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Fallbeispiel<br />
Medizin trifft smz soziales aktuell<br />
Ich arbeite seit über 10 Jahren bei derselbeN Firma –<br />
vor, während und nach meiner Abhängigkeit.<br />
DIe Geheimhaltung hat bis jetzt funktioniert!<br />
Wie lange haben Sie aktiv Drogen konsumiert<br />
und wie kam es zur Abhängigkeit?<br />
Mit 17 hatte ich meinen Erstkonsum mit härteren<br />
Substanzen. Opiate mit 18 Jahren, relativ<br />
lange war mein Konsum überschaubar,<br />
Wochenendkonsum. Die Abhängigkeit<br />
kam erst Jahre später, schleichend.<br />
Zwischendurch bemerkte ich Entzugssymptome:<br />
leichte Schweißausbrüche,<br />
Schlafstörungen, etc. Mit längeren Konsumpausen<br />
konnte ich diese beherrschen,<br />
die Abhängigkeit kontrollieren. Ich betrachtete<br />
es tatsächlich als Spiel - es ist ein bisschen<br />
wie pokern.<br />
Sie gehen jetzt einer Arbeit nach, hatten Sie<br />
auch Arbeit während Sie Drogen genommen<br />
haben?<br />
Ich arbeite seit über 10 Jahren durchgehend<br />
in derselben Firma; vor, während<br />
und nach der Abhängigkeit. Weder mein<br />
Vorgesetzter noch meine Kollegen und Kolleginnen<br />
wussten von meiner Abhängigkeit.<br />
Die Geheimhaltung hat bis heute funktioniert.<br />
Wie war in dieser Zeit auch das Verhältnis zur<br />
Familie und Freunden?<br />
Es ist ein intaktes Verhältnis; auch Familie<br />
und Freunde wussten nichts von meiner<br />
Erkrankung. Meine Lebensgefährtin war<br />
zu der Zeit ebenfalls abhängig und ist auch<br />
heute noch in Behandlung. Selbstverständlich<br />
wusste Sie von Beginn an über meine<br />
Abhängigkeit Bescheid.<br />
Es war sicher schwer es geheim zu halten, da<br />
man oftmals Opiatabhängigkeit durch körperliche<br />
Merkmale sieht, hat niemand z.B. ihre<br />
Mutter Sie auf Ihr Äußeres angesprochen?<br />
Ich glaube nicht, dass sich mein Äußeres<br />
während der Abhängigkeit wesentlich veränderte.<br />
Gelegentlich hat meine Mutter<br />
nachgefragt, ob es mir auch wirklich gut<br />
gehe, wenn ich mal einen „erschöpften“ Eindruck<br />
machte. Als Ausrede behauptete ich,<br />
es sei beruflicher Stress (wobei das manchmal<br />
tatsächlich der Grund dafür war).<br />
Sie hatten einen Rückfall. Wie kam es dazu?<br />
Ich wurde während meiner Behandlung<br />
ausschließlich mit Methadon (orale Einnahme)<br />
substituiert. Zuvor konsumierte ich Medikamente<br />
wie Substitol etc. hauptsächlich<br />
intravenös. Die Umstellung ist nicht zu unterschätzen<br />
und funktioniert nicht von heute<br />
auf morgen – es braucht eine gewisse Anlaufphase,<br />
bis das neue Medikament wirkt,<br />
bis man sich daran gewöhnt hat. Deshalb<br />
hatte ich anfangs gelegentlich Beikonsum,<br />
was ich jedoch persönlich NICHT als Rückfall<br />
werte. Auch mein behandelnder Arzt<br />
hat mir das prophezeit. In der Anfangsphase<br />
musste die Dosis immer wieder erhöht<br />
werden, erst nach 2-3 Monaten konnte ich<br />
mit der Reduktion beginnen. Ich reduzierte<br />
langsam und konstant bis zum erfolgreichen<br />
Behandlungsabschluss.<br />
<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />
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