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Medizin trifft soziales<br />
Privatisierung<br />
»<br />
Da sich Menschen und Krankheiten nicht<br />
standardisieren lassen, stöSSt diese<br />
Strategie sehr schnell an ihre Grenzen<br />
Eine Sparpolitik, die sich nicht um die Versorgungsqualität<br />
kümmert, hat direkte Auswirkungen<br />
auf die Arbeitsbelastung:<br />
ÄrztInnen müssen in privaten Häusern ¼<br />
mehr Betten, der medizinisch-technische<br />
Dienst 75% mehr und die Vollzeitpflegekraft<br />
20% mehr Betten versorgen als in öffentlichen<br />
Spitälern. 4<br />
In den USA konnte nachgewiesen werden,<br />
dass die Sterblichkeitsrate in privaten, profitorientierten<br />
Krankenhäusern erheblich<br />
h ö h e r lag als in nicht Profitorientierten.<br />
Laut Böhlke „..lag der Fehler des privaten<br />
Managements darin, die Krankenversorgung<br />
mit industriellen Fertigungsprozessen<br />
zu vergleichen. Standardisierungs- und Automatisierungsprozesse<br />
sollen wie in der<br />
Automobilindustrie ablaufen. Da sich Menschen<br />
und Krankheiten aber nicht standardisieren<br />
lassen, stößt diese Strategie sehr<br />
schnell an ihre Grenzen<br />
Angela Spelsberg 5<br />
zur Privatisierung von UniKliniken:<br />
• Renditeerwartungen von 10% müssen<br />
durch Leistungen am Patienten erwirtschaftet<br />
werden. Werden PatientInnen mit<br />
kostenintensiven und langwierigen Krankheiten<br />
(z.B. mit Schlaganfall) gar nicht erst<br />
stationär aufgenommen, weil sie unwirtschaftlich<br />
sind?<br />
• „Die Privatisierungswelle und die Ausrichtung<br />
am Markt… gibt die staatliche Fürsorgepflicht<br />
preis und ordnet den Menschen<br />
(gesund und krank) dem im Markt üblichen<br />
Primat von Wachstum und Wirtschaftlichkeit<br />
unter-… mehr erbrachte Leistungen sind<br />
das Ziel. Dies kann aber nur durch Zunahme<br />
von Krankheit und Leiden in der Bevölkerung….<br />
erreicht werden oder durch die vermehrte<br />
Erbringung unnötiger Leistungen. 6<br />
Praktische Beispiele einer irrationalen Sparpolitik<br />
veranschaulicht das Zeitmagazin<br />
vom 16.5.<strong>2012</strong> im Artikel „Der Alltag in deutschen<br />
Kliniken - Ärzte brechen ihre Schweigepflicht“:<br />
• Schlaganfallpatienten, die nicht speziell<br />
therapiert werden können, weil der Kernspin-<br />
Tomograf nur von 8-14 Uhr arbeitet oder weil<br />
die Patienten nicht zu einer spezialisierten<br />
Einrichtung geliefert werden,<br />
• durch Medikamente verwirrte Patienten,<br />
deren Nebenwirkungen nicht erkannt werden,<br />
• die Notärztin, die für alte PatientInnen kein<br />
Bett bekommt,<br />
• Operationen, die medizinisch unnötig,<br />
aber „wirtschaftlich sinnvoll“ durchgeführt<br />
werden, u.ä.<br />
04<br />
<strong>SMZ</strong> INFO <strong>Jun</strong>i <strong>2012</strong><br />
4<br />
Böhlke siehe selbe Zeitschrift S. 35-38 Böhlke ist Mitherausgeber von „ Privatisierungen von Krankenhäusern,<br />
Erfahrungen und Perspektiven aus Sicht der Beschäftigten“ VSA-Verlag Hamburg 2009.<br />
Die Privatisierung des Universitäts-Klinikums Gießen und Marburg ab 2006 war weltweit der erste Verkauf<br />
eines Universitätskrankenhauses an einen privaten Konzern (Rhön).<br />
5<br />
ärztliche Leiterin des Tumorzentrums Aachen (Mitglied im Vorstand von Transparency<br />
International Deutschland www.transparancy.de)<br />
6<br />
aus Zeitschrift wie 3) S. 39<br />
7<br />
Ernest Pichlbauer, Arzt und Gesundheitsökonom / www.rezeptblog.at