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SMZ Liebenau Info Jun_2012

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GESUNDHEIT<br />

trifft<br />

soziales<br />

<strong>SMZ</strong> INFO juni <strong>2012</strong><br />

ISSN: 2222-2308


in dieser ausgabe<br />

mitarbeiterinnen<br />

des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

Dr. Rainer Possert<br />

Arzt für Allgemeinmedizin<br />

Psychotherapeut<br />

editoriaL 01<br />

Dr. Gustav Mittelbach<br />

Arzt für Allgemeinmedizin<br />

Psychotherapeut<br />

Dipl. PT Heilwig<br />

Possert-Lachnit, MSc<br />

Physiotherapeutin<br />

Dr. Inge Zelinka-Roitner<br />

Soziologin<br />

Medizin trifft sozialES<br />

Privatisierung steirischer Spitäler? 02<br />

Physiotherapie:<br />

unverzichtbar in der medizinischen Primärversorgung! 06<br />

Zukunftsmodell Hausarzt? 09<br />

Wie leistbar ist Psychotherapie? 12<br />

Turnus im <strong>SMZ</strong> 14<br />

Erfolgreiche Wege aus der Sucht… 16<br />

Angehörige bezahlen wieder für Pflege 20<br />

DSA Ina Alic<br />

Sozialarbeiterin<br />

Rosa Bruckenberger<br />

Turnusärztin<br />

Gesundheitsförderung<br />

3 Jahre Sta.geS 22<br />

das projekt sta.ges holte viele ab 25<br />

Gesundheit ist Lebensqualität – Feiern auch! 26<br />

Gesunder GarteN 28<br />

Seniorenverbund <strong>Liebenau</strong> 32<br />

Mag. Karin Ettl<br />

Verwaltung<br />

Geschichtsbewusstsein schärfen<br />

Das Vergessen der Vernichtung<br />

ist Teil der Vernichtung selbst 34<br />

Karin Sittinger<br />

Arzthelferin<br />

Das Lager <strong>Liebenau</strong> 36<br />

aktuelles aus dem smz<br />

Birgit Paller, MA<br />

Sozialarbeiterin<br />

Michaela Spari<br />

Assistentin<br />

Dr. Ulrike Körbitz<br />

Psychoanalytikerin<br />

Krista Mittelbach<br />

Psychotherapeutin<br />

DSA Theresa Augustin<br />

Psychotherapeutin<br />

<strong>SMZ</strong> trifft Arbeiterbetriebsrat von Magna PowertraIN 40<br />

Meine persönlicheN ErfahrungEN bei Magna 42<br />

Unsere Mitarbeiterinnen 44<br />

Ein abschied mit weinendem Auge 46<br />

Update aus Afrika 47<br />

„Aufgeschnappt“ 48<br />

angebote des smz liebenau 49<br />

IMPRESSUM<br />

HERAUSGEBER: <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>, <strong>Liebenau</strong>er Hauptstraße 102-104 a, 8041 Graz<br />

TEL 0699 180 84 375 F (0316) 462340-19<br />

Email smz@smz.at Homepage www.smz.at vereinsregister ZVR: 433702025<br />

REDAKTION: Dr. Rainer Possert, Mag. a Dr. in Inge Zelinka-Roitner<br />

Mitarbeiterinnen dieser Ausgabe: Das Team des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

FOTOS: Rainer Possert; <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

LAYOUT + SATZ CUBA, graz www.cubaliebtdich.at<br />

DRUCK Druckerei Bachernegg GmbH, Kapfenberg AUFLAGE 1.700 Stk.<br />

Dr. Wolfgang Sellitsch<br />

Jurist


Editorial<br />

Seit beinahe drei Jahrzehnten dieselbe Leier<br />

aus den „Leitmedien“: Gesundheitsreform<br />

= Sparen = Spitalsreform = ambulante<br />

Versorgung ausbauen. Nunmehr soll zum<br />

x-ten mal aus den Spitälern „ausgelagert“<br />

werden, nur – im ambulanten Sektor ist<br />

30 Jahre lang nichts passiert, da ist nichts:<br />

Physiotherapie, Psychotherapie, Logopädie<br />

– hohe Selbstbehalte, Menschen mit geringem<br />

Einkommen sind von diesen ambulanten<br />

Leistungen quasi ausgeschlossen – in<br />

Österreich werden bis zu 35% mehr Selbstbehalte<br />

bezahlt als in anderen Ländern.<br />

Hohe Rezeptgebühren, aberwitzige Kosten<br />

für Hörgeräte, Brillen und andere Heilbehelfe<br />

belasten die Budgets der Kranken.<br />

Nicht gespart wird bei den Ausgaben der<br />

Kassen für Medikamente, das wäre ja zum<br />

Schaden der Pharmabranche, niedergelassene<br />

Ärzte werden von den Kassen zu<br />

„ökonomischer Verschreibweise“ angehalten<br />

und „evaluiert“.<br />

Liebe Sozialversicherungsmanager: holt<br />

Euch EinkäuferInnen von Magna-Steyr und<br />

lasst sie mit den Medikamentenlieferanten<br />

verhandeln. Wenn die Einkäufer nicht korrupt<br />

sind, dann werden die Kosten für Medikamente<br />

dramatisch sinken!<br />

Um zu „sparen“, nicht um die Versorgung zu<br />

verbessern, soll Krankenbehandlung ausgelagert<br />

werden. Nur: Am Hausärztesystem<br />

hat sich nichts geändert, ja es wird noch<br />

schlimmer werden. Ca. 70% der Medizinstudenten<br />

wollen im Krankenhaus bleiben,<br />

wer von ihnen geht noch aufs Land? Das<br />

Modell <strong>SMZ</strong> für Zusammenarbeit zwischen<br />

Ärzten und anderen Berufsgruppen in der<br />

primären Gesundheitsversorgung ist eine<br />

einsame Insel geblieben, und selbst da,<br />

wo es hervorragend funktioniert hat, waren<br />

Spar-ExpertInnen am Werk – die von uns<br />

aufgebaute Hauskrankenpflege für Puntigam<br />

und <strong>Liebenau</strong> wurde „ausgelagert“.<br />

Trotzdem, in diesem <strong>Info</strong>: Wieder einmal<br />

Berichte aus unserer Praxis und von unseren<br />

Veranstaltungen.<br />

Zum Weiterlesen:<br />

Zu den Schrecken der Gesundheitsreform<br />

in Deutschland: Zeitonline „Das Ende<br />

der Schweigepflicht“, http://www.zeit.de/<br />

<strong>2012</strong>/21/Klinik-Gesundheitsreform/seite-1<br />

Für Theorie Interessierte: „Zur Subsumption<br />

(Unterordnung) des Gesundheitswesens<br />

unter das Kapital, http://www.labournet.de/<br />

diskussion/wipo/gesund/rakowitz4.html<br />

Rainer Possert<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

01


Medizin trifft soziales<br />

Privatisierung<br />

Privatisierung<br />

steirischer Spitäler?<br />

Aussichten und Auswirkungen<br />

einer möglichen Spitalsreform<br />

Gustav Mittelbach<br />

Die Meldung einer möglichen Privatisierung<br />

des erst 2003 errichteten LKH West (um<br />

73,3 Mill €) in Form einer Übernahme durch<br />

die Barmherzigen Brüder Eggenberg verunsicherte<br />

und überraschte nicht nur die sonst<br />

gut informierten Insider, sondern auch die<br />

betroffene Bevölkerung, hat sie doch neben<br />

dem obligaten Sparprogramm unter Umständen<br />

mit Reduktion der medizinischen<br />

Angebote, Personalreduktion und daraus<br />

folgender Überlastung und Erhöhung der<br />

Patienten-Eigenleistungen zu rechnen –<br />

wie es deutsche Beispiele nahe legen.<br />

Teile der steirischen Öffentlichkeit und auch<br />

der steirischen Politik sind aber bisher in<br />

Sachen Privatisierung sehr wachsam bzw.<br />

zurückhaltend geblieben. Sowohl die geplante<br />

Privatisierung des Managements<br />

der KAGES (steirische Krankenanstaltsgesellschaft),<br />

als auch eine Privatisierung<br />

der Blutbank des LKH Graz, sind vom steirischen<br />

Landtag nach einer längeren auch<br />

öffentlichen Debatte mehrheitlich verhindert<br />

worden.<br />

Die Schließung des Krankenhauses Hörgas<br />

und die schließlich gescheiterte Schließung<br />

der Chirurgie des Krankenhauses in Bad<br />

Aussee können noch als Versuche verstanden<br />

werden, den international sehr hohen<br />

steirischen Bettenschlüssel zu reduzieren,<br />

obwohl Hörgas gerade erst umgebaut wurde.<br />

Aber was passiert wirklich im<br />

Westen von Graz?<br />

Eine dringliche Anfrage der Landtagsabgeordneten<br />

Ingrid Lechner-Sonnek gab Gesundheitslandesrätin<br />

Edlinger-Ploder<br />

in der Landtagssitzung vom 20.3.<strong>2012</strong> die<br />

Möglichkeit, ihre Pläne zu präzisieren:<br />

Ihr Hauptstatement ist überraschend klar:<br />

„…eine Privatisierung der Krankenversorgung<br />

ist nicht geplant…“<br />

und noch deutlicher: „…Privatisierung war<br />

noch nicht einmal ansatzweise in meinen<br />

Gedanken…“ und „…niemand übernimmt<br />

freiwillig in Österreich ein Krankenhaus….<br />

Privatisierung ist falsch!“<br />

Gedanken zur Spitalsreform aus<br />

ihrer Rede 1<br />

• Mit den Ordensspitälern, die derzeit selbst<br />

in den laufenden Betrieb einzahlen, werde<br />

erst eine neue Regelung der Abgangsdeckung<br />

vereinbart, Edlinger-Ploder wolle<br />

die Orden weiterhin im Boot haben.<br />

• Es gehe um eine neue Angebotsplanung<br />

für den Großraum Graz, um eine Redimensionierung<br />

der Betten (kann nur heißen :<br />

Reduktion) und um eine bessere Aufteilung<br />

der Leistungen.<br />

02<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

1<br />

Edlinger-Ploders grundsätzliche Überlegungen zur Notwendigkeit einer Spitalsreform sind im Protokoll der<br />

Landtagssitzung nachzuhören. Laut dem KAGES-Umsetzungsplan seien bis 2020 Einsparungen von 94,3 Mill.€<br />

möglich (dann 22.Mill)… Die KAGES habe seit 2008 die niedrigste Kostensteigerung aller österreichischen<br />

Landesgesellschaften. Aber es gebe in Österreich und auch im Großraum Graz (KAGES und die 14 anderen<br />

privaten Spitäler) zu viele Betten…“


»<br />

Privatisierung<br />

Medizin trifft smz soziales aktuell<br />

Privatisierung ist falsch<br />

• Ein Gesamtversorgungsbedarf sei zu definieren,<br />

eine Spitalskonzentration im Süden<br />

am LSF-Gelände sei e i n e Variante, für<br />

einen Neubau im LSF seien schon 20 Mill.<br />

€ veranschlagt- eine Kosteneinsparung pro<br />

Jahr von 1,3 bis 1,7 Millionen sei erzielbar.<br />

Zusammenfassend verstehe ich<br />

Folgendes:<br />

• Es werden Betten reduziert<br />

(und das heisst dann selbstverständlich<br />

auch Personal abgebaut),<br />

• ein neues Spital im LSF ist geplant,<br />

• die Ordensspitäler wollen mehr Geld für<br />

ihre Spitalsdefizite, müssen aber mehr Versorgungsaufträge<br />

(Bereitschaftsdienste?) für<br />

die Allgemeinbevölkerung akzeptieren,<br />

• eine echte Privatisierung ist nicht geplant<br />

(aber doch ein Spitalstausch BHB-Eggenberg<br />

LKH-West?),<br />

• und das Wichtigste:<br />

Es muss gespart werden (bei gleicher<br />

Qualität? - von der war leider sehr wenig zu<br />

hören !)<br />

Dafür spricht auch: Laut Krone vom 15.<br />

Mai <strong>2012</strong> hat das Land ein Projekt in Auftrag<br />

gegeben, die „Chancen und Risiken<br />

einer Auslagerung aller patientenfernen<br />

Bereiche“ zu untersuchen, eine mögliche<br />

Teilprivatisierung also, von der im Landtag<br />

noch nicht die Rede war!<br />

Ein Blick nach Deutschland zeigt, dass dort<br />

in großem Ausmaß mit der Privatisierung<br />

öffentlicher Spitäler experimentiert wird: 2<br />

Die Gewinne der Privaten Kliniken 3 (bei<br />

einem Anteil von 60% Personal an den Gesamtkosten)<br />

sind aus Sicht der Beschäftigten<br />

vor allem auf deren Kosten entstanden.<br />

Einnahmen könnten kaum beeinflusst<br />

werden, die Renditen laufen über die Verringerung<br />

der Ausgaben.<br />

Die durchschnittlichen Personalkosten/Vollkraft<br />

der Privaten liegen 4,4% niedriger als<br />

in öffentlichen Krankenhäusern.<br />

Die ärztlichen Personalkosten liegen durchschnittlich<br />

über dem Lohn in öffentlichen<br />

Krankenhaus, die Kosten der technischen<br />

Dienste und des Hauspersonals deutlich<br />

niedriger.<br />

Die Personalkosten des Pflegepersonals<br />

liegen bei 85% der PflegerInnen in öffentlichen<br />

KH.<br />

• Jüngste Veröffentlichungen sprechen aber<br />

deutlicher als im Landtag von einer Übernahme<br />

des LKH West durch die Barmherzigen<br />

Brüder, es wird also doch privatisiert!<br />

2<br />

die folgenden Angaben stützen sich auf einen Artikel der Herren Schulten und Böhlke vom wirtschafts- und<br />

sozialwissenschaftlichen Institut der Hans Böcklerstiftung- aus : Zeitschrift Dr.med.Mabuse 186/2010 S 28-31<br />

3<br />

es gibt 4 große Konzerne Rhön-KlinikumAG/Helios-Kliniken-Gruppe, gehört zu Fresenius/Asklepios-Kliniken<br />

GmbH und Sana-Kliniken AG. Die ersten 3 sind die größten Krankenhauskonzerne Europas. Der Rhönkonzern<br />

erwirtschaftet 2009 einen Gewinn von 46 Millionen €. Private Kliniken (deren Anteil sich in Deutschland zwischen<br />

91 und 08 auf 30% verdoppelt hat) sind nicht an die Tarife des öffentlichen Dienstes gebunden, sondern<br />

schließen Hausverträge ab (2007 wurde 86% der nichtärztlichen Beschäftigten in öffentlichen Spitälern nach<br />

öffentlichen Tarif bezahlt, bei den Privaten nur 14%).<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

03


Medizin trifft soziales<br />

Privatisierung<br />

»<br />

Da sich Menschen und Krankheiten nicht<br />

standardisieren lassen, stöSSt diese<br />

Strategie sehr schnell an ihre Grenzen<br />

Eine Sparpolitik, die sich nicht um die Versorgungsqualität<br />

kümmert, hat direkte Auswirkungen<br />

auf die Arbeitsbelastung:<br />

ÄrztInnen müssen in privaten Häusern ¼<br />

mehr Betten, der medizinisch-technische<br />

Dienst 75% mehr und die Vollzeitpflegekraft<br />

20% mehr Betten versorgen als in öffentlichen<br />

Spitälern. 4<br />

In den USA konnte nachgewiesen werden,<br />

dass die Sterblichkeitsrate in privaten, profitorientierten<br />

Krankenhäusern erheblich<br />

h ö h e r lag als in nicht Profitorientierten.<br />

Laut Böhlke „..lag der Fehler des privaten<br />

Managements darin, die Krankenversorgung<br />

mit industriellen Fertigungsprozessen<br />

zu vergleichen. Standardisierungs- und Automatisierungsprozesse<br />

sollen wie in der<br />

Automobilindustrie ablaufen. Da sich Menschen<br />

und Krankheiten aber nicht standardisieren<br />

lassen, stößt diese Strategie sehr<br />

schnell an ihre Grenzen<br />

Angela Spelsberg 5<br />

zur Privatisierung von UniKliniken:<br />

• Renditeerwartungen von 10% müssen<br />

durch Leistungen am Patienten erwirtschaftet<br />

werden. Werden PatientInnen mit<br />

kostenintensiven und langwierigen Krankheiten<br />

(z.B. mit Schlaganfall) gar nicht erst<br />

stationär aufgenommen, weil sie unwirtschaftlich<br />

sind?<br />

• „Die Privatisierungswelle und die Ausrichtung<br />

am Markt… gibt die staatliche Fürsorgepflicht<br />

preis und ordnet den Menschen<br />

(gesund und krank) dem im Markt üblichen<br />

Primat von Wachstum und Wirtschaftlichkeit<br />

unter-… mehr erbrachte Leistungen sind<br />

das Ziel. Dies kann aber nur durch Zunahme<br />

von Krankheit und Leiden in der Bevölkerung….<br />

erreicht werden oder durch die vermehrte<br />

Erbringung unnötiger Leistungen. 6<br />

Praktische Beispiele einer irrationalen Sparpolitik<br />

veranschaulicht das Zeitmagazin<br />

vom 16.5.<strong>2012</strong> im Artikel „Der Alltag in deutschen<br />

Kliniken - Ärzte brechen ihre Schweigepflicht“:<br />

• Schlaganfallpatienten, die nicht speziell<br />

therapiert werden können, weil der Kernspin-<br />

Tomograf nur von 8-14 Uhr arbeitet oder weil<br />

die Patienten nicht zu einer spezialisierten<br />

Einrichtung geliefert werden,<br />

• durch Medikamente verwirrte Patienten,<br />

deren Nebenwirkungen nicht erkannt werden,<br />

• die Notärztin, die für alte PatientInnen kein<br />

Bett bekommt,<br />

• Operationen, die medizinisch unnötig,<br />

aber „wirtschaftlich sinnvoll“ durchgeführt<br />

werden, u.ä.<br />

04<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

4<br />

Böhlke siehe selbe Zeitschrift S. 35-38 Böhlke ist Mitherausgeber von „ Privatisierungen von Krankenhäusern,<br />

Erfahrungen und Perspektiven aus Sicht der Beschäftigten“ VSA-Verlag Hamburg 2009.<br />

Die Privatisierung des Universitäts-Klinikums Gießen und Marburg ab 2006 war weltweit der erste Verkauf<br />

eines Universitätskrankenhauses an einen privaten Konzern (Rhön).<br />

5<br />

ärztliche Leiterin des Tumorzentrums Aachen (Mitglied im Vorstand von Transparency<br />

International Deutschland www.transparancy.de)<br />

6<br />

aus Zeitschrift wie 3) S. 39<br />

7<br />

Ernest Pichlbauer, Arzt und Gesundheitsökonom / www.rezeptblog.at


Privatisierung<br />

Medizin trifft smz soziales aktuell<br />

Ähnliche Beispiele<br />

gibt es aus Österreich 7<br />

Pichlbauer:<br />

„Jedenfalls sind die bei uns geplanten<br />

Reformschritte sehr kritisch zu begleiten,<br />

um fehlgeleitete Entwicklungen wie in<br />

Deutschland zu verhindern.<br />

Besonders wichtig ist bei allen Maßnahmen<br />

darauf zu bestehen, die Qualitätsstandards<br />

der PatientInnenversorgung<br />

nicht zu gefährden…“<br />

Seine grundlegende Reformidee:<br />

“Wenn es darum geht, unnötige Spitalsaufenthalte<br />

zu reduzieren – und nur das kann<br />

das Ziel von Spitalsreformen sein – wird<br />

man nicht umhinkommen, mehr zu besprechen,<br />

als nur den „Bettenabbau“.<br />

Im Grunde gibt es nur eine Chance: Man<br />

muss verhindern, dass Patienten ins Spital<br />

…kommen. Und der einzige Weg ist, Hausärzte<br />

aufzuwerten. Wenn diese weniger zu<br />

Fachärzten oder Ambulanzen überweisen,<br />

und Patienten dort seltener selbst hin gehen<br />

(müssen), weil sie sich vom Hausarzt gut<br />

versorgt fühlen, dann werden automatisch<br />

die Aufnahmen weniger….<br />

Ich schlage daher vor, ...allen Hausärzten<br />

40 Prozent mehr Geld (das additiv nötig<br />

wird) auszubezahlen.<br />

Das kostet erstaunlich wenig – etwa 160<br />

Millionen Euro Österreich weit. So könnten<br />

dann Spitalsreformen (mit einer Milliarde<br />

Einsparungspotential) realistischer werden<br />

und vielleicht löst sich auch der angekündigte<br />

Hausärztemangel.“<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

05


Medizin trifft soziales<br />

Physiotherapie<br />

Physiotherapie:<br />

unverzichtbar in der<br />

medizinischen Primärversorgung!<br />

Heilwig Possert-Lachnit<br />

Jeder fünfte Patient, der eine allgemeinmedizinische<br />

Ordination betritt, hat Kreuzschmerzen.<br />

Etwa ein Drittel aller PatientInnen<br />

hat Probleme mit der Wirbelsäule, den Muskeln,<br />

Gelenken, Bändern. Die Ursachen dafür<br />

sind vielfältig: Überbelastung in der Arbeit oder<br />

Freizeit, beim Sport oder Unfallfolgen. Chronische<br />

Schmerzen gibt es aber auch infolge<br />

von Fehlstellungen und Fehlhaltungen, altersbedingten<br />

Abnützungen, orthopädischen und<br />

neurologischen Erkrankungen.<br />

Es sind also sehr viele PatientInnen, die mit<br />

diesen Problemen zum praktischen Arzt als<br />

Erstanlaufstelle kommen.<br />

Und was passiert dann<br />

üblicherweise?<br />

Zum Einsatz kommen Medikamente und<br />

Spritzen, eventuell eine Krankschreibung,<br />

manchmal eine Überweisung zum Orthopäden<br />

(Wartezeit 1-3 Monate) oder eine<br />

Röntgenzuweisung und in der Folge eine<br />

CT/MR Abklärung, fallweise auch eine<br />

Überweisung zur Physiotherapie in Ambulatorien,<br />

Instituten und Physiotherapiepraxen.<br />

Dort bekommt der Patient nach einer<br />

Wartezeit von weiteren ein bis drei Wochen<br />

einen Termin, wird dann 7x behandelt - oft<br />

von wechselnden TherapeutInnen – und hat<br />

am Ende einen relativ hohen Selbstbehalt<br />

zu zahlen (nur die Ambulatorien sind ohne<br />

Zuzahlung). In dieser Wartezeit ist wertvolle<br />

Zeit vergangen, um Schmerzen von ihrer<br />

Ursache her optimal physiotherapeutisch<br />

zu handeln.<br />

Was ist im <strong>SMZ</strong> anders?<br />

Für uns war selbstverständlich, die Physiotherapie<br />

bereits bei der Gründung des Zentrums<br />

vor 28 Jahren als unverzichtbaren Teil<br />

des therapeutischen Angebots zu betrachten.<br />

Im <strong>SMZ</strong> wird jeden Vormittag im Rahmen<br />

der ärztlichen Praxisgemeinschaft physiotherapeutisch<br />

behandelt. Bei uns bekommt<br />

zum Beispiel ein Patient, der sich infolge<br />

einer Fehlbewegung schmerzverkrümmt<br />

nach einer schlaflosen Nacht in die Ordination<br />

quält, gleich nach der entsprechenden<br />

Diagnosestellung und Medikamentierung<br />

durch den Arzt eine sofortige Behandlung<br />

bei unserer Physiotherapeutin. Notwendige<br />

<strong>Info</strong>rmationen werden an Ort und Stelle weitergegeben,<br />

alle Befunde und der ärztliche<br />

Behandlungsplan sind im selben EDV System<br />

für alle ersichtlich. Möglichkeiten der<br />

Schmerzreduktion werden noch am selben<br />

Tag gezeigt, nebenwirkungsfreie elektrophysikalische<br />

Schmerzbehandlungen ergänzen<br />

oder ersetzen fallweise die Medikation.<br />

Denn: immer mehr Patienten wollen<br />

und viele können aus den verschiedensten<br />

Gründen keine Schmerzmittel nehmen. Bei<br />

Problemen und Unklarheiten gibt es Rücksprachemöglichkeiten<br />

im selben Haus.<br />

Die kurzen <strong>Info</strong>rmationswege, ein gemeinsamer<br />

Behandlungsplan und die flexiblen<br />

Änderungsmöglichkeiten im Laufe der Behandlung<br />

sind eine Besonderheit des <strong>SMZ</strong>.<br />

Um teure Doppelgleisigkeiten zu verhindern<br />

werden Therapieergebnisse und Diagnosen<br />

in der Kartei der Patienten für das Team<br />

sichtbar festgehalten.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

06


Physiotherapie<br />

Medizin trifft smz soziales aktuell<br />

immer mehr Patienten wollen und viele können<br />

aus den verschiedensten Gründen<br />

keine Schmerzmittel nehmen.<br />

»<br />

Die Zufriedenheit der Patienten, die niedrige<br />

Medikamentenverschreibung sowie die<br />

reduzierten Krankenhauseinweisungen haben<br />

uns Recht gegeben!<br />

Voraussetzungen für eine funktionierende<br />

Integration von Physiotherapie<br />

in die Primärversorgung:<br />

• Einführung eines anderen Verrechnungsmodus:<br />

Im Rahmen des kassenärztlichen<br />

Vertrages im <strong>SMZ</strong> können nur<br />

bestimmte physioterapeutische Positionen<br />

für Patienten mittels Krankenschein<br />

verrechnet werden. Für unsere Gemeinschaftspraxis<br />

sind diese gebotenen Leistungen<br />

nicht kostendeckend.<br />

• Abschaffung von zusätzlichen Selbstbehalten<br />

- kostenfreier Zugang zur Physiotherapie!<br />

• Eine unmittelbare und effiziente Kooperation<br />

mit den praktischen Ärzten<br />

• Die Wohnortnähe solcher Angebote:<br />

bei SchmerzpatientInnen besonders<br />

wichtig (Autofahren ist z.B. bei einem<br />

akuten Bandscheibenvorfall manchmal<br />

unmöglich oder steigert die Schmerzsymptomatik).<br />

• Niedrigschwellige Physiotherapie, für<br />

alle Versicherten zugänglich und kostenlos<br />

sein sollte: MigrantInnen mit Sprachproblemen<br />

und Menschen, die sich im<br />

Medizinsystem schlechter zurecht finden,<br />

müssen ebenfalls einen Zugang zur Physiotherapie<br />

haben. Dafür müsste aber<br />

auch die Vergütung anders geregelt und<br />

der Selbstbehalt abgeschafft werden!<br />

• Differenzierte Diagnostik: Geschätzte<br />

60% aller Kreuzschmerzen haben einen<br />

psychosomatischen Hintergrund. Dies<br />

gilt auch für andere Beschwerdebilder.<br />

Dies zu erkennen, mit Arzt und Patienten<br />

zu besprechen, wie hier am besten vorzugehen<br />

ist, ist auch eine der Aufgaben<br />

der Physiotherapie.<br />

• Konstanz der behandelnden Personen:<br />

Die jahrelange „Kenntnis“ des Patienten,<br />

seiner Lebenssituation und seines<br />

sozialen Umfeldes ist eine wertvolle Ressource,<br />

nicht nur für den Hausarzt, sondern<br />

auch in der Physiotherapie.<br />

Im Rahmen der allgemeinmedizinischen Praxis können nur wenige Posten der<br />

Physiotherapie verrechnet werden: z. B. über die GKK € 2,46 für Elektrotherapie,<br />

€ 3,92 für Ultraschall und € 2,64 für Mikrowelle. Diagnosestellung, ergonomische<br />

Beratungen und Übungsprogramme werden zum großen Teil als Gratisleistung<br />

des <strong>SMZ</strong> mit angeboten, da sie von Kassen wie z.B. der GKK nicht honoriert werden.<br />

Die Praxisgemeinschaft subventioniert daher zum Teil die Physiotherapie für<br />

die PatientInnen. Dies mag auch ein wichtiger Grund dafür sein, dass das <strong>SMZ</strong>-<br />

Beispiel der Zusammenarbeit bisher eine Ausnahme geblieben ist.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

07


Medizin trifft soziales<br />

Physiotherapie<br />

Es sind sehr viele Patient/Innen, die mit<br />

Problemen des bewegungsapparats zum<br />

praktischen Arzt als Erstanlaufstelle kommen.<br />

»<br />

08


Zukunftsmodell Hausarzt?<br />

Medizin trifft smz soziales aktuell<br />

Zukunftsmodell<br />

Hausarzt?<br />

Inge Zelinka-Roitner<br />

Der Präsident der steirischen Ärztekammer,<br />

Dr. Wolfgang Routil, war im März eingeladen,<br />

um im <strong>SMZ</strong> zu folgenden Themen<br />

Stellung zu nehmen: Zukunft der Allgemeinmedizin<br />

in der Steiermark, ernsthafte Reformvorhaben<br />

in Bezug auf das „Hausarztmodell“,<br />

Ärzteschwund am Land, Hausärzte<br />

als Gate-Keeper für Spitals- und Fachärzte<br />

sowie integrierte Versorgung am Beispiel<br />

des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>.<br />

Hausarzt kein<br />

„Abfallprodukt“<br />

Routil stellte gleich zu Beginn klar, dass in<br />

allen bisherigen Regierungserklärungen<br />

ein Bekenntnis zu einer Aufwertung des<br />

Hausarztes erfolgte, bis dato jedoch noch<br />

nie konkret umgesetzt wurde. Routil: „Der<br />

Hausarzt sollte nicht zum Abfallprodukt<br />

werden, frei nach dem Motto: »wenn sonst<br />

keiner da ist, geh ich halt zum Hausarzt«.“<br />

Mit der Einführung der e-card herrsche eher<br />

der Trend zum „Spitäler-Shopping“: Ambulanzen<br />

würden ohne vorherige Untersuchung<br />

gestürmt.<br />

Integrierte Versorgung<br />

gefordert<br />

Das Hausarztmodell selbst müsse aber<br />

auch umstrukturiert werden, so Routils Forderung<br />

nach mehr Kooperation und Gruppenpraxen.<br />

Problematisch seien hier allerdings<br />

die Verträge mit den Kassen: „Bei uns<br />

gibt es Abschläge, wenn man eine Gruppenpraxis<br />

gründet, in andern Ländern dagegen<br />

finanzielle Anreize!“, so Routil. Eine<br />

integrierte Versorgung sei aber mehr als<br />

der Zusammenschluss von Hausärzten, sie<br />

müsse auch als Drehscheibe für Befunde<br />

mit Speicher- und Verwaltungsaufgaben<br />

fungieren.<br />

Paradigmenwechsel:<br />

weg vom Hausarzt?<br />

Gustav Mittelbach (<strong>SMZ</strong>) kritisierte, dass<br />

„Gesundheitspolitik in der Steiermark immer<br />

Spitalspolitik“ sei. Die Allgemeinmedizin<br />

spiele eine untergeordnete Rolle, was sich<br />

auch daran zeige, dass höchstens 15% der<br />

jungen MedizinstudentInnen AllgemeinmedizinerInnen<br />

werden wollten. Rainer Possert<br />

(<strong>SMZ</strong>) stellte ebenfalls einen Paradigmenwechsel<br />

hin zum facharztbezogenen<br />

System fest. Zudem sei die finanzielle Situation<br />

der Hausärzte in der Stadt um vieles<br />

schlechter als die der Fachärzte und Landärzte.<br />

Possert verwies auf ein Statement<br />

der GKK: „Wir wissen, dass die Leistungen<br />

der Hausärzte in keiner Weise gedeckt<br />

sind!“<br />

Auch Routil bestätigte den „Schwund des<br />

allgemeinmedizinischen Kassenarztes“:<br />

„Die Ärztekammer verzeichnet 5600 Mitglieder<br />

in der Steiermark, davon sind nur<br />

1000 Kassenärzte und von denen 650 Hausärzte<br />

mit Kassenvertrag. Alle anderen sind<br />

Wahlärzte. Die Planstellen für Kassenärzte<br />

sind seit 20 Jahren gleich geblieben, die Patienten<br />

gehen zunehmend zum Wahlarzt!“<br />

Hausarzt noch zeitgemäSS?<br />

In der Diskussion gab Eva Rasky (Institut für<br />

Sozialmedizin, Meduni Graz) zu bedenken,<br />

dass das Hausarztmodell in Österreich veraltet<br />

sei und viele Leistungen, die die Menschen<br />

verlangten, nicht mehr bieten könne.<br />

„Sollte sich nicht auch der Hausarzt an<br />

den Wandel der Zeit anpassen?“ so Rasky.<br />

Und: „auf dem heutigen Niveau kann der<br />

Hausarzt die gewünschten Leistungen nicht<br />

bieten“. Die Ausbildung in diesem Bereich<br />

müsse stark verbessert und z.B. die Professur<br />

für Allgemeinmedizin an der Grazer Uni<br />

wieder etabliert werden.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

09


Zukunftsmodell Hausarzt?<br />

Medizin trifft smz soziales aktuell<br />

Der Hausarzt Michal Wendler kritisierte<br />

ebenfalls, dass es keinen Rahmen für die<br />

Ausbildung von Allgemeinmedizinern gäbe.<br />

Der größte Teil der Ausbildung erfolge noch<br />

immer im Krankenhaus, obwohl die so genannte<br />

„sprechende Medizin“ (Hausarzt,<br />

Psychiater, Kinderarzt) eigene Ausbildungsstätten<br />

brauche. Wendler führte an, dass es<br />

für die Einrichtung einer Lehrpraxis weder<br />

Qualitätskriterien, noch Visitationen oder<br />

ein Mentoren-Programm gäbe. Der Hausarzt<br />

müsse die Ausbildung zum Anleiter sogar<br />

selbst zahlen. Wendler: „Die Ärztekammer<br />

sollte daher vor der eigenen Haustür<br />

kehren, bevor man das Ministerium und die<br />

Kassen bemüht und beschuldigt!“<br />

Rainer Possert betonte die Bedeutung des<br />

Hausarztes für „schwierige“ Patientengruppen:<br />

„Als Hausärzte haben wir eine Versorgungspflicht.<br />

Diese Patienten würden überall<br />

sonst durch den Rost fallen.“<br />

Verweiblichung des<br />

Hausarztes<br />

Die Ärztin Angela Huber bestritt, dass die<br />

Allgemeinmedizin an Bedeutung verloren<br />

habe. Huber: „Man muss jedoch die Verweiblichung<br />

des Medizinberufs berücksichtigen<br />

und bessere Bedingungen für Frauen<br />

schaffen. Wenn man z.B. kleine Kinder hat,<br />

kann man nicht Teilzeit arbeiten, es gibt keine<br />

Job-Sharing-Modelle. Die Ärztekammer<br />

tut in dieser Beziehung nichts.“<br />

ÄK-Präsident Routil spielte den Ball wieder<br />

zurück zu den Krankenkassen und meinte,<br />

diese würden Job-Sharing-Modelle boykottieren,<br />

indem sie dafür Abschläge verlangten.<br />

Medikamentenverordnung<br />

und Pharma-Industrie:<br />

In der Diskussion um die Ökonomisierung<br />

des Gesundheitswesens und die ungleiche<br />

Verteilung von Geldern wies Rasky darauf<br />

hin, dass die Wirksamkeit ökonomischer<br />

Lenkungseffekte im Gesundheitswesen<br />

eine wissenschaftliche Tatsache sei. Markus<br />

Narath (KAGES) verlangte in diesem<br />

Zusammenhang eine bessere Qualitätssicherung<br />

von der Ärztekammer. Narath:<br />

„Wer schaut, dass die Pharma-Industrie<br />

nicht ungerechtfertigt zu viel Geld bekommt?“<br />

Rainer Possert plädierte für eine<br />

ganz rigide Medikamentenverordnung nach<br />

slowenischem Vorbild und wies darauf hin,<br />

dass das <strong>SMZ</strong> liegt bei der Medikamentenverordnung<br />

um 30% unter dem steirischen<br />

Schnitt liege.<br />

Rasky gab noch zu bedenken, dass der international<br />

gute Ruf des österreichischen<br />

Gesundheitssystems allein auf seinem relativ<br />

egalitären Zugangssystem beruhe:<br />

„In Österreich haben wir um 35% höhere<br />

Selbstbehalte als in anderen Ländern.<br />

Österreich schneidet im Vergleich nur deshalb<br />

so gut ab, weil durch das Hausarztsystem<br />

und die Ambulanzen alle Menschen Zugang<br />

zum Gesundheitssystem haben.“<br />

<strong>SMZ</strong> als Vorbild<br />

für Neuorientierung<br />

des Hausarztmodells<br />

Übereinstimmung herrschte bei allen Diskutanten<br />

hinsichtlich der Tatsache, dass<br />

der Hausarzt, der alleine in der Praxis sitzt,<br />

nicht mehr zeitgemäß sei. Es brauche neue<br />

Modelle, Praxisgemeinschaften und Gesundheitszentren<br />

wie das <strong>SMZ</strong>. Im <strong>SMZ</strong><br />

habe auch die psychosomatische Medizin<br />

ihren Platz, was für die Allgemeinmedizin<br />

insgesamt eine große Chance böte.<br />

Gustav Mittelbach: „Alle reden von Kooperation,<br />

aber in der Praxis gibt es überhaupt<br />

keine Verpflichtung dazu. Das <strong>SMZ</strong> ist<br />

mit seiner Kooperation mit der Hauskrankenpflege<br />

an der ökonomischen Realität<br />

gescheitert, die „Overheadkosten“ für Zusammenarbeit,<br />

Fallkonferenzen, Besprechungen<br />

wurden nicht mehr finanziert. Es<br />

gibt offensichtlich kein Interesse daran,<br />

dass Ärzte und Krankenschwestern wirklich<br />

zusammenarbeiten!“<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

11


Medizin trifft soziales<br />

Psychotherapie<br />

Wie leistbar ist<br />

Psychotherapie?<br />

Birgit Paller<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Die Zahl der psychischen Erkrankungen<br />

nimmt zu. Depression, Angstzustände und<br />

Burnout in Zusammenhang mit dem modernen<br />

Arbeitsleben sind nur einige Schlagwörter,<br />

die im Steigen begriffen sind. (vgl.<br />

kleinezeitung.at <strong>2012</strong>) Für die Behandlung<br />

von seelischen Problemen ist Psychotherapie<br />

eine wichtige Hilfestellung. Psychisch<br />

erkrankte Personen, die eine Therapie in<br />

Anspruch nehmen wollen, müssen im Vorhinein<br />

für sich selbst zwei Fragen klären: Wie<br />

viel kostet mich die Therapie und wie lange<br />

muss ich auf einen Termin warten? Die erste<br />

Frage ist für die Betroffenen meist die<br />

Wichtigere. Die Krankenkasse übernimmt<br />

zwar oft einen Teil der Kosten, jedoch für<br />

Mensch mit geringem Einkommen ist dies<br />

zu wenig, und sie können sich die Behandlung<br />

nicht leisten.<br />

Für eine volle Kostenübernahme haben<br />

Personen mit wenig finanziellen Ressourcen<br />

nur zwei Möglichkeiten:<br />

Möglichkeit 1<br />

Die Betroffenen gehen zu Psychotherapeuten,<br />

die dem „Verein für ambulante<br />

psychologischen Psychotherapie<br />

(VAPP)“ oder „Netzwerk Psychotherapie<br />

Steiermark“ angehören.<br />

Laut der Homepage des VAPP haben diese<br />

zwei Vereine einen Vertrag mit der GKK-<br />

Steiermark, mit dem eine für Betroffene kostenlose<br />

ambulante psychotherapeutische<br />

sowie psychosoziale Versorgung gegeben<br />

ist. (vgl. vapp.at). Somit wird auf Krankenschein<br />

die gesamte Therapie bezahlt.<br />

Die Ärzte des <strong>SMZ</strong> sind ausgebildete Therapeuten,<br />

die leider nicht in die Krankenscheinregelung<br />

hineinfallen. Für PatientInnen,<br />

die lieber bei den <strong>SMZ</strong>-Ärzten eine<br />

Therapie machen möchten, heißt das, zu<br />

einem andern Therapeuten wechseln zu<br />

müssen. Im schlimmsten Fall verzichtet der<br />

Patient auf die Therapie, da ein Arztwechsel<br />

für die Person nicht in Frage kommt. Aufgrund<br />

des moralischen Dilemmas des behandelten<br />

Arztes, dieser Person nicht helfen<br />

zu können, weil es für ihn nicht leistbar<br />

war, wurde eine Ausnahmevereinbarung<br />

geschaffen, nämlich, dass der Betroffene<br />

für die Psychotherapiesitzungen weniger<br />

bezahlen muss.<br />

Die Kosten für eine Therapie liegen im<br />

<strong>SMZ</strong> – verglichen mit andern Therapeuten<br />

– aber schon unter dem Durchschnitt.<br />

Für Personen die unbedingt eine Therapie<br />

bei einem der beiden <strong>SMZ</strong>-Ärzte machen<br />

wollen, können nur auf das kulante Entgegenkommen<br />

hoffen oder sie versuchen ihr<br />

„Glück“ in der 2. Möglichkeit.<br />

Möglichkeit 2<br />

Die Betroffenen suchen beim Behindertenreferat<br />

der Stadt Graz um Kostenzuschuss<br />

an. Für dieses Ansuchen müssen sie sich<br />

aber als „behindert“ definieren und zusätzlich<br />

noch eine lange Wartezeit von ca. 6 Monaten<br />

in Kauf nehmen bis sie endlich den<br />

Bescheid bekommen, ob sie den Zuschuss<br />

erhalten. Sich als „behindert“ zu outen, fällt<br />

vielen schwer und wird aus Schamgründen<br />

häufig nicht gemacht.<br />

Die <strong>Info</strong>rmationen über die beiden Möglichkeiten<br />

wurden jeweils von der steirischen<br />

Gebietskrankenkasse und dem Sozialamt<br />

der Stadt Graz telefonisch eingeholt.<br />

Quellen:<br />

Kleinezeitung (<strong>2012</strong>): Steirer liegen bei Invaliditätspension<br />

an der Spitze, http://www.kleinezeitung.at/allgemein/serversuche/index.do?searchText=psychische+<br />

Erkrankungen&von=liraform (25.4.12)<br />

Vapp (<strong>2012</strong>):<br />

http://www.vapp.at/vapp-therapeutinnen/, (26.4.12)<br />

12


»<br />

Psychotherapie<br />

Medizin trifft smz soziales aktuell<br />

zwei Anlaufstellen wären z.B.:<br />

„Verein für ambulante psychologische<br />

Psychotherapie (VAPP)“ oder<br />

„Netzwerk Psychotherapie Steiermark“


Medizin trifft soziales<br />

Turnus im <strong>SMZ</strong><br />

Turnus im <strong>SMZ</strong><br />

Florian Müller<br />

WAS BEDEUTET „TURNUS“?<br />

TURNUS IM <strong>SMZ</strong><br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Unter „Turnus“ versteht man die Ausbildung<br />

zum Allgemeinarzt. Sie beinhaltet insgesamt<br />

36 Ausbildungsmonate auf unterschiedlichen<br />

Stationen (s. Abb.).<br />

Nach dieser 3-jährigen praktischen Ausbildung<br />

folgt eine Theorieprüfung. Damit hat<br />

man das „jus practicandi“ erworben und ist<br />

somit zur selbständigen Berufsausübung<br />

als Arzt für Allgemeinmedizin berechtigt.<br />

Allgemeinmedizin<br />

Chirurgie oder<br />

Chirurgie & Unfallchirurgie<br />

jeweils 2 Monate<br />

Frauenheilkunde und<br />

Geburtshilfe<br />

davon zumindest<br />

2 Monate Geburtshilfe<br />

Haut- und<br />

Geschlechtskrankheiten<br />

Hals- Nasen- und<br />

Ohrenkrankheiten<br />

Innere Medizin<br />

Neurologie oder<br />

Psychiatrie<br />

Kinder- und<br />

Jugendheilkunde<br />

Quelle: Ärztekammer Steiermark<br />

6 Monate<br />

4 Monate<br />

4 Monate<br />

2 Monate<br />

2 Monate<br />

12 Monate<br />

2 Monate<br />

4 Monate<br />

Um meine praktischen Fähigkeiten und die<br />

medizinische Basisausbildung auszubauen<br />

bzw. zu festigen, war es mein erklärtes Ziel,<br />

nach sechs theoriereichen Jahren Medizinstudium<br />

die Turnusausbildung in einer Lehrpraxis<br />

zu beginnen.<br />

Das Fach „Allgemeinmedizin“ interessiert<br />

mich sehr und ich möchte selber irgendwann<br />

selbstständig als Allgemeinarzt im<br />

ländlichen Bereich arbeiten. Aus diesem<br />

Grund ist es mir sehr wichtig, möglichst viel<br />

Erfahrung bei erfahrenen Hausärzten zu<br />

sammeln, und ich bin sehr froh, als Turnusarzt<br />

im <strong>SMZ</strong> mitgearbeitet zu haben.<br />

Das <strong>SMZ</strong> ist nicht nur eine Allgemeinarztpraxis<br />

im herkömmlichen Sinne, sondern<br />

vielmehr eine Institution, die einen großen<br />

Einblick in Familien- und Suchtberatung<br />

sowie in diverse Gesundheitsförderungsprojekte<br />

bietet. Besonders spannend ist<br />

die Patientenvielfalt (von jung bis alt, Menschen<br />

mit unterschiedlichster Herkunft und<br />

Ausbildung, etc.). Ein zusätzlicher positiver<br />

Aspekt ist die Möglichkeit, über die Zeit eine<br />

freundschaftliche Beziehung zu den Patienten,<br />

die ich sowohl in der Ordination als<br />

auch bei Hausbesuchen kennenlernen durfte,<br />

aufzubauen.<br />

Im <strong>SMZ</strong> lerne ich, Patienten - basierend auf<br />

dem biopsychosozialen Gesundheitsmodell<br />

- als gesamten Menschen zu sehen und zu<br />

behandeln. Meine beiden Chefs geben mir<br />

die Gelegenheit als junger Kollege selbstständiges<br />

ärztliches Handeln zu erlernen<br />

und Eigenverantwortung zu übernehmen.<br />

Trotz der großen Entscheidungs- und Handlungsfreiheit<br />

fühle ich mich nie alleingelassen<br />

und überfordert.<br />

14


»<br />

Turnus im <strong>SMZ</strong><br />

Medizin trifft smz soziales aktuell<br />

Im <strong>SMZ</strong> lerne ich, Patienten – basierend auf dem<br />

biopsychosozialen Gesundheitsmodell als gesamten<br />

Menschen zu sehen und zu behandeln.<br />

Anfangs ist die große Herausforderung definitiv,<br />

dass mir die Patienten und deren Vorgeschichten<br />

unbekannt sind und auch keine<br />

„Vorselektionierung“, wie z.B. in der Klinik,<br />

vorhanden ist. Zudem steht in der Ordination<br />

keine umfangreiche Diagnostik, wie im<br />

Krankenhaus zur Verfügung. Somit muss<br />

man mit einer gezielten Anamnese, gründlicher<br />

klinischer Untersuchung und Labor zu<br />

einer Diagnose kommen und eine Therapie<br />

bzw. weitere diagnostische Maßnahmen<br />

einleiten.<br />

Durch Dr. Possert und Dr. Mittelbach lerne<br />

ich, gefährliche Krankheitsverläufe zu erkennen<br />

sowie ein Gefühl zu entwickeln,<br />

akut-behandlungsbedürftige von banalen<br />

Fällen zu unterscheiden. Zudem fördert die<br />

Möglichkeit, dass ich in meinem eigenen<br />

Arztzimmer (vor-) untersuchen, beraten und<br />

auch behandeln kann, nicht nur meine fachliche<br />

Ausbildung, sondern auch meine sozialen<br />

Kompetenzen.<br />

Während der sechs erfahrungsreichen Monaten<br />

habe ich viel Freude für den Arztberuf<br />

entwickelt und ich möchte mich hiermit<br />

beim gesamten <strong>SMZ</strong>-Team, aber auch bei<br />

den vielen lieben Patienten für das Vertrauen<br />

und auch für die herzliche Aufnahme bedanken.<br />

Meine nächste Etappe ist das Marienkrankenhaus<br />

Vorau, wo ich vier Monate<br />

auf der chirurgischen Abteilung tätig bin.<br />

Gut gerüstet und motiviert freue ich mich<br />

auf die nächsten Herausforderungen.<br />

Tätigkeitsprofil<br />

• Allgemeinärztliche Beratung und<br />

Hausbesuche einschließlich Telefonberatung<br />

• Allgemeinärztliche Diagnostik<br />

und Therapie:<br />

- Vorfelddiagnostik<br />

- Anamnese<br />

- Diagnostik samt Einbeziehung des<br />

psychosozialen Umfeldes<br />

- Siebfunktion und Verteilerfunktion<br />

- Grenzen der Kompetenz erkennen und<br />

gezielte Überweisung veranlassen<br />

- Zusammenarbeit mit anderen<br />

Fachärzten<br />

- Abwägen der medizinischen oder<br />

sozialen Notwendigkeit der<br />

Krankenhausbehandlung<br />

- Therapie bzw. symptomorientierte<br />

Soforttherapie<br />

- Patienteninformation, ärztliches<br />

Gespräch, Beratung<br />

• Vorsorgeuntersuchungen<br />

• Gespräche mit Substitutionspatienten<br />

• Telefonate mit Klinik sowie Terminvereinbarung<br />

und Befunde anfordern<br />

• Laborarbeit (Blutabnahme, BZ-Messung etc.)<br />

• Wundversorgung<br />

• Impfungen, Injektionen<br />

<strong>SMZ</strong> INFO dezember 2010<br />

15


Medizin trifft soziales<br />

Fallbeispiel<br />

Erfolgreiche Wege<br />

aus der Sucht…<br />

Interview von Birgit Paller<br />

Das folgende Interview führte unsere Sozialarbeiterin<br />

Birgit Paller mit einem Patienten<br />

von Dr. Possert, der sich von 2008 bis 2010<br />

im <strong>SMZ</strong> in ärztlicher und sozialarbeiterischer<br />

Behandlung befand und sich bereit erklärte,<br />

über seinen persönlich erfolgreichen Weg<br />

aus der Sucht zu berichten, um damit Menschen<br />

in einer ähnlichen Situation eventuell<br />

Auswegmöglichkeiten zu zeigen. Für diese<br />

offene Schilderung möchten wir uns herzlich<br />

bedanken!<br />

Wie lange sind Sie bereits im <strong>SMZ</strong> in Behandlung?<br />

Von 2008 bis Ende 2010 war ich in Substitutionsbehandlung,<br />

es war die 1. und einzige<br />

Substitutionsbehandlung.<br />

Was gab den Anlass eine Substitutionstherapie<br />

zu machen bzw. wieso haben Sie sich genau<br />

für diese Behandlungsform entschieden?<br />

Ich probierte zunächst privat 2 kalte Entzüge,<br />

die ich positiv beenden konnte. Letztendlich<br />

war die Phase der Abstinenz von<br />

begrenzter Dauer und die Abhängigkeit kam<br />

im jeweils gleichem Ausmaß wieder. Ich<br />

spielte immer wieder mit dem Gedanken,<br />

mich in professionelle Behandlung zu begeben.<br />

Das für mich abschreckendste an der<br />

Substitutionsbehandlung war der offizielle<br />

Rahmen – ich wollte meine Abhängigkeit<br />

nicht an die große Glocke hängen, sie nicht<br />

„amtlich“ machen.<br />

Eine stationäre Behandlung ist nicht in Frage<br />

gekommen, da ich meine Abhängigkeit<br />

als nicht sonderlich stark empfunden habe.<br />

Eine stationäre Behandlung hätte nicht nur<br />

eine größere Einschränkungen im Leben<br />

verursacht – sie wäre undenkbar gewesen,<br />

da ich meine Abhängigkeit unter allen Umständen<br />

geheim halten wollte! Bis auf meine<br />

Lebensgefährtin wusste und weiß bis<br />

heute niemand in meinem Umfeld (Familie,<br />

Freunde, Beruf ...) darüber Bescheid.<br />

18<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

»<br />

Ich betrachtete es<br />

wie ein Spiel -<br />

es ist ein bisschen wie pokern.


»<br />

Fallbeispiel<br />

Medizin trifft smz soziales aktuell<br />

Ich arbeite seit über 10 Jahren bei derselbeN Firma –<br />

vor, während und nach meiner Abhängigkeit.<br />

DIe Geheimhaltung hat bis jetzt funktioniert!<br />

Wie lange haben Sie aktiv Drogen konsumiert<br />

und wie kam es zur Abhängigkeit?<br />

Mit 17 hatte ich meinen Erstkonsum mit härteren<br />

Substanzen. Opiate mit 18 Jahren, relativ<br />

lange war mein Konsum überschaubar,<br />

Wochenendkonsum. Die Abhängigkeit<br />

kam erst Jahre später, schleichend.<br />

Zwischendurch bemerkte ich Entzugssymptome:<br />

leichte Schweißausbrüche,<br />

Schlafstörungen, etc. Mit längeren Konsumpausen<br />

konnte ich diese beherrschen,<br />

die Abhängigkeit kontrollieren. Ich betrachtete<br />

es tatsächlich als Spiel - es ist ein bisschen<br />

wie pokern.<br />

Sie gehen jetzt einer Arbeit nach, hatten Sie<br />

auch Arbeit während Sie Drogen genommen<br />

haben?<br />

Ich arbeite seit über 10 Jahren durchgehend<br />

in derselben Firma; vor, während<br />

und nach der Abhängigkeit. Weder mein<br />

Vorgesetzter noch meine Kollegen und Kolleginnen<br />

wussten von meiner Abhängigkeit.<br />

Die Geheimhaltung hat bis heute funktioniert.<br />

Wie war in dieser Zeit auch das Verhältnis zur<br />

Familie und Freunden?<br />

Es ist ein intaktes Verhältnis; auch Familie<br />

und Freunde wussten nichts von meiner<br />

Erkrankung. Meine Lebensgefährtin war<br />

zu der Zeit ebenfalls abhängig und ist auch<br />

heute noch in Behandlung. Selbstverständlich<br />

wusste Sie von Beginn an über meine<br />

Abhängigkeit Bescheid.<br />

Es war sicher schwer es geheim zu halten, da<br />

man oftmals Opiatabhängigkeit durch körperliche<br />

Merkmale sieht, hat niemand z.B. ihre<br />

Mutter Sie auf Ihr Äußeres angesprochen?<br />

Ich glaube nicht, dass sich mein Äußeres<br />

während der Abhängigkeit wesentlich veränderte.<br />

Gelegentlich hat meine Mutter<br />

nachgefragt, ob es mir auch wirklich gut<br />

gehe, wenn ich mal einen „erschöpften“ Eindruck<br />

machte. Als Ausrede behauptete ich,<br />

es sei beruflicher Stress (wobei das manchmal<br />

tatsächlich der Grund dafür war).<br />

Sie hatten einen Rückfall. Wie kam es dazu?<br />

Ich wurde während meiner Behandlung<br />

ausschließlich mit Methadon (orale Einnahme)<br />

substituiert. Zuvor konsumierte ich Medikamente<br />

wie Substitol etc. hauptsächlich<br />

intravenös. Die Umstellung ist nicht zu unterschätzen<br />

und funktioniert nicht von heute<br />

auf morgen – es braucht eine gewisse Anlaufphase,<br />

bis das neue Medikament wirkt,<br />

bis man sich daran gewöhnt hat. Deshalb<br />

hatte ich anfangs gelegentlich Beikonsum,<br />

was ich jedoch persönlich NICHT als Rückfall<br />

werte. Auch mein behandelnder Arzt<br />

hat mir das prophezeit. In der Anfangsphase<br />

musste die Dosis immer wieder erhöht<br />

werden, erst nach 2-3 Monaten konnte ich<br />

mit der Reduktion beginnen. Ich reduzierte<br />

langsam und konstant bis zum erfolgreichen<br />

Behandlungsabschluss.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

17


Medizin trifft soziales<br />

Fallbeispiel<br />

Was braucht es ihrer Meinung nach für<br />

einen Substitutionspatienten um clean zu<br />

werden bzw. zu bleiben?<br />

Da kann ich nur für mich sprechen. Ich hatte<br />

nie Probleme im sozialen Umfeld oder seelische<br />

Erkrankungen und sehe mich nicht<br />

als „typischen“ Patienten. Ich näherte mich<br />

langsam aber konstant der Null, habe mich<br />

nie zu lange auf einem Level „ausgeruht“–<br />

auch nie zu schnell reduziert. Mit Methadon<br />

funktioniert diese Vorgehensweise sehr gut,<br />

ich bestimmte Monat für Monat die Reduktionsdosis<br />

und behandelte mich sozusagen<br />

selbst.<br />

Egal wie gut der Reduktionsvorgang ist,<br />

beim nächsten Rückschlag kommt bei vielen<br />

Abhängigen der Rückfall bzw. der Gedanke<br />

sich einer Substanz zu nähern. Es<br />

gibt Abhängige die wollen gar nicht clean<br />

werden, weil sie ohne Substanz Ihr Leben<br />

nicht meistern können, da sind die Vorraussetzungen<br />

für eine (erfolgreiche) Behandlung<br />

andere.<br />

Möchten Sie noch etwas sagen?<br />

Ich war mit der Behandlung sehr zufrieden<br />

und diesbezüglich ist das <strong>SMZ</strong> eine<br />

tolle und hilfreiche Einrichtung. Ich bin mit<br />

meinem behandelnden Arzt auch persönlich<br />

bestens ausgekommen.<br />

Ich glaube neben dem ehrlichen Willen ist<br />

genügend Zeit die wichtigste Zutat für eine<br />

erfolgreiche Suchtbehandlung. Auch wenn<br />

der Entzug, die Behandlung etwas länger<br />

dauert - man muss sich einfach die Zeit dafür<br />

nehmen.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Die Opiatabhängigkeit ist die am meisten<br />

geächtete Suchtform – ich aber sehe die<br />

Sucht als eine reguläre Krankheit die man<br />

durchaus erfolgreich behandeln kann!<br />

18


Medizin trifft soziales<br />

Pflegeregress<br />

Angehörige bezahlen<br />

wieder für Pflege<br />

Birgit Paller<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Mit 1. November 2008 wurde die Regressforderung<br />

für Familienangehörige in der Sozialhilfe<br />

abgeschafft, steiermarkweit trat sie<br />

jedoch mit 1. Jänner <strong>2012</strong> wieder in Kraft.<br />

In anderen Bundesländern (wie z.B. Oberösterreich)<br />

werden die Angehörigen nicht<br />

zur Kasse gebeten.<br />

Regress bedeutet „angemessene Rückforderung“<br />

und richtet sich an Eltern, deren<br />

Kind bzw. Kinder im Heim leben, bzw. an<br />

alle Kinder, deren Eltern(teile) sich in einem<br />

Pflegeheim befinden. Voraussetzung für<br />

die Zahlungsforderung ist, dass die eigenen<br />

Einkünfte der pflegebedürftigen Person<br />

(Einkommen, Pension, Pflegegeld bzw.<br />

verwertbares Vermögen wie Sparbücher,<br />

Barvermögen, Auto, usw.) für die Deckung<br />

der Heimkosten nicht ausreichen. Für die zu<br />

pflegende Person bleiben insgesamt 7.000<br />

€ „an frei bleibendem Vermögen“ zur privaten<br />

Verfügung übrig.<br />

Ausnahme: Drei-Jahres Frist:<br />

Sollte es innerhalb der letzten drei Jahre zu<br />

Verschenkungen von Häusern oder Sparbüchern<br />

gekommen sein, wird dieses Vermögen<br />

für die Rückforderung herangezogen.<br />

LebensgefährtInnen, Enkelkinder, Großoder<br />

Schwiegereltern sind nicht regresspflichtig.<br />

Für EhegattInnen und eingetragene<br />

LebenspartnerInnen gilt die gesetzliche<br />

Unterhaltspflicht des Allgemeinen<br />

Bürgerlichen Gesetzbuches. Diese wird<br />

vom Gericht festgelegt.<br />

<strong>Info</strong>s zum Pflegeregress<br />

Erst ab einem Nettoeinkommen von 1500 €<br />

sind die Angehörigen 1. Grades verpflichtet,<br />

die Rückforderung an die Sozialhilfeträger<br />

(nach)zuzahlen.<br />

Berechnet wird das monatliche Netto-einkommen<br />

inklusive Weihnachts- und Urlaubsgeld.<br />

Wenn mehrere Kinder unterhaltspflichtig<br />

gegenüber ihren Eltern sind, zahlt jedes einzelne<br />

Kind die von seinem Nettoeinkommen<br />

errechnete Summe. Kein Pflegeregress fällt<br />

für Kinder an, die ohne eigenes Einkommen<br />

sind. Geschwister müssen aber in diesem<br />

Fall nicht die Unterhaltspflicht für sie übernehmen,<br />

die öffentliche Hand gleicht diesen<br />

fehlenden Betrag aus.<br />

Pflegeregress 2007 –<br />

Pflegeregress <strong>2012</strong><br />

Was ist neu?<br />

Im alten Pflegeregressmodell war jedes<br />

Kind für seine Eltern schon ab einem Nettoeinkommen<br />

von 700 € regresspflichtig.<br />

Gleich blieb der Prozentanteil von 4% ab<br />

diesem Mindesteinkommen. Abzugsposten<br />

(z.B. Wohnaufwand, Alimente, ...) wurden<br />

vor dem 1. November 2008 für die<br />

Pflegeregressberechnung herangezogen<br />

und führten bei Zuerkennung zu einem geringeren<br />

Kostenaufwand für die Nachkommen.<br />

Heute werden die Abzugsposten nicht<br />

mehr anerkannt, dafür wurde die Einkommensgrenze<br />

auf 1.499,99 € angehoben<br />

(siehe Tabelle).<br />

Zusätzliche <strong>Info</strong>s<br />

Zuständig für weitere Auskünfte zum Pflegeregress<br />

sind die jeweiligen Bezirkshauptmannschaften<br />

bzw. das Sozialamt Graz<br />

(Referat für Heimkostenzuzahlung) sowie<br />

die Servicestelle des Landes:<br />

Tel 0800/ 201010<br />

(Siehe dazu auch Steirischer Pflegekompass)<br />

20


Pflegeregress<br />

Medizin trifft smz soziales aktuell<br />

Nettoeinkommen in Euro<br />

Regresspflicht<br />

vom Nettoeinkommen<br />

von bis Kind Elternteil<br />

0 1499,99 0% 0%<br />

1500 1599,99 9% 4%<br />

1600 1699,99 9,5% 4,5%<br />

1700 1799,99 10% 5%<br />

1800 1899,99 10,5% 5,5%<br />

1900 1999,99 11% 6%<br />

2000 2099,99 11,5% 6,5%<br />

2100 2199,99 12% 7%<br />

2200 2299,99 12,5% 7,5%<br />

2300 2399,99 13% 8%<br />

2400 2499,99 13,5% 8,5%<br />

2500 2599,99 14% 9%<br />

2600 2699,99 14,5% 9,5%<br />

2700 . 15% 10%<br />

Quellen: der Grazer, Politik Land Steiermark, Steirischer Pflegekompass und Volkshilfe Steiermark.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

21


Gesundheitsförderung<br />

3 Jahre Sta.ges<br />

3 Jahre sta.ges –<br />

ein erfolgreiches<br />

Gesundheitsförderungsprojekt<br />

wurde präsentiert<br />

Inge Zelinka-Roitner<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Das Projekt „sta.ges - Stadtteilgesundheit<br />

für Alle“ wurde vom <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> im Jahr<br />

2007 konzipiert und von November 2008 bis<br />

Dezember 20011 durchgeführt.<br />

Das <strong>SMZ</strong> leistete mit diesem Projekt Pionierarbeit<br />

im Grazer Stadtraum: erstmals<br />

konzentrierte sich die Gesundheitsförderung<br />

auf einen gesamten, sozial benachteiligten<br />

Stadtteil. Eine breite Front an MultiplikatorInnen<br />

aus den verschiedensten<br />

Bereichen konnte zur Mitarbeit aktiviert<br />

werden: die Jugendzentren vor Ort, Pfarren,<br />

Schulen, Polizeidienststellen, Pflegeeinrichtungen,<br />

Sozialamt, Jugendamt und<br />

Wohnungsamt der Stadt Graz, Sportunion,<br />

Kinderbetreuungsverein WIKI, BezirksvorsteherInnen<br />

und SozialarbeiterInnen trafen<br />

sich zunächst zu einer Stadtteilplattform,<br />

um Ressourcen und Probleme im Gebiet zu<br />

definieren.<br />

Darauf aufbauend wurden Stadtteilfeste<br />

durchgeführt, die Bevölkerung zu ihren Ideen<br />

und Wünschen befragt und schließlich -<br />

auf diesen Ideen aufbauend - Gesundheitsförderungsprojekte<br />

geplant und durchgeführt.<br />

Gefördert wurde das Projekt von Land<br />

Steiermark (Gesundheit) und dem Fonds<br />

Gesundes Österreich (FGÖ).<br />

Bei der Abschlusspräsentation des Projektes<br />

konnte auf anschauliche Weise mittels<br />

Kurzreferaten und einer Posterpräsentation<br />

gezeigt werden, was alles erreicht wurde.<br />

Der Obmann des <strong>SMZ</strong>, Dr. Rainer Possert,<br />

stellte im Rahmen der Begrüßung die<br />

ReferentInnen vor und verwies im Besonderen<br />

auf die Anwesenheit der Leiterin des<br />

Fonds Gesundes Österreich (FGÖ), Mag.<br />

Christa Peinhaupt, die sich im Anschluss<br />

an die Präsentationen von den Erfolgen des<br />

Projektes begeistert zeigte und dieses als<br />

beispielgebend für den neuen Schwerpunkt<br />

des FGÖ „Gesundheitsförderung mit vulnerablen<br />

Gruppen“ bezeichnete.<br />

Als Vertreter der Fachabteilung Gesundheit<br />

des Landes Steiermark referierte zunächst<br />

Dr. Thomas Amegah, MPH, über die Bedeutung<br />

projektbezogener Interventionen<br />

für die steirische Gesundheitsförderung.<br />

Mit seiner einleitenden Definition von Gesundheitsförderung<br />

stellte Amegah klar,<br />

dass diese kein Luxusgut sei, sondern Teil<br />

des alltäglichen Handelns werden müsse:<br />

„Gesundheitsförderung ist nicht der<br />

Schlagobers bei der Torte sondern der<br />

Teig“. Man müsse sämtliche Entscheidungen,<br />

Abläufe und Pläne gesundheitsförderlich<br />

neu gestalten und nicht nur zusätzliche<br />

Aktivitäten in Form von kurzfristigen Projekten<br />

anbieten.<br />

Dr. Inge Zelinka-Roitner (Soziologin in<br />

<strong>SMZ</strong>, verantwortlich für den Bereich Gesundheitsförderung)<br />

berichtete dann über<br />

die Projekterfolge und zeigte, was im Sinne<br />

der Nachhaltigkeit über den zeitlichen Rahmen<br />

des Projektes hinaus Bestand haben<br />

wird.<br />

Eine Projektteilnehmerin, Frau Sigrid<br />

Schönfelder, erzählte über ihre persönlichen<br />

Projekterfahrungen. Sie schilderte<br />

die schwierige Situation in ihrer Wohnanlage<br />

am Trattenweg (Bezirk Jakomini):<br />

„Die neuen BewohnerInnen wurden ohne<br />

Deutschkenntnisse und ohne Kenntnis der<br />

Hausordnung ins Wohngebiet gebracht. Es<br />

kam immer wieder zu Problemen (Nachtruhe,<br />

Mülltrennung, etc). HausmeisterInnen<br />

gab es für die Wohngebiete keine. Durch<br />

sta.ges wurden Veranstaltungen (Deeskalationstreffen<br />

etc.) für alle BewohnerInnen<br />

abgehalten, die sich dieser Thematiken annahmen.<br />

Durch den Einsatz des <strong>SMZ</strong> hat<br />

sich Lage am Trattenweg verbessert, die<br />

Menschen grüßen sich wieder und sprechen<br />

Probleme untereinander an.“<br />

Mag. Rainer Rosegger von der Firma<br />

SCAN berichtete über die Ergebnisse der<br />

22


»<br />

3 Jahre Sta.ges Gesundheitsförderung<br />

Gesundheitsförderung ist nicht der<br />

Schlagobers auf der Torte, sondern der Teig.<br />

externen Evaluation des Projektes. Anhand<br />

von Fragebögen konnten die BewohnerInnen<br />

ihr Feedback zu den einzelnen Projekten<br />

abgeben. Bei der Beurteilung der Wirksamkeit<br />

erzielten der Brunch am Grünanger<br />

und das Walken an der Mur die höchsten<br />

Werte. Die durchgeführte Netzwerkanalyse<br />

zeigte deutlich, dass sich das <strong>SMZ</strong> im Zentrum<br />

der beiden Stadtteile Grünanger und<br />

Schönausiedlung befand und mit den „Stakeholdern“<br />

der beiden Gebiete umfangreiche<br />

Beziehungen unterhielt.<br />

IP4<br />

ST6<br />

IP3<br />

85% der befragten BewohnerInnen gaben<br />

an, dass sie durch das Projekt Menschen<br />

kennengelernt hätten. Das Ziel, soziale<br />

Netzwerke als erste gesundheitsfördernde<br />

Maßnahme zu stärken, wurde somit erreicht.<br />

78% gaben an, das sie sich mit Hilfe<br />

des Projektes über Gesundheit informiert<br />

hätten, ebenfalls 78% fühlten sich nun sicherer<br />

im Wohngebiet. 74% gaben an, dass<br />

das Projekt positive Auswirkungen auf ihre<br />

körperliche Gesundheit habe, 70% meinten,<br />

es habe positive Auswirkungen auf ihr Ernährungsverhalten.<br />

In der Diskussionsrunde mit dem Publikum<br />

zeigte sich Gemeinderat Kurt Hohensinner<br />

äußerst beeindruckt von den Erfolgen<br />

des Projektes und stellte die Frage in den<br />

Raum, ob nicht eine Wiedereinführung des<br />

Hausmeister-Systems zur Beruhigung in<br />

Wohnanlagen beitragen könne.<br />

st7<br />

st3<br />

<strong>SMZ</strong><br />

st5<br />

st4<br />

Die Direktorin der Volksschule Schönau,<br />

Mag. Angela Kaltenböck-Luef, bekundete<br />

öffentlich, dass ihre Arbeit durch das Projekt<br />

wesentlich leichter geworden sei und sich<br />

die Eltern ihrer Schulkinder nun im Wohngebiet<br />

wohler und sicherer fühlten. Sie äußerte<br />

die Befürchtung, dass sich mit Beendigung<br />

des Projektes die Lage im Wohngebiet wieder<br />

verschlechtern würde.<br />

Rainer Possert verwies darauf, dass die Arbeit<br />

des <strong>SMZ</strong> ja weiterhin fortgeführt werde<br />

und so eine Kontinuität der Versorgung und<br />

Betreuung bestehe.<br />

IP2<br />

IP1<br />

st2<br />

st1<br />

st8<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

23


Gesundheitsförderung<br />

3 Jahre Sta.ges<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

24


3 Jahre Sta.ges Gesundheitsförderung<br />

Politik & Praxisführung<br />

Medical Tribune • 44. Jahrgang • Nr. 9 • 29. Februar <strong>2012</strong> 19<br />

Gesundheitsförderung in einem benachteiligten Grazer Stadtteil<br />

Projekt „sta.ges“ holte viele ab<br />

GRAZ – Ein besonderes Anliegen des Sozialmedizinischen Zentrums<br />

<strong>Liebenau</strong> im Süden von Graz ist es seit jeher, auch sogenannten<br />

„vulnerablen Gruppen“ eine möglichst optimale<br />

Gesundheitsversorgung anbieten zu können. Da zum Einzugsgebiet<br />

des Zentrums auch städtische Problemgebiete gehören,<br />

wurde im Jahr 2008 das Stadtteilprojekt „sta.ges – Stadtgesundheit<br />

für Alle!“ initiiert, das vor allem sozial schwache und gesundheitlich<br />

benachteiligte Menschen dazu befähigen sollte, mit<br />

ihren gesundheitlichen und sozialen Risiken umgehen zu lernen.<br />

Im Mittelpunkt stand die Förderung von sozialen Netzwerken.<br />

Das Projektgebiet waren zwei<br />

Siedlungen in den Grazer Bezirken<br />

Jakomini und <strong>Liebenau</strong> (Schönausiedlung<br />

und Grünanger), in denen<br />

Studenten des Instituts für<br />

Soziologie auch eine umfangreiche<br />

Sozialraumanalyse durchführten.<br />

Als Kennzeichen des Gebietes<br />

wurden unter anderem ein<br />

überproportional hoher Anteil an<br />

Gemeindewohnungen, geringes<br />

Wohnungseigentum, hoher Anteil<br />

an Alleinerzieherinnen, geringes<br />

Bildungsniveau und Probleme mit<br />

häuslicher Gewalt und Alkohol erhoben.<br />

Festgestellt wurde auch,<br />

dass es in den beiden Siedlungen,<br />

in denen viele Menschen mit Migrationshintergrund<br />

leben, kaum<br />

gemeinschaftliche Netzwerke gibt.<br />

Ressourcen nutzen<br />

und mitgestalten<br />

Explizit<br />

„Das Fehlen sozialer<br />

Beziehungen ist<br />

ein ebenso hohes<br />

Gesundheitsrisiko wie<br />

Zigarettenkonsum,<br />

hoher Blutdruck,<br />

Übergewicht und<br />

Bewegungsmangel.“<br />

Mag. Dr. Inge Zelinka-Roitner<br />

Brunch mit Blutdruckmessen und Blutzuckermessen sowie Walken an der Mur brachte Menschen in Graz zusammen.<br />

Hintergrund des dreijährigen<br />

Projekts, das vom Fonds Gesundes<br />

Österreich und vom Gesundheitsressort<br />

des Landes Steiermark gefördert<br />

wurde, waren sozialmedizinische<br />

Daten, die zeigen, welch<br />

dramatische Auswirkungen der<br />

sozioökonomische Status eines<br />

Menschen auf seine Gesundheit<br />

hat: Männer aus der niedrigsten<br />

Bildungsgruppe haben eine rund<br />

zehn Jahre kürzere Lebenserwartung,<br />

eine 50 Prozent größere<br />

Wahrscheinlichkeit, an Diabetes<br />

zu erkranken, und ein doppelt<br />

so hohes Schlaganfallrisiko wie die<br />

Durchschnittsbevölkerung. Diese<br />

Liste ließe sich noch beliebig fortsetzen.<br />

Als einer der wesentlichsten<br />

Risikofaktoren konnten dabei<br />

mangelnde soziale Vernetzungen<br />

identifiziert werden. „Das<br />

Fehlen sozialer Beziehungen ist<br />

ein ebenso hohes Gesundheitsrisiko<br />

wie Zigarettenkonsum, hoher<br />

Blutdruck, Übergewicht und Bewegungsmangel“,<br />

zitiert Mag. Dr.<br />

Inge Zelinka­Roitner, Soziologin<br />

am <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>, ihren bekannten<br />

Kollegen James House.<br />

„Gerade in benachteiligten Wohngebieten<br />

tragen soziale Netzwerke<br />

mindestens ebenso viel zur Gesundheitsförderung<br />

bei wie die<br />

klassischen Ansätze Bewegung<br />

oder Ernährung.“<br />

Im Motto „... für Alle!“ kommt<br />

schon zum Ausdruck, dass sich die<br />

Initiatoren bewusst gegen zielgruppenspezifische<br />

Projekte entschieden.<br />

Um die Menschen zu erreichen,<br />

wurden Aktivitäten auf zwei<br />

Ebenen gesetzt: Der eine Ansatzpunkt<br />

war, Multiplikatoren, Politiker<br />

und Experten zu mobilisieren,<br />

sie für die Anliegen der Benachteiligten<br />

zu sensibilisieren und ihnen<br />

Erkenntnisse der modernen<br />

Sozialmedizin nahezubringen. Im<br />

Rahmen einer Stadtteilplattform<br />

konnten Jugendzentren, Pfarren,<br />

Schulen, Vereine, Polizeidienststellen,<br />

Ämter und medizinische Einrichtungen<br />

als Projektpartner gewonnen<br />

werden. Die zweite Ebene<br />

galt dem Empowerment der betroffenen<br />

Bevölkerung. Hier war<br />

das Ziel, die direkte Beteiligung der<br />

Menschen an einzelnen Aktivitäten<br />

und Projekten zu fördern und dadurch<br />

verschiedenste Netzwerke<br />

aufzubauen. So wurde ein bisher der<br />

Öffentlichkeit nicht zugängliches<br />

Grundstück mit tatkräftiger Unterstützung<br />

der Anwohner zu einem<br />

„Garten für Alle“ umgestaltet, ein<br />

wöchentlicher Brunch am Grünanger<br />

ins Leben gerufen und ein<br />

Gewinnspiel veranstaltet, in dem<br />

mehr als 100 Teilnehmer ihre Ideen<br />

und Wünsche für den Stadtteil zu<br />

Papier brachten. Bei den regelmäßigen<br />

Stadtteil­ und Schulfesten<br />

wurde nicht nur gefeiert, sondern<br />

auch das Angebot kostenloser Blutdruck­<br />

und Blutzuckermessungen<br />

mit anschließenden Beratungsgesprächen<br />

rege genutzt. Besonders<br />

erfolgreich war auch das Projekt<br />

„Walken an der Mur“, mit dem vor<br />

allem ältere Frauen zu körperlicher<br />

Aktivität motiviert werden konnten.<br />

Schulkinder lernten im Projekt<br />

„Sturz und Fall“ im Rahmen<br />

ihres Turnunterrichts von einem<br />

professionellen Jiu­Jitsu­Trainer,<br />

wie man sich selbst verteidigt. In<br />

sogenannten Deeskalationstreffen<br />

konnten Beteilig te und Multiplikatoren<br />

Probleme im Wohngebiet<br />

direkt diskutieren. Themen waren<br />

z.B. Mülltrennung, Kinder­ und Jugendschutz<br />

oder Nachbarschaftssicherheit.<br />

Beispiele für weitere Aktivitäten<br />

waren ein interkulturelles<br />

Kochprojekt, Musikprojekte, Kreativworkshops<br />

und eine eigene Stadtteilzeitung.<br />

„Die neueste Aktivität dass dadurch das Gemeinschaftsgefühl<br />

und das Wohlbefinden im Jahre begrenzt war, wurde von An-<br />

können. Da das Projekt auf drei<br />

ist das Kindergartenprojekt ,Ganz<br />

früh‘“, ergänzt Dr. Zelinka­Roitner. Wohngebiet deutlich verbessert fang an auch besonderes Augenmerk<br />

auf die Nachhaltigkeit gelegt.<br />

„Hier geht es darum, bei den Eltern, wurde“, so die Soziologin. Zudem<br />

die oft Mig rationshintergrund haben,<br />

ein Bewusstsein für Gesundzinische<br />

Beratungs­ bzw. Anlauf-<br />

sehr viele Netzwerkpartner gibt“,<br />

gelang es, eine mobile sozialmedi-<br />

„Das Wichtigste ist, dass es jetzt<br />

heitsförderung zu entwickeln.“ stelle im Wohngebiet zu schaffen,<br />

die sehr gut angenommen tisch. „Mittlerweile werden ein-<br />

ist Dr. Zelinka­Roitner optimis­<br />

Alles in allem konnten mithilfe<br />

des Projektes „sta.ges“ in den vergangenen<br />

drei Jahren in dem be-<br />

Brunch zeigte sich, dass auch Thewohnern<br />

als laufende Aktivitäten<br />

wurde. Am Beispiel Walken und zelne Projekte von engagierten Benachteiligten<br />

Stadtteil an die 3000 men wie Bewegung und gesunde<br />

Ernährung durch ein Gemein-<br />

<strong>SMZ</strong> in dem Gebiet natürlich wei-<br />

fortgeführt. Außerdem wird das<br />

Kontakte geknüpft werden. „Aus<br />

den Rückmeldungen wissen wir, schaftserlebnis vermittelt werden terhin aktiv bleiben.“ HÖ<br />

Symptomatische Behandlung von:<br />

• Arthrose<br />

• Rheumatoider Arthritis<br />

• Ankylosierender Spondylitis<br />

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ID 3350 02/<strong>2012</strong><br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Fotos: <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

rz_VIM_ins_adlerkuecken_170x216_<strong>2012</strong>.indd 1 17.02.12 10:20<br />

Fachkurzinformation auf Seite 24<br />

25


Gesundheitsförderung<br />

gesuindheit ist Lebensqualität<br />

Gesundheit ist<br />

Lebensqualität –<br />

Feiern auch!<br />

Inge Zelinka-Roitner<br />

Kaum zu glauben: obwohl die Wetterprognosen<br />

auch heuer wieder Regen in <strong>Liebenau</strong><br />

prophezeiten, fand unser alljährliches<br />

Stadtteilfest am Grünanger bereits<br />

zum vierten Mal unter freiem Himmel bei<br />

warmem, sonnigem Wetter statt. Dass unser<br />

Fest zu einer bewährten sommerlichen<br />

Einrichtung geworden ist, zeigen die ständig<br />

steigenden Besucherzahlen: mehr als<br />

150 Menschen genossen das breite Angebot,<br />

das wieder dem Motto gewidmet war,<br />

Gesundheit als umfassendes Konzept zu<br />

verstehen, das vor allem auch Soziales mit<br />

einbezieht und das Wohngebiet als gesundheitsförderliches<br />

Setting begreift. Menschen<br />

unterschiedlichster Herkunft trafen zusammen,<br />

um zu essen, zu spielen, zu plaudern,<br />

Musik zu hören und sich zu informieren.<br />

Um dem Motto „Gesundheit ist Lebensqualität“<br />

gerecht zu werden, durfte natürlich<br />

auch die Musik nicht fehlen: Lothar<br />

Lässer und Sasenko Prolic spielten wieder<br />

aus ihrem bunt gemischten Programm<br />

und konnten einige sogar zum Tanzen motivieren.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Die schon allseits bekannte alkoholfreie<br />

Cocktailbar erfreute sich auch heuer großer<br />

Beliebtheit, gegrillt wurde wieder auf Türkisch<br />

und Österreichisch. Nach einer einleitenden<br />

Vorstellung der SchülerInnen der<br />

Volksschule Schönau stürmten die Kinder<br />

die von WIKI zur Verfügung gestellte Kletterwand<br />

und standen dort bis zum Ende<br />

des Festes Schlange. Aber auch die medizinische<br />

Station mit Ärztin, Physiotherapeutin<br />

und Assistentin war sehr gut besucht:<br />

nach einem Blutdruck- und Blutzuckertest<br />

konnte man sich medizinisch beraten lassen.<br />

Der Kindergarten in der Andersengasse<br />

betreute zum Thema „Spielen mit<br />

Kindern“ eine Station, die den Eltern vermitteln<br />

sollte, wie Spielen zur Entwicklungsförderung<br />

beitragen kann. Gebastelt und gestaltet<br />

wurde mit dem Team von „Lendwirbel“:<br />

Große und Kleine konnten dort kreativ<br />

werden und selbst Taschen nach eigenen<br />

Vorlagen bedrucken.<br />

26


gesuindheit ist Lebensqualität<br />

Gesundheitsförderung<br />

<strong>SMZ</strong> INFO dezember 2010<br />

27


Gesundheitsförderung<br />

Gesunder Garten<br />

Gesunder Garten –<br />

Warum interkulturelle<br />

Nachbarschaftsgärten<br />

gesundheitsfördernd sind<br />

Inge Zelinka-Roitner<br />

Die Blume im Gemeindebau<br />

Sonja Gruber, Soziologin und leidenschaftliche<br />

Gärtnerin, schilderte im Rahmen einer<br />

<strong>SMZ</strong>-Forumsveranstaltung über Gemeinschaftsgärten<br />

im Herbst 2011, wie sie mit<br />

dem Verein „Wirbel“ den ersten gemeinsamen<br />

Garten in einem Wiener Gemeindebau<br />

initiierte. Kooperiert wurde mit der Hausverwaltung<br />

„Wiener Wohnen“, der Garten entstand<br />

in einer Siedlung in Floridsdorf, die in<br />

den 1960er Jahren erbaut worden war und<br />

mit relativ viel Grünraum ausgestattet ist.<br />

Auf der Website des Gemeinschaftsgartens<br />

erfährt man: „Der interkulturelle Nachbarschaftsgarten<br />

Roda-Roda-Gasse verwandelt<br />

das Abstandsgrün eines Wohnbaus in<br />

Wien Floridsdorf in einen vielseitig nutzbaren<br />

Garten. Eine Hälfte des Gartens besteht<br />

aus 25 Beeten für 25 Familien. Aus den 10<br />

bis 15 Quadratmeter großen Parzellen ergibt<br />

sich ein buntes Mosaik unterschiedlicher<br />

Pflanzen. Die Beete liegen an einem<br />

zentralen Weg, der sich in der Mitte zu einem<br />

kleinen Platz mit Wasseranschluss<br />

öffnet. In den individuellen Pflanzstreifen<br />

wachsen Blumen...“<br />

Für den Garten wurde ein eigener Verein<br />

gegründet, es gibt gemeinsam erarbeitete<br />

Gartenregeln und die BenützerInnen bezahlen<br />

einen Mitgliedsbeitrag von € 20,- pro<br />

Jahr. Seit seiner Errichtung im Jahr 2008<br />

wurde der Garten zunächst zweimal pro<br />

Woche durch zwei Personen des Vereins<br />

„Wirbel“ betreut, ab 2010 dann aber in die<br />

Selbstverwaltung der BenützerInnen übergeben.<br />

Die externe Betreuung erfolgte nur<br />

mehr unregelmäßig.<br />

Gemeinsame<br />

Schädlingsbekämpfung<br />

als verbindendes Element<br />

Als GärtnerInnen waren ausschließlich<br />

BewohnerInnen des Gemeindebaus zugelassen,<br />

eine sehr heterogene und multikulturelle<br />

Gruppe. Streit-Themen, die in der<br />

Wohnanlage auftauchten, waren zunächst<br />

auch im Garten präsent. Gruber dazu: „Gemeinsame<br />

Schädlingsbekämpfung war das<br />

verbindende Element. Da gibt es Wissen,<br />

das zu einer Machtumkehr führen kann!“<br />

Wesentliche Aspekte waren für das Betreuungsteam:<br />

• Die Förderung der direkten Kommunikation<br />

untereinander, damit nicht über Vermittler<br />

kommuniziert werden muss<br />

• Nicht nur laute Menschen wahrzunehmen,<br />

sondern auch „die Leisen“ anzuhören<br />

Gruber nennt ein wichtiges Erfolgsrezept<br />

für das Vermeiden unnötiger Konflikte: „Der<br />

02<br />

<strong>SMZ</strong> INFO november 2011


»<br />

Gesunder Garten<br />

Gesundheitsförderung<br />

Die Menschen hatten das Gefühl,<br />

etwas wirklich sinnvolles zu tun!<br />

Garten darf nicht an konfliktbehafteten Orten<br />

in der Siedlung errichtet werden, und<br />

es muss genügend Abstand zu den Wohnungen<br />

vorhanden sein. Außerdem sollte<br />

zumindest ein Drittel der Gartenfläche<br />

Gemeinschaftsfläche sein. Auch Sitzmöglichkeiten<br />

und Schattenspender sind wichtig!“<br />

Hilfreich war, dass die Menschen das<br />

Gefühl hatten, etwas wirklich Sinnvolles zu<br />

tun, da die meisten über sehr wenig Geld<br />

verfügten und das angebaute Gemüse auch<br />

wirklich zur täglichen Ernährung brauchten.<br />

Privates und<br />

Gemeinschaftliches<br />

Konfliktherde ergaben sich aus dem Verhältnis<br />

zwischen Privatem und Gemeinschaftlichem:<br />

Eine Frau brachte z.B. zunächst<br />

einen Sessel mit auf die Gemeinschaftsfläche,<br />

was zunächst allgemeines Wohlwollen<br />

auslöste. Kurz darauf war aber ein Schloss<br />

am Sessel angebracht, wenig später dann<br />

eine versperrte Truhe mit eigenen Gegenständen.<br />

Einige GärtnerInnen versuchten<br />

immer wieder, unbemerkt ihr Beet zu vergrößern.<br />

Auch beim Rasenmähen und der<br />

Müllentsorgung entstehen immer wieder<br />

Konflikte. Wichtig ist allen Beteiligten, das<br />

Gefühl, gerecht behandelt und nicht ausgenutzt<br />

zu werden. Daher war es auch<br />

entscheidend, von Anfang an klarzustellen,<br />

dass auf Gemeinschaftsflächen keine privaten<br />

Ansprüche bestehen.<br />

Gartenkunst im<br />

öffentlichen Raum<br />

Wie aus öffentlichem Gut gemeinschaftlich<br />

gestaltete Flächen werden können, berichtete<br />

Teresa Lukas, ebenfalls Soziologin und<br />

in der Wiener Gebietsbetreuung tätig.<br />

Die Stadtverwaltung hatte BewohnerInnen<br />

der Wolfganggasse in Meidling die Fläche<br />

zwischen Straße und Gehsteig zur Gestaltung<br />

übergeben. Die mittlerweile dreißig<br />

Gartenteile bilden zusammen mit den<br />

Alleebäumen einen großen gemeinsamen<br />

Garten, der nicht mit Nutzpflanzen, sondern<br />

mit Blumen und Sträuchern bepflanzt wurde.<br />

Begleitet wird das Gartenprojekt von der<br />

Gebietsbetreuung Stadterneuerung, der MA<br />

42 (Stadtgartenamt) und dem 12. Bezirk.<br />

Die GärtnerInnen erhielten von KünstlerInnen<br />

Tipps hinsichtlich Farbgestaltung, aber<br />

auch Hinweise, welche Pflanzen welche<br />

Standorte bevorzugen etc. Die Bedingungen:<br />

es dürfen keine Zäune angebracht und<br />

keine Bäume gesetzt werden. So entstand<br />

ein buntes Bild aus sehr verschiedenen<br />

Gärten. Gefeiert wurde mit einem großen<br />

Straßenfest, wofür die Gebietsbetreuung<br />

extra die Straße sperren und alle Autos entfernen<br />

ließ.<br />

Die Rückmeldungen waren durchwegs sehr<br />

positiv, es meldeten sich z.B. auch HausbesitzerInnen,<br />

die meinten, ihre Immobilien<br />

seien durch dieses Projekt aufgewertet worden.<br />

Mittlerweile wurde die Verantwortung<br />

für die „Gärten im Abstandsgrün“ an einen<br />

Verein übergeben.<br />

Garten-Nachbarschaft<br />

Ein weiteres Kooperationsprojekt der Wiener<br />

Gebietsbetreuung mit dem Stadtgartenamt<br />

entstand im „Steinhagegarten“. In dem<br />

öffentlichen Park wurde eine Fläche für eine<br />

private, aber gemeinschaftlich organisierte<br />

Gartennutzung abgezweigt. Die Gebietsbetreuung<br />

entwarf das Konzept, das Gartenamt<br />

finanzierte die Errichtung des Gartens<br />

und legte Beete an. 4000 Haushalte wurden<br />

angeschrieben, ob sie an einem Gartenbeet<br />

interessiert wären, 36 Menschen meldeten<br />

sich daraufhin und 17 Beete wurden letzt-<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

29


Gesundheitsförderung<br />

Gesunder Garten<br />

»<br />

Gemeinschaftsgärten liegen im Trend!<br />

endlich durch eine Verlosung vergeben. 3<br />

Beete gingen an Soziale Einrichtungen Die<br />

Nutzung der Beete ist kostenlos und zunächst<br />

auf zwei Jahre begrenzt.<br />

Die Angst der Kommunalverwaltung und<br />

einiger Anrainer, dass in Gemeinschaftsgären<br />

vieles gestohlen und zerstört würde, hat<br />

sich nicht bewahrheitet, so Teresa Lukas,<br />

der Garten werde von den meisten umliegenden<br />

BewohnerInnen als sehr positiv<br />

wahrgenommen.<br />

Unterstützung der Kommune<br />

In der Diskussion wurde angemerkt, dass<br />

die geschilderten Gartenprojekte offensichtlich<br />

von der Kommune stark unterstützt worden<br />

waren und noch immer die Handschrift<br />

des „roten Wien“ trügen. So gibt es in Wien<br />

z.B. eine eigene Förderstelle für Innenhofbegrünung<br />

sowie riesige „Selbst-Ernte-<br />

Felder“, wo man zu sehr günstigen Bedingungen<br />

zum Teil schon bepflanzte Felder<br />

mieten und ernten kann. Außerdem trägt die<br />

finanzielle Absicherung der Gebietsbetreuung<br />

durch die Stadt Wien zu einer nachhaltigen<br />

Projektentwicklung und Durchführung<br />

in diesem Bereich bei.<br />

Gemeinschaftsgärten<br />

im Trend<br />

Die Bewegung der Gemeinschaftsgärten<br />

kommt ursprünglich aus dem New York der<br />

1970er Jahre. Aber auch in deutschen Städten<br />

wie Berlin gehören solche Gärten schon<br />

länger zum Stadtbild. Die mittlerweile zahlreichen<br />

Wiener Gemeinschaftsgärten kann<br />

man im Netz unter www.gartenpolylog.at<br />

besichtigen. In Graz gibt es unter anderem<br />

den Interkulturellen Landschaftgarten Graz-<br />

West, Kontakt: Ulrike Dietschy,<br />

ulrike.dietschy@aon.at<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

30


Gesunder Garten<br />

Gesundheitsförderung<br />

<strong>SMZ</strong> INFO dezember 2010<br />

05


Gesundheitsförderung<br />

Seniorenverbund <strong>Liebenau</strong><br />

Seniorenverbund <strong>Liebenau</strong><br />

Ina Alic<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Am 2. April hat das <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> wieder<br />

zu einem SeniorInnen-Treffen geladen.<br />

Nach einer einleitenden Zusammenfassung<br />

über die Entstehung der SeniorInnen-<br />

Plattform und die bisherigen und laufenden<br />

Angebote wurde angeregt über zukünftige<br />

Projekte gesprochen. Die Gestaltung des<br />

neuen SeniorInnen-Folders war ein Thema.<br />

Dabei wurde festgestellt, dass es ein umfangreiches<br />

Veranstaltungsprogramm für<br />

SeniorInnen in <strong>Liebenau</strong> gibt. Aus diesem<br />

Grund können im Folder nur Auszüge angekündigt<br />

werden. Sobald der Folder gedruckt<br />

ist, wird er bei den Pfarren Graz Süd, St.<br />

Paul und St. Christoph sowie bei den Pensionistenverbänden<br />

aufgelegt und verteilt.<br />

In der Diskussion über eine nochmalige<br />

Durchführung des Senioren-Gesundheitstages<br />

im <strong>SMZ</strong> wurde angemerkt, dass es<br />

den Senioren lieber wäre, wenn wieder VertreterInnen<br />

des <strong>SMZ</strong> in die einzelnen Verbände<br />

kommen und dort über bestimmte<br />

Gesundheitshemen informieren. Ein Veranstaltungsteilnehmer<br />

regte auch Themen für<br />

Seniorenveranstaltungen im <strong>SMZ</strong> an:<br />

• Patientenverfügung<br />

• Vererben/Verschenken<br />

• Sturzprophylaxe<br />

• Wohnen im Alter<br />

• Hausärzte/Hausbesuche.<br />

Anschließend wurden die regelmäßigen seniorenrelevanten<br />

Projekte des <strong>SMZ</strong> präsentiert:<br />

Brunch am Grünanger:<br />

Der Brunch in der Außenstelle wird seit 2011<br />

jeden Donnerstag von 9.45 bis 12.00 angeboten<br />

(Unkostenbeitrag von 2.- Euro)<br />

und richtet sich sowohl an ältere Menschen<br />

als auch an Kinder, Jugendliche und Erwachsene.<br />

Die Zielgruppe der Außenstelle<br />

am Grünanger soll nicht eingeschränkt werden.<br />

Ziel des Brunchs ist es, soziale Netzwerke<br />

zu schaffen und den nachbarschaftlichen<br />

Austausch zu fördern. Ein weiteres<br />

Angebot am Grünanger ist das jährliche<br />

Stadtteilfest, das heuer am Freitag, dem<br />

1.<strong>Jun</strong>i, ab 16.00 Uhr stattfand<br />

Walken:<br />

„Walken im Park“ mit Arzt und Physiotherapeutin<br />

richtet sich an alle interessierten<br />

Personen. Kleine Mobilisierung- und Dehnungsübungen<br />

sind Teil des Walking-Programms.<br />

Die Walkinggruppe startet montags in der<br />

Andersensgasse 32 von 16:00 bis 17:00<br />

sowie donnerstags im <strong>SMZ</strong> (<strong>Liebenau</strong>er<br />

Hauptstraße 104) von 17:00 bis 18:00.<br />

Gemeinsam statt Einsam:<br />

Über 10 Jahre gibt es das Projekt, in dem<br />

zunächst SchülerInnen des BG/BORG <strong>Liebenau</strong><br />

pflegebedürftige SeniorInnen, die<br />

vom <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> betreut werden, besuchten.<br />

Gespräche und gemeinsame Unternehmungen<br />

bekämpfen nicht nur die Einsamkeit<br />

alter Menschen, sondern schaffen<br />

Verständnis für andere Generationen – und<br />

zwar in beide Richtungen. Seit Herbst 2011<br />

wird das Projekt mit SchülerInnen der HLW<br />

Sozialmanagement durchgeführt.<br />

Die ersten Besuche erfolgen unter Begleitung<br />

der Sozialarbeiterinnen des <strong>SMZ</strong>, koordiniert<br />

wird das Projekt durch die Gesundheitsförderung.<br />

32


Geschichtsbewusstsein schärfen<br />

NS-Symposium<br />

»<br />

Das Vergessen<br />

der Vernichtung ist Teil<br />

der Vernichtung selbst<br />

Inge Zelinka-Roitner<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Mit diesem Zitat von Jean Baudrillard eröffnete<br />

Gustav Mittelbach Anfang November<br />

2011 das Gedenksymposium „Von der NS-<br />

Medizin zur Biopolitik“. Gemeinsam mit der<br />

Medizinischen Universität Graz beschäftigte<br />

sich das <strong>SMZ</strong> mit der Ermordung von Grazer<br />

PatientInnen in der NS-Zeit sowie mit<br />

daraus folgenden aktuellen bioethischen<br />

und gesundheitspolitischen Fragen.<br />

Hochrangige VertreterInnen aus dem Medizin-<br />

und Politikbereich – wie Landesrätin<br />

Dr. Bettina Vollath und der Rektor der Medizinischen<br />

Universität, Josef Smolle – betonten<br />

die Wichtigkeit einer solchen Veranstaltung.<br />

Die Medizin müsse sich – im Sinne<br />

der Psychohygiene – auch mit ihrer dunklen<br />

Geschichte und deren Aufarbeitung beschäftigen.<br />

Smolle bedankte sich ausdrücklich<br />

bei Dr. Mittelbach und Dr. Possert stellvertretend<br />

für das <strong>SMZ</strong>, dass sie ein derart<br />

wichtiges Thema endlich in größerem Format<br />

direkt an der Medizinischen Universität<br />

zur Sprache brachten.<br />

Zur Motivation, ein Gedenksymposium<br />

durchzuführen, erklärte Mittelbach: „In der<br />

Steiermark wurden tausende Menschen unter<br />

dem Deckmantel der Medizin ermordet,<br />

aber es wurde diesbezüglich kein einziger<br />

Prozess geführt.“ Allein der ehemalige Feldhof<br />

(heute LSF) hatte 1500 Opfer zu verzeichnen,<br />

kein Einziger aus diesem Täterkreis<br />

wurde verurteilt.<br />

Gustav Mittelbach und Rainer Possert<br />

schilderten in ihrer Funktion als Lehrbeauftragte<br />

an der Medizinuni ihre Erfahrungen<br />

mit der NS-Thematik: „Die Studenten sind,<br />

was das Thema Medizin in der NS-Zeit betrifft,<br />

sehr wissbegierig und unbefangen.<br />

Allerdings ist erschreckend, wie wenig sie<br />

über dieses Kapitel der Vergangenheit wissen.“<br />

Was erhoffte sich das <strong>SMZ</strong> von der<br />

Veranstaltung? „Wir wollen einerseits den<br />

steirischen Ärzten Mut machen, sich dem<br />

Thema endlich zu stellen. Außerdem entstehen<br />

vielleicht Initiativen wie das Aufstellen<br />

einer Gedenktafel an der Grazer Frauenklinik.“<br />

Um den Eindruck der Tagung auch sinnlich<br />

zu verstärken, spielte Anke Schittenhelm,<br />

Professorin für Violine an der Musikuniversität<br />

Graz, Werke der beiden jüdischen<br />

Komponisten Abel Ehrlich (1915-2003) und<br />

Erwin Schulhoff (1894-1942).<br />

Kindereuthanasie in Graz<br />

Thomas Oelschläger beschäftigte sich in<br />

seinem Vortrag mit der geplanten Ermordung<br />

von Kindern, die als „unwertes Leben“<br />

galten. Die Kinder wurden zunächst<br />

Heilungs- und Therapieversuchen unterzogen,<br />

dahinter standen aber stets Selektionsmechanismen.<br />

Der zweite Vortrag von<br />

Oelschläger widmete sich der Ermordung<br />

von Patienten aus Ostslowenien in der NS-<br />

Zeit. Mit der „Aktion T4“ wurden insgesamt<br />

357 psychiatrische Patienten von einer<br />

ärztlichen Kommission aus der sogenannten<br />

„Untersteiermark“ (Ostslowenien) zur<br />

Vergasung nach Hartheim/ Linz deportiert,<br />

darunter 17 Kinder, das Jüngste gerade<br />

einmal fünf Jahre alt.<br />

Erbkranke und<br />

Ostarbeiterinnen<br />

Im Jänner 1940 wurde die Verordnung zur<br />

„Zwangs-Sterilisation zur Vernichtung erbkranken<br />

Nachwuchses“ erlassen. Gabriele<br />

Czarnowski berichtete in diesem Zusammenhang<br />

von der Praxis der Zwangs-Sterilisationen<br />

und Zwangs-Abtreibungen an der<br />

Grazer Universitäts-Frauenklinik während<br />

der NS-Zeit. Die unfreiwilligen Patientinnen<br />

waren „als erbkrank“ klassifizierte Mädchen<br />

und Zwangsarbeiterinnen. Die Eingriffe waren<br />

meist medizinisch indiziert, eugenische Indikationen<br />

wurden aber auch mit berücksichtigt.<br />

34


NS-Symposium<br />

Geschichtsbewusstsein schärfen<br />

Jede Epoche braucht<br />

Wachsamkeit<br />

Unter diesem Motto kann man die Ausführungen<br />

von Germain Weber, Präsident der<br />

Lebenshilfe Österreich, zusammenfassen.<br />

Weber spannte den historischen Bogen<br />

von den Verbrechen der NS-Medizin hin zu<br />

ethisch bedenklichen medizinischen Vorgansweisen<br />

und der Behandlung von „Behinderten“<br />

bis in die Gegenwart.<br />

„Grauslichkeiten<br />

werden gern verdrängt“<br />

Der Traumaforscher und Psychologe Klaus<br />

Ottomeyer stellte zu Beginn seines Vortrags<br />

fest, dass „die Tendenz bestehe, Grausliches<br />

zu verdrängen.“ Daran sei die immer<br />

noch aktuelle Frage geknüpft: Wie kann es<br />

möglich sein, dass Menschen grausamen<br />

Experimenten und Morden unter dem Deckmantel<br />

der Medizin beiwohnen, ohne etwas<br />

dagegen zu unternehmen?<br />

Einerseits reagierten viele Mitwisser nicht,<br />

da der Arzt Mitglied einer idealisierten Gruppe<br />

war, von der man nicht annahm, dass<br />

sie Mordgelüste hatte, sondern dass sie<br />

aus durchaus rationalen Gründen handelte.<br />

Andererseits gab und gibt es diese unbewusste<br />

menschliche Lust am Töten, wenn<br />

eine gewisse Barriere durchbrochen ist. Es<br />

entstehe ein kollektives Triumphgefühl, ein<br />

Herrenmenschen-Gefühl, so Ottomeyer.<br />

Ärzte als Mörder<br />

Der Psychiater Rainer Danzinger verwies in<br />

seinem Beitrag auf die paradoxe Situation<br />

in der NS-Zeit, dass der Arzt, der ja eigentlich<br />

Leben beschützen und retten sollte,<br />

zum Mörder wurde. Dies gelang nur durch<br />

die gerade von zahlreichen Medizinern internalisierte<br />

Doktrin, dass man zum „Schutz<br />

der Gesundheit des Volkskörpers lebensunwerte<br />

Schädlinge ausmerzen müsse, damit<br />

sie die gesunden nicht ansteckten.“<br />

Eine inhaltliche Zusammenfassung<br />

der Veranstaltung können Sie<br />

unter smz@smz.at anfordern!<br />

<strong>SMZ</strong> INFO dezember 2010<br />

27


Geschichtsbewusstsein schärfen<br />

Das Lager <strong>Liebenau</strong><br />

Das Lager <strong>Liebenau</strong><br />

Inge Zelinka-Roitner<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Überaus großes Interesse bekundete die<br />

Grazer und speziell die <strong>Liebenau</strong>er Bevölkerung<br />

an der Veranstaltung zu den jüdischen<br />

Todesmärschen in der Steiermark, standen<br />

diese doch in enger Verbindung zu einem<br />

dunklen Kapitel der <strong>Liebenau</strong>er Geschichte:<br />

im Jahr 1944 waren ungarische Jüdinnen<br />

und Juden, die man zuvor für den Bau des<br />

sogenannten Südostwalls „verbraucht“ hatte,<br />

nach Graz getrieben worden, wo sie vor<br />

den <strong>Liebenau</strong>er Zwangsarbeiter – Lagern<br />

hausen mussten.<br />

Kritische Auseinandersetzung<br />

mit der Vergangenheit als Basis<br />

für Arbeit mit Menschen<br />

Rainer Possert, Arzt und Obmann des<br />

<strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>, erklärte zu Beginn die Beweggründe<br />

des <strong>SMZ</strong>, eine derartige Veranstaltung<br />

durchzuführen: „Die Auseinandersetzung<br />

mit den nationalsozialistischen<br />

Verbrechen und insbesondere mit den Ergebnissen<br />

des Nürnberger Ärzteprozesses<br />

standen am Beginn unseres Studiums und<br />

förderten unsere kritische Haltung hinsichtlich<br />

des damaligen Medizinsystems. Außerdem<br />

sind wir seit Beginn unserer ärztlichen<br />

und psychotherapeutischen Tätigkeit mit<br />

den Lebensgeschichten von Tätern und<br />

Opfern konfrontiert - wie z.B. Kriegstraumatisierungen<br />

und Naziverbrechen in der<br />

Familie. Seit 30 Jahren arbeiten wir nun in<br />

<strong>Liebenau</strong>, betreiben hier auch Gesundheitsförderung<br />

und engagieren uns für die Barackensiedlung<br />

am Grünanger. In diesem<br />

Zusammenhang ist es uns wichtig, das Gebiet,<br />

in dem wir tätig sind, auch historisch<br />

näher zu beleuchten und die Hintergründe<br />

zu erforschen.“<br />

Possert zitierte anschließend aus einem<br />

Brief eines israelischen Arztes, der im Zuge<br />

der Veranstaltungsankündigung an das<br />

<strong>SMZ</strong> geschrieben hatte: „[…] eine Studienkollegin<br />

aus alten Zeiten hat mir vor einigen<br />

Tagen die Einladung zum Vortrag von Frau<br />

Dr. Eleonore Lappin-Eppel gesendet. Ich<br />

muss gestehen, dass ich das Blatt bestürzt<br />

und entsetzt gelesen habe. Sie können<br />

sich vielleicht meine Gefühle vorstellen, als<br />

Holocaustüberlebender plötzlich zu erfahren,<br />

dass ich Anfang der sechziger Jahre<br />

während 3 Jahren in einem Hochhaus in der<br />

Kasernstraße gewohnt habe, einige Zehnmeter<br />

vom früheren Lager entfernt, wo meine<br />

Glaubensbrüder in den finsteren Jahren<br />

umgebracht wurden. Und ich habe bis heute<br />

nichts davon gewusst. Graz ist für mich ein<br />

Ort von großer Bedeutung und hat in meiner<br />

beruflichen und persönlichen Geschichte<br />

eine wichtige Rolle gespielt. So bin ich<br />

der Stadt verbunden geblieben, habe noch<br />

mehrere alte Freunde und Kollegen und in<br />

den letzten Jahren pflege ich jeden Sommer<br />

2-3 Wochen bei Freunden in Graz zu<br />

verbringen. Ich bedauere sehr, dem Vortrag<br />

nächste Woche nicht beiwohnen zu können<br />

und wäre sehr dankbar, wenn Sie mir eine<br />

Abschrift des Vortrags senden könnten.“<br />

Verbrechen vor der Haustür<br />

Eleonore Lappin-Eppel, derzeit Mitarbeiterin<br />

der Akademie der Wissenschaften in Wien<br />

und des Centrums für jüdische Studien in<br />

Graz, verfolgte mit ihrem Vortrag die Intention,<br />

die Verbrechen rund um die jüdischen<br />

Zwangsarbeiter in der Steiermark in einen<br />

größeren historischen Kontext zu setzen.<br />

Die Verbrechen um 1944 wurden vielfach<br />

als „Endphasen-Verbrechen“ bezeichnet,<br />

eine Beschreibung, die nach Lappin-Eppel<br />

nicht ganz zutreffend ist: bei Hitlerjugend,<br />

Gendarmerie und Volkssturm kam es wohl<br />

zu Gewaltexzessen, die unter anderen Umständen<br />

vermutlich nicht passiert wären. Die<br />

Waffen-SS jedoch war eine wichtige Tätergruppe,<br />

die als eingeschulte Mordtruppe<br />

bereits seit Jahren aktiv war. Neu an dieser<br />

„Endphase“ war, dass der Nationalsozialismus<br />

mit seinen Verbrechen bis vor die<br />

Haustüre der Menschen in der Steiermark<br />

gekommen war.<br />

Dies bestätigte auch eine anwesende Zeitzeugin:<br />

„Mitten im Murfeld war auch ein<br />

Lager. Ich habe mich mit einem jüdischen<br />

Mädchen befreundet und wir haben oft zu-<br />

36


»<br />

Das Lager <strong>Liebenau</strong><br />

Geschichtsbewusstsein schärfen smz aktuell<br />

Es gab auch Mutige Grazer,<br />

die Juden versteckten und ihnen<br />

damit das leben Retten konnten.<br />

Zu den Hintergründen der <strong>Liebenau</strong>er Lager<br />

erklärte Lappin-Eppel: „Ab Herbst 1944<br />

wurde in Österreich am so genannten Südostwall<br />

gebaut. Neben ZivilistInnen und<br />

der Hitlerjugend arbeiten auch jüdische<br />

Zwangsarbeiter mit. Insgesamt waren ca.<br />

80.000 ungarische Jüdinnen und Juden in<br />

der Zeit von November bis Dezember 1944<br />

als billige Arbeitssklaven für die deutsche<br />

Rüstungsindustrie und für die Gauleitung<br />

in Niederdonau und Steiermark ‚verliehen’<br />

worden, die Hälfte von ihnen wurde bereits<br />

auf dem Weg ins KZ deportiert. Die Vernichtungsmaschinerie<br />

in Auschwitz stand zu<br />

diesem Zeitpunkt allerdings schon still und<br />

so wurde der Arbeitseinsatz von Juden dazu<br />

benützt, sie zu vernichten. Viele der insgesamt<br />

rund 8000 Juden, die zum Arbeitseinsatz<br />

in die Steiermark gebracht worden<br />

waren, waren bereits vor ihren unmenschlich<br />

langen Fußmärschen ohne adäquate<br />

Versorgung und Verpflegung in miserabler<br />

körperlicher Verfassung. Die Unterkünfte<br />

und die Verpflegung am Bau taten dann ihr<br />

Übriges: durch Krankheiten und Hunger geschwächt,<br />

wurden die Juden umso brutaler<br />

behandelt, damit man noch Arbeitskraft aus<br />

ihnen ‚herauspressen’ konnte. Den Wachsammen<br />

gespielt. Ein jüdischer Bub aus<br />

dem Lager wurde von Nachbarn versteckt,<br />

später gefunden und vor meinen Augen<br />

erschossen. Dann wurden alle Juden von<br />

einem LKW abgeholt. Diese Bilder beschäftigen<br />

mich bis heute ständig. Und ich möchte<br />

auch wissen, wer diese Jüdinnen und<br />

Juden waren!“ Lappin-Eppel meinte, sie<br />

könne darüber nur Vermutungen anstellen:<br />

Da laut Angabe der Zeitzeugin auch Frauen<br />

und ein Säugling dabei waren, müsse es<br />

sich um Sommerarbeiter gehandelt haben.<br />

Diese seien im Juli in die Lager gekommen<br />

und hätten etwas mehr Bewegungsfreiheit<br />

gehabt.<br />

Die Murauen waren von Bunkern durchzogen,<br />

in denen die Kinder damals spielten. Es<br />

war jedoch schon den Kindern bekannt, dass<br />

man am Grünanger nicht spielen sollte, da<br />

dort das „große Grauen“ herrsche und man<br />

Menschen erschossen habe.<br />

In der Diskussion wurde darauf hingewiesen,<br />

dass es auch im Süden von Graz Mutige<br />

gegeben habe, die Juden versteckt und<br />

ihnen somit das Leben gerettet hätten: der<br />

Bürgermeister von Thondorf z.B. konnte<br />

viele junge Juden retten, indem er sie als<br />

Internatszöglinge ausgab.<br />

Auf die Frage aus dem Publikum, warum<br />

den Helfern nichts passiert sei, erwiderte<br />

Lappin-Eppel, dass in der Endphase die<br />

HelferInnen nicht mehr bestraft, wohl aber<br />

bedroht worden waren, damit sie die versteckten<br />

Juden preisgaben. Für Prozesse<br />

oder Bestrafungsrituale blieb keine Zeit<br />

mehr.<br />

Jüdische Zwangsarbeit<br />

für den „Südostwall“<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

37


Geschichtsbewusstsein schärfen<br />

Das Lager <strong>Liebenau</strong><br />

»<br />

Jene Juden,<br />

die in besonders schlechtem Zustand waren,<br />

wurden zurückgelassen und ermordet.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

mannschafen sagte man zynischerweise<br />

nicht: ‚tötet die Juden!’, sondern: ‚jüdisches<br />

Leben hat keinen Wert, ihr müsst sie einfach<br />

dazu bringen, zu arbeiten!’“<br />

Die Grazer Morde und<br />

das Lager <strong>Liebenau</strong><br />

Anfang April 1945 erreichten die jüdischen<br />

„Arbeitstransporte“ die Grenze von Graz.<br />

Die Juden wurden auf die so genannten<br />

„Ausländerlager“ Andritz, Wetzelsdorf und<br />

<strong>Liebenau</strong> aufgeteilt. In diesen Lagern waren<br />

zuvor osteuropäische Zivilarbeiter und<br />

Kriegsgefangene interniert gewesen, die zur<br />

Zwangsarbeit in der Grazer Rüstungsindustrie<br />

verpflichtet worden waren. Die Juden<br />

mussten bei kühlem, feuchtem Frühlingswetter<br />

vor den Lagern im Freien übernachten,<br />

wurden jedoch von der Lagerküche verpflegt.<br />

Der Aufenthalt in Graz diente dazu,<br />

neue Transporte zusammenzustellen, die<br />

dann in Richtung Obersteiermark in Marsch<br />

gesetzt wurden. Die „Rast“ in Graz wurde<br />

ebenfalls dazu benützt, Selektionen durchzuführen.<br />

Jene Juden, die in besonders<br />

schlechtem Zustand waren, wurden zurückgelassen<br />

und ermordet. Im Wetzelsdorfer<br />

Lager entdeckte man später die Überreste<br />

von 15 ungarischen Juden, man geht aber<br />

davon aus, dass die Zahl der Opfer wesentlich<br />

höher war.<br />

Bereits im Mai 1947 berichteten mehrere<br />

Zeitungen über die Morde in Graz-<strong>Liebenau</strong>.<br />

Im Mai 1947 schrieben die beiden Grazer<br />

Zeitungen Wahrheit und Österreichische<br />

Volksstimme von 150 Opfern. Bei den Exhumierungen<br />

im Mai wurden 30 Leichen<br />

entdeckt, bis <strong>Jun</strong>i hatte man insgesamt 53<br />

Opfer gefunden, darunter auch die Leichen<br />

von drei Säuglingen. Der Zuständige für die<br />

Grazer Ausländerlager, Nikolaus Pichler,<br />

und der Leiter des Lagers Graz-<strong>Liebenau</strong>,<br />

Alois Frühwirth, hatten bei dem Verfahren<br />

der britischen Militärregierung angegeben,<br />

es hätte Fleckfieberverdacht unter den Gefangenen<br />

gegeben, daher hatte man die<br />

Erschöpften und Kranken erschossen. Es<br />

wurde jedoch im Rahmen des Verfahrens<br />

bekannt, dass das Lager <strong>Liebenau</strong> über<br />

genügend Medikamente verfügte, Pichler<br />

jedoch verboten hatte, diese den Juden zu<br />

verabreichen. Er forderte dagegen den Sanitäter<br />

des Lagers, Hans Fugger, dazu auf,<br />

die Kranken mittels Morphiumspritzen zu liquidieren.<br />

Dieser weigerte sich jedoch und<br />

so wurden die Erschöpften und Ausgehungerten<br />

durch Mordkommandos des Werkschutzes<br />

in mehreren Aktionen erschossen.<br />

Pichler und Frühwirth führten ein Terrorregime<br />

im Lager <strong>Liebenau</strong>: Obwohl die Lagerbaracken<br />

leer standen, mussten die Juden<br />

vor den Lagern übernachten und wurden<br />

bei einem Versuch, Decken aus einer Baracke<br />

zu holen, wegen Plünderung erschossen.<br />

Die tägliche Verpflegung bestand aus<br />

wässriger Suppe und einer Scheibe Brot.<br />

Frühwirth und Pichler wurden im September<br />

1947 wegen Mordes zum Tod durch den<br />

Strang verurteilt.<br />

Die <strong>Liebenau</strong>er Prozesse stießen auf sehr<br />

großes Interesse auf Seiten der Bevölkerung,<br />

vor allem viele Gegner des NS-Regimes<br />

befanden sich im Publikum. Die eigentlichen<br />

Befehlsgeber, die hinter Pichler<br />

und Frühwirth standen, wurden jedoch nie<br />

vor Gericht gestellt!<br />

Wie viele Opfer nun tatsächlich im Lager<br />

<strong>Liebenau</strong> erschossen worden waren, kann<br />

man heute nicht mehr genau nachvollziehen.<br />

Die Briten gingen zwar bei der Exhumierung<br />

sehr sorgfältig vor, es könnte allerdings<br />

sein, dass ihnen die erste Zahl der<br />

Entdeckten bereits für eine Verurteilungen<br />

reichte. Die Grazer Zeitschrift „Wahrheit“<br />

sah sich als Aufdecker-Zeitung der NS-<br />

Verbrechen und schrieb von 150 Opfern in<br />

<strong>Liebenau</strong>, war jedoch in der Angabe ihrer<br />

Zahlen nicht immer ganz seriös.<br />

Auf die Frage aus dem Publikum, ob die<br />

aufklärerischen Zeitungen ebenfalls Quellen<br />

für ihre Zahlenangaben nannten, antwortete<br />

Lappin-Eppel, dass lediglich Menschen<br />

befragt worden waren, die die Massaker<br />

beobachtet hatten. Wahrscheinlich<br />

ist auch, dass die Reporter mit Bestattern<br />

gesprochen hatten.<br />

Gustav Mittelbach wies darauf hin, dass es<br />

ziemlich genaue Zahlen darüber gab, wie<br />

38


viele Juden in Graz angekommen waren<br />

und wie viele Graz wieder verlassen hatten.<br />

Außerdem wollte er noch wissen, was<br />

mit den Gräbern all jener Zwangsarbeitern<br />

passiert war, die zahlenmäßig gleich viele<br />

waren wie die gesamte <strong>Liebenau</strong>er Bevölkerung.<br />

Laut <strong>Info</strong>rmation aus dem Publikum<br />

waren diese alle registriert und am Zentralfriedhof<br />

in Massengräbern begraben worden.<br />

Auch in den Spitälern hatte es eine eigene<br />

„Ostarbeiter-Abteilung“ gegeben.<br />

Die Prozesse<br />

Die Prozesse nach Kriegsende wurden<br />

durch die Tatsache begünstigt, dass aufgrund<br />

der Rückzugsmärsche sehr viele<br />

Menschen auf den Straßen unterwegs waren<br />

und man so zahlreiche Zeugen für die<br />

Morde an Juden finden konnte.<br />

Die britische Militärregierung führte Musterprozesse<br />

durch, wo man zwar die Rechte<br />

der Angeklagten wahrte und Lektionen in<br />

Demokratie erteilte, jedoch wesentlich rigidere<br />

Urteile verhängte als in den österreichischen<br />

Volksgerichten. So wurden z.B.<br />

fünf Kreisleiter zum Tode verurteilt.<br />

Auf die Frage, ob es auch Prozesse gegen<br />

die Waffen-SS-ler gegeben hatte, wies Lappin-Eppel<br />

darauf hin, dass diese auf ihrem<br />

Durchzug durch die Steiermark kaum gesehen<br />

worden waren und man sie ja auch<br />

nicht kannte. Auch die britische Militärregierung<br />

hatte sich nur für die Österreicher interessiert.<br />

Etliche holländische Waffen-SS-ler<br />

konnten dadurch entkommen.<br />

„Kein Klima der<br />

Aufklärung in Österreich“<br />

Rainer Possert wies darauf hin, dass in <strong>Liebenau</strong><br />

bis heute nicht über die Prozesse<br />

und die Leichen gesprochen werde. Wenn<br />

er ältere Patienten dazu befrage, herrsche<br />

Schweigen. Lappin-Eppel bestätigte dies<br />

und verwies auch auf das bemerkenswerte<br />

Schweigen der Retter und Helfer. Die Briten<br />

hätten z.B. auch Überlebende der Zwangsmärsche<br />

befragen wollen, doch diese hatten<br />

versucht, auf dem schnellsten Weg aus<br />

Österreich wegzukommen und in die USA<br />

oder nach Israel auszuwandern. Sie wollten<br />

keine Zeit mehr für Prozesse vergeuden.<br />

Eine Zeitzeugin, die damals in <strong>Liebenau</strong><br />

an der Mur lebte, berichtete, dass auch in<br />

der Dr. Renner-Schule niemals die aktuelle<br />

Geschichte angesprochen worden war. Die<br />

Lehrer waren zum Großteil noch Nazis, die<br />

sie als blondes und blauäugiges Mädchen<br />

wegen ihres „arischen Aussehens“ lobten.<br />

Über die NS-Zeit sei sie erst in England aufgeklärt<br />

worden, wo man ihr nicht glauben<br />

wollte, dass sie von nichts gewusst habe.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

39


smz aktuell<br />

Betriebliche gesundheitsförderung Bei Magna<br />

<strong>SMZ</strong> trifft<br />

Arbeiterbetriebsrat<br />

von Magna Powertrain:<br />

Ina Alic<br />

Das <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> führt seit 2010 betriebliche<br />

Sozialarbeit bei Magna Powertrain in<br />

Lannach, Ilz und Albersdorf durch. Eine Sozialarbeiterin<br />

des <strong>SMZ</strong> ist wöchentlich zwei<br />

Stunden vor Ort, um MitarbeiterInnen in verschiedensten<br />

Belangen zu beraten.<br />

Am 29. Februar hatten wir die Möglichkeit,<br />

das Werk Magna Powertrain Lannach bei<br />

einer Führung durch den Arbeiterbetriebsrat<br />

Hr. Planinschitsch kennenzulernen.<br />

Der Weg durch die verschiedenen Werkshallen<br />

ist für einen Laien ein sehr beeindruckender.<br />

Mit rutschfesten Schuhen und<br />

Schutzbrille ausgestattet, wagten wir es.<br />

Man kann nur sagen, Technik am höchsten<br />

Stand, aber auch extrem laut und heiß! Man<br />

darf sich auch nur auf bestimmten Wegen,<br />

die speziell gekennzeichnet sind, fortbewegen.<br />

Trotzdem muss man immer auf der<br />

Hut sein, dass nicht ein Staplerfahrer in die<br />

Quere kommt.<br />

Walter Planinschitsch hat uns eindrucksvoll<br />

die unterschiedlichsten Arbeitsabläufe geschildert.<br />

Bei einer so durchaus großen Belastung<br />

der MitarbeiterInnen versteht man,<br />

dass Magna auf betriebliche Gesundheitsförderung<br />

sehr großen Wert legt.<br />

Ein anderer Aspekt für das Wohlbefinden<br />

der Mitarbeiter am Arbeitsplatz zu sorgen,<br />

was wiederum zur Zufriedenheit und Gesundheit<br />

beiträgt, ist im Fall von Magna<br />

Powertrain Lannach ein einsatzfreudiger,<br />

engagierter Arbeiterbetriebsrat.<br />

Neben Veranstaltungen, die auch in anderen<br />

Unternehmen teilweise zum Standard<br />

gehören dürften, wie jährlich stattfindende<br />

Familienwandertage, Familienausflüge, Abteilungsausflüge,<br />

Lehrlingsausflüge, Sportvereinsveranstaltungen<br />

und natürlich Weihnachtsfeiern,<br />

gibt es für die ArbeiterInnen<br />

auch noch ein ganz anderes Service:<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

+ Zweimal pro Jahr kommt das Finanzamt für Beratungen ins Haus.<br />

+ Einmal pro Woche ist ein Bankberater vor Ort.<br />

+ Verschiedenste Arten von Anträgen erledigt der Betriebsrat<br />

(z.B. Pensionsanträge, Kur-und Pflegefreistellungsanträge, usw.)<br />

+ Beratung und Vereinbarungen zur Elternteilzeit.<br />

+ Schuldnerberatung vor Ort.<br />

+ Hilfestellung bei persönlichen Problemen wie z.B.<br />

Familiäre, gesundheitliche oder sogar Suchtprobleme<br />

+ Erhöhte Pendlerbeihilfe für MitarbeiterInnen wurde ausverhandelt<br />

+ Geschenke (im Jahr 2011 Soft-Shell Jacken) an MitarbeiterInnen<br />

für den besonderen Einsatz in arbeitsintensiven Zeiten.<br />

40


Weiters gibt es für Mitarbeiter (Stammpersonal<br />

und Leihmitarbeiter) ab einer dreimonatigen<br />

Betriebszugehörigkeit verschiedenste<br />

finanzielle Leistungen aus dem Betriebsratsfond<br />

z.B.:<br />

+ Sehbehelf alle 24 Monate<br />

+ Heilmittel/Heilbehelfe<br />

alle 18 Monate<br />

+ Impfung einmal jährlich<br />

(Zecken-und Grippe)<br />

+ Heiratszuwendung<br />

+ Kuraufenthalt/Woche<br />

+ Auszeichnung bei<br />

Lehrabschlussprüfung<br />

+ Studienbeihilfe für Mitarbeiter und<br />

deren Kinder nach Beendigung<br />

des abgeschlossenen Semesters<br />

+ Kinderferienaktion oder Kindererholungszuschuss/Woche<br />

+ Weihnachtsgutscheine für Kinder<br />

+ Grundwehrdienst<br />

+ Gesamte Autobuskosten bei<br />

Veranstaltungen des BR<br />

+ Gutschein bei Dienstjubiläum<br />

Neben betrieblicher Gesundheitsvorsorge<br />

bedingt das Engagement des Betriebsrates<br />

zufriedene Mitarbeiter.<br />

Mit Stolz kann das <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> darauf<br />

hinweisen, Kooperationspartner von Magna<br />

Powertrain zu sein.


smz aktuell<br />

Erfahrungsbericht<br />

Meine persönlicheN<br />

ErfahrungEN<br />

bei Magna<br />

Birgit Paller<br />

Vorgeschichte<br />

Bereits seit Juli 2010 bietet das <strong>SMZ</strong> betriebliche<br />

Sozialarbeit bei Magna Powertrain<br />

AG & Co KG an. Ich bin seit September des<br />

letzten Jahres als Sozialarbeiterin im <strong>SMZ</strong><br />

tätig und führe daher an den drei Standorten<br />

Lannach, Ilz und Albersdorf jeden Mittwoch<br />

persönliche Beratungen im jeweiligen<br />

Arztzimmer durch. Die Anonymität der KlientInnen<br />

ist dabei oberste Priorität.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Betriebliche Sozialarbeit vor Ort zu leisten<br />

empfinde ich als eine sehr herausfordernde,<br />

interessante und auch ehrenvolle Tätigkeit.<br />

Grundsätzlich ist der Begriff der betrieblichen<br />

Sozialarbeit kein neuer, jedoch steckt<br />

die Umsetzung für die Implementierung<br />

dieses Angebotes noch in den Kinderschuhen.<br />

Das Bewusstsein muss noch stärker<br />

geschaffen werden, Sozialarbeit in einem<br />

Betrieb zu integrieren, um den MitarbeiterInnen<br />

die Möglichkeit zu geben, sich bei beruflichen<br />

und auch privaten Schwierigkeiten<br />

vor Ort Unterstützung zu holen. So kann auf<br />

die Anliegen schnell reagiert und Probleme<br />

früh abgefedert werden. Wie auch Schulsozialarbeit<br />

für SchülerInnen immer stärker<br />

zum Einsatz kommt, sollte auch betriebliche<br />

Sozialarbeit in der Berufswelt greifbar sein.<br />

Meine Eindrücke &<br />

Erfahrungen<br />

Nach meinen nunmehr siebenmonatigen<br />

Erfahrungen kann ich rückblickend sagen,<br />

dass mich die MitarbeiterInnen mit den unterschiedlichsten<br />

Anliegen aufgesucht haben:<br />

Familienberatung, Psychische Probleme,<br />

Finanzielle Angelegenheiten, Sucht,<br />

Sozialrechtliche Fragen, Pflege/Rehabilitation,<br />

Angehörige (inkl. Magna-MitarbeiterInnen)<br />

und Burn-Out.<br />

Vor allem zu den Themen Familie und Burn-<br />

Out wird Rat und Unterstützung benötigt.<br />

In Bezug auf die Arbeit werden besonders<br />

die Belastungen bei der Schichtarbeit,<br />

schlechtes Betriebsklima und Konkurrenz<br />

unter den KollegInnen, steigender Arbeitsdruck<br />

und damit verbundene Gefährdung in<br />

Richtung Burn-Out thematisiert. Bei den gesundheitsbezogenen<br />

Belastungen wird als<br />

häufiges Symptom Schlafstörung genannt.<br />

Burn-Out wird medial auch immer mehr an<br />

die Öffentlichkeit herangetragen. Magna Powertrain<br />

hat gemeinsam mit den Ärzten des<br />

<strong>SMZ</strong> zur Erkennung sowie der Behandlung<br />

der Krankheit Hilfsmaßnahmen gesetzt.<br />

42


Ein Burn-Out-Test in einer Kurz- und Langversion<br />

soll klären, wie gefährdet die Testperson<br />

ist. Getestet werden dabei Belastung<br />

und Ressourcen. Besonders die Erholung –<br />

vor allem im Sinn von „zu Hause abschalten<br />

können“ – wird oftmals von den Mitarbeitern<br />

als schwierig bezeichnet, unabhängig davon,<br />

ob sie an Burn-out leiden oder nicht.<br />

Mit dem nicht „Abschalten können“ wird<br />

auch oftmals der Schlafrhythmus der Betroffenen<br />

gestört, und sie gehen übermüdet in<br />

ihre Arbeit. Trotz solcher Schilderungen der<br />

Mitarbeiter habe ich den Eindruck erhalten,<br />

dass ihnen ihre Arbeit bei Magna wichtig ist.<br />

Eine weitere Erkenntnis habe ich durch die<br />

Beratungen gewonnen: das Beratungssetting,<br />

der geschützte Raum, in dem sie sich<br />

öffnen können, und die Anonymität sind<br />

zentrale Punkte, die den MitarbeiterInnen<br />

wichtig sind. Bezugnehmend auf die Anonymität<br />

ist noch zu sagen, dass die Erstkontakte<br />

vorwiegend telefonisch zustande<br />

kommen.<br />

Ich hoffe, dass unser niederschwelliges Angebot<br />

an medizinischen, therapeutischen<br />

und/oder psychosozialen Hilfestellungen<br />

vor Ort bzw. telefonisch auch in Zukunft<br />

weiter von den Manga MitarbeiterInnen angenommen<br />

wird!<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

43


smz aktuell<br />

unsere<br />

mitarbeiterinnen stellen sich vor<br />

Rosa Bruckenberger<br />

Turnusärztin<br />

INA ALIC<br />

Sozialarbeiterin im <strong>SMZ</strong><br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Ich habe im November 2011 das Medizinstudium<br />

an der Medizinischen Universität<br />

Graz abgeschlossen und bin seit Mitte April<br />

im <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong> als Turnusärztin tätig.<br />

Zwischenzeitlich konnte ich während meiner<br />

ersten Turnusstelle im Rehazentrum<br />

Tobelbad auf den Amputations- und Querschnittsstationen<br />

Erfahrungen sammeln,<br />

welche mich sehr bereicherten.<br />

Durch meine mehrjährige Tätigkeit als Rettungssanitäterin<br />

habe ich einen kleinen Einblick<br />

in das Graz mit all seinen Schattenseiten<br />

– Armut, Sucht usw. – bekommen, denen<br />

man im Alltag nicht so leicht begegnet.<br />

Im <strong>SMZ</strong> wird auch denjenigen Menschen,<br />

die nicht so leicht zu einer adäquaten Versorgung<br />

kommen, durch vielfältige Angebote<br />

geholfen. Ich freue mich sehr, ein Teil<br />

dieser so einzigartigen interdisziplinären<br />

Einrichtung zu sein. Ich bekomme täglich<br />

Einblick in die unterschiedlichsten Bereiche,<br />

in der allgemeinmedizinischen Praxis, bei<br />

den Hausbesuchen und im Seniorenheim.<br />

Diese Erfahrungen werden sowohl für meine<br />

weitere medizinische Ausbildung, als<br />

auch für mich privat sehr wertvoll sein.<br />

Ich zähle seit Februar <strong>2012</strong> zum kleinen,<br />

aber feinen Team des <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong>. In<br />

dieser Ausgabe des <strong>SMZ</strong> <strong>Info</strong>s darf ich mich<br />

Ihnen nun vorstellen.<br />

Mein Abschluss, damals noch an der Akademie<br />

für soziale Arbeit im <strong>Jun</strong>i 1998, ist<br />

schon einige Zeit her. Im September desselben<br />

Jahres begann ich mit meiner Arbeit als<br />

Sozialarbeiterin in der Justizanstalt Graz-<br />

Jakomini. In dieser Zeit konnte ich wertvolle<br />

Erfahrungen sammeln, die mich in meiner<br />

Arbeit als Sozialarbeiterin geprägt haben<br />

2004 entschloss ich mich, ganz bei meinen<br />

beiden Kindern zuhause zu bleiben. Ich<br />

habe für einige Jahre die Kindererziehung<br />

und das Haushaltsmanagement übernommen.<br />

Nun bin ich voller Tatendrang und freue<br />

mich auf die neuen Aufgaben und Herausforderungen,<br />

die das Berufsleben mit sich<br />

bringen.<br />

Falls Sie Fragen haben, Hilfe und Unterstützung<br />

brauchen, bin ich gerne für Sie<br />

da und werde mit Ihnen gemeinsam eine<br />

Lösung suchen.<br />

44


smz <strong>SMZ</strong> aktuell AKTUELL<br />

Michelle Grundmann<br />

Praktikantin<br />

Kerstin Schweighofer<br />

Praktikantin<br />

Ich bin Kerstin Schweighofer, 17 Jahre alt<br />

und spiele in meiner Freizeit gerne Fußball<br />

im SV Strassgang. Ich besuche derzeit die<br />

HLW Sozialmanagement der Caritas. Im<br />

Rahmen des „unterjährigen Praktikums“ in<br />

der dritten Klasse habe ich im <strong>SMZ</strong> <strong>Liebenau</strong><br />

das Projekt „Gemeinsam statt Einsam“<br />

betreut.<br />

In diesem Projekt geht es darum, mit älteren<br />

einsamen Personen im Bezirk etwas zu unternehmen<br />

und ihren Alltag „aufzufrischen“.<br />

Durch die regelmäßigen Besuche lernt man<br />

sich von Mal zu Mal besser kennen und erfährt<br />

vieles über die jeweils andere Generation.<br />

Mir hat das Projekt großen Spaß gemacht<br />

und auch in meiner persönlichen Entwicklung<br />

sehr weiter geholfen. Ich bin nicht<br />

nur selbstständiger, offener und selbstbewusster<br />

geworden, ich habe auch noch viele<br />

neue, interessante Personen kennengelernt<br />

und einiges über die frühere Zeit gelernt.<br />

Und auch die TeilnehmerInnen haben rückgemeldet,<br />

dass ihnen das Projekt sehr gut<br />

gefallen hat, und sie auch nächstes Jahr<br />

gerne wieder dabei seien. Sie sagten, es<br />

wäre gut wieder einen Hauch von Jugend<br />

im Haus zu haben, und dass jemand da ist,<br />

mit dem man sich gut unterhalten kann.<br />

Für meine Zukunft habe ich noch keine<br />

konkreten Pläne. Vorerst steht die Matura<br />

an oberster Stelle. Danach würde mich der<br />

medizinische Bereich interessieren, doch<br />

wo genau es mich hin verschlägt, wird sich<br />

zeigen.<br />

Ich bin 18 Jahre alt und aufgewachsen in<br />

Studenzen, wo ich auch jetzt noch wohne.<br />

Meine Familie ist mir besonders wichtig,<br />

von ihr bekomme ich Rückhalt und gute<br />

Ratschläge, wenn ich vom richtigen Weg<br />

abkomme.<br />

Derzeit besuche ich die Caritas HLW für<br />

Sozialmanagement in Graz, wo ich in die<br />

3.Klasse gehe. Diese Schule hat mir gezeigt,<br />

wie wichtig es ist, dass man für andere<br />

Menschen da ist, denn jeder Mensch<br />

braucht in seinem Leben einmal Hilfe.<br />

Nach meiner Schule möchte ich Psychologie<br />

studieren und danach meine Ausbildung<br />

mit meinem Hobby- den Pferden- kombinieren.<br />

Ich merke es selbst an mir, dass mir<br />

mein Pferd hilft, wenn es mir schlecht geht<br />

und mich wieder aufmuntert. Ich liebe es,<br />

in der Natur zu reiten, ohne jeglichen Lärm<br />

oder andere Gedanken. Den Rest meiner<br />

Freizeit verbringe ich mit Freunden.<br />

Eine meiner guten Eigenschaften ist, dass<br />

sich jeder auf mich verlassen kann. Wenn<br />

ich etwas sage, halte ich mein Wort und<br />

jeder kann zu mir kommen, wenn er Probleme<br />

hat. Es macht mir Freude, Personen<br />

zu helfen und ihnen Ratschläge zu geben.<br />

Ich lege viel Wert auf Pünktlichkeit und<br />

Verlässlichkeit, darum habe ich in meinem<br />

Umfeld nur mit Personen zu tun, die diese<br />

zwei Dinge aufweisen, denn sonst würde<br />

mein Weg nur unnötig erschwert werden.<br />

So wie jeder Mensch, habe ich auch einige<br />

schlechte Eigenschaften. An einer arbeite<br />

ich gerade, nämlich an meiner Geduld.<br />

Überall im Leben braucht man Geduld, nur<br />

meist gebe ich zu schnell auf oder kann es<br />

nicht erwarten. Seitdem ich daran arbeite,<br />

sehe ich schon einige Fortschritte, die ich<br />

gemacht habe.<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

45


smz aktuell<br />

Unsere MitarbeiterInnen...<br />

Ein Abschied mit weinendem Auge!<br />

Im Februar <strong>2012</strong> verließ uns<br />

unsere langjährige Mitarbeiterin,<br />

Diplomsozialarbeiterin<br />

Heike Gremsl, um sich in ihrer näheren<br />

Wohnumgebung in Weiz beruflich niederzulassen.<br />

Als zentraler Bestandteil unseres<br />

Teams wirkte sie durch ihre ruhige,<br />

kompetente Art nicht selten als zentraler<br />

Bestandteil unseres Teams. Heike wurde<br />

nicht nur von den KlientInnen, sondern<br />

auch von allen MultiplikatorInnen (wie z.B.<br />

Vertretern der Apotheken, der Ärzteschaft,<br />

des Wohnungsamtes, des Sozialamtes etc.)<br />

als fachlich äußerst versierte und persönlich<br />

und sozial sehr kompetente Sozialarbeiterin<br />

geschätzt.<br />

Sie betreute nicht nur KlientInnen und organisierte<br />

Gruppentreffen wie „Round Table<br />

Grünanger“, Fallkonferenzen und Apothekertreffen,<br />

sondern erwies sich auch als geschickte<br />

Therapeutin, indem sie als ausgebildete<br />

Tabakentwöhnungsexpertin in<br />

ihren Kursen „Rauchfrei in 6 Wochen“ (in<br />

Kooperation mit VIVID und der GKK Steiermark)<br />

maßgebliche Erfolge erzielen konnte.<br />

Ihr berufliches und soziales Engagement beweist<br />

sie nach wie vor in der Schwangerenberatung<br />

am LKH Graz.<br />

Der Arbeit mit KlientInnen gehört ihre Leidenschaft<br />

und dieser wird sie sich nun auch<br />

in Weiz bei „Rettet das Kind“ widmen. Wir<br />

jedoch werden ihre hohe soziale Kompetenz,<br />

ihre Ruhe und Gelassenheit in allen<br />

Situationen und ihre Fähigkeit, uns immer<br />

wieder zu motivieren, sehr vermissen.<br />

Wir wünschen Dir alles Gute, Heike!<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

46


smz <strong>SMZ</strong> aktuell AKTUELL<br />

Unsere MitarbeiterInnen...<br />

Update aus Afrika!<br />

Petra Steiner<br />

Petra Steiner war Sozialarbeiterin im <strong>SMZ</strong><br />

und befindet sich nun auf Bildungskarenz in<br />

Uganda, wo sie mit ihrem Verein Life Earth<br />

am Aufbau eines Sozialzentrums in Kampala<br />

arbeitet:<br />

„Nachdem wir hier in den letzten Monaten<br />

geschwitzt, geschnauft, geputzt, gemalt,<br />

geflucht und gekämpft haben....<br />

Nach vielen Niederschlägen und Herausforderungen,<br />

Momenten der Verzweiflung und<br />

kurz vor dem Aufgeben, ist es schließlich<br />

und endlich gelungen unser Ziel zu erreichen!<br />

Wir haben ein Café errichtet, einen traumhaften<br />

Garten gestaltet, ein uraltes Haus<br />

renoviert, Elektro- und Wasserleitungen<br />

verlegt, Türen und Wände niedergebrochen<br />

und erneuert, ein Badezimmer errichtet, mit<br />

afrikanischen Künstlern ausgemalt, einen<br />

Baum gefällt und zu Sesseln und Tischen<br />

verarbeitet, ein Personaloutfit, Logo und<br />

Speisekarte entworfen, Personal ausgesucht<br />

und einen tollen Eröffnungsevent geplant!<br />

Unser KBIRA coffee centre konnte am 11.<br />

Februar eröffnet werden! Dazu gab es einen<br />

Grillabend, eine Trommel- und Tanzshow,<br />

einen Craftsmarkt, Cocktails und afrikanischen<br />

DJ Sounds.<br />

Ich habe es geschafft, unserem Konzept<br />

zu folgen und Leute aus sozial benachteiligten<br />

Schichten zu beschäftigen, was zum<br />

Teil eine große Herausforderung darstellte.<br />

Nach einigen Meetings und „sozialarbeiterischen“<br />

Einheiten hab ich mein Personal<br />

moralisch gestärkt und hoffe, dass ich nun<br />

ein gutes Team ausgewählt habe. Mein Personalmix<br />

besteht aus Straßenjugendlichen,<br />

Suchtkranken, allein erziehenden Müttern,<br />

jungen Mädchen, die ihre Eltern verloren<br />

haben, bis hin zu erfahrenen Barkeepern<br />

und geschulten Kellnern.<br />

Mittlerweile kommen immer mehr Leute, um<br />

unser Zentrum kennenzulernen. Wir haben<br />

zwei Abende mit afrikanischer Life Musik und<br />

Lagerfeuer, die viele Besucher anlocken.<br />

Und auch meine <strong>SMZ</strong>-Beraterrolle hab ich<br />

beibehalten – es kommen immer mehr junge<br />

Leute mit Suchtproblematik. Hier steht<br />

diese Problematik unter einem ganz anderen<br />

Stern.<br />

MUJEBALEKO! Auf eine gute Arbeit!<br />

Spenden für das Projekt<br />

Kontonummer: 00510042662<br />

Bankleitzahl: 60000<br />

Verwendungszweck: Uganda


smz aktuell<br />

„Aufgeschnappt“<br />

Andere Länder andere Regeln<br />

Standards in der Substitutionstherapie –<br />

bei uns und in Deutschland:<br />

Wer kennt sie nicht, die Praxen in Österreich,<br />

die 200-500 opiatabhängige Patienten im<br />

Substitutionsprogramm „versorgen“, und<br />

niemand findet etwas dabei, keine Qualitätskontrolle<br />

kritisiert diese Praxis:<br />

In der neuesten Ausgabe der deutschen<br />

Zeitschrift „Suchttherapie 2/<strong>2012</strong> antwortet<br />

der Jurist auf die Frage, wie viele Patienten<br />

ein Substitutionsarzt behandeln dürfe:<br />

„Innerhalb der vertragsärztlichen Behandlung<br />

ist zu beachten, dass es für diese Behandlung<br />

einer Genehmigung durch die kassenärztliche<br />

Vereinigung bedarf. Sie wird in<br />

§10 Abs.4 auf 50 Patienten beschränkt.“<br />

AUFGESCHNAPPT!<br />

Deutsche Ärzteschaft<br />

verurteilt NS-Medizin:<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

Die deutsche Ärzteschaft hat nun erstmals<br />

die Opfer und ihre Nachkommen um Verzeihung<br />

für die Taten gebeten, die deutsche<br />

Mediziner im Nationalsozialismus verübten.<br />

Einstimmig verabschiedeten die Delegierten<br />

des Ärztetages die Nürnberger Erklärung….<br />

Die Erklärung widerspricht der These, dass<br />

die Verbrechen vor allem auf politischen<br />

Druck entstanden:<br />

„Im Gegensatz zu der noch immer verbreiteten<br />

These, ging die Initiative gerade für diese<br />

gravierendsten Menschenrechtsverletzungen<br />

nicht von den politischen Instanzen,<br />

sondern von den Ärzten selbst aus“.<br />

Auch seien das nicht Taten einzelner Ärzte<br />

gewesen, sondern unter Mitwirkung führender<br />

Repräsentanten der Ärzteschaft und<br />

medizinischer Fachgesellschaften verübt<br />

worden. Herausragende Vertreter der universitären<br />

Medizin und renommierter Forschungseinrichtungen<br />

seien ebenfalls beteiligt<br />

gewesen..<br />

„Wir gedenken der noch lebenden und bereits<br />

verstorbenen Opfer, sowie ihrer Nachkommen,<br />

und bitten sie um Verzeihung“.<br />

Der Präsident der Bundesärztekammer<br />

Frank Ulrich Montgomery bezeichnete die<br />

Erklärung und das einstimmige Votum als<br />

„sehr sehr wichtiges Zeichen“ dafür, dass die<br />

Ärzteschaft zu ihrer Verantwortung stehe.<br />

(Süddeutsche Zeitung Nr 119/ S.5 24.5.<strong>2012</strong>)<br />

48


www.smz.at<br />

smz@smz.at<br />

ANGEBOTE<br />

DES <strong>SMZ</strong> LIEBENAU<br />

Allgemein-medizinische Praxisgemeinschaft<br />

Dr. Gustav Mittelbach, Dr. Rainer Possert (alle Kassen)<br />

Hausbesuche, Gesundenuntersuchungen, ärztliche Psychotherapie und Beratung, Behandlung<br />

von Suchterkrankungen, Akupunktur, Sozial-, Arbeits- und Umweltmedizin.<br />

Terminvereinbarung unter 46 23 40<br />

Physiotherapie<br />

Akutschmerzbehandlung, Bewegungstherapie, Entspannungstechniken, Heilgymnastik durch<br />

eine diplomierte Physiotherapeutin. Therapieschwerpunkte: Neurologie und Orthopädie. Hausbesuche<br />

im Bezirk möglich. Tel. Anmeldung unter 46 23 40-15<br />

Familienberatung & Rechtsberatung<br />

Anonyme und kostenlose Beratung durch Ärzte, PsychotherapeutInnen, SozialarbeiterInnen<br />

und JuristInnen. Donnerstag von 18.00 bis 19.00 Uhr am Grünanger (Tel.: 0699 180 84 375),<br />

von 19.00 bis 20.00 Uhr im <strong>SMZ</strong>, Tel. Anmeldung unter 46 23 40<br />

Psychotherapie<br />

Gestalt- und Familientherapie, NLP, Systemische Therapie, Einzel- und Gruppentherapie sowie<br />

Kinderpsychotherapie. Teilkostenersatz durch die Krankenkassen. Tel. Anmeldung unter 46 23 40<br />

Soziale Arbeit<br />

Beratung in sozialrechtlichen Fragen, Hilfen bei Kontakten zu Behörden, Hilfestellung bei Wohnungsproblemen,<br />

Arbeitslosigkeit,... Telefonische Kontaktaufnahme unter 42 81 61 oder<br />

0664/34 38 381 / e-mail: paller@smz.at / alic@smz.at<br />

Gesundheitsförderung<br />

Sozialmedizinische und gesundheitsförderliche Veranstaltungen; Durchführung von Projekten<br />

im Bereich Gesundheitsförderung. Kooperationen im Bezirk und mit anderen Organisationen.<br />

Kontakt unter 0699 180 84 375 / e-mail: smz@smz.at, zelinka@smz.at<br />

Sexualberatung<br />

<strong>Info</strong>rmation, Beratung, Psychotherapie zu folgenden Bereichen: Beziehungskonflikte, Sexualprobleme,<br />

Schwierigkeiten im Zusammenhang mit Homosexualität, Verhütungsfragen, Sexualaufklärung,<br />

Schwangerschaftskonflikten usw. Tel. Anmeldung (auch anonym) unter 46 23 40<br />

Walken sie mit uns<br />

WALKEN IM PARK – Nordic Walking Gruppe jeden Donnerstag von 17.00 bis 18.00 Uhr, Treffpunkt<br />

im Hof des <strong>SMZ</strong>; WALKEN an der Mur – jeden Montag von 16.00 bis 17.00 Uhr, Treffpunkt:<br />

Andersengasse 34. Stöcke zum Probieren können ausgeborgt werden!<br />

<strong>Info</strong>rmationen unter 0699 180 84 375<br />

AuSSenstelle Grünanger<br />

Seit Juli 2009 sind wir auch am Grünanger, Andersengasse 34, für Sie erreichbar.<br />

<strong>Info</strong>rmationen unter 0699 180 84 375<br />

<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />

49


P.b.b. Zulassungsnummer: GZ 02Z034445M / Verlagspostamt 8041 Graz

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