben ohnehin Beschäftigte<br />
mit Migrationshintergrund, die dolmetschen<br />
können“ erweist sich insofern als haltlos, als<br />
diese Personen meist von geleasten Reinigungsfirmen<br />
stammten und mit der Terminologie<br />
im Gesundheitswesen nicht vertraut
smz aktuell<br />
seien. Besonders problematisch sei die<br />
Situation für psychiatrische PatientInnen<br />
aus Kriegs- und Krisenregionen, da deren<br />
Behandlung von den Versicherungen nicht<br />
übernommen würde.<br />
„Subtile Form von Rassismus im<br />
Gesundheitswesen“<br />
Godswill Eyawo meinte, es gäbe zwar keine<br />
offene, sehr wohl aber eine subtile Form<br />
von Rassismus im Gesundheitswesen, die<br />
er eher als Diskriminierung bezeichnen würde.<br />
Diese äußere sich stark beim Zugang<br />
zum Gesundheitswesen. Auch die Verweigerung<br />
von <strong>Info</strong>rmationen über Diagnosen<br />
und Behandlungen in der jeweiligen Mutersprache<br />
sei diskriminierend. Was fehle, sei<br />
eine für MigrantInnen vorbereitete Umgebung.<br />
Es gäbe immerhin viele MigrantInnen<br />
mit hohen Qualifikationen im Gesundheitsbereich,<br />
die aber nicht entsprechend eingesetzt<br />
würden.<br />
Eyawo berichtete über einen Fall, der an ihn<br />
herangetragen worden war und die mangelnde<br />
Bereitschaft zur Aufklärung signalisiert:<br />
Ein Patient mit Migrationshintergrund<br />
fragte seine Hausärztin, warum sie bei einer<br />
Routine-Untersuchung so viel Blut abnehmen<br />
müsse. Die Antwort: „Wenn sie wollen,<br />
dass ich meine Arbeit mache, dann lassen<br />
sie mich.“<br />
Christian Fleck verwies in diesem Zusammenhang<br />
noch einmal auf die Parallele zwischen<br />
Migrationshintergrund und Schichtzugehörigkeit:<br />
Einem einfachen Bauern<br />
vom Land, so Fleck, würde im Krankenhaus<br />
auch nicht viel erklärt. Hier sei es wahrscheinlich<br />
besser, Fortbildungen für medizinisches<br />
Personal anzubieten, anstatt gleich<br />
mit der „Rassismus-Keule“ zu kommen.<br />
„Manche PatientInnen sind<br />
unbequem!“<br />
In der Diskussion waren sich die TeilnehmerInnen<br />
der Veranstaltung darüber uneinig,<br />
ob Rassismus oder eher Diskriminierung<br />
im Gesundheitswesen existierten. Eine Diskutantin<br />
berichtete über eine ihrer Meinung<br />
nach rassistisch motivierte Handlung: Eine<br />
Patientin mit schlechten Deutschkenntnissen<br />
ging wegen Bandscheibenproblemen<br />
zur Physiotherapie, wobei kein Dolmetsch<br />
hinzugezogen wurde. Der zweite Termin<br />
wurde von Seiten der Physiotherapeutin<br />
einfach mit der Begründung abgesagt, „die<br />
Patientin sei nicht kooperativ“ gewesen.<br />
Ein anderer Teilnehmer hingegen meinte,<br />
bestimmte PatientInnen seien für das Gesundheitssystem<br />
einfach auch aus Zeitgründen<br />
unbequem und würden dadurch<br />
weniger gern behandelt. Nicht nur bei Ausländern,<br />
auch und gerade im psychiatrischen<br />
Bereich werde generell sehr wenig<br />
Zeit investiert, nicht zugehört und gleich<br />
medikamentös behandelt.<br />
„Rassismus im Gesundheitswesen muss<br />
weiter thematisiert werden!“<br />
Rainer Possert bedauerte, dass der Begriff<br />
„Rassismus“ in der Diskussion eher verloren<br />
gehe. Dabei gäbe es im Gesundheitswesen<br />
auch faktisch noch Rassismus, wenn etwa, wie<br />
in den USA durch Studien belegbar, Schwarzen<br />
viel häufiger die Extremitäten amputiert<br />
würden als Weißen. Auch Gustav Mittelbach<br />
betonte, dass es im europäischen Gesundheitswesen<br />
noch immer klar rassistisch motivierte<br />
Handlungen gäbe, wie etwa die Praxis<br />
in manchen europäischen Ländern, Roma<br />
im Krankenhaus nicht mit andern PatientInnen<br />
zusammenzulegen. Das Thema Rassismus<br />
müsse endlich – wie z.B. in der Schweiz<br />
schon geschehen – vom Tabu- zum Mainstreamthema<br />
im Gesundheitswesen werden.<br />
Inge Zelinka-Roitner<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
35
smz aktuell<br />
Keine Zeit für Graz?<br />
»<br />
Wir brauchen den Strom nicht!<br />
Wir haben so viel Strom, dass ihn Firmen<br />
gewinnträchtig ins Ausland exportieren können!<br />
36<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Empowerment ist laut WHO ein<br />
zentraler Bestandteil der<br />
Gesundheitsförderung<br />
Das <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> fördert seit über zwanzig<br />
Jahren Diskussionsprozesse von Bürgerinitiativen,<br />
die sich für die Erhaltung ihrer<br />
Gesundheit und ihrer Lebensumwelt stark<br />
machen.<br />
Empowerment ist auch ein zentraler Bestandteil<br />
des „Gesunde Städte-Netzwerkes“<br />
der WHO, dem die Stadt Graz seit 1992 angehört.<br />
Um zu versuchen, auch auf Stadtebene<br />
Bürgerbeteiligung zu fördern, initiierte<br />
die Stadt im November 2006 das 600.000<br />
Euro teure Projekt „Zeit für Graz“. Obwohl<br />
zahlreiche Workshops und Ideenfindungsprozesse<br />
stattgefunden hatten, wurde bis<br />
heute kaum etwas umgesetzt. Nach Beendigung<br />
des Projektes im Jahr 2007 formierte<br />
sich eine überparteiliche, generationenübergreifende<br />
Gruppe von BürgerInnen, die<br />
sich unter dem Titel „MEHR Zeit für Graz“<br />
folgende Ziele gesetzt hatte:<br />
· Weiterführung und zügige Umsetzung der<br />
erarbeiteten Projekte aus „Zeit für Graz“<br />
· Erarbeitung geeigneter Bürgerbeteiligungsmodelle<br />
· Rechtzeitige Einbindung und Transparenz<br />
bei für BürgerInnen relevanten Planungen<br />
Margit Schaupp, Karin Steffen, Elmar<br />
Ladstädter und Raimund Berger berichteten<br />
am 28. Juni im Rahmen der Gesundheitsplattform<br />
im <strong>SMZ</strong> über die verschiedenen<br />
Arbeitsgruppen, die sich nach Ende<br />
der Laufzeit des Projektes „Zeit für Graz“<br />
formiert hatten.<br />
In der Arbeitsgruppe Grünstadt wurde unter<br />
anderem herausgearbeitet, welche Handlungsempfehlungen<br />
der Konsenskonferenz<br />
„Mur-Potentiale“ mit einem Kraftwerksbau<br />
unvereinbar wären.<br />
Hier eine Auswahl:<br />
• Die Synthese von Mensch und Natur<br />
sollte das Leitbild sein<br />
• Wünschenswert wäre eine sanfte Öffnung<br />
des Naturraumes für die Bevölkerung<br />
(z.B. Errichtung eines Naturlehrpfades)<br />
• Gestaltung des Murufers bei Beachtung<br />
der Grundprämissen (Biotopverbund)<br />
• Ausbau von Kajak- und Surfmöglichkeiten<br />
im Grazer Stadtzentrum<br />
• Die Wasserqualität darf sich nicht verschlechtern<br />
Einige Punkte wurden von den Kraftwerksbetreibern<br />
aufgegriffen; so soll es z.B. einen<br />
„Ersatz-Auwald“ geben, allerdings auf einer<br />
winzig kleinen Fläche von 1,8 ha.<br />
Elmar Ladstädter dazu: „Der geringe<br />
Stromnutzen, den man durch dieses<br />
Kraftwerk kurzfristig gewinnen würde,<br />
steht in überhaupt keiner Relation zu<br />
dem, was man unwiederbringlich verlieren<br />
würde!“<br />
„Mehr Zeit für Graz“ hatte von Bürgermeister<br />
Siegfried Nagl eine allgemeine, unabhängige<br />
<strong>Info</strong>rmationsveranstaltung über die<br />
Murkraftwerke verlangt. Der Bürgermeister<br />
meinte aber, es hätte ohnehin schon genügend<br />
<strong>Info</strong>rmationen darüber gegeben!<br />
Das Kommunikationsdefizit in Bezug auf<br />
die Kraftwerksbauten wird auch dadurch<br />
ersichtlich, dass die geplante Flutung der<br />
Heimgärten im Bereich Grünanger zunächst<br />
nicht einmal bekannt war, obwohl seitens<br />
der ESTAG schon <strong>Info</strong>rmationsveranstaltungen<br />
stattgefunden hatten.<br />
Gemeinderätin Andrea Pavlovec-Meixner<br />
legte die Position des Koalitionspartners in<br />
der Stadtregierung dar: „Wir sind entschieden<br />
gegen die Murkraftwerke!“
smz aktuell<br />
Bewusste Falschinformationen<br />
Aufschlussreich sind die bewussten<br />
Falschinformationen der Kraftwerksbetreiber,<br />
die auf Hochglanz-Bildern den Menschen<br />
ein neues Freizeitparadies vorgaukeln<br />
sollen:<br />
• „ Man will die Menschen glauben machen,<br />
dass der Zustand der Mur von<br />
früher wieder hergestellt werden soll.<br />
Das stimmt einfach nicht und es werden<br />
bewusst falsche Bilder gezeigt!“, so Karin<br />
Steffen von „Mehr Zeit für Graz“.<br />
• „ Beim Projekt Eichbachgasse handelt<br />
es sich nicht um die Revitalisierung eines<br />
Altarms, sondern um einen Stumpf,<br />
aus dem kein Wasser mehr ausfließt.<br />
Die Wasserqualität wird nicht badetauglich<br />
sein und der Lärm von der<br />
Autobahn wird Ruhesuchende vertreiben!“<br />
• „ Die „ökologischen Ausgleichsflächen“<br />
sind zwar im Plan vorgesehen, es gibt<br />
bisher aber keine Garantien dafür“, wissen<br />
die Vertreter der Bürgerinitiative.<br />
• Die Frage nach den Kellerüberflutungen<br />
und dem Anstieg des Grundwasserspiegels<br />
wurde von Seiten der<br />
ESTAG überhaupt nicht beantwortet,<br />
der zynische Vorschlag dazu lautete:<br />
„Wir werden einen Beschwerde-Briefkasten<br />
führen“.<br />
• Vor allem Menschen in einem benachteiligten<br />
Wohngebiet verlieren ihren<br />
Nacherholungsraum: sie werden eine<br />
Staumauer und ein stehendes Gewässer<br />
vor sich haben, anstatt wie bisher<br />
die Frischluft einer fließenden Mur genießen<br />
zu können.<br />
„wir haben genug, ja eigentlich<br />
schon zu viel Strom!“<br />
Das eigentliche Killerargument gegen den<br />
Kraftwerksbau müsste aber lauten: „Wir<br />
brauchen den Strom nicht! Wir haben so<br />
viel Strom, dass ihn Firmen gewinnträchtig<br />
ins Ausland exportieren können!“<br />
Im „allgemeinen Interesse der steirischen<br />
Bevölkerung“ wird ein für die Menschen in<br />
Feinstaub belasteten Gebieten unverzichtbarer<br />
Erholungsraum zerstört, und es wird<br />
den Menschen im Ausgleich nichts zurück<br />
gegeben. Die Gewinne dieses Unterfangens<br />
kassieren andere.<br />
Die energiepolitische Zukunft sieht auch<br />
auf EU-Ebene ganz anders aus. Gottfried<br />
Weißmann von der ARGE Luft und Lärm:<br />
„Da hinken wir in Graz wieder einmal hinterher:<br />
Bundesweit wird Energie eingespart,<br />
die Richtlinien aus der EU werden schon<br />
in kurzer Zeit genau das vorgeben, und wir<br />
bauen noch immer Kraftwerke! Wir haben ja<br />
jetzt schon zu viel Strom!“<br />
Inge Zelinka-Roitner<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
37
smz aktuell<br />
SeniorInnentag<br />
Willkommen im <strong>SMZ</strong>!<br />
38<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
„Die Zeit ist viel zu schnell vergangen,<br />
nächstes Mal müssen Sie eine Stunde<br />
länger offenhalten!“, so eine Teilnehmerin<br />
an unserem Senioren-Nachmittag, der dem<br />
Thema Gesundheit in allen Facetten gewidmet<br />
war.<br />
Am 11. Mai <strong>2010</strong> luden wir SeniorInnen in<br />
<strong>Liebenau</strong> und Umgebung zu einem Tag<br />
der offenen Tür ins <strong>SMZ</strong> ein: Die Arztpraxis<br />
lockte mit Gedächtnistests, Blutdruckmessen,<br />
Blutzuckermessen und ärztlichen Beratungsgesprächen,<br />
es fanden sozialarbeiterische<br />
Beratungen und Rechtsberatung<br />
statt, es wurden die Physiotherapie und die<br />
Gesundheitsförderung im <strong>SMZ</strong> präsentiert.<br />
Auch der Sozialmedizinische Pflegedienst<br />
SMP war vertreten und informierte über<br />
Pflege- und Betreuungsangebote.<br />
Die einzelnen Stationen waren durch Pfeile<br />
markiert und auf einem Lageplan einge-<br />
zeichnet, der den SeniorInnen gemeinsam<br />
mit einem <strong>Info</strong>-Pass überreicht wurde. Wer<br />
alle Stationen durchlaufen hatte, konnte an<br />
der Schlussverlosung teilnehmen und einen<br />
Geschenkskorb (gesponsert von Murpark)<br />
gewinnen.<br />
Die Station „Gemeinsam statt Einsam“ wurde<br />
von SchülerInnen des BG/ BRG <strong>Liebenau</strong><br />
betreut, die ja auch an diesem Projekt<br />
teilgenommen und für den Senioren-Nachmittag<br />
extra Kuchen gebacken hatten.<br />
Jede halbe Stunde fanden Kurzvorträge in<br />
unserem Veranstaltungsraum statt, welche<br />
von den SeniorInnen immer mit Spannung<br />
erwartet wurden: Dr. Thomas Schneeberger,<br />
Turnusarzt im <strong>SMZ</strong>, informierte über<br />
seniorenrelevante medizinische Themen<br />
wie Diabetes, Bluthochdruck und Medikamentenkonsum.
smz aktuell<br />
Beim Buffet (gesponsert von Bürgermeister<br />
Nagl) konnte man sich informell mit dem<br />
Team des <strong>SMZ</strong> austauschen. Dr. Rainer<br />
Possert (<strong>SMZ</strong>) dazu: „Die Hemmschwelle<br />
war plötzlich weg, die Leute fragten ganz<br />
andere Sachen als normalerweise, wenn<br />
sie in die Praxis kommen.“<br />
Um dem Nachmittag einen festlichen Rahmen<br />
zu verleihen, wurde auch musiziert:<br />
Larissa Schuhmeyer (Querflöte) und Inge<br />
Zelinka-Roitner (Geige) bewiesen die Vielseitigkeit<br />
des <strong>SMZ</strong>-Teams.<br />
Organisiert wurde der Tag der offenen Tür<br />
mit großem Aufwand und viel Einsatz von<br />
unseren beiden Praktikantinnen, Susanna<br />
Lexer und Nina Jessenko, denen wir dafür<br />
ganz herzlich danken möchten!<br />
Inge Zelinka-Roitner<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
39
smz aktuell<br />
Neues Angebot des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>:<br />
Betriebliche Sozialarbeit<br />
bei MAGNA Powertrain<br />
40<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
Das <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> hat seine Angebotspalette<br />
erweitert: Die beiden Sozialarbeiterinnen<br />
des <strong>SMZ</strong>, Mag. (FH) Petra<br />
Steiner & Dr. Larissa Schuhmeyer, bieten<br />
seit kurzem für MitarbeiterInnen von<br />
MAGNA Powertrain Betriebliche Sozialarbeit<br />
an!<br />
Was ist Betriebliche Sozialarbeit?<br />
Betriebliche Sozialarbeit ist Sozialarbeit<br />
in mittleren und großen Unternehmen<br />
und Bestandteil der betrieblichen Sozialpolitik.<br />
Betriebliche Sozialarbeit bezieht<br />
sich nicht nur auf Konflikte/Schwierigkeiten<br />
am Arbeitsplatz, sondern auch<br />
auf Probleme im persönlichen, familiären,<br />
finanziellen und gesundheitlichen<br />
Bereich, die wiederum Einfluss auf die<br />
Arbeitsqualität haben.<br />
Somit ist Betriebliche Sozialarbeit als<br />
gesundheitsförderndes und präventives<br />
Angebot zu verstehen, das zum Wohlbefinden<br />
der MitarbeiterInnen im privaten/familiären<br />
Bereich und am Arbeitsplatz<br />
beitragen soll.<br />
Die Investition in Betriebliche Sozialarbeit<br />
seitens des Unternehmens ist jedenfalls<br />
als sinnvoll zu werten, weisen<br />
doch Studien auf die positiven Wirkungen<br />
sowohl auf MitarbeiterInnenebene<br />
als auch für das Unternehmen hin.<br />
Kooperation mit dem <strong>SMZ</strong><br />
MAGNA Powertrain ist vor einiger Zeit<br />
an das <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> mit der Anfrage<br />
herangetreten, unser sozialarbeiterisches<br />
Angebot auch für ihre MitarbeiterInnen<br />
zur Verfügung zu stellen. Damit<br />
will MAGNA Powertrain eben dieser<br />
Wechselwirkung zwischen dem persönlichen<br />
Wohlergehen einerseits, und der<br />
Befindlichkeit sowie damit verbunden<br />
der Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz<br />
andererseits, Rechnung tragen.<br />
Das <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> hat sich für MAGNA<br />
Powertrain aufgrund des hier integrier-<br />
ten umfassenden Tätigkeits- und Kompetenzprofils<br />
sowie des interdisziplinären<br />
und ganzheitlichen Ansatzes als<br />
besonders geeigneter Partner herausgestellt.<br />
„Leben & Arbeiten“ – Das MAGNA Powertrain<br />
Mitarbeiterservice<br />
Unter dem Motto „Leben & Arbeiten“ bieten<br />
wir seit Juli <strong>2010</strong> Beratungen vor Ort<br />
in den drei Standorten Lannach, Ilz und<br />
Albersdorf an. Überdies können sich die<br />
MitarbeiterInnen auch direkt an uns im<br />
<strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> wenden, sofern Beratungen<br />
zu anderen Zeiten oder außerhalb<br />
der Firmenräumlichkeiten in Anspruch<br />
genommen werden möchten.<br />
Konkret umfasst das Angebot etwa die<br />
Beratung in finanziellen Angelegenheiten,<br />
Unterstützung rund um das Thema<br />
„Pflege“, Angehörigenberatung, sozialrechtliche<br />
Fragestellungen, Beratung<br />
bei Problemen im familiären Umfeld,<br />
Beratung für Menschen mit psychischen<br />
Problemen, Suchtberatung, Entlastungsgespräche<br />
in Krisensituationen<br />
sowie Netzwerkarbeit und Case Management.<br />
Die Beratungen können von<br />
den MitarbeiterInnen anonym, kostenlos<br />
und natürlich auf freiwilliger Basis in<br />
Anspruch genommen werden.<br />
Quantitativ betrachtet umfasst diese<br />
neue „Zielgruppe“ des <strong>SMZ</strong> rund 1.900<br />
Personen: in der Zweigstelle Lannach<br />
arbeiten 1.260, in Ilz 525 und in Albersdorf<br />
176 MitarbeiterInnen (inkl. LeiharbeiterInnen).<br />
Wir blicken nun nach einer Planungsund<br />
Vorbereitungsphase, einigen Gesprächen<br />
und Treffen diesem neuen<br />
Tätigkeitsfeld mit großer Spannung<br />
entgegen und berichten natürlich in<br />
der nächsten <strong>SMZ</strong>-<strong>Info</strong>-Ausgabe gerne<br />
über erste Erfahrungen.<br />
Larissa Schuhmeyer & Petra Steiner
www.smz.at<br />
smz@smz.at<br />
ANGEBOTE<br />
DES <strong>SMZ</strong> LIEBENAU<br />
Allgemein-medizinische Praxisgemeinschaft<br />
Dr. Gustav Mittelbach, Dr. Rainer Possert (alle Kassen)<br />
Hausbesuche, Gesundenuntersuchungen, ärztliche Psychotherapie und Beratung, Behandlung<br />
von Suchterkrankungen, Akupunktur, Sozial-, Arbeits- und Umweltmedizin.<br />
Terminvereinbarung unter 46 23 40<br />
Physiotherapie<br />
Akutschmerzbehandlung, Bewegungstherapie, Entspannungstechniken, Heilgymnastik durch<br />
eine diplomierte Physiotherapeutin. Therapieschwerpunkte: Neurologie und Orthopädie. Hausbesuche<br />
im Bezirk möglich. Tel. Anmeldung unter 46 23 40-15<br />
Familienberatung & Rechtsberatung<br />
Anonyme und kostenlose Beratung durch Ärzte, PsychotherapeutInnen, SozialarbeiterInnen<br />
und JuristInnen. Donnerstag von 18.00 bis 19.00 Uhr am Grünanger (Tel.: 0699 180 84 375),<br />
von 19.00 bis 20.00 Uhr im <strong>SMZ</strong>, Tel. Anmeldung unter 46 23 40<br />
Psychotherapie<br />
Gestalt- und Familientherapie, NLP, Systemische Therapie, Einzel- und Gruppentherapie sowie<br />
Kinderpsychotherapie. Teilkostenersatz durch die Krankenkassen. Tel. Anmeldung unter 46 23 40<br />
Soziale Arbeit<br />
Beratung in sozialrechtlichen Fragen, Hilfen bei Kontakten zu Behörden, Hilfestellung bei Wohnungsproblemen,<br />
Arbeitslosigkeit,... Telefonische Kontaktaufnahme unter 42 81 61 oder<br />
0664/34 38 381 / e-mail: schuhmeyer@smz.at / steiner@smz.at<br />
Gesundheitsförderung<br />
Sozialmedizinische und gesundheitsförderliche Veranstaltungen; Durchführung von Projekten<br />
im Bereich Gesundheitsförderung. Kooperationen im Bezirk und mit anderen Organisationen.<br />
Kontakt unter 0699 180 84 375 / e-mail: smz@smz.at, zelinka@smz.at<br />
Sexualberatung<br />
<strong>Info</strong>rmation, Beratung, Psychotherapie zu folgenden Bereichen: Beziehungskonflikte, Sexualprobleme,<br />
Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Homosexualität, Verhütungsfragen, Sexualaufklärung,<br />
Schwangerschaftskonflikten usw. Tel. Anmeldung (auch anonym) unter 46 23 40<br />
Walken sie mit uns<br />
WALKEN IM PARK – Nordic Walking Gruppe jeden Donnerstag von 17.00 bis 18.00 Uhr, Treffpunkt<br />
im Hof des <strong>SMZ</strong>; WALKEN an der Mur – jeden Montag von 16.00 bis 17.00 Uhr, Treffpunkt:<br />
Andersengasse 34. Stöcke zum Probieren können ausgeborgt werden!<br />
<strong>Info</strong>rmationen unter 0699 180 84 375<br />
AuSSenstelle Grünanger<br />
Seit Juli 2009 sind wir auch am Grünanger, Andersengasse 34, für Sie erreichbar.<br />
<strong>Info</strong>rmationen unter 0699 180 84 375<br />
<strong>SMZ</strong> INFO september <strong>2010</strong><br />
41
P.b.b. Zulassungsnummer: GZ 02Z034445M; Verlagspostamt 8041 Graz